Fremdenverker im ländlichen Raum - Seine Entwicklung, Beispiele


Seminararbeit, 1997

13 Seiten


Leseprobe


1.Der Begriff Freizeit und Fremdenverkehr

Innerhalb der letzten Jahrzehnte stieg die Bedeutung von Naherholung, Freizeit und Fremdenverkehr an. Die Reisefreudigkeit in der Bevölkerung ist ungebremst. Ging es in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts noch um das Erreichen von mehr Freizeit für alle, so ist heute die Gestaltung der freien Zeit in den Vordergrund der Überlegung getreten (vgl. Peter Jurczek, Frankfurt).

Die wichtigsten Freizeitaktivitäten sind a) Konsum und Mode, b) Familienaktivität und Wohnen, c) Geselligkeit und Unterhaltung, d) Populärkultur und Massenkomm- unikation, e) Erotik, f) Erholung in "natürlichen Räumen", g) Tourismus, h) Sport, i) Hobbies, k) Bildung, l) politisches Engagement (Lüdtke, 1972, S.33-47). Die Freizeit und Ihre Gestaltung übernimmt verschiedene Funktionen a) Ausgleich für die in anderen Lebensbereichen nicht erfüllbaren Wünsche (kompensatorisch), b) freiwillige Fortsetzung von Tätigkeiten und Verhaltensweisen aus dem Beruf (suspensiv), c) Wiederherstellung der Arbeitskraft (regenerativ). (vgl. auch Schelsky 1956, Scheuch 1977)

Freizeit kann in die Tages-, Wochenend- und Urlaubsfreizeit untergliedert werden.

Nach Czinki entfallen hierbei etwa 70 Prozent auf die Tagesfreizeit, 20 Prozent auf die Wochenendfreizeit und 10 Prozent auf den Jahresurlaub.

Der Urlaubsverkehr ist eine Fremdenverkehrsform, Kaspa (1975,S.13) definiert "den Fremdenverkehr oder Tourismus als Gesamtheit der Beziehungen und Erscheinungen, die sich aus der Reise und dem Aufenthalt von Personen ergeben, für die der Aufenthaltsort weder hauptsächlicher und dauernder Wohn- noch Arbeitsort ist".

2. Einleitung:

Der Begriff "Urlaub auf dem Bauernhof" ist ein Inbegriff für ein enges Ergänzungsverhältnis zwischen den beiden Wirtschaftsbereichen Landwirtschaft und Fremdenverkehr.

Beide Betriebszweige sind durch die räumliche Integration der Vermietungs- und Verpflegungseinrichtungen mit dem bäuerlichen Hof, seinen Gebäuden, Anlagen und Nutzflächen eng verzahnt. Gerade aus diesem räumlichen Verbund ergibt sich eine enge funktionale Beziehung, bei der sich Landwirtschaft und Fremdenverkehr wechselseitig bedingen. Denn einerseits werden agrarische Strukturen und Komponenten zum touristischen Charakteristikum ,,stilisiert", und andererseits sind die wirtschaftlichen, fremdenverkehrsorientierten Aktivitäten der Betriebsinhaber Nebenerwerbstätigkeiten, in denen Landwirte die Chance auf eine Einkommensverbesserung sehen. Dabei haben in den Anfangsjahren des Urlaubs auf dem Bauernhof ökonomische Überlegungen keine Rolle gespielt. Doch aus jener klassischen Form der Sommerfrische vergangener Jahre wurde im Zuge der durchweg schlechten und zudem äußerst labilen Agrarwirtschaft der 'Urlaub auf dem Bauernhof' zu einem Nebenerwerb, von dem man sich nachhaltige Impulse auf die ökonomische Situation der Einzelbetriebe erhofft. Der Urlaub auf dem Bauernhof hat eine lange Tradition. Ab 1873 gab es das Urlaubsrecht für Beamte, und ab 1914 auch für Angestellte. Die Entwicklung des Fremdenverkehrs wurde auch durch die allgemeine günstige wirtschaftliche Lage (,,Die Goldenen 20`er Jahre") und durch die Verbesserung des Straßennetzes begünstigt. Die feudale Bourgeoisie verbrachte den Urlaub am Strand zum Badeurlaub, akademische Mittelständler gingen auf Bildungsreise und die Kaufleute, gehobene und mittlere Angestellte und reiche Handwerker fuhren zum Urlaub in die ,,Sommerfrische". Die Sommerfrische stand für ein einfaches und billiges Quartier in stadtnah gelegenen Dörfern. Es war kein Vergnügungsbetrieb angeschlossen. Das Motto lautete eher ,, Zurück zur Natur". Für die Bauern waren für diese Unterbringung keine großen Investitionen erforderlich, die Gäste wurden in freien Räumen des Bauernhauses untergebracht. Da die Gästen meist Verwandte aus der Stadt waren konnten die Bauern noch kein Kapital aus dieser Dienstleistung ziehen.

