Sozialwissenschaftliche Daten und Interpretation der Sozialstruktur in der BRD


Seminararbeit, 2000

17 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Einige Grundbegriffe

3. Wohlstand

4. Einkommen
4.1 Die Entwicklung der Einkommen
4.2 Einkommensverteilung
4.3.1 Einkommensverteilung nach sozialstrukturellen Merkmalen
4.3.2 Einkommensverteilung nach Haushaltstyp

5. Vermögensverteilung

6. Mögliche Ursachen der Ungleichheit

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In modernen marktwirtschaftlichen Gesellschaften wie der Bundesrepublik Deutschland ist materieller Wohlstand eines der elementaren Ziele. In erster Linie ist es Geld, mit dem sich materieller Wohlstand und Lebensbedingungen erhöhen lässt. Des weiteren, lässt sich mit Geld angestrebten Lebenszielen näherkommen. Geld fließt den Menschen, in aller Regel, in Form von Einkommen zu. Aus diesem Grund ist es von besonderem Interesse, wie gleich bzw. ungleich die Einkommen verteilt sind und wieviel von dem Einkommen in Form von Vermögen angehäuft werden kann. Hier erscheint es sinnvoll, ein Bild über die Entwicklung der Einkommen und deren Verteilungsstruktur aufzuzeigen, da dies ein Indiz für eine Veränderung des Wohlstandsniveaus geben könnte.

Des weiteren soll eine Bestandsaufnahme über die momentane Einkommensstruktur erfolgen. Es wäre jedoch nur wenig Aussagekräftig, sich auf die Einkommensverteilung zu beschränken, da dies nur wenig darüber aussagt, ob die Einkommen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausreichen, oder auch Ressourcen in Form von Vermögen gebildet werden können.

In dieser Arbeit soll sich an die oben angegebenen Indikatoren Einkommen und Vermögen gehalten werden. Die Untersuchungsabsicht ist nicht die detaillierte Darstellung materieller Ungleichheit, sondern soll nur aufgezeigt werden, ob es eine Ungleichheit gibt und welche Gruppen in der Einkommens- bzw. Vermögenshierarchie oben, oder unten angesiedelt sind. Dies geschieht anhand empirischer Daten. Außerdem soll der Versuch unternommen werden, die Ungleichheitsstruktur in der BRD anhand einiger sozialwissenschaftlicher Theorien zu interpretieren.

Doch wird es bei der Interpretation nicht darum gehen richtige oder falsche Theorien zu bestimmen, sondern lediglich darum, verschiedene mögliche Ansätze aufzuzeigen. Hierbei werden auch historische und modernere Vorstellungen aufgezeigt, um eventuelle Entwicklungen der Theorien über Ungleichheit deutlich zu machen.

2. Einige Grundbegriffe

- Bruttoeinkommen sind jene Einkommen, die dem einzelnen vor Abgabe von Steuern, Sozialabgaben etc. rechnerisch zufließen.
- Nettoeinkommen sind Einkommen nach Zahlung von Steuern, Sozialabgaben etc..
- Persönliche Einkommen sind jene, welches Personen zukommt, ohne Rücksicht darauf, ob nur diese Personen allein oder auch andere hiervon leben.
- Haushaltseinkommen sind alle Einkommen, die einem Haushalt zukommen.
- Pro - Kopf - Haushaltseinkommen sind Einkommen, bei denen jedes Haushaltsmitglied den gleichen Anteil des Haushaltseinkommens zugewiesen bekommt.
- Nettoäquivalenzeinkommen sind bedarfsgewichtete Pro - Kopf - Haushaltseinkommen, wobei für das erste erwachsene Haushaltsmitglied der Faktor 1, für jedes weitere Mitglied ab einem Alter von 15 Jahren der Faktor 0.7 und für Kinder bzw. Jugendliche bis einschließlich 14 Jahre der Faktor 0.5 gilt.
- Bruttovermögen sind Vermögen ohne Berücksichtigung von Schulden.
- Nettovermögen sind Vermögen, von denen Schulden den Vermögensbeständen abgezogen sind.

