Instandhaltungsmanagement in der Industrie 4.0. Einordnung und Einführung prädiktiver Instandhaltung


Projektarbeit, 2020

46 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

Kurzfassung

Abstract

1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation
1.2 Problemstellung
1.3 Zielsetzung
1.4 Vorgehen

2 Konzeptionelle Grundlagen der Instandhaltung
2.1 Begriffsdefinition Instandhaltung
2.2 Aufgaben von Instandhaltung
2.3 Weitere Definitionen im Umfeld von Instandhaltung
2.3.1 Wartung
2.3.2 Inspektion
2.3.3 Instandsetzung
2.3.4 Verbesserung

3 Ziele und Strategien der Instandhaltung
3.1 Instandhaltungsziele
3.1.1 Sicherheit
3.1.2 Zuverlässigkeit
3.1.3 Verfügbarkeit
3.1.4 Kosten
3.2 Instandhaltungsstrategien
3.2.1 Reaktive Instandhaltung
3.2.2 Vorbeugende Instandhaltung
3.2.3 Zustandsabhängige Instandhaltung
3.2.4 Ganzheitlich produktive Instandhaltung
3.3 Instandhaltungsoptimum

4 Einordnung und Einführung prädiktiver Instandhaltung im Umfeld von Industrie
4.1 Grundlagen und Prämissen der Industrie
4.2 Elemente der Industrie
4.2.1 Internet of Things
4.2.2 Big Data
4.2.3 Künstliche Intelligenz
4.2.4 Cyber-Physisches Produktionssystem
4.2.5 Smart Factory
4.3 Prädiktive Instandhaltung
4.4 Reifegrade der Industrie
4.5 Einordnung und kritische Diskussion
4.6 Risiken bei Einführung prädiktiver Instandhaltung
4.7 Chancen bei Einführung prädiktiver Instandhaltung
4.8 Wissenstransfer

5 Fazit und Ausblick

Darstellungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Kurzfassung

Die Industrie 4.0 bewirkt einen digitalen Wandel und eine multifunktionale Vernetzung in vielen Unternehmensbereichen und -branchen. Im Umfeld von Instandhaltung wird in diesem Zusammenhang häufig von einer prädiktiven Instandhaltungsstrategie gesprochen, womit ein individueller, bedarfsgerechter und zielgerichteter Katalog an Instandhaltungsmaßnahmen auf Basis von anlagenspezifischen Echtzeitdaten evaluiert wird. Hiervon versprechen sich die Unternehmen eine Reduzierung der Instandhaltungskosten sowie der ungeplanten Anlagenausfälle und somit schlussendlich eine Steigerung des Gewinns und der Leistungsfähigkeit der Produktion. In der vorliegen Arbeit wird dazu ein Reifegradindex der Industrie 4.0 auf die Bedürfnisse und Teilaspekte des Instandhaltungsmanagements angepasst und darauf basierend ein Mindeststandard an Elementen der Industrie 4.0 für die Einführung eines prädiktiven Instandhaltungsmanagements definiert. In diesem Kontext werden sich die Vorteile und Chancen für Unternehmen klarer und spezifischer darstellen, da eine Aufschlüsselung anhand der einzelnen Teilaspekte der Instandhaltung erfolgt. Außerdem werden die negativen Gesichtspunkte und Risiken relativiert, die viele Unternehmen vor der Einführung einer prädiktiven Instandhaltungsstrategie hemmt. Es wird sich herausstellen, dass der Risiko- bzw. Erfolgsfaktor anhand unternehmerischer Bedürfnisse, der Unternehmensbranche sowie der erfolgreichen Einführung von Methoden und Werkzeugen der Industrie 4.0 variieren kann. Als Orientierung für Unternehmen kann der Reifegradindex zur Selbstbestimmung verwendet werden und das Risiko einer fehlgeplanten Umsetzung einer prädiktiven Instandhaltungsstrategie vermieden werden.