Zwischen den Wirtsleuten und den Gästen entstand ein Verhältnis von ,,Geben und Nehmen". Der Gast sucht Geborgenheit und Ruhe im ländlichen Familienleben, der Wirt zeigt dem Gast gegenüber ein zuvorkommend dienendes Verhalten, das sich aus der sozialen Stellung des Gastes heraus begründet. Der Städter galt als überlegen und sozial hochgestellt. In den Alpen wurde der Fremdenverkehr durch die Gründung der Alpenvereine begünstigt.

Nach Ende des 2. Weltkrieges kam es zu einer Flaute im Fremdenverkehr. Mitte der 60`er Jahre wurde der Stand aus den 30`er Jahren wieder erreicht. Zu einem Aufschwung für den ,,Urlaub auf dem Bauernhof" kam es zuerst in Westfalen-Lippe und in Hessen. Danach folgten bis Ende der 60`er Jahre Baden- Würtemberg, Bayern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Gunstgebiete waren die Küsten und die Binnenseen.

Noch bis Mitte der 60`er Jahre war die Ausstattung der Unterbringungen eher primitiv.

12 % der Wohnungen hatten kein Wasser und 38 % nur kaltes Wasser. Dies ist aber nicht mehr mir den heutigen Standards zu vergleichen. Es sind schön größere Investitionen nötig, um ein ansprechendes Zimmer zu errichten. Mit der Zunahme der Reiseintensität gegen Ende der 60` er Jahre und der fortschreitenden touristischen Erschließung landschaftlich reizvoller Regionen machten mehr und mehr Landwirte von der Möglichkeit der mittel- oder langfristigen Partizipation am Fremdenverkehrsmarkt Gebrauch .Doch die Bedeutung der Gästebeherbergung für die deutsche Agrarwirtschaft ist insgesamt relativ bescheiden. Nur 1% aller bundesdeutschen Landwirte hatten im Jahr 1984 den Erwerbszweig ,,Urlaub auf dem Bauernhof" aufgenommen. Die Beteiligung der Landwirte hängt weniger von der Betriebsgröße, vom regionalen wie örtlichen touristischen Erschließungsgrad oder von der Erscheinungsform des Fremdenverkehrs ab sondern von der landschaftliche Attraktivität. Die landschaftlich attraktiven Räume sind daher als Gunsträume für den Urlaub auf dem Bauernhof zu betrachten. Dies ist nicht weiter verwunderlich, da eine Hinwendung zum Fremdenverkehr nur hier erfolgversprechend sein wird.

Aber auch hier ist eine ist eine unausgelastete Bettenkapazität keine Seltenheit. Gründe hierfür sind die geringe Nachfrage einerseits und kurze Verweildauer der Gäste aufgrund eines dominierenden Passantenverkehrs andererseits. Dies hat beträchtliche Gewinneinbußen zur Folge. Wo für die Schaffung des Beherbergungsangebots hohe Investitionssummen frei gesetzt werden mußten, wo arbeitsintensive Verpflegung angeboten wird und/oder wo weniger als 80 Vollbelegungstage zu registrieren sind, decken die von Urlaubern gezahlten Pensionspreise keineswegs die laufend anfallenden festen wie variablen Kosten. Der Landwirt kann also seine rückläufige bzw. stagnierende Einkommensentwicklung nicht durch den Fremdenverkehr aufbessern.

Die Nachfragegruppe der heutigen Zeit unterscheidet sich nicht sehr von der Nachfragegruppe des letzten Jahrhunderts. Es sind Menschen die Ruhe und die Nähe zur Natur suchen, Rentner und Familien mit Kindern, die ihren Kindern die Natur näherbringen wollen (vgl. Schöppner (1987), S. 12f.). Die Gruppen der Rentner wird im Zuge der Überalterung der Bevölkerung zunehmen. Hierdurch erschließt sich für diesen Markt eine sehr große Nachfragegruppe (vgl. Peter Jurzeck (1987), S.211f.). Diese Nachfragegruppen müssen durch Marktstrategien an ihre Anbieter gebunden werden. Der Bauernhof soll nicht länger als eine billige Unterkunft dienen, sondern er soll in die Gegebenheiten der Umgebung eingebunden werden. Hier ist vor allem auch die Regionalpolitik gefordert. Hierzu später mehr.

