Ernährungsverhalten und Ernährungswissen von Tänzerinnen verschiedener Tanzrichtungen


Masterarbeit, 2014

132 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

TABELLENVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG

2. DIE UNTERSUCHTEN TANZRICHTUNGEN
2.1 Formationstanzsport
2.2 Moderner und zeitgenössischer Bühnentanz

3. ZIELE UND ANFORDERUNGEN
3.1 Formationstanzsport
3.2 Moderner und zeitgenössischer Bühnentanz

4. ERNÄHRUNGSRICHTLINIEN
4.1 Allgemeine Ernährungsrichtlinien der untersuchten Tanzrichtungen
4.2 Spezifische Ernährungsrichtlinien der untersuchten Tanzrichtungen
4.2.1 Formationstanzsport
4.2.2 Moderner und zeitgenössischer Bühnentanz

5. ERNÄHRUNGSSITUATION
5.1 Formationstanzsport
5.2 Moderner und zeitgenössischer Bühnentanz

6. FRAGESTELLUNGEN

7. METHODIK
7.1 Fragebogenkonstruktion
7.1.1 Die Fragebogenmethode
7.1.2 Das Fragebogendesign
7.1.3 Der Fragebogenaufbau
7.1.4 Die Testgütekriterien
7.1.4.1 Objektivität
7.1.4.2 Reliabilität
7.1.4.3 Validität
7.1.5 Der Pretest
7.2 Studiengruppen
7.2.1 Die Auswahl der Studiengruppen
7.2.2 Die Größe und Verteilung der Studiengruppen
7.2.3 Die Durchführung der empirischen Erhebung
7.2.4 Die Rücklaufquote
7.3 Statistische Auswertung
7.3.1 Angewandte Statistische Verfahren
7.3.1.1 Verfahren zur Auswertung der Fragen zum Ernährungsverhalten
7.3.1.2 Verfahren zur Auswertung des Ernährungsquiz
7.3.1.3 Verfahren zur Auswertung des FFQ

8. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
8.1 Allgemeine Daten der Studiengruppen
8.2 Ernährungsverhalten
8.2.1 Gesundheitszustand und Körperwahrnehmung
8.2.2 Körperliche Aktivität
8.2.3 Ernährung
8.3 Ernährungswissen
8.4 Food Frequency Questionnaire

9. SCHLUSSBETRACHTUNG

10. ZUSAMMENFASSUNG
10.1 Abstract

LITERATURVERZEICHNIS

DANKSAGUNG

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1 Durchschnittlicher BMI in kg/m2 der BT und TS im Vergleich (n = 105)

Abbildung 2 Gesundheitszustand der befragten Tänzerinnen in Prozent (n = 105)

Abbildung 3 Zufriedenheit der befragten Tänzerinnen mit dem eigenen Körpergewicht in Prozent (n = 105)

Abbildung 4 Kontrolle des eigenen Körpergewichts bei den befragten Tänzerinnen in Prozent (n = 105)

Abbildung 5 Vitamin- und Mineralstoffmangel bei den befragten Tänzerinnen in Prozent (n = 105)

Abbildung 6 Einnahme von Kontrazeptiva bei den befragten Tänzerinnen in Prozent (n = 105)

Abbildung 7 Anteil an Ausgleichssportarten der befragten Tänzerinnen in Prozent (n = 105)

Abbildung 8 Anteil an Ernährungsumstellungen bei den befragten Tänzerinnen in Prozent (n = 105)

Abbildung 9 Einholung von Ernährungsinformation bei den befragten Tänzerinnen in Prozent (n = 105)

Abbildung 10 Inanspruchnahme von Beratung bei den befragten Tänzerinnen in Prozent (n = 105)

Abbildung 11 Diätmethoden der befragten Tänzerinnen in Prozent (n = 105)

Abbildung 12 Mahlzeiteneinnahme der befragten Tänzerinnen in Prozent (n = 105)

Abbildung 13 Gründe für den Mahlzeitenausfall bei den befragten Tänzerinnen in Prozent (n = 105)

Abbildung 14 Kochverhalten der befragten Tänzerinnen in Prozent (n = 105)

Abbildung 15 Ernährungsweisen der befragten Tänzerinnen (n = 105)

Abbildung 16 Selbsteinschätzung der befragten Tänzerinnen zur Vernachlässigung bestimmter Lebensmittel in Prozent (n = 105)

Abbildung 17 Kriterien für die Lebensmittelauswahl bei den befragten Tänzerinnen in Prozent (n = 105)

Abbildung 18 Flüssigkeitsaufnahmemenge der befragten Tänzerinnen in Prozent 66 (n = 105)

Abbildung 19 Angaben zur Abdeckung des Vitamin- und Mineralstoffbedarfs der 68 befragten Tänzerinnen in Prozent (n = 105)

Abbildung 20 Punkteverteilung Gesamtauswertung der BT und TS im Vergleich mit 73 Profitänzerinnen des FP (n = 142)

Abbildung 21 Durchschnittliche Verzehrhäufigkeit von Getreide und 74 Getreideprodukten bei BT und TS in Portionen/Tag mit Standardabweichung (STABW), (n = 100)

Abbildung 22 Durchschnittlicher Verzehr von Obst und Gemüse bei BT und TS in 76 Portionen/Tag mit STABW (n = 105)

Abbildung 23 Durchschnittlicher Verzehr von Milch und Milchprodukten bei BT und 77 TS in Portionen/Tag mit STABW (n = 102)

Abbildung 24 Durchschnittlicher Verzehr von Fleisch und Wurstwaren bei BT und TS 78 in Portionen/Tag (n = 99)

Abbildung 25 Durchschnittlicher Verzehr von Ei bei BT und TS in Portionen/Woche 80 (n = 90)

Abbildung 26 Durchschnittlicher Verzehr von Fast Food bei BT und TS in 82 Portionen/Woche (n = 102)

Abbildung 27 Durchschnittlicher Verzehr von alkoholfreien Getränken bei BT und TS 83 in Portionen/Tag (n = 103)

Abbildung 28 Durchschnittlicher Verzehr von alkoholischen Getränken bei BT und TS 84 in Portionen/Woche (n = 103)

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1 Merkmale der untersuchten Probandinnen, modifiziert nach (WANKE 2011, S. 25)

Tabelle 2 Einteilung der Tänzerinnen nach BMI und Tanzrichtung, nach (KASPER & BURGHARDT 2009, S. 270), (n = 105)

Tabelle 3 Genannte Symptome der befragten Tänzerinnen (n = 105)

Tabelle 4 Genannte Krankheiten der befragten Tänzerinnen (n = 105)

Tabelle 5 Genannte Mangelerscheinungen an Vitaminen und/oder Mineralstoffen der befragten Tänzerinnen (n = 28)

Tabelle 6 Informationsquelle zur Ernährung bei den befragten Tänzerinnen (n = 76)

Tabelle 7 Ort der Mahlzeiteneinnahme bei den befragten Tänzerinnen (n = 105)

Tabelle 8 Ort der Mahlzeiteneinnahme in den einzelnen Studiengruppen (n = 105)

Tabelle 9 Ernährungsunterschiede in der Freizeit, in Vorbereitung auf Wettkampfe bzw. Prüfungen, Auditions oder Vorführungen sowie an den Tagen dieser Veranstaltungen bei den befragten Tänzerinnen in Prozent (n = 105)

Tabelle 10 Ergebnisse im Ernährungsquiz der befragten Tänzerinnen im 71 Durchschnitt (n = 105)

Tabelle 11 Ergebnisse des Ernährungsquiz in Kategorien: Vergleich 72 Profitänzerinnen des Friedrichstadtpalasts (n = 37) mit dem Gesamtkollektiv (n = 105)

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. EINLEITUNG

„EATING AND DANCING

Recombinant arts.

A domain of pleasure. A domain of courtesy.

Rule-bound. Who sets the rules? Behavior with standards. [...]

They remind us we live in the body-house. [...]

Dancing as the realm of freedom [...]

Eating as the realm of necessity. [...] “ (SONTAG 2002, S. 178ff)

Ambitionierte tänzerische Aktivität ist ebenso physisch fordernd wie jede andere intensive sportliche Aktivität, denn „[...] Tänzer sind die Athleten unter den darstellenden Künstlern" (BRONKHORST 2002). Dies verlangt von den Tänzern1, ihren Körper zu einer maximal möglichen Leistungsbereitschaft zu bringen, um den tänzerischen Anforderungen gerecht zu werden. Wie bei jeder Sportart ist dabei entscheidend, mit welcher Häufigkeit, Intensität und Absicht in der jeweiligen Tanzrichtung trainiert wird. Dabei bestimmen mit steigendem Trainingspensum und Ambitionen des Athleten nicht nur Alter, genetische Veranlagung, Talent oder Trainingszustand die Leistungsfähigkeit, sondern auch die Ernährung beeinflusst die allgemeine körperliche Belastbarkeit, die Dauer und Qualität der Regeneration, die Schlafqualität sowie die Infektanfälligkeit (KONOPKA 1996, S. 8; HAMM et al. 2011, S. 149). Daher ist eine ausgewogene Ernährung ebenso Voraussetzung zur Gesunderhaltung des Körpers wie ein optimales Training und eine gute mentale Einstellung. Allein durch eine sportartangepasste und bedarfsgerechte Ernährung kann so eine Leistungssteigerung von bis zu 15 % erzielt werden (GEISS & HAMM 2000, S. 12). Auch wenn hierzu nicht zwingend spezielle Sportlernahrung oder Nahrungsergänzungen erforderlich sind, sollten sich die Tänzer einer spezifischen Gewichtung der Nährstoffe bewusst sein, um Verletzungen und Krankheiten und damit dem Leistungsabfall oder -ausfall vorzubeugen (CLARKSON 2004).

In der gegenwärtigen Literatur zur Tänzerernährung werden verschiedene Tanzrichtungen und Leistungsniveaus nur geringfügig berücksichtigt (ANGIOI et al. 2009). Speziell Tänzer im professionellen Bereich sollten besonders auf ihre Ernährung achten, da das Leitungspensum in einer meist kurzen Karriere sehr hoch ist und damit die Verletzungsgefahr und Krankheitshäufigkeit steigen kann (HANNA 2006, S. 49, WANKE 2011, S. 155ff). Andererseits ist auch eine bedarfsgerechte Ernährung für ambitionierte Tänzer im Freizeitbereich nicht unerheblich, wenn das Trainingspensum mehr als drei bis vier Stunden pro Woche erreicht (HAMM et al. 2011, S. 149; BARON & BERG 2005, S. 152f).

