Paul-Philipp Hanske
1. Der Publizist Karl Kraus - wenig beachtet von der Publizistikwissenschaft
Bei der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Karl Kraus nimmt eines wunder: In der reichlich vorhandenen Sekundärliteratur sucht man vergeblich nach bedeutenden Titeln, die von Publizistik- oder Kommunikationswissenschaftlern verfasst wurden. Ich maße mir hier nicht eine profunde Kenntnis aller Literatur über Karl Kraus an, möchte also nicht ausschließen, dass es auch kluge Aufsätze zu dem österreichischen Publizisten aus den publizistischen Fakultäten gibt. Fest steht aber, dass die grundlegenden Untersuchungen aus anderen Wissenschaftsgebieten stammen: Sigrud Paul Schleichl, sowohl der Herausgeber der ,,Kraus-Hefte", wie auch der Veranstalter der beiden Karl-Kraus-Symposien, lehrt Germanistik in Innsbruck. Christian Wagenknecht, der Editor der Aufsatzsammlungen Karl Kraus', sowie ständiger Mitherausgeber der Kraus-Hefte entstammt ebenfalls der Germanistik. Helmut Arntzen - unverzichtbar für die historische und sozialgeschichtliche Interpretation des Krausschen Werkes - lehrt Sprachwissenschaft und Germanistik. Edward Timms, der akribische Biograph Karl Kraus' ist Professor für Komparatistik. Und Alfred Pfabigan, der bedeutendste (weil fundierteste) Kritiker Kraus' arbeitet am Lehrstuhl für Philosophie in Wien.
Das geringe Interesse der Publizistikwissenschaft verwundert gleich doppelt: Erstens war Karl Kraus zeitlebens Publizist (auch wenn er sich gegen diese Klassifizierung stets wehrte, siehe unten): Seine Zeitschrift ,,die Fackel", die er ab 1899 herausgab, hatte eine Auflage zwischen 8.500 und 10.000 Exemplaren1, war also - im damaligen Maßstab - durchaus ein Massenmedium. Als solches wäre sie laut Definition ein typisches Thema der Publizistikwissenschaft: ,,[...] Untersuchungsgegenstand sind [unter anderem] die Massenkommunikationsinhalte [...], die quantitativ und qualitativ mit dem Ziel analysiert werden, inhaltliche Strukturen und Tendenzen objektiv herauszuarbeiten [...]"2. Aber auch aus einem zweiten Grund wäre Karl Kraus und seine Fackel ein dankbares Thema für die historische Zeitungswissenschaft: Denn in Kraus' Arbeit dominiert ein Thema: Die kritische Beschäftigung mit den Massenmedien, d.h. die kritische Beschäftigung mit der Presse.
Durch die Untersuchung des Werkes von Karl Kraus bekommt man also einen doppelten Einblick in die deutschsprachige Presselandschaft von 1899 (Erscheinungsjahr der ersten Fackel) bis 1936 (Kraus` Tod): Zum einen in das Werk dieses bedeutenden Publizisten, zum anderen in die ,,inhaltlichen Strukturen und Tendenzen" (s.o.) der von Kraus meist kritisierten und beschimpften, teilweise aber auch gelobten Presse. Natürlich ist das Kraussche Urteil über seine Journalistenkollegen alles andere als objektiv. Daher muss es unter anderem auch Aufgabe der Wissenschaft sein, die Polemik zu prüfen und dadurch sowohl beiden:
Karl Kraus, als auch seinem bevorzugtem Objekt, der Presse, näher zu kommen.3
Mein Ziel ist es, Kraus' publizistische Methode exemplarisch darzustellen: Dazu werde ich zunächst den geistesgeschichtlichen Hintergrund der Fackel-Polemik, die - um die Wende vom 19. Zum 20. Jahrhundert weit verbreitete - Sprach- und Pressekritik skizzieren. Anschließend werde ich Kraus in diesen Kontext einordnen, seine besondere Stellung darlegen und die Grundzüge der Fackel erläutern.
Im zweiten und inhaltsanalytischen Teil meiner Arbeit möchte ich Kraus' Pressekritik anhand seiner Reaktion auf die Kriegspropaganda der Zeitungen vor und im ersten Weltkrieg darstellen. Hierbei werde ich chronologisch vorgehen, um Kraus' Kritik in den historischen Kontext einordnen zu können. Ich bin mir dessen bewusst, dass eine Arbeit diesen Ausmaßes angesichts eines derart großen Themas nur fragmentarisch sein kann. Wichtige Aspekte des Krausschen Werkes - wichtig auch zum vollen Verständnis seiner Haltung zum ersten Weltkrieg - seine genaue politische Ausrichtung, sein Antikapitalismus, sein (vermeintlicher) Antisemitismus, der Antikorruptionismus in der frühen Fackel, seine Meinung zu den Literaten von Jung- Wien, können nur unbefriedigend abgehandelt werden.
2. Karl Kraus als Pressekritiker .
2.1. Pressekritik als Sprachkritik
2.1.1. Tendenz zur Sprachkritik um 1900
Mit dem ausgehenden 19. Jahrhundert stellt sich in intellektuellen Kreisen Europas ein - vorher nicht gekanntes - sprachkritisches Denken ein. Erstmals formuliert Nietzsche 1878/79 in ,,Menschliches, Allzumenschliches" eine dezidierte Sprachskepsis: Bisher habe der Mensch geglaubt, ,,in der Sprache die Erkenntnis der Welt zu haben. Sehr nachträglich - erst jetzt - dämmert es den Menschen auf, dass sie einen ungeheuren
Irrglauben in dem Glauben an die Sprache propagirt haben ."4 Damit spricht Nietzsche der Sprache generell die Möglichkeit ab, außersprachliche Realität abzubilden.
Dieser Denkanstoß Nietzsches sollte weitergetragen werden: Der Philosoph Fritz Mauthner veröffentlicht 1901/1902 ,,Beiträge zu einer Kritik der Sprache", ein dreibändiges Mammutwerk, das in aller Länge jegliche Erkenntnismöglichkeit durch
Sprache abstreitet und damit auch jede Form von ,,Wissenschaft von der Welt"5 für unmöglich erklärt.
Vor allem in der Literatur jener Zeit fruchten die sprachkritischen Tendenzen: Im berühmten Chandos-Brief von Hugo von Hofmannsthal (1902) wird die Sprachkrise zu einer Existenzkrise erhoben: Lord Chandos, ein fiktiver Schriftsteller, gerät an den Rande des Wahnsinns, als ihm aufgeht, dass jedes Wort nur ein abstrakter Begriff sei, der das Ding an sich nicht im geringsten benennen könne. Die logische Konsequenz dieser Erkenntnis, dieses ,,Zerfallen[s] der Worte wie modrige Pilze im Mund"6, ist für ihn das Verstummen. In der literarischen Realität ist diese Erkenntnis für den Symbolismus mit seinen Tendenzen zur Mystik und zum Nicht-direkt-sagen maßgeblich verantwortlich.
Helmut Arntzen gibt eine Erklärung, wieso gerade um die Jahrhundertwende jene radikale Erkenntniskritik der Sprachskepsis so zahlreich und dezentral formuliert wurde: ,,Deutlich wird schnell, dass er [der Sprachskeptizismus] als eine Reaktion auf den Positivismus und dessen Dichotomie von Faktum und Beschreibung zu sehen ist. Das Faktum als Faktum ist niemals außersprachlich bestimmbar. Aber gerade diese positivistische Annahme wird zur Grundvoraussetzung der sich im 19. Jahrhundert endgültig herausbildenden Tagespresse."7
In den intellektuellen Kreisen der Jahrhundertwende empfindet man Journalisten als Eindringlinge in die Bastion der Sprache, die bisher in den Händen der Intellektuellen, der Schriftsteller und Wissenschaftler war. Fritz Mauthner war mit dem Journalismus vertraut - er schrieb selbst, um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können, für Zeitungen. Von Hofmannsthal monierte, dass auf den ,,elendsten Zeilenschreiber etwas vom Glanz der Dichterschaft abfällt [...], einfach dadurch, dass er sich des wundervollen Instruments bedient: der Sprache"8 Man hielt die Journalisten nicht für fähig und vor allem nicht für würdig, sich der Sprache zu bedienen. Dies mag die Veranlassung für den so vielfach formulierten Sprachskeptizismus gewesen sein. Denn alle Sprachkritiker betonen, dass Sprache in ihrer poetischen Funktion, in ihrer Mehrdeutigkeit, Selbstbezogenheit und Bildhaftigkeit nicht zu kritisieren sei.
Mauthner behauptet, dass Literatur (abgesehen von der interpersonellen Kommunikation) die einzig sinnvolle sprachliche Betätigung sei.9 Sprachkritik um die Jahrhundertwende war also in erster Linie eine Kritik des
Sprechens der Presse. Sie wurde aber kategorisch formuliert, d.h. ausgehend von der Kritik an der Presse wurde der Sprache an sich jede Erkenntnismöglichkeit abgesprochen. Arntzen wirft dieses allgemeine Infragestellen der Sprache jenen Sprachkritikern vor: ,,Man redet skeptisch von Sprache und verdrängt, dass es sich in Wahrheit um die Ontologisierung eines historischen Problems: nämlich des journalistischen Sprachgebrauchs handelt."10 Abgesehen davon, dass diese allgemein formulierte Sprachkritik zwangsläufig Aporien mit sich bringt (denn der Sprache wird jede Aussagekraft abgesprochen, dies ist aber wieder eine - in Sprache formulierte - Aussage), ist sie absolut folgenlos. Denn kein Mensch kann auf Dauer die eigene Sprache für die Erkenntnis ungeeignet halten. Die Kritik ist zu abstrakt, um etwas beeinflussen zu können.
