Interventionsmöglichkeiten im Unterricht bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler


Examensarbeit, 2000

96 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Einleitung

1 Definition und Abgrenzung der Begriffe Aggression, Aggressivität und Selbstverletzungsverhalten
1.1 Aggression
1.1.1 Die Herkunft des Wortes ,,Aggression"
1.1.2 Die Unterscheidung von Aggression in drei Kategorien
1.1.2.1 Die expressive Aggression
1.1.2.2 Die instrumentelle Aggression
1.1.2.3 Die angstmotivierte Aggression
1.2 Aggressivität
1.3 Selbstverletzungsverhalten

2 Darstellung relevanter Erklärungsversuche für aggressives Verhalten beim Menschen
2.1 Triebtheorien
2.1.1 Instinkttheorie nach Konrad Lorenz
2.1.2 Triebtheorie nach Sigmund Freud
2.1.3 Zur Katharsishypothese der Triebtheorien
2.2 Frustrations-Aggressionstheorie
2.3 Lerntheorien
2.3.1 Das Operante Konditionieren
2.3.2 Die Lerntheorie nach Bandura
2.4 Angstmotivierte Aggression
2.5 Multikausaler Ansatz zur Erklärung aggressiver Verhaltensweisen bei geistigbehinderten Menschen
2.5.1 Dispositionelle Faktoren
2.5.1.1 Physische Faktoren
2.5.1.2 Psychische Faktoren
2.5.1.3 Verhaltensgewohnheiten
2.5.2 Auslösende Faktoren
2.5.3 Situationsfaktoren
2.5.4 Motivationale Faktoren
2.5.5 Konsekutive Faktoren
2.5.6 Lebensumfeldfaktoren

3 Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht
3.1 Wahrnehmung von Ursachen für die Notwendigkeit einer Intervention
3.2 Überlegungen zur Interventionsplanung
3.3 Darstellung und Untersuchung des wahrgenommenen Verhaltens unter Einbeziehung multikausaler Bedingungsfaktoren
3.3.1 Protokollieren des Verhaltens und der Begleitumstände mit dem Protokollbogen
3.3.2 Auswertung des Protokollbogens
3.4 Ziele und Methoden von personen-, umgebungs- und bewertungsorientierter Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht
3.4.1 Zur personenorientierten Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht
3.4.1.1 Ziele einer personenorientierten Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht
3.4.1.1.1 Das Einüben von motorischer Ruhe und Entspannung
3.4.1.1.2 Einüben einer differenzierten Wahrnehmung
3.4.1.1.3 Die Erlangung einer angemessenen Selbstbehauptung als positive Form der Aggression
3.4.1.1.4 Kooperation und Hilfeleistung als aggressionshemmendes Alternativverhalten
3.4.1.1.5 Selbstkontrolle zum Ziel der Aggressionshemmung
3.4.1.1.6 Einfühlungsvermögen zur Neubewertung der Folgen eigenen Handelns für das Gegenüber
3.4.1.2 Methoden einer personenorientierten Intervention im Unterricht mit aggressiven geistigbehinderten Schülerinnen und Schülern
3.4.1.2.1 Interventionsmethoden zur kurzfristigen Erreichung gesetzter Ziele
3.4.1.2.1.1 Time-Out from positive reinforcement
3.4.1.2.1.2 Verhaltensunterbrechung
3.4.1.2.1.3 Überkorrektur
3.4.1.2.1.4 Verknüpfung verschiedener Interventionsmethoden am Beispiel der Kombination von Verhaltensunterbrechung mit dem Verfahren der differentiellen Verstärkung
3.4.1.2.2 Interventionsmethoden zur langfristigen Erreichung gesetzter Ziele 3
3.4.1.2.2.1 Entspannungsübungen im Unterricht mit geistigbehinderten Kindern und Jugendlichen auf der Basis des autogenen Trainings nach Schultz
3.4.1.2.2.2 Methode zum Einüben einer differenzierten Wahrnehmung und angemessenen Verhaltensweise bei geistigbehinderten Kindern und Jugendlichen im Unterricht auf der Basis des Trainings mit aggressiven Kindern von Petermann & Petermann (1997)
3.4.2 Zur umgebungsorientierten Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht
3.4.2.1 Ziele einer umgebungsorientierten Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht
3.4.2.1.1 Die das Lebensumfeld betreffende Zielsetzung
3.4.2.1.2 Die situativen Bedingungen betreffenden Zielsetzungen
3.4.2.2 Maßnahmen einer umgebungsorientierten Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht
3.4.2.2.1 Das Lebensumfeld betreffende Maßnahmen
3.4.2.2.2 Die situativen Bedingungen betreffenden Maßnahmen
3.4.3 Zur bewertungsorientierten Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht
3.4.3.1 Ziele einer bewertungsorientierten Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht
3.4.3.2 Maßnahmen einer bewertungsorientierten Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht

4 Aggressionsprävention im Unterricht mit geistigbehinderten Schülerinnen und Schülern
4.1 Entspannungsübungen im aggressionspräventivem Unterricht
4.2 Das Einüben von erwünschtem und zu Aggressionen inkompatiblem Verhalten
4.3 Umgebungsorientierte Aggressionsprävention im Unterricht mit geistigbehinderten Schülerinnen und Schülern

Schlussbemerkung

5 Literaturverzeichnis

6 Anhang

Untersuchungsergebnisse aus unv. Staatsexamensarbeit Merkentrup, B.

Protokollbogen

Spiele zum Abbau von Unruhe und Erregung 1

Spiele zum Abbau von Unruhe und Erregung 2

Entspannungsgeschichte mit Schwere- und Wärmeformel

Kapitän Nemo Geschichte

Bild zum Einüben einer differenzierten Wahrnehmung und angemessenen Verhaltensweise

Abbildungsverzeichnis

Abb.1: Dampfkesseltheorie

aus: selbsterstellte Zeichnung

Abb 2: Kreislauf der angstmotivierten Aggression

aus: Petermann, F; Petermann, U.: Training mit aggressiven Kindern. Einzeltraining - Kindergruppe - Elternberatung. Weinheim: 1997, S. 8

Abb. 3: Multifaktorielles Modell zur Erklärung von Verhalten (Verhaltens- und Bedingungsanalyse) und Ableitung verhaltensorientierter Interventionen

aus: Meyer, H.: Verhaltensorientierte Intervention bei Schülerinnen und Schülern mit geistiger Behinderung. Konzeption und Planung. Dortmund: 2000, S. 18

Abb. 4: Situationsgebundene Wahrnehmung von Raum und Zeit

aus: Heijkoop, J.: Herausforderndes Verhalten von Menschen mit geistiger Behinderung. Neue Wege der Begleitung und Förderung. Weinheim, Basel: 1998, S. 37f

Abb. 5: Droschkenkutscherhaltung

aus: Schultz, I.H.: Das Original-Übungsheft für das Autogene Training. Anleitungen vom Begründer der Selbstentspannung Prof. Dr. Dr. h. c. I. H. Schultz, bearbeitet von Dr. Dr. Klaus Thomas. 23. Auflage, Stuttgart: 2000, S. 20

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Effektivität von Einzel- und kombinierten Interventionen bei selbstverletzenden Verhaltensweisen geistigbehinderter Kinder und Jugendlicher

aus: Meyer, H.: a.a.O., S. 70

Einleitung

Das Thema dieser Arbeit lautet ,,Interventionsmöglichkeiten im Unterricht bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler". Im Hinblick auf die Themenstellung ergibt sich die Frage, ob überhaupt eine Notwendigkeit besteht, Überlegungen anzustellen, die aggressives Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler betreffen. Es bestünde ja durchaus die Möglichkeit, dass Lehrerinnen und Lehrer Aggressionen an der Schule für Geistigbehinderte nicht als problematisch empfinden, und es somit auch keine Veranlassung gäbe, über eine spezielle Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler nachzudenken.

Im Zuge einer unveröffentlichten Staatsarbeit wurden jedoch durch eine Umfrage bei Lehrerinnen und Lehrern folgende Ergebnisse (genaueres siehe Anhang) festgehalten1:

_ Erfasst wurden N=216 Schülerinnen und Schüler von zwei Schulen für Geistigbehinderte.
_ Von 133 Schülern (61,5% von N) werden 43 (32% der Schüler) als aggressiv eingestuft.
_ Von 83 Schülerinnen (38,5% von N) werden 18 (22% der Schülerinnen) als aggressiv eingestuft.
_ 28% der als N bezeichneten Gesamtmenge der Schülerinnen und Schüler gelten als aggressiv.
_ Nach der Beurteilung der Lehrerinnen und Lehrer benötigen 33% der als aggressiv geltenden Schülerschaft therapeutische Betreuung.

Es kann also davon ausgegangen werden, dass ein Interesse an Interventionsmöglichkeiten bei aggressivem Verhalten besteht, gerade dann, wenn 28% der Gesamtschülerschaft an einer Schule für Geistigbehinderte als aggressiv wahrgenommen werden. Bei einer durchschnittlichen Klassenstärke von zehn Schülerinnen und Schülern würden sich in den meisten Klassen drei Kinder befinden, deren Verhalten als aggressiv eingestuft wird. Im Verlauf dieser Arbeit soll nun herausgearbeitet werden, welche Möglichkeiten einem Lehrer oder einer Lehrerin offen stehen, um bei aggressiven Verhaltensweisen von Seiten der geistigbehinderten Schülerschaft in angemessener und effektiver Weise zielgerichtet zu reagieren. Es ist eine Eigenschaft von Aggressionsäußerungen, dass sie oft ohne Vorwarnung und plötzlich auftreten und beim Pädagogen nicht selten einen Zustand der Fassungslosigkeit herbeiführen, der ein überlegtes Handeln zunehmend erschwert. Es ist aus diesem Grund von enormer Wichtigkeit, dass möglichst vor einer Begegnung mit Aggressionen im Unterricht ein entsprechendes Verhaltensrepertoire aufgebaut wird, um nach einer ,,Schrecksekunde" entsprechende Reaktionsmöglichkeiten parat zu haben. Bevor jedoch über Handlungsmöglichkeiten bei einer Konfrontation mit aggressivem Verhalten diskutiert werden kann, ist es zunächst notwendig, einige grundlegende theoretische Vorüberlegungen betreffs der Bedeutung der Begriffe Aggression, Aggressivität und Selbst- oder Autoaggression anzustellen sowie wichtige Erscheinungsformen der Aggression zu kennen. Das soll im ersten Abschnitt dieser Arbeit geschehen.

Im zweiten Abschnitt werden verschiedene Erklärungsmodelle aggressiven Verhaltens beschrieben, die eine theoretische Basis für weiterführende Überlegungen darstellen. Eingang finden an dieser Stelle auch kurz triebtheoretische Modelle, welche sicherlich zum Verständnis aggressiver Handlungsweisen beitragen, jedoch für den Bereich der Intervention keinen übergeordneten Stellenwert haben. Sie werden u.a. der Vollständigkeit halber mit aufgeführt. Die Ergebnisse der Lerntheorien und des multikausalen Erklärungsansatzes jedoch sind besonders relevant für eine Planung von Interventionen, aber auch die Frustrations- Aggressionstheorie liefert wichtige Aspekte, die von Belang sind für ein Verständnis unterschiedlicher Erscheinungsformen von Aggression.

Auf diesem Fundament baut nun der dritte Abschnitt der Arbeit auf, der konkrete Schritte von der Wahrnehmung bis hin zur Intervention aggressiver Verhaltensweisen nennt, der also die Ursachen, die Planung, die Ziele und die Methoden sowie Maßnahmen einer aggressionsbezogenen Intervention bei Geistigbehinderten formuliert. Im vierten und letzten Abschnitt wird schließlich kurz auf die Aggressionsprävention im Unterricht eingegangen, welche, so sie als eine zeitlich vorgeschobene Intervention verstanden wird, auch einen legitimen Platz im Themenbereich dieser Arbeit hat. Es soll abschließend dargelegt werden, dass einige Methoden der Intervention sich gut im aggressionspräventiven Unterricht verwenden lassen und eventuell notwendig werdenden Interventionen den Weg zu einer Erfolg versprechenden Arbeit ebnen können.

1 Definition und Abgrenzung der Begriffe Aggression, Aggressivität und Selbstverletzungsverhalten

1.1 Aggression

1.1.1 Die Herkunft des Wortes ,,Aggression"

Das Wort ,,Aggression" stammt von dem lateinischen Wort ,,aggredior - aggredi" ab. Die Bedeutungen des lateinischen Wortes waren ursprünglich ,,angreifen (berühren)" und ,,herangehen (sich nähern)". Erst später entwickelte sich der Aggressionsbegriff heutiger Bedeutung zu einem Begriff mit nicht wertneutralem, sondern äußerst negativ besetztem Ausdruck, welcher das Missverhalten einer Person beschreibt.2

1.1.2 Die Unterscheidung von Aggression in drei Kategorien

Aggression wird als das Handeln, welches die Schädigung bzw. die Zerstörung von Objekten und/oder Personen als Ziel bzw. zur Folge hat, beschrieben.3 Damit man sich aber adäquat mit Aggressionen und aggressiven Personen auseinander setzen und beschäftigen kann, ist es unerlässlich zu ergründen, warum eine Person sich in einem bestimmten Augenblick aggressiv verhält. Um die Ermittlung des Motivationsfaktors und eine entsprechende Einschätzung zu erleichtern, kann man auf eine Einteilung aggressiven Verhaltens in drei verschiedene Kategorien nach Gratzer zurückgreifen. Gratzer erläutert in seinen Ausführungen dabei die Begriffe der expressiven, der instrumentellen und der angstmotivierten Aggression.

1.1.2.1 Die expressive Aggression

Es handelt sich bei dieser Art aggressiven Verhaltens um das sogenannte ,,sich Luft machen". Aggressive Verhaltensweisen werden zum Abbau von Erregung verwendet, die sich durch unbefriedigende Ereignisse wie ,,Misserfolg, Frustration, Verärgerung"4 aufgestaut hat. Emotionen verstärken sich hier also und finden im Verhaltensexzess einen Kanal, der zumindest kurzfristig Befriedigung verspricht. Das Individuum überblickt meist nicht die Folgen einer solchen ,,Kurzschlusshandlung", da sich eine derartige Kanalisierung ,,negativer" Empfindungen explosionsartig und rasant vollzieht.5

Im Unterricht mit Geistigbehinderten wird man die expressive Aggression sicherlich vorfinden. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, noch darauf hinzuweisen, dass die Nachbereitung von ,,Entladungen" dieser Art nicht unproblematisch ist, da die Adrenalinfreisetzung während so einer ungeplanten Aggression das Kurzzeitgedächtnis beeinträchtigt und zu einem Verlust von Erinnerungen führt, der die aggressiven Handlungen einschließt. Nicht umsonst spricht man bei expressiver Aggression davon, dass jemand nicht mehr ,,Herr seiner Sinne war" oder ,,nicht mehr wusste, was er tat".

1.1.2.2 Die instrumentelle Aggression

Im Gegensatz zur expressiven Aggression, die ihr Ziel ja nicht am Ergebnis der aggressiven Handlung misst, sondern an der Handlung selbst, verfolgt die ,,instrumentelle Aggression"6 eine bestimmte Absicht. Die Person, welche Aggressionen ausübt (Aggressor), setzt bewusst aggressive Verhaltensweisen ein, um z.B. eigene Interessen durchzusetzen, dem anderen bestimmte Verhaltensweisen aufzuzwingen, andere hilflos zu machen oder um die eigene Macht zu demonstrieren.7

Während die expressive Aggression zwar von der sozialen Umwelt wahrgenommen und evtl. sanktioniert wird, dies jedoch nicht unbedingt Folgen für das Empfinden einer Befriedigung haben muss, ist es im Falle der instrumentellen Aggression von Wichtigkeit, dass die soziale Umwelt das Agieren des Aggressors auch als aggressives Handeln einstuft. Ist es z.B. das Ziel einer Person, einer anderen Angst zu machen, so ist eine Voraussetzung für den Erfolg dieser Aktion, dass das ,,Opfer" die Handlungsweise des Aggressors als Furcht erregend empfindet. Würde nun bspw. ein vermeintliches Opfer die Anstrengungen des Aggressors belustigend finden, dann würde die instrumentelle, also zielgerichtete aggressive Handlung ihr Ziel verfehlen und auf diese Art und Weise beim Agierenden bestenfalls ein Gefühl der Ohnmacht und der Unbefriedigtheit hinterlassen. Wichtig für die Bewertung von Aggressionen ist demgemäß also auch der subjektiv vom Opfer empfundene Grad der Bedrohung.

1.1.2.3 Die angstmotivierte Aggression

Diese Art der Aggression ist eine Reaktion auf eine emotionale Befindlichkeit und insofern der expressiven Aggression ähnlich. Sie unterscheidet sich allerdings in zweierlei Hinsicht. Zunächst in dem Auslöser und des weiteren in der aggressiven Handlung selbst. Der Auslöser der angstmotivierten Aggression ist, wie es die Bezeichnung schon vermuten lässt, ein Gefühl der Angst und/oder Bedrohung.8 Auf Seiten des Aggressors liegen keine oder zu wenig erfolgreich erprobte Bewältigungsstrategien vor, um mit einer Angst auslösenden Situation fertig zu werden, und so wird der Versuch unternommen, mittels einer gezielten und heftigen aggressiven Handlung das Gefühl der Angst zu bekämpfen, was kurzfristig sicherlich den entsprechenden Erfolg erzielt. Darüber hinaus wird die betreffende Person durch das Verschwinden der negativen Emotionen belohnt und somit bestärkt, das entsprechende Verhalten bei Angst zu zeigen. Das soziale Umfeld akzeptiert Aggression jedoch nicht oder wenn, dann nur in seltenen Fällen, was wiederum dazu führt, dass die nun auftretenden verstärkten Sanktionen der sozialen Umwelt dem Individuum in immer höherem Maße ein Gefühl der Angst vermitteln. Die Folge darauf ist nunmehr ein Kreislauf, der vielzitierte ,,Teufelskreis", welcher bewirkt, dass eine Person auf verstärkte Angst diejenige Copingstrategie anwendet, die das Gefühl der Angst am effektivsten zu beseitigen vermag. In diesem Fall wäre das die Aggression, was den Kreis schließt und ein Ausbrechen sehr erschwert.

Anzumerken ist noch, dass ein als aggressiv interpretiertes Verhalten bei Geistigbehinderten nicht immer eine aggressive Absicht enthält. Oftmals resultieren solche sach- und fremdschädigenden Verhaltensexzesse aus behinderungsspezifischen Dispositionen, die keine andere Möglichkeit zulassen, als den sich aggressiv äußernden Ausbruch. Mangelnde kognitive Ressourcen und auch Defizite der Kommunikationsfähigkeiten sind mögliche dispositionelle Faktoren, die Verhaltensexzesse begünstigen können.9

1.2 Aggressivität

Der Begriff der Aggressivität darf mit dem der Aggression nicht verwechselt werden, obgleich sie im normalen Sprachgebrauch oftmals synonym verwendet werden. Während mit Aggression -wie schon erklärt- das zerstörerische und verletzende Agieren an Menschen und Objekten beschrieben wird, stellt Aggressivität ,,[...] die Einstellung, die Bereitschaft zu aggressivem Handeln [...]"10 dar. Die Feststellung einer vermuteten Aggressivität, die Messung einer vorhandenen Gewaltbereitschaft, wirft indes Probleme auf, denn laut Gratzer ist dies nur unzureichend oder aber gar nicht möglich. Und zwar aus dem Grund, dass eine Bereitschaft zu gewalttätigem und aggressivem Handeln immer auch den Aspekt der bestimmten Absicht beinhaltet, die jedoch objektiv schlecht bestimmten Äußerungen zuzuordnen ist. So vermutet eine fiktive Person A hinter den Äußerungen einer fiktiven Person B mehr Aggressivität als bspw. Person C. Die beobachtete Aggression, also das Verhalten von Person B, wird von der Umwelt, Person A und C, wahrgenommen und gemäß den verschiedenen Norm- und Wertvorstellungen interpretiert. Die Folge dieses Bewertungsprozesses ist es, dass Person A und C zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen, was die generelle Aggressivität von Person B betrifft. Es gibt also keinen Zusammenhang zwischen bestimmten aggressiven Verhaltensäußerungen und einem zuzuordnenden Grad der Aggressivität.11 Bestenfalls könnte man von der Häufigkeit aggressiven Verhaltens auf die generelle Gewaltbereitschaft, auf die vorhandene Aggressivität schließen, die somit ja prinzipiell erhöht sein muss.

1.3 Selbstverletzungsverhalten

Wenn man sich mit dem Thema Aggression, insbesondere im Zusammenhang mit Geistigbehinderten, beschäftigt, so findet man häufig den Ausdruck der ,,Autoaggression" in den Überlegungen verschiedener Autoren. In aktuellerer Literatur zum Thema wird der Terminus ,,Autoaggression" jedoch immer seltener verwendet; es wird nun vornehmlich von ,,selbstverletzendem Verhalten"12 gesprochen. Selbstverletzende Verhaltensweisen sind verstärkt bei Geistigbehinderten zu beobachten, wobei insbesondere Menschen mit einer schweren geistigen Behinderung betroffen sind, die in vollstationären Heimen leben.13 Unter selbstverletzendem Verhalten werden alle Handlungsweisen erfasst, die gegen die eigene Person gerichtet sind. Effekt solcher Handlungen ist eine Reizung oder Schädigung der betreffenden Körperregion. Selbstverletzendes Verhalten tritt häufig auch als Stereotypie auf.14

Interessant ist nun die Frage, warum der Begriff der ,,Autoaggression" weitgehend durch den der ,,selbstverletzenden Verhaltensweisen" ersetzt wurde. Die Beantwortung dieser Frage ist sicherlich nicht einfach, vor allen Dingen deswegen nicht, da auch in Fachkreisen keine Einstimmigkeit über die Zuordnung jener Bezeichnungen herrscht. Als Beispiel seien Rohmann, U.H.; Hartmann, H. genannt, die in ihrem 1988 erschienenen Buch ,,Autoaggression" bewusst diesen Ausdruck verwenden und sich damit von anderen Autoren neuerer wissenschaftlicher Arbeiten abgrenzen.15 Nun ist der Begriff ,,Aggression" ja, wie schon vorangehend erwähnt, eindeutig negativ geprägt und impliziert Zerstörung und Gewalt. Selbstverletzende Verhaltensweisen beherbergen aber nicht unbedingt aggressive Intentionen. Nimmt man an, ein Kind versucht aufgrund von Mangel an Sinneseindrücken sich selbst Reize in Form von Verletzungen zuzufügen, um eine Wahrnehmung zu erfahren, oder aber ein anderes Kind wird mit Reizen ,,überfüttert" und ist nicht in der Lage, diese zu verarbeiten, schafft sich jedoch wiederum durch Verletzungen selbst einen Reiz, der stark genug ist, alle anderen zu überlagern16, so haben diese Reizsetzungen an sich keine destruktive Intention. Die tatsächlichen Auswirkungen können allerdings auf erschreckende Art und Weise zerstörerisch sein, weil es bei derartigen Handlungen zu schwerwiegenden Wunden kommen kann. Bei dem Phänomen des Selbstverletzungsverhaltens besteht also ein Unterschied zwischen dem beobachtbaren destruktiven Effekt und der eigentlich nicht-destruktiven Intention. Das ist schließlich der Grund, warum die Benennung des Phänomens durch die wertneutrale Vokabel des Selbstverletzungsverhaltens präferiert wird. Da sich diese Arbeit ausschließlich aggressivem Verhalten widmet und Selbstverletzungsverhalten meist keine aggressive Intention beinhaltet, wird auf diese Verhaltensweise nicht weiter eingegangen. Die Abgrenzung zu aggressiven Handlungsweisen, wie sie in dieser Arbeit vorkommen, ist jedoch notwendig, um aufgrund der teilweise immer noch verwendeten Terminologie der Autoaggression oder Selbstaggression eine Verwechslung auszuschließen.

2 Darstellung relevanter Erklärungsversuche für aggressives Verhalten beim Menschen

Es fällt den meisten Menschen nicht unbedingt schwer nachzuvollziehen, warum jemand sich gegen einen Angreifer zur Wehr setzt, einen vermeintlichen Dieb verfolgt oder gegen Ungerechtigkeit aufsteht und notfalls mit Gewalt eine Veränderung herbeiführen möchte. Weniger einsichtig für viele Menschen ist es jedoch, wenn jemand ohne sichtbare Vorwarnung und ohne einen ersichtlichen Grund plötzlich auf einen anderen Menschen einschlägt, Gegenstände beschädigt oder lautstark herumbrüllt. Solche unkontrollierten aggressiven Verhaltensexzesse, zu denen man noch etliche Beispiele mehr nennen könnte, sind auf den ersten Blick meist kaum durchschaubar, geschweige denn erklärbar. Verschiedene Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen haben versucht, im komplexen Gefüge der Aggressionen beim Menschen Regelmäßigkeiten zu entdecken und diese in einem Modell zu formulieren. Die populärsten Modelle sollen im Folgenden, mit dem Versuch zwischen Vollständigkeit und Relevanz zum Thema zu korrespondieren, vorgestellt werden.

