Das Image der „Neuen Frau“ in der Weimarer Republik


Bachelorarbeit, 2020

55 Seiten, Note: 1,8


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Das Ideal der „Neuen Frau“
2.1 Ideengeschichtliche Grundlage
2.2 Innerliche und äußerliche Festschreibungen der "Neuen Frau"

3 Varianten der medialen Vermittlung
3.1 Zeitschriften
3.2 Literatur
3.3 Persönlichkeiten

4 Das Bekenntnis zum Ideal durch äußere Erscheinungsformen
4.1 Mode
4.2 Frisur
4.3 Freizeitgestaltung
4.4 Sport
4.5 Zigarette und das Rauchen

5 (Teil)Erfolg und Scheitern
5.1 Das Frauenwahlrecht
5.2 Weitere Erfolge
5.3 Hindernisse und Rückschläge
5.4 Unterdrückung durch die Nationalsozialisten

6 Fazit

7 Literaturverzeichnis

8 Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

„Wo wir aber auftauchen, kurzröckig, kurzhaarig und schlankbeinig, fuhren die Männer der älteren Generation zusammen und fragten: ‚Was sind das für Geschöpfe?‘ Wir antworteten: ‚Die neue Frau‘.“ 1

Durch dieses lediglich kurze Zitat, das aus „Die Frauen Tribüne“ von Gabriele Tergit, einer zeitgenössischen Autorin, stammt, wird bereits die veränderte Wahrnehmung der Frauen durch ihr Auftreten und der äußerlichen Erscheinung besonders verdeutlicht. Auch wird hier der Typus der „Neuen Frau“ thematisiert, der in der Weimarer Republik eine bedeutende Rolle spielte. Die Weimarer Republik, angefangen zur Zeit der Beendigung des Ersten Weltkrieges 1918 und aufgelöst mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933, stellte eine schwungvolle Epoche für die Frauen dar. Mit dem Ersten Weltkrieg entstand eine Ausnahmesituation, mit dem viele Veränderungen in den Alltag der Frauen eintraten. Durch die Abwesenheit der Männer während des Krieges und die damit einhergehenden neuen Tätigkeiten der Frauen, die die fehlenden Arbeitskräfte ausgleichen mussten, änderte sich das Verständnis der Rolle der Frau und sie entwickelten ihr eigenes Selbstbewusstsein. 2 Dem Patriarchat, das den Mann als Familienoberhaupt darstellte und den Frauen deutlich wenigere Rechte zubilligte, wurde der Rücken zugewandt. Die noch im Wilhelminismus herrschende klare Rollenverteilung, in der die Frau sich um den Haushalt und die Kindererziehung kümmerte, während der Mann das Geld verdiente, brach zunehmend auf. 3 Diese Veränderungen waren vor allem auch noch nach dem Krieg in allen Lebensbereichen zu spüren. Viele Frauen wollten sich nach der Rückkehr der Männer nicht mehr in die häuslichen Tätigkeiten zurückdrängen lassen, nachdem sie die bisher männerdominierten Bereiche kennengelernt hatten. 4 So entstand nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, des Deutschen Kaiserreiches und der Ablösung der Monarchie in die Weimarer Republik nicht nur auf politischer Ebene durch eine neue Verfassung ein neues Bewusstsein. Die darauffolgenden Jahre brachten ein ganz neues Verständnis der Frau – die „Neue Frau“ – hervor. Dieser moderne Typus, der durch Selbstbewusstsein und durch die Unabhängigkeit von den Männern gekennzeichnet war, entwickelte sich zu einem Massenphänomen der Zwanziger Jahre, von dem im ganz besonderen Maße die Medien Gebrauch machten. Durch die Modernisierung und Technisierung entwickelten sich die Medien zu einem der größten Projektionsflächen für die „Neue Frau“. Da diese zeitgenössischen Medien den neuen Typus massenhaft thematisierten, sei es in der Werbung, in Zeitschriften oder in der Zeitung, war eine Auseinandersetzung mit ihm fast unumgänglich. Er entwickelte sich zu einem Leitbild des Verständnisses der modernen Frau und wurde so auch in den Medien zahlreich vermarktet. 5 Die „Neue Frau“ war von verschiedenen Verhaltensmustern und Lebensweisen geprägt, die sich auf die unterschiedlichen Lebensbereiche der Frauen ausbreitete. Die zugrunde liegende Arbeit soll sich daher mit der Frage beschäftigen, wie dieses neu entstandene Ideal der „Neuen Frau“ das Denken und Handeln der Frauen in der Weimarer Republik beeinflusste. Um nachvollziehen zu können, ob und inwieweit eine Beeinflussung stattgefunden hat und warum diese überhaupt möglich gewesen ist, ist eine ideengeschichtliche Grundlage zu dem Phänomen der „Neuen Frau“ nötig. Wie bereits erwähnt, hat es mit dem Ersten Weltkrieg und mit der Weimarer Republik einige Veränderungen gegeben. Um die Auswirkungen derer einschätzen zu können, sind daher Einblicke in die bisherige Rollenverteilung und das Leben einer Frau erforderlich. Demgegenüber wird das Konzept der „Neuen Frau“ mit ihren verschiedenen Facetten gestellt, um die Wandlung des Frauenbildes und dessen Ausmaße zu verdeutlichen. Da die Medien, wie bereits beschrieben, eine große Rolle bei der Verbreitung des neuen Typus spielte, ist eine Beleuchtung der verschiedenen Varianten der medialen Vermittlung und deren inhaltlicher Gehalt unumgänglich. Zu diesem Zweck werden auch beispielhaft einige durch die Medien publizierten zeitgenössischen Plakate und Fotografien herangezogen, um die Darstellung der „Neuen Frau“ zu verdeutlichen. Weiterhin sind auch die verschiedenen Lebensbereiche, auf die dieses Ideal durch seine diversen Teilaspekte überhaupt Einfluss nehmen konnte, von besonderer Bedeutung. Hierzu werden einige dieser Bereiche, wie beispielsweise die Mode oder auch die Freizeitgestaltung, in denen eine Frau sich durch Veränderung der sonstigen Gewohnheiten zu dem Ideal bekennen konnte, beschrieben. Dabei werden diese äußeren Erscheinungsformen und dessen Umsetzungsmöglichkeiten, die für den Typus der „Neuen Frau“ als ein Bekenntnis zu ihm ausgemacht werden konnten, verdeutlicht. Für die Grundlage der thematischen Aufarbeitung sowie der ausführlichen Darstellung des Konzeptes der „Neuen Frau“ und dessen mediale Vermittlung sind die Werke Sportlich, sachlich, männlich 6 von Gesa Kessemeier und Vom Ernst der Zerstreuung 7 von Liane Schüller ausdrücklich zu erwähnen. Diese beiden Werke stellen die Basis der vorliegenden Arbeit dar und haben in besonderem Maße zur Ausarbeitung beigetragen. Um weiterhin aber auch einen zeitgenössischen Eindruck des Phänomens der „Neuen Frau“ zu erlangen, ist das im Jahre 1932 entstandene Werk Das kunstseidene Mädchen 8 von Irmgard Keun eine wichtige Quelle. Die in den Zeitschriften präsentierte „Neue Frau“ wurde, wie schon beschrieben, ausgesprochen oft für die Vermarktung bestimmter Dinge genutzt. Inwieweit diese abgebildeten Frauen jedoch die Lebensrealität der Frauen widerspiegelten, ist fraglich. Daher ist eine Betrachtung des Ideals außerhalb der Werbezwecke von besonderer Wichtigkeit, um auch die tatsächlichen Lebensrealitäten nachvollziehen zu können. Zuletzt ist es für die Beantwortung der genannten Fragestellung auch von Wichtigkeit, die Erfolge, die die Frauen mit dem neu gewonnenen Selbstbewusstsein erzielen konnten, zu beleuchten. Weiterhin muss aber auch geklärt werden, warum und wie der Typus der „Neuen Frau“ letztendlich scheiterte, um über das Ausmaß der möglichen Veränderungen des Frauenlebens durch das Ideal resümieren zu können.