2.1.2. Kritik des Sprechens der Presse statt allgemeiner Sprachkritik: Karl Kraus
,,Karl Kraus ist der einzige, der durch die Mikroanalyse von Zeitungstexten die historische Qualität des Sprachproblems begriffen hat und dadurch überhaupt erst konkret und also auch sinnvoll gemacht hat,"11 behauptet Helmut Arntzen. Und in der Tat: Mit theoretischen Überlegungen zur Unzulänglichkeit der Sprache generell hielt sich Karl Kraus nie auf. Schon auf der ersten Seite des ersten Heftes der Fackel formuliert er sein Programm deutlich: ,,Das politische Programm dieser Zeitung scheint somit dürftig; kein tönendes ,Was wir bringen`, aber ein ehrliches ,Was wir umbringen` hat sie sich als Leitwort gewählt." (F1, 112) Damit wird von Anfang an deutlich gemacht, dass es sich bei der Fackel um eine polemische Kampfschrift handelt. Gegen wen hauptsächlich polemisiert wird kann man schon aus der abschätzigen Bemerkung das hier kein ,,tönendes ,was wir bringen`" zu erwarten sei. Einige Zeilen später gibt Kraus die Hauptstoßrichtung seiner Polemik preis: ,,was hier geplant ist, ist nichts als die Trockenlegung des weiten Phrasensumpfes." (F1, 2) Mit ,,Phrase" ist der entscheidende Begriff für Kraus` Pressekritik und damit für sein Werk gefallen. ,,Phrase" bedeutet für Karl Kraus grundsätzlich jedes Sprechen, das die Realität verfälscht. Nicht Sprache an sich wird angegriffen, sondern die instrumentalisierte Sprache der öffentlichen Sphäre, die bewusst einen Teil der Realität ausgrenzt: Das Sprechen der Politiker und - vor allem - der Sprachgebrauch der Presse. Bevor ich diesen zentralen Begriff näher erläutere, sei das Objekt der Polemik Kraus', die Wiener Presse, kurz skizziert.
2.1.3. Exkurs: Skizze der österreichischen Presselandschaft um 1900
Die Grundsituation der Österreichischen Presse um die Jahrhundertwende ist ähnlich wie in allen Industrieenationen jener Zeit: ,,Der Bevölkerungszuwachs und die Abnahme des Analphabetentums machten Massenauflagen möglich, und es wurden Zeitungen neuen Typs eingeführt, um das Interesse eines Massenpublikums von halbgebildeten Lesern zu gewinnen. [...] Es war die Ära der ,Pressebarone`, der Eigentümer-Herausgeber, die sowohl das Aktien-Kapital, als auch die Redaktionspolitik unter ihrer Kontrolle hatten. [...] Die Massenauflagen verliehen ihnen Macht ohne jede Verantwortlichkeit"13 In Österreich-Ungarn war der Einfluss der Presse auf die politische Sphäre jedoch noch ausgeprägter als in anderen Industrienationen. Da das österreichische Parlament wegen Selbstlähmung seine legislative Funktion nicht wahrnehmen konnte, regierte der Kaiser und die Exekutive durch Verordnungen. ,,Die Regierung Ernst von Koerber (1900-1904) machte diese Methode, Verordnungen zu erlassen und nicht durch das Parlament, sondern durch die Presse ,debattieren` und ,ratifizieren` zu lassen, zur ständigen Praxis."14
Der Herausgeber der jüdischen ,,Neuen Freien Presse" Moritz Benedikt, das Hauptangriffsziel von Karl Kraus, ist ein typisches Beispiel dieser neuen Macht im Staat. Edward Timms schreibt: ,,Durch ihr Feuilleton hielt die ,Neue Freie Presse` das Wiener Kulturleben machtvoll im Griff, ihre Beilage, der ,Economist` diktierte der Finanzwelt im gesamten Habsburgerreich die Bedingungen, und politisch war sie eine der einflussreichsten Zeitungen Mitteleuropas, [...] in der Außenpolitik fungierte sie als Stichwortgeber der Regierung."15 Die ,,Neue Freie Presse" gibt sich liberal, modern und assimiliert jüdisch. Timms beschreibt sie als ,,die Bibel der wirtschaftlich führenden Bourgeoisie"16. Genau das macht sie in den Augen Kraus` gefährlich, weil dadurch eine bestimmte Gruppe (die Neureichen, das bedeutet für Kraus hauptsächlich das Finanzjudentum) an die Macht gelangt. Kraus sieht seine Aufgabe darin, diese Macht der Presse, die auf Suggestion der Massen, wie der Politik beruht, zu zerstören: den Sumpf aus suggestiven Phrasen trocken zu legen.
2.1.4. Der Begriff ,,Phrase" bei Karl Kraus
Beispiel: Der zweite Dreyfus-Prozess
Nach welchen Mechanismen die Suggestion der Zeitungsleser, die ,,Phrase" des Pressesprechens für Kraus funktioniert, sei an einem Beispiel erläutert: Größtes Aufsehen in ganz Europa erregte der zwischen Mai und September 1899 in Rennes wieder aufgenommene Dreyfus-Prozess, in dem über eine Verbannung des wegen Spionage angeklagten französischen Hauptmannes Dreyfus entschieden wurde. Die Beschuldigungen stellten sich zunehmend als eine Verschwörung des alten französischen Adels gegen den jüdischen Bourgeois Dreyfus heraus, aus dessen Verurteilung sich die Konservativen ein Fanal für eine neue antiliberale Aktion erhofften. Die Fronten in der europäischen Presselandschaft - die Zeitungen verfolgten den Prozess mit größtem Aufsehen - waren aber keineswegs die zwischen Liberalen und Konservativen.17
Karl Kraus enthält sich jeden Urteils über Schuld oder Unschuld Dreyfus'. Ihm geht es darum, aufzuzeigen, dass es in Wien ,,ein Ding der Unmöglichkeit [ist], sich von dem Gang der Verhandlungen in Rennes eine auch nur annähernd richtige Vorstellung zu machen." (F15, 3). Die ,,Neue Freie Presse" und das ,,Wiener Tagblatt", beides Blätter der reichen und gebildeten Bourgeoisie, beide mit Korrespondenten in Rennes, berichteten erwartungsgemäß stark pro-Dreyfus. Karl Kraus moniert, dass beide Blätter nicht objektiv Anklage und Verteidigung wiedergäben, sondern nur Stimmung machten. ,,Wer nicht Berichterstattung, sondern Romantik wünscht, braucht freilich nicht unterrichtet, nur gerührt zu sein. Und mit butterdicker Rührung versorgt ihn unsere bürgerliche Presse [...]" (Ebd.). Kraus hat hier die Praxis vor Augen, dass in der ,,Neuen Freien Presse" über Dreyfus in einer äußerst suggestiven Weise berichtet wird. In Leitartikeln wird er mit Philoktet verglichen, in blumigen Reportagen werden die Tränen seiner Angehörigen beschrieben.18 Hingegen werden alle belastenden Aussagen unterschlagen, alle Gegner Dreyfus' beschimpft oder lächerlich gemacht:
,,Selbst wenn man von der pflichtgemäßen Färbung und dem bewussten Unterschlagen, nicht etwa belastender, nein, bloß den Glauben an seine Engelhaftigkeit in allen Lebenslagen störender Einzelheiten absieht, bleibt soviel hartnäckige Niedertracht in der Beurteilung der Gegner, dass selbst der Freund sich angewidert fühlen muss." (F15, 4)
Anschließend vergleicht Kraus zum ersten mal Artikel zum selben Thema aus verschiedenen Zeitungen. Die ,,Kölnische Zeitung" berichtet ausführlich von der Unglaubwürdigkeit eines Entlastungszeugen, das ,,Wiener Tagblatt" unterschlägt dies einfach und stellt den Zeugen als ehrenwerte Person dar. ,,Es liegt also die Fälschung eines Berichts und die bewusste Irreführung seiner Leser [des ,,Wiener Tagblattes"] vor, deren sich dieses verächtlichste, im Ringen nach ,Wahrheit` hitzigste der Wiener Capitalistenblätter schuldig gemacht hat" (F15, 8). Auch wenn kein einziges mal der Ausdruck ,,Phrase" fällt, kann man hier deutlich erkennen, was für Kraus Wahrheits- verfälschendes Sprechen ausmacht: Das bewusste Unterschlagen bestimmter Aspekte und eine blumige und emotionale, also suggestive Darstellungsweise.
2.1.5. ,,Die Presse ist das Ereignis"
Anhand seiner Artikel über den Dreyfus-Prozess versteht man Kraus' vielleicht bekannteste Aussage über die Wirkung der Presse: ,,Ist sie der Bote? Nein: Das Ereignis! Eine Rede? Nein: Das Leben! Sie erhebt [...] den Anspruch, dass die wahren Ereignisse ihre Nachrichten über die Ereignisse seien [...]"19 (F 404, 15). Alle Menschen, die nicht selbst dem Prozess in Rennes beiwohnen können (oder die nicht so scharfsinnig sind wie Kraus) müssen die Berichte über Dreyfus für bare Münze nehmen, ,,da sprachliche Sicht und Welt für uns normaler Weise untrennbar sind."20
Die eventuellen Folgen eines tatsächlichen Ereignisses (an allen Orten, wo die direkte Information nicht möglich ist) beziehen sich also nicht auf dieses, sondern nur auf die von der Presse vermittelte Darstellung: Die Darstellung wird zum Ereignis, wird Realität. Diese Erkenntnis wird der Leitsatz für die Beschäftigung Kraus' mit der Vorkriegs- und Kriegspresse.
Das Verwerflichste an der Presse sieht Kraus darin, dass sie mit jeder gedruckten Zeile Wahrheit beanspruche, wo sie in Wirklichkeit doch Interessen vertrete. Welche Interessen die bürgerliche Presse in der Affäre Dreyfus vertritt, macht Kraus in einer kurzen Textkollage deutlich. Er nennt sie ,,Der erste wahrheitsgetreue Bericht über die Dreyfus-Affaire" und trägt darin Börsenberichte zusammen, die die Auswirkungen von Gerüchte über die bevorstehende Freisprechung Dreyfus'auf den Wiener Aktienmarkt deutlich machen.21 Die ,,Neue Freie Presse" hatte also von Anfang an ein starkes Interesse an einer Freisprechung Dreyfus'.
