Schiller, Friedrich - Die Räuber - 2. Akt, 2. Szene


Referat / Aufsatz (Schule), 1999

4 Seiten, Note: 2-


Leseprobe


Friedrich Schiller: ,,Die Räuber" , 2. Akt, 2. Szene

Erschließung eines poetischen Textes

Johann Christoph Friedrich von Schiller (1759 - 1805) ist neben Johann Wolfgang von Goethe zu den bedeutensten Dichtern der deutschen Klassik zu zählen. Leben und Werk Schillers lassen sich in folgende Abschnitte gliedern: 1. Die Sturm und Drang- Periode, in welcher er sein Jugendwerk verfasste. 2. Die Periode der philosophischen und poetologischen Abhandlungen, in der zahlreiche theoretische Arbeiten, sowie Hymnen entstanden. 3. Die klassische Periode, deren Hauptthema die Polarität zwischen Personalität und gesellschaftlichen Determinismus ist.

In seinem Stück ,,Die Räuber" (1781), das seinerzeit eine bis dahin völlig neue, spektakuläre Wirkung beim Theaterpublikum hatte, stehen sich die beiden ungleichen Brüder, Franz und Karl Moor, ein kühler, auf politische Macht fixierter Intrigant und ein für die personale Autonomie kämpfender Rebell, gegenüber.

Der etwa sechzigjährige Graf Maximilian von Moor regiert ein Schloss, das außerdem noch von seinem jüngeren Sohn Franz und seiner Nichte Amalia von Edelreich bewohnt wird. Franz gönnt seinem älteren Bruder Karl das Erbe nicht. Dieser studiert gerade in Leibzig. Franz gelingt es die Liebe des Vater zu seinem ältestem Sohn durch eine Briefintrige zu zerstören. In einem angeblich von Karl stammenden Brief wird um Verzeihung für seinen verworfenen Lebenswandel gebeten. Daraufhin verflucht Franz in einem Antwortbrief seinen Bruder im Namen des Vaters, weil er die Ehre des Hauses Moor zerstört haben soll. Durch diesen verletzenden Brief, der die Antwort auf sein Gesuch um Verzeihung war, fühlt sich Karl von der Gesellschaft verraten und wird durch Zuspruch und Vorschlag seines Kumpanen Spiegelberg zum Räuberhauptmann. Im Schloss versucht Franz, durch Lügen über seinen Bruder, die Gunst von dessen Verlobter Amalia zu erlangen. Diese weist ihn jedoch ab. Elf Monate später wartet Franz immernoch auf den Tod seines Vaters, um bald die Herrschaft über das Schloss zu haben. Um dem noch ein wenig nachzuhelfen, schmiedet er eine weitere Intrige. Durch einen verkleideten Boten lässt er dem alten Moor mitteilen, sein geliebter Sohn wäre bei einer Schlacht ums Leben gekommen.

In der zweiten Szene des zweiten Aktes nun tritt Amalia zum schlafenden Moor. Sie hört mit an, wie dieser im Schlaf von seinem Sohn Karl spricht. Als er erwacht bedauert er, nicht weiter geträumt zu haben, weil er gehofft hätte, dass ihm sein Sohn verzeiht. Amalia versichert dem alten Moor, Karl habe ihm längst verziehen und teilt ihm mit, dass auch sie es ihm nicht mehr nachträgt, dass er seinem Sohn schreiben lies, er würde ihn verfluchen. Moor nennt Amalia seine Tochter und erzählt ihr von dem Glück, das er empfunden hat, als er die Liebe seines Sohnes Karl und ihr bemerkte. Beide geraten ins Schwärmen über Karl, den sie ja für tot halten. Moor spricht von der Trauer, die er empfindet, weil er den Tod herannahen spührt und weis, dass sein geliebter Sohn am Sterbebett nicht bei ihm sein wird. Amalia wird von Erinnerung und Schwärmerei so mitgerissen, dass sie schließlich aufspringen muss, um sich ans Klavier zu setzen, um das Lied vom Abschied Andromachas und Hektors zu spielen. Am Ende der Szene tritt Daniel, der Diener auf und meldet einen Boten mit einer Nachricht. Franz kommt mit dem vermeintlichen Boten herein und kündigt dem alten Moor eine schreckliche Botschaft an.

