Geschwisterbeziehungen und ihre Bedeutung für die Entwicklung der Kinder. Konsequenzen für die kindliche Entwicklung und Lehrkräfte


Hausarbeit, 2020

20 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Begriff Geschwister und die Besonderheit von Geschwisterbeziehungen

3. Geschwisterbeziehungen und ihr Einfluss auf die kindliche Entwicklung
3.1 Einflussfaktoren der Geschwisterkonstellation auf die Entwicklung des Kindes
3.2 Geschwister als Ressource
3.3 Kinder ohne Geschwister

4. Fazit

5. Konsequenzen für Lehrkräfte
5.1 Alle Lehrkräfte
5.2 LER-Lehrkräfte

6. Quellen

1. Einleitung

Wie oft hört man nicht die typischen Vorurteile? Einzelkinder sind egoistisch, sie sind Einzelgänger, können nicht teilen und sind verwöhnt. Einzelkinder hören oft Sätze wie „das war klar, du bist ja Einzelkind“. Von Geschwisterkindern hingegen erwartet man das Gegenteil. Sie sollen das Teilen bereits gelernt haben und teamfähig sein. Doch stimmt das überhaupt? Und spielt es eine Rolle, ob man Erstgeborener, „Sandwichkind“ oder das „Nesthäckchen“ ist?

Ungefähr 13 Millionen Menschen in Deutschland sind unter 17 Jahren (vgl. Struk, 2019). 26 Prozent davon sind Einzelkinder, die restlichen 74 Prozent Geschwisterkinder, wiederum davon wachsen 28 Prozent mit mehreren Geschwistern auf (vgl. Struck, 2019). Theoretisch würde somit fast ein Drittel jeder Klasse ohne Geschwister aufwachsen und ein weiteres Drittel mehr als ein Geschwisterkind haben. Das sind keine kleinen Anteile. Doch unterscheiden sich diese Kinder hinsichtlich ihrer Voraussetzungen und sollte die Lehrkraft also ein Differenzierungskonzept hinsichtlich des Geschwisterverhältnisses entwickeln?

Während des Lehramtsstudiums fallen oft Begriffe wie Differenzierung und Individualisierung. Verstärkt im Rahmen der Inklusionsdebatte wird darauf hingewiesen, dass Lehrer und Lehrerinnen den Unterricht individuell an die Schüler und Schülerinnen anpassen müssen, um so auf die Bedürfnisse jedes einzelnen einzugehen. Dabei werden verschiedenen Kriterien genannt, denen ein besonderer Schwerpunkt zuteil wird, zum Beispiel körperliche und geistige Einschränkungen und Geschlecht. Selten wird hier das Geschwisterverhältnis thematisiert. Doch wenn wir den Aussagen der Gesellschaft glauben, gibt es gravierende Unterschiede zwischen Einzel- und Geschwisterkindern, denen Beachtung gewidmet werden müsste.

In dieser Arbeit möchte ich dies genauer erörtern. Was macht Geschwisterbeziehungen so besonders, dass eine intensivere Auseinandersetzung gerechtfertigt ist? Inwieweit unterscheiden sich Einzel- und Geschwisterkinder in ihrer Entwicklung? Und die aus den Ergebnissen resultierende Frage: Muss die Lehrkraft folglich auf die Kinder unterschiedlich eingehen und sie anders fördern?

Um diese Fragen zu beantworten werde ich zunächst genauer auf Geschwisterbeziehungen im Allgemeinen eingehen, sowie die Konstellationsmöglichkeiten und deren möglicher Einfluss auf die Entwicklung. Anschließend soll der Einfluss von Geschwisterbeziehungen im Allgemeinen analysiert werden und ein Vergleich zu Einzelkindern gezogen werden. Daraus folgt ein Fazit und abschließend mögliche Konsequenzen für das Verhalten einer Lehrkraft.

2. Der Begriff Geschwister und die Besonderheit von Geschwisterbeziehungen

Die Pädagogik und Psychologie fasst unter Geschwistern nicht nur leibliche Kinder mit mindestens einem gemeinsamen Elternteil zusammen, sondern schließt auch Stief-, Adoptiv- oder in Pflege aufgenommene Kinder mit in den Begriff ein. Der Entwicklungspsychologe, Frühpädagoge und Familienforscher Prof. Dr. Karsten definiert Geschwister deswegen wie folgt:

„Mit dem Begriff „Geschwister“ bezeichnet man in den meisten Kulturen und Sprachgemeinschaften Individuen, die über eine (zumindest) teilweise identische genetische Ausstattung verfügen, weil sie dieselbe Mutter/denselben Vater/dieselben Eltern haben. Darüber hinaus werden als Geschwister aber auch Individuen mit spezifischem, kulturell definierten Verwandtschaftsverhältnis bezeichnet“ (Kasten, 1993, S.8).