Der Fremdenverkehr in ländlichen Siedlungen ist hat nicht nur positive Effekte gezeigt. Der Einfluß des Fremdenverkehrs läßt sich in 5 Bereiche untergliedern:

- arbeitsmarktstrukturelle Effekte
- regional und kommunalwirtschafftliche Effekte
- siedlungsstrukturelle Effekte
- soziale und kulturelle Effekte

Der Fremdenverkehr hat einen nur geringen Effekt auf den Arbeitsmarkt in den ländlichen Siedlungen. Die Arbeitsplätze werden wegen der Saisonalität des Marktes nur in der Hochsaison benötigt und bieten so keine soziale Sicherheit. Weitere Hauphindernisfaktoren zur Wahrnehmung eines Arbeitsplatzes im touristische Gewerbe ist das eng Spektrum an Berufs-, Ausbildungs- und Aufstiegschanchen und die Zurückhaltung der ländliche Bevölkerung an neuen Entwicklungen. Diese schlechte Perspektive führt u einer Abwanderung der jungen Bevölkerung, die keinen Ausbildungsplatz findet und in die Stadt zieht. Ein weiteres Problem ist, daß in größeren Beherbergungsbetrieben die Schlüsselpositionen von auswärtigen Arbeitnehmern besetzt werden, es zu wenige oder gar keine Arbeitnehmern aus dieser Sparte auf dem Land gibt. In Fremdenverkehrsfremden Branchen ( zum Beispiel im Banken-, Kreditwesen und im Baugewerbe) läßt sich eine nur eine geringe Wirkung feststellen (vergleiche ZB13).

Überwiegend positiv sind die Auswirkungen auf die regionalen Wirtschafts- und Finanzstrukturen. Im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe, im Einzelhandel, Handwerk und in Industrie sind Multiplikatoreffekte zu erkennen. Vorteilswerte werden aus der Fremdenverkehrsabgabe oder Kurtaxe sowie aus den Steuereinnahmen der Gaststätten und Beherbergungsbetriebe erzielt. Die regionale Wirtschaft erhält einen Aufschwung durch Investitionen in fremdenverkehrsrelevante Projekte und durch die Ausgaben der Gäste (bis zu 70 DM am Tag). Der Fremdenverkehr verringert in geringem Ausmaß die Bodenmobilität.

Probleme ergeben sich für die Siedlungsstruktur vor allem in der Zunahme der Zweitwohnsitze und der Feriendörfer. Die Probleme lassen sich an der kostenintensiven Infrastrukturleistung der Gemeinden, Landschaftsversiegelung und Steigerung im Boden- und Mietpreisniveau festmachen. So ist zur Begleichung dieser Unkosten eine Ferienwohnsitzsteuer im Gespräch. Andererseits kann die Anwesenheit der Ferienwohnsitzler auch von Vorteil für die Gemeinde sein. So werden die kommunalen und privatwirtschaftlichen Infrastruktureinrichtungen besser ausgenutzt und der Handel und das Gaststättengewerbe kann wie schon erwähnt eine Umsatzsteigerung verzeichnen. Die Ansiedlung von Feriendörfern ist dagegen als kritisch zu bewerten, da so eine Dominanz des außerregionale Kapital und außerregionalen Investoren auf die Regionalpolitik zu befürchten ist.

Die Auswirkungen auf den sozialen, politischen, kulturellen und ökologischen Bereich zeigt sich an der Unzufriedenheit der Bürger in der Gemeinde.

1. Unzufriedenheit der Bürger mit dem Preisniveau der des Handels und der Gaststätte
2. Unzufriedenheit mit der auf den Fremdenverkehr ausgerichteten Kommunalpolitik
3. Unzufriedenheit mit der innergemeindlichen Verkehrsplanung

Daneben ist eine Ablehnung gegenüber von zentrentypischen Kulturformen zu beobachten (vgl. Troeger-Weiß (1987), S.138ff. und ).

