Risikomanagement


Seminararbeit, 1999

14 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. WAS IST RISIKO ?

2. WAS IST AUSFALLRISIKO UND WELCHE ARTEN VON AUSFALLRISIKEN GIBT ES?

3. DAS BONITÄTSRISIKO
3.1. Präventive Ansätze zur Steuerung und Bewertung des Bonitätsrisikos
3.1.1. Einzelgeschäftsbezogene Ansätze
3.1.1.1. Logisch-deduktive Verfahren
3.1.1.2. Empirisch-induktive Verfahren
3.1.2. Gesamtgeschäftsbezogene Ansätze
3.2. Ausfallbegrenzende und wirkungsbezogene Ansätze zur Steuerung des Bonitätsrisikos
3.2.1. Aktive Ansätze
3.2.2. Passive Ansätze

4. KRITISCHE WÜRDIGUNG DER ERGEBNISSE

5. LITERATURVERZEICHNIS

ANHANG

1. Was ist Risiko ?

Was ist Risiko ? Risiko ist nicht, daß es regnen könnte, sondern Risiko ist keinen Schirm dabei zu haben. In wissenschaftlicher Literatur wird der Begriff "Risiko" meistens wie folgt definiert: "Risiko, das besondere Kennzeichen einer Situation, die durch mangelnde Voraussehbarkeit des kommenden mögliche Schäden, Verluste u. dgl. in Aussicht stellt."1 Dieser Risikobegriff läßt sich weiter in systematisches Risiko und unsystematisches Risiko differenzieren.

Systematisches Risiko ist das Risiko, das dem Markt an sich innewohnt. Dieses Risiko betrifft nicht direkt ein einzelnes Projekt, sondern wirkt unter Umständen auch auf den gesamten Markt. Dadurch ist natürlich das einzelne Projekt wiederum indirekt betroffen. Typische systematische Risiken sind das Zinsänderungsrisiko, das Währungsrisiko, das Länderrisiko sowie das Marktrisiko - insbesondere für den Aktienmarkt. Diese, meist auf makroökonomischer Ebene angesiedelten Risiken werden aber in der vorliegenden Abhandlung nicht weiter betrachtet werden.

Vielmehr soll ein unsystematisches Risiko Gegenstand dieser Arbeit sein. Unsystematische

Risiken oder auch titelspezifische oder einzelwirtschaftliche Risiken genannt betreffen jeweils nur ein konkretes Projekt und wirken sich vorerst nur darauf aus. Diese Risikoart ist ein Individualrisiko, und als solches schwer systematisch zu bewerten zu bemessen oder gar zu prognostizieren. Beispielhaft seinen genannt: Das Risiko eines Streiks und der damit verbundenen negativen Auswirkungen auf das Firmenimage oder die Möglichkeit eines Brandschadens und des möglichen Produktionsstillstandes sowie das Ausfallrisiko im allgemeinen und das Bonitätsrisiko2 im speziellen.3

2. Was ist Ausfallrisiko und welche Arten von Ausfallrisiken gibt es?

Unter 1. wurde eine kurze Übersicht über die verschiedenen Risikoarten gegeben. Nun soll im weiteren das Ausfallrisiko der zentrale Punkt dieser Arbeit sein. Dieses Risiko ist besonders im Risikomanagement des Kreditgeschäfts (Aktivgeschäft) von Banken von zentraler Bedeutung, da bei Ausfall des gewährten Kredits, damit ist das Nichtnachkommen von Zins- und Tilgungszahlungen des Kreditnehmers gemeint, das Kreditinstitut mit Eigenkapital haftet. Im Falle des Ausfalls des gewährten Kredites kann die Auszahlung an Gläubiger nicht mehr völlig aus den Rückflüssen der Schuldner erfolgen, und die Bank muß ihr Eigenkapital einsetzen, um ihrerseits die Kapitalgeber auszahlen zu können. Genau aus dem Grund der Eigenkapitalhaftung heraus, sind Banken besonders bemüht dieses Risiko zu minimieren. Denn, eine Bank ohne Eigenkapital kann ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen und löst, im schlimmsten Fall und aufgrund der weltweiten Kapitalverflechtungen, eine Kettenreaktion aus, die volkswirtschaftliche Schäden mit sich bringt, die nicht vorhersehbar sind.