Triebtheorien

In der Geschichte der Erforschung menschlichen Verhaltens hat man oftmals den Versuch unternommen, die Ursprünge bestimmter Handlungsweisen zu ergründen. Da es wissenschaftlich als erwiesen gilt, dass der Mensch in seinem Ursprung tierisch ist, haben Humanethologen auch das Verhalten von Tieren beobachtet, um dieses mit menschlichen Verhaltensmustern zu vergleichen.

Nunmehr lassen sich Aggressionen bei Tieren in gleicher Weise wie beim Menschen beobachten, wobei die Aggressionen von Tieren gegenüber den eigenen Artgenossen hier von besonderer Wichtigkeit sind, da sie verglichen werden sollen mit menschlichem Aggressionsverhalten, das sich gegen andere Menschen wendet.

Instinkttheorie nach Konrad Lorenz

Konrad Lorenz sieht in der Tatsache, dass sowohl Menschen als auch Tiere Aggressionen zeigen, die Bestätigung für sein sogenanntes Instinktmodell.17 Demnach wohnt dem Menschen wie dem Tier ein Instinkt oder auch Trieb inne, der ein jedes Wesen dazu veranlasst, Aggressionen gegen seine Artgenossen zu hegen. Das Verhaltensmuster der Aggression ist nach Lorenz Meinung angeboren und kann aus diesem Grunde nicht verhindert werden.18 Aggression baut sich laut Lorenz auf wie der Druck in einem Kessel.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Dampfkesseltheorie

Wie aus der Abbildung hervorgeht, staut sich eine Aggression so lange auf, bis der Druck im Kessel zu groß ist und sich der heiße Dampf spontan nach außen entleert, was dem in Punkt 1.1.2.1 angesprochenem expressiven Aggressionsverhalten entspricht. Nach dem Abgeben der Aggression nach außen ist der Normaldruck im Kessel wiederhergestellt. Das Ventil bleibt so lange geschlossen, bis sich erneut eine große Menge Dampf angestaut hat und es wieder zu einer Entladung kommt. Ist kein Ventil vorhanden oder ist es defekt, so nimmt der Kessel, ergo das Individuum nach diesem Bild, Schaden. Weiterhin bestimmt das Feuer, wie schnell sich Druck aufbaut. Das Feuer symbolisiert äußere Reize, welche Aggressionen auslösen. Je nach Intensität der Flamme steigt der Druck entsprechend schnell oder langsam, wobei ein zeitweiliges Erlöschen der Flamme, also ein Ausbleiben aggressionsfördernder Reize, auch eine Verringerung des Kesseldrucks, also des Aggressionspotentials, zur Folge hat.

Bei Neumann findet man eine Auflistung von tierischen Aggressionsäußerungen in neun verschiedenen Kontexten, die zu einem besseren Verständnis bestimmter Erscheinungsformen menschlichen aggressiven Verhaltens beitragen. Sie sind nicht Bestandteil einer bestimmten Theorie, dienen aber dem besseren Verständnis, weswegen sie kurz aufgeführt werden sollen. Tiere handeln in folgenden Situationen aggressiv:

_ ,,Im Dienste der Ernährung beim Angriff von Raubtieren auf Beutetiere;
_ im Dienste der Fortpflanzung beim Kampf gegen Rivalen;
_ im Dienste der Selbsterhaltung gegen einen überlegenen Feind, falls die Flucht unmöglich ist;
_ im Rahmen des Gruppenverhaltens beim Erkämpfen und Verteidigen von Positionen in der Rangordnung;
_ beim Erwerben und Verteidigen eines Reviers für die Brut und die Jungenaufzucht;
_ beim Angriff auf Gruppenfeinde im Rahmen der von Individuum zu Individuum ansteckenden kollektiven Verteidigungsreaktionen;
_ beim Angriff auf gruppenfremde Artgenossen sowie auf Gruppenangehörige, die durch irgendwelche Eigenschaften (z.B. Krankheit) von der Norm abweichen;
_ im Rahmen des Spielens beim spielerischen Angreifen;
_ als Reaktion der ,,Frustration" bei der Behinderung im Erreichen irgendwelcher Antriebsziele"19.

Diese Beobachtungen aus der Welt der Tiere lassen sich natürlich nicht ohne weiteres auf den Menschen übertragen. Sie bilden vielmehr die Basis für ein besseres Verständnis von aggressiven Verhaltensweisen. Zum Beispiel zeigt das Vorkommen aggressiven Verhaltens bei Tieren unterschiedlichster Gattung, dass Aggressionen ein durchaus natürlicher Bestandteil im ursprünglichen, intuitiven Verhaltensrepertoire des Menschen sind. Ebenso kann man feststellen, dass aggressives Verhalten unter Tieren der Erhaltung der eigenen Art dient, wenn beispielsweise das Überleben des Stärkeren gesichert werden soll oder bestimmte Ressourcen verteidigt oder erbeutet werden.

Aggressives Verhalten hat folglich, wenn man die Wurzeln betrachtet, durchaus seine Berechtigung im Verhaltenskatalog von Lebewesen, seien es nun Tiere oder Menschen, vor allem dort, wo sich bei der Verteidigung gegen einen Angreifer oder im Kampf gegen Unterdrückung die arterhaltende Aggression zeigt.

Triebtheorie nach Sigmund Freud

Gegenstand der Triebtheorie nach Sigmund Freud ist die Annahme, dass ein dem Menschen angeborener Trieb existiert, der ihn veranlasst in bestimmten Situationen aggressiv zu handeln. Freuds Theorie besagt, dass im Menschen zwei Strömungen vorhanden sind, die sich ergänzen und ein Gleichgewicht herstellen. Es sind der ,,Todestrieb" und die ,,Libido".20 Die Libido beschreibt den natürlichen Trieb des Menschen Leben zu erschaffen und zu erhalten. Der Todestrieb steht dem gegenüber und veranlasst das Individuum zu zerstörerischen Handlungen, nicht primär gegen andere, sondern in erster Linie gegen sich selbst. Ergo wäre der Mensch demzufolge nur so lange am Leben, wie er aufgrund seiner Entwicklung nicht in der Lage wäre, sich selbst das Leben zu nehmen, also dem Todestrieb nachzugeben. Dessen ungeachtet überlebt der Mensch, was Freud durch die stete Verknüpfung von Lebenstrieb und Todestrieb erklärt.

Dieser homöostatische Zustand erhält das Leben des Individuums, indem dem Zerstörungs- bzw. Selbstzerstörungsdrang immer ein ebenbürtiger Lebenstrieb gegenübersteht.21 Außerdem, so Ceh, wird die gegen das Ich gerichtete Aggression nach Freuds Theorie über die Muskulatur nach außen getragen, was sich in destruktiver Aggression gegen Mitmenschen und Objekte veräußerlicht.

Anzumerken ist allerdings, dass Freud seine Todestriebhypothese und die damit verbundenen aggressiven Verhaltensweisen als rein theoretisch ansieht, nur auf Annahmen seinerseits beruhend.22 Danach fehlt jeglicher empirisch gesicherte Beweis für Freuds Überlegungen.

Zur Katharsishypothese der Triebtheorien

Der Begriff ,,Katharsis" geht auf den griechischen Gelehrten Aristoteles (_ 384 n.Chr.) zurück. Das Wort bedeutet Läuterung oder Reinigung und mit ihm wird ausgedrückt, dass die Zuschauer einer Tragödie allein durch die Betrachtung eine innere Reinigung erfahren, also das Leid der Protagonisten wahrnehmen und die sich daraus ergebenden Lehren ohne weitergehende Kognition übernehmen. Auf die Triebtheorie übertragen meint Katharsis, dass das Ausüben einer Erscheinungsform der Aggression, wobei es sich auch um eine sozial gebilligte Form handeln kann, die momentane Aggressionsbereitschaft, also Aggressivität einer Person, vermindern kann. Unter einer sozial gebilligten Form der Aggression könnte man z.B. bestimmte Sportarten, den Beruf des Schlachters, des Türstehers oder des Chirurgen verstehen.

Frustrations-Aggressionstheorie

Der grundlegende Lehrsatz der Frustrations-Aggressionstheorie nach Dollard besagt, dass Aggressionen entstehen, wenn vorher eine Frustration erlebt wurde. Mit dem Wort Frustration im Sinne von Dollard ist nicht die umgangssprachliche Bedeutung, Enttäuschung oder Verärgerung, gemeint, sondern die Verhinderung oder Behinderung der vom Individuum ausgeführten Handlungen zum Erreichen bestimmter Ziele, also nicht die sich daraus ergebenden emotionalen Zustände.23 Möchte z.B. eine Person die Straße überqueren und wird durch fortwährenden dichten Verkehr permanent daran gehindert, so stellt diese Hinderung eine Frustration dar, ausgelöst durch die äußeren Bedingungen des starken Verkehrs. Die derart frustrierte Person erfährt das Anwachsen von Aggressionen gegen diese Umstände und reagiert entsprechend impulsiv. Dollard et al nehmen an, dass jede Frustration eine Aggression zur Folge habe und dass jede Aggression auch durch eine vorausgegangene Frustration ausgelöst werde. Ceh jedoch verweist auf Barker, Dembo und Levin (1941), die der Meinung sind, dass nicht jede Frustration in einer Aggression enden müsse. Menschen, die eine Frustration erfahren, reagieren oft auch mit Rückzugs- oder Vermeidungsstrategien, so dass es nicht zu aggressiven Handlungsäußerungen kommen muss.24 Frustration ist dementsprechend nicht eine zwingende Bedingung für aggressive Verhaltensweisen, und Aggression muss nicht verbindlich auf Frustrationen folgen. Vielmehr greift die Frustrations-Aggressionstheorie nur in bestimmten Augenblicken, und zwar in solchen, wo eine Frustration tatsächlich für aggressives Verhalten in Frage kommt. Im Unterricht mit Geistigbehinderten spielen Frustrationen eine nicht zu unterschätzende Rolle, da die Kinder und Jugendlichen aufgrund unterschiedlicher Dispositionen oft nicht dazu in der Lage sind, die von ihnen selbst gesteckten Ziele sofort zu erreichen. Daraus ergibt sich eine Frustration, die es zu bewältigen gilt.

Lerntheorien

Weitere und wichtige Versuche die Entstehung von aggressiven Verhaltensweisen zu verstehen, sind die verschiedenen lerntheoretischen Ansätze. Zwei relevante Ansätze sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden. Zum einen das operante Konditionieren und zum anderen die Lerntheorie nach Bandura.

Das Operante Konditionieren

Die Theorie des operanten Konditionierens stellt ein wichtiges theoretisches Modell zur Erklärung von Lernmechanismen dar. Diese Theorie besagt, dass Reaktionen der Umwelt auf unvermittelte Aktionen einer Person oder auch eines Tieres die Häufigkeit dieser Verhaltensweisen vermindern oder erhöhen können (vgl. Burkhart & Krech, 1985, 74).25 Reize, die auf das Individuum wirken und es zur Verhaltensmodifikation anregen, werden nach dieser Theorie als Verstärker bezeichnet. Der Einsatz solcher Verstärker zur Verhaltensänderung ist in Tierversuchen z.B. durch Skinner26 erforscht worden. Ein von Skinner konstruierter Käfig, der von allen Seiten geschlossen ist und nur über einen Futterbehälter und einen Hebel zur Futterfreigabe verfügt, ist Grundlage dieses Experiments. In diese Versuchsanordnung wird eine Ratte gesetzt und ihr Verhalten beobachtet. Die Ratte beginnt damit, intuitive Reaktionen zu zeigen, und betätigt durch Zufall den Hebel, welcher eine Futterration aus dem Futterreservoir entlässt. Das Futter ist in dieser Versuchsanordnung als Verstärker zu sehen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Ratte den Hebel drückt, erhöht sich im Laufe der Zeit. Die Ratte lernt demnach durch die Methode des operanten Konditionierens, dass auf das Drücken des Hebels eine Futtergabe erfolgt.

Auf den Menschen und menschliche Aggression übertragen, ergibt sich die Schlussfolgerung, dass spontan gezeigte Aggressionen von der sozialen Umwelt auch ,,belohnt" werden können, wenn der Aggressor durch sein Handeln die sich selbst gesteckten Ziele erreicht. Ist es z.B. das Ziel einer Aggression, einen anderen Menschen zu verärgern, so wirkt der Ärger der Zielperson als Verstärker auf den Aggressor. Die Häufigkeit von dementsprechend zielgerichteten aggressiven Verhaltensweisen erhöht sich somit. Der Aggressor hat durch operante Konditionierung gelernt, seine Aggression einzusetzen, um eine bestimmte Person zu verärgern.

Gemäß Mees und Selg27 lassen sich die verstärkenden Reize in vier Klassen einteilen:

_ Fördernde Reize

| Das sind Reize, die dazu führen, dass die Auftretenswahrscheinlichkeit eines Verhaltens gegenüber der unbedingten Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens erhöht wird. Stellt also ein Schüler auf dem Schulhof einem anderen ein Bein, so kann dies ein fördernder Reiz für eine entsprechende Gegenreaktion darstellen.

_ Hindernde Reize

| Das sind Reize, die dazu führen, dass die Auftretenswahrscheinlichkeit eines Verhaltens gegenüber der unbedingten Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens verringert wird. Besteht nun z.B. auf dem oben genannten Schulhof erneut die Situation, dass ein Schüler einem anderen aus Spaß ein Bein stellt, aber dieser stürzt dabei und beginnt sogar zu weinen, und der eigentliche Aggressor zeigt sich nun besorgt, da er seinem Mitschüler nicht wirklich schaden wollte, so kann diese Besorgnis einen hindernden Reiz darstellen, der die Auftretenswahrscheinlichkeit einer aggressiven Gegenreaktion verhindern würde bzw. könnte.

_ Akzelerierende Reize

| Das sind Reize, die einen beschleunigenden Effekt haben, also die Auftretenswahrscheinlichkeit eines Verhaltens gegenüber der unbedingten Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens in bedeutsamer Weise erhöhen. Würde der Schüler, dem ein Bein gestellt wurde, mit einem Gegenangriff antworten, so wäre diese Angriffsreaktion als akzelerierender Reiz zu verstehen, wenn der Schüler, von dem die Aggression ausgegangen ist, sein vorheriges Verhalten sofort erneut zeigen würde.

_ Dezelerierende Reize

| Das sind Reize, die einen beschleunigten hindernden Effekt haben, die Auftretenswahrscheinlichkeit eines Verhaltens gegenüber der unbedingten Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens also bedeutsam verringern würden. Nach dem oben genannten Beispiel würde der Schüler, dem ein Bein gestellt wurde, nun mit einer sehr heftigen Gegenaktion einen dezelerierenden Reiz setzen, der den beinstellenden Schüler ein für allemal davon abhalten würde, dieses Verhalten bei jener Person nochmals zu zeigen. Auf der anderen Seite kann aber auch die völlige Gelassenheit gegenüber der ,,Beinstell-Attacke" einen dezelerierenden Reiz darstellen, wenn daraufhin der Aggressor sein Interesse verliert und sein Verhalten von nun an nicht mehr zeigt.

Diese Einteilung zeigt, dass bestimmte Reize langfristig zu Verhaltensänderungen führen können, dass es aber auch Reize gibt, die zur sofortigen und relativ stabilen Verhaltensmodifikation führen können.

Die Lerntheorie nach Bandura

Diese Lerntheorie, die auch als ,,Lernen am Modell"28 bezeichnet wird, unterscheidet sich von der Theorie des operanten Konditionierens. Lernen nach der Theorie des operanten Konditionierens findet nur dann statt, wenn das Individuum selbst handelt und dabei bestimmte verstärkende Reize jene Handlungen in ihrer Auftretenswahrscheinlichkeit fördern, die als Lernziel gelten. Nach Banduras Theorie ist es aber auch dann möglich zu lernen, wenn das Individuum eine bestimmte Handlung nur beobachtet. Allein das Wahrnehmen einer bestimmten Handlung kann zur Einprägung und Nachahmung derselben führen, was letztendlich einen Lernerfolg darstellt. Auch aggressive Verhaltensweisen können nach Bandura in der eben genannten Weise erlernt werden.

Bandura unterscheidet drei Wirkungstypen der Modellierung:

a) ,,Zum einen werden Verhaltensweisen Anderer wahrgenommen und als neue Verhaltensweisen vom Beobachter erworben (Lerneffekt durch Beobachtung).
b) Zum anderen können beim Beobachter bereits vorhandene Verhaltensdispositionen entweder gehemmt oder enthemmt werden, je nach dem wahrgenommenen Verhalten, dessen Bedingungen und Konsequenzen.
c) Der dritte Wirkungstyp sind Auslöseeffekte, in denen bereits gelernte und -im Gegensatz zu den (Ent-) Hemmungseffekten - sozial neutrale, nicht sanktionierte Verhaltensweisen durch Modelle ausgelöst und gelenkt werden. [...] Der Unterschied zu Typ b) besteht also darin, daß das modellierte Verhalten von vorneherein keinen Einschränkungen unterliegt und direkt durch das Modell ausgelöst wird, ohne daß dessen Handlungskonsequenzen wie bei den (Ent-) Hemmungseffekten ersichtlich sein müssen."29

Es werden also nicht nur neue Verhaltensweisen durch Beobachtung erlernt, sondern auch bereits gelernte Verhaltensweisen durch die Handlungen des Modells, d.h. der Person, welche die beobachtbare Handlung vollzieht, in ihrer Bewertung verändert, bzw. als wertneutral geltende Handlungen werden durch das Modell ausgelöst. Prinzipiell lässt sich sagen, dass bestimmte Verhaltensweisen, auch aggressive, dann in das Verhaltensrepertoire einer Person eingefügt werden, wenn bestimmte ,,Bekräftigungsprozesse"30 wirksam werden. Bandura gliedert diese folgendermaßen:

_ Externe Bekräftigung

| Beobachtetes Verhalten wird hier, so es von der Person wiederholt wird, durch Lob oder andere Belohnungen bekräftigt. Speziell aggressives Verhalten findet häufig dann Anwendung, wenn das Ziel verfolgt wird, sich bestimmte Belohnungen wie Machtgefühl oder Anerkennung z.B. in der peer group (Gruppe gleichaltriger Bezugspersonen) in effektiver Weise zu verschaffen. Zum Erreichen dieser und ähnlicher Ziele besitzt das Individuum meist keine oder nur wenige Handlungsalternativen, welche -wenn vorhanden- in der Bewertung gegenüber der aggressiven Handlungsweise überwiegend schlechter abschneiden, da sie nicht ebenso nachhaltig zur Erwirkung der Handlungsziele führen. Überdies ist verschiedentlich eine zeitlich retardierte Bekräftigung der gezeigten Verhaltensweisen wirksam, da mit zunehmender Entwicklung die Fähigkeit erworben wird, auch zeitliche Unterschiede zwischen Handlungen und den sich daraus ergebenden Konsequenzen zu überblicken.31 Es ist also nicht mehr vonnöten, dass eine Bekräftigung oder Bestrafung unmittelbar auf eine Handlung erfolgt, um zugkräftig zu sein. Auf den Bereich der geistigen Behinderung bezogen, kann jedoch eine Verzögerung in der Entwicklung bewirken, dass das Ausbilden dieser Fähigkeit zeitlich verschoben erfolgt, was zur Folge hat, dass Auswirkungen von Handlungen unmittelbar erfolgen müssen, da sie sonst der entsprechenden Handlung nicht mehr zugeordnet werden können. Bei sozial negativ bewertbarem Verhalten kann eine zeitlich verzögerte Bestrafung als äußerst verwirrend wahrgenommen werden, was zwei, das aggressive Verhalten fördernde, Folgen hat:

- Die Bestrafung wird ohne irgendeinen Bezug wahrgenommen und löst einen erheblichen Widerstand aus, da sie als ungerecht und sinnlos empfunden wird. Diese Empfindungen können in Wut und Aggression gipfeln und langfristig auch die Erhöhung der Aggressivität zur Folge haben.
- Die aggressive Handlung bleibt ohne ersichtliche negative Konsequenz, was einer Duldung aggressiven Verhaltens gleichkommt und möglicherweise die Auftretenswahrscheinlichkeit aggressiver Handlungen erhöht.

_ Stellvertretende Bekräftigung

| Beobachtetes Verhalten wird hiernach nicht dadurch bekräftigt, dass es selbst durchgeführt und gebilligt wird, sondern dadurch, dass das Modell Belohnung für sein Verhalten erntet. Es erfolgt also nicht nur das Erlernen einer Handlung am Modell, sondern zusätzlich auch die Bekräftigung. Bandura formuliert fünf Funktionen, welche die Wirksamkeit von beobachteten Bekräftigungen oder Bestrafungen regulieren können:32

- Informative Funktion: Ein bestimmtes modelliertes Verhalten wird in unterschiedlichen Kontexten auch unterschiedlich beurteilt. Aufgrund seiner Beobachtungen lernt das Individuum die Handlung auszuführen, welche je nach Kontext die bestmögliche Erreichung des Zieles ermöglicht.
- Motivierende Funktion: Das Individuum führt bestimmte Handlungen deswegen aus, weil es die am Modell beobachteten Bekräftigungen an sich auch erfahren möchte.
- Emotionale Lernfunktion: Das Individuum erfährt durch die Reaktionen der Umwelt auf das Verhalten des Modells und wiederum durch das Verhalten des Modells auf die Bekräftigung oder Bestrafung die emotionalen Konsequenzen der Handlungen und erlebt dergestalt den Auf- bzw. Abbau von Hemmungen und Ängsten in Bezug auf die modellierten Verhaltensweisen.
- Wertungsfunktion: Die Nachahmung von Modellen mit relativ hohem Macht- bzw. Sozialstatus ist verstärkt zu beobachten. Der Beobachter gleicht seinen eigenen Beurteilungsmaßstab dem des Modells an.
- Beeinflussbarkeitsfunktion: Die Reaktionen des Modells auf Beeinflussungsversuche wie Belohnung und Bestrafung regulieren auch die Beeinflussbarkeit des Beobachters. Reagiert das Modell auf diese Beeinflussung in erwarteter Weise, gibt also den Beeinflussungen nach, so neigt auch hier der Beobachter dazu, das Verhalten des Modells nachzuahmen. Übt das Modell jedoch Widerstand gegenüber den Beeinflussungsversuchen aus, so nimmt gleichermaßen der Beobachter dieses Verhalten an und neigt nicht mehr so leicht zur Nachahmung des Modellverhaltens.

| Burkhart & Krech33 berichten von einer Studie Banduras, in welcher zwei Gruppen von Kindern ein Modell beobachten, welches aggressive Verhaltensweisen zeigt. Die erste Gruppe (G1) verfolgt, wie das aggressive Verhalten des Modells negative Sanktionen zur Folge hat, bei der anderen (G2) werden die Handlungen belohnt. Das Protokoll der Verhaltensweisen der Kinder nach den Beobachtungen zeigt auf, dass die Kinder der Gruppe G1 keinerlei Verhaltensmodellierung vorweisen, die Kinder aus der Gruppe G2 hingegen das aggressive Verhalten des Modells übernehmen und ausführen. Dieses Beispiel verdeutlicht nochmals, wie schnell ein beobachtetes Verhalten und die ebenfalls beobachtete Reaktion der Umwelt auf dieses Verhalten die Handlungsweisen der Beobachter beeinflussen können. Jedoch muss sich eine Verhaltensänderung nicht immer sofort ergeben;34 es ist möglich, dass eine Änderung der Handlungsweisen erst später auftritt, bzw. dass Hemmungen und Ängste erst nach mehrmaliger Beobachtung ab- bzw. aufgebaut werden.