Gerade im Formationstanzsport sowie im modernen und zeitgenössischen Bühnentanz ist die Ernährungsweise bei Tänzern gegenüber derer im klassischen Bühnentanz noch weitgehend unerforscht (McCABE et al. 2013; KRASNOW & KABBANI 1999). Ziel dieser Arbeit soll es daher sein, zu klären, inwieweit sich -insbesondere die weibliche Tänzerpopulation- dieser Tanzrichtungen, mit Ernährung auseinandersetzt. Dazu wurden Ernährungsverhalten und -wissen von angehenden professionellen Bühnentänzerinnen sowie Formationstanzsportlerinnen aus dem ambitionierten Breitensport untersucht und mit den in der Literatur bisher angegebenen Empfehlungen zur optimalen Ernährung von Tänzern vergleichen. Dabei sollten folgende Punkte untersucht werden:

1. Wissenstand der Tänzerinnen hinsichtlich einer bedarfsgerechten Ernährung im Tanz
2. Umsetzen der Kenntnisse im Alltag
3. Unterschiede zwischen den beiden Studiengruppen

Demnach soll ein Überblick über dieses noch zu explorierende Forschungsfeld gegeben werden.

Hierzu wurde ein Fragebogen an die teilnehmenden Tänzerinnen ausgehändigt, in dem sie zu ihrem Ernährungs- und Trinkverhalten, ihrer tänzerischen und weiteren sportlichen Aktivität befragt wurden. Ferner wurden die Tänzerinnen einem Wissensquiz zur Ernährung unterzogen.

Die Ergebnisse dieser Umfrage werden in Kapitel 8 unter Beachtung zuvor aufgestellter Hypothesen in Kapitel 6 dargelegt. Zuvor werden die ausgewählten Tanzrichtungen in Kapitel 2 näher definiert und in Kapitel 3 deren Ziele und körperlichen Anforderungen erläutert. Die derzeitigen Ernährungsrichtlinien zu den untersuchten Tanzrichtungen werden in Kapitel 4 darglegt und deren aktueller Stand zur Umsetzung in Kapitel 5 vorgestellt. In Kapitel 7 folgt die Darstellung der Methodik, d.h. die Durchführung der Untersuchung und Auswertungsvorgehen des Fragebogens. Abschließend wird ein Überblick der wichtigsten Ergebnisse in Kapitel 9 und die Zusammenfassung der Studie in Kapitel 10 gegeben.

2. DIE UNTERSUCHTEN TANZRICHTUNGEN

„[...] dancing is part and parcel of everyday social life [...]” (Banes 1994, S. 47)

Das Tanzen ist sowohl bei Jugendlichen als auch Erwachsenen sehr beliebt -ob als Gesundheits-, Freizeit- oder Leistungssport. Laut einer amerikanischen Studie gehen 20,9 % von 3598 befragten Jugendlichen dieser Aktivität regelmäßig nach. Gerade bei Mädchen ist Tanzen die dritt häufigste Aktivität (O'NEILL et al. 2011). Dabei werden mehrere Tanzrichtungen unterschieden, zu denen auch der Formationstanzsport sowie der moderne und zeitgenössische Bühnentanz gehören.

2.1 Formationstanzsport

Der Tanzsport oder Turniertanz ist die leistungsorientierte Form des Gesellschaftstanzes und gehört zu den 20 häufigsten Wettkampf- und Freizeitsportarten (BRINSON & DICK 1996, S. 24). Dabei wird zwischen Einzelpaarwettbewerben und Formationswettbewerben unterschieden (BROCKHAUS 2007, S. 473). Letztere sind Wettbewerbe zwischen Mannschaften, die aus mind. sechs bis höchstens acht Paaren mit vier Ersatztänzer/innen bestehen (DTV 2013).

Wettkampfmäßig ausgetragen wurde der Turniertanz erst ab dem 20. Jahrhundert, wobei die Ursprünge bereits im 12. Jahrhundert liegen (SCHMALZBAUER 2011, S.19). So werden Europameisterschaften im Formationstanz erst seit 1967 und Weltmeisterschaften seit 1973 sowohl für Standard- als auch Lateinformationen ausgetragen (BROCKHAUS 2007, S. 173). Letztere beschreiben hierbei die Sektionen des heutigen Turniertanzsports, zu denen jeweils fünf Tänze gehören. Bei den Lateinamerikanischen Tänzen werden der Cha Cha, der Samba, die Rumba, Paso doble und der Jive, die erst seit 1968 auf Turnieren gezeigt werden, getanzt. Gekennzeichnet sind diese Paartänze durch einen lockeren Griff und einen relativ großen Abstand zwischen beiden Partnern. Die Tänze werden unter Einsatz von Kopf, Brust sowie Becken und Hüfte in kräftigen Körperbinnenbewegungen getanzt. Auch trennen sich beide Partner häufig voneinander, um dann vermehrt in statischen Figuren wieder zusammen zu finden (KROMBHOLZ & HAASE-TÜRK 2004, S. 16, 142). Zu den fünf Standardtänzen zählen der Langsame Walzer, Tango, der Wiener Walzer, Slowfox und der Quickstep. Sie werden bereits seit den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts in Wettbewerben gezeigt und sind durch eine geschlossene, leicht nach links versetzte Haltung beider Tanzpartner gekennzeichnet. Diese Grundhaltung bleibt durchgehend bestehen (BURGAUNER 1995, S. 98).

In Deutschland wird der Formationstanzsport durch den Deutschen Tanzsportverband e.V. (DTV) mit Sitz in Frankfurt am Main in einem fünfstufigen Ligasystem (Landes- Ober-, Regional-, 2.Bundes- und 1. Bundesliga) organisiert. Dieses zählt ca. 170 Mannschaften von der Landesliga bis zur 1. Bundesliga. Zusätzlich werden 3 Ligabereiche unterschieden. Dazu gehören der Ligabereich Nord mit Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen und SchleswigHolstein, der Ligabereich West mit Nordrhein-Westfalen und der Ligabereich Süd mit den zugehörigen Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland. Eingeteilt in verschiedene Kader (A- und B- Kader), je nach Rang der Formation in dem jeweiligen Verein, treten die Teams jeder Liga zu fünf Saisonturnieren an. Dabei wird - anders als im Einzelpaartanz- nicht zwischen Professionals (Berufstänzern) und Amateuren unterschieden. Zum Formationstanzbereich gehören offiziell nur Amateure, d.h. die Tänzer trainieren nebenberuflich, und das Training und die Vorbereitung auf Turniere finden vorwiegend am Abend oder am Wochenende statt.

Der Ablauf eines Formationswettbewerbs erfolgt in mehreren Runden, i.d.R. Vor-, Zwischen- und Endrunde, wobei die Formationsdarbietung jeder Runde aus Einmarsch, einem 3 bis 4 % minütigen Hauptteil und einem Ausmarsch besteht. Allerdings geht nur der Hauptteil in die Wertung ein. Schließlich entscheiden die erzielten Plätze in einem Turnier über den Rang und dieser letztendlich über Ab- oder Aufstieg der jeweiligen Formation in die nächstgelegene Liga. Beginn einer jeden Saison (01.09 bis 31.08) ist die Deutsche Meisterschaft, bei der die jeweils acht Formationen der 1. und 2. Bundesliga im Standard und Latein antreten. Der Deutsche Meister jeder Sektion vertritt den DTV in internationalen Wettkämpfen (DTV 2013a; THIERSE & GRÜNINGER 2011, S. 22f; DTV 2013b).

2.2 Moderner und zeitgenössischer Bühnentanz

Der moderne und zeitgenössische Bühnentanz entwickelte sich parallel in Europa und Amerika. Er begann mit einer Körperkulturbewegung, die zugleich überwiegend eine Frauenbewegung war und um 1900 in Europa, vor allem in Deutschland, einsetzte. Ziel war es die Kunst von körperlichen, traditionellen und geistigen Zwängen zu befreien. So galt es sich vorwiegend von den ästhetischen Konventionen des Balletts und dessen Suggestion des schwerelosen Körpers loszulösen. Weiterhin richtete sich die Bewegung gegen die Entfremdung des Menschen von der Natur durch die Industrialisierung. Dagegen wurden der Körper und seine Empfindungsfähigkeit zum Zentrum der Bewegungsfindung gemacht, ohne die Tänzer in ein vorgegebenes Ideal, wie das des Balletts hinein zu pressen. Bewusst wurde sich dabei gegen starke Auswärtsdrehungen (en dehors) der Beine oder das Tanzen auf Spitzenschuhen entschieden. Stattdessen wurden die Tänze meist barfuß gezeigt und Bewegungen unter Einbeziehung der Naturgesetze (Schwerkraft, Spannungswechsel etc.) gestaltet. Außerdem wurden parallele Fußpositionen zugelassen (LEGG 2011, S. 19ff, HUSCHKA 2002, S. 87ff).

Ausgelöst durch diese Reform und deren genannten Grundprinzipien entstanden im Laufe des 20 Jahrhunderts verschiedene Tanzformen und -genres, die zusammen mit dem klassischen Tanz zu den heute gebräuchlichen und gelehrten Tanzformen des modernen und zeitgenössischen Bühnentanzes zählen. Dazu gehören unter anderem der deutsche Ausdruckstanz, der amerikanische modern dance und post modern dance mit Nutzung der Schwerkraft in der Bewegungsfindung, der afrikanische, afro-amerikanische jazz dance mit Fokus auf Polyrhythmik und Polyzentrik, das Tanztheater mit dem Schwerpunkt der Körpersprache sowie Bühnenfolklore, Steptanz und Eurythmie. Damit akzeptiert der moderne und zeitgenössische Bühnentanz eine weitere Spanne an Körpertechniken und Körperbildern als der konservative, klassische Bühnentanz (LIECHTENHAN 2000, S. 207f; REBEL & HÖRNSCHEMEYER 1990, S. 14; CHMELAR et al. 1987).

Dabei ist die Entstehung dieser Bühnentanzformen stark an Personen gebunden. So wurden die Ursprünge im modernen und zeitgenössischen Bühnentanz durch die Amerikanerinnen Isadora Duncan, Loie Fuller und Ruth St. Denis sowie den Franzosen Francois Delsarte und den Schweizer Komponist und Musiklehrer Émile Dalcroze geprägt. Wichtige Vertreter des deutschen Ausdruckstanzes sind u a. Rudolf von Laban, Mary Wigman, Harald Kreutzberg oder Dore Hoyer. Auf amerikanischer Seite sind es vornehmlich Martha Graham (Contraction-Release), Doris Humphrey (Fall-Recovery), Katherine Dunham, Lester Horton, José Limon, Merce Cunningham und Paul Taylor, die durch die Entwicklung gezielter Tanztechniken, den Bühnentanz maßgeblich beeinflussten (LEGG 2011, S. xvii; HUSCHKA 2002, S. 87ff; REBEL & HÖRNSCHEMYER 1990, S. 8, 14ff).