Geschwisterbeziehungen zählen zu den intensivsten Beziehungen zwischen Menschen. Geschwister haben oft keinen allzu großen Altersabstand und wegen dem damit verbundenen frühen Beginn der Beziehung zählt sie zu den längsten zwischenmenschlichen Beziehungen. Zudem halten sie auch bis zum Tod eines Geschwisterkindes und haben folglich eine lange Dauer. (vgl. Blöchlinger, 2008)

Man kann sie sich auch nicht aussuchen, sondern wird in diese Beziehung hineingeboren, was dieser etwas Schicksalhaftes verleiht. Zudem sind sie auch nicht unkündbar, denn selbst, wenn man den Kontakt abbricht, ändert dies nichts daran, dass die Personen Geschwister sind. (vgl. Kasten, 2001 in Lohre, 2005)

Oft sind aber Geschwister sehr intim miteinander, da sie jahrelang zusammen aufgewachsen sind. Dennoch findet man zwischen den meisten eine emotionale Ambivalenz, also das nebeneinander Existieren von intensiven positiven und negativen Gefühlen. (vgl. Kasten, 2001 in Lohre, 2005)

Des Weiteren zeichnen sich Geschwisterbeziehungen durch asymmetrische und symmetrische Komponenten1 aus. Zum einen symmetrisch durch den vertrauensvollen Umgang und das gemeinsame Bewältigen von Problemen. Sie sind auch eine gemeinsame Einheit gegenüber Eltern und sich gegeneinander solidarisch. Zum anderen asymmetrisch durch die Geburtenfolge, die Altersabstände und Entwicklungsunterschiede. (vgl. Schmid, 2014)

Allerdings stand lange Zeit die Untersuchung von Eltern-Kind-Beziehungen, Partnerbeziehungen, Peers-Beziehungen und ähnlichen Sozialbeziehungen im Vordergrund und erst nach dem Erscheinen von Alfred Adlers Theorie haben Forscher auch Geschwisterbeziehungen einer genaueren Untersuchung unterzogen (vgl. Seiffge-Krenke, 2001).2 Adler behauptete nämlich, dass die Position der Kinder in der Familie einen bisher unterschätzten großen Einfluss auf die Entwicklung dieser hat (vgl. eben da). Die Forschung in diesem Bereich wurde dann zwar stark vorangetrieben, ist aber an einigen Punkten, wie zum Beispiel Untersuchungen zur Qualität von Geschwisterbeziehungen und deren Einfluss, immer noch am Anfang. Im Fokus der Forschung stand mehr die Folgen der Rangfolge, Anzahl und Geschlecht auf die Kinder (vgl. Lange und Lehmkuhl, 2012).

3. Geschwisterbeziehungen und ihr Einfluss auf die kindliche Entwicklung

3.1 Einflussfaktoren der Geschwisterkonstellation auf die Entwicklung des Kindes

Im Rahmen dieser Arbeit werden lediglich Geschwisterbeziehungen im Allgemeinen und keine speziellen Situationen, wie die von Zwillingen usw., untersucht.

3.1.1 Die Effekte der Geburtenfolge

Einige Studien beschäftigen sich mit dem Einfluss der Geburtenfolge, auch Rangfolge genannt, auf die Entwicklung von Kindern. Die aus den Untersuchungen resultierenden Ergebnisse etablierten typische Persönlichkeitsbilder von „Erstgeborenen“, mittleren Geschwistern, sogenannte „Sandwichkinder“ und den Jüngsten, den „Nesthäkchen“. Diese werden heutzutage aber eher angezweifelt (vgl. Lüscher, 1997, S.45f).

In den Studien zur Rangfolge geht es oft um die Position des Erst- oder Letztgeborenen.

