Umweltbewusstsein und Umweltverhalten

Eine empirische Untersuchung zum Einfluss von Informationsvermittlung zum Thema Abfallvermeidung auf ausgewählte Verhaltensdeterminanten


Bachelorarbeit, 2019

92 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Ablauf der Arbeit

2 Grundlegende Begriffe
2.1 Umweltbewusstsein
2.2 Umwelt verhalten
2.2.1 Abfall- und Abfallvermeidungsverhalten

3 Theoretischer Hintergrund Forschungsstand
3.1 Determinanten für die Erklärung umweltrelevanter Handlungen
3.1.1 Normen
3.1.2 Einstellungen und Umwelteinstellung
3.1.3 Umweltwissen
3.2 Diskrepanz zwischen Einstellung und Verhalten in der Forschung
3.3 Modelle umweltfreundlichen Handelns
3.3.1 Die Theorie des geplanten Verhaltens
3.3.2 Implikationen für Interventionen zur Verhaltensänderung
3.4 Informationsvermittlung als Interventionsansatz

4 Fragestellung, Hypothese und Design
4.1 Fragestellung
4.2 Hypothese und Design

5 Methode (Stichprobe, Material, Ablauf der Untersuchung)
5.1 Stichprobe
5.2 Material
5.2.1 Fragebogen
5.2.2 Interventionsstrategie
5.3 Untersuchungsablauf

6 Ergebnisse
6.1 Voraussetzungen und Gütekriterien der Variablen
6.2 Deskriptive Statistik
6.3 Hypothesenprüfung
6.4 Analyse auf Haupt- und Interaktionseffekte
6.5 Weitere Ergebnisse

7 Diskussion und Ausblick

A Literaturverzeichnis

B Abbildungsverzeichnis

C Tabellenverzeichnis

D Anhang
D.l Fragebogen
D.l.l Hauptteil Fragebogen
D.l.2 Zusatzseiten im Fragebogen 2
D.2 Interventionsmaterial Treatmentgruppe
D.2.1 Newsletter Tag 1
D.2.2 Newsletter Tag 2
D.2.3 Newsletter Tag 3
D.2.4 Newsletter Tag 4
D.2.5 Newsletter Tag 5
D.2.6 Newsletter Tag 6
D.2.7 Newsletter Tag 7
D.3 Interventionsmaterial Kontrollgruppe

E Eidesstattliche Erklärung

Zusammenfassung

Die wachsende Weltbevölkerung, alarmierende Ressourcenverknappung und global steigender Konsumhunger fordern nach Lösungen die dabei anfallenden Abfallmengen zu reduzieren.

Die vorliegende Arbeit untersucht den Einfluss von Informationsvermittlung auf die verhaltensspezifischen Prädiktoren Einstellung (1), selbstberichtetes Verhalten (2) und Verhaltensbereitschaft (3) im Kontext der Abfallvermeidung anhand einer verhaltensbasierten Interventionsstudie mit Studierenden an der Universität Koblenz- Landau. Vor allem in Hinblick auf eine mögliche Diskrepanz zwischen angegebenem Umweltbewusstsein und umweltfreundlichem Handeln.

Bei der Studie handelt es sich um eine Onlinebefragung mit Messwiederholung mit einer Stichprobe von N = 42 Teilnehmerinnen mit einem Durchschnittsalter von M = 25 Jahren. Die untersuchten Prädiktoren wurden mithilfe eines Fragebogens gemessen.

Die erhobenen Daten werden mittels t-Test für abhängige Stichproben und ANOVA mit Messwiederholung analysiert. Dabei zeigt sich ein signifikant positiver Einfluss der Informationsvermittlung auf die Verhaltensbereitschaft (p = 0.001, d = 0.85). Die Einstellung zur Abfall Vermeidung und das selbstberichtete Verhalten zeigen jeweils keine signifikanten Lageunterschiede nach Abschluss der Intervention. Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die Intervention mithilfe eines Newsletters die Verhaltensintension angesichts der Verhaltensbereitschaft verändern kann.

Stichwörter: Umweltbewusstsein, Handlungs- und Problemwissen, Interventionsstudie, Verhaltensänderung

Abstract

A growing world population, alarming scarcity of resources and increasing global consumption require solutions to reduce the amount of produced waste.

The thesis on hand investigates the influence of information transfer on the behavioral predictors attitude (1), self-reported behavior (2) and behavioral readiness (3) in the context of waste prevention conducting a behavior-based intervention study with students at the University of Koblenz-Landau. Especially with regard to a possible discrepancy between declared environmental awareness and actually taking environmentally friendly actions.

The study is a repeated sample online survey (N = 4-2) of participants with an average age of M = 25 years. The predictors tested were measured using a questionnaire. The collected data is analyzed by means of dependent sample t-test and repeated measure ANOVA. This shows a significant positive influence information transfer has on behavioral readiness (p = 0.001, d = 0.85). The attitude towards waste prevention and the self-reported behavior do not show any significant differences after completion of the intervention. The results suggest that the intervention can change the behavioral intention given the readiness to behave with the aid of a newsletter.

Keywords: environmental awareness, action and problem knowledge, intervention study, behavioral change

Abkürzungsverzeichnis

ANOVA Analysis of variance

M Mittelwert

F F-Wert der Regression

N Stichprobe

SD Standardabweichung

df Freiheitsgrade

a Signifikanzniveau

p p-Wert (exaktes Signifikanzniveau)

t Wert des t-Tests für abhängige Stichproben

d Effektstärke nach Cohen

1 Einleitung

» Wir leben in einer Umwelt, deren Haupterzeugnis Abfall ist.«

— Greenpeace

Bereits vor fast 50 Jahren verfasste der Club of Rome im Jahr 1972 einen alarmierenden Bericht, in dem er vor den fatalen Folgen für die gesamte Weltbevölkerung warnt, ausgelöst durch das rapide Bevölkerungswachstum, die daraus resultierende Verknappung sämtlicher natürlichen Ressourcen und die steigende Verschmutzung der Umwelt (Meadows, et ah, 1972).

Der unstillbare Hunger nach wirtschaftlichem Wachstum in den Wohlstandsgesellschaften und der generelle stetige Anstieg der Population führen zu einem regelrechten Raubbau an unseren natürlichen Ressourcen.

Zusammen mit Wohlstand und Konsum wächst auch unser Abfallaufkommen, welches sich in den letzten Jahrhunderten verzehnfacht hat (Hoornweg & Bhada-Tata, 2012). Allein im Jahr 2017 wurden in Deutschland 426 kg Siedlungsabfälle pro Kopf gezählt. Als Siedlungsabfälle zählen dabei ausschließlich der im Haushalt zustande gekommene Müll. Insgesamt wurden 2017 38,2 Millionen Tonnen Haushaltsmüll verzeichnet (Statistisches Bundesamt, 2018). Dazu kommen sämtliche Abfälle, die erzeugt werden, bevor die produzierten Konsumwaren die Haushalte erreichen. Abfallerzeugnisse aus industrieller Produktion, Landwirtschaft und dem Bauwesen sind nicht in der Statistik inbegriffen. Müll entsteht mit einer höheren Rate als alle anderen Umweltschadstoffe, einschließlich den vieldiskutierten Treibhausgasen (Hoornweg & Bhada-Tata, 2012). Die Abfallproduktion an sich wäre nicht so folgenreich für die Umwelt, wenn globale Systeme zum Recycling oder ein ausgereiftes Abfallsystem implementiert wären, vor allem auch in den ärmeren Ländern. In vielen Teilen der Welt wird Müll ohne Wiederverwertung oder sonstige Aufbereitung verbrannt oder landet auf wilden Deponien (vgl. ebd., 2012).

Die Folgen dieses Missstands für die Natur sind gravierend. Lebensmittel werden im großen Stil verschwendet, Ozeane sind verseucht mit Plastikmüll und Mikroplastik, die biologische Vielfalt geht verloren, Luft-, Wasser- und Bodenverschmutzung nimmt stetig zu, großflächige Entwaldung und Erschöpfung der natürlichen Rohstoffe durch übermäßigen Abbau sind nur einige dieser Folgen. Angesichts des globalen Klimawandels ist es offensichtlich, dass die Menschheit nachhaltige Lösungen entwickeln muss, um auf solche Herausforderungen zu reagieren.

Den notwendigen Wandel herbeizuführen ist die Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Konsum und Ressourcennutzung im Alltag müssen hinterfragt werden. Konsum muss nachhaltiger und bewusster geschehen.