Systematisch läßt sich dieses Ausfallrisiko nach Schierenbeck nochmals in das sogenannte Bonitätsrisiko und Länderrisiko unterteilen.4

Das Länderrisiko soll wegen der immanenten makroökonomischen Komponenten nicht weiter behandelt werden, da dieses kaum von einzelnen Unternehmen im allgemeinen und Kreditinstituten im besonderen beeinflußt bzw. gesteuert werden kann. Denn dieses Risiko ergibt sich zum Beispiel durch gesetzliche Vorgaben oder Verordnungen des Auslandes und liegt somit nicht oder zumindest nur sehr beschränkt im Einflußbereich der Bank.

3. Das Bonitätsrisiko

Das Bonitätsrisiko ist ein Gegenparteirisiko und äußerst sich in der Verletzung der vertragsmäßig fixierten Erfüllung der Zahlungsvereinbarungen in Bezug auf Zins und Tilgung eines Kredits durch eine juristische oder natürliche Person.5 Man spricht hierbei von einem individuellen Bonitätsrisiko.

Nachfolgend sollen verschiedene Ansätze betrachtet werden mit deren Hilfe man die Ursachen dieser Risiken reduziert und präventiv darauf einwirken kann (Ursachenbezogene und präventive Ansätze). Anschließend sollen mögliche Ansätze betrachtet werden, die die Auswirkungen der Risiken minimieren sollen (ausfallbegrenzende und wirkungsbezogene Ansätze).

3.1. Präventive Ansätze zur Steuerung und Bewertung des Bonitätsrisikos

Präventive oder ursachenbezogene Ansätze zielen darauf ab, die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Risikos zu reduzieren. Diese Ansätze finden im Einzelgeschäft sowie im Gesamtgeschäft der Banken Anwendung. Auf Einzelgeschäftsebene kann das Ziel, die Reduzierung der Ausfallwahrscheinlichkeit, durch eine Verbesserung der Bonitätseinschätzung des Kreditnehmers ermöglicht werden. Denn, diese aktuelle und zukünftige Kreditwürdigkeit des Kunden ist die Ursache für den Kreditausfall. Auf Gesamtgeschäftsebene ist die Verringerung der Eintrittswahrscheinlichkeit des Ausfalls durch Schaffung von organisatorischen, personellen, informatorischen Regelungen, Rahmenbedingungen und Konzepten möglich.6 Besonderes Augenmerk verdient die Implementierung und Umsetzung von Informationssystemen zum Zweck einer zielgerichteten Entscheidungsfindung im Hinblick auf die ständige Kreditwürdigkeitsprüfung der vorhandenen Schuldner und der potentiellen Neukunden.

3.1.1. Einzelgeschäftsbezogene Ansätze

Die einzelgeschäftzbezogenen Ansätze versuchen durch Informationen und Daten über den Kreditnehmer dessen Bonität zu schätzen und zu bewerten, um Rückschlüsse auf die Ausfallwahrscheinlichkeit des Kredits zur erlangen.

Die Sammlung der notwendigen Daten und Informationen erweist sich in der Praxis oftmals als äußert schwierig, kosten- und zeitintensiv, da die Entwicklung des Kreditkunden von einer unübersehbaren Anzahl von Faktoren beeinflußt wird. Außerdem stellt sich die Frage der Anzahl der, für eine genaue und ausreichende Prognose der Ausfallwahrscheinlichkeit, notwendigen Parameter des Kredits und des Kunden. Des weiteren sind diese Faktoren im Zeitverlauf unterschiedlich dominant und abhängig voneinander in Bezug auf die individuelle Kreditsituation und den Anspruchszeitraum des Kredits.

Nicht zuletzt spielt natürlich der Kundenkreis für die Beschaffung der Informationen eine bedeutende Rolle. Im Firmenkundengeschäft sind viele Fakten öffentlich zugänglich; zum Beispiel Handelsregistereintragungen. Im Privatkundengeschäft hingegen sind die tatsächlich wichtigen Angaben ungleich schwerer zu erlangen.

Für diese schwierige Prognose haben sich in der herrschenden Literatur zwei Richtungen und Vorgehensweisen etabliert. Zum einen die logisch-deduktiven Verfahren und zum anderen die empirisch-induktiven. Die folgende Grafik verdeutlicht die verschiedenen Ansätze und deren Prüfungsverfahren hinsichtlich der Bonität:

Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: vgl. Brakensiek, T.: Die Kalkulation und Steuerung von Ausfallrisiken im Kreditgeschäft der Banken, 1991 Frankfurt a. M., S. 40.

3.1.1.1. Logisch-deduktive Verfahren

Diese Verfahren können nur angewandt werden, wenn vorher eine Fundamentalanalyse des Kreditnehmers aus in- und externen Daten erfolgt ist. Aus dieser Analyse heraus wird dann versucht einen Zusammenhang herzustellen zwischen den bestimmenden Größen der Situation und der zukünftigen Situation des Kreditnehmers.