2.1.6. Interesse wird zur Nachricht
Aber über diese speziellen Parteilichkeiten der liberalen Presse hinaus verfolgen alle Zeitungen naturgemäß ein Ziel: Das ihrer Wirtschaftlichkeit. Das ist für Kraus zentral an seiner Pressekritik: Dass Zeitungen sich als bloße Vermittler hinstellen, in Wirklichkeit aber ein am Kommerz orientiertes Unternehmen sind. Kraus schließt seine Artikelserie über die Dreyfus-Affäre mit einem Zitat aus der ,,Neuen Freien Presse", das er ,,Das Ende" betitelt: ,,In dichten Scharen standen Personen, welche unsereunentgeltlicheExtraausgabe erwarteten, vor dem Redaktionsgebäude" (F 16, 27) Diese als Ereignis getarnte Eigenwerbung macht für Kraus deutlich, dass es der Presse nicht um Realität, sondern hauptsächlich um Profit geht. Diesbezüglich noch frappierender stellt sich für ihn die weitverbreitete22 Praxis dar, Inserate als Nachrichten getarnt zu drucken. In ,,Kaiserworte" (F 193, 1ff) collagiert er angebliche Aussprüche des Kaisers zu Luxusartikeln von Kaffee bis Deodorant.
Aus dieser Kritik wird auch Kraus' Antikorruptionismus der frühen Fackel verständlich: Unermüdlich geißelt er unsaubere Machenschaften im Wiener Kulturleben, in die auch führende Feuilletonisten verwickelt sind. So spürt Kraus etliche Korruptionsfälle auf, etwa wenn eine positive Rezension einer Premiere erkauft wurde, das Stück in Wirklichkeit aber ein Flop war (der jung-Wiener Stücke-Schreiber und Feuilletonist Hermann Bahr ist sein dankbarstes Angriffsziel). Die Zeitungen bereichern sich durch positive Berichterstattung (frönen damit also ihrem eigentlichen Ziel, dem Kommerz), die falschen Nachrichten über das Ereignis werden aber auf diese Weise wieder zur Realität (etwa wenn ein wertloses Theaterstück dank positver Rezensionen zum Erfolg wird).
Zusammenfassend kann man sagen, dass ,,Phrase" für Kraus jede Verfälschung (und dadurch Beeinflussung) von Realität durch Sprache bedeutet. Diese Verfälschung muss nicht unbedingt bewusst vonstatten gehen, wie bei Bestechlichkeit des Redakteurs, Tarnung von Annoncen oder absichtlicher Aussparung von wichtigen Fakten: ,,Kraus' unablässiger Feldzug gegen die Presse beruht zunehmend auf der Einsicht, dass Bestechlichkeit und Beeinflussbarkeit des einzelnen Redakteurs nebensächlich waren angesichts der ,Strukturellen Korruption` (Bordieu) [...], die sich aus Zwängen der Aktualität, der Werbewirksamkeit, des Schnellschreibens, der leichten Rezipierbarkeit ergibt."23
2.1.7. ,,Die Menschheit lehren, sich über den Journalismus zu informieren"
,,Was ich will - wenn man von dem, was ich tue, unmittelbar eine Tendenz abziehen kann - ist, das die Presse aufhöre, zu sein." (F345-34624; 30) Diese kompromisslose Aussage Kraus' über seine Aufgabe als Publizist ist sicherlich die plakativste, mehr als ein Ausdruck seines persönlichen Verhältnisses zur Wiener Presselandschaft ist sie nicht.25 Viel mehr muss man sich das Kraussche Selbstverständnis als ein pädagogisches vorstellen: ,,[Es] muss die Menschheit lernen, sich über den Journalismus zu informieren" (F234-235, 36), fordert er. An anderer Stelle wird er fast pathetisch, als er von seinen Zielen spricht: ,,Freundlicher Leser! [...] Werdemisstrauisch,und einer von Druckerschwärze fast schon zerfressenen Cultur winkt die Errettung. [...] Nimm das gedruckte Wort nicht ehrfürchtig für bare Münze!" (F 98, 4). Kraus wollte in seiner Fackel der Bevölkerung den Teil der Realität vor Augen führen, der durch die ,,Phraseologie" der Presse verloren geht und die Folgen dessen aufzeigen. Seine Methode ist weniger, durch eine vollständige Berichterstattung über Geschehnisse seine Leserschaft über die Mangelhaftigkeit der Presse aufzuklären, als vielmehr, deren problematische Realitätsdarstellung immanent - durch kritische Lektüre oder Textvergleich - nachzuweisen und polemisch oder satirisch darzustellen. Dabei konzentriert sich Kraus nur auf Qualitätsblätter, von Anfang an ist die NFP, das ,,beste Blatt der k.k.-Monarchie"26 sein Hauptangriffsziel. Mit den qualitativ schlecht
gemachten antisemitischen Zeitungen setzt er sich aus Prinzip nicht auseinander, nennt ihre Redakteure nur in Nebensätzen verächtlich ,,talentlose, antisemitische Stümper" (F 56, 14). Die NFP (und vergleichbare liberale Blätter) hatte(n) - im Gegensatz zu den Hetzblättern - sowohl über die Politik als auch über die Intelligenz in der Monarchie Macht, deshalb versucht Kraus, dem pädagogisch entgegenzusteuern.
2.1.8. ,,Nachrichtensteppe" statt ,,Phrasensumpf"
Kraus ist nicht von vornherein gegen jede Form von Journalismus gesinnt, auch nicht gegen jede Form des liberalen Journalismus. In einem offenen Brief an den Herausgeber der Berliner Zeitschrift ,,Die Zukunft", Maximilian Harden, lobt er ausdrücklich die ,,Nachrichtensteppe" der Berliner Zeitungen. Fakten in nüchternen Worten entsprechen noch am ehesten seiner Auffassung von Realitätsvermittlung. Am liberalen Wiener Pressewesen beklagt er dessen pathetischen Schwulst, ,,[seine] Stimmungsschnörkelchen" den ,,lästigen Impressionismus" und dass sich jeder Lokalschreiber als ,,wahres Genie" (F 2, 9) verstehe. Damit spielt Kraus auf das ,,für die Wiener Jahrhundertwende charakteristische Amalgam des Journalisten und des Schriftstellers"27 an, das für ihn hauptverantwortlich für die ,,Phraseologie" der liberalen Presse ist.
2.1.9. Fazit
Meiner Meinung nach ist es plausibel, wenn Arntzen Kraus, den er hauptsächlich als Sprachkritiker begreift, eine Sonderstellung unter diesen zuweist: ,,Es bedeutet darum nichts Wesentliches für die Erfahrung und Erkenntnis des Sprachproblems, dass der abstrakten Fiktion des Lord Chandos [s.o.] die ,abstrakten Worte wie modrige Pilze` im Mund zerfallen [...] Aber es bedeutet etwas ganz wesentliches für die Sprache und die Wirklichkeit der Epoche, dass die NFP vom Dreyfus-Prozess so berichtet, dass niemand mehr wissen kann, was vorgegangen ist, aber alle in die Stimmung versetzt sind."28 Kraus war mit Sicherheit der pragmatischste aller Sprachkritiker. Auch sah er
- im Gegensatz zu ihnen - nicht nur in der Literatur den einzig legitimen Sprachgebrauch (auch wenn er stets betonte, dass Literatur die wichtigste Form von Sprache sei). Während alle kategorische Sprachkritik strikt von jeder gesellschaftlichen Realität abgeschnitten ist, hat die Kraussche Sprachkritik nur einen Bezugspunkt - eben die Gesellschaft. Dies soll nun am Beispiel des ersten Weltkrieges gezeigt werden.
2.2. Die Fackel und der erste Weltkrieg
Im folgenden soll Kraus' Reaktion auf den ersten Weltkrieg exemplarisch an einigen Texten der Fackel aus den Jahren 1909 bis 1919 dargestellt werden. Meine Intention ist es nicht, die gesamte ,,Kriegsfackel" vorzustellen, sondern anhand dieser fragmentarischen Auswahl Kraus' publizistische Methode, sein Umgang mit Polemik, Satire und Glosse zu skizzieren.
2.2.1. Prozess Friedjung
Um einen Blitzkrieg gegen Serbien zu rechtfertigen, von dem man sich in der Monarchie eine Beruhigung des Balkans und vor allem ein Vereiteln jeglicher jugoslawischer Aktion erhoffte, bediente sich das Außenministerium im Frühjahr 1909 der NFP. Nachdem Moritz Benedikt über Wochen hinweg ,,aufgeregte Leitartikel"29
zum Thema Balkankrise schrieb, veröffentlichte die NFP am 25. März einen Artikel des angesehen Historikers Heinrich Friedjung, in dem dieser durch vertrauliche Dokumente eine Verschwörung Kroatiens mit dem feindlichen Belgrad belegte. Die Dokumente, die er von Außenminister Graf Aerenthal zugespielt bekam, waren jedoch von diesem gefälscht, ,,der Artikel war als Fanfarenstoß zum Krieg gedacht."30
Serbien wandte durch demütigende Diplomatie einen Angriff im letzten Moment ab. Die kroatischen Abgeordneten aber verklagten in Wien Friedjung wegen Verleumdung. Sie hatten eindeutige Beweise, dass jene Dokumente gefälscht sind: Friedjung wurde zum schmachvollen Widerruf in der NFP gezwungen, Graf Aerenthal hingegen blieb unbehelligt im Außenministerium.