3. ZIELE UND ANFORDERUNGEN

„For the standard against which dancers measure their performances is not simply that of the highest excellence - the standard is perfection.“ (SONTAG 2002, S. 189)

Als eine Kombination aus künstlerischen und athletischen Fähigkeiten ergeben sich bestimmte physische und psychische Anforderungen an die Tänzer, die je nach Tanzrichtung und deren Zielsetzung unterschiedlich sind. Realisiert werden diese körperlichen Ansprüche, in der vorwiegend kraftbetonten Sportart Tanz, durch einen anaeroben und aeroben Mischstoffwechsel, dessen Ausprägung durch die Aktivitätsdauer, den Energieverbrauch, die Kondition der Tänzer, sowie durch den Ernährungszustand determiniert werden (GRÜNINGER 2011, S. 116f ; CHMELAR & FITT 1990, S. 18f). Daher sind die wichtigsten Parameter, welche die Art und Weise der Ernährung kennzeichnen und beeinflussen, die aerobe und anaerobe Kapazität der Tänzer. Diese sowie die spezifischen Zielsetzungen und Anforderungen werden im Folgenden für den Formationstanzsport sowie für den modernen und zeitgenössischen Bühnentanz vorgestellt. Da die Datenlage in beiden Tanzrichtungen gering ist, unterschiedliche Studiendesigns die Vergleichbarkeit reduzieren und die Teilnehmerzahlen oft sehr niedrig sind, kann hierbei nur ein Abriss dieser gegeben werden (McCABE et al. 2013; ANGIOI et al. 2009; KRASNOW & KABBANI 1999).

3.1 Formationstanzsport

Der Tanzsport wird durch ein leistungsorientiertes Denken dominiert. Oberstes Ziel ist der sportliche Erfolg, der sich in einer höheren Platzierung bis hin zum Aufstieg der Formation in eine höhere Liga oder gar zum Deutschen Meister äußert. Zur Erreichung dieses Ziels wird von den Tänzern wie von jedem/jeder Sportler/in eine möglichst gute individuelle Leistungsfähigkeit und hohe Motivation verlangt (SCHMALZBAUER & MELCHERT 2011, S. 41f, BAUMANN 2011, S. 137f). Diese wird je nach Liga durch ein Training von ca. acht bis zehn Stunden pro Woche, vor allem in Wettkampfphasen, angestrebt. Anders als im Bühnentanz dient das Training hierbei nicht nur dem Erhalt und der Verbesserung von tanztechnischen Fertigkeiten, sondern auch der Einstudierung von Choreografien und gezielter Wettkampfvorbereitung (WANKE 2011, S. 113).

Dabei ist das Erreichen einer hohen Synchronität der Formation maßgebend für den Erfolg. So ist es wichtig, dass sich die Paare möglichst simultan zur Musik und unter Einhaltung der einstudierten Bewegungsabläufe der jeweiligen Turnierart an spezifische Positionen im Raum bewegen. Dadurch entstehen immer wieder neue Anordnungen der Paare (Bilder), die zusätzlich durch das Tragen einheitlicher Turnierkleidung (Männer: Frack, Frauen: Turnierkleid und Absatzschuhe) in ihrer Wirkung unterstrichen werden (THIERSE & GRÜNINGER 2011, S. 25). Dies setzt wiederum eine gute Technik der Tänzer, Musikalität, Partnerharmonie, die Beherrschung von Takt, Rhythmus und des Bewegungsablaufs im Raum sowie Balance (Körperhaltung, gute Fuß- und Beinarbeit) und eine angemessene Umsetzung bzw. Interpretation der Choreographie durch die Formation voraus. Hinzu kommen das Beherrschen von Schrittkombinationen und Figuren, die dem jeweiligen Schwierigkeitsgrad der Liga angehören und, ebenso wie die genannten Anforderungen, in die Bewertung der Formationsdarbietungen eingehen (DTV 2013).

Die charakteristischen Bewegungselemente in Kombination mit Musik und Taktzahl, die häufigen Bilderwechsel innerhalb der Choreographie und das Tanzen auf meist großen Tanzflächen erfordern nicht nur präzise, kontrollierte und koordinierte Bewegungen beider Partner, sondern auch Schnelligkeit und Ausdauer. Gerade in der Endrunde von Wettkämpfen arbeiten die Tänzer dabei unter hohem Energieaufwand mit submaximaler bis maximaler Herz- und Kreislaufbelastung (0HF(w) = 175,2 ± 10.7 Schläge/min; Nutzung > 80% der VO2max, EU = 250-350 kcal/h [WANKE 2011, S. 69ff; McCABE et al. 2013; HAMM et al. 2011, S. 151; BLANKSBY & REIDY 1988]). Dabei ist der Energieaufwand im Lateintanz vergleichsweise höher als im Standardtanz und häufig bei den Frauen größer als bei den Männern (LIIV et al. 2012). Bei Betrachtung der einzelnen Tänze weisen Paso doble, Jive und Quickstep die höchsten körperlichen Belastungen auf (MASSIDDA et al. 2011; McCABE et al. 2013). Zusätzlich wurden Laktatwerte im Training von 4 bis 8 mM/l, im Wettkampf sogar über 8 mM/l, gemessen (FRIEDRICH 2008, S. 175; WANKE & GRÜNINGER 2011, S. 71; McCABE et al. 2013).

Demzufolge erfolgt die Energiebreitstellung im Tanzsport gemischt laktazid-anaerob und aerob (FRIEDIRICH 2008, S. 175). Die anaerobe Ausdauer spielt bei intensiven Belastungen von mehreren Minuten und den schnellen Tänzen eine Rolle und wird durch die Anhäufung von Laktat in der Muskulatur (Azidose) determiniert. Dieses entsteht durch unvollständigen Abbau (ohne Sauerstoff) von Glukose in der anaeroben Glykolyse und führt nach Anreicherung zur Ermüdung der Muskulatur. Die aerobe Ausdauer dient vor allem als Energielieferant in langsamen Tänzen, aber auch der Auffüllung entleerter anaerober Energiereserven sowie der Leistungsfähigkeit über die Dauer einer Turnierrunde und des gesamten Wettkampfs. Sie wird durch Glukose- und/oder Fettoxidation gespeist. Das Verhältnis von Kohlenhydrat- und/oder Fettnutzung ist dabei von der individuellen Laktatschwelle abhängig und trainierbar. Auch wird dieses Verhältnis von den beanspruchten Muskelfasertypen, der Höhe des Muskelglykogenspeichers und der Belastungsintensität bedingt (RASCHKA & RUF 2012, S. 36; GRÜNINGER 2011, S. 117).

Da meist zwei bis drei Darbietungen â sechs Minuten pro Turnier von den Tänzern abverlangt werden, ist eine gute Grundlagenausdauer Voraussetzung für den Erfolg im Wettkampf (WANKE 2011, S. 69ff). Hinzu kommt eine solide muskuläre Stärke der unteren Extremitäten und des Rumpfes zur Ausführung der spezifischen Tanzhaltungen im Latein- und Standardtanz sowie zur Ermöglichung schneller, harmonischer und fließender Bewegungen (LUKIC et al. 2011).

3.2 Moderner und zeitgenössischer Bühnentanz

Sich hauptsächlich als Kunstform verstehend, wird der moderne und zeitgenössische Bühnentanz überwiegend in Theatern oder Konzerthäusern zur Unterhaltung eines breiten Publikums und zur Hinterfragung vielschichtiger, gesellschaftlicher Themen gezeigt. So ist das oberste Ziel im Bühnentanz nicht der sportliche Erfolg, sondern die künstlerische Erfüllung. Beispielsweise gehören die Erkenntnisgewinnung durch den Tanz, das Hervorrufen emotionaler Reaktionen des Publikums oder die Auseinandersetzung mit der Tanzgeschichte zu wichtigen Schwerpunkten der Bewegungsfindung und Körperdarstellung im modernen und zeitgenössischen Bühnentanz (STABEL 2010, S. 97ff, 176ff; HUSCHKA 2002, S. 198ff).

Zur Realisierung dieser Ziele wird von den Bühnentänzern neben einer guten körperlichen Leistungsfähigkeit vornehmlich das Beherrschen verschiedener Tanzstile und -techniken verlangt. So werden die Tänzer in der Ausbildung auf Varietät vorbereitet und sollten nicht nur die tänzerische Grundlage, den klassischen Bühnentanz (Ballett) beherrschen, sondern auch den Anforderungen der Tanztechniken des 20. Jahrhunderts genügen (STABEL 2010, S. 176ff; HUSCHKA 2002, S. 316ff; LIECHTENHAN 2000, S. 203ff; WEISS et al. 2008). Gelegentlich weisen die Tänzer im professionellen Bereich auch einen gemischten athletischen Hintergrund von Akrobatik oder Gymnastik auf und nutzen weitere Körpertechniken, z.B. Release- und Klein-Technik, Bartenieff Fundamentals, Yoga oder Pilates, in ihrer Ausbildung, um den hohen ästhetischen Ansprüchen der Choreographen zu genügen (CHMELAR et al. 1987; ANGIOI et al. 2009; WEISS et al. 2008; LEGG 2011, S. 217ff). Daraus ergeben sich verschiedene Kompetenzen der Bühnentänzer, die sowohl vorausgesetzt als auch erlernt werden müssen. Dazu gehören zum einen die kinästhetische Kommunikations- und Ausdrucksfähigkeit, rhythmische Präzision, optimale Nutzung von Raum, Zeit und Energie, Individualität, Präsenz und Musikalität aber auch hohe Gelenkmobilität, Muskelkraft und Flexibilität, solide Grundlagenausdauer sowie ein breites Bewegungsvokabular. Zudem sind die schnelle Adaption an unbekannte Bewegungsabläufe, der Sinn für eine ökonomische Körperhaltung in der Bewegung sowie gute neuromuskuläre Koordination, somatosensorische Integrität und Körpergesamtkomposition für die Ausübung der tänzerischen Tätigkeit wichtig (LEGG 2011, S. 231ff; CHMELAR & FITT 1991/1992; ANGIOI et al. 2009; POKORA 1988; PARROTT 1993; KOUTEDAKIS et al. 2007). Diese Kompetenzen ermöglichen es die häufigen, kraftvollen und explosionsartigen Bewegungen, die einzeln oder in Serie in Choreographien vorkommen, auszuführen. Dazu gehören z.B. schnelle Schritte, Sprünge, Hebungen, Drehungen und falls (Bewegungen zum Boden) sowie Elevationen, Lay-out-Kombinationen (Hyperextension und Hyperflexion der Wirbelsäule), sehr präzise, feinmotorische Bewegungen und kniende Bewegungsabläufe (ALLEN & WYON 2008; BAUMANN & SCHÖNERT 1999).