Im Privatkundenbereich herrscht deshalb immer noch die traditionelle, nicht standardisierte Kreditwürdigkeitsprüfung vor. Sie zeichnet sich dadurch aus, daß meist ein persönliches Gespräch mit dem Kunden vollzogen wird und in diesem Dialog für den Vorgang wichtige Daten gesammelt werden (gesichertes Einkommen, sonstige finanzielle Verhältnisse, Sicherheiten). Zusätzlich beeinflußt die Dauer der Geschäftsverbindung und die subjektive Ansicht des Sachbearbeiter diesen Entscheidungsprozeß. Die meist unsystematische Vorgehensweise dieses Verfahren hat die Nachteile der Nichtnachvollziehbarkeit der Entscheidungsfindung des Kreditsachbearbeiters und der hohen Kosten durch die Unsystematik bei der Ermittlung und Speicherung der Daten sowie deren zukünftigen Verwendung. 7

Diese Fehler versucht man mit Bonitäts-Checklisten zu vermeiden. Diese Listen sind systematisch aufgebaut und werden anschließend im Informationssystem des Kreditinstituts gespeichert und sind somit für spätere Analysen, z. B. für die empirisch-induktiven Verfahren, nützlich.

Im Bereich der Firmenkunden findet man überwiegend die klassische Kreditwürdigkeitsprüfung vor. Dieses Verfahren versucht durch Vorlage von möglichst "aussagekräftigen" Unterlagen des Kreditnehmers beim Kreditinstitut, Rückschlüsse auf dessen Bonität zu ziehen. Solche betriebswirtschaftliche Papiere können Bilanzen, Jahresabschlüsse oder Planungsrechnungen sein. Weiterhin wird die Verwendung des Kreditbetrages vor dem Hintergrund der Unternehmensrentabilität geprüft und die Frage der möglichen Sicherheiten geklärt. Das Problem dieser klassischen Analyse ist die Vergangenheitsorientierung der Daten und des damit verbundenen induktiven Schlusses auf die Zukunft der Unternehmung.8

Gerade die Bilanz ist das unzuverlässigste Papier hierbei. Vielmehr sollte man sich am Lagebericht orientieren, der einen gewissen Zukunftsbezug hat und zusätzlich noch die aktuelle und die Bilanzen vorheriger Jahre heranziehen. Die Banken erkennen dieses Manko natürlich auch und versuchen diesem, durch Sicherung des Kredites durch Pfänder, zu begegnen. Denn, Immobilien, Grundstücke oder beste Bürgschaften dienen oftmals als Sicherheit für den Gläubiger da sie über den Zeitraum des Kreditvertrages als wertstabil gelten. Die fehlende Dynamik dieses Verfahrens kann durch die Prüfung und Analyse der Finanzpläne der kreditsuchenden Unternehmung zwar nicht ersetzt werden. Aber, diese Überprüfung kann den Entscheidungsprozeß qualitativ verbessern, vorausgesetzt die Daten des Finanzplanes sind korrekt.

Speziell für den Bereich der Großkreditvergabe und dessen laufender Überwachung bietet sich das informations- und damit auch kostenintensive Verfahren der Mustererkennung an - hier steht die Höhe des möglichen Kreditausfalls in einem vertretbaren Verhältnis zu den Informationsbeschaffungskosten des Verfahrens. Brakensiek beschreibt das Vorgehen folgendermaßen: "Dazu werden zahlreiche Informationen aus der beobachtbaren Unternehmensumgebung auf Grundstrukturen reduziert und zu indikatorgestützten Zustands- und Entwicklungsmustern transformiert, die dann Aussagen zur Unternehmensentwicklung ermöglichen."9

3.1.1.2. Empirisch-induktive Verfahren

Diese Verfahren stellen keinen Wirkungszusammenhang zwischen den Kreditparametern und der zukünftigen Situation des Kreditnehmers her. Sie versuchen die Bonität eines Kunden dadurch zu ermitteln, daß sie auf empirische Daten und Erfahrungen "ähnlicher" Kunden zurückgreifen, um Kennzahlen und Merkmale durch statistische Verfahren zu extrahieren, die typische Kreditverläufe beschreiben.