3. Wohlstand

In einer modernen marktwirtschaftlichen Gesellschaft, wie der Bundesrepublik Deutschland, gilt der materielle Wohlstand als eines der wichtigsten Ziele für ein gutes Leben. Dabei spielt Geld die ausschlaggebende Rolle. Mit Geld lassen sich Wohlstand und Lebensstandards erhöhen. Sicherheit, Gesundheit, Ansehen, Macht, Wohnbedingungen etc. sind mehr oder minder käuflich. Wenn also Lebensstandard käuflich ist, wirft das natürlich die Frage auf, wieviel Geld den Menschen zur Verfügung steht. Hier sind die Einkommensentwicklungen und die Verteilung der Einkommen, auf die noch näher eingegangen wird, von besonderer Bedeutung. Bei der Einkommensentwicklung ist jedoch zu bedenken, dass eine Gegenüberstellung der heutigen materiellen Lebensbedingungen mit der Situation in früheren Zeiten schwierig ist. Zum einem stellt sich das Problem, dass es statistisch befriedigende Erhebungen erst seit dem ersten Weltkrieg gibt. Aus diesem Grund stützen sich zurückreichende Daten auf Schätzungen oder auf Rückrechnungen. Des weiteren ist anzunehmen das viele der Güter und Dienstleistungen die heute mit Geld erworben werden, in früheren Zeiten nicht bezahlt wurden. So waren die Menschen in damaliger Zeit wahrscheinlich Wohlhabender als die hier verwendeten Daten besagen ( vgl. Hradil 1999, 208f.).

4. Einkommen

4.1. Die Entwicklung der Einkommen

Wird die Entwicklung des Volkseinkommens (im Geldwert von 1983) der letzten zwei Jahrhunderte betrachtet, so lässt sich ein extremer Entwicklungsprozess ab 1950 feststellen. In der Zeit von 1800 bis 1950 hat sich das Volkseinkommen pro Kopf real nur verdreifacht. Auch 1950 war das Volkseinkommen pro Kopf nur um ein drittel größer als 1900. In den 50er Jahren setzte dann eine bis dahin in der BRD nicht gekannte Explosion der Einkommen ein. Allein in den 50er Jahren war ein Wachstum des Volkseinkommens pro Kopf um das doppelte im Vergleich des Anstiegs von 1800 bis 1950 zu verzeichnen. Diese Entwicklung setzte sich auch im nächsten Jahrzehnt fort. Zwar erhöhte sich die Wachstumsgeschwindigkeit in den sechziger Jahren nicht mehr, jedoch hielt dieser Aufstiegstrend an und kam erst Mitte der 80er Jahre zum Stillstand. Dieser Aufschwung kam allen Schichten der Bevölkerung zu gute (vgl. Miegel 1983, 176 ff). In den 80er und 90er Jahren kam es in Deutschland zu Einbußen in der Entwicklung der realen Einkommen, doch änderte dies nicht die anhaltende Einkommens- und Wohlstandsmehrung insgesamt (vgl. Hradil 1999, 211 f).

Ulrich Beck beschreibt dies als “Fahrstuhl-Effekt’’, der die Menschen auch im Wohlstand, “mit einem kräftigen historischen Ruck“, eine Etage höher gefahren hat (vgl. Beck 1986, 121ff). Dies sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es erhebliche Ungleichheiten in Einkommens - und Vermögenslage gibt.

4.2 Einkommensverteilung

Einen guten Überblick über die Verteilung der Einkommen in Deutschland, liefert die Unterteilung in Quintile. Hierbei wird die Bevölkerung in fünf gleich große, nach der Höhe ihrer Einkommen gegliederte, Gruppen unterteilt und nach dem jeweiligen Anteil am Gesamteinkommen gefragt. Wobei das erste Quintil das einkommensschwächste und das fünfte das einkommensstärkste darstellt. In Tab. 1 zeigt sich sehr deutlich wie sich die Anteile der Bevölkerungsquintile am Gesamteinkommen veränderten. Sind in der Zeit von 1950 bis 1970 die Anteile am Gesamteinkommen der jeweiligen Quintile noch relativ gleich, so zeigt sich doch seit den 80er Jahren eine Verlagerung im Sinne einer Umverteilung von oben nach unten. So erzielte 1950 das einkommensstärkste Quintil noch das 8,4 fache vom einkommensschwächsten, 1995 dagegen erwirtschafte das einkommensstärkste nur noch das 4,2 fache vom einkommensschwächsten. Bemerkenswert ist die relative Stabilität im mittlerem Bereich der Einkommensquintile, doch ist auch hier ein Gewinn der unteren Anteile zu beobachten.