Die Umweltpsychologie bietet unterschiedliche Ansätze (z. B. Bamberg & Möser, 2007), die dabei helfen individuelle psychologische Prozesse für umweltschonendes Verhalten zu bestimmen.

Es stellt sich die Frage, wie ein potentieller Veränderungsprozess aktiviert werden kann. Sind die digitalen Medien hilfreich als Schnittstelle für die Informationsvermittlung? Zur Vermittlung von Problematiken und möglichen Verhaltensalternativen bedarf es einer Form der Kommunikation (Krömker, 2008). Im Zeitalter unserer Informationsgesellschaft liegt es nahe sich den modernen Formen der Kommunikation zu bedienen und Apps oder Email-Newsletter als informationsvermittelnde Kommunikationsschnittstelle in Betracht zu ziehen.

Im Detail beschäftigt sich diese Arbeit damit, welchen Einfluss eine zielgruppenspezifische Intervention auf abfallvermeidendes bzw. -reduzierendes Verhalten haben kann. Zur Entwicklung der dazu notwendigen Interventionsmaßnahmen wurde ein sozialpsychologisches Handlungsmodell als Heuristik herangezogen (siehe Kap. 3) und der aktuelle Stand in der umweltpsychologischen Interventionsforschung analysiert.

1.1 Ablauf der Arbeit

Wie soeben beschrieben wird in der vorliegenden Arbeit der Einfluss einer spezifischen Interventionsmaßnahme zum Thema Abfall Vermeidung untersucht. Als Interventionsansatz dient die Informationsvermittlung von Handlungs- und Problemwissen. Die Vermittlung erfolgt über das digitale Medium des E-Mail-Newsletters, der den Prozess der Verhaltensänderung aktivieren soll.

Für einen Einstieg in das in dieser Arbeit untersuchte Themengebiet, werden zu Beginn alle wichtigen Begrifflichkeiten zum Thema Umweltbewusstsein definiert. Anschließend wird der Begriff Abfallvermeidung als spezifisches ökologisches Verhalten konkretisiert. Daraufhin werden der theoretische Hintergrund und der aktuelle Forschungsstand beleuchtet. Determinanten wie Soziale Norm, Einstellung und Umweltwissen aus sozialpsychologischen Handlungsmodellen werden erläutert und auf ihren Einfluss hin überprüft. Einer der Grundpfeiler der Arbeit folgt danach mit der Vorstellung der hier verwendeten Theorie des geplanten Verhaltens nach Ajzen (1991). Die Implikation der Theorie zur Verwendung einer verhaltensbasierten Interventionsstudie wird im Anschluss erläutert. Im weiteren Verlauf wird die geplante Informationsvermittlung dann auf ihre Wirksamkeit zur Verhaltensänderung überprüft. Im zweiten und dritten Teil der Arbeit wird die explizite Fragestellung und die damit verbundenen Hypothesen dargestellt. Die Beschreibung der verwendeten Materialien sowie die Erläuterung des entwickelten Forschungsdesigns geben Aufschluss über die Operationalisierung. Den Abschluss der Arbeit bildet eine zusammenfassende Diskussion. Hier wird die ausgehende Fragestellung anhand der gewonnenen Ergebnisse beantwortet und es erfolgt eine Schlussfolgerung zur Planung von wirksamen Interventionsmaßnahmen, sowie eine Methodenkritik.

2 Grundlegende Begriffe

Dieses Kapitel definiert im Folgenden die wesentlichsten Grundbegriffe, die für das Verständnis der vorliegenden Arbeit notwendig sind.

Für eine hinreichende Eingrenzung des Begriffs Umweltbewusstsein sowie dessen Determinanten, erfolgt zunächst ein Einstieg in den theoretischen Hintergrund und aktuellen Forschungsstand. Im Anschluss erläutert wird allgemeines Umwelt verhalten sowie im Näheren Abfallvermeidung, im weiteren Verlauf auch als Müllvermeidung bezeichnet.

2.1 Umweltbewusstsein

Um den heutzutage vielfältig verwendbaren Begriff des Umweltbewusstseins etwas eingrenzen zu können, werden im Folgenden einige seiner grundlegenden Bestandteile erläutert. Dabei werden unterschiedliche Komponenten interpretiert und integriert. Ziel dieses Abschnitts ist es, eine Ordnung für den hier relevanten Rahmen zu finden. Die wachsende Popularität des Begriffs im Zusammenhang mit Öko-Produkten, Fair Trade, Nachhaltigkeit oder Recycling führt zu einer inflationären Verwendung des Begriffs (Preisendörfer, 1999).

Die noch heute allgemeingültige Begriffsbestimmung aus dem Jahr 1979, die im Umweltgutachten vom Sachverständigenrat für Umweltfragen festgehalten wurde, beschreibt Umweltbewusstsein als „Einsicht in die Gefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen durch diesen selbst, verbunden mit der Bereitschaft zur Abhilfe“ (Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, 1978, S. 445).

Spada (1990) unterteilt den Begriff in unterschiedliche Bedeutungsumfänge, die unterschiedliche Komponenten beinhalten. Einen kleinen Bedeutungsumfang wird beispielsweise dem Umwelterleben und der Umweltbetroffenheit beigemessen. Mittleren Bedeutungsumfang ergänzt das Umweltwissen sowie die umweltbezogenen Wertorientierungen und im weiteren Bedeutungsumfang schließt er zusätzlich das umweltrelevante manifeste Verhalten mit ein.

In der wissenschaftlichen Literatur findet sich keine allgemeingültige Definition, vielmehr ergibt sich je nach Verwendungszusammenhang die Bedeutung des Begriffs (Spada, 1990). Führer (1995) spricht sogar von einem ausgeprägten Defizit in der Theorie der Umweltbewusstseinsforschung.

Grundsätzlich wird der Begriff unterschiedlich verwendet und in eindimensionale und mehrdimensionale Konzepte unterschieden (Langeheine & Lehmann, 1986). In eindimensionalen Konzepten wird das Umweltbewusstsein als eine meinst affektive Komponente verstanden, die als einheitlicher Begriff dargestellt wird. Dazu gehören Einstellungskonzepte sowie Konzepte, die Umweltbewusstsein als Werthaltung verstehen.

In mehrdimensionalen Konzepten versteht man Umweltbewusstsein als Konstrukt mit mehreren Ebenen (De Haan & Kuckartz, 1996; Homburg & Matthies, 1998). Langeheine und Lehmann (1986) beschreiben drei Komponenten Umweltwissen, Umwelteinstellung und Umwelt verhalten (kognitive, affektive, und konative), die das Umweltbewusstsein umfassen. Umweltrelevante Wertorientierung, Einstellungen sowie die Handlungsbereitschaft können ebenfalls als Ebene des Umweltbewusstseins aufgefasst werden (Urban, 1986). Von besonderer Berücksichtigung ist die Forderung die Komponenten Umweltbewusstsein und Umweltbewusstes Handeln definitorisch klar voneinander zu trennen (Hellbrück & Kais, 2012; Diekmann &; Preisendörfer, 2001). Dem Begriff Umweltbewusstsein ordnet Hellbrück und Kais (2012) Umweltwissen (kognitive Dimension), die Umweltbewertung (evaluative oder affektive Dimension) und die Willensbildung (konative Dimension) zu. Bamberg (2003) vergleicht Umweltbewusstsein mit einer Brille, die beeinflusst wie die handelnde Person die jeweilige Situation, dessen Handlungsalternative und die damit verbundenen Handlungskonsequenzen bewertet. Aus seiner Sicht hat Umweltbewusstsein keinen direkten Effekt auf das Verhalten, sondern stellt vielmehr eine Orientierung dar. Die in dieser Arbeit verwendete Arbeitsdefinition lehnt sich an diesen Vergleich von Bamberg (2003) an.

2.2 Umwelt verhalten

Umwelt verhalten kann als Uberbegriff für eine Vielzahl von Verhaltensweisen verstanden werden. Aufgrund dessen wird in der Forschung das Umwelt verhalten systematisch auf das zu erforschende Verhalten begrenzt. In dieser Arbeit soll Umwelt verhalten auf Abfallvermeidungsverhalten bzw. Abfallreduzierungsverhalten lokalisiert werden. Um hierauf im Folgenden (Kapitel 2.2.1) näher eingehen zu können, wird zunächst eine Auswahl allgemeiner Definitionen angeführt.