Eine Untersuchung von Bergbauern in der Schweiz konnte ein weiteres Problem aufweisen. Es wurde erkannt, daß die Doppeltätigkeit der Bauern sich auf die psychische und physische Gesundheit der Bauern auswirkt. Dies führt im Zusammenhang mit dem Nebenerwerb zu einer erhöhten Suchtgefahr der Landwirte. Auch nimmt durch diese Mehrbelastung das Traditionsbewußtsein der ländlichen Bevölkerung ab. Ein weiteres Problem ist der hohe Flächenverbrauch in den Fremdenverkehrsregionen. Er steht im Konflikt mit den Produktionsgrundlagen der Bauern. Negative Auswirkungen sind ebenfalls die Zerschneidung der landwirtschaftlichen Nutzfläche, der Anstieg der Kriminalität, die Störung durch den Pkw-Verkehr und der Schadstoffausstoß des Transitverkehrs (vgl. Andreas Manhart (1986), S.264f.)

Positiv für den Arbeitsmarkt ist,

- daß zumindest einige aus der Landwirtschaft oder der Industrie ausscheidenden eine Beschäftigung finden
- daß sich für Frauen eine Einkommensquelle eröffnet
- daß ein gewisser Ausbau des tertiären Sektors in den peripheren Regionen erfolgt (vgl. Peter Jurzeck (1987), S.211f.).

Nachstehend werden nun an ausgewählten Beispielen verschiedene Formen des Fremdenverkehrs im ländlichen Raum aufgezeigt.

3. Ferien auf dem Bauernhof oder Eine Kuh bringt soviel wie ein Fremdenbett !

"Eine Kuh bringt soviel wie ein Fremdenbett!" - Daher heißt bei manchen Landwirten die Devise: Ferien auf dem Bauernhof. Bei zwei bis sechs Fremdenbetten trägt die Vermietung allerdings nur zur Aufbesserung des Haushaltsgeldes bei, erst ab acht bis zwanzig Betten sind die Einnahmen aus dem Tourismus ein Zusatzeinkommen des landwirtschaftlichen Betriebes.

Als Beispiel für Ferien auf dem Bauernhof soll ein Interview aus geographie heute mit einer Bäuering dienen. Der Hof Heisenstein liegt bei Bayreuth und umfasst 36 ha. Ein Hektar entspricht der Größe eines Fußballplatzes mit Zuschauerplätzen, ein 100 m- Quadrat. Der Heisenstein Hof hätte soviel Raum wie 36 Fußballplätze, das entspräche einem Quadrat von 600m Seitenlänge.

Im Jahr 1963 wurde das Wohnhaus neu errichtet und die leerstehenden Zimmer gaben 1971 den Ausschlag für den Ausbau einer 50m2 Ferienwohnung. Neben der Nutzung der leerstehenden Zimmer war die finanzielle Mehreinnahme bei geringem Arbeitsaufwand ein weiterer Grund zur Aufnahme von Feriengästen. Durch die Vollausstattung der Wohnung mit Küche fällt keine Arbeit für das Verköstigen an, der einzige Arbeitsaufwand ist die Endreinigung. Die Wohnung wird ganzjährig vermietet. Belegt ist die Ferienwohnung vor allem während der Schulferien, Ostern, Pfingsten, Sommer, Herbst und Winter. Überschneidungen von Vermietung und Erntezeit wirken sich nicht nachteilig aus, da der Arbeitsaufwand pro Wechsel bei ca. 2 Stunden liegt. Durch die dörfliche Struktur, einem naheliegenden Naturschutzgebiet und Sehenswürdigkeiten, ist die Lage für den Tourismus als gut zu bezeichnen. Die Gäste nehmen am dörflichen Leben, Kirchweihfesten, Dorffesten u.a. teil. Nebenbei helfen einige der Gäste bei kleineren Arbeiten auf dem Hof, um so einen Ausgleich zu ihrer täglichen Arbeit zu erhalten. Der Hauptbestandteil der Gäste sind Familien mit Kindern, da diese so versuchen einen Kontakt mit der Natur herzustellen, der in dieser Form in der Stadt unmöglich ist. Die Scheu der Kinder vor den Tieren legt sich bald, wobei das Interesse an den Tieren auch vornehmlich bei den Kindern liegt. Inzwischen werden zwei komplette Ferienwohnungen vermietet, zum Preis von 40 DM pro Tag und 25 DM pro Endreinigung (Stand 1981) im Durchschnitt werden im Jahr 250- 300 Übernachtungen gezählt. Bei 275 Übernachtungen kommen so im Jahr inkl. Endreinigung 17.875 DM zusammen. Der Ausbau der beiden Ferienwohnungen kostete den Landwirt rund 20.000 DM. Die Einnahmen für den Verkauf von Milch, Kartoffeln und Eier fallen als Gewinn nicht weiter ins Gewicht.