Tab. 1 Die Anteile der Bevölkerungsfünftel Westdeutschland am Gesamteinkommen 1950- 1995 (in %)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Werte für 1950-1980 beruhen auf Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (DIW); die Werte für 1990 und 1995 beruhen auf dem Sozialökonomischen Paneel; hieraus ergeben sich leichte Abweichungen (Hardil 1999, 224)

Einen weiteren Überblick über die Einkommensverteilung liefert die Tab. 2. Hier wird die Verteilung von Personen an Anteilen des durchschnittlichen

Nettoäquivalenzeinkommens gemessen. Außerdem gibt diese Art von Darstellung einen guten Überblick darüber, wie viele Personen in Deutschland (West) arm1 und wie viele als reich einzustufen sind. Als arm sollen Personen gelten, die weniger als die Hälfte des Durchschnittseinkommens und als reich solche, die mehr als das doppelte des Durchschnitts zur Verfügung haben. Im Jahr 1995 betrug das durchschnittliche Nettoäquivalenzeinkommen in Westdeutschland 2232 DM. In der Verteilung zeigen sich sehr gravierende Ungleichheiten. So verdienten in Westdeutschland 62,8 % weniger als dieses Durchschnittseinkommen. 11,9 % sind sogar als arm einzustufen, 31,7 % der Personen liegen im Bereich über dem Durchschnitt bis reich und als reich lassen sich in Hinblick auf ihr Einkommen 4,9 % der Personen bezeichnen (vgl. Hradil 1999, 221).

Tab. 2 Die Verteilung von Personen auf Wohlfahrtspositionen (Klassen vom Vielfachen des Nettoäquivalenzeinkommmens) 1995 in %.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4.3.1 Einkommensverteilung nach sozialer Stellung

In Tab. 3 ist der Anteil der Erwerbstätigen nach sozialer Stellung und monatlichen Haushaltsnettoeinkommen aufgeführt. Es lässt sich daraus ersehen, dass die Einkommen der einzelnen Gruppen sehr Ungleich sind. Die Selbständigen stellen im Bereich der oberen Einkommen die größte Gruppe da und haben auch den größten Anteil am höchsten Einkommen. Ähnlich gut stehen die Beamten da, auch hier bewegt sich die Mehrheit im Bereich der höheren Einkommen. Bei den Angestellten streuen sich die Einkommen relativ gleichmäßig im Bereich der mittleren, bis hohen Einkommen. Bei den Arbeitern verhält es sich ähnlich wie bei den Angestellten, doch sind sie im Bereich der höchsten Einkommen nur etwa halb so stark vertreten. Die Haushalte von Nichterwerbspersonen (Rentner, Pensionäre, Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger), liegen in ihrem Einkommen in den unteren Bereichen und kommen nur selten in höheren Einkommensklassen vor. Gleichwohl ist bei dieser Gruppe zu bedenken, dass die Haushalte oft klein und die Wohnkosten nicht selten niedrig sind (vgl. Hradil 1999, 224ff).

Tab. 3 Haushaltsnettoeinkommen nach sozialer Stellung 1995 (Westdeutschland)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4.3.2 Einkommensverteilung nach Haushaltstyp

Weitere Ungleichheiten in der Einkommensverteilung lassen sich auch in den verschiedenen Haushaltstypen feststellen. Wie in Tab. 4 dargestellt, gibt es erhebliche Ungleichheiten zwischen den personellen Einkommen von Männern und Frauen, sowie zwischen den verschiedenen Familienformen. Mitte der 90er Jahre hatten Frauen etwa 30 %(brutto) weniger Einkommen als Männer. Diese Differenz hat sich in den in den letzten Jahrzehnten nur unmerklich verändert. So hat eine arbeitende Frau 1975 etwa 32 % weniger Einkommen als ihr männlicher Kollege, im Jahr 1995 hat sich dieser Abstand nur auf 29,5 % verringert (vgl. Hradil 1999, 227).

Tab. 4 Die Einkommensposition verschiedener Lebens- und Familienformen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Innerhalb der einzelnen Familienformen gibt es auch erhebliche Disparitäten. So sind Ehepaare ohne Kinder im Vergleich wesentlich besser gestellt, als Familien mit Kinder. Es zeigt sich außerdem ein starkes Einkommensdefizit, um so mehr Kinder unter 18

Jahren in einer Familie Leben. Wird diese Tatsache rein finanziell gesehen, zahlt es sich nicht aus viele Kinder zu haben. Besonders schlecht gestellt sind Alleinerziehende, die mit weniger als zwei Dritteln des Durchschnittseinkommens auskommen müssen (vgl. Hradil 1999, 228 ).