Es wurde festgestellt, dass Erstgeborene, wenn sie noch klein sind, mehr Aufmerksamkeit bekommen. Mütter schenken der Erziehung mehr Beachtung und auch Väter gehen disziplinarischer vor. Ein Erstgeborenes ist aber auch mit höheren Erwartungen der Eltern konfrontiert. Sie sind stärker durch ihre Eltern geprägt und orientieren sich auch eher an diesen. (vgl. Blöchlinger, 2008)

In Deutschland haben Stefan Schmukle und Julia Rohrer von der Universität Leipzig zusammen mit Boris Egloff von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz eine Studie durchgeführt, bei der Daten von mehr als 20.000 Erwachsenen aus Deutschland, den USA und Großbritannien analysiert wurden. Untersucht wurde hierbei der Einfluss der Rangfolge auf die Persönlichkeitsentwicklung. Sie stellten durch Selbsteinschätzungen der Befragten fest, dass Extraversion, emotionale Stabilität, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit sich nicht unterscheiden. Allerdings behaupteten Erstgeborene eher über einen großen Wortschatz zu verfügen und abstrakte Ideen gut zu verstehen. Dies deckt sich mit anderen Studien, die herausfanden, dass der IQ von Kind zu Kind abnimmt und Erstgeborene somit intelligenter als ihre Nachfolger sind. Allerdings sei dieses Ergebnis auf individueller Ebene nicht wirklich aussagekräftig. (vgl. Husten, 2015)

Severin Trügler untersuchte im Rahmen ihrer Bachelorarbeit den Einfluss von Hochbegabung auf Perfektionismus und betrachtete dabei auch den Einfluss der Geburtenfolge. In ihrer Zusammenfassung der Forschungssituation nimmt sie Bezug auf verschiedene Untersuchungen und stellt fest, dass Erstgeborene ein stärkeres Bedürfnis nach Bestätigung aufweisen und eher perfektionistisch veranlagt sind als nachkommende Geschwisterkinder. Sie selbst führt dann auch eine Studie durch und kommt zu folgendem Ergebnis:

„Hier zeigt sich, dass in der Dimension „Selbstwert“ Erstgeborene und Einzelkinder eine höhere Ausprägung aufweisen, als Mittel- und Letztgeborene. In der Dimension „Ordnung“ zeigt sich ein Trend. Einzelkinder und Erstgeborene weisen im Vergleich zu Mittel- und Letztgeborenen einen höheren Wert auf. In der Dimension „Sozial vorgeschriebener Perfektionismus“ zeigen sich keine Unterschiede in der Geburtsfolge“ (Trügler, 2012, S. 16).

3.1.2 Der Altersunterschied

Im Rahmen der Altersunterschiedsforschung wird weniger der Einfluss auf die Entwicklung als vielmehr der Einfluss auf die Beziehung zwischen den Geschwistern untersucht. Man nimmt an, dass Geschwister mit weniger Altersunterschied intensivere Beziehungen führen (vgl. Eiler, 2014). Da eine gute Beziehung eher die Entwicklung der Kinder fördert als negative Beziehungen und gute Beziehungen aus intensiveren Beziehungen resultieren, kann der Einfluss hier eher als indirekt betrachtet werden und wird an dieser Stelle nicht weiter betrachtet.

Ferner nehmen ältere Geschwister oft eine Rolle des Helfers und Lehrers ein. Wenn der Altersunterschied hier größer ist, ist zu beobachten, dass sich die Instruktionen der älteren Kinder als effektiver erweisen und dies positiven Einfluss auf die kognitive Entwicklung des jüngeren Kindes hat. (vgl. Schmid, 2014)

3.1.3 Das Geschlecht

Das Geschlecht hat ähnlich wie der Altersunterschied Einfluss auf die Qualität der Beziehung. So zum Beispiel zeigt eine Studie von Klagsbrun (1993), dass Schwestern die engste Beziehung haben (vgl. Reisenberger, 2010).

Des Weiteren finden sich aber hier zusätzlich Studien, die zeigen, dass die Geschlechtsverteilung in Geschwisterbeziehungen auch Einflüsse auf die Persönlichkeitsentwicklung hat. Dies ist darauf zurückzuführen, dass es aufgrund gesellschaftlicher Vorstellungen ein geschlechtstypisches Verhalten gibt, mit dem Kinder konfrontiert sind. Von Mädchen wird erwartet, dass sie weich, gefühlsbetont und empfindsam sind. Jungen hingegen sollen hart, durchsetzungsfähig, dominant oder unempfindlich sein. Man kann nun beobachten, dass Kinder mit gegengeschlechtlichen Geschwistern eine weniger ausgeprägte Rollenkonformität aufweisen. Kinder entsprechen eher ihrem Stereotyp, wenn sie alleine oder mit gleichgeschlechtlichen Kindern aufwachsen. (vgl. Eiler, 2014)

Ferner wurde festgestellt, dass ältere Schwestern die kognitiven und sozialkognitiven Kompetenzen ihrer Geschwister stärker positiv beeinflussen als ältere Brüder (Schmid, 2014).

