Diese wissenschaftliche Arbeit analysiert eine spezifische Textstelle aus Erich Maria Remarques Roman "Im Westen nichts Neues". Der Fokus liegt auf der Untersuchung von Leben, Überleben und der damit verbundenen Entmenschlichung der Soldaten während des Ersten Weltkriegs. Ziel ist es, Remarques Stil und seine Darstellungsweise eines brisanten Themas zu verstehen und zu interpretieren.
Die zu analysierende Textstelle stammt aus dem vierten Kapitel von "Im Westen nichts Neues" und beleuchtet Themen wie das Leben, Überleben und die Entmenschlichung der Soldaten im Krieg. Der Autor, Erich Maria Remarque, verbindet in seinem Werk journalistische Fertigkeiten mit eigenen Kriegserfahrungen.
Stilistisch ist der Roman der Neuen Sachlichkeit zuzuordnen und bietet eine neue Art der Darstellung des Krieges. Die Textstelle wird in drei Abschnitte unterteilt, die einen scheinbaren inneren Monolog der Hauptfigur Paul Bäumer darstellen. Remarque wechselt zwischen gefühlsbetonter Darstellung und reportagenhafter Schilderung, was dem Text Lebendigkeit verleiht.
Im ersten Teil beschreibt Remarque das Kriegsgeschehen mit den vier Elementen des Lebens, die jedoch auch für den Tod stehen können. Im zweiten Teil wird die Grausamkeit des Überlebens betont, indem die Soldaten regelrecht zum Weiterleben "gezwungen" werden. Der dritte Teil thematisiert die Verwandlung der Soldaten zu instinktgesteuerten Wesen, die an der Front überleben müssen.
Besonders auffällig ist Remarques Verweis auf die vier Elemente, denen er eine symbolische Rolle im "Theaterstück Krieg" zuweist. Die Erde wird als Verbündete des Soldaten dargestellt, die ihm Schutz und neue Lebenskraft verleiht.
Diese Textanalyse zielt darauf ab, Remarques einzigartigen Stil und seine literarische Darstellung des Krieges zu verstehen, sowie die Bedeutung der symbolischen Elemente im Roman zu erfassen.
Textanalyse zu einer Textstelle aus Erich Maria Remarques Roman ,,Im Westen nichts Neues"
Erich Maria Remarque wurde am 22. Juni 1898 als Sohn des Buchbinders Peter Franz Remark und seiner Ehefrau Anna Maria, geb. Stallknecht, in Osnabrück geboren. Ebenso wie viele andere junge Männer wurde auch er am 21. November 1916 zur Armee einberufen. In den darauffolgenden Wochen und Monaten erlebte er am eigenen Körper und mit eigenen Augen die ganze Grausamkeit und Sinnlosigkeit eines Krieges. Auch die schrecklichen Qualen und das massenhafte Sterben seiner Kameraden gingen nicht spurlos an ihm vorüber. Nachdem der junge Erich Maria Remarque während seines Einsatzes als Soldat im I. Weltkrieg durch Granatsplitter am 31. 07. 1917 verwundet wurde, kehrte er nach Deutschland zurück.
Um sein Überleben sichern zu können, nahm er nach seiner Ausbildung zum Lehrer und der darauf folgenden Aushilfstätigkeit als Volksschullehrer verschiedene journalistische Arbeiten auf. Er verfasste Gedichte, Kurzgeschichten, Rezensionen, Reiseskizzen, Essays und unterschiedliche geartete Artikel mit den Themen Sport, Mode und auch Autotouren. Nachdem er in den Jahren 1927 und 1928 bereits den Fortsetzungsroman ,,Station am Horizont" in SPORT AM BILD veröffentlicht hatte, befasste er sich im darauffolgenden Jahr mit einem völlig neuen ( Kriegs- ) Roman, welcher später den Namen ,,Im Westen nichts Neues" erhielt. In diesen lässt er seine journalistischen Fertigkeiten und seine eigenen Kriegserfahrungen einfließen.
Der Roman entstand also in einer Zeit, in der sich Deutschland und mit ihm die ganze Welt, zwischen den beiden Weltkriegen befand. Der erste Weltkrieg mit all seinen unfassbaren Ereignissen war noch nicht vergessen und ebenso wenig verarbeitet und doch wurde gleichzeitig der Boden für den II. Weltkrieg geebnet.
Stilistisch gesehen ist der Roman der Neuen Sachlichkeit zuzuordnen. Auch deshalb und wegen seiner völlig neuen Art der Darstellung eines solch brisanten Themas ist er alles andere, nur kein klassischer Kriegsroman, wie man ihn bisher kannte.
