Die KPD im Widerstand gegen Hitler


Seminararbeit, 1999

20 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


1. Einleitung.

Die Zeit zwischen 1933 und 1945 hat ohne Frage nachhaltig bis in die Gegenwart hinein gewirkt und wird dies auch noch zukünftig tun. Das Nazi-Regime hat dem Ruf Deutschlands und der Reputation seiner Bürger einen unbestreitbaren Schaden zugefügt. Vielfach wurde später daher gefragt, ob und warum es den Menschen, die unter der nationalsozialistischen Herrschaft lebten, nicht gelungen war, dieses Joch, das auf ihnen lastete, abzuschütteln. Warum hat sich nicht ein landesweiter Widerstand formiert, der die Nazis in ihrer Herrschaft behinderte, einschränkte, ja diese unmöglich machte?

Es läßt sich nicht abstreiten, daß die Nazis von verschiedensten Seiten angegriffen wurden, jedoch niemals derart, daß diese Attacke jemals hätte gefährlich für die Machthaber werden können. Sowohl von politischen Gegnern, die man allerdings sehr rasch nach dem 30. Januar 1933 aus- oder gleichschalten konnte, als auch von Kirchenvertretern beider Konfessionen, dem Militär, von Jugendverbänden und von Einzelpersonen ging ein spürbarer Druck auf das NS-Regime aus.

Den Widerstand aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens darzustellen, wäre im Rahmen dieser Arbeit ein unmögliches Unterfangen. Vielmehr möchte ich das Interesse auf eine der politischen Parteien werfen, die Hitler schon vor seiner Machtergreifung zum Hauptfeind erklärt hatte. In dieser Arbeit möchte ich die Versuche der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) skizzieren, die Herrschaft der Nazis einzuschränken. Nach einer kurzen Literaturkritik möchte ich zunächst einmal den Begriff Widerstand näher definieren. Dies scheint mir vor allem im Hinblick auf die kontroverse Diskussion, die allein die Einführung des Begriffs der Resistenz durch Martin Broszat1 ausgelöst hatte, wichtig zu sein.

Nachfolgend soll in einem darstellenden Teil die Geschichte der KPD in den dreißiger Jahren beschrieben werden. Abschließend soll versucht werden, die eigentliche Leitfrage dieser Arbeit zu beantworten: welche Art von Widerstand laut der Definition hat die KPD geleistet, oder reichen die Definitionen nicht aus, so daß sich ein genauerer Begriff finden müßte, um die Aktivitäten der KPD während der Herrschaft des NS-Regimes treffender zu beschreiben?

2. Literaturkritik.

Bei der Auswahl der Literatur zur Widerstandsbewegung aus dem Lager der KPD besteht vor allem ein Hauptproblem. Dem um Objektivität bemühten Leser fällt schon früh auf, daß ein großer Gegensatz zwischen Autoren besteht, die sich in Westdeutschland und im westlichen Ausland mit dem Thema befaßt haben2 und Autoren, die im Auftrag der DDRGeschichtsschreibung Bücher verfaßt haben3.

,,Man wird daher nicht die besondere Rolle ausblenden können, die gerade Zeitgeschichte in beiden deutschen Staaten spielt, wenn es gilt, die jeweilige Position geschichtlich zu begründen".4 Die Ostliteratur stellt den Anspruch der DDR, in der bruchlosen Kontinuität des ,,proletarischen Klassenkampfes" zu stehen. ,,Diese eminent gegenwartsbezogene Funktion des Erinnerns, die Instrumentalisierung von Geschichte für Zwecke der Herrschaftslegitimation und der Traditionalisierung in Gestalt eines volkspädagogisch intendierten Heroismus, verstellte jedoch notwendigerweise den kritischen Blick auf die Zeit zwischen 1933 und 1945, ja bedingte gewissermaßen strukturelle Einäugigkeiten, und dies galt in gleicher Weise für Ost und West."5

Deutlich fällt auf, daß sich westliche Autoren eher mit zögerlicher Vorsicht der Geschichte der KPD nähern, während Ost-Autoren bemüht waren, die Taten der KPD vor allen anderen besonders hervorzuheben, um damit der SED den Rücken zu stärken, die sich aus dem Zusammenschluß der KPD mit der SPD 1946 in der sowjetischen Besatzungszone entwickelte hatte. Die Historiker ergreifen also deutlich Partei, um die eigene Seite quasi propagandistisch als überlegen gegenüber dem anderen System darzustellen.

,,Vice versa allerdings galt dasselbe in der Bundesrepublik für den kommunistischen Widerstand. Jahrzehntelang blieb er ausgegrenzt erschien seine Würdigung wie eine Anerkennung des ,,Pankow-Regimes" - wie man sagte - und dessen Spitzen Pieck und

Ulbricht, die ja bereits im Moskauer Exil die KPD repräsentiert hatten."6

Welchen der beiden Seiten man nun eher Glauben schenken sollte, kann nicht einfach pauschal bestimmt werden, da sich mit Sicherheit in den Werken beider Seiten Verfälschungen, aber auch Wahrheiten finden lassen. Ich halte es daher für angebracht, beide Seiten sprechen zu lassen, um ein Höchstmaß an Objektivität walten zu lassen. Ein weiteres Problem stellt sich in so fern, daß man zu diesem speziellen Thema leider nur über relativ ,,alte" Literatur verfügen kann. Da sich allerdings keine mit Duhnkes Werk vergleichbare neue Arbeit finden läßt, scheint dieses Buch in den fast dreißig Jahren seines Existierens nichts von seiner Aktualität und Richtigkeit verloren zu haben.

3. Zur Definition von Widerstand.

Widerstand ist die Bewegung, die sich innerhalb eines diktatorischen Systems (dies herrscht totalitär und mißachtet grundlegende Menschenrechte) zumeist im Untergrund formiert, um dieses System zu bekämpfen, zu untergraben und schlußendlich abzuschaffen.7

Weil diese Definition allerdings recht weitläufig fast, was man unter wider- ständischem Verhalten zu verstehen hat, führte der Historiker Martin Broszat in den siebziger Jahren den Begriff der Resistenz ein. Dieser aus der medizinischen Terminologie entliehene Begriff bedeutete laut seiner Deutung eine ,,wirksame Abwehr, Begrenzung, Eindämmung der NSHerrschaft und ihres Anspruchs".8

Vor allem die Fortexistenz ,,relativ unabhängiger Institutionen" seien laut Broszat eine Grundvoraussetzung, um überhaupt Resistenz entstehen zu lassen.

