Karl der Große (742-814)
Das Frankreich war das einzige Germanenreiche Land, welches dauerhaften Bestand hatte. Während Ostgoten - und Vandalenreich nach wenigen Jahrzehnten wieder in der Versenkung verschwanden, begannen die Franken unter ihrem legendären König Chlodwig aus dem Hause Merowech einen Mühsamen Aufstieg. Als das Blut der Merowinger immer dünner wurde, und die Söhne der Familie nur mehr als Schattenkönige fungierten, trat eine Familie aus dem Schatten der alten Könige, um das Amt selbst zu übernehmen. Es waren die Karolinger, deren größter Spross, Karl der Große, sich anschickte, der erste westliche Kaiser der katholischen Christenheit zu werden.
Die Herrschaft Karls des Großen
768 stirbt Pippin der Jüngere, der Vater von Karl dem Großen und seinem Bruder Karlmann, und hinterläßt nach fränkischer Tradition jeweils einen Teil des fränkischen Reiches. Bald kommt es deswegen zu Spannungen zwischen den beiden Brüdern. Der Konflikt verschärft sich infolge der unterschiedlichen Haltung der Brüder gegenüber den Langobarden. Durch Vermittlung der Königinmutter heiratet Karl die Tochter des Langobardenkönigs Desiderius. Der Papst fühlt sich durch dieses Vorgehen hintergangen und fürchtet nicht zu Unrecht ein erneutes Vorgehen der Langobarden gegen Rom. Karlmann hält an der Politik seines Vaters fest und bleibt dem päpstlich-fränkischen Bund treu. Sein früher Tod im Jahre 771 verhindert einen schärferen, vielleicht bewaffneten Konflikt zwischen ihm und Karl.
Durch Karlmanns Tod wird Karl der Große zum Alleinherrscher im Fränkischen Reich. Als sich Karlmanns Witwe mit dem Langobardenkönig verbündet und dieser erneut von Rom zieht, überdenkt Karl seine bisherige Italienpolitik. Er verstößt seine langobardische Gemahlin und nimmt den Hilferuf des Papstes zum Anlaß, 773/74 Krieg gegen die Langobarden zu führen. Durch diesen Krieg erreicht Karl weiter mehr, als seinem Vater jemals vergönnt war. Nach der Kapitulation des Desiderius beseitigt Karl die seit Jahrhunderten bestehende Autonomie der Langobarden in Italien. Er ist nunmehr König der Franken und der Langobarden. Die Zusagen und Schenkungen von 754 und 756 werden von Karl 774 in Rom gegenüber dem Papst feierlich erneuert. 781 läßt Karl der Große seine Söhne Pippin und Ludwig in Rom zu Königen salben; Pippin wird Unterkönig der Langobarden, Ludwig Unterkönig in Aquitanien ( Gebiete südlich der Loire ). Dies alles geschieht ohne Rücksicht auf Byzanz; die Durchsetzung eigener Interessen hat Vorrang; allerdings vermeidet Karl einen offenen Konflikt mit dem Oströmischen Reich, es geht ihm nicht um einen erkennbaren Weltherrschaftsanspruch.
In der Folgezeit gelingt es Karl eine Spanische Mark zu errichten, die in ihrer größten Ausdehnung 812 bis zum Ebro erreicht. Es war vor etwa 1200 Jahren eine Art Euro - der karolingische Silberdenar. Er galt jahrelang als sicheres Zahlungsmittel über die Grenzen des Frankenreiches hinaus. Zu den schwersten Auseinandersetzungen, die Karl in seiner sechsundvierzig Jahre währenden Regierungszeit auszustehen hatte, kam es jedoch östlich des Rheins. Mehr als 30 Jahre lang kämpfte Karl gegen die Sachsen die in mehrere Stammesgruppen untergliedert waren. Der Krieg beginnt 772 und endet erst 804. Einen erbitterten Gegner auf Seiten der Sachsen fand der Frankenkönig vor allem in Widukind, der wiederholte Male von Dänemark aus gegen Karl operierte und für die Freiheit und die überlieferten heidnischen Glaubensinhalte der Sachsen kämpfte. Nach dem Widukind 785 seine Unterlegenheit einsieht und sich taufen läßt, verlieren die Auseinandersetzungen zwischen Franken und Sachsen ihre Schärfe, ohne aber völlig zum Erliegen zu kommen. In keiner Auseinandersetzung hat Karl so grausam und rücksichtslos seine Stärke demonstriert wie im Krieg gegen die Sachsen. Mit eiserner Hand wurde die sächsischen Stämme christianisiert. Auf Verweigerung der Taufe stand jahrzehntelang die Todesstrafe. Bluttaten sind für Karl den Großen keineswegs typisch. Sie bleiben eine Ausnahme. Karl ist - natürlich unter Berücksichtigung der damals vorherrschenden Sitten - kein besonders blutrünstiger und rachsüchtiger Herrscher; er versteht es vielmehr, diplomatisch Fäden zu ziehen und auf allen Seiten neue Gefolgsleute an sich zu binden.