_ Selbstbekräftigung

| Diese Form der Bestärkung ist eine recht wirksame, da sie aus der Person heraus entsteht und im akuten Fall nicht der Beihilfe anderer Personen oder Instanzen bedarf. Durch Erziehung und Sozialisation manifestiert sich im Individuum ein Normen- und Wertesystem, welches in der Lage ist, Handlungen zu bewerten und entsprechende Konsequenzen in Erscheinung treten zu lassen.35 Eine Entsprechung findet dieser Mechanismus zum Teil in der psychoanalytischen Instanz des Über-Ich, welches sich z.B. in einem schlechten Gewissen äußert, wenn das Individuum etwas Schlechtes tut. Bezogen auf das Beobachtungslernen bedeutet dies, dass beobachtetes Verhalten bei einer Selbstbelohnung übernommen wird, bei einer Selbstbestrafung diese Modellierung allerdings ausbleibt. Dieser Prozess kann sich unmittelbar vollziehen oder auch zeitlich verzögert erfolgen, je nach dem wie fest das Norm- und Wertgefüge innerhalb der Person verankert ist. Ist sich die Person nicht sicher, ob eine Selbstbestrafung oder Selbstbelohnung in Frage kommt, greifen möglicherweise eher externe Bekräftigungsmechanismen.

2.1 Angstmotivierte Aggression

Die angstmotivierte Aggression wurde schon in Kapitel 1.1.2.3 relativ ausführlich behandelt. Hier sollen aber darüber hinaus noch einige wichtige Erkenntnisse vermittelt werden, die entscheidend sind, um einerseits angstmotivierte Aggression bei Kindern zu erkennen und andererseits den paradox erscheinenden Prozess der Aggressionsäußerung bei Gefühlen der Angst oder Bedrohung besser zu verstehen. Sicherlich spielen bei dieser Erscheinungsform

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

der Aggression lerntheoretische Funktionen eine große Rolle, andererseits stellt die angstmotivierte Aggression eine spezielle Form der Aggression dar. Der Ausgangspunkt beim Kind grenzt sich von anderen Erscheinungsformen ab; das Kind handelt aus Angst heraus, es hat wenig Vertrauen in seine Umwelt, es ist sich der Zuneigung seiner Mitmenschen oder sogar seiner Eltern unsicher. Der Prozess der durch Angst ausgelösten aggressiven Handlungsweisen mündet meist in einem Kreislauf, aus dem ein Ausbrechen schier unmöglich ist. Die Abbildung stellt dar, in welcher Weise dieser Kreislauf entsteht, und weswegen er als ,,Selbstregulierungsmodell"36 bezeichnet werden kann. Zunächst sind die entsprechenden Kinder unsicher im Umgang mit anderen Personen und haben wenig Vertrauen. Daraus ergibt sich eine bestimmte Wahrnehmung der Umwelt, die sich von der Art, wie selbstsicherere Kinder ihre Umwelt sehen, unterscheidet. Sie sind übersensibel gegenüber Bedrohung, erwarten reichlich soziale Anerkennung und zeigen sich unsicher, was die Zuneigung von und zu anderen Personen anbelangt. Aufgrund dieser Unsicherheiten und der sich daraus ergebenden Angst entstehen im Individuum aggressive Verhaltensweisen, die darauf abgerichtet sind, sich bei der sozialen Umwelt Respekt zu verschaffen. Die Folge dieser Aggressionshandlung ist eine deutliche Verringerung der Angst und mithin die Erlangung eines als angenehm empfundenen Zustandes, welcher einen belohnenden Effekt hat. Sonach werden auch zukünftig angstvoll empfundene soziale Situationen vermehrt mit Aggressionen bekämpft; die sich ergebende Angstbefreiung wirkt als Verstärker des aggressiven Verhaltens. Das Individuum offenbart demzufolge immer öfter aggressive Handlungsweisen und erfährt von seiner sozialen Umwelt verstärkt Ablehnung und Zurechtweisung, eventuell sogar Bestrafung. Die ängstliche Person empfindet diese Reaktionen, da sie zudem auch noch übersensibel in der Wahrnehmung ist, als erhebliche Bedrohung und zeigt Angstgefühle. Da aber gelernt wurde, dass bei dem Auftreten von Angst allein die Aggression Abhilfe schaffen kann und Angstfreiheit garantiert, schließt sich der Kreislauf, dessen Eigendynamik sich schon längst entwickelt hat.

2.2 Multikausaler Ansatz zur Erklärung aggressiver Verhaltensweisen bei geistigbehinderten Menschen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im Vorausgegangenen sind wichtige theoretische Modelle erklärt worden, die verdeutlichen, wie es im Verlauf der Biographie einer Person zu aggressiven Verhaltensweisen kommen kann. Die Kenntnis dieser Überlegungen ist eine wichtige Voraussetzung dafür, festzustellen in welcher Weise sich beim Menschen ein bestimmtes Verhalten manifestiert. Diese Theorien erklären allerdings noch nicht, warum eine Person in einer bestimmten Situation eine bestimmte Handlungsweise bevorzugt; sie weisen lediglich nach, wie die entsprechenden Verhaltensmaßnahmen entstanden sein können. Um aggressives Verhalten zunächst einmal richtig einschätzen zu können, ist es erforderlich, das Bedingungsgefüge, welches zum entsprechenden Verhalten geführt hat, zu verstehen und sich die einzelnen Faktoren dessen bewusst zu machen. Die Kenntnis solcher Faktoren macht sodann eine genaue Beobachtung und ein Protokollieren der Umstände aggressiven Verhaltens möglich. Eine derartige Beobachtung ist wiederum eine gute Grundlage für eine erfolgreiche Intervention. Aus der Abbildung auf der vorausgegangenen Seite ersieht man das Bedingungsgefüge für Problemverhalten, dazu zählen auch aggressive Verhaltensweisen. Im Folgenden sollen die einzelnen Punkte des Modells von Meyer37 kurz besprochen werden.

2.2.1 Dispositionelle Faktoren

Das Verhalten einer bestimmten Person ist im Normalfall als konstant zu bezeichnen. Bei Menschen, die man schon über einen längeren Zeitraum kennt, ist es möglich, deren Reaktionen auf eine bestimmte Situation in einem gewissen Rahmen vorherzusagen. Das liegt daran, dass ,,[...] spezifische Persönlichkeitsmerkmale, Persönlichkeitseigenschaften oder auch generalisierte Verhaltensgewohnheiten [...]"38 eine beständige Basis für menschliches Verhalten bilden. Auf der einen Seite ist diese Basis physiologisch bedingt, enthält also angeborene Faktoren, die Verhalten bedingen, auf der anderen Seite sind auch die familiäre Sozialisation und andere Lernentwicklungsgänge maßgeblich zuständig für die Ausprägung menschlichen Verhaltens39.

2.2.1.1 Physische Faktoren

Bestimmte physisch bedingte Zustände im Menschen haben eine Auswirkung auf das Verhalten. Meyer40 nennt hier z.B. körperliche Erschöpfung während einer Krankheit oder zyklisch verursachte Veränderungen. Der Zustand während einer grippalen Entzündung kann bspw. eine Veränderung der Frustrationstoleranz zur Folge haben - eine regelmäßig wiederkehrende hormonelle Veränderung im Organismus kann Stimmungsschwankungen und somit auch Verhaltensveränderungen bedingen. Weiterhin sind auf bestimmte Behinderungsformen zurückzuführende Einschränkungen zu erwähnen, wie ,,[...] z.B. rasche Ermüdbarkeit oder Schwerhörigkeit in Verbindung mit dem Down-Syndrom [...]"41. Es sollte hier also sehr sensibel beobachtet werden, ob z.B. eine plötzlich auftretende Aggression nicht evtl. lediglich auf einen kurzweilig als negativ empfundenen physischen Zustand zurückzuführen ist oder ob eine generelle Neigung zu Aggressionen sich ebenfalls durch diese physischen Faktoren erklären lässt.

2.2.1.2 Psychische Faktoren

Die geistigen Möglichkeiten von Menschen haben meist einen direkten Einfluss auf das Verhalten, und nur so ist es z.B. in der Diagnostik möglich, anhand von verschiedensten Verhaltensäußerungen Rückschlüsse auf den Geisteszustand einer Person zu ziehen. Je nachdem wie eine Person infolge ihrer Behinderung im Bereich ihrer geistigen Fähigkeiten Einschränkungen unterworfen ist, so wird sie auch Einschränkungen in der Fähigkeit des Handelns erfahren. Besonders relevant für den Bereich des aggressiven Verhaltens ist ein Beispiel von Meyer42, bei dem ein fehlendes Unrechtsbewusstsein in Bezug auf das eigene Verhalten den Aufbau von Aggressionshemmungen erschwert oder im schlimmsten Fall verhindert. Ebenso erwähnt Meyer43, dass die Wahrnehmungsverarbeitung insbesondere bei Geistigbehinderten gestört sein kann und infolgedessen bestimmte starke Reizungen, wie ausgesprochener Lärm oder eine übermäßige Vielfalt optischer Signale, zu einer Überreizung führen können. Der Betroffene nimmt die Situation als äußerst chaotisch wahr, da er nicht in der Lage ist, die Komplexität der Situation zu entschlüsseln. Aus diesem Zustand heraus kann Aggression als eine Notwehrreaktion erfolgen. Bestimmte Aspekte der menschlichen Persönlichkeit ,,[...] wie Ängstlichkeit, Ich-Bezogenheit, Beeinflussbarkeit, ferner der individuelle Grad an Eigenaktivität (Antrieb) oder das Streben nach Sicherheit mit der damit verbundenen Tendenz zur Bewahrung des Bestehenden bzw. Bekannten (Veränderungsangst)[...]"44 können darüber hinaus noch Verhaltensweisen beeinflussen.

2.2.1.3 Verhaltensgewohnheiten

Wie schon unter 2.5.1 erwähnt, reagiert eine Person in vergleichbaren Situationen immer mit demselben bewährten Verhalten. Solche ,,[...] Verhaltensmuster laufen eher reflexartig [...]"45 ab und können von dem betroffenen Individuum selten gelenkt oder unterbrochen werden. Jeder Mensch verfügt über einen vom Umfang her divergenten Verhaltensvorrat, auf welchen er zurückgreifen kann. Je vielfältiger dieses Repertoire ausgestaltet ist, desto höher ist die Auswahlmöglichkeit des Individuums; es kann aus einem großen Arsenal von grundverschiedenen Reaktionsmöglichkeiten auswählen und auf diese Weise auch ein großes Maß an ungleichen Situationen abdecken. Menschen, die über ein relativ dürftig ausgestattetes Verhaltensrepertoire verfügen, und dazu zählt auch der Personenkreis der Geistigbehinderten, haben weniger Möglichkeiten in verschiedenartigen Lebenslagen passend und angemessen zu reagieren. In vergleichbaren Konstellationen wird häufig die effektivste Verhaltensvariante gewählt, bei aggressiven Kindern und Jugendlichen ist dies die aggressive Handlungsweise.

2.2.2 Auslösende Faktoren

Als auslösende Faktoren gibt Meyer46 solche Begebenheiten an, die einer aggressiven Verhaltensäußerung vorausgehen. Das Verhalten ist als eine Reaktion auf die vorausgegangene Situation zu bewerten und somit der Auslöser dieser Handlungsweise. Ein Beispiel:47

Ömer, ein schwerbehinderter türkischer Schüler der Mittelstufenklasse 3 mit autistischen Zügen, reagiert immer dann mit heftigen Schreianfällen, wenn sich ihm der Praktikant zu rasch nähert. Anschließ ende Versuche der Lehrkraft, ihn wieder zu beruhigen, werden mit heftigen Schlägen beantwortet. Ömer beruhigt sich nach einiger Zeit des Alleinseins und der Ruhe.

Der unbekannte Praktikant stellt an sich keinen bedrohlichen Reiz für Ömer dar, allein eine zu rasche Bewegung des Praktikanten in seine Richtung löst das oben genannte Verhalten aus. Versuche anderer Personen, auch solcher, zu denen er schon eine vertrauensvolle Beziehung hat aufbauen können, verursachen ein noch heftigeres, aggressives Abwehrverhalten. Wird aber eine reizarme Situation inszeniert, so beruhigt sich der Junge zusehend.

2.2.3 Situationsfaktoren

Verhalten wird nicht nur durch spontan auftretende Phänomene beeinflusst, sondern kann sich auch in mannigfaltigen Situationen entsprechend anders zeigen. Meyer48 führt als Beispiel eine Trainingssituation an, in der aufmerksamkeitsschwache Kinder unterrichtet werden. Das in diesem Training eingeübte Verhalten wird jedoch aufgrund situativer Unterschiede nicht auf den Schulalltag übertragen. Das Kind ist also weiterhin unaufmerksam. Das Beispiel macht deutlich, dass trotz eines relativ konstanten, einer jeden Person eigenen Verhaltensmusters, das Verhalten je nach erlebter Situation anders geartet auftreten kann. Möglich ist es auch, dass sich Kinder im häuslichen Bereich schüchtern und hilfebedürftig zeigen, in der Schule allerdings wesentlich selbständiger und selbstbewusster auftreten.49 Ein spezifisches Verhaltensmuster kann also in besonders gekennzeichneten Situationen erscheinen, in anderen wird jedoch eine andere Handlungsweise bevorzugt oder gezeigt.

2.2.4 Motivationale Faktoren

Weiterhin ausschlaggebend für das Auftreten bestimmter (z.B. aggressiver) Verhaltensweisen ist der Faktor der Motivation. Es ist denkbar, dass die auf eine geäußerte Aggression erfolgte Reaktion der Umwelt eine Motivation für die betreffende aggressiv handelnde Person darstellt. Agiert z.B. eine Schülerin oder ein Schüler in aggressiver Weise, so kann es sein, dass die Lehrkraft oder andere Schülerinnen und Schüler in angenehmer und besänftigender Weise reagieren. Für die aggressive Person kann dieses reaktive Verhalten der Umwelt auf seine Aggressionen ein Motivator darstellen. Dieser Motivationsaspekt muss sich nicht bewusst abspielen, sondern kann auch als unbewusstes Motiv vorhanden sein. Meyer führt außerdem noch an, dass auch, wenn eventuelle Absichten ,,[...] dispositionell begründet sein können [...]"50,oftmals eine spontane Veräußerung gegeben ist.

2.2.5 Konsekutive Faktoren

Konsekutive Faktoren beeinflussen das Verhalten von Menschen in der Weise, wie es unter Punkt 2.3.1 gemäß der Theorie des Operanten Konditionierens beschrieben ist; sie wirken als Verstärker und erhöhen so die Wiederholungsrate des Verhaltens oder haben eine hemmende Auswirkung. Es ist durchaus möglich, dass die Konsequenzen aggressiven Verhaltens vom Aggressor als positiv empfunden werden, z.B. dann, wenn Mitschüler oder die Lehrkraft durch Besänftigung versuchen, den entsprechenden Schüler zu beruhigen. Ein derartig positives Verstärken führt dazu, dass die Verhaltensweise, die für diese Konsequenz verantwortlich ist, also das aggressive Verhalten, in Zukunft häufiger gezeigt wird. Es kann durch die geäußerte Aggression auch eine negative Verstärkung erfolgen, wenn die Handlungen des Aggressors, einen für ihn als störend empfundenen Zustand beenden.51 Die Reaktionen bzw. Veränderungen, die eine Aggressionsäußerung herbeiruft, können also das Verhalten stabilisieren und ihre Auftretenshäufigkeit noch erhöhen. Empfindet das Individuum eine Reaktion oder Veränderung jedoch als negativ, so wird sich dies hemmend auf das Verhalten auswirken. Die wahrgenommene Verärgerung der sozialen Umwelt, die Beendigung eines für das Individuum als angenehm empfundenen Zustands oder eine gänzlich konsequenzlose Situation sind solche hemmenden Faktoren. Zur Konsequenzlosigkeit muss jedoch noch angemerkt werden, dass sie nicht als eine Duldung der Handlungsweisen interpretiert werden darf. Speziell bei aggressiven Verhaltensweisen ist die Gefahr groß, durch das Ignorieren des Verhaltens den Aggressor zu weiteren Aggressionen zu motivieren, da er duldendes Ignorieren als positive Konsequenz wertet. Es ist also genau zu prüfen, ob das Herbeiführen einer konsequenzlosen Situation gelingen kann. Erreicht man dieses Ziel, so ist eine hemmende Wirkung möglich.

2.2.6 Lebensumfeldfaktoren

Das Lebensumfeld ist in der Lage, das Verhalten eines Menschen in entscheidender Weise zu prägen. Für die Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler kann dies jedoch eine Schwierigkeit bedeuten, und zwar wenn z.B. im Elternhaus ein von Gewalt und/oder Aggression geprägter Umgang herrscht. Diese Verhaltensweisen werden im Rahmen der Sozialisation nämlich häufig von den Kindern und Jugendlichen übernommen. Um eine Intervention erfolgreich durchzuführen, müsste Einfluss auf diesen Bereich genommen werden, doch meist ist den Eltern ihre aggressionsfördernde Rolle nicht bewusst und das stabile Verhalten im Familienverbund kaum änderbar. Ebenfalls nicht zu unterschätzen ist der Einfluss, den gleichaltrige Bezugspersonen auf das Verhalten von Kindern und Jugendlichen haben. Herrscht in dieser sogenannten peer group ein vornehmlich aggressiver Umgangston, so trägt der ebenso mit dazu bei, die Aggressivität des Individuums zu stabilisieren und/oder zu erhöhen.

Laut Meyer52 bedingen sich die in seiner Aufstellung genannten Faktoren einander und sind in komplexer Weise miteinander verknüpft. Sie sind nicht als isoliert bestehende, einzelne Grundlagenfaktoren zu sehen, sondern Teil eines Prozesses, der zu einem bestimmten Verhalten führt. Ist man in der Lage, diesen Prozess zu entschlüsseln, so werden sich evtl. Überschneidungen aber auch Abgrenzungen der einzelnen Faktoren untereinander bzw. zueinander finden lassen. Dementsprechend lassen sich jetzt erste Überlegungen für eine sinnvolle Intervention bei unerwünschten, aggressiven Verhaltensweisen anstellen.

Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht In den vorangegangen Abschnitten dieser Arbeit ist deutlich gemacht worden, wie kompliziert und verzweigt der Problembereich aggressiver Verhaltensweisen ist. Eine schablonenhafte Rezeptur zur Interventionsplanung und Durchführung ist demnach nicht ratsam. Bei Meyer findet sich aber ein Katalog von möglichen Planungsschritten, die bei der Entwicklung einer Interventionskonzeption hilfreich sein können.53 Diese Planungsschritte lassen sich auch auf den Bereich der Intervention bei aggressiven Verhaltensweisen übertragen. Die logisch durchdachte und aufeinander aufbauende Struktur dieser Vorschläge unterstützt dabei, den komplexen Bereich aggressiv gefärbter Verhaltensauffälligkeiten zu überblicken. Es ist ratsam, die Planung von Interventionsmöglichkeiten im Unterricht bei aggressivem Verhalten der geistigbehinderten Schüler locker an dieser Struktur zu orientieren, wobei es wichtig ist, die Planung dem Problem anzupassen, und nicht umgekehrt, nämlich das Problem in die Planung zu zwängen.

2.3 Wahrnehmung von Ursachen für die Notwendigkeit einer Intervention

Der erste Schritt, der zu einer möglichen Intervention im Unterricht führt, ist das Wahrnehmen eines als aggressiv bewertbaren Verhaltens. In Kapitel 1 dieser Arbeit ist in recht ausführlicher Weise dargestellt, wie man aggressive Handlungen erkennen kann. Ist man darüber informiert, kann geklärt werden, ob das wahrnehmbare Verhalten ein aggressives Potential enthält. Liegen nun laut Beobachtung selbstverletzende Verhaltensweisen vor, welche ja fälschlicherweise oft, wie in Abschnitt 1.3 bereits angesprochen, als aggressive Handlungen interpretiert werden, so ist eine spezielle Intervention erforderlich, die hier nicht erörtert werden kann, da diese Verhaltensweisen sich in ihrer Zielsetzung von aggressivem Verhalten unterscheiden. Eine genaue Wahrnehmung der Problematik ist somit vor allen Dingen zu diesem frühen Zeitpunkt notwendig, um ein geeignetes Interventionsprogramm zu wählen. Auch muss genau erörtert werden, ob es sich bei dem als problematisch empfundenen Verhalten nicht um eine positiv einzuschätzende Form der Aggression handelt. Demnach ist es durchaus tolerierbar, wenn ein Lehrer von einem Schüler eine angemessene aggressive Reaktion erfährt. Denn der Lehrer kann mit seinen Entscheidungen sicher auch einmal unbewusst einzelne Schüler unter Druck setzen, überfordern, unterfordern, beschämen und anderes mehr. Wehrt sich ein Schüler gegen eine solche Behandlung und äußert Wut in einer der Situation angemessenen Art und Weise, so ist dieses Verhalten nicht ohne weiteres als problematisch einzustufen, sondern im Zweifelsfall eher zu verstärken. Ein selbstbewusstes Eintreten für die eigenen Interessen und sei es gegen den Lehrer, ist noch kein Grund für eine Intervention; hier sollte sensibel und tolerant vermittelt werden, um eine Kompromisslösung zu entwickeln. Liegt jedoch offensichtlich eine aggressive Handlungsweise vor, so kann mit weiteren Überlegungen begonnen werden.

2.4 Überlegungen zur Interventionsplanung

Wird ein Verhalten als Aggression identifiziert, so müssen wichtige zusätzliche Aspekte bedacht werden, welche die Richtung der weiteren Planung bestimmen. Zunächst ist es bedeutsam zu überlegen, welche Ziele zu verfolgen sind. Aggressive Handlungen im Unterricht stören diesen und lenken alle Aufmerksamkeit auf die aggressive Person und ihr Tun. Das wichtigste Ziel wird vorerst einmal sein, eine akute Aggression zu stoppen, um hernach mit dem Unterricht fortfahren zu können. Weiterhin, so es denn möglich ist, kann man die Verminderung der Auftretenshäufigkeit dieses Verhaltens als Ziel formulieren, wobei diese Zielsetzung wiederum Fragen aufwirft, die zu beantworten sind. Dann gilt es gleichwohl zu erörtern, ob eine Verhaltensverminderung oder gar eine Verhaltensveränderung durchführbar sind. Reichen die eigenen Kompetenzen aus, um das Problem in Angriff zu nehmen? Im Zweifelsfall können Beratungsstellen aufgesucht werden, und das Problem würde dort mit speziell ausgebildeten Fachkräften und Experten besprochen werden. Erlaubt es der Unterrichtsrahmen, therapeutische Inhalte einfließen zu lassen, und gibt es die Möglichkeit, evtl. ab und an ein Einzeltraining durchzuführen? Sind Unterrichtsräume verfügbar, die sich zu diesem Vorhaben eignen? Sind die nötigen Vorüberlegungen beendet, ist das Einholen von möglichst vielen Informationen über das aggressive Schülerverhalten samt seiner Begleitumstände ein nächster Schritt, anhand dessen ersehen werden kann, wo ein Problem verwurzelt ist, und welche dieser Wurzeln durch eine Intervention möglicherweise modifiziert werden können.

2.5 Darstellung und Untersuchung des wahrgenommenen Verhaltens unter Einbeziehung multikausaler Bedingungsfaktoren

2.5.1 Protokollieren des Verhaltens und der Begleitumstände mit dem Protokollbogen

Beim Sammeln von Orientierungshilfen ist es durchaus sinnvoll, die Daten auf einem vorgefertigten Protokollbogen54 zu sammeln. Ein solcher Protokollbogen ist im Anhang zu finden. Er dient dazu, die Situation mit all ihren Begleitumständen möglichst ganzheitlich zu erfassen und zu speichern. Es ist bei diesem Festhalten von Informationen wichtig, auch Details zu protokollieren, die im Augenblick als nebensächlich wahrgenommen werden, um die Situation mit einem größtmöglichen Maß an Genauigkeit wiederzugeben. Die Struktur des Protokollbogens ist dergestalt, dass sie hilft die Wahrnehmungen den entsprechenden Kategorien gemäß aufzugliedern. Ziel der Protokollierung ist es, einen möglichst großen Bereich des Gesamtzusammenhangs eines bestimmten Verhaltens aufzudecken und diejenigen Faktoren ausfindig zu machen, welche an der Entstehung, Auslösung oder Aufrechterhaltung dieser Handlungsweise maßgeblich beteiligt sind.