Die zu analysierende Textstelle befindet sich am Anfang des vierten Kapitels. Sie befasst sich im Verlauf des Textes mit den Themenkreisen Leben und Überleben, der Reduktion der Soldaten auf den Instinkt und in diesem Zusammenhang auch mit der damit verbundenen Entmenschlichung der Soldaten.
Dabei lässt sich die Textstelle in drei Abschnitte unterteilen, wobei es sich stets um einen scheinbaren inneren Monolog der Hauptperson Paul Bäumer handelt. Dabei wechselt der Autor noch zusätzlich innerhalb der Reflektionsebene zwischen einer stark gefühlsbetonten Art der Darstellung und im Gegensatz dazu äußerst reportagenhaften Schilderung. Aber gerade durch diesen Wechsel entsteht insgesamt ein sehr lebendiger und interessanter Eindruck.
Im ersten Abschnitt wird das Ereignis Krieg mit Hilfe der vier Elemente des Lebens beschrieben. Dabei können diese aber auch durchaus für den Tod stehen. Denn laut Remarques Schilderung schaffen sie zwar das Leben, bringen aber auch gleichzeitig den Tod mit sich. Dies geschieht aber immer indirekt. - Denn nicht die Elemente, sondern die Ereignisse des Krieges entscheiden über Leben und Überleben.
Im darauf folgenden zweiten Teil wird dem Leser die ganze Grausamkeit des Überlebens an sich deutlich gemacht, so paradox dies auf den ersten Blick klingen mag. Es ist die Rede davon, dass es viel einfacher für den Soldaten wäre, sich von der Erde zudecken und damit begraben zu lassen. Statt dessen werden die Kämpfer jedoch durch ihre Proportionen regelrecht zum Weiterleben ,,gezwungen".
Im letzten Teil wird dann die Verwandlung des Menschen zum instinktreduzierten Tier zum Thema. Denn an der Front läuft die Evolution rückwärts, da nur ein auf Instinkte reduzierter Soldat überleben kann.
In meinen Augen spielt, wie bereits angedeutet, der Verweis auf die vier Elemente Erde, Luft, Feuer und Wasser eine übergeordnete Rolle. Indem Remarque diesen eine bestimmte Bedeutung zuweist, gibt er ihnen auch eine Rolle im Theaterstück ,,Krieg". Besonders auffällig ist dies meiner Meinung nach beim Element Erde: Wenn Remarque sagt, dass dem Soldaten von der Erde Abwehrkräfte zuströmen, macht er sie damit zu seinem Verbündeten. Dabei gebraucht er aber nie diesen Begriff, sondern verwendet statt dessen die Wörter Freund, Bruder und Mutter. Er bedient sich also der sprachlichen Wirkung eines ,,pars - pro - toto". Sie, die Erde ist es, welche seine Furcht und seine Schreie aufnimmt und ihn gleichzeitig vor dem Geschehen mit all seinen Gefahren schützt. Aus ihr, der Erde, bezieht der Soldat nach Remarques Vorstellungen neue Lebenskraft; ähnlich wie der Riese Anthäos aus einer griechischen Sage.
Die Erde tritt für den Soldaten sogar an die Stelle von Gott, denn verständlicherweise hat dieser seinen Glauben an die ihm bekannten religiösen Bilder schon längst verloren. In ihrer größten Not rufen die Soldaten nun nicht mehr Gott, sondern wenden sich an die Erde. - Sie hoffen, dass sie ihre Leiden aufnimmt, auch wenn es für immer sein sollte.
Die besondere Bedeutung der Erde wird besonders zu Beginn des zweiten Abschnitts deutlich, wo es ,,Erde - Erde - Erde!" heißt.
Denn an dieser Stelle bezieht sich Remarques Erzähler in einer besonderen Art und Weise auf die Erde, welche durch diese Geste zum angebeteten Objekt avanciert.
Indem diese Zeile noch besonders herausgehoben wird, und ihr jede grammatische und semantische Ergänzung fehlt, erhält die Aneinanderreihung des Begriffs eine ganz besondere, ja fast magische Bedeutung.
Das Substantiv Erde wird in diesem Zusammenhang genau dreimal wiederholt: Genau drei mal ruft der Soldat die Erde an. Drei: die magische Zahl der Bibel aber auch vieler Sagen, Mythen und Legenden.
Die gesamte Textstelle ist also typisch für das Lossagen des Soldaten von den bisher als wichtig empfundenen Werten. Indem der Soldat sich von Gott lossagt, sagt er sich stellvertretend auch von allem anderen los, was ihm bisher wichtig erschien und seinen Lebensinhalt ausmachte.