Besonders die Erziehung der Kinder unterscheidet sich nach Geschlecht, da dies aber nicht direkt im Zusammenhang mit Geschwistern oder Geschwisterlosigkeit steht, wird diesem Faktor in dieser Arbeit keine nähere Betrachtung geschenkt.

3.1.4 Die Geschwisteranzahl

Den Einfluss der Anzahl der Geschwister hat zum Beispiel der Psychologe Frick (2009) genauer analysiert. Er stellt fest, dass in größeren Familien die Kinder sich eher Freiräume schaffen können, aber auch die Gefahr des Untergehens, sowie das Fehlen von Beachtung und Anerkennung größer ist. Familien mit nur ein oder zwei Kindern projizieren ihre Erwartungen allerdings auf nur wenige Kinder, was als bedrückend empfunden werden kann, ebenso aber als Chance dienen kann.

Schmid stellt fest, dass Studien, die auf großen Datensätzen basieren (z.B. Schulleistungsstudien), zeigen, „dass Erstgeborene aus Zweikindfamilien über höhere Kompetenzen verfügen als Erstgeborene aus Dreikindfamilien, und dass diese wiederum höhere Werte aufweisen als Erstgeborenen aus Vierkindfamilien“ (Schmid, 2014).

Abschließend soll zu den Geschwisterkonstellationen gesagt werden, dass es nicht klar ist, wie viel Einfluss sie auf die Entwicklung haben. Hartmut Karsten, deutscher Familienforscher, meint, dass die Geschwisterkonstellation nur zu fünf Prozent die Persönlichkeit eines Kindes beeinflusst (vgl. Oversohl, 2012).

3.2 Geschwister als Ressource

Der Unterschied zwischen Geschwister- und Einzelkindern ist offensichtlich der, dass Geschwister nicht alleine sind. Sie haben in ihren alltäglichen Leben immer mindestens ein weiteres Kind. Man glaubt, dass Geschwister dadurch Vorteile haben, da sie mit diesem weiteren Kind frühzeitig und regelmäßig interagieren und so sich besonders soziale Kompetenzen ausbilden können. An dieser Stelle soll nun dargestellt werden, inwieweit Geschwister eine Ressource bieten.

Reisenberger (2010) meint, dass das soziale Interagieren unter Geschwister ohne Zweifel positive Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes, wie beispielsweise auf logisches Denken, Gedächtnis und Sprache, hat, denn diese Kompetenzen werden durch soziale Interaktion entwickelt.

Sie erwähnt in ihrer Arbeit von 2010 auch Aspekte, durch die sich eine Geschwisterbeziehung auszeichnet (nach Schmidt- Denter):

1. aktives Suchen nach Zusammensein
2. Kooperation, Sympathie und Hilfsbereitschaft
3. eine spezielle Sprache, zu der andere nicht sofort Zugang finden
4. gegenseitige Verteidigung gegen Außenstehende
5. häufige niederlagenlose Konfliktlösung und Rituale des Verzeihens

Besonders Punkt zwei, vier und fünf kann man als Ressource von Geschwisterbeziehungen auffassen. Durch die Erfahrung von Kooperation, Hilfsbereitschaft und Rituale des Verzeihens lernen Geschwisterkinder wertvolle soziale Kompetenzen kennen, die sie auch bei anderen Kindern anwenden können. Gegenseitiges Verteidigen ist in soweit dienlich, dass sie immer einander haben und sich auf den Bruder oder die Schwester verlassen können. Der Psychologe Sohni vermutet, dass die Zuneigung unter Geschwistern gute Voraussetzungen dafür bietet, dass die Kinder die Welt unabhängig und solidarisch bewältigen (vgl. Sohni, 2004 in Reisenberger, 2010).

Geschwister können auch die Rolle des Helfers und Lehrers einnehmen. Studien belegen, dass für Kinder die soziale Unterstützung des Geschwisterkindes sehr wichtig ist (vgl. Seiffge-Krenke, 2001). Besonders ältere Geschwister passen oft auf die jüngeren auf oder fungieren als Lehrer bzw. Lehrerin. (vgl. Seiffge-Krenke, 2001). Es ist zu beobachten, dass ältere Schwestern die Rolle einer effektiven Lehrperson einnimmt, sie geben Hilfestellungen und Rückmeldungen, wohingegen ältere Brüder die kognitive Entwicklung des jüngeren Kindes anregen (vgl. Reisenberger, 2010). Man führt dies auf sein kompetitives Verhalten zurück. Diese Unterstützung kann sich positiv auf die kognitive Entwicklung der jüngeren Kinder auswirken (vgl. Schmid, 2014).

