Letzes Ringen um die Res Publica.


Ausarbeitung, 2000

12 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Letztes Ringen um die res publica

I. „Et tu Brute mi fili ?!?“

Am 15. März 44 gegen 11 Uhr ging Caesar in den Saal des Pompeiustheater, in dem die Senatssitzung stattfand, nahm auf seiner sella curulis Platz, aber noch ehe die reguläre Sitzung begann, wurde er von den Verschwörern verabredunggemäß unter einem Vorwand umstellt und dann durch Dolchstiche getötet. Der sterbende dictator perpetuus, praefectus morum perpetuus, pater patriae, princeps senatus, liberator und deus invictus hatte bis zuletzt seine Würde gewahrt, indem er sein Haupt mit der Toga umhüllte. Am Fuß der Pompeiusstatue brach er tot zusammen.

Die unglaubliche Botschaft verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Die Bevölkerung geriet in Panik. Krawalle erschütterten die Stadt. Unschuldige wurden massakriert, Häuser verwüstet. Die Veteranen besetzten das Forum. Es dauerte Tage, bis die Senatorenschaft die Stadt wieder halbwegs beruhigen konnte. Die Verschwörer mußten rasch feststellen, daß die Zeit sogleich gegen sie zu arbeiten begann. Sie blieben jetzt die Gefangenen ihrer eigenen Ideologie vom Tyrannenmord, tyrannicidium, die der kleinen Gruppe wohl die Beseitigung des Diktators erlaubt hatte, nicht aber die eigentliche Übernahme der Regierung. Die moralischen Kriterien sind nicht notwendig mit den politischen oder historischen identisch. Eine moralische Wertung der Tat war natürlich in das angebliche Wort des sterbenden Caesar „auch du mein Sohn“ gelegt, das er ausgerufen haben soll, nachdem er unter den Verschwörern auch Brutus erkannte, ein Wort, das jedoch nach den ausdrücklichen Angaben bei Sueton und Cassius Dio, nicht historisch ist.

Die Ermordung Caesars demonstrierte einmal, daß das Republikanertum in Rom noch nicht ausgelöscht war, und zweitens, daß jede monarchische Stellung in Rom nur in der Verhüllung durch republikanische Formen zu halten war, beides Lehren, die Oktavian beachtet hat. Die Ermordung Caesars lehrte aber auch ganz allgemein, Tradition undöffentliche Meinung in Rom zu berücksichtigen. Caesar hat beides mißachtet, die Caesarmörder auf jedenfall dieöffentliche Meinung; Oktavian erblickte in beidem zentrale Aufgaben, denen er sich nur allzusehr hingab.

II. Res publica amissa

In den Verwirrungen der nächsten Monaten blieb den Mördern nichts anderes übrig, als eiligst in ihre (von Caesar!) zugeteilten Provinzen abzureisen Als Cicero später feststellen mußte, wie wenig die Ermordung des Diktators die Republik rettete, schrumpfte seine Freude über die Tat und seine Sympathie für die Mörder. „Caesar wäre nicht zurückgekommen“, schrieb er seinem Freund Atticus und meinte den Feldzug (gegen die Parther), den der gealterte und geschwächte Caesar vielleicht gar nicht überstandenhätte.

Doch auch Caesars Rückkehr wäre nicht zwingend das Ende der Republik gewesen. Daß Caesar nach seinem natürlichen Tode einen einzelnen politischen Erben eingesetzt hätte, bleibt fraglich, da er in seinem Testament dem Caius Octavius nur familiären Besitz und den eigenen Namen vermachte, jedoch keine Ämter. Es war das gewöhnliche Vermächtnis eines römischen Privatmanns nicht das eines Königs.

So zerstörten die Verschwörer endgültig, was sie zu retten glaubten. Ohne Caesar blieb ein gewaltiges Machtvakuum zurück, welches der Senat nicht zu füllen vermochte.

III. „O tempora! O mores!“

Die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Probleme dieser Zeit sind hoch - interessant, und das Quellenmaterial für einen Teil von ihnen findet man in den faszinierenden Briefen des Cicero.

