Einleitung
Was als die 68'er Generation oder 68'er Bewegung gilt, erstreckt sich von Anfang der 60'er bis in die Mitte der 70'er Jahre. In verschiedenartigen Ausprägungen fand diese Revolution in der gesamten westlichen Hemisphäre statt, also nicht nur in Deutschland und Frankreich. Teilweise drang sie sogar durch den Eisernen Vorhang. Überall wurden Autoritäten in Frage gestellt und Utopien von einer besseren Zukunft gestrickt. Ein Merkmal der 68'er Bewegung war die internationale Ausrichtung des Protests. Durch das Fernsehen wurden alle Nachrichten weit um die Welt geschickt und was irgendwo passierte ging alle an. Diese Bewegung oder Revolution war so vielschichtig und weitgreifend, dass es schwer fällt alle Auswirkungen zu beleuchten. Mit diesem Referat werde ich versuchen einen Einblick in diese äußerst wichtige Periode zu geben.
Hauptteil
I. geschichtliche Hintergründe
1. weltweite Hintergründe
Von Oktober bis November 1962, vor der Haustüre der Vereinigten Staaten, stand die Welt wieder vor einer globalen Notlage, der sog. gen. Kuba-Krise. Die damalige UdSSR platzierte Atomwaffen auf Kuba, die in Richtung der USA ausgerichtet waren. Die Staaten verhängten sodann eine Seeblockade, was den Abzug der Waffen zur Folge hatte. Am 22.11.1963 wurde der amerikanische Präsident John F. Kennedy bei einer Straßenparade ermordet, Nachfolger wird Lyndon B. Johnson. Dieser befahl 1965 den Einmarsch in Nordvietnam und ordnete Flächenbombardements an. Der Vietnamkrieg eskalierte schnell, bis 1969, 550'000 amerikanische Soldaten in den südostasiatischen Land stationiert waren. Ho Chi Minh war der Anführer der Guerillabewegung in Vietnam, die Vietcong genannt wurde.
Am 21. 10. 1967 gingen in Washington 250'000 auf die Straße und demonstrierten gegen den Vietnamkrieg.
2. Gründe in der BRD
Die von dem Bundeskanzler Kiesinger vorgeschlagenen Notstandsgesetze stießen auf heftigen Widerstand bei den Gewerkschaften und der APO (außerparlamentarische Opposition) und wurden auch vorerst auf Eis gelegt. Der neue Wirtschaftsminister in dieser Regierung, Karl Schiller, schaffte nach einer ersten Rezession nach dem zweiten Weltkrieg durch seine Beschäftigungsprogramme wieder Vollbeschäftigung in Deutschland. Doch wuchs in eben dieser Rezession der Rechtextremismus wieder an und es wurde öffentlich, wie viele Politiker schon in der NS-Zeit führende Positionen inne hatten. Außerdem wurde die Kritik an einer überdimensionierten Konsumgesellschaft immer größer, die vor allem in Studentenkreisen für Wirbel sorgte.
II. Ziele der Bewegung
1. primäre Ziele
Als wichtigstes Ziel sahen es die Aktivisten an, den ,,von Kapitalisten in Beschlag genommenen Staat" zu reformieren. Es gab die Systemüberwinder und die Antirevisionisten. Letztere sahen den Statt als nicht mehr reformierbar an, also musste er verschwinden, um eine neue klassenlose Gesellschaft aufbauen zu können. Die Auffassung vertrat anfangs auch Gerhard Schröder.
Ein weiterer Punkt hieß Vergangenheitsbewältigung, denn die Nachkriegskinder fragten ihre Eltern bewusst, welches Verhalten sie in der NS-Diktatur gezeigt hatten. Viel junge Leute sahen die Bundesrepublik auf dem Weg zu einem aggressiven und totalitären Staat, vor allem wegen der Wiederbewaffnung 1956. Als ein weiteres Ziel kann man die Modernisierung der Gesellschaft nennen, denn diese war in den Wirtschaftswunderjahren eingeschlafen und nicht mehr bereit Veränderungen anzunehmen. Hier ging es aber nicht mehr nur um den Konsum allein, sondern um Musik, Mode und auch Drogen.