2 Das Ideal der „Neuen Frau“

Das Ideal der „Neuen Frau“ hatte viele verschiedene Facetten. So gab es nicht nur verschiedene Attribute und Verhaltensweisen, die mit der „Neuen Frau“ verbunden wurden und wodurch sie dann kurzerhand identifiziert werden konnte. Es entstanden sogar verschiedene Typen des Ideals, die sich aufgrund weniger Merkmale, ob äußerlich oder durch den Habitus, unterscheiden ließen. Um sich mit den Festschreibungen und diesen verschiedenen Weiblichkeitsentwürfen beschäftigen zu können, muss zunächst die ideengeschichtliche Grundlage beleuchtet werden, um den Ursprung und die Gründe nachvollziehen zu können, aus denen ein solcher Entwurf entstanden ist.

2.1 Ideengeschichtliche Grundlage

Wenn man von jungen Frauen, welche um 1900 geboren wurden, spricht, ist die Umschreibung der „Neuen Frau“ fast unumgänglich. Die Bezeichnung des „Neuen“ lässt in diesem Zusammenhang eine Ablösung von etwas Altem zu etwas Neuen implizieren. Das Wort „neu“ wird hierbei oft gleichbedeutend für Jugend (beziehungsweise jung) verwendet.9 Die „„Neue Frau“ [wird] als „Schöpfung der Zeit“ oder, genauer gesagt, als Schöpfung der Moderne“10 empfunden. Dabei handelt es sich um ein soziokulturelles Phänomen, welches mit dem Wertewandel von jungen Frauen beginnt, die sich nicht mehr mit der Rolle der Hausfrau identifizieren können.11 Es war und ist bis heute die Rede von einem neu entstandenen, bislang nicht existierenden Wesen der Weimarer Republik.12

Der Begriff der „Neuen Frau“, oder auch „femme libre“, tauchte in Frankreich bereits am Anfang des 19. Jahrhunderts auf, wobei während der Französischen Revolution die Vorstellung von einer Frauenemanzipation das Land durchdrang.13 Frauen, welche politisch engagiert waren, forderten einen neuen Weiblichkeitsentwurf, der die ökonomische Selbstständigkeit, eine qualifizierte Bildung, die Gleichstellung auf rechtlicher Basis und eine Lohngleichheit beinhaltete. Frühsozialistische Gruppierungen, wie Beispielsweise die Saint-Simonisten, brachten in den 1830er Jahren progressive Schriften heraus, in denen ein gegensätzliches Abbild der traditionell-bürgerlichen Weiblichkeit dargestellt wurde. Für sie war die Emanzipation der Frau mit einer gesellschaftspolitischen Umstrukturierung und einem Kleiderwandel, also einer optischen Veränderung, verbunden. In unzähligen dieser Schriften setzten sie sich für die Gleichberechtigung der Geschlechter und eine Abschaffung der hierarchischen Ordnung in der Gesellschaft ein. Auch die Herauslösung der Frau aus dem Patriarchalismus war eine der Forderungen der Saint-Simonisten. So waren sie auch der Meinung, dass bürgerliche Frauen erst durch eine Kleidungsreform eine Teilhabe am wirtschaftlichen Leben erlauben würde. Aufgrund dessen versuchten sie durch Propaganda, welche das Angleichen des weiblichen Kleidungsstils an den männlichen beinhaltete, ihre Auffassung von einer Emanzipation der Frau durchzusetzen. Für die beabsichtigte Gleichheit der Geschlechter stellte die Berufstätigkeit der Frauen die Grundvoraussetzung dar. In Deutschland wurde die Idee einer „Neuen Frau“ erstmals im Jahr 1848 beziehungsweise in dem Jahr der Gründung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins (ADF) 1865 genutzt. Vertreterinnen des ADF, wie beispielsweise Luise Otto-Peters, setzten sich für die Umgestaltung des geltenden Weiblichkeitsentwurfes, ein politisches Stimmrecht, die Gleichberechtigung auf Bildungs- und Berufsebene und das Recht auf individuelle Selbstbestimmung der Frau ein. Zur Zeit der Jahrhundertwende trat aus dem Konzept der „Neuen Frau“, besonders der Gesichtspunkt der Sexualität, beziehungsweise das Geschlechterverhältnis zueinander, hervor. Es ergaben sich Forderungen nach einer wesentlichen Neuorientierung des Verhältnisses der Geschlechter und einer „Neuen Ethik“, die eine positive und freiheitliche Auffassung zur Sexualität mit sich ziehen sollte.14 Der Frauenbewegung ging es damit um eine Sexualreform, die die Forderung zur freien Wahl der Sexualpartner beinhaltete.15 Des Weiteren war es für die Frauen wichtig, dass die Ehe eine Neuauffassung erfährt und diese durch ein Gesetz abgesichert wird. Sie wollten, ebenso wie die Männer, die das Leben betreffende Angelegenheiten klären dürfen. Zusätzlich forderten sie eine Beteiligung der Männer an der Erziehung des Nachwuchses. Dies aber forderte ein Umdenken des Patriarchalismus.16