Das bekannteste dieser Verfahren ist die Diskriminanzanalyse. Sie versucht "Unterschiede zwischen voneinander verschiedenen Kreditnehmergruppen, also 'guten' und 'schlechten' Bonitätsfällen zu analysieren und aus dieser Analyse Schlußfolgerungen darüber zuzulassen, in welche Gruppe ein bislang nicht analysierter unbekannter Kreditnachfrager gehört. Als Entscheidungsbasis für die Gruppeneinordnung dienen Kriterien, deren Ausprägung einer Gruppe signifikant zugeordnet werden kann."10 Beispiele für solche Kriterien sind Bilanzdaten und soziodemographische Daten. Dieses Verfahren benötigt, um aussagekräftige Ergebnisse liefern zu können jedoch eine relative große Datenbasis.

Diese stellte das Privatkundenkreditgeschäft der USA dar. Dort fand man die Weiterentwicklung der Diskriminanzanalyse unter dem Begriff des "Credit-Scoring" wieder. Der Bereich der Privatkunden eignet sich aufgrund der großen Kundenanzahl und der relativen Homogenität der Kreditmodalitäten gut für eine Anwendung dieses Instruments. Das Ziel hierbei ist es, durch Angabe von wenigen wichtigen Kundendaten eine möglichst schnelle Aussage über die Bonität des Kreditnehmers geben zu können. Mit diesem standardisierten statistischen Verfahren sind natürlich Kosteneinsparungen durch absolut weniger Beratungspersonal verbunden.

Um eine weitergehende Differenzierung der Kunden zu erlangen entwickelten sich sogenannte Expertensysteme. Diese Systeme sind EDV-gestützte Anwendungsprogramme, die durch weitere Aufspaltung der Diskriminanz-variablen eine erweiterte Kundenunterscheidung liefern.11

Ein weiteres auf statistisch-mathematischen Vorgehen basierenden Verfahren ist die

Insolvenzforschung. Sie versucht Jahresabschlüsse auszuwerten und daraus Kennzahlen zu ermitteln, die frühzeitig Insolvenzgefahren Preis geben. Anhand dieser Kennzahlen ist dann wiederum eine Einschätzung der Bonität eines Unternehmens möglich. Eine Untersuchung der Bayerische Vereinsbank und dem Institut für Revisionswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster von 1989 über eine große Grundgesamtheit ergab eine Funktion, mit deren Hilfe es möglich war tatsächlich "schlechte" Unternehmen mit einer Wahrscheinlichkeit von 82,4% bis 89,8%, bezüglich der Grundgesamtheit, zu erkennen. Diese Funktion enthielt nur drei Kennzahlen: Eine Kennzahl zur Vermögenslage, eine zur Ertragslage und eine zur Finanzlage.12 Es ist durchaus erstaunlich ein komplexes Gebilde wie ein Unternehmen, bzw. dessen Bonität, anhand von drei Kennzahlen doch mit einer fast 90%igen Wahrscheinlichkeit richtig einschätzen zu können.

3.1.2. Gesamtgeschäftsbezogene Ansätze

Gesamtgeschäftsbezogene Instrumente versuchen die interne Situation in den Banken zu verbessern. Hierzu setzt man an drei verschiedenen Punkten im Unternehmen an. Erstens versucht man die fachlichen Defizite des Personals zu beseitigen. Dies findet durch die Sicherstellung der fachlichen Eignung bei Einstellung des Sachbearbeiter und durch wiederkehrende Schulungsmaßnahmen statt. Somit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eine Kreditsituation richtig einschätzen zu können, und trägt langfristig dazu bei den Kreditausfall erst gar nicht entstehen zu lassen. Häufig resultieren aber falsch eingeschätzte Situationen auch aus dem vermeintlichen Erfolgsdruck heraus dem die Sachbearbeiter nicht standhalten können und deshalb risikofreudigere Entscheidungen in Bezug auf die Kredithöhe und Kreditmodalitäten treffen.13 Nicht umsonst sind "Manager des Monats"-Modelle in der Praxis zutiefst verpönt.

Außer dem personellen Faktor spielt die Ablauf- und Aufbauorganisation des

Debitorengeschäfts sowie die effiziente, korrekte und schnelle Verteilung und Verarbeitung der Kundendaten beim gesamtgeschäftsbezogenen Instrumentarium eine entscheidende Rolle.

Die dazu passende Organisationsstruktur soll positiv auf die Kreditlage einwirken. Das geschieht vor allem durch klare Stellenbildung, überschneidungsfreie Kompetenzverteilung und klare Ablauforganisation des Kreditvorganges. Nur so ist es möglich die Kreditverwaltung im internen Bereich und auch auf Kundenseite möglichst unbürokratisch und schnell durchzuführen. Dabei ist auf eine klare und übersichtliche sowie bankeinheitliche Verwaltung der Dokumentationsunterlagen zu achten. Dies kann heutzutage durch entsprechende Informationssysteme effizient und unkompliziert erledigt werden. Diese Software wird häufig unter dem Begriff "Dokumentationssoftware" zusammengefaßt, die in einem Data-Warehouse Anwendung findet.