1) Der erste Punkt des Bogens fragt nach den Begebenheiten, die dem Verhalten vorausgegangen sind. Es ist wichtig, diese genau zu recherchieren und aufzuzeichnen, da sie ja unter Umständen das entsprechende Verhalten ausgelöst haben können. Wird z.B. mehrere Male ein spezifisches aggressives Verhalten protokolliert und dabei festgestellt, dass immer eine bestimmte Person den Raum betritt, bevor der Schüler aggressiv wird, so kann das Eintreten der Person in das Zimmer als auslösender Faktor geprüft werden. Zeichnet sich aber laut mehreren aufgenommenen Berichten über das gleiche Verhalten kein konstantes vorausgehendes Ereignis ab, so existiert in diesem Bereich wahrscheinlich keine auslösende Variabel, oder es wurde etwas übersehen. Um ein Übersehen von belangvollen Begebenheiten zu vermeiden, ist es angebracht, den Protokollbogen von einer weiteren Person ausfüllen zu lassen. Oft übersieht der Einzelne etwas, das von einem anderen wahrgenommen wird. Ebenfalls kann auf diesem Weg die Menge der Informationen, die zur Lösung des Problems beitragen soll, vergrößert werden. Folgende Ereignisse werden unter dem ersten Punkt eingetragen:

a) Das Verhalten des aggressiven Schülers

| Verschiedenartige Verhaltensweisen eines Schülers können auslösende Variablen für eine folgende aggressive Handlung sein. Hat ein Schüler z.B. gerade etwas versucht zu tun und ist dabei gescheitert (vgl. 2.2 Frustrations-Aggressionstheorie); hat ihm seine eigene Tätigkeit Unbehagen bereitet, oder hat er sich aus Versehen Schmerzen zugefügt?

b) Das Verhalten der Mitschüler

| Die Mitschüler können mit ihren Handlungsweisen zum Auftreten einer aggressiven Reaktion des Individuums beitragen. Hat ein Schüler z.B. permanent auf die betreffende Person eingeredet? Ergab sich ein provozierendes oder beleidigendes Verhalten; hat ein anderes Kind üble Gerüche oder etwas ähnliches verbreitet, oder ist dem Schüler etwas weggenommen worden?

c) Das Verhalten der Lehrkraft

| Ebenso wie die Mitschüler kann auch die Lehrkraft durch ihr Verhalten aggressive Handlungsweisen begünstigen. Haben der Lehrer oder die Lehrerin z.B. Forderungen an den Schüler gestellt, denen er nicht nachkommen konnte? Ist zu wenig oder gar kein Verständnis gezeigt worden? Ist eine Art Machtkampf zwischen Lehrer und Schüler entstanden, sind Gefühle von Antipathie aufgekommen, ist der Schüler vernachlässigt oder unterfordert worden?

d) Anderes

| Verschiedene andere Faktoren, die sich in das obige Schema nicht einordnen lassen, können des Weiteren von Wichtigkeit sein. Hat eine Person den Raum betreten und Handlungen, die bedeutsam sein können, vollführt? Hat der entsprechende Schüler etwas durch das Fenster beobachtet und darauf reagiert, oder gab es bestimmte andere optische oder akustische Reize?

2) Der zweite Punkt fragt nach der Situation im Klassenzimmer55. Manche Kinder reagieren empfindlich auf bestimmte Veränderungen klimatischer, optischer oder akustischer Art.56

a) Raumklima

| Eine Veränderung der Raumtemperatur kann das Stressempfinden von Personen erhöhen. Insbesondere ein Anstieg der Raumtemperatur, z.B. verursacht durch die Manipulation eines anderen Schülers am Heizungsthermostat , ist zu beachten.57

b) Geräuschpegel

| Ein erhöhtes Stressniveau kann auch durch einen zu hohen Lärmpegel innerhalb der Klasse ausgelöst werden. Menschen, die generell leichter aus der Ruhe zu bringen sind, also über ein geringes Frustrations- Toleranzniveau (vgl. 2.2 Frustrations-Aggressionstheorie) verfügen, neigen dazu, durch äußere Reize bedingt, ihre Selbstkontrolle zu verlieren.

c) Lichtsituation

| Bestimmte Veränderungen der Lichtsituation können unangenehme Reizzustände darstellen oder aber auch gewisse dispositionell begründete Reaktionen provozieren. Beispielsweise können schnelle Veränderungen des Helligkeitsniveaus einen Stressor darstellen oder sogar, bei zur Epilepsie neigenden Kindern und Jugendlichen, Anfälle auslösen. Es kann desgleichen ein Angstzustand durch das Abschalten der Beleuchtung herbeigeführt werden, der sich durch Aggressionen bemerkbar macht.

d) Fremde Personen

| Eine fremde Person im Klassenraum kann für eine Erhöhung des

Stressniveaus sorgen. Die Anwesenheit von Praktikanten, Gästen oder auch neuen Lehrkräften führt bei einzelnen Schülern, abgesehen von einer generellen Unruhe in der Klasse, zu einer gesteigerten Bereitschaft in aggressiver Weise und unkontrollierter als sonst zu reagieren.

e) Andere situative Besonderheiten

| Jede weitere nicht aufgeführte Veränderung der Umweltbedingungen im Klassenraum sollte hier aufgeführt werden, denn sie könnte für die Erörterung der Problematik von Bedeutung sein.

3) Beobachtungen hinsichtlich eines möglichen Verhaltensmotivs sollen im dritten Punkt

festgehalten werden. Manchmal lässt sich evtl. schon nach der ersten Verhaltenskontrolle eine Vermutung formulieren, oder aber es bildet sich erst nach einer längeren Überwachung der Ereignisse ein spezielles Motiv heraus, an das vorher nicht gedacht worden ist. Unter Umständen existiert auch kein eindeutiges Handlungsmotiv und gleichermaßen keine festzustellende Zielsetzung. Die Ursache für das Verhalten muss in diesem Fall an andere Variablen geknüpft sein.

a) Beschreibung des Verhaltens

| Das als aggressiv empfundene Verhalten wird hier genau und detailliert beschrieben. Wenn es schon vorher öfter beobachtet, aber nicht schriftlich fixiert wurde, sollte die bisherige Auftrittshäufigkeit an dieser Stelle vermerkt werden. Weiterhin sind bestimmte wahrnehmbare Fluktuationen in Ausrichtung und Intensität des Verhaltens festzuhalten.

b) Welche Zielsetzungen sind denkbar?

| Hinweise über eine bestimmte Ausrichtung oder

Personengebundenheit des Verhaltens können schon in einer Vorauswertung münden. Zu diesem Zweck sollte man sich fragen, ob überhaupt eine bestimmte Zielsetzung im Verhaltensablauf erkennbar ist? Ist das gezeigte Verhalten eine Reaktion auf bestimmte Reizungen? Möchte die Person eine bestimmte Konsequenz provozieren, oder ist die veräußerte Aggression eine Möglichkeit für den Schüler seine Emotionen auszudrücken bzw. Stress abzubauen?

4) Der vierte Punkt des Bogens erfasst die aus dem Verhalten resultierenden Konsequenzen. Zum Teil sind diese Folgen leicht zu beobachten, z.B. wenn die Lehrkraft oder die Mitschüler in markanter Weise auf den Aggressor reagieren. Konsekutive Prozesse innerhalb der aggressiven Person sind jedoch weniger leicht aufzudecken; dennoch sind sie von Bedeutsamkeit für das Analysieren des Bedingungsgefüges.

a) Verhalten des aggressiven Schülers

| Ist zu beobachten, dass sich der entsprechende Schüler selbst für sein Verhalten belohnt? Wirkt der Schüler nach der Aggressionsäußerung in besonderem Maße ruhig, befreit oder glücklich? Verursacht die ausgeübte Aggression gegen andere ein Machtgefühl oder Stärkeempfinden?

b) Verhalten der Mitschüler

| Reagieren die Mitschüler auf den Aggressor mit Ablehnung,

Bewunderung, Angst, Gehorsam oder Flucht? Erfolgt überhaupt eine Reaktion? Gibt es beschwichtigende, beruhigende Äußerungen von Mitschülern oder sonstige Reaktionen, die als Belohnung interpretiert werden könnten?

c) Verhalten der Lehrkraft

| Reagiert die Lehrerin, der Lehrer gefasst auf das Verhalten des

Schülers? Oder zeigen sie eine aggressive Gegenwirkung? Benehmen sie sich unkontrolliert? Ist die Lehrkraft in besonderer Weise aufmerksam oder tröstend?

d) Anderes

| Weitere beobachtete Konsequenzen sollten hier aufgeführt werden; sie könnten für eine Auswertung von Wichtigkeit sein.

5) Unter dem fünften Punkt können bekannte, wesentliche Aspekte aus verschiedenen

Lebensbereichen des Schülers vermerkt werden (vgl. auch Abschnitt 2.5.6). Diese stichhaltigen Gesichtspunkte müssen natürlich nur einmal, auf dem ersten Bogen, eingetragen werden. Sollte der Platz nicht ausreichen, werden die jeweiligen Informationen an anderer Stelle festgehalten.

a) Situation im häuslichen Bereich

| Die von den Eltern vorgelebten Verhaltensweisen haben einen entscheidenden Einfluss auf das Verhaltensrepertoire des Kindes. Hier soll nun bspw. aufgezeichnet werden, welcher Umgangston im Elternhaus herrscht, oder ob die Wohnung, das Wohngebiet kinderfreundlich gestaltet sind. Bei einem Elternbesuch, der anlässlich der Situation des Kindes im Unterricht angezeigt wäre, können diese Informationen gesammelt werden.

b) Situation im Bereich der gleichaltrigen Bezugspersonen

| Verfügt der entsprechende Schüler über eine Gruppe gleichaltriger Freunde, mit der er seine Freizeit verbringen kann, oder ist er vornehmlich mit den Eltern, andernfalls mit älteren Verwandten zusammen? Welcher Umgangston herrscht unter den Kindern und Jugendlichen? Womit verbringen sie ihre Freizeit? Auf diese Dinge sind für Lehrende sicherlich nicht einfach Antworten zu finden, da sie sich meist außerhalb des Schulbereichs abspielen. Dessen ungeachtet können Beobachtungen, die im Lebens- und Arbeitsbereich Schule, in dem die Kinder und Jugendlichen ja auch viel Zeit verbringen, gemacht werden, durchaus aufschlussreich sein.

c) Verhalten der Lehrkraft in Bezug auf den Schüler

| Der Lehrer, die Lehrerin spielen eine zentrale Rolle im Schulalltag. Das Verhalten der Lehrkräfte hat also durchaus Modellcharakter für die Schüler (vgl. Abschnitt 2.3.2). Der Umgangston in der Klasse, der im großen Maße von dem Lehrenden mitbestimmt wird, hat außerdem einen nicht unerheblichen Einfluss auf das Stressempfinden einzelner Kinder und Jugendlicher und kann durchaus Aggressionen vermindern oder auch begünstigen. Maßgebliche Faktoren sind darüber hinaus sowohl die Frustrationstoleranz der Lehrkraft als auch die Gefühle, die man für das aggressive Kind empfindet.

6) Unter dem sechsten Punkt werden zusätzliche Beobachtungen aufgeführt, die von Wichtigkeit für die Analyse des Bedingungsfeldes sein können. Dies können weiterführende Informationen über das Kind sein, wie z.B. besonders wirksame Verstärker; es können aber auch Anmerkungen sein, die das Verhalten betreffen, oder bestimmte Strukturen in der Klasse.

Wird ein Verhalten mit dem Protokollbogen58 erfasst, so muss nicht jedes Mal beim Auftreten des Verhaltens ein neuer Bogen begonnen werden. Wenn hinter den einzelnen aufgeführten Begleitphänomenen etwas Platz gelassen wird, kann dort, mittels einer Strichliste, die Häufigkeit der entsprechenden Anzeichen vermerkt werden.

2.5.2 Auswertung des Protokollbogens

Bevor es zu einer Auswertung des Protokolls kommen kann, sollten die aus der Schülerakte zu entnehmenden dispositionellen Faktoren nochmals genau studiert werden, da diese einen hohen Stellenwert bei der Bewertung von Verhaltensweisen haben können. Bestimmte, durch eine spezifische Behinderungsart bedingte Dispositionen können eine begünstigende Wirkung auf Aggressionen ausüben, bzw. einen möglichen Hinweis zur Entschlüsselung des Bedingungsgefüges beinhalten. Zur Auswertung des Protokollbogens werden alle Begleitphänomene nochmals gesondert aufgeführt und deren Häufigkeit verglichen. Solche Phänomene, die relativ häufig dem Verhalten vorausgehen oder darauf folgen, sind hervorzuheben. Diese Begleiterscheinungen sind mit großer Wahrscheinlichkeit entscheidend an der Begünstigung der gezeigten Handlungsweisen beteiligt oder sind vermutlich sogar als auslösende Faktoren, bzw. direkte Verstärker anzusehen. Die Analyse der Lebensumstände des Kindes geben Aufschluss darüber, inwieweit das Problem außerhalb der Schule angesiedelt ist. Eine Kooperation mit den Eltern dürfte recht hilfreich sein, gestaltet sich jedoch oft insofern problematisch, als dass entweder das Problem nicht als solches wahrgenommen wird und/oder die Eltern sich nicht als beteiligt an dem aggressiven Verhalten ihres Kindes wähnen - zudem ist es für Lehrkräfte nicht unbedingt einfach, das Erziehungsverhalten der Eltern zu modifizieren.59

Aus den gesammelten Informationen sollten sich genügend Hinweise ergeben, um Überlegungen anzustellen, welche die Entstehung des Verhaltens erklären können. Aus diesen hypothetischen Reflexionen erwachsen genauere Vorstellungen zur Veränderung der problematischen Verhaltensweisen. Die Ergebnisse dieser Überlegungen legen Ziel und Richtung späterer Interventionen fest und entscheiden über die Methoden, welche zum Erreichen des Ziels nötig sind.

2.6 Ziele und Methoden von personen-, umgebungs- und bewertungsorientierter

Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht Meyer nennt drei verschiedene Richtungen, in die je nach Sachlage interveniert werden kann:

_ die personenorientierte Intervention
_ die umgebungsorientierte Intervention
_ die bewertungsorientierte Intervention60

Auf diese Einteilung von Interventionen beziehen sich die folgenden Abschnitte, in denen erläutert wird, welches methodische Vorgehen bei entsprechender Zielsetzung sinnvoll ist. Die Methoden selbst und ihre Relevanz für die Intervention von sich aggressiv verhaltenden geistigbehinderten Schülerinnen und Schülern sollen dargestellt werden.

2.6.1 Zur personenorientierten Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht

Personenorientiert sind diejenigen Interventionen, welche direkt auf die aggressive Person abzielen und eine intrapersonelle Veränderung des Verhaltens zum Ziel haben. Maßnahmen zur Verhaltensmodifikation werden also an und mit der Person durchgeführt. Es soll hierbei Einfluss auf die in Abschnitt 2.5.1 schon beschriebenen dispositionellen Faktoren genommen werden. Es muss indes bedacht werden, dass der Bereich der physischen Faktoren im Unterricht nicht wesentlich veränderbar ist. Eigenschaften, die durch die Behinderung oder anderweitig physiologisch bedingt sind, können allein durch unterrichtliche Handlungen nicht verändert werden, möglich ,,[...] ist es aber zumindest in Einzelfällen, dass auch Menschen mit geistiger Behinderung lernen, mit derartigen Zuständen besser umzugehen, d.h. mit neu gelernten, angemesseneren Verhaltensmustern zu reagieren [...]"61.

Die verbleibenden psychischen Faktoren und die Verhaltensgewohnheiten sind im Rahmen des Unterricht durchaus modifizierbar. Im Folgenden werden die Ziele beschrieben, welche bei einer personenorientierten Intervention aggressiver Kinder nach Petermann & Petermann (1997) erreicht werden sollen.

2.6.1.1 Ziele einer personenorientierten Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht

Aggressive geistigbehinderte Kinder und Jugendliche verursachen, wie aggressive Nichtbehinderte auch, durch ihr Verhalten nicht nur die auf der Hand liegende Schädigung von Personen oder Objekten. Sie bewirken eine ,,[...] soziale Isolierung, die oft mit einer materiellen und räumlichen Isolierung einhergeht. Die Isolierung ist eine neue Quelle negativer Erfahrung [...]"62. Bei aggressiven Menschen ist eine eher negativ geprägte Wahrnehmung oft der Auslöser für die Anwendung aggressiver Verhaltensweisen. Durch das konsequente Festhalten an diesem Verhalten, einem ,,festgefahrene[n] Verhalten"63, stabilisieren sich auch die sozialen Probleme des Individuums, die ohne das Auftreten seiner aggressiven Verhaltensäußerungen nicht existieren würden. Die entsprechende Person schädigt sich und ihre sozialen Beziehungen in eklatanter Weise. Indem infolge von Verhaltensexzessen Dinge und Bindungen der Zerstörung anheimfallen, ,,[...] zerbrechen auch die positiven Gefühle gegenüber dem Kaputtmacher"64.

Das primäre Ziel ist es also, den Betroffenen aus seiner festgefahrenen Aggression herauszuholen, ihm bestimmte Sichtweisen, Alternativen und desgleichen Perspektiven zu vermitteln, die ihm zuvor nicht ersichtlich gewesen sind. Petermann & Petermann formulieren sechs Ziele, die notwendig sind, um einen Abbau von aggressiven Verhaltensweisen bei einer Person anzubahnen.65

2.6.1.1.1 Das Einüben von motorischer Ruhe und Entspannung

Aggressive Kinder und Jugendliche nehmen oft eine angespannte Körperhaltung als Reaktion auf vermutete, bzw. erwartete Bedrohungen ein.66 Diese Anspannung lässt sich aufgrund ihrer speziellen Wahrnehmungsgewohnheiten erklären. Die Kinder und Jugendlichen sind jeden Moment bereit eine ihnen entgegengebrachte Handlung, die als Angriff interpretiert wird, mit einer aggressiven Gegenattacke abzuwehren. Sie erwarten kontinuierlich einen Auslöser für ihr aggressives Verhalten. Aus dieser Erwartungshaltung heraus entsteht eine konstante Anspannung der Muskulatur. ,,Eine solche Anspannung erzeugt motorische Unruhe [...]"67, die sich in unterschiedlichsten Verhaltensäußerungen bemerkbar machen kann. Die Betreffenden zappeln herum, kippeln mit Stühlen oder laufen hin und her. Diese Unruhe und Anspannung verhindern ein therapeutisches Vorgehen; aus diesem Grund stellt die Erlangung einer körperlichen und auch geistigen Entspannung eine Grundvoraussetzung für das Abbauen von aggressiven Verhaltensweisen dar.

Da Entspannung ein durchaus messbares Phänomen ist, sollen die sich während einer Entspannung einstellenden physiologischen Veränderungen im menschlichen Körper hier einmal kurz dargestellt werden:68

_ Entspannung der Muskulatur

| Während einer Entspannung zeigen Personen einige Merkmale, an denen sich die Lockerung ihrer Muskulatur ablesen lässt. Sie haben einen ruhigen Gesichtsausdruck, zeigen eine entspannte Körperhaltung, der Unterkiefer fällt leicht herab und die Muskulatur fühlt sich bei Druckausübung spürbar weicher an als bei einer leichten Anspannung. Ursache dafür ist, dass der Tonus des Muskelgewebes herabsinkt und die ,,Sensibilität der Muskelspindeln"69 herabgesetzt wird. Die entspannende Person nimmt dieses als Schweregefühl wahr.

_ Erweiterung der peripheren Blutgefäße

| Durch die Wegnahme des Muskeldrucks auf die umliegenden Blutgefäße kommt es zu einer Erweiterung dieser peripheren Adern und demzufolge auch zu einer Erhöhung der Blutmenge in diesem Bereich. Die Folge dieser Gefäßerweiterung ist eine Erhöhung der Hauttemperatur und wird von den Personen, die an einer Entspannungsübung teilnehmen, als ein Gefühl der Wärme empfunden. Dieses Wärmegefühl muss nicht unbedingt nach einem Schweregefühl auftreten. Da sie eine unmittelbare Folge der Muskelentspannung sind, können Schweregefühl und Wärmeempfinden auch zeitgleich vorkommen. Es ist auch denkbar, dass zunächst mit der beginnenden Muskellockerung die Gefäßerweiterung einsetzt und spürbar wird, und die vollendete Lockerung der Muskeln eine Schwereempfindung erst danach möglich macht.

_ Regulation der Atemfrequenz

| Im Verlauf der Entspannungsübung tritt vielfach eine Bauchatmung ein. Die Luftmenge die pro Atemzug eingesogen wird, erhöht sich bei einer sich im Verhältnis dazu bewegenden Verringerung der Atemfrequenz. Es wird dem Organismus erheblich mehr Sauerstoff zugeführt.

_ Regulation der Kreislauffunktion

| Bei Problemen mit Hypo- oder Hypertonie kann ein regelmäßiges Ausüben von Entspannungstechniken das Kreislaufsystem stabilisieren und den Blutdruck normalisieren.

_ Veränderungen im Hirnstrommuster

| Durch ein vermehrtes Anwenden von Entspannungsübungen kann während der Entspannung eine zunehmende Veränderung der Hirnstromfrequenz beobachtet werden. Die Person zeigt ein erhöhtes Auftreten von sogenannten _-Wellen. Diese _-Wellen sind besonders bei sich im Schlaf befindlichen Personen zu messen und zeigen mit wissenschaftlicher Genauigkeit einen erreichten Entspannungszustand an.

_ Rückgang des Energieumsatzes

| Aufgrund der Entspannung des gesamten Organismus und der Regulierung des Herz-Kreislaufsystems verringert sich während der Entspannungsdurchführung auch der Energieumsatz des Organismus um 6% bis 31%.70 Petermann & Petermann empfehlen zur Erreichung des oben genannten Zustands der Entspannung das autogene Training. Die sogenannte progressive Muskelentspannung, bei welcher der Reihe nach die einzelnen Muskeln erst angespannt werden, um danach durch das Loslassen der Anspannung ein Gefühl der Entspannung zu forcieren, halten Petermann & Petermann beim Abbau aggressiven Verhaltens nicht für sinnvoll, da ,,[...] der Wechsel von körperlicher An- und Entspannung [...] zu ungünstigen Verstärkungsprozessen führen kann"71.

2.6.1.1.2 Einüben einer differenzierten Wahrnehmung

Dass Menschen mit festgefahrenen aggressiven Verhaltensweisen über eine andersgelagerte Art der Wahrnehmung verfügen, wurde in vorangegangenen Abschnitten der Arbeit schon erwähnt. Es wurde ebenfalls angeführt, dass diese pathologische Akzentuierung in der Wahrnehmung einerseits durch aggressive Handlungsweisen zustande kommt, sie andererseits aber auch Aggressionen auslösen kann, wenn positiv oder neutral intendierte Aktionen der sozialen Umwelt als Bedrohung empfunden werden oder tatsächliche Bedrohungen in ihrem Gefährdungspotential maßlos überschätzt werden. Nach Petermann & Petermann (1997) kann ein Abbau von Aggressionen nur dann erfolgen, wenn diese Art undifferenzierter und teilweise hypersensibler Perzeption so verändert wird, dass eine realitätsnahe Betrachtung und Einschätzung der Umwelt gewährleistet ist.

Bei der Verbesserung der Wahrnehmung aggressiver Kinder und Jugendlicher sollen vorrangig die folgenden zwei Ziele erreicht werden:72

_ Die Kinder und Jugendlichen sollen lernen, die auf sie einwirkenden Reize in bestimmten sozialen Kontexten entsprechend einzuordnen und realitätskonform zu interpretieren. Petermann & Petermann nennen diese hier zu erwerbende Fähigkeit ,,Diskriminierungsfähigkeit"73. Ist das Einüben dieser Fähigkeit erfolgreich, so gelingt es den entsprechenden Kindern und Jugendlichen zwischen normalen und bedrohlichen sozialen Kontexten zu unterscheiden. Dies ist die Voraussetzung dafür, einen Bedarf an verschiedenen neuen Handlungsalternativen für die Situationen anzubieten, die jetzt nicht mehr als so gefährlich eingestuft werden. _ Da nunmehr erlernt wurde, Situationen in angemessener Weise zu interpretieren, folgt jetzt der nächste Schritt, mit dem passende, der vorhergegangenen Auslegung angemessene Reaktionsmöglichkeiten gesichtet und ausgewählt werden sollen. Petermann & Petermann nennen diese Fähigkeit ,,Reaktionsdifferenzierung"74.

Die oben beschriebenen Ziele bei der Änderung der Wahrnehmung sind die Voraussetzung für einen Aufbau divergenter Verhaltensalternativen zur Aggression. Erst wenn aggressive Kinder und Jugendliche gelernt haben, in welcher Beziehung der eingehende Reiz, die daraufhin erfolgte Reaktion und die sich daraus ergebenden Konsequenzen stehen, können sie von verschiedenen Modellen lernen und so auch ihr Verhaltensrepertoire vergrößern. Die Heranwachsenden sind hernach in der Lage, dort vermehrt nicht-aggressives Verhalten zu zeigen, wo sie vorher aufgrund einer fälschlich wahrgenommenen Bedrohung aggressiv gehandelt haben.