Dabei ist die Erlernung und Umsetzung dieser Fähigkeiten nicht allein auf das Training konzentriert, sondern die tänzerische Praxis wird in Training (class, i.d.R. 90 min), Proben (rehearsals, 60 bis 180 min) und Aufführungen (performances) unterteilt (WYON & REDDING 2005). Die Erhaltung und Verbesserung spezifischer, tanztechnischer Fähigkeiten (Musikalität, Kreativität, Ausdruck etc.) wird im Training verfolgt (KRASNOW & CHATFIELD 1996). Dagegen konzentrieren sich Proben für Stücke hauptsächlich auf die Erlernung von Choreographien, die später zur Aufführung gebracht werden sollen. Gerade im professionellen Bereich entstehen somit Arbeitszeiten von mind. drei bis acht Stunden pro Tag, fünf bis sieben Tage die Woche, die aus einem Training am Vormittag und Probenzeiten am Nachmittag bis Abend mit anschließender Aufführung bestehen. Auch erhöht sich die Arbeitslast am Ende jeder Produktion erheblich (RIMMER & ROSENTWIEG 1981). Dagegen konzentriert sich die tänzerische Praxis im Ausbildungsbereich hauptsächlich auf mind. drei Trainingseinheiten pro Tag, fünf Tage die Woche, zur Erlernung der tanztechnischen Fertigkeiten. Probenzeiten kommen meist am Ende des Ausbildungsjahres für Abschlussvorstellungen oder Prüfungen hinzu.

Die Realisierung der körperlichen Anforderungen findet auch im Bühnentanz unter Nutzung des anaeroben und aeroben Systems der Energiebereitstellung (RQ 0,81 ± 0,05 [PACY et al. 1996]) statt (WYON et al. 2004; KOUTEDAKIS & JARMURTAS 2004). Insgesamt zeigen professionelle Tänzer des modernen und zeitgenössischen Bühnentanzes dabei nachweislich eine ähnliche aerobe Fitness (Modern: 0VO2max = 47 ml/kg min [CHMELAR 1988]; Ballett: 0VO2max = 42 ml/kg min [NOVAK et al. 1978]) aber größere anaerobe Kapazität (Modern: 9,7 ± 1.4 mM/l Laktat, Ballett: 6,6 ± 1.5 mM/l Laktat [CHMELAR 1988; KIRKENDALL & CALABRESE 1983]) als Tänzer des klassischen Bühnentanzes (THOMAS 2003; BEAM & WIERSMA 2012).

Der Energieverbrauch im modernen und zeitgenössischen Bühnentanz wird mit 0,120 kcal/kg Körpergewicht/min, in Abhängigkeit von Trainingsintensität und -dauer, angegeben (WYON et al. 2002). Damit wird dieser sogar höher eingeschätzt als der von Tanzsportlern (siehe 3.1) und Balletttänzern (0,085 kcal/kg Körpergewicht/min) (COHEN et al. 1981). Dennoch wird die Form der Energieversorgung durch die Struktur der primären Trainingsform im Bühnentanz -der Tanzklasse- limitiert. Sie besteht i.d.R. aus dem warm up mit geringer Intensität und nahezu kontinuierlicher Arbeitsweise der Bewegungsabfolgen (Intervalle 4 bis 5 min) z.B. Gelenkmobilisationen oder floor work und der center phase mit hoch intensiven, kurzen Bewegungsabfolgen (10 bis 40 s) und langen Erholungsperioden (2 bis 5 min) z.B. Dehnungen, kurze Choreographien oder traveling sequences. Vorwiegend wird dabei das alaktazid- und laktazid-anaeroben System und weniger das aerobe System zur Energiebereitstellung genutzt. So werden die Kreatinphosphatspeicher für kurzzeitige Höchstbelastungen der Muskulatur angesprochen und nach Erschöpfung dieser und weiterer Belastung die Umsetzung von Glukose in der anaeroben Glykolyse zur Energieversorgung erschlossen (RASCHKA & RUF 2012, S. 35f). Eine aerobe Energiebereitstellung ist nur in der Phase des warm up annehmbar. Gleiches gilt auch für Probenzeiten. Denn trotz der Einstudierung längerer Choreographien unterliegen kurze Bewegungsabfolgen, die oft wiederholt werden, gegenüber langen Pausenzeiten, so dass die anaerobe Energieversorgung überwiegt. Dies äußert sich in einer durchschnittlich eher niedrigen Herz- und Kreislaufbelastung der Tänzer während der Tanzklassen und Probenzeiten, wobei diese bei studentischen Bühnentänzern geringer ausfällt als bei professionellen Bühnentänzern (Sauerstoffverbrauch = 10-25 ml/kg*min, 0HF <140 Schläge/min) (WYON & REDDING 2005; WYON et al. 2002). Werden jedoch mehrere Tanzklassen pro Tag wahrgenommen wie bei Bühnentänzern in Ausbildung wird zusätzlich die aerobe Energiebereitstellung unter Nutzung von Glukose- und/oder Fettoxidation angesprochen. Letztere überwiegt zudem in Aufführungsphasen und deren intensiver Vorbereitung. In diesen Phasen dominieren längere Bewegungsabfolgen (1 bis 4 min) mit nur kurzen Unterbrechungen, sichtbar durch einen Rückgang der Laktatwerte auf weniger als 4 mM/l (WYON et al. 2004; WYON & REDDING 2005).

Die hohe körperliche Beanspruchung im Formationstanzsport und Bühnentanz schließt Überanstrengungen nicht aus. Diese werden zum einen durch psychische Belastungen (Erfolgsdruck, Lampenfieber, Angst vor ausbleibender Anerkennung, Misserfolgserlebnissen, Konkurrenzdruck) geprägt (BAUMANN 2011, S. 137; ROHLEDER et al. 2007; MAINWARING et al. 2001; WEIGERT 2005; KOUTEDAKIS 2000). Zum anderen werden diese durch ausbleibende Regenerationsphasen bedingt (LIEDERBACH et al. 2013). Demzufolge beeinflussen nicht nur psychischer Stress und die körperliche Beanspruchung, sondern vielmehr eine ungesunde Lebens- und vor allem Ernährungsweise der Tänzer das Auftreten von Erschöpfungszuständen (BOWLING 1989; BERLET et al. 2002).

4. ERNÄHRUNGSRICHTLINIEN

„Die Tänzer, meine Damen und Herren, sollten dieselbe Diät halten wie die Sportler und die gleiche Vorsicht walten lassen, derer diese sich bedienen, wenn sie in ihre Arena gehen. Diese Behutsamkeit würde sie vor Unfällen bewahren, die ihnen täglich drohen. [...]“ (NOVERRE 2010, S. 145)

Zur Erfüllung der aufgezeigten Ziele und Anforderungen benötigt der Körper eine genaue Kombination von Makro- und Mikronährstoffen, welche durch eine ausgewogene Ernährung erhalten werden kann (KOUTEDAKIS 1996; THOMPSON 1998). Dabei ist die Nährstoffrelation von Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen stets an die jeweilige Belastungsanforderung an zu passen, denn Ernährungsfehler schränken langfristig die Leistungsfähigkeit ein (KONOPKA 1996, S. 112).

Charakteristisch für den Tanz ist ein azyklischer Bewegungsablauf in Form von Intervallen. Belastungen mit unterschiedlicher Intensität und Pausen wechseln dabei in unregelmäßigen Folgen (siehe Kap. 3). Grundsätzlich gehört der Tanz damit zu den Glykogen entleerenden Sportarten, d.h. die Tänzer sind vorwiegend auf die Energiegewinnung aus Kohlenhydraten in Form von Glukose aus Glykogenspeichern angewiesen. (FRIEDRICH 2008, S. 175; CHMELAR & FITT 1990, S. 20).

Dabei müssen die Tänzer einem hohen Energieverbrauch nachkommen. Wird dieser nicht auf die Energiezufuhr abgestimmt, entstehen Versorgungsprobleme (HABER 2009, S. 407ff). Andererseits wird in den ästhetischen Sportarten ein schlankes Körperidealbild verfolgt (SUNDGOT-BORGEN & TORSTVEIT 2004; VAN DURME et al. 2012). Nachweislich gehört die Kalorienrestriktion somit zum Lebensstil der Tänzer (KOUTEDAKIS et al. 1999). Daher kommt der Ernährungsweise im Tanz eine Doppelaufgabe zu, die darin besteht, eine optimale Nährstoffzufuhr für Erhalt, Regeneration und die Entwicklung von Gewebe zu ermöglichen und gleichzeitig das grazile Körperidealbild der Tänzer nicht zu gefährden (MASTIN 2009, S. 2).

„Therefore, if the caloric intake must be low, the quality of that intake should indeed be high.“ (CHMELAR & FITT 1990, S. 74)

Der Gesamtenergieumsatz pro Tag ergibt sich aus dem Grundumsatz (BMR), mit 50 bis 70 % des Tagesenergiebedarfs, der nahrungsinduzierten Thermogenese und dem Mehrbedarf durch körperliche Aktivität. Zudem spielen Wachstum, emotionaler Stress, Schwangerschaft oder Stillzeit eine Rolle. Zur Ermittlung des Gesamtenergiebedarfs wird häufig der Grundumsatz mit dem Aktivitätsfaktor PAL (physical activity level) multipliziert. Unter der Annahme, dass eine Tänzerin ca. acht Stunden am Tag mit tänzerischer Aktivität verbringt (PAL = 2,4) und weitere acht Stunden mit weniger intensiven Tätigkeiten (PAL = 1,6) sowie zusätzlich acht Stunden schläft (PAL = 0,95), ergibt sich ein Energieumsatz von 1,65 * BMR (KASPER & BURGHARDT 2009, S. 2f). Wird für den Grundumsatz pro Stunde 1 kcal/ kg Körpergewicht veranschlagt, so ergibt sich für eine 60 kg schwere Tänzerin ein Gesamtenergieumsatz von 2376 kcal/d.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hinzu kommt ein Flüssigkeitsbedarf von mind. 1 ml pro kcal des Tagesenergiebedarfs (SCHEK 2008). Dieser Energie- und Flüssigkeitsbedarf ist nicht nur vom Körpergewicht, sondern auch von der Quantität der Belastung, den geforderten Bewegungsabläufen, der Kondition und Bekleidung der Tänzer sowie Umgebungsfaktoren (Klima, Belüftung, Feuchtigkeit, Hitze) und der Körperzusammensetzung abhängig (HAMM et al. 2011; CHALLIS et al. 2011; KOUTEDAKIS et al. 1999). Im Bühnentanz wird beispielsweise eine Spanne von 2000 bis 2700 kcal/d für professionelle Tänzerinnen in aktiven Phasen veranschlagt (HAMILTON 2009, S. 91). Für Tanzsportlerinnen mit einem BMR von 1400 kcal lässt sich eine Spanne von 1600 bis 2300 kcal/d ermitteln, wenn ein Trainingsumsatz von 200 bis 800 kcal/d für die wettkampforientierte Freizeitsportlerin angenommen wird (SCHEK 2008). Folglich bewegt sich der tatsächliche Energiebedarf in Abhängigkeit der unterschiedlichen Anforderungen der untersuchten Tanzrichtungen um diese Werte.