Auch Bayern wird durch Karl den Großen faktisch dem Fränkischen Reich eingegliedert. Unter den Agilolfingern hat sich dort ein recht lebensfähiges Stammesherzogtum entwickelt. Die in Regensburg residierenden Herzöge haben das Recht, Bischöfe einzusetzen, sind aber nach außen an die Karolinger gebunden. Herzog Tassilo, ein Cousin des Karl des Großen, hatte bereits 757 den Lehenseid geleistet, diesen aber gebrochen, als er bei einer Auseinandersetzung mit Aquantien das Heer verließ. Auf der Grundlage dieses lang zurückliegenden Vergehens gelingt es Karl, Tassilo zur Absetzung zu zwingen. Der bayrisch Herzog wird 788 in ein Kloster geschickt, Bayern fortan von fränkischen Präfekten verwaltet. Ein weiterer Erfolg Karls ist die Niederschlagung der Awaren, eines mongolischen Reitervolkes, das sich an der Donau festsetzt und von dort aus Raubzüge unternimmt. Zwischen 791 und 799 werden die Awaren vernichtend geschlagen.
Karls Kaiserkrönung
Die Ereignisse, die zu Karls Kaiserkrönung führen, gehen von Rom aus. Dort ist das Papsttum unter den Einfluß des stadtrömischen Adels und seiner verschiedenen Fraktionen und
Gruppierungen geraten.
799 kommt es zu
Auseinandersetzungen, in deren Verlauf Papst Leo 3. In Rom überfallen wird. Er wendet sich hier- nach an Karl und bittet den Schutzherren der Kirche Hilfe. Als Ergebnis der Ver - handlungen, die zwischen dem Papst und Karl in
Paderborn stattfinden, zieht Karl im Sommer 800 mit einem großen Aufgebot nach Rom. Leo
3. Empfängt ihn - noch vor der Krönung - zwölf Meilen vor der Stadt mit Kaiserzeremoniell. Am 25. Dezember des Jahres 800 setzt der Papst schließlich in der Peterskirche dem Frankenkönig die Krone auf.
Es ist wahrscheinlich, dass Karl von der bevorstehenden Krönung durch Leo 3. Wußte, historisch endgültig zu belegen ist diese Vermutung aber nicht. Mit Karls Krönung tritt an die Seite des oströmischen Kaisers das westliche Kaisertum. Die Macht Karls des Großen übersteigt damit längst die normalen Sphären eines frühmittelalterlichen Königreiches.
Karl und sein Wirken in Aachen
Lange Jahre hindurch lag dem König der Gedanke fern, eine Residenz zu bauen. Er hatte seine Gelehrten, die Schreiber, Theologen, Künstler und Dichter, nicht in einer Pfalz zusammengezogen. Innere und äußeren Unruhen zwangen ihn Jahr für Jahr ins Feld. Seine Freunde mussten ihn jeden Winter in einem anderen Hofgut, jedes Frühjahr auf einem anderen März - oder Maifeld, jeden Herbst in einen anderen Jagdrevieren aufsuchen. Erst die letzte seiner vier Gattinnen mag so etwas wie ein Zuhause gehabt haben. Frauen, Söhne und Töchter waren meist gemeinsam mit dem Frankenherrscher unterwegs. So wurde z.B. Ludwig der Fromme, der spätere Nachfolger des Karl des Großen, am Fuß der Pyrenäen auf dem Araberfeldzug von 778 geboren.
Im Winter 788/89 war Karl zum ersten Mal nach 20 Jahren wieder mehrere Monate hindurch in Aachen. Heute wird angenommen, dass Karl zu dieser Zeit den Entschluß faßte, Aachen zu einer Pfalz auszubauen. Dennoch dauerte es noch bis 794, bevor Karl und sein Hof nach Aachen übersiedelte.