5. Vermögensverteilung

Eine Analyse der Vermögensverteilung ist nicht ganz unproblematisch, so kommt es aus folgenden Gründen zu Verzerrungen. Die u.a. hier verwendeten Daten der EVS (Einkommens- und Verbraucherstichprobe) beruhen auf freiwilligen Angaben. Dies ist insofern problematisch, da vor allem Höchstverdiener an der Transparenz ihrer Vermögensverhältnisse nicht interessiert sind und Schwierigkeiten damit haben, den Wert ihres Vermögens richtig einzuschätzen. Des weiteren erfasst die EVS Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen von mehr als 25.000 DM (1993: 35.000 DM) nicht (vgl. Geißler 1996, 65). Da auch andere Institute in ihren Vermögensstatistiken nicht alle Daten erfassen, oder auf Daten der EVS zurückgreifen, kann eine Ermittlung von Vermögensverteilungen nur als grober Hinweis dienen. Aus diesen Gründen ist es notwendig aufzuklären, was unter Vermögen verstanden werden soll. Zum einen soll nur Privatvermögen berücksichtigt werden, welches eine Ressource zur Sicherung des Lebensstandards darstellt. Nicht einbezogen werden also immaterielle Güter, wie das Humankapital (z.B. Patente oder Lizenzen), deren Geldwert nicht ohne weiteres bestimmt werden kann. Auch soll Gebrauchsvermögen (Hausrat, Kraftfahrzeuge, etc.) nicht mit berücksichtigt werden, da hier wichtige Daten fehlen. Vermögensbestände werden üblicherweise in Sachvermögen (Haus- und Grundvermögen, Betriebsvermögen und sonstiges Sachvermögen) und Geldvermögen (Bankguthaben, Bargeld, Wertpapiere etc.) unterschieden (vgl. Hradil 1999, 230f).

Wird die Verteilung des Bruttogeldvermögens nach sozialer Stellung der Bezugspersonen betrachtet, zeigt sich auch hier eine starke Divergenz unter den einzelnen Gruppen. Nach Angaben des DIW betrug im Jahr 1993 das durchschnittliche Bruttogeldvermögen 65.300 DM. Die Selbständigen stehen mit einem durchschnittlichen Bruttogeldvermögen von 163.000 auch hier, ähnlich den Einkommen, an der Spitze der Vermögenshierarchie, gefolgt von den Landwirten mit 110.000 DM. Hier ist allerdings zu bedenken, das Selbständige sowie Landwirte, sich vor Arbeitslosigkeit selbst finanziell absichern müssen. Auch müssen sie ihre Altersvorsorge selbst finanzieren. Den Bereich der mittleren Geldvermögen bilden Beamte und Angestellte mit 77.200 DM bzw. 70.100 DM. Die Nichterwerbstätigen (Rentner und Pensionäre) liegen mit 54.700 DM noch relativ nah am Durchschnitt. Die Schlußlichter bilden Arbeiter und Arbeitslose mit 49.000 DM und 40.800 DM (vgl. Bedau 1998, 57ff).

Die einzeln Arten von Vermögen sind inkongruent stark in bestimmten Händen konzentriert. So findet sich auch in Einkommensschwachen Haushalten häufig Geldvermögen, doch ist Haus- und Grundbesitz häufig in den Händen von mittel und gut Verdienenden Haushalten. Wertpapierbestände und Unternehmensbesitz sind fast ausschließlich im Besitz von einkommensstarken und reichen Haushalten und machen einen erheblichen Anteil an deren Vermögensbeständen aus (vgl. Hradil 1999, 232).

In Tab. 5 ist deutlich zu ersehen, dass die Geldvermögen um so höher sind, je höher das Einkommen der jeweiligen Privathaushalte ist.

Tab. 5 Private Haushalte nach Einkommen und durchschnittlichen Geldvermögen Ende 1993 (in DM)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

6. Mögliche Ursachen der Ungleichheit

Wird die Einkommens- bzw. Vermögensstruktur der BRD betrachtet, so fallen doch erhebliche Ungleichheiten auf. Daraus erwächst natürlich die Frage, wie es zu solch einer Ungleichheit kommen kann. In der Geschichte gab es immer wieder neue Theorien über soziale Ungleichheiten.