Ältere Geschwister fungieren außerdem als Vorbilder und das jüngere kann durch Nachahmung von ihm bzw. ihr lernen. Soziale und sozialkognitive Fähigkeiten werden auch durch die Wettbewerbssituation zwischen Geschwistern gefördert, anders als in der Schule, findet dies aber hier in einer geschützten, informellen Umgebung statt. Auch in Spielsituation werden unbewusst soziale Fähigkeiten erlernt und verbessert. Jüngere Geschwister profitieren hierbei hinsichtlich ihrer Selbstkompetenz und Anpassung. Ältere können sich im emotionalen Bereich hinsichtlich ihres Einfühlungsvermögens und der sozialen Handlungskompetenz, sowie dem Ausdruck von Zärtlichkeiten weiterentwickeln. (vgl. Reisenberger, 2010)

Auch McGillicuddy-deLisi vermutet 1993, dass ältere Geschwister, die Zone der nächsten Entwicklung von jüngeren Geschwistern aktivieren können. Dies führt er auf das Niveau der Kooperation zurück, welches in der Kooperation mit einem älteren Geschwisterkind höher ist. (vgl. Schmid, 2014)

Bei Entwicklungsaufgaben können sich Geschwister also gegenseitig unterstützen. Sie helfen zudem bei der Bewältigung von Lebenssituationen. (vgl. Frick, 2009)

Gass, Jenkins und Dunn haben im Jahre 2007 eine Studie mit Geschwister aus vier verschiedenen Familienkonstellationen (alleinerziehende Eltern, zusammenlebende Eltern, Familien mit Stiefvater und Patchworkfamilien) über 12 Monate zu zwei Zeitpunkten untersucht. Sie wollten herausfinden, inwieweit positive Geschwisterbeziehungen Einfluss auf die Gesundheit der Kinder haben bei besonders belastenden Erlebnissen wie Unfall und Tod. Sie fanden heraus, dass gute Geschwisterbeziehungen dabei helfen belastende Ereignisse zu bewältigen, denn diese zeigen weniger internalisierende Probleme. Hierbei sind der Altersunterschied und das Geschlecht nicht relevant. Es zeigt sich, dass nicht das Vorhandensein von Geschwistern im Allgemeinen schützend ist, sondern die Qualität dieser Beziehung einen Einfluss hat. (vgl. Lange und Lehmkuhl, 2012)

Auch Sandler der Arizona State University fand ähnliche Effekte. Er legt in seiner Arbeit „Social Support Resources, Stress, and Maladjustment of Poor Children“ von 1980 dar, dass ältere Geschwister eine Unterstützung für ihre Geschwister bieten. Dies führt er darauf zurück, dass die jüngeren Geschwister weniger Anpassungsprobleme in Stresssituationen zeigen. Dafür analysierte er insgesamt 71 Kinder und unterschied, ob diese mit einem Elternteil oder beiden aufwachsen und ob ältere Geschwister im Haus leben oder nicht.

[...]


1 “Symmetrische Beziehungen sind durch ein Gleichgewicht an Macht und Fähigkeiten oder Kompetenzen der Beziehungspartner gekennzeichnet. Asymmetrie ist dann gegeben, wenn ein Macht- oder Kompetenzgefälle besteht“ in Schmid, 2014.

2 Auf eine genauere Darstellung der Entwicklung der Geschwisterforschung wird an dieser Stelle verzichtet. Weitere Informationen können zum Beispiel in Reisenberger, C. (2010): „Das subjektive Erleben von Geschwisterbeziehungen in Familien mit einem Kind mit Autismus-Spektrum-Störung – aus der Sicht eines Elternteils“, Universität Wien nachgelesen werden.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Geschwisterbeziehungen und ihre Bedeutung für die Entwicklung der Kinder. Konsequenzen für die kindliche Entwicklung und Lehrkräfte
Hochschule
Universität Potsdam
Note
1,7
Autor
Jahr
2020
Seiten
20
Katalognummer
V983415
ISBN (eBook)
9783346340627
ISBN (Buch)
9783346340634
Sprache
Deutsch
Schlagworte
geschwisterbeziehungen, bedeutung, entwicklung, kinder, konsequenzen, lehrkräfte
Arbeit zitieren
Lara Tillen (Autor:in), 2020, Geschwisterbeziehungen und ihre Bedeutung für die Entwicklung der Kinder. Konsequenzen für die kindliche Entwicklung und Lehrkräfte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/983415

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