Dieser Dialog, der vorwiegend zwischen Amalia und dem alten Grafen von Moor geführt wird, besteht zum grössten Teil aus kurzen Sätzen und Ellipsen, die von heftigen Emotionen der beiden geprägt sind. So spricht der alte Moor zu Amalia: ,,Nein, meine Tochter! diese Totenfarbe deines Angesichts verdammet den Vater. Armes Mädchen!..." (Seite 46; Zeile 14). Auffallend sind auch die zahlreichen Ausrufesätze, die wiederrum den inneren Zustand der beiden Personen verdeutlichen. Als Beispiel dafür wäre der Monolog Amalias gleich zu Beginn der Szene zu nennen, als sie spricht: ,,Leise, leise! er schlummert. Wie schön, wie ehrwürdig! - ehrwürdig, wie man die Heiligen malt - nein, ich kann dir nicht zürnen! Weißlockigtes Haupt, dir kann ich nicht zürnen!" (Seite 45; Zeile 20). Bei der Betrachtung dieses Monologes, aber auch noch anderer Textstellen bemerkt der Leser, dass Schiller nach den Rufzeichen keine neuen Sätze beginnt, sondern, dass in Kleinbuchstaben weitergeschrieben wird. Schiller macht dem Leser auf diese Weise klar, wie erregt beide Personen ihre wörtliche Rede vorbringen, ohne dass es diesem gleich bewusst wird. Amalia und der alte Moor halten nicht nach jedem Satz inne - im Gegenteil; beide sprechen wohl eher schnell und laut.

Dennoch sind auch einige Unterschiede bei den Dialogen der Hauptpersonen dieser Szene nicht ausser Acht zu lassen. Die wörtliche Rede des Grafen wirkt eher gramgebeugt und in tiefer Trauer resigniert. Dem Leser ist, als würde er die dunkle, alte Stimme Moors hören. Diesen Effekt erzielt Schiller vor allem durch die Verwendung eher dunkler Vokale in Moors Reden; so auch in Zeile 21 auf Seite 46: ,,So sah er, als er ins sechzehnte Jahr ging. Itzt ist er anders - Oh, es wütete in meinem Inneren - ..." . Moor spricht in eher langen Worten und komplizierteren Ausdrücken, wodurch er in seiner Sprache zwar gebildeter, aber auch langsamer und eher bedächtig - nicht ganz so emotional, wie Amalia - erscheint. Beispiele hierfür wären: ,,...Verzeihung erhalten aus seinem Munde..." (Seite 46; Zeile 9) und ,,Dieser huldreiche, erwärmende Blick..." (Seite46; Zeile 33). Amalia erscheint durch Schillers Wiedergabe ihrer Reden jung und ungestühm. Dazu tragen die kurzen Satze und Wörter, sowie der emotionale Inhalt und die Verwendung heller Vokale in den von ihr gesprochenen Textstellen bei. Als Beispiel wäre hier ,,Nein, nein! er ists nicht. Bei Gott! das ist Karl nicht - Hier, hier. So ganz, so anders..." (Seite 46; Zeile 27) zu nennen.

In dieser Szene werden die Konflikte zwischen dem alten Moor und Karl und Amalia und Karl in den Vordergrund gerückt. Der Konflikt zwischen Vater und Sohn äussert sich in der Qual des Grafen, von der er nicht einmal im Schlaf befreit ist. Er gibt sich die Schuld am Tod seines Sohnes und möchte von Amalia Worte hören, die sein Gewissen beruhigen: ,,...Armes Mädchen! Ich brachte dich um die Freuden deiner Jugend - o fluche mir nicht!" (Seite 46; Zeile 15). Der Konflikt zwischen Amalia und Karl, also die zerstörte Liebesbeziehung, wird durch ihr Schwärmen für ihren verstorbenen Verlobten und durch ihre Sehnsucht nach ihm zum Ausdruck gebracht. Ihren Höhepunkt erlangt Amalias Schwärmerei von Karl in Zeile 6; Seite 47, als sie ihre Sehnsucht mit dem Gedanken ans Jenseits verbindet: ,,Ja süß, himmlisch süß ists, eingewiegt zu werden in den Schlaf des Todes von dem Gesang des Geliebten - vielleicht träumt man auch im Grabe noch fort - ein langer, ewiger, unendlicher Traum von Karln,...".

Maximilian von Moor bringt durch die Anrede ,,Nein, meine Tochter!" (Seite 46; Zeile 14) zum Ausdruck, dass er die Frau nicht als minderwertiges Geschöpf betrachtet, was zur Zeit des 18. Jahrhunderts durchaus der Fall war. Amalia ist nicht mit ihm verwandt und auch keine Adelige. Trotzdem binden den Grafen innige väterliche Gefühle an sie. Moor verkörpert in diesem Werk einen absolutistischen Herrscher; macht aber nicht immer von seiner Macht gebrauch. So könnte er seinen Söhnen die Gemahlin praktisch vorschreiben. Er verzichtet jedoch darauf und nimmt ein Mädchen niederen Standes in seiner Familie auf.