,,Konkreten Ausdruck fände Resistenz in einem breiten Spektrum so unterschiedlicher Verhaltensweisen wie dem aktiven Gegenhandeln von Einzelnen oder Gruppen, angefangen von der individuellen Regimekritik der Heimtücke und der Wehrkraftzersetzung, dem zivilen Ungehorsam in Form der Nichtteilnahme an NS-Veranstaltungen, der Verweigerung des Hitler-Grußes, der Nichtbeachtung des Umgangsverbots mit Juden und Kriegsgefangenen, in wilden Streiks, individueller Arbeitsverweigerung und kollektiven Protestaktionen gegen unzumutbare Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden sowie schließlich in der Aufrechterhaltung von Gesinnungsgemeinschaften außerhalb der gleichgeschalteten NSOrganisationen, ... in Formen der inneren Emigration ... und der bloß inneren Bewahrung der dem Nationalsozialismus widerstrebenden Grundsätze und der Immunität gegenüber nationalsozialistischer Ideologie und Propaganda."9 Mallmann/ Paul kritisieren an dieser Definition zunächst allerdings, daß sie zu sehr auf den zu erforschenden Bereich (eine katholisch-bayerische Provinz) zugeschnitten gewesen sei. Weiterhin impliziert die Wahl eines solchen Widerstandsbegriffs, daß das Regime die Gesellschaft in allen Bereichen des Lebens total erfaßt haben mußte, was jedoch derart nicht der Fall war.

Problematisch aber auch die sprachliche Verwandtschaft mit ,,völlig anders konnotierten Termini wie resistance, Résistance und Resistenzia", da diese in anderen Sprachen falsche Assoziationen erwecken. Außerdem stünde es außer Debatte, daß man die Person eines ,,machtlosen, wehrlosen, sprachlosen, aber resistenten Deutschen mit der des aktiven, sich wehrenden Résistance-Kämpfers auf eine Stufe stelle."

Vor allem der Historiker Ian Kershaw hat sich deutlich gegen den Begriff der Resistenz als Form des Widerstandes ausgesprochen, da ,,Resistenz die Effektivität des NS- Herrschaftssystems nirgendwo behindert habe"10 , von Widerstand also nicht die Rede sein kann.

Ebenso wird Broszat in seinem Denken über die innere Emigration kritisiert, da ,,er den politischen Widerstand im Dritten Reich als wirkungslos abtue", im Gegenzug aber ,,überbewerte er die innere Emigration als relativ wirkungsvoll, indem er diese mit den illusionär übersteigerten Herrschaftsambitionen der Nationalsozialisten konfrontiere."

Es geht in dieser Diskussion vor allem um eine begriffliche Verfeinerung, die klarmachen soll, das resistentes Verhalten noch lange nicht heißen muß, daß die Person oder die Institution völlig gegen das Nazi-Regime gewesen wäre.

Vor allem in Aspekten, die jemanden persönlich betrafen (hierzu gehören vor allem die eigene soziale Stellung oder die Enttäuschung über einen zu geringen Lohn) manifestierte sich eine Haltung, die als widerständisch gegen das System angesehen werden kann, die allerdings nicht die Einschränkung oder die Begrenzung der NS-Herrschaft im Ganzen zur Folge haben sollte. Kaum hatte sich nämlich das eigene Problem gelöst, war auch nichts mehr von der Antipathie gegen die Herrschaft zu spüren.

Mallmann und Paul schlagen statt dessen den Begriff der ,,loyalen Widerwilligkeit" vor, der die von Broszat gemeinten Eigenschaften eines stillen Widerstands wesentlich besser zu umschreiben vermag, als der schon anders konnotierte Begriff der Resistenz.

In der Debatte fallen auch vielfach andere Begriffe wie zum Beispiel die der Dissens11 und der Devianz12 . Mir scheint allerdings, daß hier vielfach mit verschiedensten Termini das selbe gemeint wird und man sehr darauf bedacht ist, sich von dem Begriff eines anderen Historikers deutlich abzuheben.

Ich befürchte, daß dies eher den Gegeneffekt des Intendierten zur Folge hat, da man durch immer mehr Begriffe und Verfeinerungen nur eine Verschleierung und Komplizierung des Themas hervorruft.

Hat die KPD nun ,,richtigen" Widerstand geleistet, war sie nur resistent oder loyal widerwillig? Hermann Weber schreibt in einem Aufsatz, daß der Begriff Widerstand der KPD gegen das Hitler-Regime im wesentlichen Zusammenhalt und konspirative Aktivität der Parteimitglieder umfaßte.13

Auch das 1994 erschienene ,,Lexikon des deutschen Widerstandes" hebt sich in seinem Vorwort klar von der eingangs gegebenen Definition von Widerstand ab, da alle möglichen Arten von widerständischem Verhalten abgedeckt werden sollen.

In wie weit läßt sich also die KPD in die Begriffe von Widerstand einordnen?

4. Die KPD gegen das NS-Regime

4.1. Ungünstige Vorzeichen.

Die an der Jahreswende 1918/19 von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gegründete Kommunistische Partei Deutschlands hatte seit Anbeginn ihrer Existenz zum Ziel, gegen die Weimarer Verfassung vorzugehen, um in Deutschland ein Rätesystem nach sowjetischem Vorbild aufzubauen. Sie war ,,ihrer inneren Struktur und ihrer politischen Ausrichtung nach antidemokratisch".14

Da die KPD zeit ihres Bestehens keine eigenständige Partei war, sondern eine ,,Sektion" der Kommunistischen Internationale (KomIntern), stellten sich natürlich die unterschiedlichsten Probleme. So hatte die Partei ,,zur Realisierung ihrer Zielsetzung die Strategie der Weltorganisation zu übernehmen".15

Dies machte die Partei unselbständig in ihren Beschlüssen, sie mußte gezwungenermaßen an den herrschenden Situationen (hierbei meine ich besonders die sich zuspitzende Situation nach der Machtergreifung Hitlers) vorbei entscheiden, weil man im Sinne der KomIntern zu handeln verpflichtet war.