2. sekundäre Ziele
Hier ist wohl als erstes die sexuelle Revolution zu nennen, die spießige Ehe sollte der eifersuchtslosen Liebe weichen. Das rief die berühmte ,,Kommune 1" auf den Plan, die nach einer Idee von Fritz Teufel, Rainer Langhans und Dieter Kunzelmann in München gegründet wurde. Diese erste WG wurde zum Mythos. Auch Männer mussten die Kloschüssel schrubben und Windeln waschen, während die Frauen in den Hörsälen über Marx und Mao diskutierten. Das politische, theoretische Grundgerüst dieser Wohngemeinschaft lieferte Herbert Marcuse, der die Lehren von Karl Marx und Sigmund Freud zusammenführte. Finanziert wurde die ganze Kommune allein von dem damaligen Fotomodell Uschi Obermaier, die sich jedoch immer mehr von der politischen Seite entfernte (,,meine Orgasmusschwierigkeiten sind mir wichtiger als Vietnam"). Außerdem wurde mit Haschisch, LSD und freier Liebe experimentiert. .
III. Formen des Protests
1. politischer Protest
Die größten und massivsten Proteste gegen das Establishment fanden in Frankreich statt. Wortführer der Studenten in Paris war ein deutscher Namens Daniel Cohn-Bendit, der heute für die Grünen im EU- Parlament sitzt. 1968 brachten die Pariser Studenten die französische Republik an den Rande des Abgrunds. Nachdem einige Vietnamgegner verhaftet wurden, besetzten die Studenten die UNI von Nanterres. Die Arbeiter solidarisierten sich mit den Studenten. Zehn Millionen Franzosen traten in Streik und legten den Staat lahm. Erst massive Zugeständnisse seitens Charles de Gaulle beruhigten die Lage.
2. Die Bewegung 2. Juni und die RAF
die "Bewegung 2. Juni", welche als bekanntestes Attentat die Entführung des Berliner CDU Vorsitzenden Peter Lorenz verübte, entstand und radikalisierte sich - wie auch die RAF - erst nach der großen Zeit der APO. Auch wenn erste Anschläge bereits Ende der sechziger Jahre verübt wurden, so geschahen die meisten Aktionen dieser Gruppen Mitte/ Ende der siebziger Jahre.
3. gesellschaftlicher Protest
Ein starker Protest ging allgemein von der Jugend aus, die die Alltagskultur nach ihren Gesinnungen veränderten. Als Beispiele: Die Twist-Hosen, mit dem weiten Schlag, die Mädels erschreckten die Mütter mit äußerst knappen Mini-Kleidern, Joseph Beuys reifte heran, Werbungen wie für Afri-Cola und Roth-Händle. Friedrich Hundertwasser legte bei Vorlesungen die Kleider ab und in der Zeitschrift "twen" wurden große Fotos gezeigt und Themen angesprochen, die bisher nur hinter vorgehaltener Hand diskutiert wurden. Mit Musik von Rex Gildo und Peter Kraus wurde der Jugend eingeheizt und Songs von den Beatles und den Rolling Stones brachten die große weite Welt bis ins hinterste Dorf. In diesem Sinne war alles revolutionär was anders war: Minirock, lange Haare, Rockmusik. Diese äußerlichen Zeichen der Rebellion nahm die deutsche Jugend und begeistert an. Selbst im kleinsten Dorf tauchten "Gammler" auf und es bräunten sich im Freibad Mädchen mit entblößter Brust. Während die politische Revolution in Vergessenheit geriet, feierte die Subkultur ihren Triumph: Sie wurde zur Kultur des Bürgertums.
4. Die Vorkommnisse des 2. Juni 1967,
an diesem Tag war der Schah von Persien im Rahmen seiner Deutschlandreise zu Besuch in Berlin. Bei Demonstrationen vor der Berliner Oper die der Schah besuchte, gab Ausschreitungen zwischen "Jubelpersern" und Studenten. Die Polizei griff erst nach einiger Zeit ein und versprengte die Studenten in verschiedene Richtungen. In einem Hinterhof wurde dann Benno Ohnesorg vom KOM Karl-Heinz Kurras durch einen Schuss in den Hinterkopf tödlich getroffen.