So war für Aristoteles Ungleichheit gottgewollt und somit von der Natur bestimmt.

„Desgleichen ist das Verhältnis des Männlichen zum Weiblichen von Natur so, dass das eine besser, das andere geringer ist,(...).“

In der Gegenwart fanden sich zum Teil noch ähnliche Ansätze. In biologisch orientierten Begabungstheorien der 70er Jahre wird im wesentlichen die Meinung vertreten, dass die Unterschiede in der menschlichen Intelligenz hauptsächlich erblich bestimmt und durch Umwelteinflüsse nur wenig veränderbar sind. Aus diesem Intelligenzgefälle zwischen den einzelnen Personen wird, laut dieser Theorie, entscheidend auch das soziale Gefälle zwischen besser - und schlechtergestellten Gruppierungen bestimmt (vgl. Hradil 1999, 96).

Soziale Ungleichheit wurde z.B. von mehreren deutschen Ökonomen, u.a. von G. Schmoller und K. Bücher während der letzten Jahrhundertwende, als Ergebnis eines Gesellschaftlichen Belohnungsprozesses gesehen und somit eine funktionalistische Erklärung versucht. Diese Theorie ist auf die Bewertung der Arbeitsposition aufgebaut. Die Argumentation lautet dann wie folgt: „Im Hinblick auf die „vorherrschenden“ Ziele des Lebens und Sterbens in einer Gesellschaft, erscheinen bestimmte Anliegen bedeutsamer als andere (Gesundheit rangiert so vom einzelnen her gesehen evtl. vor Sauberkeit,[...] ). Da diese einzelnen Tätigkeiten unterschiedlich wichtig - wenn auch evtl. alle notwendig - sowie außerdem unterschiedlich schwierig sind im Hinblick auf dieses Anliegen, erhalten sie eine verschiedene Bewertung, die sich in einer differenzierten Zuordnung von Einfluß, Ansehen, Einkommen usw. an die Inhaber der verschiedenen Berufsrollen niederschlägt (vgl. Bolte/Hradil 1988, 46f).“

Neuere Theorien sind z.B. die Rational - Choice - Theorien. Hier wird davon ausgegangen, das Individuen rational handeln, ihren nutzen maximieren und in der Regel jene Handlungsmöglichkeiten bevorzugen, die ihren eigenen Zielen am meisten dienen. Nach der Theorie von Mancur Olson, zeigt sich dies auch in der organisierten Einflußnahme auf wohlfahrtsstaatliche Leistungen und führt dazu, dass große organisierte Gruppen (z.B. Branchengewerkschaften) und allgemeine Interessen in ihrer Durchsetzung benachteiligt sind. So bestimmen meist kollektive Entscheidungen darüber, wie bestimmte Interessen einzelner Gruppierungen u.a. bei wohlfahrtsstaatlichen Stellen durchgesetzt werden. Hier ist es von großer Unwahrscheinlichkeit, dass alle Mitglieder großer Gruppen im gleichen maße von einer Entscheidung profitieren. Da häufig Entscheidungen durch Mehrheiten getroffen werden, haben Minderheiten folglich die Kosten mitzutragen, ohne Gewinn davon zu haben. Olson schließt hieraus, dass sich Minderheiten wo immer möglich den Kosten entziehen werden, oder ein Bündnis mit anderen Gruppen eingehen, die ihre Interessen besser vertreten. Dies schwächt die Interessenvertretung großer Gruppen. Kleinere Gruppen sind Olson zufolge wesentlich durchsetzungsfähiger und können leichter Einigkeit der jeweiligen Interessen erzielen (vgl. Hradil 1999, 129).

7. Fazit

In dieser Arbeit wurde der Frage nachgegangen, ob es in einer modernen marktwirtschaftlichen Gesellschaft wie der BRD materielle Ungleichheit gibt. Insbesondere wie sie sich entwickelt hat und wie sie strukturiert ist. Des weiteren sollten evtl. Gewinner oder Verlierer deutlich gemacht werden und ein Überblick über mögliche Ursachen solcher Ungleichheit aufgezeigt werden.