Zwischen 1924 und 1929 erfolgte die Stalinisierung der KPD, welche ,, ... zur Zentralisierung der ursprünglich demokratisch organisierten Partei ..." führte .16

In Folge der Änderung der Struktur kam es zu einer Versteifung des gesamten Parteiapparates. Dieser ,,Überzentralismus"17 , der die Partei nach der Umstellung charakterisierte, sollte schließlich in der NS-Zeit zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Die Gestapo hatte eben durch diese Parteistruktur leichtes Spiel im Aufspüren von Kommunisten. Hatte man eine Gruppe entlarvt, so hatte man gleichzeitig alle ihr unterstehenden Gruppen und Zellen entdeckt und zersprengt, da sich die Partei hierarchisch gliederte und jede Gruppe der höhergestellten Einheit Rechenschaft abzulegen hatte. Diese Hierarchie zog sich hinauf bis zum Zentralkomitee (ZK) der KPD, die wiederum der KomIntern unterstellt war und ihrerseits die Beschlüsse des Gremiums in der Sowjetunion umzusetzen hatte.

Die KPD sah sich als einzig legitimer Vertreter der deutschen Arbeiterschaft, des deutschen Proletariats. Da aber auch die Sozialdemokratie Ansprüche auf diese Wählerschaft äußerte, kam es schnell zu Überschneidungen und Konflikten zwischen den Kommunisten und den Sozialdemokraten.

Ab 1929 verfolgte die Partei dann eine auf dem VI. Weltkongreß der KomIntern aufgetragene ,,ultralinke Politik". Aus dieser Taktik ergab sich ein unüberwindbarer Gegensatz zur Sozialdemokratie, die von der KPD als ,,sozialfaschistisch" diffamiert wurde. Die SPD sei der ,,Zwillingsbruder des Faschismus" und wurde aufgrund dieser Einschätzung zum Hauptfeind der kommunistischen Bewegung ernannt.18

Die SPD sei ,,zweifelsohne der aktivste Faktor der Faschisierung" in Deutschland, und Sozialfaschismus sei ,,Sozialismus in Worten, Faschismus in der Tat", so zumindest schätze der Führer der KPD Ernst Thälmann die Politik der Sozialdemokratie ein.19 Trotz dieses Gegensatzes zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten hätte man annehmen können, daß sich beide Parteien durch das Erstarken der NS-Bewegung schnell auf ein gemeinsames Programm zur Abschaffung der nationalsozialistischen Herrschaft hätten einigen können. Allerdings war der durch die ultralinke Politik gerissene Spalt zwischen den Parteien zu groß. Aus diesem Grunde kam es sogar zu einer ,,sporadischen Gemeinsamkeit mit der NSDAP"20 , weil sich oftmals Punkte finden ließen, in welchen sowohl Kommunisten als auch Nationalsozialisten übereinstimmten. Diese Übereinstimmungen äußerten sich 1931 in einem Volksentscheid gegen die sozialdemokratische Regierung in Preußen.

Diese Einstellung wurde von der KPD bis 1934 konsequent beibehalten, was sich nach der Machtergreifung Hitlers als beachtliches Hindernis zur Formierung einer Einheitsfront der Arbeiterbewegung gegen das Hitler-Regime herausstellte.

Man darf sich allerdings nicht von diesen Prämissen täuschen lassen und annehmen, daß die KPD nur eine kleine Splittergruppe war, die politisch kaum etwas ausrichten konnte. Aus den Reichstagswahlen 1932 war die Partei mit rund sechs Millionen Wählern als drittstärkste Kraft hervorgegangen, hinter der NSDAP und der SPD.

Die drohende Hitler-Regierung beunruhigte die Führung der KPD allerdings nicht allzu sehr, da man sich nach eigener Ansicht seit Beginn der Präsidialkabinette Anfang der Dreißiger Jahre schon längst in einem faschistischen System befände.21

So sah man in Hitlers Machtergreifung nur einen weiteren Schritt auf der faschistischen Skala, die schlußendlich in einer proletarischen Revolution gipfelt.

Man beruhigte sich mit dem Glauben, daß die Situation sich nicht verschlimmert hätte, sondern viel mehr auf einen baldigen Zusammenbruch des Systems hinweise, nach welchem die KPD bereit sein müsse, die Macht an sich zu reißen.22

Aus diesem Grund hatte sich die Parteiführung KPD schon gegen Ende der Zwanziger Jahre auf eine bevorstehende Verbotszeit und die damit notwendig werdende Untergrundarbeit vorbereitet.23 Man probte die Umstellung auf Drei-Mann-Zellen, ordnete die Einrichtung von Verstecken für Vervielfältigungsappa- rate, Druckpapier und Mitgliederkarteien an und hielt Funktionäre an, sich Ausweichquartiere zu sichern.24

Doch sollte der herrschende Überzentralismus und der Glaube an die eigene Stärke die drohende Gefahr relativieren, und diese Aktionen ins Leere laufen lassen. ,,Diese Struktur bot ... den Verfolgern günstige Bedingungen, über Denunziation, Spitzel, V-Mann-Einsatz, und systematische Beobachtung in die Organisations- netze einzubrechen und sie nach unten wie nach oben aufzurollen."25

4.2. Der 30. Januar 1933 - Voraussetzungen und Folgen für die Widerstandsarbeit.

Wie sehr sich die Parteiführung wie auch Sympathisanten in der Machtergreifung Hitlers getäuscht hatten, zeigten die Wochen nach dem 30. Januar. Noch am selben Tag hatte Hitler den gnadenlosen ,,Kampf gegen den Marxismus" propagiert. Er wolle ,,nicht ruhen, bis diese Erscheinung aus dem deutschen Leben beseitigt sein" würde.

Zwar hatte die Partei mit einem Verbot, aber nicht mit einer derartig perfekt organisierten Verfolgung gerechnet26 , wie sie die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler zur Folge hatte. Noch am gleichen Tag rief die KPD zu einem Generalstreik aller arbeitenden Kräfte gegen die faschistische Regierung auf; und obwohl es vereinzelt sogar zu Vereinigungen mit sozialdemokratischen Kräften kam, gelang es nicht, die ,,Initiative zu einer gemeinsamen Abwehraktion der deutschen Arbeiterbewegung"27 werden zu lassen. Die KPD hatte aus der Machtübernahme Hitlers den Schluß gezogen, das Regime ,,energisch zu bekämpfen, um den Anspruch auf die Nachfolge zu erwerben"28 , da es sich wie fälschlicherweise angenommen, nur um eine schwache und daher kurze Regierungszeit handeln konnte.