Die Gäste, die einen solchen Urlaub wählen kommen aus allen Bevölkerungs-schichten Arbeiter und Akademiker gleichermaßen.

4. Weintourismus an der Mosel (Quelle: Christoph Becker, 1984)

Der Weintourismus hat inzwischen eine besondere Aktualität gewonnen: Einerseits kann er als eine der wenigen Fremdenverkehrsarten betrachtet werden, der noch Zuwachsraten verzeichnen kann. So hat sich der Marktanteil des Fremdenverkehrsgebietes "Moseltal" an der Mittelgebirgsnachfrage (1972-1978) am stärksten unter allen Mittelgebirgen erhöht . Und selbst von 1981 auf 1982 konnte im Gebiet "Mosel/Saar" noch eine Zuwachsrate (1,5%) bei den Übernachtungen erzielt werden, während die Entwicklung in den übrigen rheinland-pfälzischen Fremdenverkehrsgebieten stagnierte oder deutlich zurück ging.

In den deutschen Mittelgebirgen basiert der Fremdenverkehr in wesentlichem Maße auf der bioklimatischen Reizwirkung der Höhenlage. Im gesamten deutschen Moseltal herrscht dagegen "teils belastendes" Klima, das die am wenigsten günstigen Voraussetzungen für die Entwicklung eines längerfristigen Fremdenverkehrs bietet. Im Sommer beeinträchtigt Schwüle die Erholung, im Winter treten häufig Inversionslagen auf. Im Moseltal besteht durch die Steilheit der Hänge, die Tiefe des Tales und die ausgeprägte Mäanderbildung an der Mittelmosel nur eine geringe Abkühlungsgröße gegenüber den Hochterrassen und Flächen von Hunsrück und Eifel. Im Herbst und Winter bildet die Mosel einen großen Kaltluftsammelbereich.

Dieses für den typischen Fremdenverkehr im Mittelgebirge eher ungünstige Klima bietet dem Weintourismus jedoch einige Vorzüge. Da die Gäste ohnehin wenig wandern, ist die sommerliche Wärme gut zu ertragen, ja sie ermöglicht es, abends lange auf den Terrassen und in den vielen Weinlauben zu verweilen. Auch erlaubt das milde Klima die Ausdehnung der Fremdenverkehrssaison bis weit in den Herbst.

Das milde Klima im Moseltal bietet auch dem Weinbau gute Voraussetzungen an der nördlichen Weinbaugrenze: An den Süd- und Westhängen trifft der Weinbau auf günstige Bedingungen. So sind diese Hänge in der Regel Rebflächen, während die übrigen Hänge bewaldet sind. Zusammen mit der hohen Reliefenergie und den Mäandern ergibt sich ein abwechslungreiches Landschaftsbild, das erste Bezüge zum "Weintourismus" vermittelt.

Die Moselorte wirken mit ihrer meist dichten Bebauung gefällig, mehrere Städte wie Bernkastel-Kues, Cochem und Traben-Trarbach, aber auch viele Ortschaften, besitzen im mittelalterlichen Kern malerische Fachwerkshäuser und aus Schiefer errichtete Häuser. In allen Orten finden sich vielfältige Hinweise auf die Weinwirtschaft. Einerseits reichen die Rebflächen vielfach bis an die Ortsbebauung und in Baulücken hinein. Andereseits prägen die Weinbaubetriebe, die zahlreichen Weinkeller, die Hinweisschilder auf Weinproben und -verkauf, die Weinschaufenster und -schaukästen, die aufgestellten Weinfässer, einzelne Rebstöcke, aber auch die vielfältigen Verzierungen der Häuser mit weinspezifischen Elementen das Ortsbild vieler Straßen in den Weinorten.

Verschiedene Burgen, Kirchen und Schlösser bilden weitere Attraktionen. Immer wieder sind in der Landschaft Kapellen, Bildstöcke, Berg- und Wegekreuze in den Weinbergen anzutreffen.

Diese kurz skizzierten Landschaftselemente -ergänzt durch das weinspezifische Angebot für Touristen und durch Fremdenverkehrsbetriebe- stellen die wesentlichen Grundlagendes Weintourismus an der Mosel dar.