Kraus widmet dem Prozess und - vor allem - den Reaktionen der Presse darauf von Anfang an seine volle Aufmerksamkeit. Seine Polemik ,,Prozess Friedjung" vom Dezember 1909 beginnt allgemein, mit der Erkenntnis des (bei diesem Skandal besonders augenfälligen) kritischen Verhältnisses von Meldung und Ereignis: ,,Aber sie [die Bevölkerung Österreichs] erlebt das Ereignis nur als Meldung und darum kann ihr die Journalistik Ereignisse entwinden, die sie ihr eben erst geschafft hat." (F 293, 1) Kurz später wird er konkret: ,,Der Mann, der den guten Glauben eines Historikers, einer Bevölkerung, Europas missbraucht hat, [...] Graf Aerenthal, der für die Vorbereitung eines Krieges und für die Beweise von dessen Notwendigkeit unser Geld nicht geschont hat, [...] er geht nicht zu den Eskimos, er, der Verurteilte, gibt uns keine Ehrenerklärung, und wir werden den Prozess bezahlen." (F 293, 2) Hier wird indirekt - direkt wäre es wegen der Zensur nicht möglich - ein Rücktritt Aerenthals gefordert. Mit Friedjung selbst setzt sich Kraus nur am Rande auseinander, ihm wird grundsätzlich jegliche Kompetenz abgesprochen, da er Dokumente für echt hielt, ,,die den Scharfblick eines Mittelschülers nicht täuschen konnten." (Ebd.)
Das Hauptthema dieser Polemik sind allerdings die ,,Preßbestien" (F 293, 5), die Berichterstatter der NFP, und ihre Bereitschaft, ,,wenn's sein muss, fürs Vaterland mit Phrasen zu kämpfen und ,wenn's zu einem neuen Waffengang mit dem Feind kommen sollte` [Zitat], in der NFP die Save zu überschreiten und ,dem Serben eine Schlacht zu liefern`" (F 293, 6). Am ärgerlichsten erscheint Kraus die Berichterstattung über den Prozess: ,,Noch heute ist der Ton der NFP auf diese entfernte Freude am Waffenhandwerk gesinnt, und darin erreicht ihre Berichterstattung über den Prozess gerade eine künstlerische Höhe, dass sich hier wirklich das Phrasentum der Beschreibung mit dem Phrasentum der Handlung deckt." (F293, 8) Auf über zwei Seiten zitiert Kraus aus der NFP, um die Suggestionskraft und die sprachliche Aggressivität dieser ,,objektiven Berichte" zu belegen. Etwa: ,,Nicht nur dass das Auditorium jedesmal ,mit lebhafter Spannung diefesselndenAusführungen des Angeklagten verfolgte` oder dass dieser jedesmal ,ein Netz von Fragen über die Zeugen warf` - solche Mittel sind im Krieg erlaubt - [...]" (F 293, 8) Oder er zitiert einen besonders plakativen Satz des ,,Neuen Wiener Journals", der einen serbischen Zeugen der Anklage angreift: ,,Heute wurde im Gerichtssaale dasRückgratdes abgeordneten Supilozerbrochen."(F 293, 5)
Dem Phrasentum des Angeklagten und der Presse stellt Kraus die kroatischen Kläger gegenüber: ,,Wortknappe Anwälte einer verleumdeten Wahrheit, [...] die mühelos über den Wiener Intellekt gesiegt haben [...]" (F 293, 6). Unverblümte Sprache ist für ihn stets ein Anzeichen der Wahrhaftigkeit. Besonders verwerflich scheinen Kraus die Reaktionen der Presse zu Prozessende. Bis zum letzten Augenblick hält diese an der Unschuld der Vertreter der Monarchie fest. Kraus stellt dazu Überschriften aus Leitartikeln zusammen: ,,,Noch nicht!` ,Es spießt sich!` ,Es wird nichts draus!`
,Vielleicht doch!` ,Gemacht!`" (F293, 5). Als schließlich die Schuld aufseiten der Monarchie eindeutig bewiesen ist, verstummt die hauptverantwortliche Zeitung, die NFP und weicht einem Schuldeingeständnis aus, was Kraus attackiert: ,,Die NFP aber, seitdem es ihr die Rede verschlagen hat, hielt das ,Vertrauen zur österreichischen Justiz` hoch [...]" (F 293, 15).
Timms schreibt, ,,Prozess Friedjung" sei Kraus' ,,ausgewogenste Analyse der Meinungsmanipulation. In anderen Fälle neigt er dazu, die Rolle der Regierung als Urheber politischen Mystifikationen zu unterschätzen und die Presse isoliert zu betrachten, als eigentliche Macht des Bösen. "31 Auf diesen Aspekt werde ich weiter unten eingehen.
2.2.2. ,,Impressionisten auf dem Schlachtfeld": Die Kriegsfeuilletonisten
Wie sehr die Zeitungen in den Jahren vor 1914 einen Krieg lancieren, wird für Kraus an der Berichterstattung über den türkisch-bulgarischen Krieg im Herbst 1912 deutlich. ,,In diesem Miniaturkriegstheater genossen die Vertreter der führenden österreichischen Zeitungen einen privilegierten Beobachterstatus"32, schreibt Timms.
Das für die Wiener Zeitungslandschaft typische ,,Amalgam aus Schriftsteller und Journalisten" (Arntzen) mag dafür verantwortlich sein, dass Kraus über die Berichterstattung urteilt: ,,Österreich ist auf dem Balkan durch Impressionisten vertreten" (F 360-362, 44). Und in der Tat lesen sich die Reportagen, die Kraus im folgenden collagiert, eher wie die Texte Jung-Wiens als eine Information über ein politisches Ereignis. So etwa die Reportage Paul Zifferers, eines Feuilletonisten der NFP: ,,Früh am Tage umhüllen die flatternden Nebel, dann später Pulverdampf die Stadt, wie lichte Schleier das Antlitz einer schönen Frau. Man fühlt sich selbst mit geheimer grundloser Sehnsucht zu dieser fernen Stadt hingezogen, man will zu ihr hineilen, gleichsam selbst erobern, in Besitz nehmen." (F 360-362, 47) Kraus kommentiert dieses Zitat nicht. Gerade dadurch wird das Groteske dieses Feuilletons hervorgehoben: Kraus, dessen Einstellung dem Fackel-Leser natürlich bekannt ist, hüllt sich in beredtes Schweigen. Ihm fehlen angesichts der Verblümung des Massensterbens zu einer jugendstilhaften Frauendarstellung die Worte. Diese Methode des kommentarlosen Zitierens wird Kraus während des Kriegs noch verfeinern (siehe unten).
Im nächsten Heft der Fackel widmet Kraus dem Impressionistenstil der Zeitungen einen langen Artikel, den berühmten Text ,,Untergang der Welt durch schwarze Magie" der auch für das gleichnamige Buch programmatisch wird. Hier stellt er den blumigen Fin-de-siècle-Feuilletons themengleiche Berichte aus der Frühphase der Wiener Massenpresse, aus den Jahren nach 1848 gegenüber. Stilistisch sind diese Artikel stark von der Nüchternheit des Realismus geprägt, entsprechen also genau Kraus' Auffassung eines guten Journalismus'. Er zitiert ein Beispiel für gute Kriegsberichterstattung: ,, ,Diese Nacht sahen wir mit freiem Auge, wie die schöne Stadt Mailand an acht Orten brannte; außerordentlich aber an zwei Orten. Ergibt sich Mailand nicht bis zum Abend, so wird es bombardiert.` - C'est la guerre. Und Mailand war schön und lag dennoch nicht wie eine schöne Frau vor seinen Augen." (F 363- 365, 16). Hier wird wieder Kraus' Begriff von Phrase deutlich: Im feuilletonistischen Bericht über die Bombardierung der Stadt geht das Elend hinter den Beschreibungen der (absolut deplazierten) Impressionen des Autors unter. Der nüchterne Artikel beschreibt zwar auch nicht explizit die Zerstörungen des ,,schönen Mailands", diese drängen sich dem Leser aber zwangsläufig auf, wenn er erfährt, dass es an acht Orten brennt. Nach 1914 wird der Kriegsfeuilletonismus das wichtigste Angriffsziel der Krausschen Polemik.
2.2.3. Das Photo von Hötzendorfs
Auch wenn akute Kriegsgefahr nach der Serbienkrise 1909 zunächst abgewendet werden konnte, wurden die Zeichen für eine gewaltsame Lösung der Probleme der Monarchie (von denen das dringlichste die potentielle Illoyalität der Balkanprovinzen war) immer deutlicher. Im Dezember 1912 wurde Franz Conrad von Hötzendorf zum Generalstabschef der Monarchie ernannt. Timms beschreibt ihn als den ,,mächtigsten Vertreter einer militärischen Lösung der Probleme Österreichs auf dem Balkan."33 Zum Antritt von Hötzendorfs erscheint in ,,zahlreichen österreichischen illustrierten Zeitungen"34 ein Photo, dass ihn mit grimmigen Blick über der - deutlich erkennbaren - Balkankarte zeigt, im Hintergrund sein Adjutant (Abb. links35): Eine subtile Kriegsdrohung an Serbien, ein Einstimmen der Bevölkerung auf militärische Symbole. In der darauf erscheinenden Fackel schreibt Kraus folgenden fiktiven, satirischen Dialog:
In Österreich wurde es ernst. Da wurde von Hötzendorf Generalstabschef. Da studierte er die Balkankarte. Da trat der Photograph Scolik ein. ,Eine kleine Spezialaufnahme, wenn ich bitten darf -!` ,Für die Weltgeschichte?` ,Nein, für das interessante Blatt.` ,Aha, zur Erinnerung an die Epoche?` ,Ja, für die Woche.` ,Aber ich bin grad beim Studium der Balkankarte` ,Das trifft sich gut`
,Wird's lange dauern?` ,Nur einen historischen Moment, wenn ich bitten darf.`
,Soll ich das Studium der Balkankarte fortsetzen?` ,Gewiss, Exzellenz setzen ganz ungezwungen das Studium der Balkankarte fort - so - ganz leger - nein, das wär unnatürlich - der Herr Major wenn ich bitten darf etwas weiter zurück - nein, nur ganz ungeniert - kühn, bitte mehr kühn - es soll eine bleibende Erinnerung an die ernsten Zeiten sein - so ist`s gut, nur noch - bisserl bitte - so - machen Exzellenz ein feindliches Gesicht! - jetzt - Ich danke.`" (F 366-367, 3)
Interessant ist, dass das Objekt der Satire hier nicht Sprache ist, dass die Kritik am Posenhaften dieses Bildes aber parallel ist zur Krausschen Kritik der Phrase: Dort wird Realität durch den ,,großen Styl" (Paul Schleichl) verzerrt, hier wird die Realität (des sich ankündigenden Krieges und Massensterbens) durch die für die meisten Betrachter des Photos vertrauenserweckende, weil in ,,gründlicher Vorbereitung" vertiefte Gestalt von Hötzendorfs verfremdet.