Es lässt sich auch in westdeutschen Gesellschaft eine beträchtliche Diskrepanz in den Einkommens- und Vermögensverteilungen beobachten. Jedoch ist das Niveau auf dem sich diese Ungleichheit befindet angehoben worden, so das die Menschen mehr Geld zur Verfügung haben. Die Ungleichheitsstruktur hat sich im wesentlichen seit den 60er Jahren kaum verändert. Dies bestätigt die Becksche Interpretation eines “Fahrstuhleffekts“, in dem er beschreibt, dass die Verteilungsrelationen gleichgeblieben sind, doch insgesamt gesehen das Niveau der Lebensstandards erhöht wurde (vgl. Beck 1986, 115ff).

Weiter ist der Kontrast zwischen Selbständigen und Nichtselbständigen zu betonen. Selbständige führen die Einkommens- sowie die Vermögenshierarchie mit erheblichem Vorsprung an. Ihnen können nur noch die Höheren Beamten folgen. Arbeiter bilden nach den Angestellten den unteren Teil dieser Hierarchie und Nichterwerbstätige (ohne Pensionäre) bilden das Schlußlicht.

Auch ist eine Starke Einkommensbenachteiligung in Haushalten mit Kindern zu beobachten. Besonders schlecht stehen alleinerziehende Elternteile da. Sie stehen mit ihrem Einkommen nur wenig über der Armutsgrenze ( 50 % des Einkommens). Die Ungleichheitsstruktur der Vermögen ist noch stärker ausgeprägt, als die Einkommensverteilung.

Zusammenfassend lässt sich jedoch sagen, dass die diesbezügliche Entwicklung, den Menschen ein mehr an Wohlstand gebracht hat (vgl. Hradil 1999, 208ff). In Kapitel 6 wurden einige Theorien zur sozialen Ungleichheit aufgeführt. Es ist zu bemerken das es viele verschiedene Konzepte gibt, die bei erster Betrachtung auch mehr oder weniger in Betracht kommen soziale Ungleichheit zu erklären, jedoch immer die eine oder andere Frage offen lassen. Es scheint so, dass die Gesellschaft zu komplex ist, um eine einzelne, alles klärende Theorie über Ursachen sozialer Ungleichheit zu bestimmen. Was in dieser Arbeit offen bleibt, jedoch nicht unwichtig ist, ist die Frage nach der Legitimation sozial Ungleichheit.

8. Literaturverzeichnis

Beck, U. 1986: Risikogesellschaft. Auf den Weg in eine andere Moderne, Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag

Bedau, K.- D. 1998: Auswertung von Statistiken über die Vermögensverteilung in Deutschland. In: DIW, Beiträge zur Strukturforschung, Heft 173, Berlin: Duncker und Humblod

Bolte, K. M./Hradil, S. 1988: Soziale Ungleichheit in der Bundesrepublik Deutschland, 6. Aufl., Opladen: Leske und Budrich

Geißler,R. 1996: Die Sozialstruktur Deutschlands, 2. neubearb. und erw. Aufl., Opladen: Westdeutscher Verlag

Hradil, S. 1999: Soziale Ungleichheit in Deutschland, 7.Aufl. Opladen: Leske und Budrich Miegel, M. 1983: Die verkannte Revolution (1) , 1. Aufl. Stuttgart: Bonn Aktuell

4.3.Einkommens1verteilung nach sozialstrukturellen Merkmalen

[...]


1 Als Armutsgrenze soll in dieser Arbeit der “Wissenschaftsstandart“ der relativen Armut gelten. Dabei gilt 40% vom durchschnittlichen Nettoäquivalenzeinkommen als strenge Armut , 50% als Arm und 60% als Niedrigeinkommen. (Einen guten Überblick über die Problematik der Definition von Armutsgrenzen liefert: Hradil 1999, 239ff).

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Sozialwissenschaftliche Daten und Interpretation der Sozialstruktur in der BRD
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Veranstaltung
Propädeutikum - Die Sozialstruktur Deutschlands
Note
gut
Autor
Jahr
2000
Seiten
17
Katalognummer
V97790
ISBN (eBook)
9783638962414
Dateigröße
358 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sozialwissenschaftliche, Daten, Interpretation, Sozialstruktur, Propädeutikum, Sozialstruktur, Deutschlands
Arbeit zitieren
Ingo Kleinschnittger (Autor:in), 2000, Sozialwissenschaftliche Daten und Interpretation der Sozialstruktur in der BRD, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97790

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