In den Kerbtälern der einmündenden Bäche und auf den Hochflächen von Eifel und Hunsrück haben sich nur ausnahmsweise Orte mit einem nennenswerten Umfang an Fremdenverkehr entwickelt. Selbst Ausflugfahrten werden nur ausnahmsweise vom Moseltal zu den Eifel- und Hunsrückorten unternommen. Die Gäste haben zielstrebig das Moseltal als Weinbaugebiet aufgesucht. Ausflüge in anders struktuierte Landschaften besitzen nur untergeordnete Bedeutung.

Während die mehr geradlinige Untermosel insbesondere bis Cochem traditionell gut mit der Eisenbahn und auf Bundesstraßen erreicht werden konnte, hat sich die Erreichbarkeit der Mittelmosel durch die Fertigstellung der EifelautobahnA1/48 im Jahre 1975 deutlich verbessert. Entsprechend hat sich der Fremdenverkehr im Moseltal in den 60er Jahren nur bis Bernkastel-Kues und Lieser entwickelt, während an der oberen Mittelmosel kein Ort als Meldegemeinde (mit mind. 5000 Übernachtungen im Sommerhalbjahr) geführt wurde. Nicht zuletzt durch die bessere Erreichbarkeit der oberen Mittelmosel über die Autobahn hat sich das Fremdenverkehrsgebiet Moseltal von Winningen über Bernkastel-Kues dadurch bis Schweich stark ausgeweitet. Die räumliche Ausweitung und Intensivierung des Fremdenverkehrs an der Mosel wurde aber erst durch die zunehmende Reisefreudigkeit der Bevölkerung ermöglicht. Gerade die Nachfrage nach Zweit- und Kurzurlauben, die für den Fremdenverkehr an der Mosel besonders wichtig sind, hat sich stärker erhöht als die Reiseintensität insgesamt.

Das Hauptmotiv für das Aufsuchen der Weinorte im Moseltal bildet die ,,Mosellandschaft mit Weinbergen". In einer Unfrage wurde dieses Motiv als Hauptgrund für die Anreise angegeben (Quelle Christoph Becker, Trier 1984). Neben diesem Motiv zieht die Urlauber das Ortsbild, durch enge Ortschaften und entsprechende Gerätschaften am Rand sowie der Gestaltung der Häuser geprägt, an. Den Wein halten 58-73 % der Gäste für ,,sehr wichtig", bis ,,wichtig". Dieses dominierende Interesse am Wein, Weinbau und dessen Landschaftsprägung rechtfertigt es bei dieser Art von Fremdenverkehr von Weintourismus zu sprechen. Zu den beliebtesten Aktivitäten zählen die Ortsbummel und -besichtigungen sowie das Wandern und Spazierengehen, welches allerdings nicht in dem bevorzugten Maße genannt wird, wie bei Urlaubern im Mittelgebirge.

Der Großteil der Gäste trinkt Wein, daher hat sich die Straußenwirtschaft zu einer beliebten Einrichtung entwickelt. Die Winzer können diese Bewirtschaftung für 4 Monate im Jahr betreiben, sie bildet neben der sonstigen Arbeit ein ,,echtes" zusätzliches Einkommen.

Ein weiteres Einkommen wird durch den Verkauf von Flaschenwein direkt an die Touristen erzielt, 10-20% werden direkt verkauft, Durch Weinfeste, Hotels, direkten Verkauf werden diese Zahlen zum Teil noch überboten, 20-40% an Selbstabholer und 40-60% über den Versand.

Ein Problem dieser Art von Fremdenverkehr ist der hohe Anteil von Kurzurlaubern, die hauptsächlich pber das Wochenende anreisen, ihren Wein kaufen und dann nach Besuch eines Weinfestes die Mosel wieder verlassen. Daher versuchen die Fremdenverkehrsverbände Langurlauber zu binden, um die kurzzeitigen Unruhen zu vermeiden und eine bessere durchgehende Auslastung zu erzielen.

Die Gästestruktur selbst kann als günstig bezeichnet werden, da die Jahrgänge der 26-46 Jährigen hier am stärksten vertreten ist und kein überalterter Gästekreis, wie im Mittelgebirge, ein allmähliches Aussterben befürchten läßt.

5. Urlaub in der ehemaligen DDR (Quelle: Horst Brunck, Heike Bütow, Dieter Rauchfuß, 1991)

Mecklenburg-Vorpommern, ein über Jahunderte von der Landwirtschaft geprägtes Land, behielt diesen Charakter und unfasste 27% der Acker- und 30% der Grünfläche der damaligen DDR. Die Küstenlage führte zu der Ansiedlung von über 90% des DDR Schiffbaus und Fischverarbeitung.