Unmittelbar nach der Ermordung Caesars hat Marcus Antonius jedenfalls zunächst den weiteren Gang der römischen Politik stärker bestimmt als alle übrigen Parteigänger Caesars und erst recht stärker als die Caesarmörder. In der Senatssitzung vom 17. März 44 beschloß man, daß alle Maßnahmen Caesars, auch die noch nicht veröffentlichten Entscheindungen, gültig bleiben sollten.

Da die Caesarmörder eine planmäßige Regierungsübernahme nie beabsichtigt hatten, waren sie jetzt darauf angewiesen, daß der von Caesar organisierte Regierungs- apparat weiterlief, in welchem sie ja zum Teil selbst hervorragende Funktionen einnahmen, Brutus und Cassius etwa die Prätur, oder schon als Statthalter für wichtige Provinzen bestimmt waren, so Decius Brutus für Gallia Cisalpina. Die Bestätigung der acta Caesaris war allerdings zugleich auch ein unfreiwilliges Eingeständnis dafür, daß die Regierungshandlungen des Diktators allgemein positiv bewertet wurden. Aber indem sie sich damit abfanden und indem sie zusehen mußten, daß eine Amnestie das Äußerste war, was sie für sich selbst erreichen konnten, war ihr Schicksal auch bereits besiegelt. Der erhoffte Gewinn wurde schon am Tag des Attentates selber verspielt. Cicero hatte vorgeschlagen, durch die Praetoren, Brutus und Cassius, eine Art konstituierende Senatsversammlung einberufen zu lassen und das Volk für die Sache der Freiheit zurückzugewinnen. Das wäre das einzig Erfolgversprechende gewesen; aber Cicero wurde majorisiert, die von ihm abgelehnten Verhandlungen mit Antonius wurden von anderen geführt, und damit war im Grunde das Spiel schon verloren. Um den Widersinn vollständig zu machen, wurde am nächsten Tag, also am 18. März, für Caesar eineöffentliche Leichenfeier beschlossen. Atticus sagte, das sei das Verderben gewesen. Nein erwidert Cicero, damals war es sowieso schon zu spät: am ersten Tag hätte man sich klar entscheinden müssen - alles andere war dann bloße Folge.1

Antonius gelang es, die Masse gegen die Konservativen ( boni viri) aufzuputschen; die Caesarfeinde wurden an Leib und Gut bedroht und in die Defensive gedrängt. Dadurch, daß den beiden Hauptakteuren des Attentates, Brutus und Cassius, der Aufenthalt außerhalb Roms erlaubt wurde, konnte Antonius in Rom ungestört seine Vorherrschaft ausbauen. In diesen Tagen begann der ungehemmte Betrug mit zurückdatierten und als caesarisch fingierten Dekreten und Erlassen, durch deren skrupellose Fälschung Antonius seinen Willkürmaßnahmen einen Schein von Legalität zu geben versuchte. Es ist erstaunlich, daß die Verschwörer sich nicht einmal um das Archiv der caesarischen Kanzlei interessiert haben und keine Kontrollinstanz gefordet haben.

Antonius mußte mit doppelten Karten spielen, weil ja Octavius, der junge Caesar, wie er sich nannte, der legitime Caesarerbe, bei dem privatrechtliche und politische Kompetenzen nicht säuberlich zu trennen waren, ins Blickfeld trat. Und obwohl das allgemeine Urteil: de Octavio susque deque1 - „er sei nicht ernst zu nehmen“, war wohl klar, daß es schließlich entweder zu einem echten Kompromiß oder zum offenen Konflicht kommen müsste.

Er hatte, schon vor der Vereinbarung mit seinen bisherigen Gegnern, in Rom seine Wahl zum Konsul durchgedrückt, und als solcher seinen Amtsgenossen und Vetter Quintus Pedius vorgeschoben, ein Gesetz einzubringen, worin die am 17. März 44 beschlossene Amnestie für die Caesarmörder ebenso die für Sextus Pompeius widerrufen wurde. Das war schon ein eindeutiges Programm.