5. weitere Formen
Ein Punkt ist wohl noch die "Veramerikanisierung". Alles was aus den Staaten kam war gut. McDonalds und Coca Cola. Die anscheinde Offenheit versuchte kopiert zu werden. Der Slogan "make love not war" wurde zum Symbol der Flower-Power-Bewegung. Bei lauter Rockmusik und einem LSD-Rausch versuchte die Jugend aus der Wirklichkeit zu fliehen.
IV. Auswirkungen
1. SDS, APO und die Zukunft
Aus den Vereinigungen SDS(Sozialistischen Deutschen Studentenbund) und APO bzw. erfolgte Ende der siebziger Jahre, die endgültige Etablierung Ende der Achtziger. Die Grünen waren ein Mix aus Teilen der Friedensbewegung (Petra Kelly, Jutta Dietfurth), diversen Bürgerinitiativen, der Ökologiebewegung. Gretchen und Rudi Dutschke waren Mitglieder bei den Grünen und Rudi Dutschke war kurz vor seinem Tot noch auf einem Grünen Parteitag als Redner aufgetreten. Der extreme Flügel dieser Gruppierungen gründeten die RAF die bis Ende der 90'er Jahre ihr Unwesen trieben. Die Jusos und die SPD, also die Mutter der Jusos, entfernten sich immer weiter voneinander, nicht zuletzt, weil die SPD Mitglieder den Einsatz der Wasserwerfer bei Demonstrationen mit trugen. Gerhard Schröder wurde 1978 als Kompromisskandidat zum Juso-Chef gekürt. Otto Schily war der Strafverteidiger der ungehorsamen Rebellen von 1968. Nur einer der Mächtigen von heute war damals nicht aktiv dabei, Oskar Lafontaine, er studierte brav Physik. Rudi Dutschke, der tragische APO-Held starb 11 Jahre nach dem Attentat auf ihn (1968) an den Folgen der drei Schüsse.
2. Gesellschaftliche Auswirkungen
Gesellschaftlich und kulturell hat sich diese Bewegung ein Denkmal gesetzt, das ewig halten wird: Woodstock, das berühmte Drei-Tage Musikfestival. Die in diesen Jahren propagierte antiautoritäre Erziehung ging im Laufe der Jahre wider in einen "Normalzustand" über, allerdings wurde die Prügelstrafe (im Prinzip jegliche Art von Gewalt) verboten. Die Bilder der Kriege (Prag, Moskau, Irland, Rassenkrieg in den USA, Studentenkriege in Frankreich und Mexiko- City, Terrorismuskrieg, Vietnamkrieg etc.) wurden langsam zur Normalität und die Proteste waren nur noch einzeln zu sehen.
3. Die Autonomen
Lange hielten sich die sog. "Autonomen". Sie haben ihre Wurzeln auch in den Studentenbewegungen der 60' Jahre. Sie folgten einem anarchistischen Gedanken, der die Herrschaftslosigkeit proklamierte. Sie wollten mit unbegrenzter individueller Freiheit ohne Zwang und staatliche Gewalt angesehen werden. Ein geringerer Teil folgte kommunistischen Ideologien. Das Ziel war eine klassenlose Gesellschaft ohne Privateigentum. Heute hat die Autonome Szene ca.
40 Zeitschriften auf dem Markt und im Zeichen der Völkerverständigung solidarisierten sie sich mit der PKK und deren Befreiungskampf.
4. weitere Auswirkungen
Erste Bürgerinitiativen wurden aus der Einsicht heraus, das Interessengruppen etwas Bewegen können, gegründet. Ihre Zahl stieg bis heute kontinuierlich an.
Diskussionskultur durch die 68iger entstand eine völlig neue Diskussionskultur in der BRD, da man sich z. B. auch mit Autoritäten ungezwungener und etwas respektloser diskutiert.
Die Frauenbewegung hatte ebenso ihre Wurzeln bei den 68ern, auch wenn sich die Emanzipation erst später und relativ langsam vollzog, so wurde 68 doch der Grundstein dafür gelegt.
Die Friedensbewegung gab es zwar schon seit den fünfziger Jahren, sie erfuhr durch die pazifistischen 68er jedoch einen deutlichen Zulauf.
Schluss
Die 68'er haben Deutschland verändert wie später nur noch die Wiedervereinigung. Es ist ihnen gelungen, der erstarrten Wirtschaftswundergesellschaft den Mief der 50'er Jahre auszutreiben, die Gesellschaft offener für Veränderungen zu machen. Den größten Erfolg verbuchten die 68'er in der sexuellen Revolution, denn Sex vor der Ehe war nicht länger ein Tabu, sondern die Regel.