Abstract

The industry 4.0 forces a digital transformation and multifunctional networking across many cooperate sectors and branches. Within the surrounding of maintenance this undergoing process is often associated with a predictive or smart maintenance strategy. This means, that the maintenance activities become more individual, appropriate and targeted on the basis of now available plant-specific real-time data. Thereof many enterprises seek for a reduction of maintenance costs and unexpected system failures and hence an increase of company’s profit and productivity. In this academic work an industry 4.0 maturity index will be modified in order to meet the requirements and sub-aspects of maintenance management. Based on this a minimum requirement level in terms of methods, elements and industry 4.0 standards will be defined as a code of conduct that is necessary to establish a predictive maintenance system. Furthermore, the advantages and chances will be clarified for each maintenance sub-aspect as well as the negative issues and risks, that many companies inhibit to implement such a predictive strategy. It will transpire in this context, that the factor of risk and success respectively rather varies concerning the company’s demands, branch and the preliminary efforts to establish methods and mindsets of the industry 4.0. The maturity index can be used by companies as a tool for a self-assessment. Finally, the risk for a misaligned launch of a predictive maintenance strategy can be minimised.

1 Einleitung

1.1 Ausgangssituation

Die betriebliche Instandhaltung garantiert die Leistungsfähigkeit, Stabilität und Verfügbarkeit von technischen Maschinen und Anlagen für den Wertschöpfungs- bzw. Produktionsprozess in einem Unternehmen. Gewinnbringend ist das Tätigkeitsfeld der Instandhaltung keineswegs, sondern ein Kostenfaktor, der sich direkt auf den Unternehmensgewinn negativ auswirkt. Mithilfe von Instandhaltungsmaßnahmen wird ein potenziell höherer Schaden für das Unternehmen abgewendet, z.B. ein Produktionsausfall infolge eines Anlagenstillstandes.

Eine zuvor definierte Instandhaltungsmaßnahme zum genau richtigen Zeitpunkt durchzuführen, d.h. unmittelbar vor dem Erreichen der Verschleißgrenze einer Anlagenkomponente, hat ein erhebliches Einsparpotenzial. Dies gestaltet sich in der praktischen Umsetzung schwierig, sodass entweder ein Bauteil zu früh ausgetauscht wird bzw. zu stark verschleißt und ausfällt.

Das Strategiekonzept der Industrie 4.0 bietet durch eine umfassende Digitalisierung der industriellen Produktion, die Möglichkeit zur lückenlosen und permanenten Überwachung aller technischen Anlagen in Echtzeit mittels Sensorik und Aktorik. Dies ist die Basis für eine neue prädiktive Verfahrensweise in der Instandhaltung.

Durch eine prädiktive Instandhaltungsstrategie erhoffen sich Unternehmen zunehmende Kosteneinsparungen und höhere Gewinnmargen ihrer Produkte durch geringere Instandhaltungskosten bei gleichzeitig höherer Anlagenverfügbarkeit. Die notwendigen Voraussetzungen müssen von den Unternehmen erst geschaffen werden. Dazu zählt grundsätzlich, dass ein gewisser Standard von Elementen und Methoden der Industrie 4.0 im Unternehmen etabliert sein muss, damit die Chancen den Risiken bei der Einführung einer prädiktiven Instandhaltungsstrategie überwiegen.

1.2 Problemstellung

Die Komplexität und der Umfang der Veränderungen sind dementsprechend groß, sofern umfassende Standards und Elemente eines prädiktiven Instandhaltungssystems in einem Unternehmen etabliert werden sollen. Die Umsetzung muss dafür präzise durchdacht sein und sollte nicht ungeplant initiiert werden, damit der langfristige Erfolg dieser strategischen Entscheidung nicht gefährdet ist.

Zwingend notwendig erscheint in diesem Zusammenhang, die weitgehende Digitalisierung und Automatisierung der Produktion sowie der dazugehörigen technischen Anlagen nach den Standards der Industrie 4.0 bis zu einem gewissen Reifegrad. Dieser kann entsprechend der unternehmerischen Bedürfnisse geringfügig variieren. Abhängig davon sind auch die Chancen und wirtschaftlichen Potenziale, die mit der Einführung eines prädiktiven Instandhaltungsmanagements verbunden sind. Tendenziell stärker risikobehaftet wäre dieses Bestreben in einem Unternehmen ohne die erforderliche digitale Basis.

Aus dieser Problematik leitet sich die Forschungsfrage dieser Projektarbeit ab. Es wird untersucht, welchem Reifegrad der Industrie 4.0 die prädiktive Instandhaltungsstrategie zugeordnet werden kann und mit welchen Risiken und Chancen die Einführung in einem Unternehmen verbunden ist.