Ist die Organisationsstruktur am Kreditvorgang ausgerichtet ist der nächste Schritt die Einführung einer integrierten Kreditrevision. Diese Revisionsabteilung trägt keinerlei Verantwortung für Ergebnisse aus dem Kreditvorgang und ist hierarchisch unabhängig von der Kreditabteilung. Das ermöglicht eine möglichst objektive Bewertung des Kreditgeschäftes. Durch die Revisionsabteilung erhofft sich das Bankmanagement vier Wirkungen auf die am Kredit beteiligten Entscheider: Erstens soll vorbeugend erreicht werden, daß die Kreditbearbeiter sorgfältiger und genauer arbeiten um Fehler zu vermeiden. Zweitens soll vermieden werden, daß die Sachbearbeiter gerade aufgrund der Revisionsabteilung erhöht fehlerhaft arbeiten. Drittens soll durch die Korrekturfunktion Schäden und Fehler aus dem Kreditgeschäft behoben werden. Viertens ist im Sinne der Sicherheitsfunktion darauf zu achten, daß die Entscheidungsträger die Gewißheit haben keine formalen Fehler zu machen, wenn die Kreditentscheidung nach den festgelegten Normen, Regelungen und Richtlinien vorgenommen worden ist.14 Beispiele für solche Richtlinien sind häufig in sogenannten Indikator-Maßnahmen-Katalogen zu finden, die eine Art Schema darstellen, nach deren Vorgabe der laufende Kreditvorgang zu überwachen ist.15

3.2. Ausfallbegrenzende und wirkungsbezogene Ansätze zur Steuerung des Bonitätsrisikos

Die oben genannten ursachenbezogenen Instrumente zielen auf die Reduzierung der

Eintrittswahrscheinlichkeit des Kreditausfalls ab. In den Konzepten der wirkungsbezogenen Ansätze wird diese Wahrscheinlichkeit als gegeben und unveränderlich angesehen. Folglich versuchen diese Mittel und Wege aufzuzeigen mit deren Hilfe versucht wird die Auswirkungen des erfolgten Kreditausfalls zu minimieren und einzugrenzen. Hierbei unterscheidet man im allgemeinen die Möglichkeiten den Folgen des Adressenausfalls aktiv zu begegnen um den Verlust zu mindern, oder anderseits passiv zu bleiben um

Verlustvorsorge zu betreiben.16

3.2.1. Aktive Ansätze

Aktive Instrumente zur Reduzierung der potentiellen Verlustes aus dem Aktivgeschäft lassen sich wiederum in einzelgeschäftliche und gesamtgeschäftliche Ansätze untergliedern. Im Rahmen des Einzelgeschäfts gibt es die Möglichkeit der Risikoüberwälzung. Damit ist die Stellung von Sicherheiten durch den Kreditnehmer gemeint. Wie bereits angedeutet sind Sicherheiten für die Bank ein großer Faktor bei der Bonitätseinschätzung des Kreditnehmers. Dadurch wird es den Banken ermöglicht, "die Gefahr einer erfolgwirksamen Einbuße durch den Ausfall eines Kreditnehmers auf andere überzuwälzen,...".17 Bei der Hereinnahme von Sicherheiten ist also besonders darauf zu achten, daß deren wirtschaftliche Entwicklung im besten Fall völlig unabhängig von der Situation des Schuldners ist, um einen relative wertstabilen Vermögenswert zu erhalten. Um dieser Forderung Rechnung zu tragen müssen im Bankgeschäft Richtlinien und Normen ausgearbeitet werden, um den Sachbearbeitern, wie bereits gesagt, formale Vorgaben geben zu können um deren Arbeit zu unterstützen und den personellen Faktor der gesamtgeschäftsbezogenen Instrumente des Kreditmanagements zu stärken. Zwar besteht auch für die Bank die Möglichkeit, sich gegen solche Forderungsausfallrisiken versichern zu lassen aber diese Art der Versicherung ist in Deutschland, im Gegensatz zum den USA beispielsweise, noch nicht sehr weit verbreitet. Im Auslandsgeschäft hingegen besteht reges Geschäft mit der Hermes-Versicherung gegen Forderungsausfall.