Durch die dünne Besiedelung (121 Ew/km2) und dem geringen Anteil am BSP mit 0,9% (NRW 28%) kommt dem Tourismus als strukturbestimmender Wirtschaftszweig eine wichtige Bedeutung zu.

Die alten Hansestädte Wismar, Rostock, Stralsund und Greifswald sowie die verschiedenen Badeorte zwischen Lübecker Bucht, Kap Arkona und Usedom zogen ebenso wie die Naturschutzgebiete, Vogelparadiese und 650 Seen die Touristen an.

Im Jahr 1989 stellte alleine der Bezirk Rostock ein Viertel der Bettenkapazität der DDR, den Haupanteil hierbei trug Rügen, die mit 962km2 größte Insel Deutschlands. Diese Gegend erfreut sich seit dem 19.Jhdt. zunehmender Beliebtheit. Auf der Insel Rügen treffen alle ,,Reize dieses Raumes zusammen". Durch die Durchdringung von Land und Meer, es findet sich kein Ort, der mehr als 5-8 km von der Küste entfernt liegt, den Kreidefelsen, der landschaftlichen Gegebenheiten, ist Rügen ein beliebtes Urlaubsziel der DDR-Bürger gewesen.

Nach der Maueröffnung rechneten die staatlichen Behörden mit 50% mehr Touristen gegenüber 1989. Der erwartete Zustrom westlicher Touristen blieb aber aus, sodaß die tatsächliche Urlauberzahl rund 30% unter der des Vorjahres lag.

Dieser Einbruch der Touristikzahlen hängt von verschiedenen Faktoren ab. Da wären zu nennen:

- Westliche Touristen reisten überwiegend nur zu Kurzurlauben mit Wohnmobilen an (,,Abenteuerurlaub", ,,Neugierigkeitstourismus", ,,Polittourismus") · Die Negativ-Berichterstattung in westlichen Medien ließ viele Urlauber zurückschrecken
- Der Komfort der Urlaubseinrichtungen ist oft nicht dem gewöhnten Standard entsprechend
- Preise für die Campingplätze stiegen an, sodaß die Zahl der Camper aus der
ehemaligen DDR und den östlichen Nachbarstädten zurückging
- Der Rückgang der Subventionen für Ferienplätze in den Erholungsheimen der Gewerkschaften und der Betriebe verteuerte den Aufenthalt. · Die Gaststättenpreise wurden stark erhöht.

Durch diese Faktoren bedingt und der befürchteten Umweltzerstörung durch eine übermäßige Anzahl der Touristen oder Kurzurlauber versucht die Planungsbehörde neben einer Strukturverbesserung der Orte auch den Weg des ,,sanften Tourismus" zu gehen.

,,Sanfter Tourismus" bedeutet in Kurzform:

- eine naturnahe und nichttechnisierte Form des Tourismus, der den jeweiligen Naturgegebenheiten angepaßt ist. Zu diesen Formen zählen das Wandern, die Kombination von Wandern und naturkundlicher Bildung in Form von Lehrpfaden, Ferienkurse zur Vermittlung handwerklicher Fähigkeiten, Urlaub auf dem Bauernhof, Radwanderungen, Pferdesport u.a.
- landschaftsschonende Formen der weiteren Erschließung des Küstengebiets, wie Anlegen von Campingplätzen außerhalb der Küstenschutzwälder, Schaffen geeigneter Parkmöglichkeiten, Freihaltung von Ruhe- und Schutzzonen für Urlauber von jeglichem Verkehr, Errichtung von Entsorgungsmöglichkeiten entsprechend international üblichen Richtwerten u.a.m.
- Erhaltung und Förderung der einheimischen Kultur, Tradition der Bau- und Wirtschaftsweisen und Verhinderung der Überfremdung des Gebietes von außen.
- Sicherung einer eigenständigen Regionalentwicklung des Gebietes durch Förderung der hiesigen Erwerbszweige (Landwirtschaft, Handwerk, Fischerei u.a.), um eine einseitige (monostrukurelle) Abhängigkeit vom Tourismus auszuschließen.