2.6.1.1.3 Die Erlangung einer angemessenen Selbstbehauptung als positive Form der Aggression

In dieser Arbeit ist schon einmal im Rahmen der Darstellung der Instinkttheorie nach Konrad Lorenz eine lebensfördernde und positive Sichtweise von Aggression besprochen worden. Eingang findet auch an dieser Stelle eine derart positive Betrachtungsweise, wobei sich Unterschiede und Gemeinsamkeiten zum Mechanismus der arterhaltenden Aggressionen aus Abschnitt 2.1.1 ergeben. Es handelt sich bei der als positiv zu beurteilenden Aggression zum Zwecke der Selbstbehauptung um eine Schutzfunktion, welche die eigenen Interessen in einem angemessenen Maß zu verteidigen weiß. Ein inneres Bedürfnis des Individuums ist es, sich besonders gegenüber lästigen und unangenehmen Zeitgenossen zu behaupten und seine Einstellungen offen und ohne Angst zu vertreten.75 Angst, das wurde in Kapitel 2.4 dieser Arbeit erwähnt, wird in äußerst effizienter Weise durch Aggression bekämpft. Ein Beispiel: Peter, ein eher zurückhaltendes Kind, schlendert in der Pause oft mit seinem Plüschtierüber den Schulhof. Er wird häufig von einem etwasälteren Jungen ausgelacht und als ,,Baby" beschimpft. Es ist ihm anzusehen, wie wütend ihn dieses Verhalten macht, jedoch ist das Bedürfnis, seinen Teddy bei sich zu haben gr öß er, als von dem entsprechendem Jungen anerkannt zu werden. Als er einmal besonders ausdauernder Belästigung ausgesetzt ist, steigt seine Wutüber die ansonsten hemmende Angstschwelle hinweg an, und er brüllt seinem Gegenüber all' die angestauten Gedanken und Gefühle der Ungerechtigkeit entgegen, die sich im Laufe der Zeit angesammelt haben. Der Junge lässt von da an davon ab, Peter zu drangsalieren. Peter selbst scheintüber sein Verhalten und die sich daraus ergebende Konsequenz sehrüberrascht zu sein.76

Dieses Beispiel zeigt, inwieweit produktive Aggression helfen kann ein hemmendes Gefühl der Angst zu überwinden, um einem Aggressor gegenüberzutreten und seine eigenen Interessen zu schützen. Eine Zusammenfassung von Erscheinungsformen als positiv zu beurteilender Aggression zum Zwecke der Selbstbehauptung bei Kinder und Jugendlichen findet man bei Petermann & Petermann :

_ ,,Forderung nach einem eigenständigen Lebensbereich,
_ Ausgleich von Pflichten und Rechten innerhalb der Familie,
_ Durchsetzen von für die Altersgruppe angemessenen Bedürfnissen in Familie und Freizeit,
_ Verteidigen eines Standpunktes, Kritik äußern,
_ Ärger und Wut bei Konflikten angemessen äußern und _ Konkurrenzverhalten nach fairen Regeln praktizieren."77

Die obenstehenden Punkte lassen sich auch mühelos auf Situationen innerhalb der Klasse übertragen, in denen es zu aggressivem Verhalten kommen kann; z.B. wenn:

_ Schülerinnen und Schüler sich im Klassenverband in ihrer Individualität bedroht oder beeinträchtigt fühlen, dies vom Lehrer aber nicht wahrgenommen wird;
_ einzelne Schülerinnen und Schüler sich durch irgendwelche Vorkommnisse ihrer Rechte beraubt fühlen und ein Ungerechtigkeitsempfinden entsteht;
_ bestimmte individuelle Bedürfnisse in Gefahr geraten, durch das Interesse der Gruppe oder durch Unachtsamkeit in grober Weise beschnitten zu werden;
_ in einem Gespräch der eigene Standpunkt eines Schülers nicht verstanden werden will, oder die betreffende Person Kritik am Geschehen in der Klasse äußern möchte;
_ Wut und Ärger sich gegen die Lehrperson richtet;
_ klasseninterne ,,Konkurrenzstreitigkeiten" auftreten.

Aus diesen Gründen kann es in der Klasse zu Konflikten kommen, die in ihrer Natur jedoch oftmals positiv zu beurteilen sind, da sie zur Selbstbehauptung der Schüler und zur Verbesserung des Klassenklimas beitragen. Besonders bei Schülerinnen und Schülern, die über ein eher negatives Selbstbild verfügen, ist eine Verstärkung dieser Verhaltensweisen angebracht. Es gibt einige Phänomene, anhand derer sich ein negatives Selbstbild bei Geistigbehinderten erkennen lässt:

_ ,,Sie zeigen ein übertriebenes, manchmal unaufhörliches Bedürfnis nach Bestätigung.
_ Sie sagen, dass sie nicht so sein wollen wie sie sind; sie wollen einzelne Körperteile gegen schönere austauschen: Kopf, Ohren.
_ Sie bilden sich ein, allmächtig zu sein, und zuweilen wissen sie nicht mehr, was sie sich ausgedacht haben und was real ist.
_ Dinge, die sie gemacht haben und die andere schön finden, werfen sie weg oder machen sie kaputt. Es ist, als dürfe ihre Arbeit nicht gut oder schön sein. Das wäre mit dem ungünstigen Bild, das sie von sich haben, nicht zu vereinbaren. _ Sie schämen sich oder fühlen sich schuldig, weil sie nicht so sind, wie sie sein müssten.
_ Sie trauen sich wortwörtlich nicht mehr sich anzusehen, trauen sich nicht mehr in den Spiegel zu schauen.
_ Sie bemühen sich nicht mehr, nett auszusehen, obwohl das andererseits sehr wichtig für sie ist."78

An diesen speziellen Phänomenen lässt sich das vom Individuum empfundene Selbstkonzept einordnen. Bei Ansätzen positiver Aggression im Sinne einer Selbstbehauptung ist hier in besonderer Weise verstärkend zu handeln, wobei es allerdings nicht das Ziel sein darf, Aggressionen generell zu fördern. Es muss sehr feinfühlig eingeschätzt werden, inwieweit eine positive Aggression angemessen artikuliert wird. Eventuell müssen Hilfeleistungen erfolgen, die zudem das Gefühl geben, ernst genommen zu werden. Dieses Vorgehen gehört in besonderem Maße zum präventiven Rüstzeug eines Lehrers, da eine Positivfärbung des Selbstkonzeptes z.B. angstmotivierten Aggressionen vorbeugen kann.

Es muss an dieser Stelle wiederum noch einmal auf die Unterschiede zwischen den als positiv zu beurteilenden Aggressionsäußerungen und solchen, die als negativ gewertet werden müssen, eingegangen werden. Negative Erscheinungsformen der Aggression unterscheiden sich in ihrer Stärke und in ihrer Richtung bzw. Zielsetzung von positiven. Die Stärke der positiven Aggression orientiert sich stark an der tatsächlichen Dimension der Bedrohung; das Ziel ist zunächst der Selbstschutz und der Schutz, das Bewahren von eigenem Hab und Gut.79 Ebenso findet eine Kosten/Nutzen Verrechnung statt, die den zu erwartenden Nutzen mit dem zu vermutenden Schaden in ein Verhältnis setzt. Es wird also darüber nachgedacht, welche Konsequenzen etwaige, zur Verfügung stehende Handlungen haben werden, und ob die Zielsetzung eine dieser Handlungen rechtfertigt.

2.6.1.1.4 Kooperation und Hilfeleistung als aggressionshemmendes Alternativverhalten

Hilfe- und Kooperationsverhalten, auch prosoziale Verhaltensweisen (psych.) , bilden eine Art Gegenpol zu aggressiven Verhaltensweisen. Wie, das zeigt hier ein Beispiel aus der Chemie, eine Base eine Säure neutralisieren und in eine ungefährliche und niedrigenergetische Form umwandeln kann, so wirken sich prosoziale Verhaltensweisen hemmend auf Aggressionen aus. Ein Hilfeverhalten und aggressive Gefühle sind absolut unvereinbar, das heißt, dass bei tätiger Hilfe oder Zusammenarbeit keine aggressiven Gefühle ausgelöst werden können; andersherum bedeutet das natürlich, dass das Bestehen von aggressiven Gefühlen die Bereitschaft zur Ausführung einer Hilfeleistung nahezu unmöglich macht. Prosoziale Verhaltensweisen zeichnen sich zunächst dadurch aus, dass sie freiwillige Handlungen sind, die sich nach Petermann & Petermann folgendermaßen einteilen lassen.80

_ Altruistisches Verhalten

| Diese Verhaltensform kann man als die höchste Art der Hilfeleistung bezeichnen, da sie keinerlei Rückerstattung oder Wiedergutmachung fordert und sich nur durch sich selbst rechtfertigt. Sie spielt hier aber keine übergeordnete Rolle und ist nur der Vollständigkeit halber genannt.

_ Verhalten aufgrund ausgleichender Gerechtigkeit

| Diese Verhaltensweise enthält eine gewisse Wertorientiertheit, die dem Ganzen einen heiklen Anstrich verleiht. Das Empfinden von ausgleichender Gerechtigkeit kann sicherlich zu prosozialem Verhalten führen, vor allem dann, wenn in irgendeiner Weise geschädigten Personen Hilfe zuteil wird. Es kann aber genauso zu einer Falschauslegung von Recht und Gerechtigkeit kommen, welche Rache und Selbstjustiz begünstigt und somit in antisozialem Verhalten mündet.

_ Kooperatives Verhalten

| Das kooperative Verhalten beinhaltet für den Helfenden größtenteils auch einen Nutzen-Aspekt. Dieser Nutzen-Aspekt kann eine zu erwartende Belohnung sein oder sich in der Dankbarkeit des Gegenübers zeigen. Dennoch ist kooperatives Verhalten nicht mit einer bezahlten Dienstleistung gleichzusetzen, da der erwartete Nutzen nicht immer vollständig den Aktionsaufwand des Beistandsleistenden erreichen muss. Der Helfende reagiert also völlig freiwillig auf den Hilfeaufruf einer anderen Person, wobei keine bestimmten Bedingungen an diese Hilfe geknüpft sind. Oft handelt der Helfende auch, weil er in dem Hilferuf des Gegenübers eine gute Gelegenheit zur Knüpfung sozialer Kontakte sieht.

Zusammenfassend lässt sich bemerken, dass prosoziales und kooperatives Verhalten Sympathien beim Helfenden hervorrufen, und seine Fähigkeit zum empathischen Empfinden für das Gegenüber geschult wird.

2.6.1.1.5 Selbstkontrolle zum Ziel der Aggressionshemmung

Bei Kindern und Jugendlichen, die aggressives Verhalten zeigen, geht mit diesem Verhalten immer ein verstärkendes positives Gefühl einher (z.B. die Befreiung von Wut, das Gefühl von Macht), oder aber es folgt unweigerlich auf die Gewalthandlung. Beim Aufbau einer aggressionshemmenden Selbstkontrolle ist es wichtig, dass die, der aggressiven Handlungsweise gegenüberstehende nichtaggressive Alternativhandlung, ein größeres Verstärkungspotential besitzt als das ursprünglich gezeigte Verhalten. Die Heranwachsenden müssen also motiviert sein, ihr eigenes Verhalten zu kontrollieren, was eine Kraftanstrengung bedeutet, denn es ist für sie augenscheinlich einfacher, sich unkontrolliert und ungehemmt aggressiv zu gebaren. Wie unter Punkt 3.4.1.1.1 schon erwähnt, ist eine Grundvoraussetzung für kontrolliertes Handeln ein entspannter und ruhiger Gesamtzustand des Organismus. Der erste Schritt zu einer Selbstkontrolle ist somit der schwierigste, nämlich in einer Konfliktsituation die Ruhe zu bewahren. Es gilt an dieser Stelle einmal zu begreifen, wie schwierig es für ein geistigbehindertes Kind oder einen jugendlichen Geistigbehinderten ist, in Situationen ruhig zu bleiben, in denen Wut, Zorn und andere als aggressiv geltende Gefühle die einzigen befreienden Reaktionen zu sein scheinen. Das Erhalten einer Entspannung und das Verhindern von Anspannung müssen hier, und das sei noch mal betont, als ein wichtiges Ziel zur Prävention von aggressivem Verhalten angesehen werden. Auch bei der Intervention ist ein Einüben von Entspannungstechniken ein wichtiger unterstützender Faktor.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eine weitere Voraussetzung zur Erlangung von Selbstkontrolle ist die unter 3.4.1.1.2 bereits erwähnte Differenzierung der Wahrnehmung. Nur wenn eine Situation in ihren realistischen Ausmaßen erlebt wird, und auch Konsequenzen des eigenen Handelns bedacht werden können, ist es möglich, das eigene Verhalten zu steuern. Bei Heijkoop findet man einen Hinweis darauf, wie Menschen in einer festgefahrenen (z.B. von Aggressionen geprägten) Situation Zeit und Raum wahrnehmen:81

Im oberen teil der Abbildung sieht man die Wahrnehmung von Raum und Zeit in einer normalen, entspannten Situation. Die betreffende Person ist in der Lage, die vergangenen Begebenheiten zu überdenken und überdies zu sehen, in welche Richtung sich sein momentanes Handeln bewegt. Auf den Raum bezogen, weiß die Person, von wo sie gekommen ist und wo sie gerade hingeht. Man kann sagen, dass die Person über einen erweiterten Rezeptionsradius verfügt. Im unteren Teil der Abbildung ist demgegenüber die Wahrnehmung einer Person dargestellt, die sich in einer festgefahrenen Situation befindet. Das Wahrnehmen von Vergangenheit und Zukunft ist immer mehr in Richtung der momentan erlebten Gegenwart gerückt. Bereits Geschehenes wird aus dem Blickwinkel verloren, und etwaige Konsequenzen des eigenen Handelns können nicht mehr bedacht werden. Auf den Raum bezogen bedeutet dies eine eingeschränkte räumliche Wahrnehmung bis hin zur Orientierungslosigkeit, ein Zustand wie unter Scheuklappen. Die Person verfügt nun über einen stark beschränkten Rezeptionsradius.

Ist man sich dieser Vorgänge bewusst, so wird verständlich, dass ein empfundener Entspannungszustand einen signifikanten Einfluss auf die Wahrnehmungsmöglichkeiten der Person haben kann und dass andererseits eine eingeschränkte Wahrnehmung auch einen verspannungsfördernden Stressfaktor darstellen kann. Hat das Individuum diese ersten Hürden genommen, so kann es sein eigentlich bevorzugtes impulsives Verhalten unterbrechen oder zumindest zeitlich verzögert zeigen, was einen ersten Schritt zur erfolgreichen Selbstkontrolle und zur Hemmung aggressiven Verhaltens bedeutet.

2.6.1.1.6 Einfühlungsvermögen zur Neubewertung der Folgen eigenen Handelns für das Gegenüber

Einfühlungsvermögen oder auch Empathie ist eine wichtige Vorraussetzung dafür, das eigene aggressive Verhalten zu unterbrechen. Wenn eine Person sich in ihr Gegenüber, dem sie eigentlich einen Schlag versetzen möchte, hineinversetzen kann, so ist es ihr möglich nachzuempfinden, welchen Schmerz, welche Angst und welch erniedrigendes Gefühl der Schändung dieses Gegenüber nach Ausführung der geplanten Handlung spüren muss. Es ist nun vor allen Dingen wichtig, dass aufgrund dieser empathischen Überlegungen ein Mitgefühl für das vermeintliche Opfer entsteht, welches beim Aggressor eine Senkung des Aggressionspotentials bewirkt, also einen Hemmungsfaktor darstellt. Das Vorhandensein von Einfühlungsvermögen ist darüber hinaus für die Überlegungen in Hinblick auf die Ziele einer personenorientierten Intervention von so enormer Wichtigkeit, da das Vermögen zu empathischen Empfindungen auch ein aggressionsverschlimmerndes Potential beinhalten kann. Versetzt sich der Aggressor ohne jegliches Mitgefühl in sein Opfer hinein, so kann er den geplanten Schlag derart ausführen, dass er eine größtmögliche Schmerzzufügung erreichet. Bei verbalen Aggressionen hat ein mitleidloses Hineinversetzen in das Gegenüber zur Folge, dass ein hoher Grad an Beleidigung, psychologischem Terror und Angst produziert wird.

Es kann also nicht nur um das Einüben und Erlernen empathischer Fähigkeiten gehen, denn das könnte unabsehbare negative Folgen haben. Vielmehr geht es um die innere ,,[...] Vorweg- und Anteilnahme an den Konsequenzen für das Opfer einer aggressiven Handlung [...]"82. Der vermeintliche Aggressor soll sein Handeln auf der Grundlage des Wunsches, ,,das Leiden des Opfers"83 zu vermeiden, unterbrechen. Aggression wird unterbunden, wenn diese Form der Einfühlung erfolgreich vermittelt werden kann.

2.6.1.2 Methoden einer personenorientierten Intervention im Unterricht mit aggressiven geistigbehinderten Schülerinnen und Schülern

Die Methoden einer personenorientierten Intervention bei Geistigbehinderten werden hier in zwei verschiedene Kategorien unterteilt, da es sich empfiehlt, nach zwei unterschiedlichen Zielrichtungen vorzugehen. Je nachdem welche dieser Zielrichtungen angebracht erscheint, muss die dementsprechende, darauf abgestimmte Methode gewählt werden. Die erste zu nennende Zielsetzung ist ein Stoppen des aggressiven Verhaltensexzesses, um ein Fortführen des Unterrichts möglich zu machen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine direkte, überlegte und konsequente Intervention vonnöten, welche die Handlung des Aggressors abbricht und welche ein weiteres Ausbrechen im Idealfall unterbindet. Die zweite Zielsetzung ist eine möglichst effektive und stabile Veränderung der Verhaltensweisen. Diese Absicht lässt sich durch eine Planung realisieren, welche die Erreichung von Interventionszielen als eine langfristige Aufgabe ansieht, wobei Bezug genommen wird auf die unter 3.4.1.1 schon genannten Ziele nach Petermann & Petermann84.

2.6.1.2.1 Interventionsmethoden zur kurzfristigen Erreichung gesetzter Ziele

Das übergeordnete Ziel der in diesem Abschnitt erläuterten Interventionsmethoden ist, ein im Unterricht akutes aggressives Verhalten eines Schülers adäquat und in möglichst effektiver Weise zu unterbrechen, um den Unterricht alsbald weiterführen zu können. Im Idealfall sollte das Verhalten zumindest für die Dauer des Unterrichts unterbunden bleiben.

_ Time-Out from positive reinforcement

Das ,,Time-out from positive reinforcement"85 -Verfahren (auch ,,Ausschluß-Verfahren"86 ) ist eine Methode, bei der eine Isolation erzwungen wird, indem die aggressive Person in einen gesonderten, anregungsarmen Raum gebracht wird. Durch dieses Handeln werden der betreffenden Person die vorhandenen sozialen Verstärker entzogen.87 Der Ablauf kann folgendermaßen beschrieben werden:

Reagiert eine Schülerin oder ein Schüler in unangemessener und unerwünschter Art und Weise aggressiv, so wird das Kind, der Jugendliche sofort in einen gesonderten Raum gebracht. Beachtet werden muss, da durch diese Methode jedwede Verstärkung verhindert werden soll, dass der Heranwachsende keine positiven Verstärkungen erfährt, bevor er in das andere Zimmer gelangt. Die Lehrkraft sollte demnach keine verbalen oder mimischen Äußerungen von sich geben und den auffälligen Schüler bzw. die auffällige Schülerin so schnell wie möglich in einen geeigneten Raum bringen.88 Die Frage danach, wie lange der zu Unterrichtende im Time-out Raum verbleiben soll, wird unterschiedlich beantwortet. Während Lischke eine Verweildauer von zwei Minuten bis zu drei Stunden empfiehlt89, merken Adriaans und Duker an, dass einerseits eine Isolation von einer halben Stunde die Wirksamkeit der Interventionsmethode beeinträchtigt, andererseits aber ein einminütiges Absondern auch keine ausreichenden Ergebnisse zeigt; empfohlen wird daher eine 15minütige Verweildauer, wobei generell darauf zu achten ist, dass das Kind ein paar Minuten ruhig ist, bevor es aus der Isolation entlassen wird90.

Einen Vorteil bietet die Time-out Methode vor allem bei Kindern und Jugendlichen, die durch ihr aggressives Verhalten die Gesundheit anderer Heranwachsender gefährden.91 Durch die Isolation entnimmt man sie erst einmal der Reichweite anderer Personen, wodurch sie vorerst keine Gefährdung mehr für andere Personen darstellen. Um nun der Zerstörung von Schulinventar entgegenzuwirken, sollte gewährleistet sein, dass in dem Time-out Raum keine Gegenstände vorhanden sind, die der Aggression der Schülerin oder des Schülers zum Opfer fallen könnten. Es muss also ein geeigneter Raum zur Verfügung stehen, der sich zudem in relativer Nähe zum Klassenraum befindet, da es, wie schon erwähnt, von Vorteil für das Verfahren ist, wenn der Schüler so schnell wie möglich isoliert wird. In einem von Heinrich verfasstem Buch heißt es, dass insbesondere bei stark aggressiven Kindern ein rasches Isolieren vonnöten ist, und ein gekonntes Agieren längere Kämpfe zwischen Lehrer und Schüler speziell dann verhindern kann, wenn das Kind die Isolation als äußerst unangenehm empfindet.92 Weiterhin wird festgestellt, dass ein Ringen mit dem Kind auch wegen ,,[...] der sehr negativen Lerneffekte für das Kind unbedingt zu vermeiden [...]"93 ist. Schwierig ist die Durchführung des Time-out dann, wenn die Schülerin oder der Schüler sich während des Ausschlusses selbst zu verletzen versuchen. Es kann durch die Unkontrolliertheit aggressiver Ausbrüche durchaus zu schwerwiegenden Verletzungen kommen, die durch eine entsprechende Fixierung oder die Anwesenheit einer sich neutral verhaltenden Person im Isolationsraum verhindert werden müssten.94 Eventuell sollte beim Auftreten von Selbstverletzungsverhalten eine entsprechend andere Methode gewählt werden.

_ Verhaltensunterbrechung

Die Verhaltensunterbrechung wird von Adriaans und Duker als eine abgewandelte Form des Time-out beschrieben, die in Verbindung mit der im Vorigen schon beschriebenen Methode des ,,Time-out from positive reinforcement" angewendet wird.95 Bei diesem Verfahren wird das aggressive Kind daran gehindert, sein Verhalten weiter auszuführen. Dies kann dadurch geschehen, dass das Kind festgehalten wird oder dass ihm Instrumente entwendet werden, mit denen es seine Handlungen ausübt. Die Art und Weise, wie eine Handlung unterbrochen wird, richtet sich, wie ersichtlich ist, sehr nach dem Charakter und der Richtung des jeweiligen Verhaltens. Sollte ein mehrmaliges Unterbrechen des Benehmens ohne Erfolg bleiben, ist eine Isolation in einen Time-out Raum angezeigt.96 Anzuwenden ist die Verhaltensunterbrechung insbesondere dann, wenn das aggressive Verhalten der Schülerin oder des Schülers aus verschiedenen Gründen, wie z.B. des akuten Risikos für andere, der Gefahr von erheblicher Zerstörung des Schulinventars und/oder einer dadurch bedingten drohenden Selbstverletzung, sofort unterbunden werden muss. Die durchführenden Personen sind angewiesen zu bedenken, dass speziell bei starken und motorisch geschickten Schülern gezielt und vorsichtig vorgegangen werden muss, um Verletzungen zu vermeiden. Je nach Intensität des aggressiven Ausbruchs und dem Grad des Kontrollverlustes beim Kind, sollte die daraus resultierende erhöhte Körperkraft nicht unterschätzt werden.