1.3 Zielsetzung

Das Ziel dieser Projektarbeit wird ein auf die Teilaspekte des Instandhaltungsmanagements angepasster Reifegradindex der Industrie 4.0 sein. Dazu zählen u.a. das Ersatzteilmanagement, die Interdisziplinarität mit der Produktion oder die Flexibilität hinsichtlich der Ressourcenallokation bei einem Ausfall von einer oder mehreren technischen Anlagen. In dem Reifegradindex wird sich der zunehmende Nutzen von Elementen der Industrie 4.0 in einer weitestgehenden Digitalisierung und Automatisierung der einzelnen Teilaspekte widerspiegeln.

In diesem Kontext wird das prädiktive Instandhaltungsmanagement einer Stufe des Reifegradindexes zugeordnet werden. Entsprechend lässt sich der erforderliche Standard und der daraus resultierende Nutzen von den Methoden und Werkzeugen der Industrie 4.0 für die Einführung einer prädiktiven Instandhaltungsstrategie im jeweiligen Unternehmen ableiten. Außerdem werden daran anschließend die Risiken und Chancen ermittelt und beurteilt, mit denen ein Unternehmen bei diesem Vorhaben kalkulieren muss.

Zusammengefasst liefert diese Projektarbeit eine Orientierung für den mindestens notwendigen Standard an Digitalisierung und Automatisierung in einem Unternehmen für eine erfolgreiche Umsetzung und Etablierung eines prädiktiven Instandhaltungsmanagementsystems. Darüber hinaus wird der daraus resultierende wirtschaftliche Nutzen erläutert und die damit verbundenen Chancen zur Optimierung, Steigerung der Leistungsfähigkeit und Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit im jeweiligen Unternehmen. Ebenfalls werden die Risiken der unternehmerischen Entscheidung und die damit einhergehenden Veränderungen kritisch beurteilt werden.

1.4 Vorgehen

Im Grundlagenbereich dieser Forschungsprojektarbeit wird die genormte Definition des Instandhaltungsbegriff nach DIN 31051 erläutert und weitere Aspekte im Umfeld von Instandhaltung definiert. Darunter fällt die Wartung, die Inspektion, die Instandsetzung sowie die Verbesserung. Anschließend werden die weitestgehend konträr erscheinenden Instandhaltungsziele erklärt, z.B. die Instandhaltungskosten nach Möglichkeit zu minimieren und gleichzeitig für hohe Sicherheitsstandards, Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der technischen Anlagen zu garantieren.

Die Instandhaltungsstrategien richten sich nach den unternehmerischen Bedürfnissen aus bzw. an der Ausprägung der einzelnen Instandhaltungsziele. Hierzu zählen u.a. eine reaktive Instandhaltungsstrategie, die nur eine Instandsetzung von defekten Bauteilen bei einem Anlagenausfall vorsieht oder eine vorbeugende Instandhaltungsstrategie, die durch einen frühzeitigen Austausch von Verschleißteilen einen im Vergleich antagonistischen Ansatz verfolgt. Als Resultat aus einer optimalen Kombination der Instandhaltungsstrategien wird ein Optimum erläutert, welches einen Kompromiss zwischen geplanten und außerplanmäßigen Instandhaltungsmaßnahmen darstellt.

Im Hinblick auf die Einordnung der prädiktiven Instandhaltungsstrategie in das Umfeld der Industrie 4.0, werden entspreche Grundlagen, Prämissen und Methoden aus diesem Bereich kurz vorgestellt und erörtert. Hier sind das Internet of Things, Big Data, künstliche Intelligenz und ein Cyber-Physisches Produktionssystem zu nennen. Diese Elemente für eine digitale und automatisierte Vernetzung eines Unternehmens werden darauffolgend in einer sogenannten Smart Factory zusammengeführt.

Fortfolgend wird der Industrie 4.0 Reifegradindex (Maturity Index) auf die Bedürfnisse des Instandhaltungsmanagements abgewandelt, sodass für einzeln ausgewählte Teildisziplinen, z.B. das Ersatzteil- oder Datenmanagement der Betriebsdaten eine ansteigende Digitalisierung und Automatisierung durch die Adaption von Elementen der Industrie 4.0 beschrieben werden kann. In diesem Kontext erfolgt anhand einer kritischen Diskussion die Einordnung der prädiktiven Instandhaltungsstrategie hinsichtlich eines notwendigen Industrie 4.0 Standards für deren Einführung. Abschließend werden die Chancen und Risiken für die Unternehmen charakterisiert, die eine Einführung einer prädiktiven Instandhaltungsstrategie perspektivisch umsetzen möchten.