Das Umwelt veralten kann als „ [...]die tatsächlichen messbaren Aktivitäten, die eine Person mit Blick auf den Schutz der Umwelt unternimmt, im Gegensatz zu dem, was diese Person weiß oder glaubt, was sich aber nicht in Handlungen niederschlägt“ verstanden werden (Winiwarter & Schmid 2008, S. 159). Auch de Haan & Kuckartz verstehen darunter “[...] dass das tatsächliche Verhalten in Alltagssituationen umweltgerecht ausfällt“ (1996, S. 37).

Nicht jede Verhaltensweise ist direkt auf das persönliche Umweltbewusstsein bzw. auf eine umweltbewusste Einstellung zurückzuführen. Aus rein ökologischer Sicht, verhält sich eine Person, die nie verreist und deswegen auch nie ein Flugzeug benutzt und sich nur in ihrem engsten Umkreis zu Fuß fortbewegt, umweltfreundlich. Verhält diese Person sich jedoch nicht umweltfreundlich im Energiesparen, lässt dies möglicherweise auf ein geringeres Umweltbewusstsein zurückschließen. Denkbar wäre, dass jener Person aufgrund mangelnder finanzieller Mittel das Verreisen per Flugzeug oder eine alternative Fortbewegung nicht möglich ist. Dieses Gedankenexperiment verdeutlicht wie wichtig es ist Umweltverhalten genauer zu untersuchen und zu überdenken welches Verhalten jeweils konkret erfasst werden soll. An dieser Stelle verdeutlicht sich die Diskrepanz zwischen Umweltbewusstsein und Umweltverhalten. Dementsprechend zeigt sich die Notwendigkeit den Begriff des Umweltverhaltens aus der Definition des Umweltbewusstseins herauszulösen. Schubert (2000) beschreibt Umwelt verhalten als die Wahl einer Handlungsalternative, die im Vergleich zu einer anderen möglichen Handlung weniger umweltschädigend ist. Kaiser und Wilson (2002) unterscheiden Umwelt verhalten dagegen in objektives und subjektives Umwelt verhalten. Objektiv ist hierbei Verhalten, welches sichtbare Konsequenzen für die Umwelt hat. Als subjektiv bezeichnet wird dagegen zielgerichtetes Umwelt verhalten mit der Absicht einer Person jenes Verhalten zum Schutz der Umwelt auszuüben.

Spada (2000) unterscheidet drei Typen von umweltfreundlichem Verhalten. Er differenziert den private sphere environmentalism, den non-activist behaviors in the public sphere und den pro-environmental activism. Unter ersterem werden Verhaltensweisen verstanden, die sich in privater Atmosphäre abspielen, wie beispielsweise das Kaufen von langlebigen, umweltfreundlichen Produkten, sowie die Weiterverwendung und Instanthaltung von Ressourcen (Mülltrennung, Kompost & Recycling). Unter dem zweiten Typus versteht Spada nicht aktivistisches Verhalten in der Öffentlichkeit und zählt dazu das Unterschreiben von Petitionen oder an eine Umweltorganisation zu spenden - also Taten, die einen indirekt positiven Effekt auf die Umwelt hervorrufen. Dritter und letzter Typ umweltfreundlichen Verhaltens ist die aktive Mitarbeit in Umweltorganisationen, die aktive Teilnahme an Demonstrationen oder das aktive Initiieren von Naturschutzaktionen (Spada 2000).

In der Umweltforschung wird zunehmend der erste Typus umweltfreundlicher Verhaltensweisen untersucht. Zum einen wird davon ausgegangen, dass dieses Handeln auf individuelle Entscheidungen zurückzuführen ist. Andererseits hoffen Forschende auf einen kollektiven Rückgang des Ressourcenverbrauchs, wenn eine hohe Anzahl von Menschen ihr Verhalten ändern (vgl. Bamberg, 2015).

Bamberg (2015) weist auf zwei unterschiedliche Ansätze für die Messung von Umweltverhalten hin. Zum einen der intentionsorientierte Ansatz, der die individuelle Motivation und subjektive Absicht als Merkmal für umweltschonendes Verhalten definiert. Und zum anderen den wirkungstheoretischen Ansatz. In diesem werden oft soziodemografische Daten und Ausstattung des Haushalts untersucht. Der intensionstheoretische Ansatz untersucht Prädiktoren wie Einstellungen, soziale Normen oder Werte. In der Psychologie wird vorwiegend dieser Ansatz verwendet.

Umweltbezogenes Verhalten ist vielfältig und wird oft begleitet von einer Verhaltensinkonsistenz. Menschen verhalten sich oftmals nur in gewissen Bereichen umweltfreundlich und in anderen Situationen wiederum völlig entgegengesetzt, bevorzugt beispielsweise eine weniger umweltfreundliche Alternative. Deshalb ist Umwelt verhalten als sehr vielschichtig und heterogen zu betrachten (Preisendörfer, 1999). Daraus lässt sich möglicherweise bereits auf die oft erwähnte Diskrepanz zwischen Einstellung und Verhalten (siehe auch 3.2) bei Erhebungen schließen.

Im Ansatz, der hier vorliegenden Arbeit geht es um den Verhaltenseffekt einer Intervention zur Reduktion von Abfall bzw. umweltschonendes Verhalten. Nachfolgend wird erläutert was unter Abfallvermeidung als umweltschonendes Verhalten, zu verstehen ist.

2.2.1 Abfall- und Abfallvermeidungsverhalten

Im folgenden Abschnitt soll der Präge nachgegangen werde, wie man Abfallvermeidungsverhalten definieren und charakterisieren kann und welche Verhaltenskategorien für diese Verhaltensdomäne gebildet werden können. Vorab soll kurz Umrissen auf Abfall im Allgemeinen eingegangen werden. Im Fokus der Betrachtung, steht vordergründig die Abfallvermeidung in Privathaushalten.

In der vorliegenden Studie wurde eine Interventionsstrategie (s.u. 5.2.2) explizit für den hier definierten Kontext entwickelt. Dabei geht es um die Wiederverwertung von Materialien, das Recycling von Wertstoffen, das verpackungsfreie Einkäufen und den damit verbunden Konsum. Zusammenfassend also um einen nachhaltigeren Umgang mit den in der Natur vorkommenden Ressourcen. Zunächst gilt es den Begriff Abfall genauer zu erläutern. Umgangssprachlich spricht man auch von Müll (Müllabfuhr, Mülldeponie etc.). Für beide Begrifflichkeiten ist festzuhalten, dass Abfall und Müll Stoffe beschreibt, für die es vorerst keine Verwendung mehr gibt (Schahn, 2010). Im Rahmen dieser Arbeit werden beide Begriffe gleichermaßen verwenden und besitzen keine definitorische Unterscheidung. In vielen Bereichen des täglichen Lebens entstehen Abfälle. In der Bau- und Landwirtschaft, in der Industrie und nicht zuletzt in Privathaushalten. Eine kollektive Verhaltensänderung ist unabdingbar um dem Abfallaufkommen entgegenzuwirken: „Die Abfallwirtschaft der Zukunft erfordert nicht so sehr nur die Suche nach einer technischen Lösung für ein von den Techniken aufgeworfenes Problem, sondern setzt einen tiefgreifenden Wandel in unserer geistigen Einstellung voraus“ (Brückner & Wiechers 1985, S. 169). .

Im Rahmen des Abfallvermeidungsprogramms der Bundesregierung wurden Maßnahmen zur Förderung von Abfallvermeidung auf ihre Kosten und Nutzen überprüft (Jaron & Neubauer, 2013). Mit dem Ergebnis vorrangig Maßnahmen zur Informationsvermittlung und Sensibilisierung zu fördern. Produzenten, Verbrauchern und Unternehmen sollen verstärkt praktische Informationen zur Abfallvermeidung bereitgestellt werden. Gezielte Kampagnen und Aktionen sollen die spezifischen Zielgruppen weiterhin für das Thema Abfallvermeidung sensibilisieren. Thema soll sein, wie Abfall beim Einkauf vermieden werden kann, welche Mengen sinnvoll sind, zweckdienliche Informationen zur Packungsgröße, Verfallsdatum sowie Mehrwegsysteme (Ebd., 2013). Ein positives Beispiel ist das Programm „Zu gut für die Tonne“ des Bundesministeriums, welches zum Thema Lebensmittelabfälle aufklärt (Ebd., 2013).