4.1 Allgemeine Ernährungsrichtlinien der untersuchten Tanzrichtungen

Grundsätzlich sollte der Energiebedarf mit einer Nährstoffverteilung aus ca. 60 % Kohlenhydraten, 15 % Eiweiß und 25 % Fett in beiden Tanzrichtungen gedeckt werden (HUWYLER 2005, S. 159). Dabei sollte die Energiezufuhr auf max. sechs aber mind. drei Mahlzeiten am Tag verteilt werden. Zusätzlich sollte die Aufteilung der Mahlzeiten mit der Tageszeit und den Trainingseinheiten abgestimmt werden, um Leistungseinbrüche zu vermeiden. Dies erfordert individuelle Ernährungsstrategien zu entwickeln in Abhängigkeit von Umfang und Niveau der körperlichen Belastung sowie Erfahrungen und Ziele der Tänzer (HAMM et al. 2011, S. 159). Auch ist ein Abstand zwischen der Mahlzeiteneinnahme und dem Training von mindestens 30 min bei kleinen Snacks und zwei bis vier Stunden bei größeren Mahlzeiten empfehlenswert. Dies hilft Verdauungsprobleme zu vermeiden und zum entsprechenden Zeitpunkt Energie für die Leistungsanforderung zur Verfügung zustellen (MASTIN 2009, S. 17-24).

Kohlenhydrate Kohlenhydrate sind die wichtigsten und effizientesten Energielieferanten für intensive kurz- und mittelfristige Belastungen sowie für die Regeneration nach der Belastung. Im Gegensatz zu Fetten ist ihre Speicherfähigkeit im Körper begrenzt. Kohlenhydrate in Form von Glykogen können nur in Muskel und Leber gespeichert werden. So sind ca. 400 kcal in der Leber und ca. 1200 kcal im Muskel vorhanden (DEIBERT et al. 2005). Gut gefüllte Glykogendepots sind essentiell, denn je besser die Versorgung an Kohlenhydraten ist, desto länger kann der Blutglukosespiegel aufrechterhalten werden und der Ermüdungszeitpunkt hinausgezögert werden (HUWYLER 2005, S. 160f). In absoluten Zahlen sollten 4 bis 5 g/kg Kohlenhydrate im aktiven Freizeitbereich und 6 bis 10 g/kg Körpergewicht im Leistungsbereich pro Tag zugeführt werden (STELLINGWERFF et al. 2007; BURKE et al. 2007).

Die empfohlene Zufuhr an Kohlenhydraten sollte überwiegend mit ballaststoffreichen Lebensmitteln gedeckt werden (SCHEK 2008). Ballaststoffe sind Bestandteile pflanzlicher Nahrung, die im menschlichen Verdauungstrakt nicht oder nur teilweise gespalten werden können. So werden einige Komponenten durch Mikroorganismen des Dickdarms umgesetzt und andere unverändert mit dem Stuhl ausgeschieden (DGE et al. 2013, S. 59ff). Zu ballaststoffreichen Nahrungsmitteln zählen beispielsweise Vollkornprodukte sowie Obst und Gemüse. Zudem enthalten diese einen hohen Anteil an Spurenelementen und vor allem B- Vitaminen (CLARKSON 2003-2005). Weiterhin sind Ballaststoffe an der Senkung des Blutcholesterinspiegels beteiligt, verbessern die Darmperistaltik und Verdauungstätigkeit und helfen die Blutglukosehomöostase über längere Dauer aufrecht zu erhalten (ELMADFA 2009, S. 77ff). Dadurch werden rasche Leistungstiefs vermieden, die durch erhöhte Aufnahme an raffinierten Zuckern aus Weißmehlprodukten oder Süßwaren entstehen könnten. Daher sollten letztere in ihrer Aufnahme mit unter 10 % der täglichen Kalorienzufuhr beschränkt werden (HAMILTON 2009, S. 92f).

Neben den Hauptmahlzeiten sind Kohlenhydrate auch vor, während und nach der Belastung zu zuführen. Ziel ist es mit optimal gefüllten Glykogenspeichern die Leistungsanforderung an zu treten. Daher sollte ca. 30 Minuten bis zwei Stunden vor der Belastung ein kohlenhydratreicher Snack verzehrt werden (MASTIN 2009, S. 13-24; HAMM et al. 2011, S. 152). Während der Belastung dienen die Muskelglykogenspeicher zur Versorgung mit Kohlenhydraten. Da sich die Glykogenspeicher nach ein bis zwei Stunden erschöpfen, sollten bei langen Belastungen, besonders bei hoher Intensität, 0,7 g/kg Körpergewicht an Kohlenhydraten aufgenommen werden (ANONYM 2000). Innerhalb der ersten ein bis zwei Stunden nach der Belastung hat die Wiederauffüllung der Glykogenspeicher oberste Priorität, denn unmittelbar nach dem Training ist der Aufbau von Glykogen und die Einlagerung in den Muskel am effizientesten (HAMM et al. 2011, S. 153). Grund dafür ist ein biphasischer Verlauf der Regeneration des Muskelglykogens. Dieser besteht aus einer frühen Phase mit insulinunabhängiger hoher Glykogensyntheserate und einer späten Phase mit langsamer, insulinabhängiger Glykogensyntheserate. So werden belastungsbedingt muskuläre Glukosetransporter (Glukosetransporter Typ 4) vermehrt in die Zellmembran eingebaut und die Glykogensynthetaseaktivität hochreguliert. Demzufolge wird in dieser Zeit pro Stunde 1 bis 1,5 g/kg Körpergewicht an Kohlenhydraten zur Aufnahme angeraten (JENTJENS & JEUKENDRUP 2003; CARLSOHN & MAYER 2010; MILLARD-STAFFORD et al. 2008). Dennoch kann die vollständige Wiederauffüllung der Glykogenspeicher ein bis zwei Tage in Anspruch nehmen, hängt die Glykogensynthese von der Energiezufuhr und körperlicher Aktivität nach der Belastung, der Höhe des Fett- und Proteinanteils sowie Häufigkeit der Mahlzeiten ab (MAUGHAN 2000).

Fette Triglyzeride sind die wichtigsten Energielieferanten nach fortschreitender Muskelglykogendepletion, das heißt. i.d.R. nach 90 bis 180 min moderatem Training (MASTIN 2009, S. 16). So wird die Fettoxidation angekurbelt, wenn die Intensität nicht durchgehend hoch bleibt. Dadurch werden die Kohlenhydratreserven geschont, um mentale Leistungsanforderungen aufrecht zu erhalten (SCHEK 2008). Die Fettzufuhr stellt für die Leistungsfähigkeit der Muskulatur keine limitierende Größe dar, bestehen für die körpereigenen Fettspeicher keine Begrenzung (DEIBERT et al. 2005). Allerdings ist eine adäquate Fettzufuhr unerlässlich für die Hormonproduktion, den Zellstrukturaufbau, die Absorption fettlöslicher Vitamine und dem Schutz vor Entzündungsvorgängen (HAMILTON 2009, S. 95f)

Tänzer sollten nicht weniger als 20 % ihrer Energiezufuhr mit Fetten decken (SOUSA 2013). Zudem spielt die Fettqualität eine entscheidende Rolle. So sollte ein Anteil von 10 % an gesättigten Fettsäuren (inkl. Trans-Fettsäuren) nicht überschritten werden. Ca. 7 % der Fettzufuhr sollten mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren gedeckt werden, wobei das Verhältnis von w-6- zu w-3-Fettsäuren 5:1 betragen sollte. Einfach ungesättigte Fettsäuren sollten mit ca. 10 % vertreten sein sowie ein Cholesterinanteil von nicht mehr als 300 mg/kg Körpergewicht (KG) eingehalten werden (DGE et al. 2013, S. 47). Grund dafür ist, dass membranbezogene Eigenschaften über die Fettsäurezusammensetzung beeinflusst werden. Dazu gehören beispielsweise die Membranpermeabilität und -stabilität, die Ionen- und Sauerstofftransportkapazität, die Aktivität membranassoziierter Enzyme und/oder Rezeptoren sowie die Beeinflussung der belastungsinduzierten Stressreaktion (KÖNIG et al. 1996; ELMADFA 2009, S. 92ff; SCHEK 2011, S. 59). So sind pflanzliche Fette aus kaltgepressten Ölen, Nüssen und Samen sowie der Verzehr von Fisch gegenüber dem Konsum versteckter Fette und tierischer Fette aus Fleisch und Wurstwaren zu bevorzugen (SIMMEL 2009, S. 198).

Eiweiße Unter Anbetracht intensiver Muskelarbeit während tänzerischer Trainingsbelastungen ist auch ein erhöhter Eiweißbedarf vorhanden (KOUTEDAKIS 1996). Proteine sind dabei nicht nur für den Erhalt und Aufbau von Muskelmasse wichtig, sondern auch für die Optimierung der Muskelkraft und Körperkomposition, die Vermeidung eines katabolen Stoffwechsels und die Sicherstellung einer optimalen Regeneration nach der Belastung. Weiterhin sind Eiweiße für die Enzym- und Hormonproduktion unerlässlich (HAMM et al. 2010).

Bei intensiven körperlichen Belastungen werden 1,2 bis 1,7 g/kg KG für die Eiweißzufuhr angegeben (ANONYM 2000). Soll nicht explizit Muskulatur aufgebaut werden ist der Bedarf auch mit 0,8 bis 1,2 g/kg KG ausreichend gedeckt (Hamm et al. 2011, S. 154). Vor allem nach der Belastung bietet sich ein erhöhter Verzehr in Zusammenhang mit Kohlenhydraten für den Muskelaufbau an (MASTIN 2009, S. 31). So haben Eiweißgaben unmittelbar zwei Stunden vor und/oder nach der Belastung nachweislich einen positiven Einfluss auf die muskuläre Proteinbiosynthese (HAMM et al. 2010). Dabei sollten 20 % der Eiweißzufuhr durch essentielle Aminosäuren bestimmt werden (CHMELAR & FITT 1990, S. 50). Diese hohe biologische Wertigkeit kann erzielt werden, in dem tierische und pflanzliche Proteine jeweils 50 % der Proteinzufuhr ausmachen. Wichtige Eiweißlieferanten sind hierzu Milch und Milchprodukte, Ei, Fisch und Fleisch sowie Hülsenfrüchte, Samen, Nüsse und Sojaprotein (HAMILTON 2009, S. 94f).

Für Vegetarier, die auf den Verzehr tierischer Produkte verzichten, gilt eine um 10 bis 20 % erhöhte Aufnahme an Proteinen, aufgrund von Unterschieden in der Bioverfügbarkeit pflanzlicher und tierischer Proteine. Für Ovo-Lacto-Vegetarier ist dies unproblematisch, sofern Kombinationen aus bspw. Ei und Kartoffel, Milch und Weizen oder Ei und Milch verzehrt werden. Zudem sollte die Auswahl an proteinreichen, pflanzlichen Lebensmitteln vielfältig sein, um die empfohlene Zufuhr abdecken zu können. Wird auch auf den Verzehr von Milchprodukten und Eiern verzichtet könnte es nötig sein mit Supplementen zu ergänzen, v.a. mit Glutamin, da dieses eine wichtige Komponenten des Immunsystems darstellt (KOUTEDAKIS 1996; SCHEK 2008).