Im 19. Jahrhundert wurden den Frauen immer häufiger Charaktereigenschaften zugeschrieben, die scheinbar bedingt durch die Natur entstanden sein sollen. Ihr Wesen wäre von Natur aus ein Unveränderliches und Besonderes, welches mit folgenden Eigenschaften attribuiert wurde: emotional, mütterlich, gütig und sanftmütig. All diese rechtfertigten, dass sich das Leben der Frau auf die Ehe und ihre Familie beschränkte. Die Wirkung der Frau als eine Mutter und Hausfrau gab ihr keinen Anspruch auf Gleichberechtigung und so behielt der Mann, begründet als naturgegeben, die Vorrangstellung in der Familie, auch wenn Frauenbewegungen dagegen protestierten. Weiterhin wurde eine kinderlose Frau von einigen wenigen als eine beschrieben, die ihren Beruf verfehlt hätte. Hieraus geht deutlich hervor, das als Mittelpunkt des Frauenlebens das Haus und als ihr „Beruf“ die Mutterschaft und Ehe verstanden wurde. Diese Beschäftigung sollte sie haupt- und nicht nebenberuflich ausführen, eine Aussicht auf eine bessere Rolle als die einer Hausmutter gäbe es nicht. So galt insbesondere im Bildungsbürgertum ein Ideal der Frau, welches als keusch, aufopferungsbereit, treu, hilfsbereit und mütterlich beschrieben wurde. Besonders verdeutlichen kann dies auch die Aussage von Wilhelm II., in der er beschreibt, „daß die Hauptaufgabe der deutschen Frau nicht auf dem Gebiet des Versammlungs- und Vereinswesen liegt, nicht in dem Erreichen von vermeintlichen Rechten, in denen sie es den Männern gleichtun können, sondern in der stillen Arbeit im Hause und in der Familie. Sie sollen die junge Generation erziehen, vor allen Dingen zum Gehorsam und zum Respekt vor dem Alter.“17 Sogar die für die Emanzipation kämpfenden Frauen waren von diesem Frauenbild weiterhin befangen.18 Eine als traditionelle Frau verstandene Frau entsprach dem Gesellschaftsideal des Patriarchalismus, welche hinter ihrem Mann zurücktrat, der das Oberhaupt der Familie darstellte, und eine Art unbekannten Charakter besaß. Bei der Ideologie der traditionellen Frau handelte es sich um behütete, reine, mütterliche, schwache und liebende Frauen, bei denen der Mittelpunkt der Mann und dessen Berufstätigkeit darstellten.19 Umso mehr erlebte der Begriff der „Neuen Frau“ nach dem ersten Weltkrieg und mit der Einführung einer Demokratie einen ausgeprägten Wandel. Der theoretische Grundgedanke des Konzeptes der „Neuen Frau“ wurde nun zu einem verbildlichten Stereotyp. Die Verwirklichung der Forderungen der Frauenbewegung schienen nach dem ersten Weltkrieg dann endlich möglich, denn der Krieg hatte viele verschiedene Veränderungen zur Folge. Durch die mit der Demokratie einhergehenden neuen Verfassung wurden die Frauen per Gesetz gleichgestellt und ihnen wurde das passive Wahlrecht zugesprochen. Auch eine gleichberechtigtere Bildung der Frauen durch Mädchengymnasien und der nun möglichen Aufnahme eines Frauenstudiums sowie verschiedene Berufsmöglichkeiten waren unterdessen vorhanden. Die Frauen distanzierten sich von dem Weiblichkeitsbild ihrer Mütter, indem sie den Status der „Neuen Frau“ für sich beanspruchten. In den 1920er Jahren ließen sich zwei theoretische Entwürfe des emanzipatorischen Konzeptes der „Neuen Frau“ ausmachen. Zum einen war die „Neue Frau“ eine unverheiratete, selbstständige Frau, die sich gegen den einst traditionellen Lebensentwurf der Ehe aussprach. Andererseits aber war sie eine berufstätige Frau, die an diesem Lebensentwurf der Ehe festhielt, das Verständnis dieser jedoch nun zu einer Kameradschaft umdeutete. Die Liebe und Ehe stellten in der Lebensvorstellung der Frau nicht mehr den Mittelpunkt dar. Vielmehr war es die Selbstverwirklichung durch ein eigenständiges Selbstbewusstsein und der eigenen Persönlichkeit. Die Berufstätigkeit sollte nicht mehr nur als reiner Einkommenserwerb verstanden werden. Sie sollte auch das Mittel für die Möglichkeit eben dieser Selbstverwirklichung der Frauen sein.20