Es gibt weitere Maßnahmen das Abfallaufkommen in Privathaushalten zu mindern. Beispielsweise appellieren Clemens und Joerges (1982) an die Informationsvermittlung als Mittel zur Verringerung des Abfallaufkommens. Sie entwickeln verschiedene Strategien, um Abfallverhalten beeinflussen zu können. Die Vermittlung von Informationen bezüglich der Konsequenzen, resultierend aus dem eigenen Verhalten und des damit verbundenen individuellen Einflusses und die Darstellung von Handlungsoptionen. Die Autoren sprechen zudem von finanziellen und sozialen Anreizen und von einer Veränderung des eigenen Lebensraums und damit von einer Simplifizierung Anpassungen spezifischen Verhaltens durchführen zu können. Mehr auf die Ebene der Industrie bezogen wird noch die administrative Regulierung aufgeführt, welche mit Ver- und Geboten Abfall Vermeidung steuern kann (Ebd., 1982).

In der Psychologie richtet sich das Forschungsinteresse vorwiegend auf die Verbesserung des Wissensstands, der Einstellungen, der Motivationen und des Verhaltens im Bereich der Abfallvermeidung (z.B. Schahn, 1996; Schahn & Gelsok, 1993).

Im Gegensatz zu Abfalltrennung, geht es bei Abfallvermeidung nicht nur um Mühe oder Bequemlichkeit, sondern vielmehr um einen Konsumverzicht - denn viele Produkte haben keine Alternative, die dessen Konsum abfallneutral machen würde (Schahn, 2010).

Im engeren Sinne werden demnach unter Abfallvermeidungsverhalten die Paradigmen der Zero Waste Strategien verstanden:

Zero Waste is the conservation of all resources by means of responsible production, consumption, reuse, and recovery of products, packaging, and materials without burning, and with no discharges to land, water, or air that threaten the environment or human health (Zero Waste International Alliance, 2018).

Unter Zero Waste wird verstanden überhaupt keinen Abfall entstehen zu lassen - Im Gegensatz zum Finden von verbesserten Lösungen zu recyceln - um den Erhalt der natürlichen Ressourcen zu fördern. Es geht dabei in erster Linie darum Produkte, Verpackungen und Materialien wiederzuverwenden und allumfassend die Umwelt und die Gesundheit der Menschen zu achten.

Dennoch wird die folgende Interventionsmaßnahme nicht unter diesem Paradigma konstruiert, beziehungsweise den Begriff als eine Triebfeder zu verwenden. Denn in einer Forschungsarbeit von Hudetz und Teufer (2018) hat sich herausgestellt, dass der Begriff eine abschreckende Wirkung hat und implizite Behauptung 0 % Müll entstehen zu lassen utopisch erscheint. In der vorliegenden Interventionsstudie soll das Bewusstsein zum Ressourcenverbrauch geschärft werden mit dem Hintergrund einer gezielten Abfallreduzierung.

3 Theoretischer Hintergrund & Forschungsstand

Wie im vorangegangenen Kapitel gezeigt wird, ist umweltfreundliches Verhalten äußerst vielschichtig und selten homogen. Nicht selten verhalten sich Personen konträr zu ihrer Meinung generell umweltbewusst eingestellt zu sein. Aufgrund der Tatsache, dass Umweltbewusstsein und das Umwelt verhalten definitorisch nur schwer einzugrenzen sind und je nach Kontext eher subjektive Konstrukte darstellen, ist es von Bedeutung die Gründe und die Motive von Menschen zu erfassen sich umweltgerecht oder nicht umweltgerecht zu verhalten. Zur Erfassung der genauen Hintergründe, ist es unabdingbar einen Blick auf einzelne Determinanten und Forschungen zu werfen.

3.1 Determinanten für die Erklärung umweltrelevanter Handlungen

Theorien aus der Sozialpsychologie und der Umweltforschung haben eine Vielzahl von Determinanten ausgemacht, die umweltfreundliches Verhalten erklären können bzw. Zusammenhänge der einzelnen Prädiktoren aufzeigen. Auf Abbildung 1 werden unterschiedliche Determinanten aus drei der am häufigsten verwendeten Theorien zu einem Modell integriert: Die Theorie des geplanten Verhaltens von Ajzen (Ajzen, 1991), das Norm- Aktivations-Modell von Schwartz (Schwartz, 1977; Schwartz & Howard, 1981) und die Schutz-Motivations-Theorie von Rogers (Rogers, 1975).

Die Abbildung zeigt einen Überblick auf die zu berücksichtigenden Faktoren, die das Umwelt verhalten beeinflussen können. Bevor im folgenden Kapitel (siehe 5.1) auf die in diesem Kontext verwendete Theorie eingegangen wird, sollen einige Determinanten kurz erläutert werden.

Neben den im Folgenden aufgeführten Prädiktoren gibt es noch einige mehr, die das Verhalten oder die Verhaltensintension beeinflussen können (siehe Abb.l). Zum einen besitzt das Individuum objektbezogene Komponenten, die aufgrund des sozialen, kulturellen und ökonomischen Kontextes auf das Individuum einwirken können. Dazu zählen die mediale Thematisierung eines bestimmten Themas, die damit zunehmende Wahrnehmung der Problematik und das eigene Umweltbewusstsein. All diese Komponenten können dazu beitragen umweltfreundliche Handlungen, nach Einwirkung auf die handlungsbezogenen Komponenten, wie beispielsweise Einstellung, auszulösen. Unter anderem auch demografische Variablen, wie Alter und Geschlecht können umweltbewusste Verhaltensweisen beziehungsweise Verhaltensintension beeinflussen. Aufgrund des zeitlich begrenzten Rahmens, werden im weiteren Verlauf jedoch ausschließlich die Einstellung, die Soziale Norm sowie das Umweltwissen betrachtet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Integriertes Modell zur Erklärung umweltrelevanter Handlungen (nach Krömker, 2008; eigene Darstellung)

3.1.1 Normen

Die Forschung zeigt, dass subjektiv soziale Normen einen Einfluss auf das Verhalten haben können (vgl. Goldstein et ah, 2008). Aus diesem Grund ist deren nähere Beleuchtung wichtig für die Umweltforschung (Hamann et al., 2016). Soziale Normen basieren auf den Erwartungen der Gesellschaft an das Individuum. Belohnung und Bestrafung sind in diesen Fällen immer extern vorgegeben (Schwartz und Howard, 1981). Der Hauptmotiva- tor einer sozialen Norm Folge zu leisten ist demnach das Verspüren von sozialem Druck (Ajzen, 2005). Die Gliederung in Ist-Norm, also das momentane Verhalten und die Soll- Norm, wie es eigentlich sein sollte, ist eine geeignete Methode Verhalten von Menschen darzustellen. Durch Vorbilder können solche Normen beispielsweise dargestellt werden, um umweltfreundliches Verhalten zu fördern (Hamann et al., 2016).

Wie in Abbildung 1 ersichtlich wird, können auch weitere Faktoren auf die subjektive soziale Norm einwirken, wie beispielsweise die Problemwahrnehmung. Ihr Einfluss kann positiv sowie negativ sein, deshalb ist zu beachten Soll-Normen dergleichen darzustellen, dass sie den Prozess des Individuums motivieren und nicht das Gegenteil bezwecken (vgl. Krömker, 2008) und dass sie im Bereich des Möglichen bleiben, um etwaige Gegeneffekte zu vermeiden (Hamann et al., 2016). Die soziale Norm wurde in diesem Kontext nicht gemessen, jedoch wurden in der Interventionsplanung Soll- und Ist-Normen berücksichtigt.

3.1.2 Einstellungen und Umwelteinstellung

Wie bereits bei der Definition des Umweltbewusstseins, gibt es eine Vielzahl von Unterscheidungen bei der Erläuterung von Umwelteinstellung (De Haan & Kuckartz, 1996). Allgemein ist die Einstellung eine Tendenz, die sich in der subjektiven Bewertung eines Objekts, eines Ereignisses oder einer Handlung äußert (Eagly & Chaiken, 1993). Einstellungen können, ähnlich wie Motive oder Ziele nicht beobachtet werden und müssen aufgrund dessen erfragt werden (Schahn & Matthies, 2008). Durch die Theorie (siehe 3.3.1) von Ajzen und Fischbein wurde in der Einstellungsforschung ein Meilenstein gelegt. Grundpfeiler für ihre Theorie sind drei wesentliche Prädiktoren, die bedeutsam sind für das Verhalten eines Menschen: “[...] beliefs about the likely consequences of the behavior (behavioral beliefs), beliefs about the normative expectation of others (normative beliefs), and beliefs about the presence of factors that may facilitate or impede performance of the behavior (control beliefs)” (Ajzen, 2000, S.5). In dieser Arbeit wird die spezifische Einstellung zur Müllvermeidung bzw. dem Abfallvermeidungsverhalten (siehe 2.2.1) erfasst, die sich an die vorangegangene Eingrenzung des Begriffs richtet.

