Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
Theoretischer Teil
1 Verhütungsmethode Sterilisation - eine medizinische Definition
2 Historischer Wandel und rechtliche Aspekte der (Zwangs-) Sterilisation
3 Betreuungsrecht
3.1 Rechtliche Rahmenbedingungen für Menschen mit geistiger Behinderung in Bezug auf sexuelle Selbstbestimmung
4 Sexualität
4.1 Definition von Sexualität
4.2 Verhütungsmethoden
4.3 Verhütungsmethode Sterilisation - eine medizinische Definition
5 Beratungsangebote
6 Vorurteile und Erschwernisse der Sexualität von Menschen mit geistiger Behinderung
6.1 Vorurteile
6.2 Verhütung
6.3 Rahmenbedingungen
6.3.1 Art und Schwere der Behinderung
6.3.2 Geschlechterrollenzugehörigkeit
6.3.3 Assistenzbedarf
6.3.4 Eltern
6.3.5 Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderung
6.3.6 Rechtliche Betreuung
Empirischer Teil
7 Forschungsdesign
7.1 Beschreibung der Durchführung
7.2 Beschreibung des methodischen Vorgehens
7.3 Auswertung des Interviews
Fazit
Literatur- und Quellenverzeichnis
Anhang
Transkription des Interviews
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Beispiele für Verhütungsmethoden
Abbildung 2: Genutzte Verhütungsmittel im Jahr 2018
Abbildung 3: Informiertheit über die verwendete Verhütungsmethode im Vergleich der Jahre
Abbildung 4: Wichtigste Informationsquellen über Verhütungsmethoden
Tabelle 1: Kategoriensystem nach Mayring
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einleitung
„Niemand darfwegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“1
Sexualität und die damit verbundene Aufklärung und selbstbestimmte Auswahl an Verhütungsmethoden ist Teil des menschlichen Daseins und Bestandteil der Persönlichkeit eines jeden Menschen. Sie umfasst nicht nur die Gentitalsexualität, sondern vielmehr den Austausch von Mimik, Gestik, Gefühlen, Freundschaften und Partnerschaften, sowie die geschlechtliche Identität und sexuelle Orientierung.
Sexualität, die für Menschen ohne diagnostizierte Behinderung meist keine Komplikationen bereitet, stellt für Menschen mit einer Behinderung oftmals eine sehr große Schwierigkeit dar. Nicht zwangsläufig sind die körperlichen oder kognitiven Einschränkungen die Hauptproblematik, sondern die Gesellschaft.2
Nur etwa 10% bis 15% der Menschen in Deutschland mit geistiger Behinderung haben Genitalsex. Viele Menschen mit geistiger Behinderung leben ihre Sexualität mit Schmusen, Petting, Streicheln, Küssen oder Selbstbefriedigung aus. Trotz dessen verwenden ca. 75% der Menschen mit Behinderung Verhütungsmethoden, wie zum Beispiel die 3-Monatsspritze oder die Sterilisation.3
Obwohl seit einigen Jahren die Politik versucht ein Umdenken und Sensibilisieren auf Themen wie Sexualität mit Behinderung zu erreichen, lässt sich in der Praxis pädagogisch und institutionell immer noch Formen der Bevormundung hinsichtlich der Sexualität und Verhütung von Menschen mit Behinderung feststellen.
In dieser Praxisarbeit wird die Forschungsfrage „Inwiefern können Menschen mit geistiger Behinderung selbstbestimmt über eine Sterilisation entscheiden, wenn eine rechtliche Betreuung eingerichtet ist?“ unter dem Thema „Sexuelle Selbstbestimmung von Menschen mit geistiger Behinderung im Spannungsfeld der rechtlichen Betreuung - Eine Betrachtung am Beispiel des Themas Verhütung“ bearbeitet.
Theoretischer Teil
In dem theoretischen Teil dieser Praxisarbeit werden die in der Literatur aufgezeichneten Forschungen benannt, um im empirischen Teil der Praxisarbeit die Theorieforschung mit der Praxisforschung zu vergleichen.