So fanden in gesellschaftlicher und auch sozialer Weise nach dem ersten Weltkrieg viele Umstrukturierungen in nahezu allen ausgeübten Lebensformen statt. Die Menschen fanden sich in der Entwicklung einer neuen Orientierung wieder. Im Besonderen waren davon die Frauen betroffen, für die sich ein neuer Markt mit ganz neuen Möglichkeiten und Chancen öffnete.21 Das Bild einer durch Zurückhaltung und Schutzbedürftigkeit geprägten, zärtlichen Frau wurde nun durch das der „Neuen Frau“ verdrängt, die mit Attributen wie Selbstbewusstheit, Erwerbstätigkeit und Belastungsfähigkeit ausgestattet war. Sie erkannte eine durch die Hierarchie gegliederte und von der Geschlechterpolarität geprägte Auffassung des Zusammenlebens zwischen dem Manne und der Frau nicht mehr widerspruchslos an.22

Im beruflichen sowie auch gesellschaftlichen Leben entdeckten die Frauen ein neues Rollenbild und auch eine bisher unbekannte Stellung. Sie füllten nun die Lücken der fehlenden Männer, die durch den Krieg in männerdominierten Positionen entstanden sind.23 So versechsfachte sich der im Industriezweig arbeitenden Frauen auf 700.000 zwischen den Jahren 1913 und 1917. Durch den Krieg ließ sich demnach eine Veränderung des Charakters der Frauenarbeit vermerken.24 Völlig unerwartet waren sie auf sich selbst und ihre bisher unentdeckten Kompetenzen gestellt. So aber konnten sie sich erstmal in ihrem Umfeld unter Beweis stellen und zeigen, dass auch sie für die Leistungen der „Männerarbeit“ imstande waren. Die bisherigen Arbeitspositionen, wie zum Beispiel in der Textil- oder Landwirtschaftsindustrie, wurden für Positionen im Handel, in der Verwaltung oder auch im Verkehr verlassen.25 Die erwerbstätigen Frauen waren auch vor dem ersten Weltkrieg eine Massenerscheinung26, denn die Zahl der erwerbstätigen Frauen stieg lediglich um 0,7 von 34,9 auf 35,6 Prozent. Das Phänomen der „Neuen Frau“ kann somit nicht durch die Berufstätigkeit erklärt werden. Jedoch lässt sich hierbei ein Unterschied des Ortes ausmachen, an denen die Frauen ihren Tätigkeiten nachgingen.27 Wie schon beschrieben, waren die meisten Frauen bisher, wenn sie einer beruflichen Tätigkeit nachkamen, hauptsächlich im landwirtschaftlichen Sektor tätig. Auch gab es Frauen in industriellen Bereichen, hierbei handelte es sich jedoch um ungelerntes Personal, welches weitaus weniger als die Männer verdiente. Einer Arbeit gingen Frauen oft nur aus zwei Gründen nach. Zum einen waren sie noch unverheiratet und mussten deswegen ihren Lebensunterhalt bis zur Ehe selbstständig verdienen. Nach einer Heirat jedoch wurde die Erwerbstätigkeit, sofern der Mann genug verdiente, wieder aufgegeben. Zum anderen lag der Grund eben darin, dass der Mann zu wenig verdiente, weshalb eine bezahlte Arbeit für die Lebensexistenz unausweichlich war. Dies führte wiederum zu einer Doppelbelastung für die Frau, da die häuslichen Tätigkeiten und die Kindererziehung vor und nach der Arbeit erledigt werden mussten. Ihnen blieb kaum noch eine freie Zeit, worunter dann die Erziehung der Kinder litt, für dessen Unterbringung bei Bekannten oder der Familie teilweise auch eine Bezahlung verrichtet werden musste. Mit dem ohnehin schon deutlich geringeren Einkommen der Frauen im Gegensatz zu den Männern war dies ein weiteres Problem. Die Folge waren verlängerte Arbeitszeiten. Aufgrund dieser Doppelbelastung sahen viele Frauen die Erwerbstätigkeit als eine unerfreuliche Notwendigkeit an. Nicht unabhängig davon forderten die Frauenbewegungen nun neue berufliche Chancen sowie eine bessere Bildungsmöglichkeit. Arbeiterinnen ohne Kinder litten noch nicht so sehr unter der Hausarbeit. Doch auch bei ihnen wurde die Rollenverteilung bereits in der Kindheit vorgeprägt, indem im frühen Alter schon die Töchter herangezogen wurden, um die jüngeren Geschwister zu beaufsichtigen oder im Haushalt mitzuhelfen. Die Söhne wurden hierbei außer Acht gelassen. Diese Rollenverteilung stellte den Mann zum Nachteil der berufstätigen Frau von häuslichen Tätigkeiten und der Kindererziehung frei.28

Die Frauengeneration, die vor dem ersten Weltkrieg mit mechanisch minderwertigen Berufen in das Arbeitsleben eingetreten waren, konnten das Bild des Frauenlebens nicht wandeln. Nun aber waren junge Frauen, ob weiterhin notgedrungen oder doch durch Ehrgeiz gepackt, aus den verschiedensten Kreisen in der Lage, sich durch das neue Berufsleben eine eigene Existenzbasis aufzubauen, die ihnen zuvor nur durch den Mann geboten werden konnte. Sie verdienten sich ihren eigenen Unterhalt und eroberten eigenverantwortliche soziale Position.29

