Haben die Themen "Sexualität" und "Intimität" Platz zwischen Hygienevorschriften und Pflegeprotokoll? Und was bedeutet das für einen Bewohner, eine Bewohnerin und den Partner/die Partnerin? Wie empfinden sie ihre (gemeinsame) Intimität im "neuen" Kontext Pflegeheim? Diesen Fragen geht die vorliegende Bachelorarbeit nach. Innerhalb eines Monats wurden hierzu eine Bewohnerin sowie drei Ehefrauen von drei in unterschiedlichen Heimen lebenden Bewohnern in Form von qualitativen episodischen Interviews befragt.
Intimität – Zärtlichkeit – Erotik – Sex. Eigentlich Grundbedürfnisse eines jeden Menschen, auch bis in hohe Alter, und doch bezüglich älterer Menschen in der deutschen Gesellschaft nach wie vor ein Tabu. Sie sind Bestandteil einer Partnerschaft, was jedoch durch äußere Umstände beeinflusst werden kann. Was machen Altersveränderungen mit einem Menschen? Was bedeutet es für ein Paar, wenn Intimität im Alter mit Tabus belegt ist?
Im Zuge des demografischen Wandels wächst der Anteil älterer Menschen, während die Geburtenzahl sinkt. Laut einer Prognose des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2002, wird es 2050 mehr als doppelt so viele ältere Menschen wie jüngere geben. Zusätzlich ist die Rolle der Frau zunehmend im Wandel: Während derzeit circa 71 Prozent aller Pflegebedürftigen (meist von Töchtern und Schwiegertöchtern) zu Hause versorgt werden, wird zukünftig der Trend zu Klein- und Kleinstfamilien sowie zu Singularisierung gehen. Es werden räumliche Kapazitäten fehlen und die Bereitschaft, zugunsten der Pflege Angehöriger auf Beruf und Karriere zu verzichten, wird sinken.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Grundlagen
- 1.1 Definition wesentlicher Begriffe
- 1.2 Themenbezogener Forschungsstand
- 1.2.1 Der Mensch und Sexualität
- 1.2.2 Sexualität im Alter
- 1.2.3 Biografische Einflussfaktoren
- 1.2.3 Religiöse Einflussfaktoren
- 1.2.3 Gesundheitliche Einflussfaktoren
- 1.3 Beziehung
- 1.3.1 Verschiedene Formen intimer Beziehungen
- 1.3.2 Entwicklungsaufgaben langjähriger Partnerschaften in Bezug auf Intimität
- 1.4 Besondere Situation im Pflegeheim
- 1.4.1 Rechtliche Rahmenbedingungen im Pflegeheim
- 1.4.2 Einschränkungen
- 1.4.3 Auswirkungen auf Personen und zwischenmenschliche Intimität/Privatsphäre
- 1.5 Heilpädagogische Relevanz
- 2 Methodik
- 2.1 Erhebungsinstrument
- 2.2 Fallauswahl (qualitatives Sampling)
- 2.3 Zugang zum Feld (Rekrutierung)
- 2.4 Umgang mit Daten- und Vertrauensschutz, Forschungsethik
- 2.5 Durchführung der Erhebung
- 2.6 Teilnahmebereitschaft der Befragten
- 2.7 Auswertungsverfahren
- 3 Ergebnisse
- 3.1 Was verstehen die Interviewpartnerinnen heute beziehungsweise grundsätzlich unter „Intimität“?
- 3.2 Die Intimität sowie Sexualität von Bewohner*innen und deren Partner*innen werden durch die Institution Pflegeheim eingeschränkt.