Nun kam noch die ungeheure Rachsucht des Antonius hinzu. Octavian hat sich ihr nicht wiedersetzt. Bis heute sind die Bewunderer des weisen, gerechten, menschlichen Kaiser Augustus mit dem Entsetzen über die kaltherzige Skrupellosigkeit und Unbedenk- lichkeit nicht fertig geworden, die der junge Mann bewies, indem er die Schergen des Antonius ohne den mindesten Widerspruch im Blut waten lies. Octavian konnte also kaum anders, als das von vornherein unnatürliche Bündnis mit dem Senat zu sprengen. Und nach jener Begegnung von Bononia, mit der Begründung eines amtlichen „Dreimännerbundes zur Ordnung des Staates“ - tresviri rei publicae constituendae - war der Senat praktisch ausgeschaltet. Die Macht hatten die Legionen, und die Legionen waren in Händen der Triumvirn. So schien es den entsetzten Senatoren. Bei Lichte besehen aber war es durchaus noch nicht ganz so weit. Zwar war die italische Halbinsel verloren. Aber noch immer stand in Spanien der junge Sextus Pompeius, und seine Macht strahlte nicht nur auf Gallien aus, sondern vor allem hatte er eine respektabile Marine zur Verfügung. Griechenland und Kleinasien gerieten mehr und mehr unter der Einfluß der Caesarmörder Brutus und Cassius. Brutus eroberte Makedonien, Cassius stand in Syrien und hatte dort den Dolabella geschlagen: es fehlte also nicht an Machtpositionen und, mit Hilfe der grauenhaften Konfiskationen, auch nicht an Geldmitteln; vor allem waren die Republikaner zur See fast allein- herrschend, zumal Sextus Pompeius auch im westlichen Mittelmeer Seestreitkräfte hatte Eine kooperative Bedrängung Italiens war also keineswegs aussichtlos, und es kam sogar zu einer Blokade von Brundisium. Aber wieder einmal zeigten die Caesarmörder ihre Unfähigkeit und Schwerfälligkeit bei der Ausnutzung ihrer politischen Chancen. Die Niederlage bei Philippi (42) bedeutete leztlich nur die Ratifikation eines innerlich bereits vollzogenen Aktes, und der Schock des jähen Absturzes vom Freudentaumel nach dem Sieg im mutinischen Krieg (43) zum hellen Entsetzen über den Abfall Octavians, über Triumvirat und Proskriptionen wurde seelisch nicht mehr bewältigt.

IV. Et quorum pars magna fui

Schon im Sommer 44 hatte sich Trebonius in den Osten begeben und aus Athen dem Cicero Schmeichelhaftes über die Studien seines Sohnes berichtet. Ein Brief Ciceros von Anfang Februar an Trebonius über die Lage in Italien erreichte ihn nicht mehr, da bereits Trebonius Mitte Januar 43 ein grauenhaftes Ende gefunden hatte. Die Nachricht hierüber traf in der zweiten Februarhälfte in Rom ein. Der Tod des Trebonius war für Cicero besonders schmerzhaft, weil sein ehemaliger Schwiegersohn Dolabella den Mord begangen hatte. Die XI Philippische Rede schildert die Tat so: „Nachts drang man in Smyrna ein, wie in eine feindliche Stadt, obwohl dort unsere ältesten und treuesten Bundesgenossen wohnen; überrumpelt wurde Trebonius: Wenn der Täter bereits offen als Feind auftrat, ein Opfer mangelder Vorsicht, wenn der noch stets den Bürger mimte, ein Unglücklicher... Nachdem Dolabella den treflichen Mann mit Beschimpfungen aus seinem schamlosen Mund zerfleischt hatte, verhörte er ihn 4 unter Geißelhieben und Foltern wegen der Staatskasse, und zwar zwei Tage lang. Dann, nachdem man ihm das Genick gebrochen hatte, schnitt er ihm den Kopf ab und ließ ihn auf einem Spieß befestigt umhertragen; den Rest der Leiche , abgeschürft und zerfetzt, warf er ins Meer.“ Auf Grund dieser Rede Ciceros wurde Dolabella zum Staatsfeind erklärt.

Die Niederwerfung Dolabellas war Gegenstand der Senatsberatung des folgendesn Tages, vor allem, welche Kandidaten hierfür geeignet seien. Durch Losentscheid der amtierenden Konsuln sollte entschieden werden, wer Kleinasien und wer Syrien erhalten solle, und, sobald Decimus Brutus befreit sei, wer den Krieg gegen Dolabella führen solle.