Als die Männer aus dem Krieg zurückkamen, wurden sie mit einem neuen Typus der Weiblichkeit konfrontiert, der zuvor unbekannt war. Durch den Krieg und mit ihm wurden die Mädchen und Frauen selbstbewusster.30 Angesichts dieses immer größer werdenden Selbstbewusstseins haben sie aktiv zur Herausbildung des Phänomens der „Neuen Frau“ beigetragen.31 Die Frauen wollten nach Kriegsende nicht mehr in einer weniger rechtlosen Schicht leben und ihren tätigen Anteil nun auch beibehalten.32 Zwar kamen nach dem Ende des Krieges viele Männer wieder zurück auf den Arbeitsmarkt und die Frauen mussten ihre Arbeitsplätze wieder verlassen. Dessen ungeachtet jedoch waren sie, die neue Bereiche der Arbeitswelt erobert hatten, nicht mehr von diesem Arbeitsleben wegzudenken33 und ihre „durch die Abwesenheit der Männer gewonnene Freiheit und Verantwortung [war] nicht mehr rückgängig zu machen.“34 Dem zwischen Mann und Frau herrschenden, über mehrere Jahrhunderte nicht veränderten Verhältnis war nun unvermittelt und unbemerkt eine erste offensichtliche Verschiebung widerfahren.35

2.2 Innerliche und äußerliche Festschreibungen der "Neuen Frau"

„Die „neue Frau“, das ist die Frau mit Bubikopf, die ihre Röcke kürzt, sich schminkt und Körperlichkeit betont, mit den Attributen der Mode spielt; die „neue Frau“, das ist die Frau, die in die Domänen der Männer einbricht, die Cafés, Tanzsäle und Amüsierlokale bevölkert, Zigaretten raucht, sich sportlich betätigt, ihre sexuellen Bedürfnisse nicht mehr versteckt, sondern lebt, die für sich die gleichen Rechte wie die Männer reklamiert, dabei der viktorianischen Doppelmoral Valet sagt.“36

Die Frauen der 1920er Jahre wurden als erste „moderne“ Generation der Frauen des zwanzigsten Jahrhunderts beschrieben. Die „Neuen Frauen“ grenzten sich klar von dem im 19. Jahrhundert bestehenden zurückhaltenden und ruhigen Weiblichkeitsideal ab. Der Begriff „Neue Frau“ und die Gleichsetzung dieses mit dem veränderten äußerlichen Erscheinungsbild entfaltete sich jedoch erst in den späteren Jahren des Jahrzehnts und spielte zu Beginn der Zwanziger Jahre eher eine zweitrangige Rolle. Zu dieser Zeit war der Begriff der „Neuen Frau“ noch komplett in der Deutung der emanzipativen Entwürfe, weshalb eine „Neue Frau“ in den Medien vor allem als eine berufstätige, politisch aktive und intellektuell gebildete Frau verstanden wurde. Erst ab der Mitte der zwanziger Jahre ließ sich ein Wandel des Verständnisses der „Neuen Frau“ in Richtung einer Gleichsetzung des Erscheinungsbildes und der Realisierung emanzipatorischer Gedanken festmachen. So wurden Frauen, die dem Ideal nachkamen, nun als zeitgemäß gekleidet verstanden, die den Zuschreibungen wie Jugendlichkeit, Selbstständigkeit und Sportlichkeit sowie der Motorisierung entsprachen. Ausschlaggebend für eine „Neue Frau“ war nun das Auftreten in der Öffentlichkeit und die Veränderung des äußerlichen Erscheinungsbildes. Sportlich aktive, berufstätige Frauen, die Wert auf ihr modisches Aussehen legten, galten nun als typische Repräsentantinnen des Ideals. Besonders die weiblichen Angestellten wurden mit ihrem jugendlichen Alter, dem modischen Auftreten, der vermeintlich wirtschaftlichen Selbstständigkeit und Ungebundenheit zu einem der Prototypen der „Neuen Frau“ in der Gesellschaft und den Medien. Dem Typus wurden einige neuartige Kompetenzen und Fähigkeiten zugeschrieben, die sich aber auch mit dem Traditionellen mischten. Eine „Neue Frau“ war gleichermaßen eine ausgezeichnete Schneiderin, Autofahrerin und Sportlerin.37 Außerdem waren „[…] die Frauen von noch weiteren Etikettierungen betroffen: keck und frech hatten sie zu sein, selbst- und karrierebewusst, kulturell aufgeschlossen, modisch und aufgeklärt.“38 Das Ideal der „Neuen Frau“ ließ sich aber nicht allein durch diverse Attribute und Verhaltensweisen beschreiben. Aus ihm entstanden verschiedene Weiblichkeitsentwürfe, die alle dem Grundkonzept der „Neuen Frau“ entsprachen. In der äußerlichen Erscheinungsform und dem Habitus jedoch ergaben sich, wenn auch teilweise nur wenige, Unterschiede.