2 Konzeptionelle Grundlagen der Instandhaltung

2.1 Begriffsdefinition Instandhaltung

Unter dem Begriff Instandhaltung werden alle Maßnahmen und Vorgehensweisen zusammengefasst, die bestmöglich einen schadensbedingten bzw. ungeplanten Ausfall einer Anlage vermeiden können. Dazu notwendig ist eine umfassende Planung und Abwicklung von festgelegten Wartungs- und Inspektionsintervallen. Damit wird einem Ausfall der Anlage vorgebeugt und der Anteil an unvorhergesehenen Instandsetzungsarbeiten bzw. kritischen Ausfallzeiten auf ein Minimum reduziert. vgl. 1; [2, S. 23]

Nach DIN 31051 ist Instandhaltung definiert als „Kombination aller technischen und administrativen Maßnahmen sowie Maßnahmen des Managements während des Lebenszyklus eines Objekts, die dem Erhalt oder der Wiederherstellung ihres funktionsfähigen Zustands dient, sodass es die geforderte Funktion erfüllen kann“. Quelle: [3, S. 4]

2.2 Aufgaben von Instandhaltung

Die Strategien, Aufgaben und Maßnahmen der Instandhaltung finden über den gesamten Anlagenlebenszyklus statt. Der Anlagenlebenszyklus reicht vom Sollzustand bzw. Neuzustand, d.h. dem erstmaligen Inbetriebnahmezustand bis zur Verschrottung bzw. der Stilllegung der Anlage. Über die Betriebsdauer der Anlage wird der sogenannte Abnutzungsvorrat verbraucht.

Die Instandhaltungsaufgabe ist, grundsätzlich in der Nutzungszeit der Anlage einen möglichst flachen Verlauf der Abnutzungskurve zu erreichen. Eine weitere Maßnahme ist, mithilfe einer detaillierten Instandhaltungsplanung bzw. eines Instandhaltungsprogramms die Wartungsintervalle optimal einzutakten, den Zeitaufwand für Wiederherstellung des Soll- bzw. Produktionszustandes zu minimieren und somit die Verfügbarkeit der Anlage aus Kundensicht zu maximieren. Vordergründig sollten ungeplante Ausfälle der Anlage vermieden werden vgl. [4, S. 41] Darüber hinaus trägt die Instandhaltung mit der Sicherstellung einer ausreichenden Anlagenkapazität maßgeblich zur Unternehmenszielerreichung bei. vgl. [5, S. 29]

Die Aktivitäten und Strategien der Instandhaltung orientieren sich an dem Anlagenzustand, z.B. an den Betriebsstunden oder der Kilometerleistung. Daher variieren sie in Umfang, Art und Dauer abhängig von der Abweichung vom Sollzustand der Anlage bzw. dem verbleibenden Restabnutzungsvorrat bis zur definierten Ausfallgrenze. vgl. [4, S. 37ff]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Idealisierter Verlauf der Abnutzungskurve, eigene Darstellung, in Anlehnung [4, S. 42]; [3, S. 8]

2.3 Weitere Definitionen im Umfeld von Instandhaltung

2.3.1 Wartung

Unter der Wartung einer Anlage werden alle „Maßnahmen zur Verzögerung des Abbaus des vorhandenen Abnutzungsvorrats“ zusammengefasst. Quelle: [3, S. 5] Generell haben Wartungen einen schadensvorbeugenden Charakter und sollen Störungen und Ausfälle der Anlage vermeiden. Durch die gezielte Reduzierung des Verbrauchs vom Abnutzungsvorrat wird die Lebensdauer der Anlage verlängert und eine entsprechende Werterhaltung der Anlage betrieben. vgl. [5, S. 30]

Wartungsmaßnahmen sind während der Nutzungsdauer einer Anlage bis zur Ausfallgrenze prinzipiell immer möglich. Zu den klassischen Wartungstätigkeiten zählen das Schmieren von beweglichen Anlagenteilen, das Auswechseln von stark beanspruchten Objekten oder das Nachstellen definierter Anlagenparameter. Die Wartung sollte anhand eines auf die spezifischen Belange der Anlage bzw. deren Nutzung abgestimmten Wartungsplanes erfolgen. Demnach erfolgen die Wartungstätigkeiten intervall- oder zustandsabhängig bzw. kontinuierlich oder diskontinuierlich. vgl. [4, S. 43]