- 3.1.1 Ethische Werte resultierend aus einer kirchlichen Trägerschaft und den dementsprechenden Wertevorstellungen der Heimleitung schränken Intimität sowie Sexualität von Bewohner*innen und deren Partner*innen ein
- 3.1.2 Räumliche/architektonische Einschränkungen beziehungsweise das Verhalten des Pflegepersonals gewährleisten keine beziehungsweise unzureichende Privatsphäre
- 3.2 Verschiedene Faktoren behindern sexuelle und intime Handlungen
- 3.2.1 Die Auswahl an potenziellen Sexualpartner*innen ist für alleinstehende Bewohner*innen eingeschränkt
- 3.2.2 Der Stellenwert sexueller Aktivität verliert während einer langjährigen Partnerschaft an Bedeutung
- 3.2.3 Gesundheitliche Aspekte behindern das Ausleben gemeinsamer Sexualität von Bewohner*innen und ihren Partner*innen
- 3.2.4 Einflussfaktor Erziehung: Die häufig konservative sowie Sexualität tabuisierende Erziehung der heute älteren Generation bewirkt, dass Sexualität im Alter als unangemessen empfunden und wenig thematisiert wird
- 3.3 Sexualität im Alter ist nach wie vor ein Tabu – sowohl in der Gesellschaft als auch im Pflegeheim.
- 3.3.1 Trotz der zunehmenden medialen Öffnung bezüglich Sexualität im Alter dominiert das Bild des asexuellen alten Menschen im Alltagsdiskurs
- 3.3.2 Der Umgang des Heimpersonals mit den Ehepartner*innen von Bewohner*innen und der Privatsphäre der Bewohner*innen behindern ein Ausleben von Sexualität und Intimität
- 3.4 Weitere Ergebnisse
- 4 Diskussion
- 4.1 Intimität im Alter - (k)ein Thema?
- 4.2 Sprachlosigkeit im Pflegeheim – die Rolle des Heilpädagogen/der Heilpädagogin
- 4.3 Der Genderaspekt
- 4.4 Der demografische Wandel und die Heilpädagogik
- 5 Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Herausforderungen der zwischenmenschlichen Intimität im Pflegeheimkontext. Sie beleuchtet die Auswirkungen von gesellschaftlichen Normen, institutionellen Rahmenbedingungen und individuellen Faktoren auf die sexuelle und intime Lebensgestaltung älterer Menschen. Die Studie zielt darauf ab, ein tieferes Verständnis für die Bedürfnisse und die Lebensrealität betroffener Personen zu entwickeln.
- Intimität und Sexualität im Alter
- Einflussfaktoren auf Intimität im Pflegeheim (gesellschaftliche, institutionelle, individuelle)
- Rollen von Pflegepersonal und Angehörigen
- Heilpädagogische Relevanz
- Der demografische Wandel und seine Auswirkungen
Zusammenfassung der Kapitel
1 Grundlagen: Dieses Kapitel legt die theoretischen Grundlagen der Arbeit fest. Es definiert zentrale Begriffe wie Intimität und Sexualität und beleuchtet den Forschungsstand zum Thema Sexualität im Alter. Es werden verschiedene Einflussfaktoren, wie biografische, religiöse und gesundheitliche Aspekte, sowie die besondere Situation im Pflegeheim mit ihren rechtlichen Rahmenbedingungen und Einschränkungen diskutiert. Abschließend wird die heilpädagogische Relevanz des Themas herausgestellt, indem die Bedeutung der Intimität für das Wohlbefinden älterer Menschen im Kontext der Pflege hervorgehoben wird.
2 Methodik: Das Kapitel beschreibt detailliert die methodische Vorgehensweise der Studie. Es erläutert das gewählte Erhebungsinstrument (qualitative episodische Interviews), die Fallauswahl, den Zugang zum Feld, den Umgang mit Datenschutz und Forschungsethik, die Durchführung der Erhebung, die Teilnahmebereitschaft der Befragten und das angewandte Auswertungsverfahren. Die Transparenz der Methodik soll die Nachvollziehbarkeit und die Validität der Ergebnisse gewährleisten.
3 Ergebnisse: Dieses Kapitel präsentiert die Ergebnisse der durchgeführten Interviews. Es werden die verschiedenen Perspektiven der Interviewpartnerinnen auf den Begriff „Intimität“ dargestellt und die Einschränkungen der Intimität und Sexualität von Bewohner*innen und deren Partner*innen im Pflegeheim analysiert. Hierbei werden ethische, räumliche und personelle Faktoren sowie der Einfluss von Erziehung und Gesundheit beleuchtet. Es wird deutlich, dass Sexualität im Alter ein Tabuthema bleibt, sowohl in der Gesellschaft als auch im Pflegeheim.