Die Garçonne war eines dieser Weiblichkeitsentwürfe. So wurde „Die Erscheinung der Garçonne […] als eine direkte Folge des Weltkrieges, der Frauentyp als eine „Nachkriegserscheinung“ verstanden […].“39 Durch Elsa Hermann im Jahre 1929 ließ sie sich in ihrem äußeren Erscheinungsbild auf Merkmale wie abgeschnittenem Haar, hosenähnlichen Röcken, glatten Blusen und Jacken mit Revers definieren. Sie verkörperte eine selbstbestimmte Frau mit selbstbewusstem Auftreten. Die Zeitschriften stellten die Garçonne als eine intellektuell gebildete und für ihren Lebensunterhalt selbst sorgende Frau dar, die berufstätig oder unverheiratet war.40 Aber auch in den Medien oder der Gesellschaft wurde der Garçonne mithilfe der Mode ein präzises Erscheinungsbild verliehen, welches die Gesellschaft als androgyn – sowohl männlich als auch weiblich – bezeichnete. Die Brüste wurden nun durch Brustbinden flachgedrückt, wo sie zuvor mit Korsagen betont wurden. Die Melone stellte gemäß der männlichen Hutmode eine geeignete Kopfbedeckung der Garçonne dar. Ab dem Jahre 1924/25 wurde diese von der Cloche, einem Glockenhut, abgelöst.41 Die Garçonne wurde mit folgenden Attributen verbunden: modisch, emanzipiert, selbstbewusst, rauchend, tanzend, kinderlos und ledig.42 Sie war „[…] ein burschikoses Geschöpf, mit einem Hang zum Lasziven, das auf die bislang bekannten und beliebten Attribute devoter Weiblichkeit provokativ verzichtete […].“43 Das Gegenstück zum Weiblichkeitsentwurf der Garçonne war der Flapper. Diese Flapper waren aktive, sportliche, selbstständige, ratlose und quirlige junge Frauen, die ein leichtes, schnelles, selbstbestimmtes sowie erotisches und lustvolles Leben bevorzugten. Der Typus wurde von der Schauspielerin Clara Bow maßgeblich geprägt, denn sie galt als Vorbild für den Flapper. Die „Göre“ oder auch das „junge Ding“ verstand es, durch unschuldiges, kindliches und erfahrenes Verhalten die Männer zu entzücken und dieses auch in ihrem Interesse für das Erringen von materiellem Reichtum oder sozialen Aufstieg einzusetzen. Für die Flapper war die Ehe ein erstrebenswerter Lebensabschnitt, um sich dadurch einen finanziellen Wohlstand zu sichern. Die Treue in der Ehe war dabei aber nicht unbedingt gegeben, da diese Frauen nach ständiger erotischer Abwechslung suchten.44 Ein weiterer Weiblichkeitsentwurf der „Neuen Frau“ war der Vamp beziehungsweise die Femme Fatale, die meist synonym verwendet wurden. Die Faszination für den Vamp beziehungsweise der Femme Fatal in der Männerwelt der Weimarer Republik war rein erotischer Natur. Hierbei handelte es sich um eine als grausam, kalte, dominierende berechnend beschriebene Frau, die wegen ihrer sinnlichen Anziehungskraft und Schönheit begehrt und geliebt wurde. Aufgrund ihrer Charaktereigenschaften war es ihr möglich, sich einen Platz in der Männerwelt zu sichern, die Männer zu verführen, zu reizen und auch über sie zu dominieren. Das Begehren des Vamps/der Femme Fatale durch die Männer wurde durch eine unwahrscheinlich erscheinenden, glücklichen Liebesbeziehung erhöht. Das als eine erotische Verführerin dargestellte Traumbild hatte jedoch wenig mit der Realität zu tun. Allerdings verstanden es Schauspielerinnen, wie beispielsweise Marlene Dietrich, dieses bewusst zu inszenieren.45 Der am meisten publizierte und verkörperte Weiblichkeitsentwurf der „Neuen Frau“ stellte das aus Amerika stammende Girl dar. So wurde diese Frau „als Verkörperung und Durchsetzung des modernen amerikanischen Schönheitsideals, als ein Zeichen des starken kulturellen und politischen Einflusses Amerikas“46 und als deutlich erkennbarer Inbegriff der neuen Auffassung der weiblichen Körperlichkeit verstanden. In den späten 1920er Jahren wurde das Girl als ein Erscheinungsbild der „Neuen Frau“ zu einer Art neuen Maßstabs, dem eine Frau nur schwerlich aus dem Weg gehen konnte. Das äußere Erscheinungsbild des Girls wird durch die Begeisterung für den Tanz, der Jugend- und Sportlichkeit sowie dem Bubikopf und einer weichfallenden beinbetonenden Kleidermode symbolisiert. Aufgrund dessen wurde sie auch als „Sportgirl“ bezeichnet.47 „Das Girl wurde in zeitgenössischen Texten zudem als schlank, sportlich, gepflegt, „langbeinig, wohlgebaut, kirschmündig und guckäugig“, aber auch etwas uniform in ihrem Auftreten bezeichnet.“48 Die in den Medien präsentierten Frauen entsprachen meist diesen Zuschreibungen, indem sie ein kurzes welliges Haar trugen, sich sowohl Lippen als auch Augenbrauen nachzogen und sportlich-funktionale Kleider am Tage und zur Abendzeit eher offene und leichte Hemdkleider trugen. Der Kleiderstil eines Girls war durch bemerkbar schlichte und leichtfallende Jumper oder Blusen gekennzeichnet, welche den Oberkörper kaschierten. Zu den beliebten Accessoires eines Girls gehörte oftmals die Perlenkette, aber auch Ansteckblumen, Armbänder und Ohrringe. Topfhüte, Pelzkragen und Pelzmanschetten schmückten weiterhin das Aussehen des Girls.49