Gescheitert hingegen ist das Anliegen der APO, denn der politische Teil der Revolution kam nie aus dem Studentenniveau hinaus, da die Arbeiter und Handwerker nicht mitzogen. Letztendlich hat McDonalds über Marx triumphiert.
Bibliographische Angaben:
(1) Bücher:
Buchers Kolleg Geschichte, Vom zweiten Weltkrieg bis zur Gegenwart, Bamberg, 1997 Chronik Verlag, Chronik des 20. Jahrhunderts, Augsburg, 1997
(2) Internet:
http://www.bboxbbs.ch/home/gymer/daten/gesch/68chron.htm, W. Kraushaar, Gymer Central
http://www.swol.de/rubrik/aktuell.htm, Reinhard Linder, Andreas Schön http://www.toaster.ch/juli/68er.htm
http://www.tu-darmstadt.de/hjd/juzwall/30nach68.htm
http://www.schweizerzeit.ch/1198/Jubilum.htm, Hans Scharpf, Schweizerzeit, Zürich http://thulenet.com/texte/antifa/text0007.htm, Mathias Gerlach, Widerstand Nr. 5, Thorin Eichenschild
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Zeitraum, den die 68er-Bewegung umfasst?
Die 68er-Bewegung erstreckt sich von Anfang der 60er bis Mitte der 70er Jahre.
Wo fand die 68er-Bewegung statt?
Sie fand in der gesamten westlichen Hemisphäre statt und drang teilweise sogar durch den Eisernen Vorhang.
Was waren einige Merkmale der 68er-Bewegung?
Infragestellung von Autoritäten, das Entwerfen von Utopien einer besseren Zukunft und eine internationale Ausrichtung des Protests.
Was waren einige weltweite Hintergründe der Bewegung?
Die Kuba-Krise, die Ermordung von John F. Kennedy und der Vietnamkrieg.
Was waren die Gründe für die Bewegung in der BRD?
Die geplanten Notstandsgesetze, die Kritik an Politikern mit NS-Vergangenheit und die Kritik an einer überdimensionierten Konsumgesellschaft.
Was waren die primären Ziele der 68er-Bewegung?
Die Reformierung des Staates, Vergangenheitsbewältigung und die Modernisierung der Gesellschaft.
Was waren die sekundären Ziele der 68er-Bewegung?
Die sexuelle Revolution, freie Liebe und Experimente mit Drogen.
Welche Formen des Protests gab es?
Politischer Protest (Demonstrationen, Streiks), gesellschaftlicher Protest (Veränderung der Alltagskultur, Musik, Mode) und die Bewegung 2. Juni und die RAF.
Was geschah am 2. Juni 1967?
Während des Besuchs des Schahs von Persien in Berlin kam es zu Ausschreitungen, bei denen Benno Ohnesorg von einem Polizisten erschossen wurde.
Was waren weitere Formen des Protests?
Die "Veramerikanisierung" und die Flower-Power-Bewegung.
Was waren die Auswirkungen der 68er-Bewegung?
Die Etablierung der Grünen, gesellschaftliche und kulturelle Veränderungen (z.B. Woodstock), die antiautoritäre Erziehung und das Aufkommen der Autonomen.
Welche gesellschaftlichen Auswirkungen hatte die Bewegung?
Eine neue Diskussionskultur, die Frauenbewegung und die Friedensbewegung erfuhren einen deutlichen Zulauf.
Was ist der SDS?
Der Sozialistische Deutsche Studentenbund.
Was ist die APO?
Außerparlamentarische Opposition.
Was war die RAF?
Rote Armee Fraktion, eine terroristische Vereinigung.
Was waren die Schlussfolgerungen des Textes?
Die 68er haben Deutschland verändert, die Gesellschaft offener gemacht, aber die politische Revolution kam nicht über das Studentenniveau hinaus. McDonalds hat über Marx triumphiert.
Welche Quellen werden im Text angegeben?
Bücher (Buchers Kolleg Geschichte, Chronik des 20. Jahrhunderts) und verschiedene Internetseiten.
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- Johann Holzmayr (Autor:in), 2000, Die 68`er Bewegung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97875