Zum einen macht Kraus hier das Säbelgerassel in der Österreichischen Öffentlichkeit durch diese extrem posenhafte Darstellung lächerlich. Darüber hinaus zeigt er mit der Aufforderung des Photographen, die Karte weiter zu studieren, mehr noch mit ,,mehr kühn" und ,,machen Exzellenz ein feindliches Gesicht!", wen er für den propagandistischen Gehalt dieses Bildes verantwortlich macht: Den Photographen und damit die Presse. Von Hötzendorf erscheint in diesem Dialog von Anfang an als nicht ernst zu nehmend, grotesk und realitätsfern (So etwa seine Frage: ,,für die Weltgeschichte?").
2.2.4. Exkurs: Unterscheidung Satire - Polemik
Während Kraus sich etwa im Friedjung-Skandal streng an Tatsachen orientiert, die Personen aufgrund ihrer Verhaltensweien attackiert, hat sein Beitrag zum Hötzendorf- Photo eine andere Qualität. Dort betrachtet er nur, hier fingiert er eine Situation.
Timms klassifiziert beide Gattungen: ,,Polemik erfordert, dass die im Text dargestellte Gestalt ,mit der Person kongruent sei` (F 267-268, 25). Der Angriff muss auf verifizierbaren Belegen beruhen. [...] Bei einer Satire steht indes nicht mehr der Angriff auf eine einzelne Person im Vordergrund. Der Satiriker schreibt über ein Thema und nicht über eine Person. [...] Ziel der Satire ist es weniger, Fakten auszusprechen, als vielmehr ,aus[zu]sprechen, was möglich ist` (F 336-337, 42)."36
Natürlich durchbricht Kraus oft dieses Schema, wie weiter unten an seinen Satirikern und Polemiken gegen Moritz Benedikt zu zeigen ist. Aber auch schon bei der Kommentierung des von Hötzendorf-Photos geht es Kraus nicht nur um eine Darstellung und Analyse der Propagandamaschine Presse. Die Zeichnung des Generalstabchefs als trotteligen Greis kann man durchaus als persönlichen Angriff lesen.
2.2.5. Kriegsausbruch: Beredtes Schweigen und kryptische VorwürfeTimms bezeichnet Kraus als den bedeutendsten Kriegsgegner unter den deutschsprachigen Publizisten: ,,Die Fackel war die einzige deutschsprachige Zeitschrift, die schon vor 1914 dem Krieg gegenüber kritisch Stellung bezog und diese mit wachsender Vehemenz auch bis zum bitteren Ende behauptete."37
Nach Kriegsbeginn verfällt Kraus zunächst in Schweigen. Ähnlich wie seine Schweigephase 1933/34 konnten die Fackel-Leser dieses Nichtssagen durchaus interpretieren: In Zeiten der lautesten Propaganda fehlen dem Satiriker die Worte, da die Realität alles Fiktive in Krassheit nur übertrifft. Erst im Dezember erscheint Kraus' Reaktion auf den Krieg, das Essay ,,In dieser großen Zeit" (F404 1ff.). Es ist mit Sicherheit Kraus' kryptischstes publizistisches Erzeugnis. Es ist bezeichnend, dass ,,In dieser großen Zeit" der einzige publizistische Text Kraus' ist, der durchgehend kommentiert ist38.
Kraus greift im Titel ironisch den Allgemeinplatz der deutschsprachigen Intellektuellen auf39, der Krieg läute eine heroische Zeit ein. Kraus sieht diese Zeit naturgemäß anders. Er charakterisiert sie als Zeit, ,,in dergeschehenmuss, was man sich nicht mehrvorstellenkann, und könnte man es, es geschähe nicht." (F 404, 2) Dieser zunächst paradoxe Satz bezieht sich zunächst auf die Unvorstellbarkeit des Grauens dieses Weltkrieges - im November kam es in Frankreich zu den ersten Materialschlachten, spätestens seit der Marneschlacht gab man sich in den Mittelmächten nicht mehr der Illusion eines schnellen Sieges hin. Darüber hinaus greift der Satz einen Grundgedanken Kraus' wieder auf: Den Gegensatz von Phrase und Phantasie. Die Phantasie würde es allen Menschen ermöglichen, den Krieg so realistisch zu sehen, wie er. Könnten sich die Menschen eine Materialschlacht vorstellen, würde sie nicht stattfinden, so seine Überlegung. Die Presse macht er für dieses kollektive Versagen der Vorstellungskraft verantwortlich: ,,Er [der Reporter] hat durch jahrzehntelange Übung die Menschheit auf eben jenen Stand der Phantasienot gebracht, der ihr einen Vernichtungskrieg gegen sich selbst ermöglicht." (F 404, 9). Damit in Zusammenhang sieht er die Verblendung der Massen durch Propaganda: ,,Er [der Reporter] kann, da er ihr [der Menschheit] alle Fähigkeiten des Erlebnisses und dessen geistiger Fortsetzung durch diemaßlose Promptheitseiner Apparate erspart hat, ihr eben noch den erforderlichen Todesmut einpflanzen, mit dem sie hineinrennt. Er hat den Abglanz heroischer Eigenschaften zur Verfügung und seine mißbrauchte Sprache verschönt ein mißbrauchtes Leben [...]" (Ebd.)
Kraus macht also - wie bei der Serbienkrise fünf Jahre zuvor - einzig die Presse für die Katastrophe verantwortlich. Er geht in ,,In dieser großen Zeit" sogar so weit, den Staat aufzufordern, ,,die sogenannte Preßfreiheit [...] zu erwürgen" (F 404, 3). Die eigentlich Verantwortlichen des Krieges, den Kaiser, greift Kraus in diesem Artikel nicht an.40 Direkte Angriffe auf den Kaiser der Monarchie wird Kraus erst 1911 verfassen.
Timms wirft hier Kraus eine Fehleinschätzug vor. Zwar ist es richtig, dass die blumigen Kriegsbeschreibungen (siehe unten) zum größten Teil auf Veranlassung der
national gesinnten Zeitungen entstanden. ,,Kraus ignoriert hingegen die Verantwortlichkeit der Regierung für die Kriegshetze der Presse."41 So wurden die Journalisten im Kriegspressequartier natürlich nur zu den Kampfplätzen geführt, wo das Elend des Krieges nicht sichtbar wurde. Eine andere - subtilere - Form der Propaganda geht nur auf die Regierung zurück: Das Verschweigen oder Kaschieren vom Sterben an der Front. Kraus ist sich dessen bewusst, wenn er schreibt, ,,dass hinter der Generalstabsmeldung ,Nichts Neues` immerhin die Begebenheit von ein paar Lungenschüssen sich abgespielt hat" (F 474-483, 19), dass dies also auch ein typisches Beispiel für Phrase ist. Trotzdem bleibt sein Hauptangriffsziel die liberale, kriegslüsterne Presse, namentlich die NFP.
2.2.6. Die Schalek
Alice Schalek, Kriegsberichterstatterin der NFP, ist das Paradebeispiel für die von Kraus wegen ihrer kriegsverherrlichenden Berichte angegriffenen Journalisten. Von den tatsächlichen Frontberichterstattern widmete Kraus niemanden so viel Aufmerksamkeit, wie Alice Schalek, die er nur ,,die Schalek" nennt. Paul Schleichl schreibt, sie sei in der Fackel, wie in den ,,letzten Tagen der Menschheit" - der
apokalyptischen Kriegssatire Kraus' - ,,in einem Ausmaß präsent, das der realen Bedeutung dieser mittelmäßigen Literatin nicht entsprechen kann."42
Man kann Kraus' übermäßiges Interesse an ihr sicher nur mit seinem Ideal von Weiblichkeit erklären. Frauen waren für Kraus stets der Inbegriff von Natürlichkeit - im Gegensatz zum technokratischen Leben des Mannes. Durch und durch sexualisierte Wesen, für ihn als Schriftsteller hauptsächlich wichtig für die Inspiration43, ,,die
Prostituierte und die Schauspielerin sind für ihn die Idealbilder der Weiblichkeit."44 Die Begeisterung einer Frau für das - ohnehin schon unechte - Heroentum des Krieges musste ihm besonders grotesk vorkommen. Ein Teil seiner Polemik gegen Schalek mutet auf den ersten Blick nur frauenfeindlich an (denn eine emanzipierte Frau war die Schalek ohne Frage). So etwa folgende Verse: ,,Ein Weib an der Front?/ Ich muss mich verlesen haben!/ Was kann die Nutzen?/ Oh, die ist es gewohnt./ Sie schaut zu, wie sie den Graben ausputzen." (F 472-473, 5) Natürlich hackt hier Kraus hauptsächlich darauf herum, dass Frauen seiner Meinung nach an der Front nichts zu suchen haben. Aber auch dieses flach anmutende Gedicht bezieht sich in Wirklichkeit auf Sprache: ,,Ausputzen" hieß im Soldatenjargon das Schleudern von Handgranaten in gegnerische Schützengräben. Kraus spielt darauf an, dass sich Schalek in oft peinlicher Weise soldatischer Fachausdrücke bedient, um die Authentizität ihrer Reportagen zu betonen.
