Bank Wiring Observation Room


Referat (Ausarbeitung), 1997

9 Seiten


Leseprobe


Bank Wiring Observation Room

- Beschreibung und Betrachtung des Arbeits.- und Sozialleben einer Gruppe von vierzehn Fabrikarbeitern
- Zeitraum: November 1931 bis Mai 1932
- Ort: Hawthorne Werke - Chicago

Plan der Studie

- Die Untersuchung einer Gruppe von Arbeitern sollte unter möglichst normalen Industriellen Bedingungen stattfinden.
- Da in einer ganzen Werksabteilung zu viele Personalveränderungen stattfinden und es zu personalintensiv von seiten der Forscher wäre, wurde nur ein Teil (14 Personen) einer Abteilung ausgewählt.

Es wurde darauf geachtet, daß sich die Arbeitsbedingungen nicht wesentlich von der der Hauptabteilung unterscheidet. Auch hatte die Untersuchung / Trennung von der Hauptabteilung keine Auswirkung. auf die Entlohnung etc..

-. Es sollte eine Gruppe sein ,die ohne große Umstände von der Hauptabteilung abgetrennt werden konnte. Die Mitglieder der Gruppe Sollten alle einfache Arbeiter sein, die alle dieselbe Art von Tätigkeiten verrichten. Die Arbeitsgeschwindigkeit soll vom Arbeiter selbst und nicht von einer Maschine - Fließband bestimmt werden, und es sollte möglich sein, die Einzelleistung genau zu messen.

Das Interesse lag an den die Leistung berührenden Faktoren und an einer Verwendung der Leistung als einen Index anderer Merkmale des Gruppenverhaltens.

- Man entschied sich dafür, den Teil einer Abteilung zu untersuchen, welcher Schalter für schrittweise Telephonwählanlagen für Fernsprechämter montierte. Der ausgewählte Teil war dabei mit dem Verdrahten (wiring von Kontaktbänken (banks of terminals) betraut, daher der Name ,,Bank Wiring Observation Room".

Man nahm 14 Leute und brachte sie in einen Raum für sich unter:

neun sogenannte Drahtarbeiter (wiremen)

drei Löter ( soldermen)

zwei Prüfer (inspectors).

Die Gruppe stellte eine Einheit dar, welche - außer über Aufseher und einem Elektrokarrenfahrer, der neues Material brachte und fertige Arbeit abholte - mit der Hauptabteilung keine Verbindung brauchte.

Das Forschungspersonal wollte sichergehen, daß sich das Verhalten der Männer in dem neuen Raum nicht wesentlich von ihrem früheren Verhalten in der Hauptabteilung unterschied. Zur Überprüfung wurde daher achtzehn Wochen lang bis zu Beginn der Untersuchung über die Arbeitsleistung der Männer ohne deren Wissen Buch geführt. Alle zweiunddreißig Männer der Hauptabteilung wurden befragt, um ihnen Gelegenheit zu geben, ihre Haltung gegenüber der Arbeit, den Aufsehern und den Arbeitsbedingungen zum Ausdruck zu bringen.

Schließlich wurde zehn Tage bevor man die Männer fragte, ob sie an der Untersuchung teilnehmen wollten, einem Forscher ein Tisch nahe des Werkmeisters eingeräumt, damit er sich von den Arbeitsgewohnheiten und den Verhalten der Leute einen allgemeinen Eindruck machen konnte. Seiner Beurteilung nach unterschied sich das Verhalten im neuen Raum nicht wesentlich von dem in der Hauptabteilung.