Aber auch in den Reihen der SPD regten sich Rufe nach einem einheitlichen Eintreten gegen den Nationalsozialismus. Ende Januar diskutierte man im Parteiausschuß der SPD eine Änderung des sozialdemokratisch-kommunistischen Verhältnisses. Dies sei aber nur möglich, wenn die KPD ihre Haltung gegenüber der Sozialdemokratie überdenke, da es ansonsten zwecklos sei, mit den Führern zu verhandeln.29

Doch die KPD blieb vorerst ihrem ultralinken Kurs treu. Schon am vierten Februar aber ,, ... verfügte eine Notverordnung einschneidende Maßnahmen gegen all jene, die zur faschistischen Regierung in Opposition standen."30 Dies bedeutete, daß tausende von Kommunisten verhaftet, viele sogar ermordet wurden. ,,Die Schläge der Polizei wirkten sich besonders verheerend aus, weil der zentralistische Organisationsaufbau (der Partei) und die entscheidende Rolle der hauptamtlichen Sekretäre die Partei verwundbar machten ...".31 Die Massenverhaftungen betrafen in der Hauptsache die mittleren und unteren Parteifunktionäre. ,,Schon im März 1933 hatte sich die SA Polizeibefugnisse angeeignet, und es begann ein wahrer Amoklauf gegen Marxisten aller Art."32 Die Opfer wurden in improvisierten Gefängnissen und Konzentrationslagern eingekerkert, gefoltert und sogar ermordet. Denunziation und erzwungene Geständnisse führten rasch auch zur Verhaftung leitender Funktionäre. Bei diesen Aktionen dürften der SA und der Gestapo vor allem die aus der ,,Durchsuchung des KarlLiebknecht-Hauses ... im August 1931"33 gewonnenen Erkenntnisse über Adressen und Dokumentenmaterial der KPD hilfreich gewesen sein.

4.3. Der Reichstag brennt - Der Weg in die Illegalität.

Die Situation spitze sich nach dem Reichstagsbrand vom 27/28 Februar noch erheblich zu. Die nationalsozialistische Propaganda verdächtigte kommunistische Aktivisten, das Feuer gelegt zu haben. Am selben Tag noch erließ Hindenburg die Notverordung des Reichspräsidenten ,,zum Schutz von Volk und Staat", die sogenannte Reichstagsbrandverordnung, die ,,die bürgerlich-demokratischen Rechte der Weimarer Verfassung außer Kraft"34 setzte und einen weiteren Schritt in der Konsolidierung der NS- Herrschaft darstellte.

Durch diese politische Maßnahme wurde die KPD ohne eigenes Zutun buchstäblich über Nacht in die Illegalität gerückt. Da man mit eine Phase der Illegalität gerechnet hatte (siehe 4.1), war es der Partei möglich, ,,ihre Organisationsstruktur relativ bruchlos, wenn auch mit großen Verlusten an Funktionären"35 in das Leben jenseits des geltenden Rechts zu überführen. Die Parteifunktionäre sollten ab nun die Rolle von ,,Berufsrevolutionären"36 erhalten.

Duhnke unterscheidet vier Gruppen von Kommunisten in den kommenden Wochen nach dem Reichstagsbrand: ,,1. Tausende oder zehntausende von Parteimitgliedern wurden von SA und Polizei mehr oder weniger systematisch zusammengetrieben und in Haft genommen; 2. eine zahlenmäßig nicht zu erfassende Gruppe ging recht schnell zu den Nationalsozialisten über ... ; 3. ein paar hundert - besonders höhere Parteiführer, kommunistische Intellektuelle - konnten sofort oder im Laufe des Jahres ins Ausland entkommen; 4. die übrigen rund 100.000 Mitglieder tauchten zunächst unter, und später, nach weiteren Verhaftungen, begann etwa die Hälfte von ihnen mit den ersten planlosen illegalen Aktionen, besonders mit dem Drucken und Verteilen von illegalen Flugblättern und Flugschriften."37

Die Hauptanstrengungen der KPD nach der Machtergreifung lagen allerdings nicht unbedingt im Organisieren von Streiks oder Demonstrationen gegen das Regime. Vielmehr hielt man es für notwendig, sich für die Reichstagswahlen im März 1933 zu rüsten und alle Kräfte zu mobilisieren. ,,Wandinschriften, Flugzettel" und ,,Parolen"38 sollten dabei deutlich machen, daß die KPD trotz ihrer Illegalität nicht zum Schweigen gebracht worden sei, ,,daß sie noch lebe."39

Schnell allerdings mußte man einsehen, daß auch die Ergebnisse der Reichstagswahl keine neue Tendenz brachte. So war die KPD immer noch die drittstäkste Kraft (mit ca. 12% der Wählerstimmen), sah sich aber einer Übermacht von Nationalsozialisten gegenüber, die die Wahl mit ca. 43% klar vor der SPD (ca. 18 %) für sich entscheiden konnten. Trotz der heftigen Verfolgungswelle40 wähnte sich die KPD noch immer in (einer ideologisch begründeten) Sicherheit. So bewegte sich Thälmann ,,in der Öffentlichkeit, als ob nichts Außergewöhnliches geschehen sei."41

Dies sollte sich allerdings schon recht bald rächen. Am 3. März, zwei Tage vor der Reichstagswahl, wurde Thälmann verhaftet.42 Dieses Ereignis erschütterte die KPD zwar sehr, konnte die Funktionäre aber nicht zur Einstellung des begonnenen Kampfes gegen das HitlerRegime bewegen. Statt aber aus der Verhaftung Thälmanns die richtigen Schlüsse zu ziehen, die in einem noch stärkerem Zusammenhalt der KPD gemündet wären, brachen Machtkämpfe innerhalb der Parteiführung um die Nachfolge Thälmanns los, die schließlich Walter Ulbricht für sich entscheiden konnte.43 Durch seine Unterstützung konnte schließlich Wilhelm Pieck nominell zum Parteiführer ernannt werden. ,,So formierte sich schon damals das Duumvirat Ulbricht-Pieck, das nach 1945 in der Sowjetzone die Macht ergriff."44

4.4. Umorganisation und Neuanfang.

,,Abgesehen von sporadischen Aktionen, war vor Mitte 1933 naturgemäß an keine größere organisierte Tätigkeit zu denken."45 Wichtiger war es, die durch die Massenverhaftungen nach der Machtergreifung Hitlers und dem Reichstagsbrand von SA-Kommandos gerissenen Lücken wieder aufzufüllen und Kontakte zu Parteibereichen außerhalb Berlins wieder aufzunehmen.46

Das Exekutiv-Komitee der KomIntern (EKKI) erklärt in einer Resolution am 1. April 1933 den anscheinlichen Rückzug der KPD wegen des SA-Terrors folgendermaßen: ,,Die augenblickliche Stille nach dem Siege des Faschismus ist nur eine vorübergehende Erscheinung. Die Errichtung der offenen faschistischen Diktatur ... beschleunigt das Tempo der Entwicklung Deutschlands zur proletarischen Revolution."47

Trotzdem hatte das Politbüro Mitte Mai 1933 beschlossen, daß drei seiner Mitglieder (Dahlem, Florin, Pieck) nach Paris emigrieren sollten, um dort eine sogenannte Auslandsleitung aufzubauen48 . Die restlichen vier Mitglieder sollten in Berlin verbleiben, um dort die Inlandsleitung zu bilden.