3.1.3 Umweltwissen

Grundsätzlich könnte davon ausgegangen werden, dass Wissen zu einem bestimmten Sachverhalt Verhalten in gewisser Weise beeinflusst oder in eine spezifische Verhaltensrichtung bewegt.

Generell sind Umweltwissen und seine Strukturen bisher nur wenig untersucht worden (z.B. Kaiser & Wilson, 2004). Wissen ist mehrdimensional, was die empirische Überprüfung der Strukturen kompliziert macht (Boerschig &; De Young, 1993).

Um die Wirkungsweise spezifischen Wissens genau zu untersuchen, bedarf es einer Kate- gorisierung des Wissens in Unter-Konstrukte. Dazu zählt das Systemwissen, das Handlungswissen und das Wirksamkeitswissen. Das Systemwissen beschreibt das Wissen über allgemeine Zusammenhänge der Umwelt und Auswirkungen spezifischer Handlungsweisen wie z.B. der Einfluss von C02-Abgasen auf die Atmosphäre (Scheuthle et ab, 2010).

Das Handlungswissen transferiert das Systemwissen in tatsächliche Handlung. Andernfalls führe allgemeines Umweltwissen kaum zu Verhaltensänderung (Stern, 2000b). Handlungswissen beschreibt folglich verschiedene Handlungsoptionen und dessen konkrete Umsetzung (Ernst, 1994). Das Wissen über das Umsetzen von speziellen Handlungen ist notwendig und führt bei Fernbleiben sogar, laut Schahn (1996), zu Hilflosigkeit. Auch Homburg und Matthies unterscheiden zwischen allgemeinem Wissen und konkretem Handlungswissen. Nur Personen, die wissen welche Verhaltensweisen umweltfreundlich sind und sich über deren Wirkung im Klaren sind, können ihr Verhalten, an das der umweltfreundlichen Einstellung anpassen (Homburg & Matthies, 1998).

Das Wirksamkeitswissen umfasst alles Wissen über die Wirksamkeit einer gewissen Handlung (z.B. Wissen wie viel Plastik durch Plastikfreies Einkäufen eingespart werden kann und welche positiven Konsequenzen dies für die Umwelt hat) und wird auch als effectiveness knowledge (Frick et ah, 2004) oder als impact knowledge (Schultz, 2002) bezeichnet. Oft wird der Nutzen, den eine umweltfreundliche Handlungsalternative haben kann, falsch eingeschätzt (Frick et ab, 2004) und andere Prioritäten werden aufgrund des fehlenden Wissens über die Ökobilanz einer einzelnen Handlungsalternative (Schahn, 1993b) gesetzt. Auch beim Wirksamkeitswissen gibt es einen möglichen Einfluss auf die Einstellung (Hanna, 1995).

Nach einer umfassenden Analyse kommt Preisendörfer (1999) zu dem Entschluss, dass Umweltwissen unterschiedliche Wirkungsmechanismen hat. Der Einfluss von Umweltwissen auf das Umwelt verhalten ist seiner Ansicht nach präsent. Wenn auch nicht sonderlich stark.

Auf der Basis der Theorie des geplanten Verhaltens konnten Kaiser et al. (1999) 40% der Varianz der Verhaltensintension auf das Umweltwissen zurückführen. Die Studie befasst sich mit explizitem Wissen aus dem Bereich des Klimawandels. Gegensätzlich zu anderen Untersuchungen konnte ein großer Einfluss gefunden werden Für eine höhere ,yerhaltenswirksamkeit“ weist Preisendörfer auch darauf hin, die Inhalte der Umweltbildung verstärkt auf Handlungswissen zu fokussieren. „Was fehlt ist der Umsetzungsschritt hin zum „What to do?“ und insbesondere hin zu der Frage, was jeder einzelne in seinem konkreten Alltagsleben zu einer schrittweisen Verbesserung der Situation beitragen kann“ (Preisendörfer, 1999, S. 176). Das Wissen über den Zustand der Natur und die positive Erfahrung mit der Natur kann eine positive Umwelteinstellung fördern und außerdem die subjektive Betroffenheit eines kritischen Zustands erhöhen und somit die Förderung des Umweltschutzes bekräftigen. Diese Bereitwilligkeit kann somit das Umwelt verhalten steuern (De Haan & Kuckartz, 1998).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Umweltwissen ein breitgefächertes Feld darstellt und es bei empirischen Untersuchungen welchen Einfluss, Wissen auf das Umweltverhalten hat darum geht Wissen zu spezifizieren, um genauere Aussagen machen zu können und größere Koeffizienten zu erhalten. Das Ziel dieser Arbeit ist Problemwissen (Systemwissen) und Handlungswissen zu kombinieren und seine Wirkungsweise bei der Vermittlung über das digitale Medium Newsletter zu überprüfen.

3.2 Diskrepanz zwischen Einstellung und Verhalten in der Forschung

Die Einstellung einer Person zu einer Sache und ihr tatsächliches Verhalten stimmen häufig nicht miteinander überein. Viele Studien zeigen meist einen positiven, aber sehr geringen Zusammenhang zwischen beiden Variablen (Spada, 1990). Der Ursprung für diese Diskrepanz könnte verschiedener Natur sein und wird nachfolgend ergründet (Schahn k Matthies, 2008).

Eine positive Einstellung zu ökologischen Verhaltensweisen fußt möglicherweise in der allgemeinen Akzeptanz von Umweltbewusstsein und wird heutzutage als soziale Norm betrachtet. Die Mehrheit der Menschen möchte in einer sauberen und geschützten Umwelt leben. Jedoch führt die umweltbewusste Einstellung einer Person nicht direkt zu einem ökologisch sinnvollen Handeln in allen Bereichen des täglichen Lebens. Diese Verhaltensinkonsistenz kann aus einer Vielzahl von Gründen zustande kommen. Die Grundlage für eines umweltfreundlichen Verhaltens ist zum einen, dass Handlungsoptionen vorhanden sind. Und zum anderen, dass die dafür notwendige strukturelle Infrastruktur gegeben ist und notwendige Ressourcen zur Verfügung stehen. Wenn eine Person z.B. plastikfrei einkaufen möchte, im Wohnort jedoch kein extra darauf ausgerichteter Unverpackt-Laden vorhanden ist, erschwert dies das plastikfreie Einkäufen sehr.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass jedes Individuum die Befähigung besitzen muss, eine bestimmte Handlungsalternative überhaupt durchführen zu können (z.B. Fahrradfahren). Die erwähnten Faktoren dürfen bei der Einstellungs-Verhaltens-Inkonsistenz nicht unterschätzt werden und sollten bestenfalls in Untersuchungen kontrolliert werden (Blasius, 1998).

Die Tatsache, dass der Terminus Umwelt verhalten auf unterschiedliche Art und Weise betrachtet und ausgelegt werden kann, kann ebenfalls das Defizit herbeiführen. Was der eine als umweltbewusst oder umweltfreundlich einstuft, muss für den anderen noch lange nicht ausreichend umweltfreundlich sein. Besonders zwischen verschiedenen Forschenden und derselben untersuchten Stichprobe kann ein definitorischer Unterschied bestehen (Homburg & Matthies, 1996, S.129). Häufig wird zudem die allgemeine Einstellung zu Umweltbewusstsein befragt, welche nicht zwangsläufig mit einer spezifischen Verhaltensweise korrelieren muss (Heberlein & Black, 1976). Um von einer Korrelation oder Korrespondenz sprechen zu können, sollten Einstellung und Verhalten im selben Kontext erfasst werden. Eine weiterer Ansatz ist die Low-Cost-Hypothese von Diekmann und Preisendör- fer (1992). In einer Analyse haben die Forschenden unterschiedliche Verhaltensbereiche untersucht. Beim Recycling von Müll, sowie beim Einkäufen und Konsumverhalten korrelierte die spezifische Umwelteinstellung mit dem tatsächlich gezeigten Verhalten, da es sich hier um Handlungen mit vergleichsweise geringem Aufwand handelt. Im Gegensatz dazu hat sich beim untersuchten Verkehrs- und Energiesparverhalten eine geringere Korrelation zwischen Einstellung und Verhalten gezeigt (Ebd., 1992).

Möglich wäre laut Schahn (2002) auch eine häufige Verzerrung zwischen der Selbstauskunft der Versuchsperson und dessen tatsächlichen Handelns. Diese Verzerrung kann aufgrund von sozialer Erwünschtheit zustanden kommen.