Die planmäßige Wartung einer technischen Anlage sollte im Optimalfall bei 1% bis maximal 5% der möglichen Einsatzzeit liegen. Die Wartungsfenster sollten idealerweise in natürlichen, betriebsbedingten Stillstandzeiten liegen, z.B. nachts oder am Wochenende. vgl. [4, S. 43]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Verlängerung der Nutzungsdauer durch Wartung, eigene Darstellung, in Anlehnung [4, S. 42]; [3, S. 8]

2.3.2 Inspektion

Die Inspektion hat keine Auswirkungen auf den Verbrauch des Abnutzungsvorrats. Im Rahmen dieser Tätigkeit wird der Ist-Zustand der Anlage analysiert und notwendige Konsequenzen für die weitere Nutzung werden festgelegt, z.B. unverzügliche Durchführung von Wartungsarbeiten oder eine Reduzierung des Anlagendurchsatzes. vgl. [6, S. 14]; [4, S. 47] Primär werden weiterführende Informationen über den Istzustand der Anlage eingeholt, um Zustandsverschlechterungen und damit verbundene Schäden frühzeitig zu erkennen. vgl. [5, S. 30f]

Die Tätigkeiten einer Inspektion reichen von einer simplen visuellen Inspektion, z.B. das Messen der Profiltiefe von Reifen oder die Dicke einer Bremsscheibe, über eine digitale Auslesung eines Fehlerspeichers einer Anlage bis hin zur einer aufwändigen Demontage von Anlagenkomponenten oder ganzer Anlagen. vgl. [7, S. 18]

Darüber hinaus liefert die Inspektion die Voraussetzung für die Initiierung von konstruktiven Verbesserungsmaßnahmen, für die Aufdeckung von eventuellen Schwachstellen, sowie ermöglicht die Wirksamkeitsprüfung von Wartungsmaßnahmen und -vorgaben. vgl. [5, S. 31]

2.3.3 Instandsetzung

Der Begriff Instandsetzung bündelt alle Aktivitäten und Maßnahmen zur Wiederherstellung des Sollzustandes, der nicht zwingend dem ursprünglichen Sollzustand der Anlage entsprechen muss. vgl. [5, S. 32]; [2, S. 24]

Die Koordinierung von Instandsetzungsmaßnahmen kann intervallabhängig erfolgen, d.h. sie folgt einer festen Kalenderzeit, Betriebszeit oder anhand von Anlagenparametern, sofern diese außerhalb eines vorgegeben Betriebsintervalls liegen. Die Instandsetzung erfolgt in diesem Fall geplant. Eine zustandsabhängige Instandsetzung liegt vor, wenn im Rahmen einer Inspektion maßgebliche Abweichungen vom (alterungsbedingten) Abnutzungsvorrat vorliegen oder ggf. aufgrund eines Schadens ein Anlagenausfall droht. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse erfolgt die Instandsetzung vorbereitet. Bei einem Anlagenausfall, unabhängig durch plötzlichen Eintritt eines Schadensereignisses oder durch vollständigen Verbrauch des Abnutzungsvorrats, muss zwingend instandgesetzt weden. Diesbezüglich erfolgt die Instandsetzung unvorhergesehen bzw. unspezifisch, d.h. ad hoc, da Art und Umfang der Maßnahme erst unmittelbar durch den Ausfall der Anlage definiert werden können. vgl. [5, S. 32]; [4, S. 68f]

Grundsätzlich wird im Rahmen von Instandsetzungstätigkeiten ausgebessert, d.h. zum einen durch Bearbeiten von fehlerhaften Anlagenobjekten zum anderen durch einen Austausch von Anlagenobjekten durch ein Ersatzteil. vgl. [4, S. 68]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Ereignisabhängige Instandsetzungsmaßnahmen; eigene Darstellung, in Anlehnung [4, S. 42]; [3, S. 8]