Die Arbeit zur Untersuchung der Gruppe wurde zwischen einem Beobachter und einem Interviewer aufgeteilt. Der Beobachter hielt sich als unbefangener Zuschauer im Raume auf und verzeichnete zweimal täglich Arbeitsleistung und - qualität. Daneben machte er Tagebuchaufzeichnungen über Ereignisse und Gespräche, welche er als bedeutsam ansah. Die Männer durften sich in seiner Nähe nicht unbehaglich fühlen. Um dies zu erreichen, wurde beschlossen, daß er nach folgenden Grundsätzen zu handeln habe:

1) Er soll keine Anweisung geben oder Fragen beantworten, wenn aus deren Beantwortung der Eindruck entstehen könnte, daß er zur Durchführung amtlicher Handlungen befugt wäre.
2) Er solle sich nicht aus freien Stücken in eine Auseinandersetzung einlassen. Falls er gezwungen war, hatte er sich soweit wie möglich neutral zu verhalten.
3) Er sollte sich in kein Gespräch einmischen und nicht den Eindruck erwecken, als wäre er an dem Tun der Männer übermäßig interessiert.
4)Er sollte das ihm unter Umständen gewährte Vertrauen nicht mißbrauchen und Vorgesetzen keine Informationen geben.
5) Er sollte sich durch seine Sprechweise oder Verhalten nicht von der Gruppe distanzieren.

Im Unterschied zum Beobachter, war der Interviewer gehalten, dem Raum fernzubleiben, wenn seine Anwesenheit nicht absolut erforderlich war.

Die Verwirklichung des Planes

Zuerst teilte der Werkmeister der Abteilung den betreffenden Männer mit, daß sie für die Untersuchung ausgewählt worden waren, und bat sie um ihre Mitarbeit. Er erklärte ihnen, daß ihre Verhältnisse in jeder Hinsicht dieselben blieben, ausgenommen die Umsiedlung in einen besonderen Untersuchungsraum. Dann führte sie der Werkmeister in den Beobachtungsraum und stellte sie dort dem Leiter des Forschungsprogramms und dem in Aussicht genommenen Beobachter vor.

Der Leiter erklärte den Zweck der Untersuchung: daß die Beschreibung einer gewöhnlichen Abteilung unter normalen Bedingungen eine sinnvolle Aufgabe der Industrieforschung wäre. Er sagte weiterhin, daß sich der Beobachter im Raume aufhalten würde, um über die Leistung und andere Tatsachen Buch zu führen, die er als bedeutsam ansah. Schließlich versprach er , keine Aufzeichnungen dessen, was die Männer im Beisein des Beobachters täten, würde ihnen zu ihren Nachteil verwendet werden.

Nach einer Zeit der Befangenheit und des Mißverständnisses gewöhnten sie sich zunächst an ihn, wurden dann mit ihm vertraut und zogen ihn schließlich auch in ihre Gespräche. Das deutlichste Anzeichen dafür, daß sie alles Mißtrauen ihm gegenüber verloren hatten, war ihre Bereitschaft, in seiner Gegenwart Dinge zu tun oder zu sagen, mit denen verschiedene Vorschriften der Firma übertreten wurden oder aus denen auf eine Übertretung geschlossen werden konnte. Es gab wenig Anzeichen dafür, daß das Verhalten der Arbeiter anders war als in der Hauptabteilung.

Die Organisation der Arbeit

Von den vierzehn Männern, die sich regelmäßig im Beobachtungsraum aufhielten, waren neun Drahtzieher, drei Löter und zwei Prüfer. Mit Ausnahme von zwei Arbeitern waren alle in den Vereinigten Staaten geboren, meistens als Söhne deutscher und böhmischer Einwanderer, doch gab es auch einige sogenannte ältere Amerikaner darunter. Bis auf einen Prüfer waren alle Männer zwischen 20 und 26 Jahre alt und besaßen - wiederum mit Ausnahme dieses Prüfers, der drei Jahre auf einem College zugebracht hatte - keine College- Ausbildung. Sie waren durchschnittlich vier Jahre bei der Firma beschäftigt. Außer diesen vierzehn Männern hielten sich noch zwei Leute häufig im Raum auf, ein Elektrokarrenfahrer und ein Gruppenleiter.

Der Gruppenleiter war in der Western Electric Company die Bezeichnung für den untersten Aufsehergrat. Über diesem standen, der aufsteigenden Ordnung des Instanzenzuges nach, ein sogenannter Sektionsleiter und ein Werkmeister, wobei letzterer die ganze Abteilung unter sich hatte, Sowohl der Sektionsleiter als auch der Werkmeister besuchten den Raum von Zeit zu Zeit.