_ Überkorrektur

Die Methode der Überkorrektur97 ist ein Bestrafungsverfahren, welches für die aggressive Person unangenehme Auswirkungen hat, da ihre Tat, ihr Verhalten in einer für sie erzwungenen und damit unerwünschten Handlung mündet. Die Überkorrektur findet vor allem dort Anwendung, wo ein Schüler durch seinen aggressiven Ausbruch Dinge nur insoweit verändert, als dass diese von dem entsprechenden Kind oder Jugendlichen später wieder in ihren Ausgangszustand gebracht werden können. Das Benehmen und das Handeln der Schülerin, des Schülers können also korrigiert werden. Als Beispiel: Gerät ein Schüler in Wut und leert dabei einige Puzzleschachteln aus, so wird es ihm im Anschluss auch möglich sein, diese wieder aufzuräumen; schlägt der Schüler hingegen in seiner Wut Türen zu oder beschimpft ein anderes Kind, so ist eine Korrektur nicht möglich, und die Methode kann nicht verwendet werden. Nach Meinung der Autoren Adriaans und Duker ist die genannte Technik gerade deshalb zu empfehlen, da sie ,,[...] am besten an die in der Praxis oft bereits verwendeten Methoden [...]"98 anschließt. Denn wenn ein Kind durch einen Ausbruch von Aggressionen etwas in Unordnung bringt, ,,[...] werden neun von zehn Erziehern [...]"99 das Kind anhalten, die Unordnung auch selbst wieder zu beseitigen. Die Methode der Überkorrektur geht jetzt allerdings noch einen Schritt weiter. Bleibt man beim Beispiel der Unordnung, so wird der Schüler nicht nur dazu genötigt, sein Handeln zu korrigieren und das von ihm verursachte Durcheinander zu beseitigen, sondern er ist gezwungen, den ganzen Klassenraum in Ordnung zu bringen. Der Schüler nimmt also zunächst eine Korrektur vor, indem er die direkten Ursachen seines Ausbruchs beseitigt, muss danach aber zusätzlich noch eine Überkorrektur durchführen, die mit den direkten Auswirkungen seiner Aggressionsäußerung nicht unmittelbar etwas zu tun hat. Das Bestehen eines bestimmten inhaltlichen Bezugs zur Aktion des Schülers sollte dabei natürlich immer gewährleistet sein, damit die Sinnhaltigkeit der Strafe ersichtlich ist.100 Außerdem ist es wichtig, dass die Überkorrektur unmittelbar auf die Aggressionsäußerung folgt, so dass ein zeitlicher Bezug zur unerwünschten Handlung gegeben ist.101 Auch sollte nach Adriaans und Duker die Ausführung der Überkorrektur durch den Schüler einen gewissen Zeitrahmen in Anspruch nehmen und gewährleistet sein, dass sie dem Schüler Anstrengung bereitet; eine Pause darf bei der Bewerkstelligung der Bestrafungsmaßnahmen nicht eingelegt werden. Durch das Überkorrektur-Verfahren werden beim Schüler also negative Emotionen ausgelöst, die durch den direkten inhaltlichen und zeitlichen Bezug zur Aggression von ihm als äußerst unerfreuliche Ergebnisse seiner eigenen Taten empfunden werden. Bei einer konsequenten Durchführung dieser Methode ,,[...] wird das Störverhalten allmählich nachlassen."102 Die Durchführbarkeit im Unterricht muss in einzelnen Fällen evaluiert werden. Es ist z.B. angezeigt, dass sich der Unterrichtende die Frage stellt, ob der Unterricht während einer Überkorrektur weitergeführt werden kann. Erwähnt sei an dieser Stelle, dass dies durchaus möglich ist, und zwar dann, wenn die Klasse entsprechende Situationen bereits kennt, und die Aktionen des Aggressors aus diesem Grunde nicht mehr genug Interesse wecken. Zweifelsohne ist jeder Anfang schwer - auch die Überkorrektur wird zunächst einen Störfaktor darstellen und der Unterricht in der ersten Zeit etwas zähflüssiger ablaufen, was aber kein Hinderungsgrund sein sollte, das Verfahren anzuwenden, wenn es als sinnvoll erachtet wird. Im Großen und Ganzen ist eine Überkorrektur auch nur dann zu empfehlen, wenn sichergestellt ist, dass das jeweilige Kind, der jeweilige Jugendliche die Aufforderung der Lehrkraft und die aufgebürdete Arbeit nicht als eine positive Form der Zuwendung erfährt.103 Wird festgestellt, dass der zu Unterrichtende die Überkorrektur als etwas Angenehmes empfindet, da er auf diese Art eine soziale Verstärkung erfährt, so sollte eine andere Methode, z.B. das Time-Out-Verfahren, also der Entzug von sozialen Verstärkern, gewählt werden, um das Verhalten einzudämmen.

_ Verknüpfung verschiedener Interventionsmethoden am Beispiel der Kombination von Verhaltensunterbrechung mit dem Verfahren der differentiellen Verstärkung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bereits bei der Beschreibung der Methode zur Verhaltensunterbrechung wurde eine Kombination zweier, sich ähnelnder Konzepte angerissen. Die Koppelung von zwei unterschiedlichen Verfahren kann einen wirkungsverstärkenden Effekt haben. Einer von Meyer zitierten Untersuchung zur Folge (Tab. 1), bewirkt eine Kombination der Verhaltensunterbrechung (PND 81,12) mit der Methode des differentiellen Verstärkens (PND 57,83) eine sehr hohe Wirksamkeit der Interventionsmaßnahme; der PND-Wert (Erklärung siehe Tab.1) liegt bei einer solchen vorgenommenen Koppelung bei 100.104 Die genannte Untersuchung bezieht sich allerdings auf die Wirksamkeit der Methodik bei einem vorliegenden Selbstverletzungsverhalten Geistigbehinderter. Dennoch mindert dies nicht die Anschaulichkeit der Ergebnisse. Die Koppelung zweier Interventionsmethoden hat demnach eine Effektivitätssteigerung zur Folge. Aufgrund dieser Erkenntnisse ist eine Erhöhung der Wirksamkeit von Maßnahmen durch deren Kombination wohl auch bei der Anwendung im Bereich der Intervention bei aggressiven Verhaltensweisen zu vermuten, so dass auch hier eine angemessene Verbindung von Interventionsmethoden empfohlen werden kann.105

Beim Zusammenschluss von Verhaltensunterbrechung und differentieller Verstärkung wird auftretendes aggressives Verhalten umgehend, wie bereits unter 3.4.1.2.1.2 beschrieben, unterbrochen. Die Unterbrechung hindert das Individuum zunächst an der Ausübung von Aggressionen und setzt einen hemmend wirkenden, aversiven Reiz. Eine positive Konsequenz der Handlung wird vorenthalten. Beruhigt sich die Schülerin oder der Schüler, so wird immer dann sozial verstärkt, also gelobt und Zuwendung geäußert, wenn angemessenes und erwünschtes Verhalten gezeigt wird. Zu Beginn der Intervention sollten die Verstärkungsintervalle recht kurz gehalten werden; es darf also recht oft gelobt werden. Bei entsprechender Wirksamkeit können auch ab und an materielle Verstärker zum Einsatz kommen, wie z.B. bestimmte bevorzugte Nahrungsmittel. Von Zeit zu Zeit wird, und dabei ist je nach Erfolg der bisher durchgeführten Handhabung zu entscheiden, der zeitliche Abstand zwischen den einzelnen Verstärkungen vergrößert.106 Im Verlauf dieser Intervention sollte es gelingen, das aggressive Verhalten wirkungsvoll einzudämmen. Bemerkt werden muss allerdings noch, dass trotz der mutmaßlich hohen Wirksamkeit dieser Methode keine Erfolgsgarantie besteht. Je nach Art der geäußerten Aggression und Gestalt der Begleitumstände kann ein anderweitig geprägtes Vorgehen sinnvoller sein.

2.6.1.2.2 Interventionsmethoden zur langfristigen Erreichung gesetzter Ziele

Zur Unterstützung der unter 3.4.1.2.1 beschriebenen Methoden ist eine langfristig geplante Intervention zu empfehlen, die auf bestimmte dispositionelle Faktoren, welche im Rahmen dieser Arbeit bereits aufgeführt worden sind, einwirkt. Bezug genommen wird dabei auf die Ziele einer personenorientierten Intervention, die bei einer Einflussnahme auf Verhaltensweisen richtungsweisend sind. Es soll mittels der im Folgenden beschriebenen Interventionen eine langfristig andauernde und somit stabile Veränderung des Verhaltens angebahnt werden.

_ Entspannungsübungen im Unterricht mit geistigbehinderten Kindern und Jugendlichen auf der Basis des autogenen Trainings nach Schultz

Im Abschnitt 3.4.1.1.1 wurde schon über die Wichtigkeit von einer entspannten und ruhigen Grundhaltung gesprochen. Ein entspannter Organismus ist rein physiologisch nicht aggressionsbereit.107 Am eigenen Beispiel lässt sich oft bemerken, dass beim Empfinden von Wut und Zorn eine Anspannung in der Muskulatur erfolgt. Der Körper bereitet sich auf Kampf oder Flucht vor; diese Anspannung fördert die Suche nach einer Lösung der Situation in einer aggressiven Weise. Ist man jedoch in der Lage, sich, und sei es auch nur für eine kurze Dauer, zu entspannen, so ist die physiologische Ausgangssituation für eine friedliche, nicht-aggressive Konfliktlösung hergestellt. Das regelmäßige Einüben einer Entspannungstechnik beinhaltet zwei Faktoren, die sich positiv auf die Hemmung von Aggressionen auswirken. Zum Ersten stellt sich durch das Empfinden eines eintretenden Entspannungsgefühls im Zusammenhang mit den suggestiven ,,Kommandos" des Lehrers eine positive Verstärkung ein. Der erreichte Zustand wird als angenehm verspürt und die Atmosphäre der Ruhe und der Gewaltlosigkeit mit der Zeit präferiert, was hemmend auf aggressive Verhaltensweisen wirkt. Zum Zweiten erwächst aus einer regelmäßigen Übung eine gewisse Routine, was nicht heißen soll, dass die Übungen langweilig werden müssen, da sie sich variieren lassen. Der Vorteil, den eine solche Routinebildung mit sich bringt, ist die Tatsache, dass die Schülerinnen und Schüler auch außerhalb der Unterrichtssituation auf die erlernten Techniken zurückgreifen können und somit in Konfliktsituationen nicht so leicht zu Verspannung und Aggressionen neigen wie Kinder, die sich nicht entspannen können. Das Beherrschen von Entspannungstechniken führt somit auch zu einer besseren Selbstkontrolle mit dem Ziel der Aggressionshemmung (siehe Abschnitt 3.4.1.1.5).

Das Autogene Training wurde gegen Ende der 20er Jahre im zwanzigsten Jahrhundert von dem Psychiater und Neurologen J.H. Schultz entwickelt. Ziel dieses Trainings ist es, eine selbst herbeigeführte Entspannung zu erlernen, welche eine erholsame Wirkung auf den ganzen Organismus hat und die Schultz mit dem Zustand der Hypnose vergleicht.108 Die Übungen aus dem Bereich der ,,psychophysiologischen Standardübungen"109 werden von Mundt zur Durchführung mit Geistigbehinderten empfohlen. Die Übungen lassen sich wie folgt unterteilen:

_ Einstimmung und Ruhetönung

| Das autogene Training sollte nicht ohne einen eigens dafür vorgesehenen Übergang direkt auf die alltägliche Unterrichtsarbeit oder eine bestehende Unruhe folgen. Es ist zunächst ein Abbau von Aufruhr und körperlicher Ruhelosigkeit erforderlich, der durch eine lebhafte Bewegungsübung erfolgen kann. Resultat der Übung ist ein gewisser Grad an Erschöpfung, und infolgedessen entsteht auch ein innerliches Bedürfnis nach Ruhe und Entspannung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

| Nach einer solchen Übung nehmen die Schülerinnen und Schüler ihre Ruhepositionen ein, wobei das Liegen mit geschlossenen Augen auf einer weichen Unterlage am sinnvollsten ist. Mit geübten Kindern kann auch die sogenannte Droschkenkutscherhaltung (Abb. 5) ausprobiert werden, die bei einem Mangel an geeigneten Räumen auch in der Klasse eingenommen werden kann, ohne dass Tische und Stühle aus dem Weg geräumt werden müssen. Nun ist es nötig, dass die Kinder nur noch den eigenen Körper wahrnehmen und die Sinneseindrücke äußerer Reize auf die eigenen Atemgeräusche reduzieren. Eine gesprochene oder von den Kindern gedachte Ruhesuggestion soll zu einem angenehmen Mattigkeitsgefühl führen und die folgende Übung einleiten.

_ Die Schwereübung

| Sinn dieser ersten Übung ist es, über die Suggestion eines Schweregefühls eine Muskelentspannung hervorzurufen. Das Lockern der Körpermuskulatur führt dabei in der Tat zu einer Schwereempfindung. Einzelne Körpersegmente werden nacheinander angesprochen, z.B.: ,,Mein linkes Bein wird schwer".

_ Die Wärmeübung

| Wie bei der vorherigen Übung werden die Körperteile nacheinander durch eine geplante Beeinflussung erwärmt. Die Vorstellung von Wärme führt zu einer Kapillarerweiterung und somit auch zu einem Wärmeempfinden.

_ Die Atemübung

| Die Schülerinnen und Schüler werden nun angehalten, ihre Atmung ganz ruhig fließen zu lassen und dies bewusst, aber passiv wahrzunehmen. Die Vorstellung von ruhigen, rhythmischen Bewegungen kann auf die Atembewegung übertragen werden und zu einer besseren Verständlichkeit der Aufforderung ,,Meine Atmung fließt ruhig und gleichmäßig." führen.

_ Die Sonnengeflechtsübung

| Die Bauchorgane werden mit Hilfe dieser Übung gelockert. Die Aufforderung ,,Mein Bauch wird wunderbar warm." leitet zu einer Entspannung und einem Ausgleich der inneren Organe an.

_ Die Stirnkühle-Übung

| Die Imagination, dass ein kühler Wind über die Stirn streicht, soll eine Kapillarverengung an der Stirn zur Folge haben und zu einem kühlen Kopf führen.

_ Vorsatz-Formeln

| Bevor diese Übung durchgeführt wird, ist es notwendig, dass Körper und Geist durch die vorhergegangenen Übungen vollkommen entspannt sind. Durch eine dementsprechend erreichte Tiefenentspannung können suggestive Äußerungen, die in kurzen, positiv ausgedrückten Formeln artikuliert werden, das Unterbewusstsein erreichen. Solche Vorsätze, die der Lehrer formuliert, werden von den Heranwachsenden sicherlich aufgenommen, jedoch ist es angezeigt, ihnen keine übergeordnete Bedeutung in Bezug auf eine Verhaltensveränderung zuzuweisen. Es sind vielmehr Erinnerungen, auf welche die Kinder im Idealfall zurückgreifen können.

_ Rücknahme

| Die unter der Entspannung minimierte Kreislauffunktion muss gegen Ende der Übungen wieder normalisiert werden. Aus diesem Grunde werden zunächst Streck- und Bewegungsübungen durchgeführt, die eine Muskelanspannung bewirken und die Weitung der Blutgefäße verringern. Es wird so einem Schwindelgefühl oder schlimmer einem Kreislaufversagen beim Aufstehen nach einer Übung vorgebeugt.110

Die im Vorherigen beschriebenen Übungselemente sind im Unterricht nicht als kompletter Block anwendbar, sondern einzeln auszuwählen. Unter Umständen ist auch eine Kombination möglich, wobei die Reihenfolge der Sequenzen allerdings nicht beliebig festsetzbar ist; die Übungen sollten nacheinander ausgeführt und immer mit einer Rücknahme beendet werden.111 Es bietet sich im Unterricht mit geistigbehinderten Schülerinnen und Schülern an, die Teilübungen des autogenen Trainings in sogenannte ,,Phantasiereisen"112 einzubinden. Sie werden dadurch anschaulicher, d.h. die Aufforderungen der Lehrkraft können besser verstanden und befolgt werden. Zum anderen wird die Entspannungsübung durch das Anregen der Vorstellungskraft und den leitenden Einfluss einer erzählten Rahmenhandlung wesentlich interessanter für die Kinder oder die Jugendlichen. Petermann & Petermann verwenden diese Art der Verknüpfung in ihren ,,Kapitän Nemo-Geschichten"113. Hierbei folgt auf eine vorausgegangene Ruheinstruktion eine Entspannungsphase auf der Basis des Autogenen Trainings. Auch bei Mundt finden sich mehrere Beispiele für Phantasiereisen, in welchen die Anweisungen zur Entspannung gemäß den bereits geschilderten Übungen nach Schultz beschrieben werden.114 Fernerhin stößt man auf Übungen und Spiele, die direkt dem Abbau von körperlicher Erregung dienen und empfehlenswerterweise vor den Entspannungsaufgaben zu veranstalten sind. Eine Kapitän Nemo-Geschichte sowie eine Phantasiereise und eine kleine Auswahl von Übungen und Spielen zum Abbau von Unruhe und Erregung befinden sich als Kopie im Anhang.

_ Methode zum Einüben einer differenzierten Wahrnehmung und angemessenen Verhaltensweise bei geistigbehinderten Kindern und Jugendlichen im Unterricht auf der Basis des Trainings mit aggressiven Kindern von Petermann & Petermann (1997)

Während es beim Trainieren von körperlicher Ruhe und Entspannung nicht unbedingt eine genau definierbare Zielsetzung geben muss, ist es bei der Durchführung des Einübens einer differenzierteren Wahrnehmung und angemessenen Verhaltensweise hingegen von Wichtigkeit, auf was für ein Ziel bei einer vorhandenen Problemstellung die Nuance gesetzt wird. Daher sollte im Vorfeld beim Protokollieren des Verhaltens und dessen Bedingungsgefüges (vgl. auch Abschnitt 3.3.1 und 3.3.2) die Situation erfasst worden sein, welche für den Schüler ein Problem darstellt, und für die er nicht genügend Handlungsalternativen in seinem Verhaltensrepertoire vorfindet. Bei den nachfolgend erwähnten Übungen geht es darum, dieses Repertoire mit neuen Verhaltensmöglichkeiten aufzufüllen und dieses neue Verhalten einzuüben. Nach Petermann & Petermann115 macht das Einführen neuer Verhaltensformen nur dann Sinn, wenn sie auch entsprechend eingeübt werden können. Im Unterricht lassen sich sicherlich gute Möglichkeiten finden, um mit den Schülerinnen und Schülern ein derartiges Training durchzuführen. Es ist jedoch offensichtlich, dass je nach Zusammensetzung der Klasse und je nach der entsprechenden Disposition des aggressiven Schülers bzw. der aggressiven Schülerin ein individuelles und modifiziertes Vorgehen angezeigt ist. Die hier verwendeten Beispiele müssen dem individuellen Unterricht mehr oder weniger angepasst werden, um Erfolg zu zeigen. Darüber hinaus können mit einer passenden Modifikation verschiedene Ziele aus Abschnitt 3.4.1.1 angesteuert werden, wie bspw. die Erlangung einer angemessenen Selbstbehauptung als positive Form der Aggression, Kooperation und Hilfeleistung als aggressionshemmendes Alternativverhalten und Einfühlungsvermögen zur Neubewertung der Folgen eigenen Handelns für das Gegenüber.

Folgendes Problemverhalten ist denkbar:

Ein Schüler in der Klasse reagiert dann aggressiv, wenn Mitschüler etwas mit ihm spielen wollen, eine Partnerarbeit angebahnt werden soll oder z.B. im Gestaltenunterricht Hilfe angeboten oder erbeten wird. Das Kind ist nicht in der Lage, die eigenen Interessen im Sinne einer Kooperation mit denen anderer zu verknüpfen. Sein sonstiges Verhalten ist auch eher selbstzentriert, es kommt fast ausschließlich nur dann zu einem Kontakt zu anderen Schülern, wenn ein eigenes Interesse von zentraler Bedeutung ist. Der Schüler verhält sich immer etwas grob und rüde, selbst wenn er es ist, der um eine Kontaktaufnahme ersucht. Um dem Schüler in der entsprechenden Situation andere Verhaltensformen nahe zu bringen, kann eine Übung im Klassenrahmen abgehalten werden. Wichtig bei ihr ist es, dem Schüler klar zu machen, dass er kein großes Opfer bringen muss, um mit anderen Kindern zu interagieren, und dass der investierte Einsatz im Verhältnis zum entstehenden Gewinn recht gering ist.

Möglich wäre nun folgende Übung:

Im Unterricht mit der ganzen Klasse wird eine als Bild dargestellte Situation ( Bild siehe Anhang) zum Einstieg verwendet. Auch können Fotogeschichten als Videomaterial angeboten werden; jedoch ist ein statisches Bild im Unterricht mit Geistigbehinderten oftmals von Vorteil. Die Schülerinnen und Schüler können so nämlich ganz in Ruhe die Bildsituation betrachten. Ein Film dagegen hat den Nachteil, dass er sich nach der Abspielzeit der Wahrnehmung der Schüler entzieht, was bedeutet, dass diese eine recht schnelle Auffassungsgabe besitzen und eine recht hohe Gedächtnisleistung erbringen müssen, wenn es darum geht, das Gesehene im Rahmen der Übung aufzuarbeiten. Trotzdem ist ein Vorteil des Filmes natürlich seine hohe Anschaulichkeit. Benutzt die Lehrkraft nun aber das Medium ,,Bildkarte", wird zunächst einmal mit den Schülerinnen und Schülern besprochen, was auf dem Bild dargestellt ist:

In der gezeichneten Beispielsituation sind ein Mädchen und ein Junge zu sehen, die zusammen in einem Spielzimmer auf dem Boden hocken. Der Junge ist über eine Kiste mit Legosteinen gebeugt. Das Mädchen kniet vor einem Puppenhaus und schaut der Tätigkeit des Jungen zu. Die Situation wird von Petermann&Petermann wie folgt beschrieben: ,,Ein Junge und ein Mädchen spielen jeweils mit einem Holzpuzzle. Nachdem er sein Spiel beendet hat, fragt er sie, ob sie mit ihm Lego spielen möchte, doch sie spielt lieber mit dem Puppenhaus. Der Junge gibt nicht nach, packt die Legokiste und schlägt sie dreimal auf den Boden auf und sagt: ,,Lego, Lego, Lego!" Das Mädchen wird sowohl traurig als auch wütend und sagt, dass sie nicht immer das spielen möchte, was er will."116

Anhand dieser Vorgaben erarbeitet der Lehrende zusammen mit den Lernenden die Handlungsweisen der Kinder in dieser beispielhaften Situation, natürlich entsprechend dem Entwicklungsstand und der Möglichkeiten seiner Schülerinnen und Schülern. Danach kann in einem Rollenspiel das Besprochene nachgespielt werden, um es für alle zugänglich zu machen. Ein mehrmaliges Nachspielen der Situation ist zu empfehlen, damit alle Schüler, die gerne möchten, die Chance bekommen, sie aus beiden Perspektiven zu erleben. Haben alle Schüler die bestehende Lage verstanden, so wird langsam damit begonnen einen Entwurf zu erstellen, der etwas darüber aussagt, wie sich die Kinder in der kleinen Geschichte weiterhin verhalten könnten. Der verhaltensauffällige Schüler wird angehalten Mutmaßungen über den Fortgang der Bildsituation anzustellen. Die übrigen Schülerinnen und Schüler schildern desgleichen ihre Meinung dazu, wie die Situation sich fortsetzen kann. Es werden auf diesem Weg Vorschläge gesammelt, auf die zu einem späteren Zeitpunkt Bezug genommen werden kann. Für die Kinder soll auf jeden Fall ersichtlich werden, dass ihre Äußerungen wichtig sind und nicht einfach unter den Tisch gekehrt werden. Der Lehrer bzw. die Lehrerin erklärt den Schülern, dass er bzw. sie zwei mögliche Fortsetzungen schildern wird und nach jeder Schilderung eine Pause macht, um sie mit ihnen zu besprechen.

,,1. Lösung

Der Junge besteht weiterhin darauf, nur mit den Legos zu spielen. Er stößt den Legokasten mehrfach auf den Boden und haut dem Mädchen auf das Bein. Sie schaut erschrocken, zieht sich zurück, senkt den Kopf und spielt mit einer Puppe. Beide Kinder verharren einen Moment. Dann beginnt jeder für sich weiterzuspielen: das Mädchen mit den Puppen und der Junge mit den Legos."117

Der Anschaulichkeit halber kann nun auch diese Situation kurz gespielt werden, wobei auch der Unterrichtende in eine der Rollen schlüpfen kann. Die vorgestellte Alternative wird nun auch mit den Schülern besprochen. Fragen wie: ,,Habt ihr auch schon einmal so gehandelt?" und ,,Wer von euch hat so etwas denn schon einmal erlebt?" stellen einen Bezug zur kindlichen Erlebniswelt her und zeigen dem Pädagogen auf, welche Erfahrungen der Kinder in Bezug auf ihr eigenes Verhalten und das anderer gemacht wurden. So kann der Lehrer, die Lehrerin zudem auch noch Informationen über Einstellungen der Klasse zu Aggressionen sammeln und später im Dienste seiner, ihrer Arbeit verwerten. Die Kinder trainieren durch die Fragen des Lehrers ihre Wahrnehmung und lernen, die Situation richtig einzuschätzen und mit bereits Erlebtem zu vergleichen. Sie beurteilen erfahrene Momente und ordnen sie der erdachten Situation im Unterrichtsgeschehen zu. Im weiteren Unterrichtsgespräch sollen die Schüler die Erlebnisse und auch die vorgetragene erste Lösung bewerten und äußern, ob sie anders oder genauso handeln würden. Je nach Entwicklungsstand der Kinder sollen sie diese Äußerungen auch begründen. Schülerinnen und Schüler, die zu aggressivem Verhalten neigen, aber von sich behaupten, in solch einer Situation friedlich zu reagieren, sollten vom Lehrenden auf die Diskrepanz zwischen ihrer Äußerung und ihrem Verhalten hingewiesen werden, denn allem Anschein nach kennen diese Kinder auch friedliche Verhaltensformen, müssen jedoch motiviert werden, diese auch zu zeigen. Der Lehrer nennt nun die zweite Fortsetzungsmöglichkeit.