Zunächst wird eine medizinische Definition von Sterilisation erläutert, danach der historische Wandel und die rechtlichen Aspekte der (Zwangs-) Sterilisation und das Betreuungsrecht mit den rechtlichen Rahmenbedingungen beschrieben, um einen Überblick zu erhalten, welcher Personenkreis in dieser Praxisarbeit berücksichtigt wird. Im Anschluss daran wird das Thema der Sexualität durch Definitionen, Verhütungsmittel und der Sterilisation erläutert, da die Sexualität eng mit der Verhütungsmethode „Sterilisation“ zusammenhängt. Im Anschluss daran werden die Beratungsangebote erläutert, damit in dem empirischen Teil das Verständnis der einzelnen Verhütungsmethoden und die Informiertheit der Menschen, die diese verwenden, deutlicher wird. Zuletzt werden die Vorurteile und die Erschwernisse von Menschen mit einer geistigen Behinderung in Bezug auf selbstbestimmte Sexualität erläutert.
1 Verhütungsmethode Sterilisation - eine medizinische Definition
Es gibt zwei Optionen der Sterilisation. Einmal die Variante, die Frau zu sterilisieren oder die Variante den Mann zu sterilisieren.
Bei der Sterilisation der Frau werden die beiden Eileiter verschlossen. Dieser Eingriff wird unter Vollnarkose durchgeführt und kann nicht rückgängig gemacht werden. Deshalb ist die Sterilisation der Frau eine endgültige Methode.4
Bei der Sterilisation des Mannes, die sogenannte Vasektomie, werden die beiden Samenleitern durchgetrennt und an den Enden verschlossen. Der Eingriff wird unter Lokalanästhesie durchgeführt und kann wie die Sterilisation der Frau nicht rückgängig gemacht werden.5
2 Historischer Wandel und rechtliche Aspekte der (Zwangs-) Sterilisation
Um den Wandel und die Entwicklung der Rechte von Menschen mit Behinderung in Zusammenhang mit der Verhütungsmethode der Sterilisation zu setzen, wird in diesem Abschnitt die Geschichte der Sterilisation, die zunächst meist aus einem Zwang durchgeführt wurde, wiedergegeben.
Der Begriff der „Zwangssterilisation“ ist geprägt aus Zeit des Nationalsozialismus, in dem mehrere hunderttausende Menschen zwangssterilisiert wurden. Zwangssterilisation bedeutet, dass vor allem Frauen ohne ihre Zustimmung oder durch Täuschung sterilisiert werden. Dadurch können sie somit nicht selbstständig entscheiden, ob sie eine Familie gründen möchten.6
Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Begriffe der Rassenhygiene und der Eugenik durch den Darwinismus geprägt. Beide Begriffe werden synonym verwendet und sagen grundlegend aus, dass Menschen, die nicht zu der „arischen“ Rasse gehörten, also nicht ausschließlich gesunde, deutsche Vorfahren hatten, getötet, zwangssterilisiert oder zwangsabgetrieben wurden. Die ersten Forderungen einer eugenisch induzierten Sterilisation von Schwerstkranken, sogenannten „Entarteten“, wurden im Jahr 1900 geäußert und stieß auf wenig Widerspruch in der Gesellschaft. Neun Jahre später wurde in der Euthanasiedebatte der Kreis der Zielgruppe erweitert, indem auch unheilbar kranke und behinderte Menschen ohne ihr Einverständnis sterilisiert werden durften.7 1922 forderte die „Deutsche Gesellschaft für Rassenhygiene“, die Sterilisation „krankhaft Veranlagter“, „geistig Minderwertiger“, „Entarteter“, „Asozialer“ und chronisch Kranker, da diese eine Bedrohung darstellen, falls diese sich weiter fortpflanzen würden.8 Bis 1933 gab es noch kein Gesetz, welches regelte, ob und welche Menschen zwangssterilisiert werden durften. Alle Sterilisationen, die bis dahin stattfanden, wurden geduldet oder mit Gründen der Eugenik legitimiert.9