Die Männer waren mit der Herstellung von Schalterteilen für Vermittlungs - Telephonwählanlagen beschäftigt. Ihre Aufgabe bestand darin, die Kontaktbänke mit Draht zu versehen. Eine Bank war ein Stück Kunststoff, ungefähr 4 cm mal 10cm groß und von gewölbter Form, mit 100 oder 200 Kontakten - die Anzahl hing von der Art der Bank ab -, welche fächerförmig herausragten. Ein fertiges Gerät war zehn oder elf solcher Bänke lang und zwei oder drei Bänke hoch. Ein Drahtarbeiter nahm die für ein Gerät erforderliche Anzahl von Bänken und befestigte sie in dem Halter einer Werkbank. Dann verband er die Kontakte der Bänke in einer bestimmten Ordnung mit Draht. Die Verbindungen wurden gemacht, indem der Draht, von welchem in entsprechenden Abständen die Isolierung entfernt war, zu einer Schlinge geformt über einen Kontakt gelegt und festgezogen wurde. Wenn die Kontakte aller Bänke verbunden Ware, sagte man, der Arbeiter hätte eine Stufe verdrahted. Ein Drahtarbeiter arbeitete gleichzeitig an zwei Geräten, wobei er nach Fertigstelen einer Stufe an dem einen zum nächsten Gerät überging. Inzwischen lötete ein Löter die fertiggestellten Verbindungen an dem ersten Gerät fest, worauf dann ein Prüfer die Arbeit beider Männer überprüfte und nachsah. Was den Drahtarbeiter anbetrifft, so kehrte dieser nach Fertigstellung einer Stufe an seinem zweiten Gerät zum ersten zurück und begann hier auf der alten mit der Arbeit an einer neuen Stufe, wobei er zuerst Faserisolatoren über die bereits hergestellten Verbindungen zog, während Löter und Prüfer sich seinem zweiten Gerät zuwandten. Wenn zehn Stufen vollendet waren, wurde auf der ersten eine zweite Reihe von Bänken angebracht und die Arbeit an ihnen fortgesetzt.

Das Befestigen der Drähte, das Löten und das Prüfen nahmen jeweils verschieden lange Zeiträume in Anspruch. So konnte der Löter die von ungefähr drei Drahtarbeitern gemachte Verbindungen löten. Die Firma hatte daher die Männer in Löteinheiten (3 Drahtarbeiter und ein Löter) eingeteilt. Für die Arbeit aller dieser Leute genügten zwei Prüfer. Da Prüfer und Löter an den Geräten nur arbeiten konnten, wenn die Drahtarbeiter nicht mit ihnen beschäftigt waren, bestimmten die letzteren also in der Regel das Tempo für die anderen Arbeiter. Aber es war auch den Lötern und Prüfern durchaus möglich, die Gesamtleistung zu verringern, indem sie sich weigerten, mit den Drahtarbeitern Schritt zu halten.

Die Drahtarbeiter arbeiteten an zwei Geräten, von denen das eine Schließer, das andere Wähler genannt wurde und welche zwei verschiedene Arten von Telephonschaltern für Fernsprechämter darstellten. Ein Schließer-Gerät war gewöhnlich elf Bänke lang, ein Wähler-Gerät niemals mehr als zehn Bänke. Der unterschied zwischen den zwei Typen war nur insofern wichtig, da als auch ein entsprechender Unterschied hinsichtlich der Arbeiter bestand. In der Hauptabteilung waren die Männer , die an den Schließern arbeiteten, alle an der Vorderseite des Raumes und die Wählerarbeiter hinter ihnen plaziert, und diese Anordnung wurde im Beobachtungsraum beibehalten. Die Anfänger begannen in der Abteilung als Löter und wurden später mit gleichzeitiger Lohnerhöhung Drahtarbeiter. Die noch neuen und daher noch langsameren Drahtarbeiter fingen gewöhnlich ,,hinten" an, bis man sie dann, wenn sie mehr Geschicklichkeit erlangt hatten, nach vorn zu den Schließern versetzte. Damit erhöhte sich gewöhnlich auch ihre Leistungssätze und Löhne. Die Drahtarbeiter in der Abteilung gaben der Arbeit an den Schließern den Vorzug und sahen es als eine Art Beförderung an, ,,zu den Schließern zu gehen", selbst wenn sich ihre Stundensätze dadurch nicht erhöhten.