,,Lösung 2

Das Mädchen überlegt kurz und sagt: ,,Ich habe eine Idee! Wir können doch ein großes Haus für meine Puppen bauen!" Der Junge findet diese Idee akzeptabel und sie bauen mit den Legos ein Haus."118

Auch diese Fortsetzungsversion wird einmal durchgespielt und besprochen. Die Schüler werden dann dazu angehalten, eine Bewertung vorzunehmen. Sie können berichten, ob sie selbst schon einmal auf einen solchen Kompromiss eingegangen sind oder aber ob irgendwann einmal jemand anderes eine solche Abmachung vorgeschlagen hat. Der Lehrer kann während des Gesprächs positive Äußerungen zu dieser zweiten Lösung mit sozialen Verstärkern bekräftigen. Im weiteren Ablauf können im Rollenspiel friedliche Lösungsvorschläge von den Kindern durchgespielt werden, die ihrem eigenen Erleben entspringen. Wichtig ist hierbei, dass diese Übungssituation den zu Unterrichtenden Freude bereitet. Die empfundene Freude kann somit als Verstärkung für das eingeübte Verhalten dienen und ergo ein positives Gefühl mit einer bestimmten Art zu handeln verknüpfen.

2.6.2 Zur umgebungsorientierten Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht

Es besteht die Möglichkeit, dass bei allen Anstrengungen und Versuchen, personenorientiert vorzugehen, um die Verhaltensweisen beim Schüler zu verändern, die erwarteten Ergebnisse ausbleiben. Auch der Einsatz einer breiten Palette von personenorientierten Methoden kann nicht garantieren, dass Handlungsweisen effektiv modifiziert werden. In so einem Fall ist genau zu prüfen, ob dispositionelle Faktoren nicht eventuell invariabel sind und sich durch eine Intervention, so engagiert sie auch durchgeführt sein mag, überhaupt verändern lassen.119 Tritt so ein Fall ein, müssen die Bedingungsfaktoren überprüft werden, um andere Auslöser und Ursachen für das aggressive Verhalten zu entdecken, welche nicht in der Person begründet sind. Solche Faktoren wirken aus der Umgebung auf das Individuum ein, ergeben sich also aus den in Kapitel 2.5 bereits ausführlich beschriebenen Situations- und Lebensumfeldfaktoren und werden als auslösende Faktoren bezeichnet.

2.6.2.1 Ziele einer umgebungsorientierten Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht

Wie schon erwähnt, zielen umgebungsorientierte Maßnahmen auf Lebensumfeld- bzw. Situationsfaktoren ab, was eine möglichst genaue Analyse dieser Variablen nötig macht.120 Ein genaues Entwirren der komplexen Strukturen auslösender Umstände aggressiven Verhaltens ist offensichtlich nicht einfach und erfordert neben einer genauen Wahrnehmungsgabe sicherlich auch Fingerspitzengefühl und vor allem Erfahrung. Nichtsdestotrotz ist es unerlässlich für die Formulierung spezieller Zielsetzungen, das Bedingungsumfeld einer sich im Unterricht abspielenden aggressiven Verhaltensäußerung verstanden zu haben. Sind diese Beobachtungen und Überlegungen abgeschlossen, können spezifische, die Intervention betreffende Ziele artikuliert werden.

2.6.2.1.1 Die das Lebensumfeld betreffende Zielsetzung

Den Großteil des Lebensumfeldes bei geistigbehinderten Schülerinnen und Schülern macht in quantitativer und qualitativer Hinsicht sicherlich das Elternhaus aus. Diesen Bereich jedoch als Lehrerin oder Lehrer in einer sich auf das Verhalten der Schülerinnen und Schüler auswirkenden Weise zu beeinflussen, gestaltet sich in der Praxis als äußerst schwierig.121 Dennoch sollte es eine pädagogische Absicht sein, gezielte Aufklärung und Beratung im häuslichen Bereich der entsprechenden Schüler vorzunehmen. Gerade bei Eltern von geistigbehinderten auffälligen Kindern und Jugendlichen ist die Auffassung zu beobachten, dass ein aggressives Verhalten in der Person des Heranwachsenden begründet sei und von den Pädagogen durch ein entsprechendes Eingreifen zu behandeln und kurieren sei.122 Dass jedoch auch die Situation im häuslichen Umfeld der Kinder und Jugendlichen zu ihrem Verhalten beiträgt, bzw. dieses stabilisieren kann, wird von den Eltern betreffender Schüler meist nicht erkannt; es besteht also die Notwendigkeit mittels einer umgebungsorientierten Intervention zielgemäß einzugreifen. Interessant erscheint noch, dass dieses gerade angeführte Problem, so Meyer, auch im schulischen Bereich zu finden ist, und zwar immer dort, wo Pädagogen eine therapeutische Behandlung empfehlen, ohne dass auslösende Faktoren im Bereich des Schulalltags überhaupt zur Diskussion stehen.

2.6.2.1.2 Die situativen Bedingungen betreffenden Zielsetzungen

Situative Bedingungen aggressiver Verhaltensweisen beziehen sich auf exakt die Konstellation, in der die entsprechenden unerwünschten Handlungen zu beobachten sind. Daher ist es ratsam, sämtliche Geschehnisse, die vor, während und nach einem Verhaltensexzess ablaufen, genau zu beobachten. Anschließend muss geprüft werden, welches dieser beobachteten Geschehnisse ein konstanter Begleiter jener unerfreulichen Verhaltensweisen ist und somit als Auslöser bezeichnet werden kann. Dabei kann es sich um einen spezifischen Auslöser handeln oder eine sich bedingende Gruppe von bestimmten situativen, auslösenden Faktoren. Sobald Klarheit über das Situationsgefüge der jeweiligen Sachlage herrscht, können genaue Ziele formuliert werden. Übergeordnetes Ziel ist hierbei, die situativen Bedingungen entweder zu verändern oder sie auszuschalten, um eine entsprechend unerwünschte Reaktion zu verhindern. Was im Geschriebenen wie eine einfache mathematische Gleichung klingt, kann sich in der Praxis allerdings und darauf sei noch einmal hingewiesen, ziemlich schwierig ge-stalten (siehe dazu Abschnitt 3.4.2.2.2).

2.6.2.2 Maßnahmen einer umgebungsorientierten Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht

In diesem Abschnitt werden weniger genau ausgearbeitete Methoden beschrieben als vielmehr ein exemplarisches Vorgehen, da sich die Art und Weise der umgebungsorientierten Intervention sehr an der entsprechend vorgefundenen Umgebung orientiert.

2.6.2.2.1 Das Lebensumfeld betreffende Maß nahmen

Obgleich eine Einflussnahme auf das Lebensumfeld von Schülerinnen und Schülern sich als äußerst schwierig darstellt, sollte man das Ziel einer Modifikation von elterlichem Verständnis und Verhalten, auch wenn sie noch so gering wäre, nicht aus den Augen verlieren.

Eine Maßnahme stellt hierbei eine gezielte Elternberatung dar, die in Form eines Besuchs der Familie des verhaltensauffälligen, aggressiven Schülers durchgeführt werden kann. Der Vorteil eines solchen Besuchs liegt darin, dass die Umgebung, in welcher der Schüler, die Schülerin lebt, im selben Zug mitbegutachtet werden kann. Eine Beantwortung der Frage, wie kindgerecht die Wohnung und das Wohnviertel gestaltet sind, kann ebenfalls zum weiteren Verständnis der Problematik beitragen.123 Das Elterngespräch selbst sollte mit dem Wissen stattfinden, dass Eltern, wie schon erwähnt, dazu neigen, den Pädagogen als eine Art Chirurgen zu betrachten, der das unerwünschte Verhalten, einer Krankheit gleich, aus dem Kind herausschneiden kann. Der erste Schritt einer Unterredung sollte also sein, den Eltern zu erklären, dass eine Mithilfe ihrerseits wichtig für den Verlauf der Intervention ist. Weiterhin kann mit den Eltern besprochen werden, unter welchen Bedingungen das Kind aggressiv reagiert, und dass es sinnvoll wäre, diese Bedingungen zu verändern, da nicht zu erwarten ist, dass sich der junge Mensch den Bedingungen anpasst. Meyer gibt jedoch zu bedenken, dass auch ,,[...] behutsam an Eltern herangetragene Überlegungen, das eigene Verhalten zu überdenken und gegebenenfalls zu modifizieren, [...] nicht selten zum Abbruch gemeinsamer Interventionsbemühungen [...]"124 führen können. Aus jenem Grund ist eine sehr intensive Elternberatung nur dann angezeigt, wenn die Vermutung besteht, dass die Eltern gewillt sind, ihre Handlungsweisen kritisch zu hinterfragen, und zusätzlich Bereitschaft zeigen, aktiv mitzuwirken. Wenn dies zutrifft, kann ein solches Gespräch einen positiven Effekt auf das pädagogische Selbstbewusstsein der Eltern haben, da sie im Nachhinein in der Lage sind, sich selbst nicht als untätig und ohnmächtig wahrzunehmen, sondern ihrer erzieherischen Aufgabe mit neuem Elan und Verständnis nachkommen können.

Eine weitere, wenn auch begrenzte Möglichkeit zur Elternberatung bieten Elternabende an, an denen alle Eltern der Klasse teilnehmen. Es können in diesem speziellen Rahmen sicherlich nicht allzu spezifische Probleme einzelner Schülerinnen und Schüler angesprochen werden, jedoch sollte man den Versuch nicht unterlassen, Gespräche zwischen den Eltern untereinander zu initiieren. Mit einigem Engagement von Lehrern und Eltern kann sich auf diesem Weg z.B. eine Gesprächsgruppe bilden, die sich regelmäßig trifft und eine Chance für Eltern und Lehrer darstellt, problembehaftete schulische und häusliche Angelegenheiten u. a. mit dem Ziel zu diskutieren, geeignete Lösungen für die vorhandenen Schwierigkeiten zu finden und so eine Verbesserung der Umstände anzubahnen.125

2.6.2.2.2 Die situativen Bedingungen betreffenden Maß nahmen

Mehr Einfluss als bei den Lebensumfeldfaktoren kann ein Lehrer, eine Lehrerin sicherlich auf die situativen Bedingungen aggressiven Verhaltens nehmen, da sich das Verhalten wie auch die genannten Bedingungen im Unterricht ereignen. Es soll hier, um dies noch einmal in Erinnerung zu rufen, auf jene Variablen Einfluss genommen werden, die eine unerwünschte Verhaltensäußerung auslösen, mit dem Ziel, das entsprechende Verhalten dauerhaft zu unterbinden. Die Interventionsabsicht ist demnach nicht darin zu suchen, die Handlungsweise des Schülers im Hinblick auf die entsprechenden Auslöser zu modifizieren, da es sich ja nicht um ein personenorientiertes Vorgehen handelt. Der Schüler reagiert also in gleichen bzw. einander ähnelnden Situationen immer wieder aggressiv, da nicht sein Verhalten an sich variiert wird, sondern wiederholt eine Situationsveränderung bzw. Situationsunterbindung erfolgt.

Wie schon des Öfteren angesprochen, ist eine sehr genaue Situationsanalyse vonnöten, um die Auslöser einer aggressiven Handlungsweise herauszuarbeiten. Es kann z.B. vorkommen, dass nicht ein bestimmter, sondern zwei oder mehrere Faktoren in Kombination eine Aggressionsäußerung bedingen. So erfolgt beispielsweise die aggressive Reaktion einer Schülerin oder eines Schülers nicht bei Lärm und auch nicht bei einer etwas verschlechterten Luftqualität im Klassenzimmer, treten jedoch beide Bedingungen in einer Koppelung auf, so ist ein Aggressionsausbruch quasi vorprogrammiert. Die Möglichkeit einer derartigen Ausgangssituation sollte in die Interventionsplanung stets einbezogen werden. Der Lehrer, die Lehrerin kann bei ausreichender Kenntnis in gezielter Weise die Beseitigung oder Modifizierung von auslösenden Umständen in Angriff nehmen und folglich ein Ausbrechen von aggressiven und evtl. sogar gefährlichen Situationen verhindern. Schwierig kann es allerdings werden, wenn Faktoren als Auslöser identifiziert werden, die eine sehr schlechte Veränderungsprognose vermuten lassen, z.B. wenn Personen, die an der Schule arbeiten, im schlimmsten Fall der Klassenlehrer, das aggressive Schülerverhalten heraufbeschwören und zwar nicht durch bestimmte Handlungen, sondern allein durch die Tatsache ihrer bloßen Anwesenheit. Sollte in der Tat der Klassenlehrer solch ein ,,Störfaktor" sein, liegt wohl in einem Klassenwechsel die einzig sinnvolle Interventionsmöglichkeit.126 Bei einer auffälligen Reaktion auf andere Mitschüler ist vielleicht eine Änderung der Sitzordnung angezeigt; sollte dies ohne Erfolg bleiben, ist genauso unweigerlich ein Wechseln der Klasse vonnöten. Diese Maßnahme ist allerdings mit bestimmten Problemen verbunden, die im organisatorischen Bereich liegen. Es sollte also vor einem Klassenwechsel geprüft werden, inwieweit er sich de facto auf die Ausbrüche einer Schülerin oder eines Schülers positiv auswirken kann. Sollten aber die Handlungen und das Gebaren von Mitschülern für die Aggressionsausbrüche anderer verantwortlich sein, so ist zu abzuklären, ob sich das auslösende Verhalten unter Umständen verändern lässt.

Beim Anbahnen einer Abwandlung situativer Auslösefaktoren kann schrittweise vorgegangen werden, um so die Effekte auf das Verhalten der Schülerin oder des Schülers immer wieder zu beobachten. Bei einer merklichen Besserung kann die Interventionstätigkeit zunächst unterbrochen werden. Es ist nämlich nicht notwendig, eine bestimmte Variabel gänzlich zu unterbinden, wenn durch eine Veränderung jener ein in gleicher Weise effektives Vorgehen möglich ist. Ein schrittweise gestaltetes Intervenieren kann mithin effizienter sein, als auf Anhieb extreme Umgestaltungen zu forcieren.

2.6.3 Zur bewertungsorientierten Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht

Die bewertungsorientierte Intervention wirkt nicht auf das Verhalten der aggressiven Person, sondern führt beim Betrachter zu einer Neubewertung der wahrgenommenen Handlungsweisen. Theoretische Basis dieser Art der Intervention ist ein RET (Rational- Emotive-Therapie) genanntes Therapiemodell.127 Grundgedanke dieses Modells ist die Annahme, dass nicht ein Ereignis, z.B. eine unerwünschte, als aggressiv interpretierte Handlungsweise einer Person, die Ursache für ein schlechtes emotionales Befinden seiner selbst darstellt, sondern lediglich die subjektive Bewertung dieses Ereignisses eben jene Gefühle auslöst. Angesprochen wurde der bedeutsame Umstand der Bewertung von Wahrnehmungen auch schon im Abschnitt 1.1.2.2 (instrumentelle Aggression). Wenn aggressives Verhalten z.B. der Intention folgt, bei einem anderen Menschen das Gefühl der Hilflosigkeit zu erzeugen, so ist eine Voraussetzung für das Gelingen dieses Vorhabens eine von Seiten des Gegenübers dementsprechende Bewertung der erlebten Aggression. Würden die Handlungen nämlich nicht in der Weise beurteilt, wie es der Aggressor vorsieht - und hier liegt nun der entscheidende Punkt der Theorie für eine bewertungsorientierte Intervention bei aggressiven Verhaltensweisen -, bliebe sein Tun ohne jeden verstärkenden Effekt und hätte für die aggressive Person evtl. sogar eine negative, unbefriedigende Emotionsempfindung zur Folge. Insbesondere bei unveränderbaren Verhaltensweisen, die auch durch eine umgebungsorientierte Intervention nicht zu regulieren sind, macht ein bewertungsorientiertes Vorgehen verstärkt Sinn.128 Bestimmte aggressiv anmutende Aktionen geistigbehinderter Kinder und Jugendlicher werden von Lehrern und Eltern oft als schwierig und problematisch empfunden, obgleich sie z.B. eine symptomatische Begleiterscheinung der jeweiligen Behinderung darstellen. In so einem Fall ist ein negativ auffälliges Handeln und Gebaren ohne Zweifel nicht pädagogisch beeinflussbar, auch wenn es auf noch so große Ablehnung stößt und als massive, sich selbst betreffende Beeinträchtigung empfunden wird. Die mit dergleichen in Berührung kommenden Personen können sich im Prinzip nur dann besser fühlen, wenn es ihnen gelingt, ihre Bewertungsmaßstäbe das Verhalten des Kindes betreffend dergestalt zu verformen, dass eben jenes Verhalten nicht mehr als störend empfunden, sondern als Teil der Persönlichkeit des Kindes akzeptiert wird.

2.6.3.1 Ziele einer bewertungsorientierten Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht

Das übergeordnete Ziel der bewertungsorientierten Intervention ist eine inhaltliche Veränderung der Beurteilungsmaßstäbe von Personen. Damit wird keine Verhaltensänderung beim aggressiven Kind hervorgerufen, sondern erreicht, dass das Verhalten des Kindes nicht mehr als aggressiv interpretiert wird. Durch eine Veränderung der eigenen Einstellung schwindet also der störende Charakter einer Handlung.

In diesem Zusammenhang weist Meyer mit Nachdruck darauf hin, dass eine Bewertungsveränderung hingehend einer Verleugnung der Behinderung eines Kindes und/oder der damit verbundenen Sorgen und Ängste der Eltern kein Ziel dieser Interventionsrichtung darstellen dürfe.129 Es soll im Gegenteil u.a. zu einem neuen Verständnis von Realität kommen; diese Art von Erfahrung ist möglich, indem nach einer Neubeurteilung eine dereinst als Wirklichkeit ausgelegte Wahrnehmungsbewertung völlig anders geartet erscheint. Auf den Unterricht angewendet, hilft eine Bewertungsveränderung bezogen auf das Schülerverhalten einen völlig neuen und befreiten Zugang zum Schüler zu finden, gerade dann, wenn die vom Lehrenden angestellte, subjektive Beurteilung aggressiver Handlungsweisen einer gesunden und positiven Beziehung zum Schüler im Wege steht. Die Qualität des Miteinanders in der Klasse erfährt durch eine Anpassung der lehrereigenen Bewertungsmaßstäbe an die Schülerschaft eine Aufwertung, welche günstig auf das Unterrichtsklima einwirken kann.130 Des Weiteren soll eine Veränderung des eigenen Bewertungssystems einer unrealistischen Erwartungshaltung entgegenwirken; denn es ist denkbar, dass manche pädagogischen Ziele von einzelnen geistigbehinderten Schülerinnen und Schülern nicht zu erreichen sind, auch nicht durch ein therapeutisches Einwirken Dritter.131 Frustrationen der Schüler, die dadurch auftreten können, dass sie die zu hoch gesteckten Erwartungen der Eltern oder Lehrkräfte nicht erfüllen können, würden durch einen Umschwung in der Erwartungshaltung jener Bezugspersonen, durch die Verifizierung bestimmter Verhaltenseinschätzungen reduziert werden können. In diesem Zusammenhang ist es von großer Bedeutsamkeit, den Weg zu kennen, der gegangen werden muss, um eine Bewertungsveränderung herbeiführen zu können. Was außerdem noch dazu kommt -und hier liegt eine nicht zu unterschätzende Schwierigkeit- ist, dass eine betreffende Person sich selbst gegenüber eingestehen muss, eine ehemals unrealistische Beurteilung und Wertung von Situationen durchgeführt zu haben.

2.6.3.2 Maßnahmen einer bewertungsorientierten Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht

Möchte man das Ziel der Modifizierung eigener Bewertungsmaßstäbe erreichen, so muss es zu einer ,,kognitiven Umstrukturierung" bereits bestehender Denk- und Beurteilungsmuster kommen. Ohne Hilfe von außen wird den eigenen Fähigkeiten zur kritischen Selbstreflexion viel abverlangt. Meyer führt verschiedene Dialogtechniken auf, die in Therapien zur Veränderung der Einstellung eine Rolle spielen. Die Kenntnis solcher Methoden, quasi mittels eines inneren Zwiegesprächs die eigene Bewertungsmatrix in differenzierter Weise zu hinterfragen und so zu einer Neubewertung verschiedener Alltagselemente zu gelangen, kann recht hilfreich sein. Bei einem Einsatz in Elterngesprächen ist sicherlich Vorsicht geboten, denn auch ein gut geschulter Sonderpädagoge ist kein Therapeut und sollte sensibel darauf achten, keine falschen Vorstellungen zu erzeugen. Fatal wären hier z.B. eine Bagatellisierung von aggressiven Verhaltensäußerungen oder eine unnötig nihilistische Einstellung betreffs der Effekte von Fördermaßnahmen.132

Als Beispiel für eine Maßnahme zur bewertungsorientierten Intervention soll kurz die sokratische Fragemethode genannt werden. Hierbei werden vorsätzlich Fragen gestellt, bei deren Beantwortung eine Abweichung von der eigenen Einstellung zwingend notwendig ist.133 Bei einer Durchführung an der eigenen Person sollten daher Fragen zu einem bestimmten Problem aufgeworfen werden, welche notwendigerweise zu einer Antwort führen, die nicht mit der bisherigen Sichtweise des Problems kompatibel ist.

Eine weitere Maßnahme für die Veränderung einer Einstellung bietet ein verstärktes Einfühlen in den Schüler, die Schülerin, welcher bzw. welche ein als aggressiv interpretiertes Verhalten zeigt. Auf diesem Weg wird ebenfalls versucht, ein neues Verständnis für den betreffenden jungen Menschen zu entwickeln.134 Ebenso ist es möglich, die eigenen bestehenden Denkweisen einmal konkret auszuformulieren und jeder bestimmbaren Einstellung Konsequenzen für den entsprechenden Schüler zuzuordnen.135 Auf diese Weise können zumindest einmal die Auswirkungen des eigenen Bewertungsmaßstabes aufgezeichnet werden, wodurch ein erster Schritt in eine andere, neue Richtung unternommen wird, welche ja einige Vorteile für einen selber, aber auch für die Schüler verspricht .

Speziell bei dem Vorhandensein von aggressiven Verhaltensweisen bei geistigbehinderten Schülerinnen und Schülern, muss jedoch nochmals nachdrücklich darauf hingedeutet werden, dass eine Bewertungsveränderung nicht das Ziel einer Bagatellisierung von Aggressionen oder deren Ignorierung zur Folge haben darf. Denn je nach Kontext können Aggressionen, die keine Interventionsmaßnahme erfahren, sich in ihrer Intensität verstärken und häufiger auftreten. Ein zu langes Abwarten und Fehlen von Aktivität, so auch Petermann & Petermann, stabilisiert aggressives Verhalten wohlmöglich unnötig. Es ist also mit größtmöglicher Verantwortung und Sensibilität zu prüfen, welche Art der Intervention das beste Ergebnis bringt. Was mit der jeweiligen Art der Intervention, die ausgewählt wird, auf jeden Fall erreicht werden sollte, ist eine realistische Einschätzung und Beurteilung von Interventions- und Förderergebnissen im Umgang mit geistigbehinderten Schülerinnen und Schülern.136

Aggressionsprävention im Unterricht mit geistigbehinderten Schülerinnen und Schülern

Bei näherer Betrachtung verschiedener Möglichkeiten der Intervention im Unterricht mit aggressiven Geistigbehinderten und dem Studieren entsprechender Literatur fällt ein Zusammenhang zwischen interventiven und präventiven Methoden auf. Zum Teil eignen sich die einzelnen Interventionsinstrumentarien, entweder in geringfügig modifizierter Form oder auch unverändert, zur Anwendung im aggressionspräventivem Unterricht, weswegen es sinnvoll ist, im Rahmen dieser Arbeit auch auf präventive Methoden aufmerksam zu machen. Prävention ist genau genommen eine zuvorkommende Einmischung in Geschehnisse, welche ohne ein präventives Vorgehen mit relativer Wahrscheinlichkeit eintreten können. Ein derart vorbeugender Unterricht ist wichtig und bedeutsam für die Erhöhung der Wirksamkeit eventuell notwendiger Interventionen, denn nach Petermann & Petermann wird aggressives Verhalten als die stabilste Form der Verhaltensstörung beschrieben. Darüber hinaus ordnen sie einer sich bereits manifestierten aggressiven Verhaltensweise eine relativ schlechte Prognose in Hinblick auf die Wirksamkeit einer Intervention zu137. Schlechte Prognose bedeutet allerdings nicht Perspektivlosigkeit, sondern lediglich, dass eine dauerhafte Modifizierung des bestehenden Verhaltens mit erheblichen Anstrengungen verbunden ist und eine Prävention dagegen bei geringerem Aufwand einen größeren Nutzen erwarten lässt. Besonders im Rahmen des Unterrichts ist eine Prävention vorbereitungsmäßig und methodisch besser und einfacher durchzuführen als eine Intervention gegen bereits bestehendes aggressives Verhalten. Dennoch besteht oft die Notwendigkeit interventiv zu handeln und zu arbeiten, und obgleich die Prognosen je nach Schweregrad des Verhaltens relativ schlecht sind, gibt es Mittel und Wege aggressive Handlungsweisen effektiv einzudämmen und schließlich durch Alternativverhalten zu ersetzen oder anderweitig zu intervenieren, wie dies bereits im Abschnitt 3 dieser Arbeit (Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht) ausführlich behandelt wurde.