Am 14. Juli 1933 wurde das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ (GzVeN) verabschiedet, welches am 01. Januar 1934 in Kraft trat. Dieses erlaubte esÄrzt*innen Menschen, die in einem dazugehörigen Indikationskatalog standen, ohne deren Einverständnis zu sterilisieren, ohne rechtliche Konsequenzen zu erwarten. Laut diesem Indikationskatalog wurde Hörgeschädigten, Sehgeschädigten, Epilepsie-Erkrankten und Menschen mit „erblichen Schwachsinn“ das Recht auf Familiengründung durch Sterilisation entzogen.10 In dieser Zeit wurde den meisten Menschen „erblicher Schwachsinn“ attestiert. Die einzigen Schutzbestimmungen waren, dass Kinder unter 10 Jahren und Menschen, deren Gesundheitszustand für eine Operation risikohaft ist, nicht zwangssterilisiert werden durften. Diese Schutzmaßnahmen wurden jedoch von Anfang an untergraben.11
In den Folgejahren wurden weitere Zielgruppen in den Indikationskatalog aufgenommen, die unter „moralischem Schwachsinn“ litten. Darunter zählten Menschen, die alkoholabhängig waren oder sich außerhalb einer „normalen“ Erwerbsbiographie befanden. Darunter wurden unter anderem Arbeitslose oder Frührentner verstanden.12
Wie viele Menschen genau in der Zeit von 1934-1945 zwangssterilisiert wurden, geht aus den verschiedenen Quellen nicht hervor. Autoren, wie Schneider gehen von ca. 350.000-400.000 Menschen aus. Außerdem sollen ca. 1.000 Menschen pro Jahr bei diesem Eingriff verstorben sein.13
Bis 1968 blieb das GzVeN unverändert erhalten, wie es im Nationalsozialismus formuliert wurde. 1972 versuchte Kanzler Willy Brandt ein neues Sterilisationsgesetz zu formulieren, indem Menschen unter 25 Jahren und Menschen mit einer Einwilligungsunfähigkeit nicht sterilisiert werden dürfen.14 Im Jahr 1992 trat ein neues Sterilisationsrecht im Betreuungsgesetz in Kraft. In den 20 Jahren dazwischen, war die Sterilisation einwilligungsunfähiger Menschen verboten und wurde mit Körperverletzung (§223 StGB) oder beabsichtigter schwerer Körperverletzung (§226 StGB) geahndet. Außerdem war die Einwilligung der betroffenen Person durch nichts und niemanden zu ersetzen, außer es war medizinisch notwendig. Trotz dessen wurden ca. 1.000 Menschen pro Jahr ohne Zustimmung zwangssterilisiert, jedoch untereinem Deckmantel andererOperationen.15
Heute wird unter anderem durch das Betreuungsrecht (vergleiche Kapitel 3) festgehalten, in welchem Ausmaß eine rechtliche Betreuung in die „Verhütungsangelegenheiten“ eines Menschen mit Behinderung eingreifen darf.
3 Betreuungsrecht
Das Betreuungsrecht ist am 01. Januar 1992 in Kraft getreten, um Menschen, die wegen einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst oder nur zum Teil selber erledigen können, Schutz und Unterstützung zu gewähren. In einem gerichtlich genau festgelegten Rahmen erhalten hilfsbedürftige Menschen die benötigte Unterstützung durch eine*n rechtlichen Betreuer*in.
„Das Selbstbestimmungsrecht des betroffenen Menschen soll dabei gewahrt bleiben. Die Wünsche des Betroffenen haben grundsätzlich Vorrang gegenüber den objektiven Interessen, wenn sie seinem Wohl nicht zuwiderlaufen.“16
Dieser Ausschnitt macht deutlich, dass die Wünsche der betroffenen Person Vorrang haben sollen. Da diese Praxisarbeit das Thema der selbstbestimmten Sterilisation behandelt, wird im Folgenden hauptsächlich der Punkt des Schutzes in persönlichen Angelegenheiten aus dem Betreuungsrecht wiedergegeben, um zu untersuchen, welche Rechte und Pflichten Betreuer sowie Betroffene bei der Sterilisation haben.