Die Art der Entlohnung

Die Männer im Beobachtungsraum wurden nach einem System bezahlt, das als Gruppen - Stücklohn bezeichnet wird, das heißt, die Abteilung als Ganzes zählte als eine Einheit. Für jedes fertiggestellte und abgelieferte Gerät erhielt sie eine feste Summe gutgeschrieben, und aus dem so in einer Woche verdienten Gesamtbetrag wurden die einzelnen Arbeitern der Abteilung bezahlt. Je mehr Einheiten also von der Gruppe im Ganzen gefertigt wurden, um so höher war der Lohn, den jedes Mitglied erhielt. In der Verdrahtungs- Abteilung war jedem Arbeiter ein gewisser Stundenlohnsatz, eine gewisse Anzahl Cents pro Stunde zugeteilt, dessen Höhe hauptsächlich auf seiner Leistungskraft basierte, wie aus dem Leistungsbericht hervorging. Und dieser Satz, multipliziert mit den wöchentlichen von ihm geleisteten Arbeitsstunden, stellte den besagten Tageslohn für die von ihm ausgeführte Arbeit dar. indem nun die Tageslöhne der Arbeit aller Männer in der Abteilung abgezogen wurde, ermittelte man den Überschuß der Stücklöhne über die Tageslöhne. Dieser Mehrbetrag, geteilt durch die gesamten Tageslöhne, wurde die ,,Provision" genannt. Die wöchentlichen Tageslöhne jedes Mannes erhöhten sich dann um diese Provision, und die so entstehende Summe bildete den in der Woche von ihm heimgetragenen Lohn. Ein Mann konnte sich bei gleichbleibender Höhe des Stundenlohnes seine Einkünfte nur erhöhen, wenn sich die Leistung der Abteilung im ganzen erhöhte. Anderseits erhöhten sich aber seine Einkünfte, wenn er seinen Stundenlohnsatz steigern konnte, und dies hing von der im Bericht über ihn verzeichneten Leistung ab. Die Leute, die dieses Schema entworfen hatten, gingen von der Annahme aus, daß ein Arbeiter bis zur Grenze der Erschöpfung nicht nur zur Erhöhung der eigenen Leistung, sondern der der ganzen Gruppe arbeiten würde.

Der Leistungsstand

Ob man nun von den Männern ein solches Verhalten erwartete oder nicht, Tatsache war, daß sie sich anders verhielten. Sie hatten eine klare Vorstellung von einer anständigen Tagesarbeit, nämlich ungefähr zwei Geräte oder 6600 Verbindungen für einen mit Schließern und 6000 Verbindungen für einen mit Wählern beschäftigten Mann. Die Drahtarbeiter im Beobachtungsraum waren, wie schon zuvor in der Hauptabteilung, der Meinung, daß nicht mehr als das geschafft werden sollte, und diese Leistung konnten die meisten von ihnen ohne Schwierigkeiten vollbringen. Sie neigten dazu, am Vormittag intensiv zu arbeiten, bis das Tagesziel in Sicht kam, und am Nachmittag, wenn der Betriebsschluß näherrückt, mehr Ruhe zu gönnen. Wenn ein Mann mehr leistete, als angemessen empfunden wurde, oder wenn er zu schnell arbeitete, setzte er sich unbarmherziger Verspottung aus. Er wurde ,,Sollkönig" genannt, doch bezeichnete man gleichzeitig einen Mann, der zuwenig arbeitete als ,,Gauner", denn er verringerte die Einkünfte der Gruppe. Hand in Hand mit der Auffassung, daß die Leistung eines Mannes nicht die Grenze von zwei Geräten täglich überschreiten dürfe, ging die Meinung , daß sein Leistungsbericht, das heißt seine durchschnittliche Stundenleistung, von Woche zu Woche wenig Veränderung aufweisen sollte. Indem er seinen Bericht konstant hielt, handelte er wiederum entgegen den Voraussetzungen des Lohnanspornschemas, wonach er alles in seiner Macht Stehende hätte tun müssen, um seinen Stundensatz zu erhöhen. Was die Kontrolle anging, so führte der Gruppenleiter die Leistungsberichte, und er sollte jeden Tag auch tatsächlich die Anzahl der von jeden Drahtarbeiter fertiggestellten Verbindungen zählen. Das machte viel Arbeit, und so ließ er sich von den Männern ihre Leistung selbst angeben. Die Männer konnten auch ihre durchschnittliche Stundenleistung konstant halten, indem sie die Angaben über die für die Arbeit verfügbare Zeit manipulierten. In der Hauptabteilung und im Beobachtungsraum war es den Arbeitern gestattet, für die aus Gründen höherer Gewalt verlorene Zeit sogenannte ,,Tageslohnentschädigungen" zu beanspruchen. Diese wurden bei der Aufstellung der Leistungsberichte dann von der mit Arbeit zu gebrachten Zeit abgezogen.