In seiner XI Philippischen Rede versuchte Cicero durchzusetzen, dem Cassius hierfür die Vollmacht zu übertragen, der nicht mehr in der Cyrenaica, sondern nach Syrien aufgebrochen war, um dort Dolabella zuvorzukommen. Dadurch erhielte Cassius die syrische Statthalterschaft und die übergeordnete Befehlsgewalt in Kleinasien und Bythinien.

Jedoch betraute der Senat die Konsuln Hirtius und Pansa mit dem Kampf gegen Dolabella.

Aus dem Jahr 43 stammen die zwei Briefe in Ciceros Sammlung der Freundes- briefe, Ad familiares XII, 14 - 15 des Publius Cornelius Lentulus Spinther, und zwar Brief 14 an Cicero privatim, Brief 15 als offizielles Schreiben an den Senat gerichtet.

V. Epistula XII 14

Im Brief 14 beruft Lentulus sich auf ein Gespräch mit Brutus - nur mit Bedenken werde er nach Asia kommen. Lentulus aber sei nach Asia zurückgekehrt, um Geld einzusammeln und nach Rom zu schicken. Lentulus gibt der Hoffnung Ausdruck, daß die Konsuln Pansa und Hirtius während ihres Amtjahres nicht in die Provinz kommen und Cicero möge sie bitten, die Verwaltung von Asien ihm zu überlassen. Pansa und Hirtius hätten persönlich versprochen und Pansa schriftlich bestätigt, daß er während der Amtszeit des Pansa nicht abgelöst werde. Lentulus will seine statthalterische Tätigkeit erst abgeben, wenn er vorher den Rest der Früchte seiner Gewissenhaftigkeit in die Hand bekommen habe und das gesamte von ihm eingetriebene Geld nach Rom geschickt habe. Jetzt möchte er, was er Cassius gegeben habe und was verloren gegangen sei durch den Tod des Trebonius und die Grausamkeit und Unredlichkeit des Dolabella, wieder in die Hand bekommen und Rom ersetzen. Das sei nur möglich, wenn man ihm Zeit läßt. Das möchte er durch Cicero erreichen und bittet ihn, sich wie immer für ihn einzu- setzen. Lentulus berichtet dem Cicero weiterhin über seine Aktivitäten gegen Dolabella. Die Flotte des Dolabella liege in Lykien mit mehr als 100 Lastschiffen, entweder um nach Syrien auszulaufen, oder nach Italien zu fahren zweks Verstärkung der Antonier. Er wollte mit Hilfe der Rhodier die Schiffe des Dolabella angreifen. In ihrer Einstellung für die Caesarianer aber hielten die Rhodier Lentulus hin, um dem Dolabella die Flucht zu ermöglichen. So wurde Dolabella in die Arme des Cassius in Syrien getrieben und dadurch die Gefahr für Rom ausgeschaltet.

VI. Epistula XII 15

Bittet Lentulus in Brief 14 seinen Freund Cicero um Unterstütztung und Förderung seiner Anliegen betreffend die Aktivitäten seiner nahen Zukunft, so trägt 5 der Brief 15 des Lentulus, der an die Konsuln, Praetoren, Volkstribunen, Senat, Gesamtvolk und Plebs von Rom gerichtet ist, amtlichen Charakter. Die Fakten, die Lentulus in Brief 15 beschreibt, sind identisch mit den Fakten, die Lentulus dem Cicero in Brief 14 mitgeteilt hat. Diese Tatsachen begründen seinen Anspruch auf die von ihm begehrte Statthalterschaft in Asia.

Inhaltlich handelt es sich um folgende Fakten:

1. Nachdem Dolabella den Trebonius getötet und die Provinz Asien verwüstet hatte, war Lentulus nach Makedonien zu Brutus geflüchtet, um von dort aus die Provinz Asien mit den dortigen Steuerquellen wieder in die Hand Roms zu bekommen. Dolabella hatte sogar die römischen Bürger aufs grausamste ausgeplündert und war dann aus Asien verschwunden. Nun konnte Lentulus in Asien die restlichen Tribute eintreiben und das von ihm deponierte Geld einsammeln und hierüber einen Rechenschaft Bericht nach Rom senden.
2. Dolabella war mit seiner Flotte nach Lykien gesegelt. Die Rhodier hatten ihm eine Reihe von Schiffen ausgerüstet. Lentulus segelt mit seinen Schiffen und mit denen, die ihm der Proquestor Patiscus beschaft hatte, nach Rhodos. Mit dem Senatsbeschluß, durch den Dolabella zum Staatsfeind erklärt worden war, begründet er seine Vorgehensweise. Lentulus vertritt in seinem Brief die Auffassung, daß die Rhodier sich nicht vertragsgemäß gegenüber Rom verhalten hatten wegen ihrer Verpflichtung, „eosdem hostes se habituros, quos senatu populusque Romanus.“ Die Rhodier wollten nicht an die „concordiam et conspirationem omnium ordinum ad defendendam libertatem“ glauben. Die Rhodier weigern sich deshalb, Lentulus zu unterstützen
3. Aus einem abgefangenen Schreiben erfuhr Lentulus, daß Dolabella, für den Fall, daß er Syrien und Ägypten nicht erhalten könne, entschlossen sei, mit dem ganzen Geld und seiner starken Flotte nach Italien zu kommen. Den Lentulus hinhaltend, benachrichtigten die Rhodier heimlich den Dolabella über das Kommen des Lentulus. Zwei Legaten des Dolabella, Sex. Marius und C. Titius, flüchteten auf einem Kriegsschiff unter Zurücklassung der Lastschiffe, welche Lentulus bei seiner Ankunft in Lykien in die Hand fielen und die er ihren Eigentümern zurückgab. Er verfolgte die Flotte des Dolabella bis nach Side, dem äußersten Punkt seiner Provinz.
4. In Side erfuhr Lentulus, daß Dolabella nach Syrien gefahren sei, wo aber die starke Flotte des Cassius zum Kampf gegen ihn bereit steht. Deshalb beendet Lentulus die Verfolgung der bereits geschwächte Flotte des Dolabella. Nach der Zerstreuung der feindlichen Flotte will Lentulus nun in seinen Amtsbereich zurückkehren, „ut...pecuniam...quam maximam potero et quam celerrime cogam omnibusque rationibus vos mittam.“

Im Nachtrag vom 02. Juni 43 aus Perga teilt Lentulus noch mit, daß Dolabella in Antiocheia in Syrien unter Verlust von 600 Mann in Richtung Laodiceea geflüchtet sei, 800 Soldaten hätten sich der Besatzung von Antiocheia ergeben, also den Truppen des Cassius. Nicht weit von Laodiceea stände Cassius mit seiner ganzen Streitmacht, so daß er, Lentulus, annehme, „sceleratissimum latronem ( i.e. Dolabellam) poenas daturum.“

VII To proswpon Publii Cornelii Lentuli Spintheri

Er war der Sohn des gleichnamigen Konsuls vom Jahr 57 v. Chr., desjenigen, der von Cicero, wegen dessen Rückberufung aus dem Exil , in der Oratio pro Sestio 144 überschwenglich als „deus ac parens fortunae ac nominis mei“ gepriesen wird, desselben ferner, an den fast alle Briefe des ersten Buches der Epistulae ad familiares gerichtet sind.

Was vom Vater bei Plinius und bzw. Valerius Maximus erzählt wird, daß er An- stoß erregte, indem er seine Toga mit tyrischem Purpur besetzte, daß er bei den Apolli - narischen Spielen zuerst den Zuschauerraum mit feinem Zeug zum Schutz gegen die Sonne bedeckte und die Bühne „argentatis choragiis“, schmückte,1 deutet daraufhin, daß er es liebte, sich geltend zu machen und die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Der Sohn erbte diese Anlage. Wir dürfen annehmen, daß er unbedingt eine politische Rolle spielen wollte. Sein Vater hatte ihn schon früh in dasöffentliche Leben eingeführt: Mit 16 Jahren ist er Augur geworden, noch dazu mit Umgehung eines auf Wahlqualifikation bezüglichen Gesetzes2 An dem üppigen Festmahl, das die Auguren zu Ehren ihres neuen Genossen abhielten, nahm auch Cicero teil.3

Im Anfang des folgenden Jahres, als sein Vater bereits in Kiliken war, weilte Lentulus noch in Rom und legte Trauer an, weil der Volkstribun C. Cato beantragt hatte, jenem seine Provinz und das imperium wieder zu nehmen.4 Cicero hat in Rom seine Ostentation unterstützt, indem er in der peroratio der Sestiana, außer auf Sestius selbst und Milo, auf ihn die Augen des Volkes lenkte. ( § 144 ).