Wie Mammach zu berichten weiß, ,,waren die 28 Parteibezirke in acht Oberbezirke zusammengefaßt worden".49 Diese Neugliederung des zentralen Parteiapparats ermöglichte es der Parteiführung, die Bezirke leichter anleiten zu können.

4.5. Agitprop gegen das Hitler-Regime.

Bereits im Februar 1933 begannen einzelne Bezirksleitungen mit dem Aufbau von Grenzstützpunkten in der benachbarten Tschechoslowakei. ,,Seit Juni 1933 erfolgte auf Weisung der Inlandsleitung der Aufbau eines Systems solcher Stützpunkte an den Grenzen der CSR, Dänemarks, der Niederlande, des Saargebiets und der Schweiz."50 Diese hatten verschiedene Aufgaben zu bewältigen. ,,Die Grenzstützpunkte wurden Anlaufstellen für ratsuchende Untergrundaktivisten wie für Flüchtende, denen die Gestapo auf den Fersen war."51

Diese sich nun im Exil befindlichen Kommunisten wurden auch direkt im Grenzgebiet mit neuen Aufgaben betreut. So sollten diese anderen Flüchtenden das Entkommen aus dem Reich erleichtern. ,,Gemäß dem Schlagwort von der Emigration als Kampfposten" sollten sie ,,dem Widerstand in Deutschland zuarbeiten. Sie leisteten Kurierdienste, halfen bei der Überprüfung der ankommenden Flüchtlinge, sammelten Nachrichten aus Innerdeutschland und schafften in Transportkolonnen zentnerweise geistige Konterbande über die Grenzen."52 Zudem hatte sich innerhalb der Partei eine Neuerung im Informationsaustausch durchgesetzt. Die Parteiführung setzte nun auf ein sogenanntes Instrukteursystem. Diese Instrukteure wurden von der Landesleitung eingesetzt, um ,,entweder zwischen der Landesleitung und den Bezirken oder zwischen den Bezirken und den örtlichen Organisationen die Verbindung herzustellen."53 Durch diese Instrukteure war es auch der Auslandsleitung möglich, mit den im Reich arbeitenden Organisationen in Kontakt zu bleiben54 .

Des weiteren wurde über die Grenzposten auch vermehrt illegale Propagandaliteratur ins Reich geschmuggelt. Dieser illegalen Presse kann gar kein zu hoher Stellenwert beigemessen werden. So ruhte die Propaganda der Partei bis 1935 grundsätzlich auf vier Säulen: ,,1. mündliche Agitation; 2. regelmäßige Veröffentlichung illegaler Zeitungen, Broschüren, Druckschriften und Flugblätter; 3. Ausnutzung aller legalen und halblegalen Möglichkeiten, und; 4. Organisation von Blitzdemonstrationen und Blitzversammlungen in den Betrieben."55

Das zentrale Parteiorgan, die Rote Fahne, wurde schon ab Ende März 1933 zwei bis dreimal monatlich illegal in Auflagen veröffentlicht, ,,die bis zu 300.000 Exemplare erreicht haben sollen."56

Aber auch örtliche Flugschriften, in welchen oftmals ,,lokale Ereignisse aufs Korn genommen" wurden und durch welche man versuchte, ,,auf unterschiedliche Weise die Unzufriedenheit anzuheizen"57 , erschienen ab dem Frühjahr regelmäßig und in beachtlicher Anzahl.

Durch diese Schriften mit ihrer hohen Auflage wollte sich die KPD noch immer den Charakter einer Massenorganisation anheften, die zwar im Untergrund tätig war, aber dennoch eine beachtliche Menge Menschen zu erreichen vermochte.58

Da man die Kontrollen an den Grenzen zum Reich allerdings umgehen und täuschen mußte, wurden viele der illegalen Schriften, so auch das berühmt gewordene ,,Braunbuch über Reichstagsbrand und Hitlerterror", als Reclam-Hefte getarnt, welche Umschläge von Goetheund Schiller-Klassikern erhielten.59

Die Verteilung dieser Schriften sollte sich allerdings als ungleich gefährlich darstellen. Hier boten sich zahlreiche Zugriffsmöglichkeiten für die SA und die Gestapo. Trotz der schon erwähnten Tarnung der Schriften war es der Gestapo gelungen, schon bei dem Versuch, diese Schriften ins Reich zu schmuggeln, eine Vielzahl von Exemplaren sicherzustellen, so daß anzunehmen ist, ,,daß nur der kleinere Teil der vom Ausland eingebrachten Schriften die beabsichtigten Leser erreichte".60

Doch auch die Verteilung der erfolgreich über die Grenzen geschmuggelten Propagandaliteratur setzte eine hohes Maß an Risikobereitschaft bei den jeweiligen Verteiler voraus. Überall lauerten Spitzel, die jede Gelegenheit nutzen, einen ungeschützt Flugblätter verteilenden Kommunisten an die Gestapo zu verraten.

Spätestens ab dem 4. Oktober 1933, wurde es lebensgefährlich, kommunistische Schriften öffentlich an den Mann zu bringen. Göring hatte als Preußischer Ministerpräsident ,,der Polizei befohlen, selbst gegen Verteiler kommunistischer Flugblätter, die auf Anruf nicht sofort stehenblieben, rücksichtslos von der Schußwaffe Gebrauch zu machen."61 Aus diesem Grund mußten die kommunistischen Propagandaschriften auf oftmals recht spektakuläre Weise an den Mann gebracht werden. ,,Eine Breitenstreuung der Flugblätter in Häusern, auf Straßen und Plätzen, vom Fahrrad oder aus der Dachluke öffentlicher Gebäude abgeworfen, sorgte für Aufsehen, jedoch nicht für das Anwachsen einer kommunistischen Oppositionsbewegung."62 Ebenso wenig wie durch spektakuläre Einzelaktionen ( ,,Sprechchöre auf Berliner Hinterhöfen, das Hissen roter Fahnen auf Schornsteinen und Wassertürmen, das Durchtrennen des Hauptstromkabels bei einer Hitlerrede in Stuttgart"63 ), war es der KPD mit ihrer illegalen Presse gelungen, die Menschen auf ihre Seite gegen das Hitler-Regime zu ziehen.