Für manche Zeitverluste waren die Arbeiter tatsächlich nicht verantwortlich, aber da es unmöglich war, zwischen Gründen, für die es zutraf, und anderen Ursachen eine genaue Grenze zu ziehen, neigte der Gruppenleiter dazu, die meisten Anträge durchgehen zu lassen. Die Vorstellung der Männer von einer anständigen Tagesarbeitszeit - zwei Geräte - wurde nur von wenigen Leuten im Beobachtungsraum genau erfüllt. Den Forschern kam der Gedanke, daß diese individuellen Leistungsunterschiede vielleicht mit Unterschieden der Intelligenz oder Geschicklichkeit zusammenhingen. Man unterwarf die Männer daher einem Standard- Intelligenztest und einer Geschicklichkeitseinstufung. Weder die Ergebnisse des Intelligenztests noch der Geschicklichkeitseinstufung entsprachen den durchschnittlichen Stundenleistungen.

Soziale Organisation

Der Beobachter führte ein Tagebuch, in dem er alle Ereignisse aufzeichnete, die er des Interesses wert erachtete. Das Material wurde aufgegliedert in

a) Personen
b)dem Ausmaß ihrer Beteiligung
c) der Art dieser Beteiligung
d) danach, ob die Beziehung zwischen den Personen gespannt, freundschaftlich oder neutral waren

Eine der verbreitetsten Beschäftigung war es, einem anderen Mann beim Verdrahten zu helfen, wenn dieser etwas in Verzug geraten war, Obwohl es keine regelrechte Vorschrift der Firma gab, daß sich die Leute einander nicht helfen sollten, war die gegenseitige Hilfeleistung doch in der Praxis verboten. Trotzdem war das Helfen sehr verbreitet. Der Beobachter verfolgte die Fälle gegenseitiger Hilfeleistung sehr genau. Jedermann nahm Hilfeleistung teil. Im Unterschied zu einigen anderen Tätigkeiten, war sie nicht auf eine bestimmte Gruppe beschränkt.

Ebenso wie die Hilfeleistung, war auch der Austausch der Arbeit zwischen Drahtarbeitern und Lötern theoretisch verboten, wurde aber in der Praxis geduldet. Der Arbeitstausch, über den der Beobachter Buch führte, ergab, daß die Schließer- Drahtarbeiter offenbar nach Gutdünken entweder mit den eigenen Lötern oder mit den Lötern der Wähler- Drahtarbeiter die Arbeit tauschen konnten, während die letzteren jedoch keinen Tausch außerhalb ihrer eigenen Einheit vorzunehmen wagten.