Das, was Kraus an der Schalek vor allem der Polemik wert schien, war ihr Stil. Der größte Teil der Auseinandersetzung mit ihr besteht daher aus gründlicher Textarbeit. Fast in jeder Ausgabe der Kriegsfackel polemisiert er gegen die Kriegsberichterstatterin, meist unter ironischen Titeln wie ,,Die wackre Schalek forcht sich nit" (einer Adaption des Titels einer Heldenhymne von Uhland) oder ,,Die Schalek dringt weiter vor". Die Texte bestehen zu einem Großteil aus Zitaten. Ansatzpunkt für Polemik findet Kraus zuhauf. Zum einen der laxe, schon zynische Umgang der Kriegsberichterstatterin mit dem Sterben (der Feinde) an der Front:
,,Aber denen drüben verging bald der Spaß am Mützeschwenken, wirputzten sie einzeln weg wie auf der Hasenjagd.Auf die Dauer fanden sie die Kopfschüsse rechtlästig" (F406-412, 17; Hervorhebung von Kraus). Oder: ,, Man kommt sich fast wie einKönigvor.Die da unten liegen wehrlos da - preisgegeben, niemand kann fortlaufen."(F 418-422, 35) Hierzu hat der Satiriker nichts mehr zu sagen, er läßt das Zitat unkommentiert stehen. Teilweise ergänzt er den Text Schaleks mit nur leicht ironischen Bemerkungen: ,,Sie will nämlich, wieder aus Grübelei, wissen, ,was der Torpedooffizier gefühlt habe, als er den Riesenkoloss mit so vielen Menschen im Leib ins nasse, stumme Grab hinabgebohrt` habe. Nachdem er versichert hat, dass er ,eine wahnsinnige Freude` gehabt habe, verlässt die Schalek den Jour und schließt mit den Worten: ,Die Adria bleibt wohl unser`" (F418-422, 37). Generell kann man sagen: Die menschenverachtendsten Äußerungen läßt Kraus stets für sich allein sprechen, kein Fingerdeut scheint ihm mehr nötig.
Auch meist unkommentiert stellt Kraus die Mystifikation des Krieges zum Heroischen in die Fackel. So etwa wenn sich Schalek wundert: ,,Wieso habe ich vor dem Krieg all dieprächtigen Gestaltenniemals gesehen, denen ich nun täglich begegne?" (F406- 412, 17) Der dezente Kommentar des Sperrens hebt das phrasenhafte der Reportagen Schaleks wesentlich effektvoller hervor als eine direkt Polemik: ,, Nennt es Vaterlandsliebe, ihr Idealisten; Feindeshaß, ihr Nationalen; nennt es Sport, ihr Modernen; Abenteuer, ihr Romantiker; nennt es Wonne der Kraft, ihr Seelenkenner; ich nenne es frei gewordenens Menschentum" (F 406-412, 18)45.
2.2.7. Luxus im Angesicht des Todes
Mit der Hauptkritikpunkt Kraus' an den Reportern an der Front, ist der offensichtliche Luxus im Kriegspressequartier, den sie in ihren Reportagen nicht im geringsten zu kaschieren versuchen. Schalek tut sich hierin wieder besonders hervor: ,, ,Man hatfeierliche Vorbereitungenzu unserem Empfange getroffen`, und der Tisch ist mit Blumen, sogar mit Trophäen geschmückt, wobei erstere eine Aufmerksamkeit für die Männlichen Schapseln, letztere ein Willkommensgruß für die Schalek bedeuten." (F 406-412, 16). Hier stichelt Kraus wieder gegen die Unweiblichkeit Schaleks. Zu einer anderen Bemerkung zum Luxus an der Front erspart er sich jeden Kommentar: ,,Aber für uns wird sicherlich heute herzlich[..] gedeckt [...], und das schönste Zimmer mit dem schönsten Balkon, das bisher nur Krösusse bewohnte,bekomme ich ganz umsonst.[...] Und wo ist jetzt der welsche Hotelier? Spurlos verschwunden. Ah! Das tut wohl!"(F406-412, 17). Der Zynismus bedarf keines polemischen Hinweises mehr. Der Komfort der Reporter neben dem Elend an der Front - am deutlichsten stellt Kraus diesen nicht mehr zu beschreibenden Kontrast in der Glosse ,,Zum Ewigen Gedächtnis / Zwei Züge" (F 418-422, 3ff) dar. Die Glosse ist bei Kraus eine Textform, die nur zitiert. Die Seite ist in zwei Spalten aufgeteilt, die beiden Texte stehen sich gegenüber. Der einzige Kommentar ist die Überschrift. Naturgemäß besteht zwischen beiden Zitaten immer eine Spannung, manchmal in Form eines offenen Widerspruchs, meistens aber nur, indem sich eine phrasenhafte Darstellung und eine - in Kraus' Augen - realistische gegenüberstehen. Wichtig für die Textwirkung ist, welcher der Texte links steht, welcher also zuerst gelesen wird. In diesem Fall ist dies eine äußerst drastische Beschreibung eines serbischen46 Flüchtlingszuges47: ,,Da lag am Wegesrand ein zu Tode erschöpftes Pferd, dort ein Ochse mit heraushängenden Eingeweiden, weiter unten ein Mensch mit zertrümmerten Schädel" (F 418-422, 4) In Realistik ist diese Kriegsdarstellung nicht mehr zu überbieten, als am Schluss des Textes der Kältetod eines Kindes beschrieben wird: ,,Bei dem schwachen Lichtschein erkannten wir jene Bäuerin aus dem Morawatale wieder, die uns mit ihrem Kinde hierher begleitet hatte. Mit totenblassem Antlitz saß sie an einem Tannenbaum angelehnt da, einen leblosen, kleinen Körper haltend. ,Mein Kind ist gestorben und ich weiß nicht, wie ich es begraben soll`[...]" (F 418-422, 5)
Dem gegenüber steht ein Text Ludwig Hischfelds, eines Feuilletonisten der NFP, der die Fahrt an die Front in einem Luxuszug schildert. Motivisch knüpft der Text an mehreren Stellen an die Beschreibung des Flüchtlingszuges an: Ausladend wird vom luxuriösen Nachtmahl im Speisewagen berichtet - die Kinder im Flüchtlingszug betteln nach Brotkrumen. Dem verendeten Ochsen steht in Hirschfelds Feuilleton ein kleines Schoßhündchen gegenüber: ,,Pucki ist dererste Hund, der mit dem Balkanzug fuhr, und fühlt sich heute bereits wie ein Pfau..." (F 418-422, 3). Dort wird das tote Kind - als authentisches Zeugnis für den Krieg - beschrieben, hier erzählt Hirschfeld eine ,,lustige Anekdote" des Münchener Simplicisimus-Autors Ludwig Ganghofers zum Thema Sterben: ,,Ein Straßenkampf tobt; Reserven dringen über die Leichen der Gefallenen vor - ein junger Unteroffizierspringtum die Ecke -auf einen Toten. Ein rascher Blick zurück, ein Stammeln:,Pardon, bitte um Entschuldigung`, so erzählt Ganghofer [...] " (F 418-422, 4).
Meiner Meinung nach ist Kraus' kommentarlose Form der Glossierung, das Gegenüberstellen zweier Zeitungstexte, seine schärfste Waffe (und zugleich die zensursicherste), da er die Journalisten nur mit ihrem eigenen Phrasentum bekämpft, selbst aber völlig unangreifbar bleibt, da er keine Angriffsfläche bietet, keine Meinug äußert. Er schweigt einfach - trotzdem wird seine Meinung in jeder Zeile deutlich: Es muss nicht mehr auf die Ungerechtigkeit hingewiesen werden, dass hier Kinder sterben und einige Kilometer weiter, im Reporterzug mit ,,magyarischer Glut" (F 418- 422, 3) gefeiert wird.
2.2.8. ,,Antichrist Benedikt": Der Gipfel der satirischen Übersteigerung
Es ist kein Zufall, dass fast alle bisher zitierten Angriffe Kraus' sich auf die NFP beziehen. Pfabigan schreibt, die Kraussche Pressekritik sei gekennzeichnet durch die ,,gigantische Überhöhung des Blattes [der NFP] und seines Herausgebers zur verantwortlichen Kraft für den Untergang Österreichs."48
Der Kampf Kraus' gegen Moritz Benedikt ist ein Paradebeispiel für den Übergang von Polemik zur Satire in seinem Werk. Zum einen ist Benedikt Objekt fundierter Polemik, hauptsächlich auf textkritischer Basis, etwa wenn Kraus in der oben beschriebenen Glossen-Technik einen hetzerischen Leitartikel Benedikts einem Gebet für den Weltfrieden Papst Benedikts XV. gegenüberstellt. Während der Papst davon spricht, dass ,,Bruderblut zu Lande und zur See vergossen wird" (F 406-412, 1), ist in Benedikts Leitartikel der Zynismus nicht mehr zu überbieten, wenn er sich für die
,,Fische, Hummer und Seespinnen" freut, denen dank der Erfolge der Monarchie in der Adria ,,der Tisch immer reichlicher gedeckt wird" (Ebd.), wenn er von den ,,blauen Fluten, über die der Verwesungshauch der Befreier vom Karstplateau [der Italiener] streicht," (Ebd.) schwärmt.
Benedikt tritt aber auch als fingierte Figur auf. So etwa gleich in mehreren Gestalten in den ,,Letzten Tagen der Menschheit"49: Erst hier in der Fiktion wird er zum absoluten Bösen überhöht. In den Polemiken gründen sich die Vorwürfe Kraus' stets auf Texte Benedikts, hier werden diese Texte mythischen Figuren des Bösen in den Mund gelegt. Am häufigsten tritt Benedikt - deutlich erkennbar - als ,,Herr der Hyänen" auf, der nur mit Versatzstücken aus Leitartikeln der NFP redet. Die eben zitierte Glosse ,,zwei Stimmen" verarbeitet Kraus in den ,,Letzten Tagen der Menschheit", indem er den Pressezar und den Papst zu einer Person verschmilzt - beide heißen Benedikt - und diese sowohl das Friedensgebet als auch den Hetzartikel sprechen läßt50: Benedikt ist nun fleischgewordene Doppelzüngigkeit. Dass Kraus ihn tatsächlich mit dem Bösen gleichsetzt, zeigt folgende Szene aus der ,,letzten Nacht" des Dramas. Der ,,Herr der Hyänen" schwingt sich zum Gegenpapst auf, wird zum Teufel51 persönlich: ,,Und der es einst vollbracht,/ an seinem Kreuz verschmachte,/ wert, dass man ihn vergisst./ Ich tret an seine Stelle,/ die Hölle ist die Helle!/ Ich bin der Antichrist.// Ich traf mit Druckerschwärze/ den Erzfeind in das Herze!/ Und weil es ihm geschah,/ sollt ihr die nächsten hassen,/ um Judaslohn verlassen -/ Der Antichrist ist da!"52 Pfabigan schreibt zurecht: ,,Mit dieser Passage hat der Kampf des Satirikers einen nicht mehr steigerbaren Höhepunkt erreicht."53 Natürlich ist hier nur noch bedingt Benedikt persönlich gemeint. Mit dieser Fiktion chiffriert Kraus in erster Linie das gesamte Pressewesen.