Unter dem Druck von Terror und Verfolgung hatten Ende 1933 alle sich noch in Freiheit befindlichen Parteibüromitglieder das deutsche Reich verlassen.64

4.6. Einheitsfrontversuche gegen die Konsolidierung der Hitler-Regierung und das Abebben des kommunistischen Widerstandes.

Wie schon an früherer Stelle erwähnt, hat die KPD Einheitsfrontangebote der SPD abgelehnt, da sie dem ultralinken Kurs der KomIntern folgen mußte. Andererseits hatte aber auch die KPD Aufforderungen der Sozialdemokratie zur Bildung eines einheitlichen Kampfes gegen das NS-Regimes nicht wahrgenommen. Hierfür lassen sich verschiedene Gründe aufzählen. Zunächst einmal dürfte die SPD einem Angebot der Kommunisten mit großem Mißtrauen begegnet sein. Durch die jahrelange ,,Sozialfaschismus-Kampagne" stellte es sich für die KPD als äußerst schwierig dar, das Mißtrauen, das sich seit 1929 genährt hatte, innerhalb von Tagen oder Wochen wieder abzubauen.

Der SPD war es wichtig, diese Einheitsfront der Arbeiterbewegung als sogenannte ,,Einheitsfront von oben" wirken zu lassen, während die KPD eine ,,Einheitsfront von unten anstrebte. Diese wäre vollzogen worden, indem möglichst viele Mitglieder der SPD in die KPD übergetreten wären.65

Mit einer solchen ,,Taktik des Trojanischen Pferdes sollte der verlorengegangene Masseneinfluß zurück erobert werden."

Doch zunächst mußte die Komintern einen Kurswechsel beauftragen. Dies geschah schließlich im August 1935 auf dem VII. Weltkongreß der KomIntern, in welcher man Bilanz aus dem bislang erfolgten aussichtslosem Kampf gegen den Faschismus nicht nur in Deutschland gezogen hatte. Ab nun sollten alle Kommunisten ,,in allen vom Faschismus bedrohten oder bereits beherrschten Ländern mit den sozialistischen oder bürgerlich- demokratischen Kräften"66 zusammenarbeiten. Daß dieses Umdenken für die deutschen Kommunisten viel zu spät kam, zeigt sich vor allem in der Zersprengung der letzen Landesleitung nach drei Wochen ihres Bestehens schon im März 1935. Somit stand die KPD ohne Inlandsleitung da, welche wichtig gewesen war, da viele der Entscheidungen der Auslandsleitung in Paris an der politischen Realität in Deutschland vorbei zielten. Doch auch der Widerstandskampf in Deutschland fand immer weniger Rückhalt in der Bevölkerung, so daß sich der kommunistische Untergrund nach und nach in völlige Isolation

hinein rutschte. ,,Das Abstimmungsverhalten der Saarbevölkerung und das Ausbleiben jeglicher Gegenreaktion auf die Liquidierung der SA-Führung, der Abbau der Arbeitslosigkeit ... sowie der folgenlose Bruch des Versailler Vertrages mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht im März 1935 und dem Einmarsch deutscher Truppen im Jahr darauf in die entmilitarisierte Rheinlandzone ließen auch die in unbedingter Ablehnung verharrenden Kommunisten erkennen, daß das NS-Regime sich konsolidiert hatte, von der eigenen Bevölkerung weitestgehend akzeptiert wurde und bei den Regierungen der führenden Länder keineswegs auf Ablehnung stieß."67

Ab diesem Zeitpunkt lag es im Ermessen der noch verbliebenen Untergrundaktivisten, den Widerstandskampf gegen das Regime fortzusetzen.

,,Um das Jahr 1935/36 wurden die KPD Organisationen am Mittelrhein von der Gestapo beinahe so schnell wieder zerschlagen, wie sie gerade neu aufgebaut worden waren."68 An diesem Beispiel zeigt sich wie konsequent und erfolgreich die Gestapo gegen die letzen Versuche der KPD, Widerstand zu betreiben, vorgehen konnte.

Weitere Verhaftungen, die dem Ausmaß der im Frühjahr 1933 über die deutschen Kommunisten hereingebrochenen Verhaftungswellen in nichts nachstanden, dezimierten den längst schon geschwächten Parteikader noch tiefgehender. ,,Reorganisationsansätze erreichten jedoch einen wesentlich kleineren Kreis" der Bevölkerung. ,,Sie fielen Verhaftungsmaßnahmen zum Opfer, bevor sie sich weiter entfalten konnten."69 Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges erhielten die deutschen Kommunisten von ihrer eigenen Mutterpartei quasi den Dolchstoß. Am 23 August kam es zwischen Der Ns- Regierung und der KpdSU zu einem für die KPD verheerenden Bündnis; verheerend deshalb, weil durch den Hitler-Stalin-Pakt alle Rückendeckung der KomIntern für einen Widerstandskampf in Deutschland verlorenging.

Die eigene Mutterpartei hatte sich mit dem Hauptfeind zu einem Nichtangriffspakt zusammen geschlossen, was von der Pariser Auslandsleitung als ,,Friedenstat"70 gewürdigt wurde, bei dem weitaus größeren Teil der deutschen Kommunisten aber nur Verwirrung und Unsicherheit stiftete. Welche Folgen diese Friedenstat für Europa nur eine Woche später hatte, steht außer Frage.

5. Schlußbetrachtung.

Nachdem wir uns nun mit den Aktivitäten, so gut geplant und schlecht ausgeführt sie auch gewesen sein mögen, der KPD gegen das Hitler-Regime beschäftigt haben, stellt sich zum Schluß noch einmal die Leitfrage dieser Arbeit. Welche Art von Widerstand hat die KPD zwischen 1933 und 1939 geleistet?