3 Varianten der medialen Vermittlung

Die Darbietung der neuen Weiblichkeit in der Weimarer Republik war vor allem auch eine von den kulturellen Institutionen, insbesondere der Medien, produzierte Ideologie, welche mit bestimmten Etiketten versehen wurde. Die Medien haben sich zu einem bedeutsamen Instrument für die öffentliche Meinungsbildung entwickelt.50 Der kaum zu erfassenden Fülle an Zeitschriften kann der Erschaffung und Erhaltung der in der Weimarer Republik existierenden typischen Frauenbilder ein bedeutsamer Anteil zugeschrieben werden. Die Frauen der Republik wurden täglich durch die Zeitschriften und Zeitungen, die oftmals mit großer Fülle bebildert waren, mit dem Frauentypus, wie er im Trend war, konfrontiert. Das perfekte Styling war im Interesse des neuen Modebildes: kurzer Rock, ein frischer Haarschnitt und – ganz wichtig – ein unverkennbares Attribut, welches entweder den abgebildeten Lebenszusammenhang der Frau verkörpern oder für das geworben werden sollte.51 „Das Bild, das die Medien der zwanziger Jahre von der ,neuen Frau‘ entwarfen, war – nimmt man es ganz wörtlich – ein Kunstprodukt, die Illusion einer ,Hyperfrau‘, die es verstand, Familie und Beruf, traditionelles Rollenverständnis und Emanzipation in Einklang zu bringen.“52 Die Medien animierten die Frauen durch die in ihnen präsentierten Vorbilder gleichermaßen zur Imitation und einer spielerischen Handhabung.53 Wie bereits in Kapitel 2.2 beschrieben, unterlag das Bild der „Neuen Frau“ klaren äußerlichen Festschreibungen. Die neue Weiblichkeit wurde zur Projektionsfläche emanzipatorischer Attribuierung, die die äußerlichen Veränderungen der Frau mit den Neuerungen der Gesellschaft und der Änderung des Verhaltens gleichsetzte.54 „Aus den theoretischen Konzepten einer ‚Neuen Frau‘ wurde ein auch ikonographisch festgeschriebenes System, das in der Folge zu einem Alltags- beziehungsweise Massenphänomen sowie zu einem Leitbild der Bildmedien werden konnte.“55 Dass diese derzeitigen Frauentypen ein zentrales Thema in der Weimarer Republik darstellten, ist ganz besonders auf die Printmedien und deren massenhaftes Aufkommen zurückzuführen.56 So boten auch Werbeanzeigen in den zwanziger Jahren eine für die Kultivierung der „Neuen Frau“ mögliche Plattform.57 Die wirkliche Lebenssituation einer „Neuen Frau“ war aber in den meisten Fällen keinesfalls so positiv wie die theoretische Grundidee oder die Darstellung innerhalb der Massenmedien. Durch äußerliche Veränderungen wie beispielsweise der Kleidung und sportlichen Aktivitäten versuchten die Frauen, sich dem propagierten Idealbild der Medien anzupassen. Dies musste jedoch nicht zwangsläufig bedeuten, dass durch ihre Orientierung an dem Idealbild auch ihr Verhältnis zur Geschlechterbeziehung oder zum Beruf verändert wurde.58

3.1 Zeitschriften

Massenmedien wie beispielsweise Zeitschriften machten von dem neuen Typus der Weiblichkeit gebrauch und propagierten in ihnen ein Schönheitsideal, welches sich an einem gesellschaftlichen Massentypus orientierte.59 Dabei stellten diese ihre Leserinnen und Leser den Typus der neuen Frau täglich gegenüber, wie er zurzeit modisch war. Gemäß des neuen Modebildes war dieser mit einem kurzen Rock und einem aktuellen Haarschnitt versehen. Des Weiteren war die abgebildete Frau mit einem unverkennbaren Attribut ausgestattet, für das die Zeitschrift entweder warb oder welches als Symbol für den abgebildeten Lebenszusammenhang stand. So sah man immer wieder in sportlichem Kontext, mit der neusten Mode oder im Büro an ihrem Arbeitsplatz, entweder am Telefon oder hinter einer Schreibmaschine sitzend, dargestellte Frauen.60 In den Gesellschaftsaufnahmen der Zeitschrift Vogue wurden eine Vielzahl von Frauen portraitiert. Die Ablichtung dieser Frauen geschah nicht mehr wie zuvor in einer neutralen Situation innerhalb eines Fotostudios. Bei dem Kontext dieser Bilder handelte es sich nunmehr um Situationen aus dem gesellschaftlichen Leben. Somit konnten diese Aufnahmen präzise die für das neu aufkommende Weiblichkeitsideal scheinbar relevanten Themen verdeutlichen und zusätzlich gesellschaftliche Zusammenhänge der Frauen aufzeigen, in die sie gestellt wurden. Hierbei ganz besonders in den Vordergrund gerückt, sind die Mobilität und das sportliche Engagement. Die bildliche und auch textgebundene Darstellung der „Neuen Frau“ erfolgte überwiegend durch Aktivitäten im Sport, wie beispielsweise Reiten, Tennis oder auch Golf. Frauen, die sich auf Reisen oder während der Sommer- oder Wintermonate im Urlaub befanden, waren auch ein häufiger Teil der Gesellschaftsfotografien. Das Sonnenbaden am Strand sowie das Spazierengehen oder Wandern zählen zu den Präsentationsmöglichkeiten der Frauen in diesen Fotografien. Hierbei war die Handhabung mit dem Urlaubsthema und die dazugehörigen Aktivitäten jedoch eher auf das Äußerliche bezogen. So stand vielmehr die modische und elegante Erscheinung der abgebildeten Frau dabei im Mittelpunkt. Diese trugen auf den Abbildungen erstmals Hosenanzüge oder auch Arbeitshosen, die in Zusammenhang mit der weiblichen Erscheinung als regelrechte Neuerung verstanden wurden. Die Urlaubsreisen wurden als Zeichen der Flexibilität und Mobilität verstanden, aus dessen optimalen Verbindung sich die Autofahrerin herausbildete. Die Frau setzte sich beim Autofahren durch, wobei ihr Fahrstil durch Sicherheit und Ruhe geprägt war. Dass die Frau sich nun selbst durch die Stadt fuhr, wurde zu einem Synonym für die zeitgemäße Weiblichkeit. Durch die Frau am Steuer entstand eine Projektionsfläche von Fortschrittlichkeit geprägten Ideen. Sie wurde zu einem Symbol der Rationalisierung und Technisierung.61 Auch Zeitschriften machten von dem Bild der Frau hinter dem Steuer gebrauch und produzierten sogar eigene Autonummern.62 Die Dame nutzte das Bild der Frau hinter dem Steuer für das Titelbild ihrer Zeitschrift.