2.2.9. Späte Wende - Kraus' Enttäuschung von der Monarchie
Kraus' Kritik an der Presse ist sicherlich gerechtfertigt, als kategorische Kritik am ersten Weltkrieg ist sie allerdings einseitig. Timms weist Kraus für die Jahre vor 1917 einen durchaus konservativen Standpunkt nach54. Das widerspricht seinem radikalen Pazifismus nicht im geringsten. Timms erwähnt, dass es gerade unter Teilen der Aristokratie viele glühende Kraus-Verehrer gab. Kraus hoffte anscheinend bis zuletzt auf ein Siegen der vernünftigen, pazifistischen Mächte in der Monarchie, auf eine wörtlich genommene Aristokratie.55 Zu diesem Standpunkt passt es natürlich, sich nur auf einen Teil der Kriegstreiber - die Presse - zu konzentrieren, den Repräsentanten des ganzen Systems, den Kaiser hingegen zu schonen. Weder Franz Josef I., noch sein Nachfolger Karl I. werden von Kraus ähnlich angegriffen wie Personen des liberalen Zeitungswesens.
Spätestens ab Ende 1917 erkennt Kraus, dass seine konservativen Hoffnungen der Realität nicht entsprechen können, dass die Monarchie nicht von ,,den Besten", sondern nur noch vom Militär regiert wird. Timms beschreibt die stufenweise Desillusionierung Kraus56', die schließlich 1919 in der bitteren Polemik ,,Nachruf" (F 501-507, 110ff) ihren ausdruck findet. Hier greift Kraus zum ersten mal die Monarchie direkt an. Er bezeichnet das Antlitz Franz Josefs I. als ,,ein Gesicht, vor dem sich der eigene Bart sträubte," (F 501-507, 4) und nennt das Ende des Krieges eine ,,Befreiung unseres geistigen Schatzes von dem bösen Königsdrachen, der ihn verarmt und verschmutzt hatte" (Ebd.). Es ist eine Grabrede auf die Monarchie, am Kaiser läßt er nichts Gutes: ,,Nie mehr die widerliche Szene, wie dem Basiliskenblick, gesenkten Hauptes, Tränen enttropften." (Ebd.). Hoffnung auf ein neues politisches System klingt an, wenn Kraus Amerika als ,,jene Welt, die es besser hat ..." (Ebd.) bezeichnet. Mit dem alten Österreich, das er bisher gegen die liberalistischen und kapitalistischen Einflüsse zu verteidigen versuchte, bricht hiermit völlig.
Auch greift er erst nach dem Krieg das Militär in voller Härte an. In den ,,Letzen Tagen der Menschheit" wird nicht mehr nur die Presse zum Bösen mystifiziert (siehe oben), nun wird auch Militärleitung in ihrer Grausamkeit dargestellt: So etwa der General in der ,,letzten Nacht", der in der verlorenen Schlacht seine Soldaten im Stich läßt und sogar seinem Fahrer befielt, auf die Körper der Sterbenden nicht zu achten, die den Weg versperren. 57
3. Die Resignation des Pädagogen
Man könnte Kraus nun vorwerfen, dass er seine Kritik an den eigentlich Schuldigen der Katastrophe, dem Kaiser und dem Militär, erst nach Kriegsende formuliert. Dass er während des Krieges eine Konfrontation mit den Oberen scheute. In der Tat scheute Kraus diese Konfrontation. Zeitschriften, die am Militär offen Kritik übten, wurden von der Zensur einfach ausgeschaltet, teilweise wurden die Herausgeber des Landesverrates angeklagt und konnten nur durch eine Flucht ins Exil der Kerkerhaft entgehen.58 Kraus hat ein starkes Interesse daran, seine Fackel möglichst ohne weiße Flecken (von der Zensur nicht genehmigte Textstellen wurden einfach aus dem Drucksatz genommen) erscheinen zu lassen59, also verzichtet er auf direkte Militärkritik.
Kraus sieht sich bis Kriegsende als Pädagogen. Bis zuletzt hofft er, mit seinen Artikeln der Propaganda entgegenwirken zu können. Dies macht verständlich, wieso er sich mit der Zensur nicht anlegt. Sein Selbstverständnis als Pädagoge macht es aber auch verständlich, wieso er während des Krieges fast nur die Presse so scharf attackiert. Er begreift sich von Anfang an als Sprachkritiker, als einer, der die Verblendung der Massen durch ,,Phraseologie" bekämpft. Seine Polemiken sind nirgendwo schneidender, als dort, wo er rein die Sprache, etwa den menschenverachtenden Jargon der Schalek bekämpft. Er glaubt bis 1918, die durch Phrase verstellte Realität vor Augen führen zu können, er glaubt bis 1918 an seinen Satz aus ,,In dieser großen Zeit": ,,Und könnte man es [sich die Grausamkeiten des Krieges vorstellen], sie geschähen nicht" (F404,3). Am Ende der Katastrophe muss Kraus merken, dass er als Pädagoge versagt hat, versagen musste. Dass sein Österreich, dass er erziehen wollte, freiwillig in den Tod rannte, kurz, dass die Presse nur das schrieb, was die Massen auch hören wollten.
Diese Einsicht des enttäuschten Pädagogen erklärt die ungeheure Bitterkeit, die ,,Die letzten Tage der Menschheit" durchzieht. Kraus glaubt hier nicht mehr, dass ,,einer [...] zerfressenen Cultur" durch sein Einwirken ,,Errettung winkt" (F 98, 4). Das einzige, was er hier will, ist, seinem Österreich die Katastrophe in ihrer ganzen Abscheulichkeit vor Augen halten, verhindern, dass sie vergessen wird: ,,Denn über alle Schmach des Krieges geht die der Menschen, von ihm nichts mehr wissen zu wollen."60
Anhang: Literaturverzeichnis
Primärliteratur:
Kraus, Karl: Die letzten Tage der Menschheit; in: Karl Kraus - Schriften; Hrsg.: Wagenknecht, Chritian; Frankfurt/M., 1987; Bd. 10
Kraus, Karl: Die Fackel; Wien, 1899-1936; No. 1-922 (Faksimile-Nachdruck von Zweitausendeins, Frankfurt/M, 1976)
Sekundärliteratur:
Arntzen, Helmut: Karl Kraus und die Presse; München, 1975
Arntzen, Helmut: Sprachdenken und Sprachkritik; in: Glaser, Horst (Hrsg.): Deutsche Literatur - eine Sozialgeschichte, Hamburg, 1982; Bd. 8; S.247- 259
Koszyk, Kurt; Pruys, Karl Hugo: dtv-Wörterbuch zur Publizistik; München, ³1973;
Lunzer, Heinz: Finanzielle Aspekte der Fackel; in: Lunzer, Heinz; Lunzer-Talos, Victoria; Patka, Markus: ,,Was wir umbringen"- Die Fackel von Karl Kraus; Wien, 1999; S. 86
Paul Schleichl, Sigrud: Die Fackel als Anti-Medium; in: ,,Was wir umbringen" (s.o.); S. 94 -112
Paul Schleichl, Sigrud: Die Fackel und der erste Weltkrieg; in: ,,Was wir umbringen" (s.o.) ; S.112 - 124
Paul Schleichl, Sigrud: ,,Im großen Styl der Kaiserlichen Redeweise"; in: Zeitungen im Wiener Fin des Siècle; Hrsg: Paul Schleichl, Sigrud; Duchkowitsch, Wolfgang; München 1997; S.123 -143
Paul Schleichl, Sigrud: ,,In dieser großen Zeit" - Ein Kommentar; in: Kraus-Hefte; Hrsg: Paul Schleichl, Sigrud und Wagenknecht, Christian; München, 1987; Nr. 50, S. 4 - 18
Pfabigan, Alfred: Karl Kraus und die Neue Freie Presse; in: Ein Stück Österreich - 150 Jahre ,,Die Presse"; Hrsg.: Kainz, Julius; Unterberger, Andreas; Wien, 1998; S. 74 - 80
Thalken, Michael: Ein bewegliches Heer von Metaphern; Frankfurt/M., 1999
Timms, Edward: Karl Kraus, Satiriker der Apokalypse, Leben und Werk 1874-1918; Frankfurt/M. 1999
Walter, Edith: Österreichische Tageszeitungen der Jahrhundertwende; Wien, 1994 Winkler, Willi: ,,Das Flintenweib", SZ vom 18. August 2000, Seite 3 im Feuilleton Hiermit versichere ich, diese Arbeit ohne fremde Hilfe verfasst zu haben.
Paul-Philipp Hanske, Regensburg, 7. September 2000
[...]