Laut Betreuungsrecht ist die Sterilisation ein schwerer Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, welche in den meisten Fällen nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. „Besonders problematisch ist der Eingriff, wenn über ihn nicht die betroffene Person selbst, sondern ein Anderer als Vertreter entscheidet.“17
Wie in dem Abschnitt des historischen Wandels der Sterilisation (vergleiche Kapitel 2) erkennbarwird, gab es früher keine eindeutige Regelung bzw. keine Kontrollen darüber, wer aus welchen Gründen und unter welchen Umständen sterilisiert wurde. Darum wurde im Betreuungsrecht festgehalten, dass rechtliche Betreuungen von einwilligungsunfähigen Menschen eine Genehmigung des Betreuungsgerichts benötigen, um den Eingriff der Sterilisation durchführen zu lassen. Außerdem gibt das Betreuungsrecht vor, dass alle anderen Verhütungsmittel Vorrang haben und die Sterilisation nur durchgeführt werden darf, wenn diese zur „Abwendung schwerwiegender Notlagen, die mit einer Schwangerschaft verbunden wären“18 genutzt wird. Eine dieser Notlagen ist zum Beispiel, wenn die zu betreuende Mutter ihr Kind nach der Schwangerschaft abgeben müsste und dies bei ihr seelisches Leid hervorrufen würde.
3.1 Rechtliche Rahmenbedingungen für Menschen mit geistiger Behinderung in Bezug auf sexuelle Selbstbestimmung
In Deutschland gibt es kein eindeutiges Gesetz, welches gezielt beschreibt, dass Menschen mit Behinderungen die gleiche Selbstbestimmung in ihren sexuellen Handlungen erleben dürfen, wie Menschen ohne Behinderung. Aus verschiedenen Gesetzestexten kann jedoch dieses Recht generiert werden.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Sexualität, wie bereits erwähnt, als ein Grundbedürfnis jedes Menschen. Das Grundgesetz (GG), bzw. deren Artikel, der Bundesrepublik Deutschland festigen damit das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung mit den Artikeln 1, der aussagt, dass die Würde des Menschen unantastbar ist19 und dem Artikel 2, der sich auf das Recht der Persönlichkeitsentfaltung bezieht.20 Außerdem der Artikel 3, welcher die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz, die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau und die Gleichheit von Menschen mit und ohne Behinderung benennt.21 In Artikel 2 wird außerdem auf die körperliche Unversehrtheit und die unverletzliche Freiheit jeden Menschen eingegangen, was einen wichtigen Aspekt in Bezug auf die selbstbestimmte Verhütungsmethode beinhaltet.22
Durch das Sozialgesetzbuch IX, Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, ist verankert worden, dass Menschen mit einer oder mehreren Behinderungen das Recht auf Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe in derGesellschaft besitzen.23
Das Recht der freien Entfaltung sexueller Beziehungen von Menschen mit Behinderung wurde 1993 in den „Rahmenbedingungen für die Herstellung der Chancengleichheit für Behinderte“ von den Vereinten Nationen festgeschrieben.
In der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), welche am 03. Mai 2008 von 182 Staaten unterschrieben wurde und völkerrechtlich in Kraft getreten ist, sind verschiedene Artikel niedergeschrieben, die die Rechte auf Leben, Fruchtbarkeit, Familie und medizinisches Einverständnisfestlegen. Diese werden im Folgenden erläutert.
Das „Recht auf Leben“ in Artikel 10 der UN-BRK beschreibt, dass Menschen mit und ohne Behinderung ein gleichberechtigtes Leben führen und alle dafür erforderlichen Maßnahmen getroffen werden müssen.24
Artikel 15 geht besonders in dem ersten Absatz darauf ein, dass „niemand ohne seine freiwillige Zustimmung medizinischen oder wissenschaftlichen Versuchen unterworfen werden“25 darf. Somit dürfen auch keine Sterilisationen durchgeführt werden, die nicht von der Person selber und freiwillig genannt wurden.