Gerade an dieser Stelle wird nun meiner Meinung nach auch der Widerspruch zwischen dem Motto und dem Inhalt des Romans deutlich: Diese dreimalige Wiederholung des Begriffs Erde mit den dazwischenliegenden Bindestrichen, die alle weiterführenden Gedanken ersetzten sollen, führt zu einer großen Emotionalität. Die ganze Not und Verzweiflung des Soldaten wird dem Leser verdeutlicht. Es kann also gar nicht mehr von der im vorangestellten Motto des Romans erwähnten Objektivität die Rede sein, die ja eigentlich nur berichten will.
Besonders auffällig an der vorliegenden Textstelle ist aber auch, dass die Kontaktaufnahme des Soldaten mit der Erde über die Hände und nicht über die Füße erfolgt. Diese Berührung muss zwar vorhanden sein, wird aber an keiner stell erwähnt. Wahrscheinlich um die Bildhaftigkeit noch mehr zu unterstützen, denn die Hände sind von gehobener Bedeutung: zum Abstützen, zum Schutz aber auch zum halten der Waffe. Außerdem ist es doch gerade der Gebrauch von Händen, der den Menschen von den ,,niedrigeren" Tieren unterscheidet. Hier entsteht aber nun der Eindruck, als wenn die Menschen doch nicht viel anders als die Tiere sind. Denn der ,,Kopf" der Soldaten ist ausgeschaltet. Was zählt, ist nur noch der Instinkt des Tieres.
Man kann also abschließend sagen, dass zwischen dem Soldaten und dem Element Erde eine beinahe persönliche Bindung besteht.
In der gleichen Art und Weise wie der Erde weist Remarque auch den anderen Elementen eine bestimmte Bedeutung zu:
Im Kontrast zur positiven Bedeutung der Erde setzt er die negative, gefahrenbringende des Elementes Wasser. Der Luft hingegen wird durch die Aneinanderreihung mit der Erde ein positiver Effekt zugesprochen, ohne ihn aber genauer zu benennen. Remarque bedient sich durch die Wendung ,,aus der Erde, aus der Luft" eines Parallelismus.
Dem Feuer wird im erneuten Gegensatz eine bedrohliche Eigenschaft zugewiesen: es ist von der ,,Todesangst des Feuers" die Rede. Denn auch in der Mythologie wird dieses Element immer eindeutig als vernichtende, todbringende Kraft beschrieben.
Abschließend lässt sich feststellen, dass in der vorliegenden Textstelle auf der Grundlage eines Vergleichs mit den vier Elementen des Lebens eine wesentliche und bedeutsame Wandlung der Moralvorstellungen sowie eine Reduzierung auf einen ( fast ) tierischen Instinkt bei den Soldaten angesichts der Kriegsgeschehnisse vom Autor Erich Maria Remarque beschrieben wird.
Aber nur diese Veränderung ermöglicht den Soldaten überhaupt erst ein Überleben. Dabei wird aber die Frage, ob es nun besser ist zu sterben oder zu leben stets offen gelassen. - Oder sollte man besser sagen, dem Zufall, und damit anderen Kräften als den menschlichen, überlassen?
Man kann also eindeutig nihilistische Züge an dieser Textstelle erkennen. Denn unter dem Nihilismus versteht man die absolute Ablehnung aller geltenden Werte bzw. Wertvorstellungen und -ansprüche und den damit verbundenen Gesellschaftssystemen.
Und nichts anderes lässt Remarque seine Hauptperson Paul Bäumer tun: Er beginnt alles in Frage zu stellen, was ihm in seinem bisherigen Leben als elementar und wichtig erschein. Er zweifelt an allem, vor allem aber an den Dingen, die er bisher in der Schule gelernt hat. Genauso äußert er aber gleich zu Beginn des Romans Zweifel an einer Gesellschaft, die keine Skrupel hat, junge Männer zum ,,Abschlachten" zu schicken.
In diesem ganzen Zusammenhang spiegelt sich die, in der damaligen Zeit begründete, Suche nach neuen Werten wieder. Denn das alte, bisher gültige Weltbild ist durch den I. Weltkrieg und dem ganzen Drumherum völlig aus den Fugen geraten. Keiner kann das Geschehene verdrängen, oder gar vergessen - erst recht nicht die Soldaten. Denn früher oder später wird jeder mit der Vergangenheit konfrontiert...
- Arbeit zitieren
- Anja Repke (Autor:in), 2000, Remarque, Erich Maria - Im Westen nichts Neues - Textanalyse zu einer Textstelle, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98241
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