Schlüsselwörter
Intimität, Sexualität, Alter, Pflegeheim, zwischenmenschliche Beziehungen, demografischer Wandel, Forschungsethik, Qualitative Forschung, Heilpädagogik, Tabuisierung, Lebensqualität.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Intimität und Sexualität im Alter im Pflegeheimkontext
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Herausforderungen der zwischenmenschlichen Intimität, insbesondere der Sexualität, älterer Menschen im Kontext von Pflegeheimen. Sie beleuchtet die Auswirkungen gesellschaftlicher Normen, institutioneller Rahmenbedingungen und individueller Faktoren auf die intime Lebensgestaltung betroffener Personen und zielt auf ein tieferes Verständnis ihrer Bedürfnisse und Lebensrealität ab.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit konzentriert sich auf Intimität und Sexualität im Alter, Einflussfaktoren auf Intimität im Pflegeheim (gesellschaftliche, institutionelle, individuelle), die Rollen von Pflegepersonal und Angehörigen, die heilpädagogische Relevanz und den Einfluss des demografischen Wandels.
Welche Methodik wurde angewendet?
Es wurde eine qualitative Forschungsmethode mit episodischen Interviews eingesetzt. Das Kapitel "Methodik" beschreibt detailliert die Fallauswahl (qualitatives Sampling), den Zugang zum Feld (Rekrutierung), den Umgang mit Daten- und Vertrauensschutz (Forschungsethik), die Durchführung der Erhebung, die Teilnahmebereitschaft der Befragten und das angewandte Auswertungsverfahren.
Welche Ergebnisse wurden erzielt?
Die Ergebnisse zeigen, dass die Intimität und Sexualität von Bewohner*innen und ihren Partner*innen im Pflegeheim durch verschiedene Faktoren eingeschränkt werden. Ethische Werte (z.B. kirchliche Trägerschaft), räumliche/architektonische Einschränkungen, das Verhalten des Pflegepersonals, die eingeschränkte Auswahl an potenziellen Partner*innen, der Stellenwert sexueller Aktivität in langjährigen Partnerschaften, gesundheitliche Aspekte und die konservative Erziehung der älteren Generation spielen eine Rolle. Sexualität im Alter bleibt ein Tabu, sowohl in der Gesellschaft als auch im Pflegeheim.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?
Die Arbeit diskutiert die Ergebnisse im Hinblick auf die Bedeutung von Intimität im Alter, die Rolle des Heilpädagogen/der Heilpädagogin im Umgang mit Sprachlosigkeit im Pflegeheim, den Genderaspekt und den Einfluss des demografischen Wandels auf die Heilpädagogik. Das Fazit fasst die wichtigsten Erkenntnisse zusammen.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: 1. Grundlagen (Definitionen, Forschungsstand, Einflussfaktoren, Situation im Pflegeheim, heilpädagogische Relevanz); 2. Methodik (Erhebungsinstrument, Fallauswahl, Zugang zum Feld, Datenschutz, Durchführung, Auswertungsverfahren); 3. Ergebnisse (Perspektiven auf Intimität, Einschränkungen im Pflegeheim, Einflussfaktoren); 4. Diskussion (Intimität im Alter, Rolle des Heilpädagogen, Genderaspekt, demografischer Wandel); 5. Fazit.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Intimität, Sexualität, Alter, Pflegeheim, zwischenmenschliche Beziehungen, demografischer Wandel, Forschungsethik, Qualitative Forschung, Heilpädagogik, Tabuisierung, Lebensqualität.
Für wen ist diese Arbeit relevant?
Diese Arbeit ist relevant für Personen, die sich mit den Themen Intimität, Sexualität und Alter im Kontext von Pflegeheimen auseinandersetzen, darunter Pflegekräfte, Heilpädagogen, Angehörige und Wissenschaftler*innen im Bereich der Gerontologie und Sozialwissenschaften.
- Quote paper
- Julia Nuhn (Author), 2016, Zwischenmenschliche Intimität im Pflegeheim. Welche Rolle spielt sie und wie kann sie gesichert werden?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/984449