Eine Möglichkeit zur Verbesserung des Zusammenhangs zwischen einer spezifischen Umwelteinstellung und dem untersuchten Umwelt verhalten kann sein die Reliabilität der Operationalisierung zu erhöhen (Schahn &; Bohner, 1993).

Alle hier aufgeführten Punkte und die, die aus Zeitgründen ausgespart wurden, erklären die mögliche Diskrepanz zwischen Einstellung und Verhalten. Selbst wenn fälschlicherweise häufig kein deutlicher Zusammenhang zwischen beidem vorausgesagt wird, kann dies in vielen Fällen praktisch oder theoretisch geklärt werden. In einigen Fällen bleibt jedoch eine nicht zu erklärende Kluft bestehen, die dann in der im Detail im jeweiligen Kontext untersucht werden sollte (Schahn & Matthies, 2008).

3.3 Modelle umweltfreundlichen Handelns

Unterschiedliche Modelle wurden entwickelt, um zu versuchen Verhalten zu erklären oder Verhalten vorherzusehen. Die meisten Modelle stützen sich dabei auf bereits etablierte Handlungsmodelle, die dann lediglich auf spezifisch umweltfreundliches Handeln transformiert werden. Solche Modelle lassen sich unterscheiden in Rational-Choice-Modelle (Menschen, die über vollständige Informationen verfügen und objektiv rational handeln), allgemeine sozialpsychologische Handlungsmodelle und speziell für den Kontext Umweltbewusstsein entwickelte Handlungsmodelle (Hellbrück & Kais, 2012).

Zu den sozialpsychologischen Handlungsmodellen, die sich in der Umweltpsychologie stets bewährt haben, gehören das Norm-Aktivations-Modell von Schwartz (1977) und die Theorie des geplanten Verhaltens nach Fishbein und Ajzen (1975). Das Verwenden von psychologischen Modellen für die Determinanten von abfallreduzierendem Verhalten führt zu einer höheren Varianzaufklärung. Dabei hat sich besonders die TPB bewährt (Schahn, 2010), die nun umfassend beschrieben wird.

3.3.1 Die Theorie des geplanten Verhaltens

Für die Erklärung und Vorhersage menschlichen Verhaltens wird häufig das in der Literatur weitverbreitete Modell der Theorie des geplanten Verhaltens nach Ajzen (1991) - nachfolgend auch als TPB abgekürzt - herangezogen. Die Theorie erklärt jenes Verhalten, welches nicht ausschließlich dem eigenen Willen eines Individuums untersteht und wird häufig für die Erklärung von Umwelt verhalten verwendet. Eagly & Chaiken (1993) beschreiben die TBP als die einflussreichste und empirisch oft untersuchte Theorie.

Das zentrale Konstrukt der Theorie des geplanten Verhaltens ist das intendierte Verhalten (Verhaltensintension) einer Person. Dies gilt als der stärkste Prädiktor, der sich auf das tatsächliche Verhalten auswirkt (Ajzen 1991).

Laut TPB wird die individuelle Intension wiederum von drei weiteren Determinanten beeinflusst: der Einstellung (Attitude) gegenüber dem Verhalten, der subjektiven Norm und dem Grad der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle (vgl. Abbildung 2). Ursprünglich ist die TPB eine Weiterentwicklung der Theorie des überlegten Handelns von Fishbein und Ajzen (1975). Ajzen erweiterte später die Theorie um das Konstrukt der wahrgenommen Verhaltenskontrolle, welche die Wahrnehmung einer Person beschreibt wie schwierig die Ausübung eines Verhaltens empfunden wird. Die Erweiterung dieser Verhaltensdimension ist zusammen mit der Verhaltensintension (die Absicht ein Verhalten tatsächlich auszuführen) im Stande Verhalten unmittelbar auf erster Ebene (siehe Abb. 2) zu beeinflussen. Die Intension ein Verhalten tatsächlich ausüben zu wollen steigt mit der Einschätzung, ob etwaige Hindernisse überwunden werden können und ob ausreichend Ressourcen zur Ausführung des Verhaltens zur Verfügung stehen.

Ajzen (1991) beschreibt zusätzlich zwei weitere Ebenen, die auf verschiedene Weise Einfluss auf das Verhalten nehmen können. Auf der zweiten Ebene wirken die Einstellung zu einem spezifischen Verhalten, die subjektive Norm und die wahrgenommen Verhaltenskontrolle auf die Verhaltensintension ein und beeinflussen sich untereinander. Die Bedeutung der jeweiligen Dimensionen unterscheidet sich je nach Verhaltensweisen und dem damit verbundenen Kontext. Einstellung bezieht sich auf die Bewertung der jeweiligen Verhaltensweisen und die subjektive Norm beschreibt die Wahrnehmung wie ein jeweiliges Verhalten von Bezugspersonen aufgefasst werden kann.

Auf der dritten Ebene (siehe Abb. 2) zeigt sich wiederum welche Determinanten auf die Entwicklung der Einstellung, die soziale Norm und die wahrgenommene Verhaltenskontrolle einwirken. Die Einstellung zum Verhalten geht aus der Überzeugung hervor welche Konsequenzen mit einem Verhalten verbunden sind und wie diese bewertet werden. Die Überzeugung, dass bestimmte Bezugspersonen denken die Person solle das Verhalten ausführen und die Motivation dieser Vorstellung zu entsprechen beeinflussen die subjektive Norm. Die wahrgenommene Verhaltenskontrolle setzt sich zusammen aus der Kontroll- überzeugung und der Verhaltenserleichterung, die durch Kontrollfaktoren wahrgenommen wird.

Das Erklärungsmodell der Theorie des geplanten Verhaltens wird in dieser Forschungsarbeit als Fundament zur Untersuchung bestehenden Verhaltens und Verhaltensänderung verwendet. Anhand von Informationsvermittlung (vgl. Kapitel 3.4) wird deren Einfluss auf die Determinanten Einstellung und Verhaltensintension untersucht. Um den festgesetzten Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen, wird kein tatsächliches Verhalten erfasst, sondern lediglich das selbstberichtete Verhalten und die derzeitige und zukünftige Verhaltensbereitschaft, und diese werden dann als Verhaltensintension interpretiert.

3.3.2 Implikationen für Interventionen zur Verhaltensänderung

Grundsätzlich ist das Verwenden eines theoretischen Ansatzes wichtig, da es die Grundlage bildet, das Verständnis und die Veränderung von umweltrelevanten Verhaltensweisen aufzuzeigen. Auch generell dient es der Entwicklung von notwendigen Messinstrumenten (Abrahamse & Matthies, 20012). Anfangs stellt sich die Frage welcher Ansatz passt zur Wahl des sozialpsychologischen Handlungsmodells der Theorie des geplanten Verhaltens zur Verhaltensänderung. Bei Ajzen findet man einige Ansatzpunkte, die sich für die Implikation seiner Theorie zur Verhaltensintervention eignen. Je günstiger die Einstellung und die subjektive Norm in Bezug auf ein Verhalten sind und je höher die wahrgenommene Verhaltenskontrolle ist, desto stärker sollte in der Regel die Absicht des Einzelnen sein das betrachtete Verhalten auszuführen (Ajzen, 1991).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Theorie des geplanten Verhaltens (Ajzen, 1991; Übersetzung von Bamberg et al., 2000, S. 96; eigene Darstellung)

Intention, perception of behavioral control, attitude toward the behavior, and subjective norm each reveals a different aspect of the behavior, and each can serve as a point of attack in attempts to change it. The underlying foundation of beliefe provides the detailed descriptions needed to gain substantive information about a behavior’s determinants. It is at the level of beliefe that we can learn about the unique factors that induce one person to engage in the behavior of interest and to prompt another to follow a different course of action (Ajzen, 1991, S. 188).

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person ein gewünschtes Verhalten an den Tag legt steigt je höher die Verhaltensintension dieser Person ist. Die Grundlage der Intension ist die positive Einstellung gegenüber dem Zielverhalten. Ferner werden die Verhaltensweisen von dieser Person in ihrem sozialen Umfeld erwartet und die Person akzeptiert diese Erwartungen. Zudem verfügt die Person über ausreichend Ressourcen das Verhalten auszuführen. Einstellung, subjektive Norm und wahrgenommene Verhaltenskontrolle, gemäß des gewünschten Verhaltens, können laut Theorie des geplanten Verhaltens verstärkt werden in der Hoffnung, dass sich die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Person das Verhalten zeigt. Um eine Verhaltensänderung zu bewirken, muss an der Überzeugung der Person bezüglich der Verhaltenskonsequenzen, der sozialen Erwartung und der wahrgenommenen Kontrolle über das Verhalten angesetzt werden.