Roetlisberger und Dickson fassen diese Ergebnisse dahingehend zusammen , daß sie sagen: Obwohl die Mitglieder des Bank Wiring Observation Rooms in manchen Beziehungen, zum Beispiel was die gegenseitige Hilfe und Leistungseinschränkung angeht, zusammenhielten, waren sie in anderen Hinsichten uneinig. Insbesondere gab es zwei Cliquen im Raum. Die Clique A hatte die Schließer- Drahtarbeiter zum Kern, obwohl sie mit der Einheit nicht identisch war, und die Clique B, welche die Wähler- Drahtarbeiter zum Kern hatte. Jede Clique hatte ihre eigenen Spiele und Beschäftigungen, die sich merklich von denjenigen der anderen Gruppe unterschieden. Clique A hielt ihre Tätigkeiten dabei denen der Clique B für überlegen. Ihre Angehörigen tauschten längst nicht so oft die Arbeit wie die Clique B und stritten kaum miteinander über solche Dinge wie im Winter zum Beispiel über das Öffnen und Schließen der Fenster. Offenbar bestand ein Zusammenhang zwischen Leistung und Cliquezugehörigkeit. Die Wähler - Drahtarbeiter hatten nicht nur die tatsächlich geringste Leistung aufzuweisen, sie beanspruchten auch erheblich mehr Tageslohnentschädigungen als die anderen und gaben bei den Meldungen erheblich höhere Leistungen an, als sie tatsächlich erbrachten.

Normen der Gruppe

Roetlisberger und Dickson kamen zum Schluß, daß die Männer im Bank Wiring Room einen ganz bestimmten Code des guten Verhaltens angenommen hatten, der durch das, was sie sagten, und in verschiedenen Graden auch durch das, was sie taten, offenbar wurde. Selbst die Männer, die sich nicht nach diesem Code richteten, wußten jedenfalls, daß er bestand. Die wichtigsten Paragraphen waren:

1) Du sollst nicht zuviel Arbeit leisten, sonst bist du ein ,,Sollbrecher"
2)Du sollst nicht zuwenig Arbeit leisten, sonst bist du ein ,,Gauner"
3) Du sollst keinem Vorgesetzten etwas mitteilen, das sich zum Nachteil eines Kollegen auswirken kann, sonst bist du ein ,,Petzer"
4) Du sollst nicht versuchen, sozialen Abstand zu halten oder dich als amtlich zu geben. Wenn du ein Prüfer bist, sollst du dich nicht wie ein solcher benehmen.

Abschluß der Studie

Die Untersuchung des Bank Wiring Rooms dauerte sechseinhalb Monate - von November 1931 bis Mai 1932 -, bis ihr die immer schlimmer werdende Wirtschaftskrise und der Mangel an Arbeit ein Ende setzten. Während dieser Zeit hatte das Forschungspersonal keine Veränderungen vorgenommen, sondern das Verhalten der Männer lediglich beobachtet und aufgezeichnet. Die Kürze der mit der Studie zugebrachten Zeit bedeutete, daß für eine Wandlung des Musters ihres sozialen Lebens keine große Gelegenheit bestand. Als die Untersuchung im Beobachtungsraum abgebrochen wurde, kehrten die Arbeiter in die Abteilung zurück, aus der sie ursprünglich gekommen waren. Dort wurden sie erneut interviewt, damit die Forscher ermitteln konnten, ob sich ihre Haltung während des Aufenthaltes im Raum verändert hatte.

Die größte Veränderung schien sich in der Beziehung der Drahtarbeiter zu den anderen Arbeitern ereignet zu haben. Mit Fortgang der Untersuchung fühlten sie sich der Abteilung immer weiter entrückt und immer mehr als eine Gruppe für sich. Diese Haltung zeigte sich in solchen Behauptungen, wie daß die Männer im Hauptraum sie benachteiligten, ihnen den ganzen schlechten Draht zuschieben und so weiter.

Ende der Leseprobe aus 9 Seiten

Details

Titel
Bank Wiring Observation Room
Autor
Jahr
1997
Seiten
9
Katalognummer
V97740
ISBN (eBook)
9783638961912
Dateigröße
391 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Exzerpt über die Hawthorne-Experimente
Schlagworte
Bank, Wiring, Observation, Room
Arbeit zitieren
Ernst Koglgruber (Autor:in), 1997, Bank Wiring Observation Room, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97740

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