Diese Form des Ansatzes ist eng mit dem Verfahren der Risikozerfällung verbunden. Es findet größtenteils Anwendung bei Vergabe von Großkrediten, die für ein Kreditinstitut allein eine zu große Gefährdung für dessen Liquidität und Eigenkapital bei Kreditausfall darstellen würde. Somit versuchen Banken in diesem Bereich eine Zusammenarbeit anzustreben, um die Finanzierung des Kredites zu ermöglichen und andererseits das Gesamtrisiko aufzuteilen. In der Vergangenheit fehlte oftmals diese Teilung und es wurden dadurch Bankenkrisen relativ leicht möglich.18

Neben diesen, überwiegend auf das Einzelgeschäft anwendbaren Instrumenten, findet man in der Literatur außerdem wirkungsbezogene Ansätze im Kreditmanagement auf Gesamtgeschäftsebene. Hierbei wäre zuerst die Möglichkeit der Risikolimitierung zu nennen, welches durch eine volumenmäßige Begrenzung der kumulativen Kreditsumme gekennzeichnet ist. Diese Verfahren findet aber auch im Einzelgeschäft, durch die Einschränkung der Kreditsumme pro Kreditnehmergruppe, Anwendung. Die

Gruppeneinteilung findet beispielsweise nach Gesichtspunkten der Vermögens- und/oder Einkommenssitutation statt. Diese Vorgaben der Unternehmensleitung sind wiederum als Richtlinien und Normen für die Sachbearbeiter zu verstehen, nach welchen sie handeln müssen, um das Risiko des Kreditausfalls besser abschätzen zu können. Auf Gesamtgeschäftsebene kann man drei Ansätze der Risikolimitierung unterscheiden:

Bezug nehmend auf den Grundsatz I des Bundesaufsichtsamtes für Kreditwesen, ist die Höhe des Eigenkapital für die maximale Höhe des risikobehafteten Kreditvolumens ausschlaggebend. Außer den rechtlichen Vorgaben ist in der Praxis häufig die Vorgehensweise anzutreffen, die für relativ homogene Gruppen von Kreditnehmern Risikogruppen bildet und für diese wiederum volumenmäßige Obergrenzen festlegt. Die Möglichkeit der Einteilung der Kreditnehmer anhand deren Homogenität ist ein Vorgehen. Jedoch kann auch die Differenzierung und anschließende Zusammenführung von Kreditnehmern nach der Höhe des Kreditvolumens auch ein Ansatz sein, der Aufschluß über die volumenmäßige Verteilung auf unterschiedliche Kreditnehmer aufzeigt - was wiederum Einfluß auf die Risikozerfällung nimmt.19

Nach diesen Ansätzen, die auf Volumenbegrenzung des Kreditbetrages setzen, erweist sich der Ansatz der Risikostreuung auch als praxisrelevant. Mit dessen Hilfe versucht man auch der qualitativen Komponente des Kreditmanagements, in Form von weitergehender Differenzierung, nachzukommen. Mögliche Kriterien hierbei wären: Region, Branche, Laufzeit oder Kreditnehmergruppe. Natürlich sind auch Kombination dieser Ausprägungen möglich. Man versucht, durch Anwendung der Portfolio-Selection Theorie von Markowitz, das Risiko des gesamten Kreditbestandes zu minimieren, indem man möglichst Kredite vergibt, deren Verlauf nicht positiv korreliert. Die Frage der Anwendbarkeit dieser Theorie des Wertpapiermanagements scheint jedoch fragwürdig, und ist durch die Vereinfachung der Umwelt des Modells ohne weiter Nachforschungen und Anpassungen des Modells nicht zu empfehlen. Trotzdem versucht man eine Verfeinerung der Grundgesamtheit der Kreditnehmer vorzunehmen.

Regionale Differenzierung zum Beispiel bedeutet, daß volumenmäßige Begrenzungen des Kredits nach regionalen Kriterien vorgenommen werden, um den unterschiedlichen wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialen Gegebenheiten Rechnung tragen zu können. Diese Möglichkeit der Unterscheidung wird noch zusätzlich durch den Ansatz der Bildung von Kreditnehmergruppen unterstützt. Diese Vorgehensweise innerhalb der Risikostreuung faßt Schuldner zusammen deren Kreditverlauf annähernd als homogen angesehen werden kann. Das trifft auf Branchen im Bereich von Firmenkunden oder aber auf Berufsgruppen im

Privatkundenbereich zu. "Mit diesem Diversifikationsansatz können konjunkturelle Abhängigkeiten im Kreditportefeuille risikopolitisch erfaßt und begrenzt werden."20 Außerdem läßt sich eine Differenzierung der Kredite nach deren Laufzeit vornehmen und man kann aufgrund deren Unterschiedlichkeit Entscheidungen treffen, welche Kreditverläufe schwerer zu prognostizieren sind. Rein logisch betrachtet, erweisen sich langfristige Kredite als unsicherer als kurzfristige. Die Erkenntnisse der Fristenstruktur ermöglicht somit einen adäquaten und zeitrichtigen Einsatz von Sicherungsinstrumenten.21