Durch passende Interventionen, wie beispielsweise Informationsvermittlung, kann eine stabile Verhaltensintension gefördert werden, die das gewünschte Verhalten anregt. Unsichere oder wechselhafte Einstellungen und Intentionen können die Verhaltensvorhersage jedoch auch negativ beeinflussen (Ajzen, 2002).

Es gibt unterschiedliche Faktoren, die das Übertragen von Verhaltensintension in tatsäch- liches Verhalten fördern. Gollwitzer (1993, Gollwitzer & Bayer, 1999) untersuchte einige dieser Faktoren. Er fand heraus, dass eine Verhaltensintension sich dann wahrscheinlicher in ein Zielverhalten umwandelt, wenn die Person im Vorfeld einen spezifischen Plan (wann, wie und wo das Verhalten ausgeführt werden soll) für die Umsetzung entwickelt. Auch Ajzen (2002) stellt fest, dass ohne einen konkreten Handlungsplan das Umsetzen des gewünschten Verhaltens erschwert wird und Personen als Resultat häufig in alte Verhaltensmuster zurückfallen.

Das Entwickeln einer zielgruppenspezifischen Intervention bietet sich auf der Grundlage der TPB an. Vorstudien können dazu dienen einzelne Prädiktoren vorzumessen, die Einfluss auf die Verhaltensintension haben können, um dadurch die Interventionsinhalte besser auf die Zielgruppe anzupassen. Ist dies nicht möglich, werden andere Informationen herangezogen, um Inhalte auf die Zielgruppe angepasst zu konzipieren (Hunecke et ab, 1999).

Interventionsmaßnahmen, die auf Grundlage der TPB aufbauen, bedienen sich häufig der Nutzungsmaximierung (Bamberg & Schmidt, 1999). Im Vordergrund bei Bamberg und Schmidt steht die Veränderung von Anreizen und Einschränkungen, die ein Zielverhalten begünstigen. Eine Voruntersuchung vor Beginn der Interventionsmaßnahme ist in vielerlei Hinsicht empfehlenswert. Generell wird die zielgruppenspezifische Informationsanpassung in der sozialpsychologischen Forschung bevorzugt (vgl. Matthies & Krömker, 2000).

Der derzeitige Stand der Forschung verdeutlicht, dass sich die TPB zur Erklärung umweltschonenden Verhaltens bereits vielfach angewendet wurde und sich bewährt hat (Klöckner 2005). Reese et al. (2013) verwendeten in einer Interventionsstudie, bei der Handzettel zur Informationsvermittlung verwendet wurden, die Prädiktoren der TPB. Sie untersuchten den Effekt der sozialen Norm zur Müllvermeidung. Bamberg und Schmidt (1993) verwendeten die Theorie zur Untersuchung der Verkehrsmittelwahl von Gießener Studierenden. Und einige Autoren benutzen die Prädiktoren zum Thema Recycling in Privathaushalten (z.B. Taylor & Todd, 1995; Boldero, 1995).

3.4 Informationsvermittlung als Interventionsansatz

Für die Veränderung eines bestehenden Verhaltens existieren unterschiedliche Strategien. Zu Beginn sollte bei der Interventionsplanung, wenn möglich, der Fokus auf Verhaltensweisen gerichtet werden, die eine relativ hohe Umweltauswirkung haben (Abrahamse & Matthies, 2012). Ein Beispiel wäre, dass das Mitbringen eines Plastikbeutels zum Supermarkt zwar wegen der mehrfachen Verwendung des Beutels eine gute Sache für die Umwelt ist, beim Einkauf jedoch gänzlich auf verpackte Artikel zu verzichten, und somit den Müll vollständig zu vermeiden, zu einer noch viel größeren Verringerung der Umweltbelastung führt. Grundsätzlich können umweltfreundliches Verhalten fördernde Interventionen in zwei Kategorien unterteilt werden (Steg & Vlek, 2009a): informative Strategien und strukturellen Strategien. Letzteres bezieht sich auf Situationen in denen Verhaltensentscheidungen getroffen werden, beispielsweise durch Ge- und Verbote. Informative Strategien haben zum Ziel Wissen, Bewusstsein, Normen und Verhalten zu verändern. Hier beispielsweise Informationskampagnen die Müllvermeidung fördern möchten (Abrahamse & Matthies, 2012). In diesem Kapitel geht es um die informativen Strategien, die als sanfte Methode unter den Interventionsmaßnahmen eingestuft wird (Ebd., 2012). Eine der am häufigsten angewendeten Strategien zur Verhaltensänderung ist die Bereitstellung von Informationen (Ebd., 2012). Zwei Typen von Informationen sind bedeutend: Zum einen sind es Informationen zu spezifischen Umweltproblemen (Problemwissen) und zum anderen Informationen, die Personen dabei helfen in Aktion zu treten, um diese Umweltprobleme lindern zu können (Handlungswissen) (Ebd., 2012).

Der Grundgedanke der Informationsbereitstellung liegt im sogenannten Informations- Defizit-Model. Es besagt, dass Personen über keinerlei Wissen zu bestimmten Umwelteinflüssen verfügen und keine Idee haben wie sie im Detail positiv agieren können (Schultz, 2002). Das Vermitteln von Informationen soll dieses Defizit bewältigen (Abrahamse & Matthies, 2012). Bisherige Forschungen zeigen, dass das Bereitstellen von Informationen allein nicht sonderlich effektiv ist (vgl. Schultz, 1998; Staats et al., 1996). Staats et al. (1996) haben in einer Massenmedien-Kampagne versucht das Bewusstsein für die globale Klimaerwärmung zu erhöhen. Das Durchführen einer Messwiederholungs-Studie zeigte letztendlich keinerlei erwähnenswerte Verhaltensänderung. Auf eine Zielgruppe gezielt zugeschnittene Informationen sind hingegen die effektivere Strategie, um eine Verhaltensänderung zu bewirken (Abrahamse et al., 2007; Daamen et al., 2001). Mitarbeiter eines Unternehmens, die anhand von, auf sie zugeschnittenen Informationen zum Thema Olver- schmutzung, informiert wurden, veränderten ihr Verhalten wirksamer als vergleichsweise Personen, die nur über allgemeine Informationen verfügten (Daamen et al., 2001). Informationen müssen folglich sinnvollerweise auf Grundlagen von spezifischen Merkmalen, die für eine bestimmte Person oder Personengruppe einzigartig sind, aufbereitet werden (Kreuter et al., 1999).

Eine weitere Strategie der Informationsvermittlung basiert auf Banduras (1977) Sozialkognitiver Lerntheorie, die davon ausgeht, dass Menschen Rückschlüsse drauf ziehen, wie sie sich in bestimmten Situationen verhalten sollen, indem sie das Verhalten ihrer Mitmenschen beobachten. Informationen gezielt über Vorbilder zu vermitteln, die das empfohlene Verhalten ausführen, kann eine weitere sinnvolle Strategie sein (vgl. Aronson & O’ Leary, 1983)

Wie sich ebenfalls zeigt, können normative Informationen effektiv genutzt werden, um umweltfreundliche Verhaltensweisen zu bewerben (Cialdini, 2003). Goldstein und Kollegen (2008) führten eine Studie auf Grundlage der Sozialen-Norm-Theorien durch. In einem Hotel gaben sie mithilfe von Infozetteln den Gästen Informationen darüber, wie oft die anderen Hotelgäste ihre Handtücher wiederverwendeten. Die Ergebnisse zeigten, dass diese normativen Informationen dazu führten, dass Handtücher im Vergleich häufiger genutzt wurden, als durch allgemeine Informationen zur Umweltbelastung durch häufiges Waschen.

Wenn Informationen auf eine Gruppe zugeschnitten sind, sie über Modelle wiedergegeben werden oder über das Verhalten anderer Personen vermittelt werden können sie effektiver zu Verhaltensänderungen führen (vgl. Abrahamse et ab, 2005).

Handlungsorientierte Informationen beschreiben praxisbezogene Tipps für den Alltag wie Abfall vermieden werden kann. Positive Effekte auf die Verhaltensintension werden angenommen, wenn der Zielgruppe die Inhalte neu sind (Mack, 2007).