2.3.4 Verbesserung

Im Rahmen einer Verbesserung wird eine kontinuierliche Weiterentwicklung durchgeführt und sonstige technische sowie administrative Maßnahmen initiiert, die zu einer Steigerung der Funktion bzw. Leistungsfähigkeit der Anlage in der Wertschöpfungskette beitragen. Die gewünschte Funktionalität der Anlage wird durch eine Verbesserung nicht verändert. Der Abnutzungsvorrat der Anlage wird durch die Verbesserung auf einen neuen Sollzustand angehoben. vgl. [4, S. 69]; [6, S. 14]; [2, S. 24]; [5, S. 32]

Ein hohes Verbesserungspotenzial bietet eine detaillierte Schadensanalyse. Der Fokus der Schadensanalyse liegt auf der Identifizierung von potenziellen bzw. vorhandenen Schwachstellen. Eine Schwachstelle ist klassifiziert als eine Schadensstelle, die übermäßig häufig durch Funktionsausfälle auffällig ist. Darüber hinaus muss eine Verbesserung technisch machbar und wirtschaftlich vertretbar sein. Ausschließlich wenn beide Kriterien erfüllt sind, kann ein Verbesserungsprozess für eine Anlage angestoßen werden, z.B. durch den Einbau eines Ersatzteils mit höherer Temperaturbeständigkeit. vgl. [4, S. 71]

Sollte keine konstruktive bzw. technische Verbesserung möglich sein, verbleibt die Option der Instandsetzung analog zu sporadisch auftretenden Fehlerbildern. Eine zeitnahe Verschrottung der Anlage sollte in Erwägung gezogen werden, wenn die Wirtschaftlichkeit der Instandsetzung eines systematisch wiederkehrenden Schadens nicht gewährleistet werden kann. vgl. [4, S. 70f]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Verbesserung des Sollzustandes einer Anlage; eigene Darstellung, in Anlehnung [4, S. 42]; [3, S. 8]

3 Ziele und Strategien der Instandhaltung

3.1 Instandhaltungsziele

3.1.1 Sicherheit

Die Sicherheit und damit in erster Linie die Arbeits- und Anlagensicherheit ist ein zen-trales Zielelement der Instandhaltung. Der Handlungsspielraum für den Anlagenbetreiber ist durch zahlreiche Gesetze und Verordnungen, wie z.B. Unfallverhütungsvorschriften oder Arbeitsstättenverordnungen, rechtlich eingeschränkt. [5, S. 44]; [4, S. 177] Die Sicherheitsaspekte lassen sich in verschiedene Kriterien unterteilen: vgl. [6, S. 125]

- Sicherheit für den Menschen, d.h. Gefahren für den Bediener der Anlage oder Maschine (z.B. durch mangelhafte Unterweisung oder fehlende Schutzkleidung), die Benutzer einer Anlage (z.B. bei Flugzeugen) oder die im näheren Umfeld der Anlage ansässige Bevölkerung (z.B. bei Kernkraftwerken)
- Sicherheit für die Umwelt, d.h. Umwelt- oder Gewässerverschmutzungen bzw. Gefahr für die Tierwelt durch den Umgang mit Schadstoffen, Abfällen oder dem ungewollten Austritt von Betriebsstoffen
- Sicherheit für die Produktion und die Anlage, d.h. die Auswirkung auf die Stabilität der Wertschöpfungskette einer Produktion sowie für den sicheren Betrieb der Anlage selbst

Im Rahmen der ersten beiden Aspekte handelt es sich um eine prüfpflichtig laufende Instandhaltung nach gesetzlichen Prüf- und Nachweispflichten zur Abwendung von Gefahr für Leib und Leben. Der Anlagenbetreiber hat diese termin- und fristgerecht sowie verantwortungsbewusst durchzuführen, ungeachtet der verursachenden Kosten. Die durchgeführten Inspektionen und Wartungen sind gegenüber den aktuellen Vorgaben auf Aktualität und Richtigkeit zu überprüfen und eventuelle Missstände oder Defizite sind unverzüglich zu beseitigen. Das letztgenannte Kriterium umfasst die eigenverantwortlich laufendende Instandhaltung unter konsequenter Beachtung der gesetzlichen Prüf- und Nachweispflichten. Sie umfasst alle Maßnahmen und Aktivitäten für eine maximale Reliabilität der Produktion und den Anlagenbetrieb. Alle aufgeführten Sicherheitsaspekte der Instandhaltung sind konsequent von der Bestrebung zur wirtschaftlichen Optimierung auszuschließen, d.h. es dürfen keine Einsparmaßnahmen auf Kosten bzw. zu Lasten der Sicherheit stattfinden. vgl. [7, S. 42]