Mikronährstoffe Eine bedarfsgerechte Zufuhr von Vitamin- und Mineralstoffen ist ausschlaggebend für das Funktionieren von Enzymsystemen, zur Aufrechterhaltung der Immunabwehr und der Körperstrukturen. Hinsichtlich der Aufnahme gelten die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE). Diese sind mit einer angemessen Energiezufuhr durch eine ausgewogene Ernährung unter Berücksichtigung des Mehrbedarfs aufgrund von Verluste im Schweiß abdeckbar (HAMM et al. 2011, S. 156). Das bedeutet ca. fünf bis sieben Portionen Obst und Gemüse (600g) pro Tag zu sich zu nehmen (MASTIN 2009, S. 23). Besondere Beachtung erfordern die Mikronährstoffe Magnesium, Kalium, Eisen, Zink und B-Vitamine, da sie für den Stoffwechsel der Makronährstoffe unverzichtbar sind und nur eine geringe Reservedauer im Körper aufweisen (HAMM & KÖNIG 2012). Beispielsweise ist für den Einbau von Glykogen Kalium nötig (RASCHKA & RUF 2012, S. 116). Zudem wird eine erhöhte Zufuhr der Antioxidantien Vitamin C (> 100 mg), E (23 bis 100 mg) ß-Carotin (> 4 mg) sowie von Polyphenolen empfohlen, um die sportinduzierte Belastung durch freie Radikale zu neutralisieren (MASTIN 2009, S. 43ff; HAMM & KÖNIG 2012; PHILLIPS et al. 2003; AOI et al. 2004; AOI et al. 2003). Ebenso kritisch ist die unzureichende Versorgung mit Natriumchlorid, da sich dessen Verluste mit der Belastungsdauer und Intensität erhöhen (SCHEK 2008). Empfohlen wird hierzu die übermäßige Zufuhr an natriumarmen hypotonen Getränken z.B. natriumarmes Wasser zu meiden (CASA et al. 2000).

Flüssigkeitszufuhr Der Wasseranteil des Körpers beträgt je nach Alter und Körperzusammensetzung etwa 50 bis 70 % des Körpergewichts. Dabei entfällt ca. die Hälfte auf den Wasserbestand in der Muskulatur (GEISS & HAMM 2000, S. 138). Eine erhöhte Körpertemperatur bei physischer Aktivität erhöht den Blutfluss zur Haut, um den Körper durch Transpiration zu kühlen (CAMPBELL & SPANO 2011; SAWKA et al. 2007). Demzufolge steigt der Wasserbedarf der Muskulatur bei körperlicher Belastung, werden über den Schweiß vielfach Elektrolyte (Na+,Cl- ,Mg2+, K+) und Wasser abgegeben (RASCHKA & RUF 2012, S. 92).

Bereits bei einem Flüssigkeitsverlust von 3 % des Körpergewichts kann sich die körperliche Leistungsfähigkeit reduzieren. Weiterhin kann ein Flüssigkeitsverlust bis zu zwei Litern (5 %) zur Beeinträchtigung der Gehirnfunktion, gastrointestinalen Beschwerden, Schwächegefühlen oder Muskelkrämpfen beitragen (ELMADFA & LEITZMANN 2004, S. 45). Daher ist ein adäquater Flüssigkeitsersatz sowohl vor, während als auch nach der Belastung unerlässlich (ANONYM 2000). Der Grad der Dehydratation wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Dazu gehören beispielsweise die Intensität und Dauer der körperlichen Belastung, der Trainingszustand, die Umgebungstemperatur, die Kleidung, Veranlagung, Geschlecht, Alter oder der Hydratationsstatus vor der Belastung (CHALLIS et al. 2011, S. 166f; KOUTEDAKIS 1996). Der Flüssigkeitsverlust durch eine tänzerische Belastung kann unter Berücksichtigung dieser Faktoren bis zu zwei Liter pro Training betragen (MASTIN 2009, S. 49).

Zur Verhinderung einer Dehydrierung bei körperlicher Belastung sollten ca. 20 Minuten bis zwei Stunden vor dieser 400 bis 600 ml Flüssigkeit zugeführt werden. Für die Rehydratation nach der Belastung gilt eine Aufnahme von 200 bis 250 ml Flüssigkeit alle 15 bis 20 min als adäquat. Dabei sollten hypo- und isotonische Getränke mit 2 bis 8 % Kohlenhydratanteil, einer Temperatur von 15 bis 22°C und 400 bis 1150 m g Na+/l bevorzugt werden, vor allem dann wenn das Training über einen längeren Zeitraum erfolgt. So sollten während körperlicher Belastungen, die länger als eine Stunde anhalten, sollten ca. 150 ml mit isotonischer Flüssigkeit alle 20 min zugeführt werden (MASTIN 2009, S. 54f; SCHEK 2008).

4.2 Spezifische Ernährungsrichtlinien der untersuchten Tanzrichtungen

Die aufgeführten Ernährungsrichtlinien umfassen den größten Zeitraum des Jahres in beiden Tanzrichtungen und dienen im Wesentlichen dazu, eine bedarfsgerechte Ernährung bei unterschiedlichen Trainingsbelastungen sicher zu stellen und zu verbessern. Unter Beachtung der unterschiedlichen Ziele und Anforderungen der untersuchten Tanzrichtungen (Tab. 1) ergeben sich jedoch spezifische Unterschiede in der Ernährungsweise.

Tabelle 1 Merkmale der untersuchten Probandinnen, modifiziert nach (WANKE 2011, S. 25)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Demnach gilt für den Formationstanzsport eine spezifische Wettkampfernährung, welche im Bühnentanz keine Bedeutung hat. Andererseits ist das Trainingspensum der Bühnentanzstudentinnen weitaus höher und muss in der Energiezufuhr berücksichtigt werden. Zudem ist die Einteilung des Tagesablaufs in beiden Tanzrichtungen unterschiedlich, was die Verteilung der Mahlzeiten, deren Dauer und Nährstoffgehalt beeinflusst.

4.2.1 Formationstanzsport

In erster Linie ist der Formationstanzsport ein Wettkampfsport und durch eine Periodisierung des Trainingsjahres gekennzeichnet. Das bedeutet, dass das Jahr in Makrozyklen eingeteilt werden kann, bestehend aus vier Phasen:

- Aufbau- bzw. Trainingsphase oder Basisernährung (siehe 4.1)
- Vorbereitungs-bzw. Vorwettkampfphase
- Wettkampfphase
- Regenerations- bzw. Nachwettkampfphase

Diese Phasen sind auch hinsichtlich der Ernährung zu berücksichtigen (HABER 2009, S. 187-199).

Während die Basisernährung (siehe 4.1) die Energieversorgung für unterschiedliche Trainingsbelastungen sicherstellt, ist im Formationstanzsport vor allem eine spezifische Wettkampfernährung hervorzuheben.

Diese basiert grundsätzlich auf dem Nibbling-Prinzip, d.h. die Energiezufuhr auf viele kleine Mahlzeiten zu verteilen, die vorwiegend Kohlenhydrate enthalten und leicht verdaulich sind. Ziel ist es die Kohlenhydratspeicher vor dem Wettkampf optimal zu füllen, um eine hohe Leistungsfähigkeit zu ermöglichen (HAMM et al. 2011, S. 160).

Dazu werden in der Vorwettkampfphase, die je nach Methode drei bis sieben Tage umfasst, die Muskelglykogenspeicher erhöht. Dies wird durch eine fettarme, kohlenhydrat- und kaliumreiche Ernährung erreicht. So wird der Kohlenhydratanteil auf bis zu 70 % angehoben. Dabei wird häufig das Prinzip des Taperings angewandt, bei der im Anschluss an eine hochintensive glykogenentleerende Belastung der Kohlenhydratanteil an den folgenden Tagen schrittweise erhöht und die Belastungsintensität reduziert wird (HAMM et al. 2011, S. 160; FRIEDRICH 2008, S. 68).

Am Wettkampftag sollte eine stetige Energiezufuhr aus Kohlenhydraten eingehalten werden. Gerade in dieser Phase wirken sich Ernährungsfehler besonders negativ aus, da sie die Vorbereitung der vorangegangen Phasen vernichten könnten und auch nicht mehr ausgeglichen werden können (KONOPKA 1996, S. 189). So sollten vor Wettkampfbeginn kohlenhydratreiche, leicht verdauliche Mahlzeiten eingenommen werden, wobei die letzte Mahlzeit nicht mehr als zwei bis drei Stunden vor dem Wettkampf zurückliegen sollte (HAMM et al. 2011, S. 161). So wird dem Körper die Möglichkeit gegeben, den Magen zu entleeren und den Blutzucker- und Insulinspiegel zu normalisieren (SCHEK 2008). Ist der Magen zu voll wird die Zwerchfellatmung behindert und Blut ins Verdauungssystem verlagert, was zu Leistungseinbußen führt. Dagegen entsteht durch Belastung auf nüchternen Magen Hypoglykämie und eine erfolgreiche Leistung ist nicht mehr möglich (KONOPKA 1996, S. 110).

Durch die längeren Unterbrechungen während eines Turniers sind ein adäquater Flüssigkeitsersatz und Mineralstoffersatz ebenso entscheidend. In Abhängigkeit von der Tänzerkleidung und der Klimatisierung der Wettkampfhallen kann der Flüssigkeitsverlust an Turniertagen bis zu drei Litern betragen. Daher sollten in jeder Tanzpause 200 bis 250 ml getrunken werden, wobei ca. 20 bis 30 min vor dem Wettkampf ein kohlenhydratreiches Getränk bevorzugt werden sollte (FRIEDRICH 2008, S. 175f). Unmittelbar nach Beendigung der Belastung sollte ein Getränk mit einem Gemisch aus 30 % Proteinen und 70 % Kohlenhydraten aufgenommen werden, da so die Wiederauffüllungsgeschwindigkeit der Glykogenspeicher um 38 % gesteigert werden kann (FRIEDRICH 2008, S. 75).

Die Nachwettkampfphase sollte eine Kost aus leichtverdaulichen, vollwertigen Kohlenhydraten und Proteinen umfassen, da die Wiederauffüllung der Glykogenspeicher sowie Regeneration von verbrauchten Eiweißstrukturen oberste Priorität besitzen (siehe 4.1). Weiterhin ist eine vitamin- und mineralstoffliefernde Ernährung sowie die Regenration des Elektrolythaushalts von Bedeutung (FRIEDRICH 2008, S. 76).

Insgesamt ergibt sich so ein durchstrukturierter Ablauf der Ernährungsweise, deren Phasen in Abhängigkeit von der Anzahl der Wettkämpfe pro Saison planbar sind.