Verfügt eine Person über Handlungswissen kann sie relevante positive sowie negative Konsequenzen aus den eigenen Verhaltensweisen beim Thema Abfallvermeidung ziehen. Gemäß der Theorie des geplanten Verhaltens (Ajzen, 1991) können diese Informationen die Einstellung zu den besagten Verhaltensweisen beeinflussen, zusätzlich aber auch einen Effekt auf die wahrgenommene Verhaltenskontrolle haben. Zu wissen welche Verhaltensweisen positiv zur Abfallvermeidung beitragen schärft die eigene Selbsteinschätzung sich müllvermeidend verhalten zu können. Prinzipiell bezieht sich dabei die wahrgenommene Verhaltenskontrolle auch darauf, ob es einer jeweiligen Person möglich ist eine Handlung auszuüben.

Situative Faktoren, wie beispielsweise finanzielle Ressourcen, können Handlungsweisen unterstützen, aber auch behindern. Wie das Verzichten auf Bio-Produkte aufgrund eines geringen Einkommens. Deshalb reicht es in der Regel nicht aus nur zu wissen wie man sich abfallvermeidend verhält, sondern muss wissen wie man das konkrete, umweltfreundliche Verhalten in den Alltag integriert bekommt und worauf zu achten ist, damit die fehlenden Mittel nicht zum Stolperstein für das notwendige Verhalten werden (z.B. Winett, 1982). Mit der Bereitstellung von Handlungs- und Problemwissen wird im Grunde direkt oder indirekt eine Aufforderung und eine Normvorgabe vermittelt. Das kann wiederum nach der Theorie des geplanten Verhaltens einen Einfluss auf die subjektive Norm haben (Mack, 2007).

Handlungs- und Problemwissen wird im Handlungskontext oder außerhalb, schriftlich und oder mündlich vermittelt (Dwyer et al., 1993, Homburg & Matthies, 1998). Schriftliche Informationen können in Form von Briefen, Handzetteln oder Broschüren aufbereitet werden. Die Vermittlung von sozialen Normen ist insofern zielführend, da, in Anlehnung an die TPB, durch die Aktivierung subjektiver Norm die Intension und somit auch das direkte Verhalten beeinflusst werden kann. Um die subjektive Norm zu beeinflussen, ist dabei nur wichtig, dass die Normvermittlung vom Betrachter als positiv bewertet wird (Mack, 2011).

Werden Informationen also sorgfältig geplant und entwickelt können sie bestimmte umweltfreundliche Verhaltensweisen in bescheidenem Maß beeinflussen (Stern, 1995). Gemäß der Low-Cost-Hypothese von Preisendörfer ist deshalb darauf zu achten, dass bei der Wahl zwischen zwei Möglichkeiten die umweltfreundlichere Handlungsoption nur geringe Barrieren aufweist. Menschen tendieren eher dazu ihr Verhalten zu ändern, wenn es sich um Low-Cost-Situationen handelt und sie ihre Verhaltensgewohnheiten nicht in

hohem Ausmaß anpassen müssen. Maßnahmen für Verhaltensänderungen, die mit hohen Kosten verbunden sind, führen in der Regel nicht zum Erfolg (Diekmann & Preisendör- fer, 1992). Diese Tatsache sollte bei der Planung einer Intervention unbedingt beachtet werden, um die Erfolgstendenz einer Interventionskampagne zu erhöhen. Eine Maßnahmenkombination ist bei der Wahl von Strategien zur Verhaltensänderung zu empfehlen, angesetzt werden kann dabei an den unterschiedlichen Konstrukten der einzelnen Theorie (vgl. Stern, 1995).

4 Fragestellung, Hypothese und Design

Die zentrale Fragestellung der vorliegenden Interventionsstudie ist, ob eine Zielgruppe von Koblenzer Studierender, durch eine auf die Zielgruppe zugeschnittene Interventionsmaßnahme, die vor dem Hintergrund eines sozialpsychologische Handlungsmodells und den Ergebnissen der Interventionsforschung entwickelt wurden, zur Abfallreduzierung aufgefordert werden kann und somit die Verhaltensintension beeinflusst wird.

4.1 Fragestellung

Hat die Informationsvermittlung zum Thema Abfallvermeidung, über einen E-Mail-Newsletter einen Einfluss auf das selbstberichtete Verhalten und die Verhaltensbereitschaft, auf das jetzige und zukünftige Abfallvermeidungsverhalten.

4.2 Hypothese und Design

Die aus der Forschungsfrage und der Theorie abgeleiteten Hypothese lautet:

Die Informationsvermittlung von Problem- und Handlungswissen hat einen Einfluss auf die Prädiktoren Einstellung, selbstberichtest Verhalten und die jetzige und zukünftige Verhaltensbereitschaft.

Bei der zentralen Hypothese handelt es sich um eine Unterschiedshypothese. Um die Effekte des Treatments, auf die einzelnen Variablen genauer zu untersuchen, bietet es sich an, die Hypothese in Unterhypothesen aufzuteilen. Die erste zu überprüfende Hypothese lautet demzufolge: Die Werte der Einstellung unterscheiden sich vor und nach dem Treatment.

Gemäß der Low-Cost-Hypothese von Preisendörfer und Diekmann (1992) wird ein signifikanter Einfluss, der Informationsvermittlung anhand der Newsletters auf die Einstellung zur Abfallreduzierung erwartet. In einer Analyse untersuchten sie unterschiedliche Verhaltensbereiche. Im Bereich des Recyclings sowie Einkaufens und allgemeinem Konsum korrelierte die spezifische Umwelteinstellung mit dem tatsächlich gezeigten Verhalten, da es sich hier um Handlungen mit geringerem Aufwand handelt wird ein Effekt erwartet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Untersuchungsdesign/Untersuchungsablauf

Die zweite Hypothese wird zweiseitig getestet und lautet: Das selbstberichtete Verhalten zur Abfallreduzierung ist nach dem Treatment besser (höher) als vor dem Treatment.

Es wird davon ausgegangen, dass die Intervention einen positiv signifikanten Einfluss auf die Einstellung zur Abfallreduzierung aufweist. Die dritte Hypothese wird ebenfalls zweiseitig getestet und lautet wie folgt: Das Treatment hat einen positiven Einfluss auf die jetzige und zukünftige Verhaltensbereitschaft.

Anhand der Verwendung von zielgruppenspezifischen Handlungswissen, wird davon ausgegangen, dass die Teilnehmenden ihre Verhaltensintension, in Form des Verhaltensbereitschaft in die positive Richtung verändern, sich demnach umweltbewusster in Bezug auf die Abfallreduzierung verhalten und in Zukunft verhalten werden.

Zu beachten ist, dass die Hypothesen nur für die Konstrukte der Treat ment gruppe formuliert sind. Die Kontrollgruppe dient als Überprüfung der Effekte, deshalb werden bei der Kontrollgruppe keine signifikanten Veränderungen erwartet. Die einseitige Hypothese, die demzufolge zu untersuchen ist, lautet: Es gibt keinen signifikanten Unterschied der Prädiktoren in der Kontrollgruppe.

Um die Hypothese zu überprüfen wurde als Forschungsdesign eine Prä-Post-Messung mit Kontrollgruppe gewählt (siehe Abb. 3). Dabei erfolge die Zuteilung in Treatment- und Kontrollgruppe durch Randomisierung. Als unabhängige Variablen wurde die Gruppenzuordnung sowie die Messzeitpunkte gewählt. Die abhängige Variablen waren die erreichten Gesamtscores der Prädiktoren aus dem Fragebogen, Einstellung zur Abfall Vermeidung, selbst berichtetes Veralten in Bezug auf die Abfallvermeidung sowie die jetzige und zukünftige Verhaltensbereitschaft zum Thema Abfallvermeidung. Strenggenommen sind die Variablen Einstellung, selbstberichtetes Verhalten sowie die Verhaltensbereitschaft sind strenggenommen ordinalskaliert, können aber verwendet werden wie intervallskalierter Variablen. Die Abbildung zeigt zudem einzelne Abläufe der Interventionsstudie auf die aber in Kapitel 5.3 explizit eingegangen wird.

[...]

Ende der Leseprobe aus 92 Seiten

Details

Titel
Umweltbewusstsein und Umweltverhalten
Untertitel
Eine empirische Untersuchung zum Einfluss von Informationsvermittlung zum Thema Abfallvermeidung auf ausgewählte Verhaltensdeterminanten
Hochschule
Universität Koblenz-Landau  (Psychologie)
Note
1,0
Autor
Jahr
2019
Seiten
92
Katalognummer
V984224
ISBN (eBook)
9783346382924
ISBN (Buch)
9783346382931
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Umweltverhalten Umweltbewusstsein Interventionsstudie
Arbeit zitieren
Analena Razborsek (Autor:in), 2019, Umweltbewusstsein und Umweltverhalten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/984224

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