In einem engen Zusammenhang mit der Betrachtung von Sicherheitsaspekten steht die Risikoanalyse möglicher sicherheitsrelevanter Szenarien an technischen Anlagen. Risiko ist definiert als eine Multiplikation aus der Eintrittswahrscheinlichkeit und des Schadensausmaßes bzw. der Schwere des Schadens. vgl. [8, S. 98]; [7, S. 26ff]; [6, S. 134]

Die Voraussetzung einer Risikobetrachtung sind detaillierte Kenntnisse über die potenziellen Schäden und deren Auswirkungen und Eintrittswahrscheinlichkeiten, die ein Sicherheitsrisiko einer technischen Anlage darstellen. Eine monetäre Bewertung des Schadensausmaßes ist nicht zwingend erforderlich, für eine bessere Vergleichbarkeit und Abschätzung aber empfehlenswert. Eine Risikomatrix hilft bei einer besseren Skalierung sowie Zuordnung nach der Häufigkeit (Eintrittswahrscheinlichkeit) bzw. der Schadenshöhe (Auswirkung) und liefert ein Gesamtrisiko. Dies ist die Basis für eine risikobasierte Instandhaltung. vgl. [7, S. 29f]; [6, S. 135f]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Risikomatrix; eigene Darstellung, in Anlehnung [6, S. 136]; [7, S. 33]

3.1.2 Zuverlässigkeit

Die Zuverlässigkeit ist eine statistische Kenngröße und beschreibt die Wahrscheinlichkeit, dass eine technische Anlage in dem Betrachtungszeitraum bzw. über die gesamte Betriebszeit nicht ausfällt vgl. [6, S. 47]. In diesem Zusammenhang wird das Funktions- und Zuverlässigkeitsverhalten aller technischen Komponenten einer Anlage betrachtet. vgl. [9, S. 142]

Komplementär wird das Ausfallverhalten über die Nutzungsdauer einer technischen Anlage häufig untersucht, um deren Zuverlässigkeit mit Instandhaltungsmaßnahmen zu gewährleisten. Mögliche Frühausfälle kennzeichnen sich durch Schwachstellen in der Projektierung, Konstruktion oder Auslegung. Diese sind vorab schwer zu prognostizieren, und die Instandhaltung beschränkt sich in dieser Phase auf Consulting und Optimierung von identifizierten Schwachstellen zur Vermeidung von Serienmängeln in einer Massenproduktion. Durch eine zunehmende Etablierung des Prozesses wird eine Stabilisierung der Zuverlässigkeit erreicht, die sich auf sporadische Zufallsausfälle beschränkt. In dieser Phase hat die Instandhaltung mehrere Aspekte zu erfüllen. Einerseits überwiegt das laufende Servicegeschäft zur reaktiven Behebung von Zufallsausfällen. Bedeutender ist die Durchführung von Inspektionen, um das Langzeitverhalten und die Verschleißcharakteristik der Anlage aufzuzeigen. Diese Erkenntnisse sind für die Prognosefähigkeit möglicher Spätausfälle und damit die Festlegung möglicher Tauschzeitpunkte von Komponenten der Anlage wertvoll. Davon anhängig ist die Zuverlässigkeit in der Spätphase und damit verbunden eine höhere Betriebsfestigkeit und längere Restlebensdauer. vgl. [9, S. 143]; [2, S. 130]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Ausfallverhalten; eigene Darstellung, in Anlehnung [9, S. 143]; [6, S. 8]; [2, S. 48]

[...]

Ende der Leseprobe aus 46 Seiten

Details

Titel
Instandhaltungsmanagement in der Industrie 4.0. Einordnung und Einführung prädiktiver Instandhaltung
Hochschule
Rheinische Fachhochschule Köln
Note
2,0
Autor
Jahr
2020
Seiten
46
Katalognummer
V980179
ISBN (eBook)
9783346331151
ISBN (Buch)
9783346331168
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Industrie 4.0, Instandhaltung, Predictive Maintenance, Engineering, Industrial Engineering, Informatik, Instandhaltungsmanagement
Arbeit zitieren
Niklas von Hollen (Autor:in), 2020, Instandhaltungsmanagement in der Industrie 4.0. Einordnung und Einführung prädiktiver Instandhaltung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/980179

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