4.2.2 Moderner und zeitgenössischer Bühnentanz

Anders als im Formationstanzsport gibt es im modernen und zeitgenössischen Bühnentanz keine Saison mit festgelegten Wettkämpfen, die es ermöglicht die Ernährung auf diese bevorstehende Belastung ab zu stimmen. Dies macht eine leistungssteigernde Ernährung im Hinblick auf Aufführungsphasen im professionellen Bühnentanzbereich schwer umsetzbar. Während bei Bühnentänzern in Ausbildung hauptsächlich Trainingsbelastungen auftreten und hierbei die Basisernährung (siehe 4.1) kontinuierlich durchführbar ist, wechseln im professionellen Bereich Phasen von reinen Trainingsbelastungen mit Phasen der Tanztätigkeit in Engagements, mit Proben- und Aufführungszeiten in unregelmäßigen Abständen über das ganze Jahr hinweg, ab. Zudem können mehrere Engagements hintereinander auftreten, ohne Pausen, in der eine Regeneration möglich wäre. Demzufolge wäre auch im Bühnentanz die Ernährungsweise auf Trainingsbelastungen und Aufführungsphasen hinsichtlich der zeitlichen Abfolge als auch der Zusammensetzung der Energiezufuhr ab zu stimmen (SOUSA et al. 2013). Gerade eine regelmäßige Regenerationsphase mit der Konzentration auf einer hohen Kohlenhydrat- und Proteinzufuhr ist auch in der Ernährung von Bühnentänzern hervorzuheben. So wird angenommen, dass Defizite in diesen Phasen, die durch submaximale bis hoch intensive Belastungen über mehrere Tage oder Wochen entstehen können, eine der Hauptfaktoren für Ermüdungserscheinungen und Leistungseinbußen bei Tänzern ausmachen (LIEDERBACH et al. 2013).

Dies gilt nicht nur für den professionellen Bereich, sondern auch für Tänzer in Ausbildung. Letztere trainieren bis zu 30 h und mehr pro Woche über das ganze Ausbildungsjahr hinweg. Spezifische Regenrationsphasen sind nur in den Ferien möglich. Die Hauptphase für Regenration liegt dabei in den Sommermonaten und beginnt am Ende des Ausbildungsjahres. Dies schließt mit den Abschlussprüfungen des Ausbildungsjahres ab, die sich unmittelbar an Trainingsbelastungen und Probenzeiten anschließen, so dass davon aus zu gehen ist, dass durch diese Mehrbelastungen eine spezifische Ernährung zur Vorbereitung und Nachbereitung dieser, mit Konzentration auf die Zufuhr von Kohlenhydraten, Flüssigkeit, Vitaminen und Mineralstoffen, nötig macht. Diese Differenzierung in Ernährung für Trainingsphasen und Ernährung bezogen auf Vorbereitung und Nachbereitung von Aufführungen wird in der aktuellen Literatur zur Ernährung von Bühnentänzern nicht berücksichtigt, d.h. spezifische ernährungsrichtlinien, die sich von denen anderer tanzrichtungen unterscheiden gibt es nicht. Obwohl Unterschiede im Energiebedarf während Trainingsphasen und Präsentationen festgestellt wurden (siehe 3.2), wird lediglich empfohlen die Zufuhr an Vitaminen und Mineralstoffen durch Erhöhung des Obst- und Gemüseverzehrs sowie die Flüssigkeitszufuhr zu verstärken (MASTIN 2009, S.72- 80).

5. ERNÄHRUNGSSITUATION

Die Umsetzung der Ernährungsempfehlungen und die Folgen des ästhetischen Anspruchs auf das Ernährungsverhalten sind nur für den klassischen Bühnentanz vielfältig untersucht. Tänzerinnen dieser Tanzrichtung zeigen häufig einen niedrigen Body-Mass-Index (BMI < 19 kg /m2) und einen niedrigen Körperfettanteil (<18 %) (VAN MARKEN LICHTENBELT et al. 1995; CLARKSON et al. 1985; EVANS et al. 1985; BENSON et al. 1989; CHMELAR & FITT 1990, S. 29). Letzterer sowie ein geringer waist-hip-ratio und waist-to-thigh-ratio verbunden mit einer intensiven tänzerischen Aktivität und langandauernder, unzureichender Energiezufuhr führen nachweislich zu Leistungseinbußen, Erschöpfung, Müdigkeit und hohen Verletzungsraten (v.a. Stressfrakturen). Ferner existiert für den klassischen Bühnentanz eine starke Korrelation zwischen niedrigem Körperfettanteil (7 bis 13 %), Hypoöstrogenismus (TO et al. 1995), Dysfunktion der Gonadotropin-releasing-Hormon- Sekretion (GnRH), steigendem Cortisolspiegel und sinkender Rate des Insulin-like growth factors (VALENTINO et al. 2001) sowie niedrige Leptinspiegel (KAUFMAN et al. 2002) mit den Folgen einer sekundären Amenorrhö und Kalziumverlusten bis hin zur Entstehung von Osteoporose (COHEN et al. 1985; WARREN et al. 2002). Ursache dafür ist ein restriktives Essverhalten mit einer Aufnahme von weniger als zwei Dritteln der empfohlenen Tagesenergiezufuhr (<2000 kcal/d bei Tänzerinnen). Zudem werden häufig einseitige Diäten durchgeführt, eine ungünstige Nährstoffrelation befolgt (38 bis 50 % Kohlenhydrate, mehr als 30 % Fett, weniger als 16 % Protein) sowie wichtige Mikronährstoffe (Vitamin C, D, E, B6, B12, Folsäure, Biotin sowie Ca, P, Fe, Zn, Mg und Jod) vernachlässigt (BENSON et al. 1985; EVERS 1987; BONBRIGHT 1989; BONBRIGHT 1990; DAHLSTRÖM et al. 1990; CHMELAR & FITT 1990, S. 60-70; KOUTEDAKIS 1996). Dies führt langfristig zu manifesten Essstörungen bei Tänzerinnen (CHMELAR & FITT 1990, S. 109-118; GABEL 2006). Ferner sind ein niedriger Eisen- und Hämoglobinspiegel aber auch niedrige Ferritinlevel und Eisenbindungskapazitäten gegeben (MAHLAMÄKI & MAHLAMÄKI 1988). Daneben sind auch im Eikunstlauf, der rhythmischen Sportgymnastik oder dem aerobic dance Mangelerscheinungen an Mikronährstoffen sowie Kalorienrestriktion keine Seltenheit (WILLIFORD et al. 1993; ZIEGLER et al. 2001; CUPISTI et al. 2000; JONNALAGADDA et al. 1998).

Weiterhin ist das Ernährungswissen in verschiedenen Sportarten -ästhetische Sportarten eingeschlossen- häufig insuffizient. Trotz hohem Interesse an Ernährungsfragen existieren Missverständnisse bezüglich der Flüssigkeits- und Proteinzufuhr. Meist werden andere Ressourcen genutzt, anstatt professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen. Vor allem weibliche Athleten nutzen diese weniger (SUNDGOT-BORGEN 1996; WIITA & STOMBAUGH 1996; JACOBSON et al. 2001; CUPISTI et al. 2002; ROSENBLOOM et al. 2002; BURKE et al. 2003; BURNS et al. 2004; COTUGNA et al. 2005).

5.1 Formationstanzsport

Niedrige Werte für BMI und Körperfettanteil sind auch im Tanzsportbereich in verschiedenen Altersklassen nachgewiesen (BMI: 16 bis 20 kg/m2, Körperfettanteil: 14 bis 22 %) (McCABE et al. 2013). So liegt der BMI bei Frauen aus dem Turniersport der Sonderklasse im Durchschnitt bei 20,1 ± 1,9 kg/m2 (STELTENPOHL& WINKLER 2003). Gerade Tänzerinnen streben auch in dieser Tanzrichtung ein graziles Idealbild an. Dies schließt eine Tendenz zu essgestörtem Verhalten (Anorexia athletica und Anorexia nervosa) nicht aus, welche jedoch im Tanzsport bislang nur unzureichend untersucht ist (WANKE 2011, S. 173f).

Zudem werden ein ungünstiger Mahlzeitenrhythmus und eine ungünstige Nährstoffrelation (zu viel Fett, zu wenig Kohlenhydrate und Proteine) in der Basisernährung und Ernährung der Vorwettkampfphase beanstandet (HAMM et al. 2011; STELTENPOHL & WINKLER 2003). Gerade letztere wird von den Tänzern häufig zu kurz gehalten und nicht immer wird der Anteil an Kohlenhydraten und Flüssigkeit vermehrt, sondern eine fett- oder proteinreiche Ernährung umgesetzt. Ferner wird eine geringe Flüssigkeitszufuhr beobachtet. So liegt diese bei einem Drittel befragter Tänzer und Tänzerinnen aus dem Turniersport der Sonderklasse unter 2,5 Litern am Wettkampftag. Allerdings wird die Auswahl hypo- und isotonischer Getränke sowie die Bevorzugung leichtverdaulicher Speisen und kohlenhydratreicher Lebensmittel von der Mehrheit dieser Studiengruppe beachtet. Weiterhin ist die Nutzung von Nahrungsergänzungen, v.a. Kalzium, Magnesium, Vitamin C, Mulivitamin, Eisen, Multimineral sowie Präparate zur Leistungssteigerung wie Coenzym Q10, Koffein und Kohlenhydratkonzentraten bei Turniertänzern der Sonderklasse verbreitet (STELTENPOHL & WINKLER 2003). Dagegen ist die Nutzung von Supplementen im Breitensportbereich eher gering (SEKULIC et al. 2008). Ebenfalls reduziert, ist der Zugang zu Beratung im Tanzsport, trotz hohem Interesse an Ernährungsfragen. Häufig informieren sich die Tänzer selbst unter der Nutzung von gängigen Medien wie Büchern, Zeitschriften oder Internet und weniger bei Ärzten oder Ernährungsfachkräften (STELTENPOHL & WINKLER 2003).

5.2 Moderner und zeitgenössischer Bühnentanz

Der Schlankheitstrieb, die Selbstvergegenständlichung und die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper scheinen im modernen und zeitgenössischen Bühnentanz weniger ausgeprägt, je athletischer die Tanzrichtung bzw. je weniger Schwerpunkte aus dem klassischen Tanz die Tanzrichtung aufweist (SWAMI & TTOVÉE 2009; LANGDON & PETRACCA 2010). Zudem wurde die Ernährungssituation im Bühnentanz bisher vorwiegend bei Balletttänzern untersucht und deren Ernährungsempfehlungen auch auf den modernen und zeitgenössischen Bühnentanz übertragen. Allerdings haben Tänzerinnen letzterer Tanzrichtung oft einen vielfältigeren Bewegungshintergrund, sind älter, wiegen mehr, weisen andere Verletzungsregionen und -raten auf und zeigen einen höheren Körperfettanteil als Balletttänzerinnen (KRASNOW & KABBANI 1999; POTTER et al. 1996; WILMERDING et al. 2005). So liegt auch der BMI von Tänzerinnen des modernen und zeitgenössischen Bühnentanzes durchschnittlich bei 20.5 ± 1.7 kg/m2 (PACY et al. 1996) und der Körperfettanteil bei 14 bis > 18 % (WEISS et al. 2008; BEAM & WIERSMA 2012; CHMELAR et al. 1988). Weiterhin zeigt sich ein höherer Energieverbrauch als bei Balletttänzerinnen (siehe 3.2). Dennoch werden ähnliche Ernährungsdefizite wie bei Balletttänzerinnen und eine Tendenz zu Essstörungen und Zyklusunregelmäßigkeiten nachgewiesen (MITTLEMAN et al. 1992; TO et al. 1997).