3.2.2. Passive Ansätze

Passive Instrumente im Kontext der wirkungsbezogenen Ansätze sollen die gesamte Bank vor den schädlichen Auswirkungen des Kreditausfalls schützen, falls keine Sicherungsmaßnahmen bestehen. Insbesondere ist darauf zu achten, daß die Gefährdung der Liquidität der Bank durch Kreditausfall durch genügend Liquiditätsreserven gedeckt ist. Außerdem müssen offene und stille Eigenkapitalreserven bestehen und auflösbar sein, um dem Überschuldungstatbestand keinen Nährboden zu bieten. Sicherlich besteht der wichtigste passive Ansatz darin, die Ertragskraft der Unternehmung zu stärken, um genügend Eigenmittel, zu erhalten um Kreditausfällen kapitalstark gegenübertreten zu können. Diese zusätzliche Ertragskraft muß aber bereits in jedem individuellen Kreditgeschäft seinen Ansatz finden, indem die potentiellen Risikokosten in den Preis, bzw. den Zins, zu integrieren sind.22

4. Kritische Würdigung der Ergebnisse

Sämtliche vorgestellten Instrumente des Kreditmanagements kranken an dem Problem, die Risikokosten im erforderlichen Maß korrekt ermitteln zu können. Dabei ist besonders zu bemerken, daß vor allem die ursachenbezogenen Instrumente den Mangel aufweisen, daß sie fast ausschließlich vergangenheitsbezogene Daten zur Analyse heranziehen. Zwar wird an der einen oder anderen Stelle versucht dieses Manko zu beheben und einzugrenzen - mit mehr oder weniger Erfolg. Zwar werden schon neuere Modelle und Analysen in der Praxis angewandt. Beispielsweise versucht das "Value at Risk"-Verfahren Risikokosten genauer ermitteln zu können. Die VEBA AG setzt seit Ende 1995 diese Methode zur Ermittlung des Marktrisikos ein. Dazu verwendet sie unter anderem die "Risc-Metrics"-Daten von J.P. Morgan.23 Durchgesetzt haben sich diese Methoden in der breiten Maße der Industrieunternehmen und der Bankinstitute noch nicht.

Des weiteren kann man den "menschlichen Faktor" nicht planen. Dieser Faktor tritt besonders dann zu Tage, wenn die Vorgaben des Managements in den Abteilungen und am einzelnen

Sachbearbeiter umgesetzt werden müssen. Letztendlich ist hier ein enormer Schulungsbedarf zu erwarten, deren praktische Umsetzung sich nur dann in barer Münze auszahlt, wenn auch in der Belegschaft Rückhalt und Bewußtsein bezüglich der Wichtigkeit des Kreditmanagements herrscht.

Nicht nur für die interne Bearbeitung des Kreditgeschäfts sollte geschult werden. Gerade im externen Bereich (Kundengespräch) sollte darauf Wert gelegt werden, daß der Kunde immer wieder darauf hingewiesen wird, ob er sich dieser Kreditverpflichtung auch gewachsen fühlt. Diese Präventivmaßnahmen scheinen auf den ersten Blick bei geschäftsfähigen Personen kaum nötig zu sein, denn die Bank kann nicht für die Einzelperson Entscheidungen fällen. Aber, schließlich trägt die Bank das Ausfallrisiko und sollte deshalb selbst an einer guten Kundenbetreuung Interesse finden. Nichtsdestotrotz muß dieser Schulungsaufwand in einem vertretbaren Verhältnis zu der Höhe des kumulativen Kreditausfalls stehen. Schlußendlich bleibt zu sagen, daß es durch die moderne Informationstechnologie wie das Internet und Netzwerktechnologie eigentlich kein Problem sein sollte die notwendige Rechenleistung zur Verfügung zu stellen, die eine möglichst genaue Prognose der Kundenbonität erlaubt. Trotzdem erhöht sich der Informationsfluß immer weiter und es stellt sich die Frage einer effizienten Kompensation. Meine These lautet, daß in früheren Jahren trotz geringerer Rechenleistung kaum ungenauere Prognosen als heute abgegeben wurden; lediglich der Zeitaufwand war höher.

Jüngstes Beispiel für die schlechte Prognosemöglichkeiten sind die Bankenpleiten in

Südostasien, die unter anderem durch schlechte Sicherheiten und falsche Einschätzung der zukünftigen Situation, vor allem auf dem Immobilienmarkt, zustande gekommen sind. Deshalb bleibt abzuwarten, welche Entwicklungen auf dem Gebiet des Kreditmanagement stattfinden werden.