Mir persönlich fällt es relativ schwer, diese Frage einfach pauschal zu beantworten. Von einer Resistenz im von Broszat definierten Sinne kann sehr wohl gesprochen werden, da sich die treuen Mitglieder der KPD (von denen abgesehen, die schon kurz nach der Machtergreifung zur NSDAP überwechselten71 ) deutlich von der Ideologie der Nazis abhoben und versucht haben, der Bevölkerung ihre eigene kommunistische Ideologie aufzudrängen (siehe Flugblattaktionen, illegale Presse und Arbeit in den Betrieben).

Allerdings ist es etwas wenig nur von Resistenz zu sprechen, wenn man sich den teilweise übersteigerten Aktionismus der KPD vor Augen führt. Es gehört schon wesentlich mehr als Immunität gegenüber dem Regime dazu, um einen solchen Kampf zu führen. Aus diesem Grund finde ich es auch verfehlt, die KPD als loyal widerwillig zu beschreiben. Von Loyalität kann überhaupt keine Rede sein, wenn man das Ziel der Kommunisten betrachtet, das Machtübernahme nach dem Sturz der Hitler-Regierung hieß. Daß man sich in der Überlebensfähigkeit des Regimes getäuscht hat, spielt bei einer Einschätzung der Qualität des kommunistischen Widerstandes nur eine sekundäre Rolle.

Ebenso wenig kann man der KPD vorwerfen, sich in innere Emigration geflüchtet zu haben. Ein so deutlich nach außen betriebener Kampf gegen das NS-Regime straft einer solchen Annahme Lügen. Zu viele Mitglieder haben sich auch durch eigenes Verschulden in der Übergangsphase zur Illegalität geopfert, als daß man von einem Rückzug in das Ausleben kommunistischer Gedanken nur im kleinen Kreis reden kann, während man ansonsten NSDAP-Treue heuchelte.

So trifft das Zitat zu, daß ,,Kommunisten ... die ersten aktiven Widerstandskämpfer gegen Hitler"72 waren.

Es wäre allerdings vermessen, den Aktivitäten der KPD den Vorrang vor allen anderen widerständischen Gruppen zu geben. Im Grunde genommen hatten alle zusammen ein Ziel: die Abschaffung der Hitler-Regierung. Das einzige, was allen Gruppen schließlich jedoch nicht gelungen ist, ist diese Ziel auch in die Tat umzusetzen.

1 So geschehen in dem mittlerweile sechs Bände umfassenden Projekt ,,Bayern in der NS- Zeit. M. Broszat, E. Fröhlich, A. Großmann (Hrsg.), München, Wien 1977."

2 So unter anderem Duhnke, Horst: Die KPD von 1933 bis 1945, Köln 1972.; Bahne,

Siegfried: Die KPD und das Ende von Weimar. Das Scheitern einer Politik 1932-1935,

Frankfurt a. M./ New York 1976.; Reichert, Hans J.: Die Kommunistische Partei Deutschlands, in: Schmitthenner, Walter / Buchheim, Hans (Hrsg.): Der deutsche Widerstand gegen Hitler, Köln/Berlin 1966.; Weber, Hermann: Zur Politik der KPD 1929-1933, in: Scharrer, Manfred (Hrsg.): Kampflose Kapitulation. Arbeiterbewegung 1933, Hamburg 1984.; Ders.: Die Ambivalenz der kommunistischen Widerstandsstrategie bis zur ,,Brüsseler" Parteikonferenz, in: Schmädeke, Jürgen / Steinbach, Peter: Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Die deutsche Gesellschaft und der Widerstand gegen Hitler, München³ 1994.

3 Als Beispiel diene Mammach, Klaus: Die KPD und die deutsche antifaschistische Widerstandsbewegung 1933-1945, Frankfurt a. M. 1974. Im folgenden als Mammach: KPD. zitiert.

4 Peukert, Detlev J. K.: Der deutsche Arbeiterwiderstand 1933-1945, in: Müller, Klaus-Jürgen (Hrsg.): Der deutsche Widerstand 1933-1945, Paderborn 1986, S. 157. Im folgenden als Peukert: Arbeiterwiderstand. zitiert.

5 Mallmann, Klaus-Michael: Kommunistischer Widerstand 1933-1945. Anmerkungen zu Forschungsstand und Forschungsdefiziten, in: Steinbach, Peter/ Tuchel, Johannes (Hrsg.): Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Berlin 1994, S. 113. Im folgenden als Mallmann: Widerstand. zitiert.

6 Siehe auch Mallmann: Widerstand, S. 115.

7 Diese Definition findet man in verschiedensten Lexika unter dem Eintrag ,,Widerstandsbewegung (in der NS-Zeit)"

8 Mallmann, Klaus-Michael/ Paul, Gerhard: Resistenz oder loyale Widerwilligkeit. Anmerkungen zu einem umstrittenem Begriff, Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (2/93), S. 100. Dieser Aufsatz wird im folgenden als Mallmann/Paul widergegeben.

9 Ebd. Ferner Broszat, Martin: Resistenz und Widerstand. Eine Zwischenbilanz des Forschungsprojekts, in: Ders., Fröhlich, E., Großmann A.: Bayern in der NS-Zeit, Bd. 4, S. 697.

10 Mallmann/ Paul, S. 103.

11 So bei Schlögl, Rudolf/ Schwartz, Michael/ Thamer, Hans-Ulrich: Konsens, Konflikt und Repression: zur Sozialgeschichte des politischen Verhaltens in der NS-Zeit, in: Dies.: Zwischen Loyalität und Resistenz. Soziale Konflikte und politische Repression während der NS-Herrschaft in Westfalen, Münster 1996, S. 9.

12 Ebd., S.11.

13 Weber, Hermann: Die Ambivalenz der kommunistischen Widerstandsstrategie bis zur ,,Brüsseler" Konferenz, in: Schmädeke, Jürgen/ Steinbach, Peter (Hrsg.): Der widerstand gegen den Nationalsozialismus. Die deutsche Gesellschaft und der Widerstand gegen Hitler, München³ 1994, S. 76. Im folgenden als Weber: Widerstandsstrategie. zitiert.

14 Bahne, Siegfried: Die KPD und das Ende von Weimar. Das Scheitern einer Politik 1932- 1935, Frankfurt/New York 1976, S. 11. Im weiteren zitiert als Bahne: KPD zitiert.

15 Weber: Widerstandsstrategie, S. 74.

16 Ders.: Zur Politik der KPD 1929-1933, in: Scharrer, Manfred: Kampflose Kapitulation. Arbeiterbewegung 1933, Hamburg 1984, S. 121.