Die durchschnittliche Energieaufnahme, ermittelt bei einer gemischten Gruppe aus 16- bis 44- jährigen männlichen und weiblichen Tänzern, wird mit 2379 kcal pro Tag als adäquat angesehen. Allerdings ist auch im modernen und zeitgenössischen Bühnentanz die Nährstoffrelation unzureichend. Mit durchschnittlich 44,4 % Kohlenhydraten, 36,5 % Fett und 14,9 % Eiweiß unterliegt auch in dieser Tanzrichtung der Kohlenhydratanteil gegenüber der Fettzufuhr (PACY et al. 1996). Außerdem wurden Mangelerscheinungen von Vitamin C, D und E sowie eine vermehrte Tendenz zu einer vegetarischen Ernährungsweise beobachtet, wobei hierfür kaum Beratung von den Tänzerinnen in Anspruch genommen wird (BRINSON & DICK 1996, S. 69-71). Dennoch zeigen auch Tänzer des modernen und zeitgenössischen Bühnentanzes Interesse an Ernährungsfragen, wollen oder können allerdings ein fundiertes Angebot nicht wahrnehmen (19 % von 658 Tänzern) (PACY et al. 1996). So wird das Ernährungswissen insgesamt sehr gering eingeschätzt (VITZTHUM 2013). Dies äußert sich zum einen in einer hohen Nutzung von Nahrungsergänzungsmitteln, vor allem Vitamin- und Mineralstoffpräparaten, zur Abdeckung des Nährstoffbedarfs (69 % von 658 Tänzern). Zum anderen werden längere Diäten oder Mahlzeitenauslass praktiziert, gerade vor oder an Aufführungstagen ohne Rücksicht auf die Gesundheit und die körperliche Leistungsfähigkeit (18 % von 11 Tänzerinnen) (PACY et al. 1996; CHMELAR et al. 1987).

Die bisherigen Ergebnisse des Ernährungsverhaltens und -wissens im Formations- und Bühnentanz verdeutlichen, dass in diesen Bereichen noch Defizite bestehen. Zudem mangelt es an Studien, die über diese Schwerpunkte ausführlich aufklären und Tänzer über eine tanzspezifische Ernährung informieren. Diese Unvollständigkeiten sollen mit der vorliegenden Studie reduziert werden.

Fragestellungen

6. FRAGESTELLUNGEN

Auf Grundlage der sport- und ernährungswissenschaftlichen Darstellung der untersuchten Tanzrichtungen sollen folgende Fragen im Rahmen dieser Arbeit geklärt werden:

1) Ist das Ernährungsverhalten der Tänzerinnen den Anforderungen angepasst? Wird ausreichend auf die Flüssigkeitszufuhr geachtet? Gibt es Unterschiede zwischen den Studiengruppen?
2) Sind Formationstanzsportlerinnen mit bedarfsgerechter Ernährung mehr vertraut als Bühnentänzerinnen? Liegen besondere Lebensmittelpräferenzen vor, die sich aus einem entsprechenden Ernährungswissen ergeben?
3) Wie kann das Ernährungswissen von Tänzerinnen beurteilt werden? Gibt es einen Unterschied zwischen Formationstanzsportlerinnen und Bühnentänzerinnen? Wie setzen sie Ihr Wissen in der alltäglichen Ernährung um?
4) Welche Schlussfolgerungen können aus den Daten gezogen werden? Bedürfen die bisherigen Aussagen bzw. Empfehlungen zur Ernährung in beiden Tanzrichtungen bestimmter Anpassungen oder Veränderungen?2
5) Besteht in beiden Studiengruppen ein signifikanter Bedarf an Ernährungsberatung? Oder ist dieser Aspekt in den Studiengruppen unterschiedlich ausgeprägt?

7. METHODIK

Die dargelegten Fragestellungen wurden mit Hilfe eines Fragebogens überprüft.

7.1 Fragebogenkonstruktion

Dazu werden im Folgenden zunächst die Fragebogenmethode und die Konstruktion des Fragebogens erläutert.

7.1.1 Die Fragebogenmethode

In der Ernährungsepidemiologie ist es üblich, mit Hilfe eines Fragebogens Verzehrgewohnheiten und da Ernährungsverhalten zu erfassen. Diese Form der Datenerhebung wird in die Gruppe der retrospektiven Erhebungsmethoden eingestuft und ermöglicht es, individuelle Daten zu erhalten sowie Gruppen zu vergleichen. Diese Art der Forschungsmethode ist kostengünstig, leicht herstell- und anwendbar (MÜLLER & TRAUTWEIN 2005, S.109-123).

Eine besondere Form des Fragebogens zur Evaluierung von Ernährungsweisen stellt der Food-Frequency-Questionnaire (FFQ) dar. Anhand des FFQ lassen sich von einer großen Anzahl an Probanden spezifische Daten zur durchschnittlichen Nährstoffaufnahme und Verzehrhäufigkeit über einen großen Zeitraum erheben. Dazu werden die Befragten im klassischen Fall gebeten, an zu geben wie häufig sie ein vorgegebenes Lebensmittel verzehren. Zusätzlich zur Frequenz (Verzehr pro Tag, pro Woche oder pro Monat) können auch Portionsgrößen abgefragt werden. Die erhaltenen Resultate werden mit den aktuellen Ernährungsempfehlungen verglichen und ermöglichen es deren Umsetzung über einen bestimmten Zeitraum zu untersuchen (MÜLLER & TRAUTWEIN 2005, S. 112ff).

7.1.2 Das Fragebogendesign

In der durchgeführten Untersuchung wurde ein Fragebogen aus drei Teilen verwendet, bestehend aus einem einfachen Fragebogen zum Ernährungsverhalten, FFQ sowie einem zusätzlichen Ernährungsquiz. Er wurde aus zwei ähnlichen Untersuchungen zusammengestellt. Der verwendete Fragebogen zum Ernährungsverhalten sowie der FFQ wurden in Anlehnung eines bereits entwickelten Fragebogens zur Erfassung des Ernährungsverhaltens und der Verzehrhäufigkeit bei Badmintonspielern, modifiziert und angewendet (FRANZ 2008). Das Ernährungsquiz wurde von einem Team des Department of Epidemiology & Public Health der Universität London entwickelt. Es wurde von Mitarbeitern des Instituts für Arbeitsmedizin übersetzt, validiert und bereits in einer ähnlichen Studie über das Ernährungswissen bei Musicaldarstellern verwendet (PARMENTER & WARDLE 1999; VITZTHUM 2013).

Der gesamte Fragebogen beinhaltete sowohl offene als auch geschlossene Fragen. Letztere wurden durch Ankreuzen der einzelnen Fragebogenitems beantwortet, wobei je nach Frage Einfach- und Mehrfachnennung möglich waren. Zusätzlich bestand bei einigen Fragen die Möglichkeit unter dem Item Sonstiges eigene Antworten hinzuzufügen, um nicht einbezogene Antwortmöglichkeiten durch die vorgegebenen Items zu berücksichtigen. Da mehr als zwei Drittel des Fragebogens aus geschlossenen Fragen bestand, kann von einem semi-standardisierten Verfahren ausgegangen werden. Lediglich vereinzelt wurden auch offene Fragen zum Selbstausfüllen gestellt, die es den Teilnehmern ermöglichten, mehr zu der genannten Fragestellung an zu geben und im Ernährungsquiz ihr Wissen preis zu geben. Insgesamt wurden sowohl qualitative als auch quantitative Daten erhoben.

7.1.3 Der Fragebogenaufbau

Der Fragebogen umfasste insgesamt 20 Seiten (siehe Anhang). Auf der ersten Seite wurden die Befragten über die Untersuchungsabsichten informiert. Des Weiteren wurde die Handhabung des Fragebogens erklärt und auf die Anonymität der Untersuchung hingewiesen.

Im ersten Teil des dreiteiligen Fragebogens wurden die Befragten aufgefordert allgemeine Daten wie Geschlecht, Alter, Größe, Gewicht, Schulbildung und Beruf anzugeben, um die Stichprobe genauer beschreiben zu können (Frage 1 bis 6). Zusätzlich dienten diese Angaben zur Kategorisierung der Stichprobe und für Korrelationsuntersuchungen bei der Auswertung des Datenmaterials. Trotz einer Untersuchung an weiblichen Tänzern wurde die Angabe Geschlecht einbezogen, da der Fragebogen auch an männliche Tänzer ausgegeben wurde. Diese Daten stehen für eine weitere Verarbeitung und Auswertung zur Verfügung.

Weiterhin wurden mit den Fragen 7 bis 14 Informationen zum aktuellen Gesundheitszustand des Körpers erhoben, nach Zufriedenheit und Kontrolle des Körpergewichts, Krankheitssymptomen und Krankheiten sowie einem eventuellen Rauchverhalten gefragt. Darauf folgten in Frage 15 bis 18 Fragen hinsichtlich der tänzerischen Aktivität sowie Fragen zur eventuellen Ausführung eines Ausgleichssports. Im Anschluss an die sportliche Aktivität folgten Fragen zur derzeitigen Ernährung, Mahlzeiteneinnahme, Nahrungszubereitung, Ernährungsform, Inanspruchnahme von Beratung, Trinkverhalten sowie Fragen zum Ernährungsverhalten vor und während Auditions, Aufführungen, Prüfungen bzw. Wettkämpfen (Frage 19 bis 38).

[...]


1 Sofern nicht explizit die untersuchten Tänzerinnen gemeint sind oder spezifische Aussagen zur weiblichen Tänzerpopulation getroffen werden, wird für diese Arbeit, der einfacheren Lesbarkeit halber, auf die geschlechtsneutrale Differenzierung z.B. Tänzer/innen verzichtet. Sämtliche Bezeichnungen (Tänzer, Tänzern) gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter

2 Besteht in beiden Studiengruppen ein signifikanter Bedarf an Ernährungsberatung? Oder ist dieser Aspekt in den Studiengruppen unterschiedlich ausgeprägt?

Ende der Leseprobe aus 132 Seiten

Details

Titel
Ernährungsverhalten und Ernährungswissen von Tänzerinnen verschiedener Tanzrichtungen
Hochschule
Universität Potsdam
Note
1,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
132
Katalognummer
V981522
ISBN (eBook)
9783346333711
ISBN (Buch)
9783346333728
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ernährungsverhalten, ernährungswissen, tänzerinnen, tanzrichtungen
Arbeit zitieren
Christine Ploschenz (Autor:in), 2014, Ernährungsverhalten und Ernährungswissen von Tänzerinnen verschiedener Tanzrichtungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/981522

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