Wie oben bereits erwähnt, betrachten Petermann & Petermann138 die Aggression als eine der stabilsten Verhaltensstörungen überhaupt. Demzufolge bietet eine Einbeziehung präventiver Inhalte in den Unterricht an der Schule für Geistigbehinderte eine gute Gelegenheit, um einem Entstehen aggressiver Verhaltensweisen entgegenzuwirken. Zudem ist das Verhältnis zwischen dem Kraftaufwand und dem zu erwartenden Nutzen günstiger als bei einer bereits vorliegenden aggressiven Verhaltensstörung.

Da die Schülerinnen und Schüler in einer Klasse an der Schule für Geistigbehinderte eine äußerst heterogene Gruppe darstellen, sind spezielle, individualisierte Modifikationen der einzelnen Maßnahmen notwendig, um sowohl Kinder und Jugendliche mit einer leichteren geistigen Behinderung als auch schwer geistigbehinderte Kinder und Jugendliche zu erreichen. Im Folgenden wird kurz angesprochen, inwiefern bestimmte Methoden der Intervention auch im präventiven Unterricht zur Verwendung kommen können:

Einige der im Vorfeld besprochenen Methoden der Intervention bei aggressivem Verhalten von geistigbehinderten Schülerinnen und Schülern im Unterricht lassen sich gut im aggressionspräventiven Unterricht einsetzen. Die unter 3.4.1.1 beschriebenen Ziele personenorientierter Intervention sind eine geeignete Grundlage zur Planung aggressionspräventiver Inhalte. Mittels einiger angesprochener Methoden lassen sich diese Ziele gut in den Unterricht einbinden. Meyer z.B. weist darauf hin, dass bestimmte Ziele, welche die psychischen Faktoren (Abschnitt 2.5.1.2 dieser Arbeit) betreffen, auch in den Richtlinien für den Unterricht mit geistigbehinderten Schülerinnen und Schülern zu finden sind.139 Laut Richtlinien sind das beispielsweise Ziele wie ,,Angsterlebnisse bewältigen; Möglichkeiten, Wohlbefinden zu erreichen, kennen und nutzen; Fähigkeit, Veränderungen der eigenen Person zu erkennen, sich in seinen Möglichkeiten zu erfahren und zu stabilisieren; Anbahnen von Kontakten; Verstehen und Erwidern gestischer und mimischer Zeichen; Kontaktstörungen und Kontaktablösungen bewältigen; Fähigkeit mit Regeln umzugehen".140 Eine demgemäß orientierte Förderung verschiedenster Kompetenzen auf der Wahrnehmungs-, Kommunikations- und Bewusstseinsebene kann auch den Zielen eines Unterrichts zur Vorbeugung aggressiver Verhaltensweisen dienlich sein.

2.7 Entspannungsübungen im aggressionspräventivem Unterricht

Es wurde in dieser Arbeit bereits erwähnt, dass eine völlig entspannte Grundhaltung mit aggressiven Handlungsweisen inkompatibel ist. Somit ist das Einüben von motorischer Ruhe und Entspannung ein guter Beitrag zu einer Vorbeugung von Aggressionen. Die Entspannungsübung sollte hierbei in der Weise durchgeführt werden, wie dies unter 3.4.1.2.2.1 (Entspannungsübungen im Unterricht mit geistigbehinderten Kindern und Jugendlichen auf der Basis des autogenen Trainings nach Schultz) bereits beschrieben wurde. Die sich im Anhang befindenden Materialien, wie Phantasiereisen und andere Übungen, können in kreativer Weise den jeweiligen Unterrichtsthemen angepasst werden. Sogar Unterrichtsinhalte können in sehr kleinen Häppchen in eine Entspannungsphase eingebaut werden, wobei der Schwerpunkt aber nicht im Vermitteln von Lerninhalten, sondern immer in der Erlangung einer als angenehm empfundenen Entspannung liegen sollte.141 Das Einbinden von bestimmten Suggestionen oder Lerninhalten in eine Entspannungssituation wird auf das sogenannte Superlearning zurückgeführt; hier geht man davon aus, dass das Gehirn während des Entspannungszustandes viel empfänglicher für Suggestionen ist und somit auch leichter gelernt werden kann.142

2.8 Das Einüben von erwünschtem und zu Aggressionen inkompatiblem Verhalten

Eine weitere bereits im Detail beschriebene Methode ist das Einüben erwünschter, angemessener Handlungsweisen (vgl. hierzu Abschnitt 3.4.1.2.2.2, Methode zum Einüben einer differenzierten Wahrnehmung und angemessenen Verhaltensweisen bei geistigbehinderten Kindern und Jugendlichen im Unterricht auf der Basis des Trainings mit aggressiven Kindern von Petermann & Petermann (1997)). Die beschriebene Methode und das im Anhang angeführte Material können ebenfalls gut für einen vorbeugenden Unterricht verwendet werden. Aktuell im Unterricht behandelte Themen, z.B. über das soziale Miteinander, können sicherlich in eine Planung einfließen und so die Übungen in den Unterricht integrieren. Beispielsituationen sollten der entsprechenden Klassensituation und Schülerzusammensetzung angepasst werden. Ein Beispiel, welches den Schülerinnen und Schülern ein zu hohes Maß an Kognition abverlangt, ist sicherlich ungeeignet, andererseits sollte auch vermieden werden, Kinder, die über größere kognitive Ressourcen verfügen, zu unterfordern. Die Rollenspiele bieten eine Chance, individuell dem Stand der einzelnen Schülerinnen und Schüler zu folgen, da sie von ihnen selbst durchgeführt werden und zwanglos erfolgen sollten. Wichtig ist auch hier bei präventiven Vorhaben, dass die Kinder Spaß an den Übungen haben und diese spielerisch durchgeführt werden. Ein angenehmes Gefühl kann als wichtiger positiver Verstärker fungieren und die eingeübten Verhaltensweisen festigen, was wiederum Aggressionen vorbeugt.

Ein zu aggressivem Handeln und Gebaren inkompatibles Verhalten, wie z.B. Kooperation, sollte im aggressionspräventiven Unterricht immer sozial verstärkt werden. Dazu führt Meyer z.B. aus, dass unauffälliges Verhalten von geistigbehinderten Kindern und Jugendlichen im Unterricht verständlicherweise weniger bemerkt wird als auffälliges, aggressives Verhalten.143 Das bedeutet, man könnte aggressivem Verhalten vorbeugen, indem man kontinuierlich das unauffällige, erwünschte Verhalten der Schülerinnen und Schüler sozial verstärkt. Die Kinder lernen so, dass angemessene, mit Aggressionen inkompatible Verhaltensweisen etwas Positives sind, und bauen Hemmungspotenziale auf, die in Konfliktsituationen ein nicht- aggressives Verhalten möglich machen.

2.9 Umgebungsorientierte Aggressionsprävention im Unterricht mit geistigbehinderten Schülerinnen und Schülern

Ganz einfach ausgedrückt: Das Schaffen einer angenehmen und freundlichen Atmosphäre kann bereits ein umgebungsorientiertes aggressionspräventives Mittel im Unterricht darstellen. Eine eher stressgeladene und konfliktreiche Stimmung innerhalb der Klasse fördert im Gegensatz dazu sicherlich das Ausbrechen von aggressiven Handlungsweisen. Zudem kann im Selbstversuch bewiesen werden, wie das Empfinden von Freude, Spaß und Wohlbehagen ein Aufkommen von aggressiven Gedanken und Gefühlen verhindert. Auf den Unterricht bezogen bedeutet dies, dass Methoden und Inhalte, die den jungen Menschen Freude bereiten, sie möglichst ganzheitlich und in angenehmer Art und Weise befriedigen, eine effektive, situationsbezogene Möglichkeit zur Aggressionsvorbeugung darstellen. Bei einer guten Kenntnis der dispositionellen Ausgangslage der Schülerinnen und Schüler kann sogar eine ganz spezielle umgebungsorientierte Prävention erfolgen. Wenn also die Umstände bekannt sind (z.B. durch ein Elterngespräch), die bei einem Kind oder Jugendlichen mit Sicherheit aggressive Verhaltensweisen hervorrufen, so kann die Lehrkraft durch eine Vermeidung dieser Auslösefaktoren einen aggressiven Ausbruch auf Seiten des Heranwachsenden verhindern. Einer solchen Prävention müssen allerdings gründliche Recherchen vorausgehen, wie auch die Überlegung, ob die daraus entwickelten Ziele auch erreichbar sind.

Schlussbemerkung

Aggressionen und das zeigt allein die Vielfalt der unterschiedlichen Erklärungsversuche, beruhen auf hochkomplexen Verhaltensmustern. Sie sind, wie es Lorenz formuliert, ein Teil menschlichen Instinktverhaltens einerseits, gelten aber andererseits laut Bandura als erlernt und ergo als modifizierbar. Auf solche Widersprüche innerhalb der Literatur stößt man des Öfteren, wenn es um das Studieren und Definieren aggressiven Verhaltens geht. Diese Gegensätze gestalten einen interventionsorientierten Umgang mit Aggressionen innerhalb des Unterrichts äußerst schwierig, vor allem in Hinblick auf eine gute Vorbereitung. Auch die häufig plötzlich in Erscheinung tretenden aggressiven Ausbrüche geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler nebst ihrer überrumpelnden Wirkung auf die Lehrkräfte bereiten Probleme. Soll es jetzt zu sinnvollen Reaktionen der Lehrenden kommen, ist das Vorhandensein eines recht umfangreichen Verhaltens- und Interventionsrepertoires ihrerseits erforderlich.

Diese Arbeit kann einen kleinen Beitrag dazu leisten, zweckmäßige Anregungen und Handreichungen aufzuzeigen, die in genannten Situationen eine intentionale und ergebnisorientierte Handlungsweise ermöglichen oder zumindest erleichtern. So werden auf einer recht breit angelegten theoretischen Basis wichtige interventive Maßnahmen und Methoden aufgeführt und praxisbezogen erläutert. Dabei stehen die verschiedenen Interventionsmöglichkeiten nicht unreflektiert im Raum; es wird vielmehr darauf hingewiesen, kontextrelevant vorzugehen und entsprechende Vorgehensweisen nach in dieser Arbeit genannten Kriterien individuell auszuwählen und gegebenenfalls zu kombinieren. Die ausführlich beschriebenen Zielsetzungen sind eine Voraussetzung dafür, eine individuelle Zielfindung und Operationalisierung zu verwirklichen. Außerdem erleichtern sie ein daran anschließendes konkretes Vorgehen.

Anhand konkreter Interventionsmöglichkeiten kann einem aggressiven Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler im Unterricht aktiv nachgegangen werden. Die Art solcher Interventionsmöglichkeiten und ihr theoretisches Fundament sind im Verlauf dieser Arbeit mit Inhalt gefüllt und näher beleuchtet worden, so dass auf dieser Grundlage eine Planung, Gestaltung und Durchführung von unterrichtlicher Intervention bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler angängig wird.

Zum Schluss sei noch darauf hingewiesen, dass sich im Anhang ein selbst konstruierter Protokollbogen befindet, der anhand des multikausalen Erklärungsansatzes nach Meyer erstellt wurde, jedoch ansonsten auf keinen empirisch gesicherten Erkenntnissen beruht. Der Protokollbogen soll auch mehr ein Anschauungsobjekt für den Wahrnehmungs- und Aufzeichnungsvorgang an sich darstellen und nicht den Anspruch erheben, als vollwertiger Ersatz für anderweitige Hilfsmittel zu dienen, denen gesicherte empirische Erkenntnisse zu Grunde liegen.

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4 Anhang

Untersuchungsergebnisse aus unv. Staatsexamensarbeit Merkentrup, B.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Protokollbogen

1) Dem Verhalten vorausgehende Begebenheiten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2) Situation im Klassenraum zur Zeit der Verhaltensäußerung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3) Beobachtungen hinsichtlich eines möglichen Verhaltensmotivs

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4) Aus dem Verhalten resultierende Konsequenzen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

5) Einbeziehung der momentanen Lebenssituation des Schülers

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Spiele zum Abbau von Unruhe und Erregung 1

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten 144

Spiele zum Abbau von Unruhe und Erregung 2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten 145

Entspannungsgeschichte mit Schwere- und Wärmeformel

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten 146

Kapitän Nemo Geschichte

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten 147

Bild zum Einüben einer differenzierten Wahrnehmung und angemessenen Verhaltensweise

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten 148

[...]


1 Merkentrup, B.: Zum Aggressionsverhalten von Schülerinnen und Schülern mit geistiger Behinderung. Univ. Dortmund: 2000 (unv. Staatsexamensarbeit)

2 Vgl. Ceh, J.: Konflikte und Aggressionen bewältigen. Landsberg am Lech: 1985, S. 16

3 Vgl. Heinrich, J.: Aggression und Streß. Ein Therapiemodell zur Interaktion massiver Auto, Sach- und Fremdaggression geistig Behinderter mit dem Stressverhalten ihrer Bezugspersonen. Weinheim: 1989, S. 18

4 Gratzer, W.: Mit Aggressionen umgehen. Braunschweig: 1993, S.9

5 Vgl. ebenda

6 Ebenda

7 Vgl. Petermann, F.; Petermann, U.: Training mit aggressiven Kindern. Einzeltraining - Kindergruppe - Elternberatung. Weinheim: 1997, S.7

8 Vgl. ebenda S.9f

9 Vgl. Meyer, H.: Verhaltensorientierte Intervention bei Schülerinnen und Schülern mit geistiger Behinderung. Konzeption und Planung. Dortmund: 2000, S.80

10 Petermann, F.; Petermann, U.: a.a.O., S. 9

11 Vgl. ebenda

12 Vgl. Mühl, H.; Neukäter, H.; Schulz, K.: Selbstverletzendes Verhalten bei Menschen mit geistiger Behinderung. Ein Lehrbuch aus pädagogischer Sicht. Bern: 1996; Meyer, H.: a.a.O.

13 Vgl. Mühl, H.; Neukäter, H.; Schulz, K.: a.a.O., S.13

14 Vgl. ebenda S.23

15 z.B. Meyer, H.: a.a.O.; Mühl, H.; Neukäter, H.; Schulz, K.: a.a.O.

16 Vgl. Meyer, H.: a.a.O., S.63f

17 Vgl. Ceh, J.: a.a.O., S.25

18 Vgl. ebenda S.26

19 Neumann, G.H.: Aggressionen in der Schule. Ein Beitrag der Pädagogischen Ethologie zur Aggressionsbewältigung. Düsseldorf: 1982, S.41f

20 Vgl. Frank, H.: Wege aus der Gewalt: Vom Einfluss der Erziehung auf die Aggressivität beim Menschen. Neuwied: 1996, S.26

21 Vgl. Ceh, J.: a.a.O., S.21

22 Vgl. ebenda S.22

23 Vgl. ebenda S.32

24 Vgl. ebenda

25 Vgl. Burkhart, H.; Krech, R.: Aggression und geistige Behinderung. Probleme fremd- und selbstaggressiven Verhaltens. Berlin: 1985, S.74

26 Vgl. ebenda S.75

27 Vgl. ebenda

28 Ebenda S.77

29 Ebenda S.78f

30 Ebenda S.82

31 Vgl. ebenda S.83f

32 Vgl. ebenda S.85

33 Vgl. ebenda S.86

34 Vgl. ebenda

35 Vgl. ebenda S.86ff

36 Petermann, F.; Petermann, U.: a.a.O., S.8

37 Meyer, H.: a.a.O., S. 18

38 Ebenda S. 19

39 Vgl. ebenda

40 Vgl. ebenda

41 Ebenda

42 Vgl. ebenda

43 Vgl. ebenda

44 Ebenda S.20

45 Ebenda

46 Vgl. ebenda S.21

47 erlebt während des Blockpraktikums an der Carl Sonnenschein-Schule, Iserlohn-Sümmern

48 Vgl. Meyer, H.: a.a.O., S.22

49 Vgl. ebenda

50 Ebenda

51 Vgl. ebenda

52 Vgl. ebenda S.24

53 Vgl. Meyer, H.: a.a.O., S. 31

54 Der Protokollbogen ist im Anhang zu finden und wurde auf der Basis des multikausalen Erklärungsansatzes nach Meyer (2000) erstellt.

55 Das Klassenzimmer wird hier stellvertretend für den Ort genannt, an dem das beobachtete Verhalten stattfindet. Es lässt sich ohne weiteres auch jede andere Lokalität einsetzen.

56 Vgl. Meyer, H.: a.a.O., S. 22

57 Vgl. ebenda

58 siehe Anhang

59 Vgl. ebenda S. 25, 49

60 Vgl. ebenda S. 33

61 Ebenda S. 45

62 Heijkoop, J.: Herausforderndes Verhalten von Menschen mit geistiger Behinderung. Neue Wege der Begleitung und Förderung. Weinheim, Basel: 1998, S. 29

63 Ebenda, S. 14

64 Ebenda S. 29

65 Petermann, F.; Petermann, U.: a.a.O. S. 16

66 Vgl. ebenda S. 16

67 Ebenda

68 Vgl. Mundt, B.: Entspannungsübungen mit Geistigbehinderten. Handbuch für die Schulpraxis. Band 20, Dortmund: 1997, S. 13f

69 Ebenda, S. 13

70 Vgl. ebenda, S. 14; vgl. Petermann, F.; Petermann, U.: a.a.O. S. 17

71 Petermann, F.; Petermann, U.: a.a.O. S. 17

72 Vgl. ebenda

73 Ebenda

74 Ebenda

75 Vgl. ebenda S. 18

76 erlebt in der Carl Sonnenschein-Schule für Geistigbehinderte während des Blockpraktikums, Iserlohn-Sümmern, 1998

77 Petermann, F.; Petermann, U.: a.a.O., S. 18

78 Heijkoop, J.: a.a.O. S. 51f

79 Vgl. Petermann, F.; Petermann, U.: a.a.O., S. 18

80 Vgl. ebenda S. 19

81 Heijkoop, J.: a.a.O., S. 37f

82 Petermann, F.; Petermann, U.: a.a.O. S. 20

83 Ebenda

84 Vgl. Petermann, F.; Petermann, U.: a.a.O.

85 Lischke, G.: Aggression und Aggressionsbewältigung. Theorie und Praxis, Diagnose und Therapie. Freiburg/München: 1972, S. 187

86 Burkhart, H.; Krech, R.: a.a.O., S. 300

87 Vgl. ebenda

88 Vgl. Adriaans, P.; Duker, P.: Die Behandlung von Verhaltensstörungen bei Geistigbehinderten. Bern: 1975, S. 44

89 Vgl. Lischke, G.: a. a. O., S. 187

90 Vgl. Adriaans, P.; Duker, P.:a.a.O., S. 44

91 Vgl. ebenda S. 43

92 Heinrich, J.: a.a.O., S. 152

93 Ebenda

94 Vgl. Adriaans, P.; Duker, P.: a.a.O., S. 44

95 Vgl. ebenda

96 Vgl. ebenda

97 Vgl. ebenda S. 39

98 Ebenda

99 Ebenda

100 Vgl. ebenda S. 40

101 Vgl. ebenda

102 Ebenda

103 Vgl. ebenda S. 45

104 Vgl. Meyer, H.: a.a.O., S. 70

105 Vgl. auch Burkhart, H.; Krech, R.: a.a.O., S. 299

106 Vgl. ebenda S. 156

107 Vgl. Petermann, F.; Petermann, U.: a.a.O., S. 16f

108 Vgl. Schultz, I.H.: Das Original-Übungsheft für das Autogene Training. Anleitungen vom Begründer der Selbstentspannung Prof. Dr. Dr. h. c. I. H. Schultz, bearbeitet von Dr. Dr. Klaus Thomas. 23. Auflage, Stuttgart: 2000, S. 15

109 Mundt, B.: Entspannungsübungen mit Geistigbehinderten. Handbuch für die Schulpraxis. Band 20, Dortmund: 1997, S. 18

110 Vgl. ebenda S. 18-21

111 Vgl. ebenda S. 20

112 Ebenda S. 25

113 Petermann, F.; Petermann, U.: a.a.O., S. 74

114 Vgl. Mundt, B.: a.a.O., S. 97-139

115 Vgl. Petermann, F.; Petermann, U.: a.a.O.

116 Ebenda S.81

117 Ebenda

118 Ebenda

119 Vgl. Meyer, H.: a.a.O.

120 Vgl. ebenda S. 50

121 Vgl. ebenda S. 49

122 Vgl. ebenda

123 Vgl. Petermann, F.; Petermann, U.: a.a.O. S. 42

124 Meyer, H.: a.a.O. S. 49

125 Vgl. ebenda S. 50

126 Vgl. ebenda

127 Vgl. ebenda S. 53

128 Vgl. ebenda S. 56

129 Vgl. ebenda S. 57

130 Vgl. Miller, R.: Sich in der Schule wohlfühlen. Wege für Lehrerinnen und Lehrer zur Entlastung im Schulalltag. Basel: 1992, S. 290ff

131 Vgl. Meyer, H.: a.a.O. S. 58f

132 Vgl. ebenda S. 59

133 Vgl. ebenda S. 55

134 Vgl. Miller, R.: a.a.O. S. 294

135 Vgl. ebenda S. 295

136 Vgl. Meyer, H.: a.a.O. S. 59

137 Vgl. Petermann, F.; Petermann, U.: a.a.O., S.4

138 Vgl. Petermann, F.; Petermann, U.: a.a.O.

139 Vgl. Meyer, H.: a.a.O. S. 45

140 Vgl. Der Kultusminister des Landes NRW(Hrsg.): Die Schule in NRW. Eine Schriftenreihe des Kultusministers. Richtlinien für die Schule für Geistigbehinderte (Sonderschule). Düsseldorf:1996, S. 137, 140

141 Vgl. Mundt, B.: a.a.O. S. 67

142 Vgl. Edelmann, W.: Suggestopädie /Superlearning. Ganzheitliches Lernen - das Lernen der Zukunft? Heidelberg: 1994

143 Vgl. Meyer, H.: a.a.O. S. 50

144 Mundt, B.: a.a.O., S. 81

145 ebenda, S. 82

146 ebenda S.109f

147 Petermann, F.; Petermann, U.: a.a.O., S. 74

148 ebenda S. 81

Ende der Leseprobe aus 96 Seiten

Details

Titel
Interventionsmöglichkeiten im Unterricht bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler
Hochschule
Technische Universität Dortmund
Autor
Jahr
2000
Seiten
96
Katalognummer
V98141
ISBN (eBook)
9783638965927
Dateigröße
1108 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Sondererziehung der Geistigbehinderten
Schlagworte
Interventionsmöglichkeiten, Unterricht, Verhalten, Schülerinnen, Schüler
Arbeit zitieren
Thorsten Daum (Autor:in), 2000, Interventionsmöglichkeiten im Unterricht bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98141

Kommentare

  • Gast am 16.1.2001

    Investitionsmöglichkeiten im Unterricht bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler.

    Eine Arbeit, an der ich grosses Interesse habe und die soweit ich sie lesen konnte eine hohe Qualität hat.
    Leider kann ich sie weder auf Hoch, noch auf Querformat vollständig ausdrucken, es fehlen immer einige Worte bzw. Buchstaben in der Zeile.
    Wäre schön, wenn das abgestellt werden könnte oder wenn ich einen Tip bekäme, wie ich an die vollständige Arbeit komme.

Blick ins Buch
Titel: Interventionsmöglichkeiten im Unterricht bei aggressivem Verhalten geistigbehinderter Schülerinnen und Schüler



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