[...]


1 Gabriele Tergit, Die Frauen Tribüne, zit. n.: Bock, Neue Frauen zwischen den Zeiten, S. 14.

2 Vgl. Schüller, Vom Ernst der Zerstreuung, S. 19-24.

3 Vgl. Zheng, Zeit, Geschichte und Identität, S. 48.

4 Vgl. Flemming, „Neue Frau“? Bilder, Projektionen, Realitäten, S. 56.

5 Vgl. Kessemeier, Sportlich, sachlich, männlich, S. 18-48.

6 Vgl. Kessemeier, Sportlich, sachlich, Männlich.

7 Vgl. Schüller, Vom Ernst der Zerstreuung.

8 Vgl. Keun, Das kunstseidene Mädchen.

9 Vgl. Schüller, Vom Ernst der Zerstreuung, S. 29.

10 Zheng, Zeit, Geschichte und Identität, S. 48.

11 Vgl. ebd. S. 48-49.

12 Vgl. Schüller, Vom Ernst der Zerstreuung, S. 29.

13 Vgl. Zheng, Zeit, Geschichte und Identität, S. 49.

14 Vgl. Kessemeiser, Sportlich, sachlich, männlich, S. 19-23.

15 Vgl. Zheng, Zeit, Geschichte und Identität, S. 49.

16 Vgl. Flemming, „Neue Frau“? Bilder, Projektionen, Realitäten, S. 63.

17 Wilhelm II. zit. n.: Niggemann, Emanzipation zwischen Sozialismus und Feminismus, S. 15.

18 Vgl. Niggemann, Emanzipation zwischen Sozialismus und Feminismus, S. 15-17.

19 Vgl. Zheng, Zeit, Geschichte und Identität, S. 48.

20 Vgl. Kessemeiser, Sportlich, sachlich, männlich, S. 27-28.

21 Vgl. Schüller, Vom Ernst der Zerstreuung, S. 19.

22 Vgl. Wesp, Frisch, Fromm, Fröhlich, S. 13.

23 Vgl. Schüller, Vom Ernst der Zerstreuung, S. 19, 24.

24 Vgl. Haunhorst, Das Bild, S. 19.

25 Vgl. Schüller, Vom Ernst der Zerstreuung, S. 20-32.

26 Vgl. Niggemann, Emanzipation zwischen Sozialismus und Feminismus, S. 28.

27 Vgl. Eifert, Die neue Frau, S. 84

28 Vgl. Niggemann, Emanzipation zwischen Sozialismus und Feminismus, S. 29-35.

29 Vgl. Wolter, Hosen, weiblich, S. 238-239.

30 Vgl. Flemming, „Neue Frau“? Bilder, Projektionen, Realitäten, S. 56.

31 Vgl. Zheng, Zeit, Geschichte und Identität, S. 49.

32 Vgl. Flemming, „Neue Frau“? Bilder, Projektionen, Realitäten, S. 56.

33 Vgl. Schüller, Vom Ernst der Zerstreuung, S. 24.

34 Ebd. S. 33.

35 Vgl. Wolter, Hosen, männlich, S. 238.

36 Flemming, „Neue Frau“? Bilder, Projektionen, Realitäten, S. 62.

37 Vgl. Kessemeier, Sportlich, sachlich, männlich, S. 44-46.

38 Schüller, Vom Ernst der Zerstreuung, S. 29.

39 Kessemeier, Sportlich, sachlich, männlich, S. 50.

40 Vgl. ebd., S. 58.

41 Vgl. Loewel, Chapeau-melon und fume-cigarette, S. 149-156.

42 Vgl. ebd., S. 157.

43 Koch, Sachlich, sportlich, sinnlich, S. 18.

44 Vgl. Portenlänger, Kokettes Mädchen und Mondäner Vamp, S. 53-54.

45 Vgl. ebd., S. 18.

46 Kessemeier, Sportlich, sachlich, männlich, S. 50.

47 Vgl. ebd., S. 53.

48 Ebd., S. 53.

49 Vgl. ebd., S. 53-58.

50 Vgl. Zheng, Zeit, Geschichte und Identität, S. 51-56.

51 Vgl. Schüller, Vom Ernst der Zerstreuung, S. 45,47.

52 Birgit Gatermann zit. n.: Schüller, Vom Ernst der Zerstreuung, S. 30.

53 Vgl. Kosta, Die Kunst des Rauchens, S. 147.

54 Vgl. Kessemeier, Sportlich, sachlich, männlich, S. 32.

55 Ebd., S. 32.

56 Vgl. Dogramaci, Mode-Körper, S. 119.

57 Vgl. Kosta, Die Kunst des Rauchens, S. 148.

58 Vgl. Zheng, Zeit, Geschichte und Identität, S. 56-57.

59 Vgl. ebd., S. 53.

60 Vgl. Schüller, Vom Ernst der Zerstreuung, S. 47-48.

61 Vgl. Kessemeier, Sportlich, sachlich, männlich, S. 69-71.

62 Vgl. Dogramici, Mode-Körper, S. 123.

Ende der Leseprobe aus 55 Seiten

Details

Titel
Das Image der „Neuen Frau“ in der Weimarer Republik
Hochschule
Universität Vechta; früher Hochschule Vechta
Note
1,8
Autor
Jahr
2020
Seiten
55
Katalognummer
V983853
ISBN (eBook)
9783346343109
ISBN (Buch)
9783346343116
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Neue Frau, Weimarer Republik, Ideal der Neuen Frau, 20er Jahre, 1920er, goldenen Zwanziger
Arbeit zitieren
Vanessa Scherbaum (Autor:in), 2020, Das Image der „Neuen Frau“ in der Weimarer Republik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/983853

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