In den nun folgenden Szenen wechseln sich zwei Schauplätze ab: das Schloss des Grafen von Moor und der Wald, in dem Karl mit seiner Räuberbande haust. Dieser erweist sich als ,,Robin - Hood - Räuber", der trotz des rauhen Umganges sein Gefühl für Ehre und sein Gewissen nicht verloren hat. Der vermeintliche Bote, den Franz benutzt hatte, um seine

Intrigen auszuführen, gesteht nun Amalia voller Reuhe seine Untaten. Währenddessen stösst Kosinsky zu den Räubern. Er berichtet von seinem Leben, das dem von Karl sehr ähnlich ist. Dadurch wird der Räuberhauptmann veranlasst, nach Hause zu seiner Geliebten zu ziehen. Amalia bemerkt bald, dass es ihr Geliebter ist, der vor ihr steht und nicht Graf von Brand, der Karl zu sein vorgibt. Auch Franz bemerkt den Schwindel und befielt dem Diener Daniel Karl zu vergiften. Daniel berichtet Karl aber von Franz' Plänen und veranlasst diesen zur Flucht. Während der längeren Abwesenheit des Hauptmannes kommt es nun unter den Räubern zu Unruhen. Schweizer, ein treuer Freund und Anhänger Karls, ersticht Spiegelberg, nachdem er dessen Pläne, Karl zu ermorden, mitangehört hat. Karl begegnet nun dem davongejagtem Diener, der ihm vom Vater berichtet, der in einem Verlies Hunger leiden muss. Karl schickt Schweizer mit einigen Räubern zum Schloss, um Franz lebend in seine Hand zu bekommen und befreit den Vater, ohne sich selbst zu erkennen zu geben. Franz plagt das Gewissen und die Angst vor Gott; er erdrosselt sich, nachdem er die Räuber das Schloss überfallen gehört hat. Schweizer erschießt sich, weil er seinen Auftrag, Franz lebend zu fangen, nicht erfüllt hat. Karl tötet Amalia, weil er von seinen Räubern an den Treueschwur erinnert wird und weil er sich vor ihnen nicht menschlich zeigen will. Bei der Enthüllung von Karls Identität stirbt der Graf. Karl kann so nicht länger weiterleben und möchte die Belohnung, die auf seinen Kopf ausgesetzt ist, sogar noch einem Tagelöhner zukommen lassen.

Schiller wendete sich mit seinem Stück ,,Die Räuber" gegen alle damals bestehenden Normen. Er wagte eine vollkommen neue Art des Theaters und erzielte damit spektakuläre Erfolge bei seinem Publikum. ,,Die Räuber" werden immer ein wichtiges Werk deutscher Literatur bleiben.

Ende der Leseprobe aus 4 Seiten

Details

Titel
Schiller, Friedrich - Die Räuber - 2. Akt, 2. Szene
Note
2-
Autor
Jahr
1999
Seiten
4
Katalognummer
V98052
ISBN (eBook)
9783638965033
Dateigröße
383 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Erschließung eines poetischen Textes und gesamte Inhaltzusammenfassung
Schlagworte
Schiller, Friedrich, Räuber, Szene
Arbeit zitieren
Andrea Mathussek (Autor:in), 1999, Schiller, Friedrich - Die Räuber - 2. Akt, 2. Szene, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98052

Kommentare

  • Gast am 28.12.2002

    fleißig, fleißig.

    da hat sich aber jemand viel Arbeit gemacht....
    Um so besser für mich:da brauch ich das nur ausdrucken.
    Gott, bin ich faul.

  • Gast am 1.5.2001

    und weiter...?.

    Nachdem Du mit direkten Bezug zur Textvorlage zunächst gut begonnen hast vermisse ich leider den "Rest" der Interpretation. Du beziehst dich zwar in deiner Inhaltsangabe, nicht aber in der eigentlichen Analyse des 2. Aktes auf dessen gesamten Verlauf, sondern lediglich auf die erste Hälfte. Der zweite Akt impliziert schließlich S.45-54. Zeilenangaben sind teilweise falsch bzw. ungenau.

  • Désirée Hummer am 25.11.2000

    Die Räuber.

    EINE GUTE ZUSAMMENFASSUNG, DOCH ENTHÄLT DIESE EINIGE LÜCKEN. DIE SCHREIBERIN KENNT DAS BUCH GUT UND ÜBEREIFERT SICH DADURCH ÖFTERS BEIM SCHREIBEN. ICH KANN MIR VORSTELLEN, DASS FÜR LESER, WELCHE DAS BUCH NICHT KENNEN, EIN ETWAS VERFÄLSCHTES BILD DES STÜCKS ENTSTEHT. EINIGE ELEMENTARE RECHTSCHREIBFEHLER, LIESSEN MICH AN DER QUALITÄT DES AUFSATZES ZWEIFELN.

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