In Aachen konstituierte sich der Freundes - und Ratgeber Kreis, den man die Akademie Karls des Großen genannt hat und der sich in den verschiedensten Bereichen um die Einheitlichkeit im Reich bemühte.
Von überallher kamen die von Karl herbeigerufenen Kleriker, Künstler und Handwerker, die er großzügig bewirtete. Die Kultur blieb vorwiegend den Fremden überlassen, allein das Kriegsgeschäft blieb in den Händen des eigenen Adels.
Aufmerksamkeit erregte auch der weiße Elefant Abulabatz, den Karl von dem sagenumwobenen Kalifen von Bagdad, Harun al Raschid, zum Geschenk bekam und der fortan die Hauptattraktion des Aachener Zoos werden sollte. Die fremden Gestalten, Tiere und Trachten, das ständige Kommen und Gehen verliehen dem Hof Karls jenen märchenhaften Glanz, der für das ganze Mittelalter zu einem Kaisereinzug und Festzug gehören sollte.
Legenden umranken den König
Wie Karl der Große ausgesehen hat weiß keiner so genau, obwohl er oft auf Münzen oder anderen edlen Gegenständen zu sehen ist. Hier ist jedoch ein kleiner Bericht, von Einhard, über seinen väterlichen Freund und Förster Karl den Großen:
Häufig gestellte Fragen zu Karl dem Großen (742-814)
Wer war Karl der Große?
Karl der Große (742-814) war ein bedeutender Herrscher des Fränkischen Reiches aus dem Hause der Karolinger. Er gilt als erster westlicher Kaiser der katholischen Christenheit.
Wie kam Karl der Große an die Macht?
Nach dem Tod seines Vaters Pippin des Jüngeren teilte sich Karl das Reich mit seinem Bruder Karlmann. Nach Karlmanns Tod wurde Karl Alleinherrscher und festigte seine Macht durch Kriege und diplomatische Geschicke.
Welche Kriege führte Karl der Große?
Karl führte Kriege gegen die Langobarden, Sachsen und Awaren. Besonders der Krieg gegen die Sachsen dauerte über 30 Jahre und war von großer Härte geprägt.
Was war die Spanische Mark?
Die Spanische Mark war ein Grenzgebiet, das Karl der Große im heutigen Nordspanien errichtete und das sich bis zum Ebro erstreckte.
Was ist der karolingische Silberdenar?
Der karolingische Silberdenar war eine Währung, die im Fränkischen Reich eingeführt wurde und als sicheres Zahlungsmittel auch über die Grenzen hinaus galt.
Was geschah mit Bayern unter Karl dem Großen?
Bayern wurde faktisch in das Fränkische Reich eingegliedert. Herzog Tassilo, ein Cousin Karls des Großen, wurde abgesetzt und Bayern fortan von fränkischen Präfekten verwaltet.
Wie kam es zur Kaiserkrönung Karls des Großen?
Papst Leo III. wurde in Rom überfallen und bat Karl um Hilfe. Karl zog nach Rom, und Leo III. krönte ihn am 25. Dezember 800 zum Kaiser in der Peterskirche.
Wusste Karl der Große von seiner bevorstehenden Krönung?
Es ist wahrscheinlich, dass Karl von der Krönung wusste, aber historisch endgültig belegt ist diese Vermutung nicht.
Wo residierte Karl der Große?
Lange Zeit hatte Karl keine feste Residenz. Erst später baute er Aachen zu einer Pfalz aus und siedelte dorthin über.
Was war die Akademie Karls des Großen?
Die Akademie Karls des Großen war ein Freundes- und Ratgeberkreis, der sich um die Einheitlichkeit im Reich bemühte.
Was war Abulabatz?
Abulabatz war ein weißer Elefant, den Karl von dem Kalifen von Bagdad, Harun al Raschid, geschenkt bekam und der die Hauptattraktion des Aachener Zoos war.
Wie wurde Karl der Große beschrieben?
Einhard beschrieb Karl als von breitem und kräftigen Körperbau, hervorragender Größe mit rundem Schädel, großen und lebhaften Augen sowie einer etwas zu dicken Statur.
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- Stephanie Wiegand (Author), 1999, Karl der Große, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98302