5. Literaturverzeichnis

Schierenbeck, H.: Ertragsorientiertes Bankmanagement, Bd. 2, 5. Aufl., 1997 Wiesbaden. Brakensiek, T.: Die Kalkulation und Steuerung von Ausfallrisiken im Kreditgeschäft der Banken, 1991 Frankfurt a. M.

Steiner, M.; Bruns, C.: Wertpapiermanagement, 6. Aufl., 1998 Stuttgart.

Hartmut Häcker (Hrsg.): Dorsch Psychologisches Wörterbuch, 13. Aufl., 1998 Bern.

Anhang

Weiterführende Literatur Bonitäts-Checklisten

Prautsch, W.-A.; Völker, W., Bonitäts-Checkliste - Mehr Systematik bei der Bonitätsprüfung im Konsumentengeschäft, in: Bankbetriebliche Blätter (B. Bl.), 35. Jg. 1986, S. 436-450.

Siegel, B.; Degener, R., Kreditscoring: Risikosteuerung im Mengenkreditgeschäft, in: ZfgK, 42. Jg. 1989, S. 455-458.

Diskriminanzanalyse

Backhaus, K.; Erichson, B.; Plinke, W.; Weiber, R., Multivariante Analysemehoden7- Eine anwendungsorientierte Einführung, 6. Aufl., 1990 Berlin, S. 161-220.

Credit-Scoring

Hermanss, W.; Reuter, A., Credit-Scoring-Systeme - Rahmenbedingungen und methodische Grundsatzfragen für deren Entwicklung, in: Bankbetriebliche Blätter (B. Bl.), 35. Jg. 1986, S. 425-435.

Insolvenzforschung

Baetge, J., Möglichkeiten der Früherkennung negativer Unternehmensentwicklungen mit Hilfe statistischer Jahresabschlußanalysen, in :zfbf, 41. Jg. 1989, S. 792-811.

[...]


1 Hartmut Häcker (Hrsg.), Dorsch Psychologisches Wörterbuch; 13. Aufl.; 1998 Bern, S. 743.

2 Als Bonität des Kreditnehmers wird im allgemeinen die persönliche und sachliche Fähigkeit und Willigkeit bezeichnet, den vertraglich fixierten Verpflichtungen aus dem Kreditgeschäft in ausreichender Höhe und zum richtigen Zeitpunkt nachzukommen.

3 vgl. Steiner, M.; Bruns, C., Wertpapiermanagement, 6. Aufl., 1998 Stuttgart, S. 53-56.

4 Schierenbeck, H., Ertragsorientiertes Bankmanagement, Bd. 2, 5. Aufl., 1997 Wiesbaden, S. 213.

5 vgl. ebda.

6 vgl. Brakensiek, T., Die Kalkulation und Steuerung von Ausfallrisiken im Kreditgeschäft der Banken, 1991 Frankfurt a. M., S. 36-37.

7 vgl. Brakensiek, T., S. 38-42.

8 vgl. ebda., S. 42-43.

9 ebda., S. 43-44.

10 Brakensiek, T., S. 44-45.

11 vgl. Schierenbeck, H., S. 225.

12 vgl. Brakensiek, T., S. 47.

13 vgl. Schierenbeck, H., S. 226.

14 vgl. Brakensiek, T., S. 49-51.

15 vgl. Schierenbeck, H., S. 227-228.

16 vgl. Brakensiek, T., S. 36-37.

17 Schierenbeck, H., S. 228.

18 vgl. Brakensiek, T., S. 51-52.

19 vgl. Schierenbeck, H., S. 229-242.

20 Brakensiek, T., S. 56.

21 vgl. Schierenbeck, H., S. 242-250.

22 vgl. Brakensiek, T., S. 56-57.

23 vgl. Geschäftsbericht 1998, VEBA AG, S. 101.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Risikomanagement
Note
2,3
Autor
Jahr
1999
Seiten
14
Katalognummer
V97536
ISBN (eBook)
9783638959889
Dateigröße
450 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Grundlagen des Risikomanagements
Schlagworte
Risikomanagement
Arbeit zitieren
Sebastian Wiegand (Autor:in), 1999, Risikomanagement, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97536

Kommentare

  • Gast am 29.3.2001

    OK.

    Arbeit hätte in einigen Punkten genauer sein können, dennoch liefert sie einen guten ersten Überblick zu diesem Thema. Note OK

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Titel: Risikomanagement



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