1 Vgl: Lunzer, Heinz: Finanzielle Aspekte der Fackel; in: Lunzer, Heinz; Lunzer-Talos, Victoria; Patka, Markus: ,,Was wir umbringen"- Die Fackel von Karl Kraus; Wien, 1999; S. 86
2 Koszyk, Kurt; Pruys, Karl Hugo: dtv-Wörterbuch zur Publizistik; München, ³1973; S. 303, Stichwort: Publizistikwissenschaft
3 So unterzieht etwa Sigrud Paul Schleichl die Leitartikel Moritz Benedikts (s.u.) einer kritischen Lektüre und überprüft somit auch die Glaubwürdigkeit der Krausschen Polemik
gegen Benedikt. Vgl: Paul Schleichl, Sigrud: ,,Im großen Styl der Kaiserlichen Redeweise"; in: Zeitungen im Wiener Fin des Siècle; Hrsg: Paul Schleichl, Sigrud; Duchkowitsch, Wolfgang; München 1997; S.123ff
4 Nietzsche, Friedrich: Menschliches, Allzumenschliches; zitiert nach: Arntzen, Helmut: Sprachdenken und Sprachkritik; in: Glaser, Horst (Hrsg.): Deutsche Literatur - eine Sozialgeschichte, Hamburg, 1982; Bd. 8; S.253
5 Mauthner, Fritz: Beiträge zur Kritik der Sprache; Hildesheim, 1969; Bd.1, S.XI
6 Von Hofmannsthal, Hugo: Ein Brief; zitiert nach: Arntzen; S. 255
7 Arntzen; S.256
8 Von Hofmannsthal, Hugo: Der Dichter und diese Zeit; zitiert nach: Artzen; S.257
9 Vgl.: Arntzen; S. 252
10 Arntzen; S. 257
11 Arntzen, Helmut: Karl Kraus und die Presse; München, 1975; S. 39 Arntzens Urteil über Kraus muss etwas abgeschwächt werden. Michael Thalken erwähnt die von 1891 bis 1893 von Eugen Wolff herausgegebene Zeitschrift ,,Deutsche Schriften für Litteratur und Kunst", in der unter der Rubrik ,,Ueber den Einfluß des Zeitungswesens auf Litteratur und Kunst" Intellektuelle eine ähnlich dezidierte und analytische Pressekritik formulierten, wie es Karl Kraus zehn Jahre später machen sollte. Im Gegensatz zu Kraus` Kritik, fand diese aber nicht die geringste Beachtung. Vgl: Thalken, Michael: Ein bewegliches Heer von Metaphern; Frankfurt/M., 1999; S. 197ff
12 Die Fackel; Hrsg: Kraus, Karl; Wien, 1899-1936; No. 1-922. Von nun an werden alle Textstellen aus der Fackel gemäß der üblichen Zitierweise angegeben: Der Ausgabennummer folgt die Seitennummer. Sperrungen im Original werden von mir kursiv gesetzt.
13 Timms, Edward: Karl Kraus, Satiriker der Apokalypse, Leben und Werk 1874-1918; Frankfurt/M. 1999; S. 55
14 Timms; S.57
15 Timms; S.58. Edith Walter bestätigt diese Einschätzung Timms. Den Höhepunkt der Macht der NFP sieht sie ab 1908, als Moritz Benedikt zum Alleinbesitzer des Blattes wird: ,,Die Macht der NFP scheint nun unbegrenzt zu sein. Nicht nur, dass der Kaiser sich auf seinem Morgenspaziergang von Benedikt über das aktuelle Weltgeschehen unterrichten lässt. Auch von Koerber befindet sich auf bestem Fuß mit Benedikt, der seine Regierung unterstützt." Walter, Edith: Österreichische Tageszeitungen der Jahrhundertwende; Wien, 1994; S.49/50
16 Ebd.
17 Etwa Emile Zola, der beredte Ankläger der Konservativen (J'accuse) stand von seiner politischen Gesinnung sehr wohl der sozialistischen Aktion nahe. Wilhelm Liebknecht, der Herausgeber des ,,Vorwärts" war hingegen strikter ,,Antidreyfusard". Vgl: Arntzen: Karl Kraus und die Presse; S. 20
18 Vgl. Arntzen: Karl Kraus und die Presse; S. 22
19 Arntzen behauptet, diese Aussage nehme bereits - und das in exakterer Form - die Erkenntnis Mac Luhans vorweg, dass das Medium die Botschaft sei. Vgl. Arntzen: Sprachdenken und Sprachkritik; S. 258
20 Ebd.
21 Ein antiliberales Fanal in Frankreich hätte natürlich auf ganz Europa Auswirkungen gehabt und damit die Bedingungen für das liberale Wirtschaftsleben negativ beeinflusst. Eine angebliche Freisprechung Dreyfus' bewirkte eine kurzzeitige Hausse auf dem Wiener Aktienmarkt, da der antiliberale Angriff (auf den von der Presse zum Repräsentanten des Lieberalismus erhobenen Dreyfus) abgewehrt schien.
22 Vgl. Timms; S. 58
23 Paul Schleichl, Sigrud: Die Fackel als Anti-Medium; in: ,,Was wir umbringen" (s.o.); S. 98
24 Ab 1910 erscheint die Fackel zunehmend in Mehrfachnummern.
25 Timms erklärt Kraus' unmäßige Abneigung gegen die Wiener liberale Presse (unter anderem) auch biographisch: So berichtet er von negativen Erfahrungen, die der junge Kraus in den ,,Zeitungstempeln" gemacht habe (vor 1899 schrieb er gelegentlich für die NFP). Ein anderer Grund für die scharfe Ablehnung der - stets jüdischen - liberalen Presse mag laut Timms Kraus` gespanntes Verhältnis zu seinem eigenen Judentum gewesen sein. Vgl: Timms; 55 ff., 323ff
26 Vgl. Timms; S.58ff
27 Arntzen: Karl Kraus und die Presse; S. 26 Einen literarischen, getragenen Stil der Leitartikel dieser Zeit belegt auch Schleichl; Vgl.: Schleichl: Im großen Styl der kaiserlichen Redeweise; S. 123ff
28 Arntzen; Karl Kraus und die Presse; S. 39
29 Timms; S. 222
30 Ebd.
31 Timms; S. 225
32 Timms; S. 226
33 Timms; S. 232
34 Ebd.
35 Aus: Timms; S. 233
36 Timms; S. 82
37 Timms; S. 369; Die anderen pazifistisch gesinnten Zeitschriften wie ,,Der Brenner", ,,Die Aktion" oder ,,Die Friedenswarte" verlagerten sich entweder auf unpolitische Themen oder wurden von der Zensur ausgeschaltet.
38 Paul Schleichl, Sigrud: ,,In dieser großen Zeit" - Ein Kommentar; in: Kraus-Hefte; Hrsg: Paul Schleichl, Sigrud und Wagenknecht, Christian; München, 1987; Nr. 50, S. 4ff
39 Besonders die ehemaligen Jung-Wiener Hofmannsthal und Bahr taten sich mit neoromantischem Säbelgerassel hervor.
40 Es ist sogar wahrscheinlich, dass Kraus zu Beginn des Krieges kaiserloyaler war, als er es nach 1918 zugeben wollte, so schreibt Timms, Kraus habe sich wiederholt über den guten Stil der Kriegserklärung, die öffentlich angeschlagen wurde, positiv geäußert. Das Paradoxe daran: Die Kriegserklärung wurde nicht vom Kaiser selbst verfasst, sondern von einem jüdischen Journalisten aus Prag, Moritz Bloch, der Kraus fanatisch wegen dessen klaren Stils verehrte. Vgl.: Timms; 469ff. Auch in ,,In dieser großen Zeit" spricht Kraus von der Kriegserklärung als ,,einem Gedicht, das die tatenvolle Zeit eingeleitet" (F 404, 3). Später behauptet er, diese Formulierung nur ironisch gemeint zu haben, was Timms zumindest teilweise widerlegt.
41 Timms; S. 381
42 Paul Schleichl, Sigrud: Die Fackel und der erste Weltkrieg; in: Was wir umbringen; S.120. Willi Winkler ist direkter: ,,Nur dank der Krausschen Zitierwut hat dieses übelste aller Flintenweiber überlebt" (,,Das Flintenweib", SZ vom 18. August 2000, Seite 3 im Feuilleton)
43 Vgl. ebd.
44 Ebd.
45 Es ist bezeichnend, dass Kraus ,,gelegentlich sogar abschwächend in die Originaltexte Schaleks eingegriffen hat, offensichtlich, weil sie ihm unredigiert zu unglaubwürdig erschienen." Paul Schleichl: Die Fackel und der erste Weltkrieg; S.121
46 Beachtlich ist, dass Kraus auf diese Weise Partei für den Feind ergreift, und dass die Zensur nicht eingreift. Über den sehr geschickten Umgang Kraus' mit der Zensurbehörde vgl: Timms; 482ff
47 Über die Autorschaft dieses Textes ist nicht verzeichnet
48 Pfabigan, Alfred: Karl Kraus und die Neue Freie Presse; in: Ein Stück Österreich - 150 Jahre ,,Die Presse"; Hrsg.: Kainz, Julius; Unterberger, Andreas; Wien, 1998; S. 79
49 Kraus veröffentlichte das Drama in der Fackel in mehreren Teilen von 1918 bis 1919
50 Vgl.: Kraus, Karl: Die letzten Tage der Menschheit; in: Karl Kraus - Schriften; Hrsg.: Wagenknecht, Christian; Frankfurt/M., 1987; Bd. 10; S. 190/192
51 Wichtig für das Verständnis dieser Personifikation des Bösen ist die Tatsache, dass Kraus 1911 zum Christentum übertrat.
52 Kraus: Die Letzen Tage der Menschheit; S. 750/751
53 Pfabigan; S. 81
54 Vgl. Timms; S. 457ff
55 Vgl. ebd.
56 Vgl. Timms; S. 459ff.
57 Kraus: ,,Die letzten Tage der Menschheit"; S. 734
58 Vgl. Timms, S. 369
59 Über den geschickten Umgang Kraus' mit er Zensur: vgl. Timms; S. 482ff.
60 Kraus: Die Letzten Tage der Menschheit; Vorwort, S. 10
- Arbeit zitieren
- Paul-Philipp Hanske (Autor:in), 2000, Pressekritik durch Karl Kraus vor und im ersten Weltkrieg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97677
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