In Artikel 23 der UN-BRK wird festgehalten, dass Menschen mit einer Behinderung nicht auf Grundlage der Gleichberechtigung von Ehe, Familie, Eltern- und Partnerschaft diskriminiert werden dürfen und dieselben Rechte haben, wie Menschen ohne eine Behinderung. Somit dürfen diese unter anderem auch Kinder bekommen, diese erziehen und versorgen und eine Ehe schließen.26
4 Sexualität
Um zunächst ein Verständnis über den Begriff der Sexualität zu erlangen, wird im Folgenden eine Definition aufgeführt, um daraufhin das Modell der psychosexuellen Entwicklung von Sigmund Freud vorzustellen. Im Anschluss daran werden die rechtlichen Rahmenbedingungen von Menschen mit geistiger Behinderung in Bezug auf die sexuelle Selbstbestimmung erläutert.
4.1 Definition von Sexualität
„Auf der physiologischen Ebene ist die Funktion von Sexualität, die Fortpflanzung. Die Verschmelzung der Eizelle mit der Samenzelle ermöglicht die Neukombination von Erbinformationen. Mit Erfindung der Pille zur Empfängnisverhütung in den 1950er Jahren wurde eine Entkopplung der reproduktiven Dimension von Sexualität und der Lustdimension erst möglich. Mittlerweile ist Sexualität ein Kommunikationsmittel und auch eine Möglichkeit, Nähe, Intimität und Sinnlichkeit zu erleben. In allen Kulturen wird Sexualität auch als ein Ausdruck der Liebe zwischen zwei Personen verstanden.“27
Ähnlich wie die oben zitierte Darlegung, definiert die WHO den Begriff der Sexualität als ein Grundrecht aller Menschen und damit zusammenhängend mit Lebensqualität und Wohlbefinden. Dazu gehört auch die Sexualaufklärung, um sich selber und andere schützen zu können. Die gelebte Sexualität ist als Teil der psychischen und physiologischen Gesundheit zu verstehen und nur damit kann ein Mensch vollständige Gesundheit erleben. Sexuelle Gesundheit gehört laut WHO auch zu den Grundrechten und bedeutet, dass Menschen mit und ohne Behinderung „einen positiven und respektvollen Umgang mit Sexualität“28 erleben sollten und die Möglichkeit haben müssen sexuelle Erfahrungen und Partnerschaften frei von Zwang, Diskriminierung oderGewalt zu machen.29
4.2 Verhütungsmethoden
Bevor es zum ersten Geschlechtsverkehr kommt, sollte sich über die Verhütungsmethoden informiert werden. Dabei sollte bei jedem Menschen individuell geschaut werden, wie die Gegebenheiten dieser Person bei einer eigenständigen Einnahme sind. Zu einer selbstbestimmten Sexualität trägt unter anderem auch die selbstständige Auswahl des Verhütungsmittels bei. Typische Verhütungsmethoden können aus der untenstehenden Abbildung entnommen werden.30 31
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Beispiele für Verhütungsmethoden
Zusätzlich zu den oben aufgeführten Verhütungsmethoden gibt es die Sterilisation des Mannes und der Frau, auf die in dieser Praxisarbeit besonders eingegangen wird, um die Forschungsfrage „Unter welchen strukturellen Rahmenbedingungen können Menschen mit geistiger Behinderung selbstbestimmt über eine Sterilisation entscheiden, wenn eine rechtliche Betreuung eingerichtet ist bearbeiten zu können.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Genutzte Verhütungsmittel im Jahr 201832
In der Abbildung 5 ist zu erkennen, welche Verhütungsmittel im Jahr 2018 von Frauen und Männern genutzt wurden. Die Antibabypille und das Kondom sind mit 47% und 46% mit Abstand die meist genutzten Methoden. Danach kommt mit 10% die Spirale, die Sterilisation des Mannes und die sogenannte Kalendermethode. 2% der Befragten nutzen als Verhütungsmethode die Sterilisation der Frau.