Neben dieser Möglichkeit sollte auch die Struktur der Erholungsorte verändert werden. Die bisherige Gliederung in Bereiche des Erholens, des Wohnens, der Versorgung und der gesellschaftlichen Kommunikation sollte weiterentwickelt werden. Neben der Strandzone und der Promenade in einem Badeort prägt die Freifläche einen Ort. Es gliedert den Ort und setzt sich in eine Erholungslandschaft fort, hierzu gehört die Wahrung und Weiterentwicklung einer typischen, abwechselungsreichen Landschaft. Die harmonische Einbindung der Gebäude in die Erholungslandschaft und die Nutzung natürlicher Gegebenheiten sind ebenso bedeutungsvoll wie eine abwechslungsreiche architektonische Gestaltung, die sich von der täglichen Arbeits- und Wohnumwelt der Erholungssuchenden unterscheidet.

6. Fazit:

Diese Erkenntnisse und Beispiele zeigen, daß eine spezielle Fremdenverkehrs- und Regionalpolitik benötigt wird. Die Basis, die diese Politik einfordern muß, sind die Reisenden und die Bereisten.

Am Anfang dieser Politik steht für die Politiker und die Planer eine kommunale Fremdenverkehrsanalyse mit einer Zeitspanne von 5-10 Jahren die zu einem Fermdenverkehrsplan führen soll. Dieser Plan beinhaltet eine Zustands- und Entwicklungsanalyse, eine Bewertung des Fremdenverkehrs und Planungsmaßnahmen zur künftigen Entwicklung (vgl. Peter Jurzeck (1987), S.208f.).

Tourismusrelevante Maßnahmen könnte zum Beispiel eine konsequente touristische Schwerpunktbildung sein mit einer Ausarbeitung eines touristischen Zentrale Orte- Systems, der der regionalen Fremdenverkehrsplanung als Orientierugsplan dient. In dieses System sollte die Art der touristischen Eignung sowie der Grad der Fremdenverkehrsentwicklung einfließen(vgl. Peter Jurzeck (1987), S.213 f.). Eine weitere Maßnahme wäre die Übertragung touristischer Trends auf periphere Gebiete. Ein Beispiel hierfür ist der sportorientierte Tourismus, für den sich breite Realisierungsalternativen ergeben. So kann die Durchführung von nationalen und internationalen Sportveranstaltungen ökonomisch von Vorteil sein und es steigert ebenso den Bekanntheitsgrad des Ortes (zum Beispiel Hochsprungmeetings, Autorennen, Festspiele, wie in Bayreuth).

7. Literatur

Becker, Christoph " Zum Verhalten von Investoren und lokalpolitischen Entscheidungsträgern im Fremdenverkehr "

Becker, Christoph " Der Weintourismus an der Mosel ", in Berichte zur deutschen Landeskunde 58, H.2, S. 381-407, 1984

Brunck, Horst; Bütow, Heike; Rauchfuß, Dieter " Rügen Tourismus und Erholung in Mecklenburg-Vorpommern zwischen Ökonomie und Ökologie ", in Geographie heute 12, H. 87, S. 34-38, 1991

Jurczek, Peter " Ziele und Probleme bei der staatlichen Förderung öffentlicher Freizeit- und Fremdenverkehrsinfrastrukturmaßnahmen im Zonenrandgebiet ", in Berichte zur deutschen Landeskunde 58, H.2, S. 357-379, 1984

Schöppner, Angela " Urlaub auf dem Bauernhof. Eine fremdenverkehrsgeogr.

Untersuchung der Angebots- u. Nutzerstrukturen in der Bundesrepublik Deutschland.", Hrsg.: Geogr. Inst. d. Ruhr-Univ. Bochum, Forsch.abt. f. Raumordnung Bochum: Hrsg. 1988. XII,173 S. NN Fremdenverkehr und Regionalpolitik , in: Akademie für Raumforschung und Landesplanung <Hannover>: Forschungsund Sitzungsberichte der Akademie für Raumforschung und Landesplanung 172, S. 1-275, 1988

Troger-Weiß, Gabi " Regionale und kommunale Fremdenverkehrspolitik in peripheren Räumen. Traditionelle wersus neuere Ansätze und Entwicklungen, dargestellt am Beispiel Oberfranken ", in Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie 31, H. 3-4, S. 133-148, 1987

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Details

Titel
Fremdenverker im ländlichen Raum - Seine Entwicklung, Beispiele
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Autor
Jahr
1997
Seiten
13
Katalognummer
V98413
ISBN (eBook)
9783638968645
Dateigröße
414 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fremdenverker, Raum, Seine, Entwicklung, Beispiele
Arbeit zitieren
Mathias (Autor:in), 1997, Fremdenverker im ländlichen Raum - Seine Entwicklung, Beispiele, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98413

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