17 Reichert, Hans J.: Die Kommunistische Partei Deutschlands, in Schmitthenner, Walter/ Buchheim, Hans (Hrsg.): Der deutsche Widerstand gegen Hitler, Köln/ Berlin 1966, S. 185. Im folgenden als Reichert: Kommunistische Partei. zitiert.

18 Herlemann, Beatrix: Kommunistischer Widerstand, in: Benz, Wolfgang/ Pehle, Walter H. (Hrsg.): Lexikon des deutschen Widerstandes, Frankfurt a. M. 1994, S. 28. Im folgenden als Herlemann: Kommunistischer Widerstand. zitiert.

19 Bahne: KPD, S. 12.

20 Herlemann: Kommunistischer Widerstand, S. 28.

21 So äußerte sich das ZK der KPD am 1. 12 1930: Deutschland sei eine ,,faschistische

Republik". Die Brüning-Regierung sei zur ,,ersten Regierung der faschistischen Diktatur" geworden.

22 Klönne, Arno: Die deutsche Arbeiterbewegung. Geschichte, Ziele, Wirkungen, Köln 1989, S. 258. ,,Eine Zuspitzung der sozialen Konflikte wurde als beste Voraussetzung für den endgültigen Erfolg der eigenen Partei angesehen. Die KPD war optimistisch: Nach Hitler kommen wir."

23 Mammach: KPD, S. 39.

24 Herlemann: Kommunistischer Widerstand, S. 29. Siehe auch Bahne: KPD, S. 49.

25 Mehringer, Hartmut: Widerstand und Emigration. Das NS-Regime und seine Gegner, München 1997, S. 82.

26 Peukert: Arbeiterwiderstand, S. 165.

27 Van Roon, Ger: Widerstand im dritten Reich. Ein Überblick, München 1994, S. 53. Im folgenden als Van Roon: Widerstand. zitiert.

28 Herlemann: Kommunistischer Widerstand, S. 29.

29 Bahne: KPD, S. 38.

30 Mammach: KPD, S. 31.

31 Weber: Widerstandsstrategie, S. 76.

32 Duhnke, Horst: Die KPD von 1933-1945, Köln 1977, S. 104. Im folgenden als Duhnke: KPD. zitiert.

33 Reichert: Kommunistische Partei, S. 185.

34 Pikarski, Margot/ Warning, Elke (Hrsg.): Gestapo-Berichte über den antifaschistischen Widerstandskampf der KPD 1933-1939, Bd. 1, Berlin 1989, S. 13.

35 Peukert: Arbeiterwiderstand, S. 165. Dem widerspricht allerdings die folgende Darstellung: ,,Der zentralistische Aufbau der KPD und die Verhaftung eines großen Teils des Parteikaders erschwerten den Übergang in die Illegalität." (Van Roon: Widerstand, S. 54.)

36 Bahne: KPD, S. 49.

37 Duhnke, Horst: KPD, Köln 1977, S. 101.

38 Steinbach, Peter: Widerstand im Widerstreit. Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus in der Erinnerung der Deutschen, Paderborn 1994, S. 163. Im folgenden als Steinbach: Widerstand im Widerstreit. zitiert.

39 Weber: Widerstandsstrategie, S. 77.

40 Klönne: Arbeiterbewegung, S. 259. ,,Mehr als 10.000 kommunistische Funktionäre waren bereits verhaftet."

41 Duhnke: KPD, S. 102.

42 Reichert: Kommunistische Partei, S. 185.

43 Steinbach: Widerstand im Widerstreit, S. 164f.

44 Duhnke: KPD, S. 111.

45 Ebd.: S. 107.

46 Herlemann: Kommunistischer Widerstand, S. 29f.

47 Reichert: Kommunistische Partei, S. 186.

48 Bahne: KPD, S. 49.

49 Mammach: KPD, S. 39. Eine Liste der neuen Oberbezirke findet sich auf S. 41.

50 Ebd.: S. 42. Siehe hier auch eine Auflistung der verschiedenen Grenzstützpunkte der KPD in den Jahren 1933-1935.

51 Herlemann: Kommunistischer Widerstand, S. 31.

52 Ebd.: S. 32.

53 Duhnke: KPD, S. 116.

54 Allerdings zeigen in diesem System auch Schwächen. ,,Das Ideal war, überall zuverlässige Funktionäre in den Bezirken einzusetzen, die im Fall eines Abreißens der Verbindungen unabhängig handeln könnten." Neben möglichen ideologischen Abweichungen innerhalb einiger Bezirke, die Duhnke in diesem System vermutete, widerspricht er der eingangs dieser Arbeit schon genannten Parteistruktur, die hierarchisch und zentralistisch gewesen war. Dieses Ideal, das Duhnke hier zitierend anspricht, paßt so ganz und gar nicht in die Struktur, auch wenn sich die KPD bereits in der Illegalität befand. Ebd.: S. 116.

55 Ebd.: S. 207.

56 Ebd.: S. 117.

57 Van Roon: Widerstand, S. 55.

58 Bahne: KPD, S. 51. ,,Zum Grundprinzip der illegalen KPD-Arbeit wurde es erklärt, auch in der Illegalität den Massencharakter der Partei beizubehalten."

59 Herlemann: Kommunistischer Widerstand, S. 31.

60 Duhnke: KPD, S. 117f.

61 Weber: Widerstandsstrategie, S. 79. Siehe auch Duhnke: KPD, S. 107.

62 Herlemann: Kommunistischer Widerstand, S. 32.

63 Ebd.: S. 31.

64 Duhnke: KPD, S. 111.

65 Ebd.: S. 119.

66 Herlemann: Kommunistischer Widerstand, S. 34.

67 Ebd.: S. 33.

68 Duhnke: KPD, S. 194.

69 Peukert: Arbeiterwiderstand, S. 167.

70 Herlemann: Kommunistischer Widerstand, S. 36.

71 Wie in Kapitel 4.3. (S.10) beschrieben.

72 Duhnke: KPD, S. 107.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die KPD im Widerstand gegen Hitler
Note
sehr gut
Autor
Jahr
1999
Seiten
20
Katalognummer
V98297
ISBN (eBook)
9783638967488
Dateigröße
442 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Aktionen der KPD im nationalsozialistischen Deutschland. Die kommunistische Propaganda gegen das Regime bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges.
Schlagworte
Widerstand, Hitler
Arbeit zitieren
Stefan Knode (Autor:in), 1999, Die KPD im Widerstand gegen Hitler, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98297

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