Es gibt keine genauen Forschungen dazu, wie viele Menschen mit einer geistigen Behinderung diejeweiligen Verhütungsmethoden nutzen.
4.3 Verhütungsmethode Sterilisation - eine medizinische Definition
Es gibt zwei Optionen der Sterilisation. Einmal die Variante, die Frau zu sterilisieren oder die Variante den Mann zu sterilisieren.
Bei der Sterilisation der Frau werden die beiden Eileiter verschlossen. Dieser Eingriff wird unter Vollnarkose durchgeführt und kann nicht rückgängig gemacht werden. Deshalb ist die Sterilisation der Frau eine endgültige Methode.33
Bei der Sterilisation des Mannes, die sogenannte Vasektomie, werden die beiden Samenleitern durchgetrennt und an den Enden verschlossen. Der Eingriff wird unter Lokalanästhesie durchgeführt und kann wie die Sterilisation der Frau nicht rückgängig gemacht werden.34
5 Beratungsangebote
Gerade bei dem Thema der Verhütungsmethoden ist es wichtig, seine eigene Verhütungsmethode zu kennen und umsetzten zu können. In der Abbildung 3 wird die Informiertheit von Menschen, die eine Verhütungsmethode verwenden, in den Jahren 2003, 2007, 2011 und 2018 in Prozent dargestellt. Deutlich zu erkennen ist, dass von 2003 bis 2018 insgesamt 16% der Menschen sich nicht sehr gut informiert gefühlt haben. Gleichzeitig erhöht sich in derselben Zeit die Informiertheit der Menschen in der Kategorie „gut“ um insgesamt 17%. Im Jahr 2007 war die Informiertheit in der Kategorie „weniger gut“ mit 9% am höchsten, sank 4 Jahre später jedoch so tief wie in keinem anderen Jahr der Abbildung.
[...]
1 Grundgesetz, Artikel 3, Absatz 3
2 Vgl. Specht, 2013, S.293.
3 Vgl. Pro familia, S. 13
4 Vgl. Techniker Krankenkasse, o.J.
5 Vgl. Techniker Krankenkasse, o.J.
6 Vgl. Schneider, 2019, S. 23f.
7 Vgl. Schneider, 2019, S.6
8 Vgl. Schneider, 2019, S. 26
9 Vgl. Schneider, 2019, S. 27
10 Vgl. Schneider, 2019, S. 30f.
11 Vgl. Wunder, 2002, S. 390
12 Vgl. Schneider, 2019, S. 31
13 Vgl. Schneider, 2019, S. 32
14 Vgl.Achilles,2016,S.73
15 Vgl. Stockmann, 2002, S. 65
16 Bundesministerium derJustiz und fürVerbraucherschutz, 2018, S.7
17 Bundesministerium derJustiz und fürVerbraucherschutz, 2018, S.20
18 Bundesministerium derJustiz und fürVerbraucherschutz, 2018, S.20
19 Vgl. GG.Artikel 1
20 Vgl. GG,Artikel2
21 Vgl. GG, Artikel 3
22 Vgl. GG,Artikel2Absatz2
23 Vgl. SGB IX, Paragraph 1
24 UN-Behindertenrechtskonvention, Artikel 10
25 UN-Behindertenrechtskonvention, Artikel 15(1)
26 Vgl. UN-Behindertenrechtskonvention, Artikel 23
27 Nicklas-Faust & Scharringhausen, 2017b, S. 78
28 Bundeszentralefürgesundheitliche Aufklärung, 2015, S.7
29 Vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 2015, S.7
30 Vgl. Nicklas-Faust & Scharringhausen, 2017b, S. 45
31 Nicklas-Faust & Scharringhausen, 2017b, S.45
32 Vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 2019, S. 9
33 Vgl. Techniker Krankenkasse, o.J.
34 Vgl. Techniker Krankenkasse, o.J.