Ein Brief Ciceros an den Vater vom Ende März, worin er ihm seine große amicitia zu dem Sohn ausspricht, deutet an, daß dieser damals auch in die Provinz reiste: Lentulum nostrum...imprimis imitatione tui fac erudias5 denn auch die Ratschlä- ge und Erkundigungen in Betreff seiner Ausbildung in einem Schreiben vom Herbst 54 setzen voraus, daß er bei seinem Vater war: tu me de tuis rebus omnibus et de Lentuli tui nostrique studiis et exercitationibus velim quam familiarissime certiorem et quam saepissime facias.

Allein, wenn ihn auch Cicero im 7. Brief an seinem Vater (§11) laut als eximia spe summae virtutis adulescentem pries, den Geist und die Kraft besaß er nicht, in so bewegter Zeit zur Höhe einer politisch maßgebenden Persönlichkeit durchzudringen. So musste er sich mit der Stellung eines Trabanten begnügen, nicht ohne daß er dann und wann in der Glut des Ehrgeizes mit eigenem Licht geleuchtet oder, wie Drumann namentlich ihn beurteilt, mit eigenem Licht zu leuchten sich den Anschein gegeben hätte. Aus der Zeit bis zu den Iden des März ist weiterhin nur wenig von seinem politischen Geschick überliefert.7

VIII. Interpretatio

Mit der Ermordung Caesars schien sich seinem Ehrgeiz ein weites Feld zu er-öffnen. Ohne an der Tat selbst teilgenommen zu haben, schloß er sich, - wie bereits erwähnt - um einen Strahl der Glorie, welche die Befreier des Vaterlandes umleuchten musste, auch auf sich zu lenken, wie Patiscus, Favonius, Dolabella u.a., an die Verschwörer an, als sie auf das Kapitol zogen1

In ep. 14, 6 nimmt er Cicero gegenüber geradezu den gleichen Ruhm wie Brutus und Cassius für sich in Anspruch: ego me de re publica puto esse meritum, ut non provinciae istius beneficium expectare debeam, sed tantum, quantum Cassius et Bruti, non solum illius facti periculique societate sed etiam huius temporis studio et virtute ( „Ich meine es, um den Staat verdient zu haben, daß ich nicht hinter der Verleihung dieser Provinz herzulaufen brauche, und dasselbe beanspruchen zu dürfen wie Cassius und die beiden Bruti, nicht nur als Teilhaber an ihrer Heldentat und ihren Gefahren, sondern auch auf Grund meiner augenblicklichen Betätigung und Bewährung.“)

Durch Verwendung des M. Antonius und L. Antonius, mit denen er nahe verwandt war, erhielt er dann die Stelle eines Proquestor des C. Trebonius, der als Propraetor in die Provinz Asia ging: ep. 14, 7- coniunctissimus sanguine Antoniis, provinciam quoque illorum beneficio habebam.

Über die Verdienste nun, die er sich in dieser Stellung, besonders nachdem Trebonius von Dolabella Anfang 43 ermordet worden war und dieser sich anschickte, dem Cassius Syrien zu entreissen, um die res publica erworben hat oder erworben haben will, berichtet er in den Briefen 14 und 15, beide d.d. IIII. Non. Iun., das heißt 2.Juni 43

v. Chr. von Perga in Pamphylien.

Der letztere, in welchem er sich, neben dem Titel Proquaestor, wohl aus eigener Machtvollkomenheit in vorgreifendem Ehrgeiz den eines Propraetor beilegt, P. LEN- TVLVS P. F. PROQ. PROPR.etc...ist an den Senat gerichtet und enthält einen Be- richt über die Tätigkeit, die er nach dem Tod des Trebonius in der Verfolgung Dolabellas entfaltet hat, § 1- 6,2 eine Ankündigung derjenigen Maßnahmen, die er zu ergreifen gedenkt, um die durch die Eingriffe Dolabellas geleerten Kassen der Provinz wieder auf den ordnungsgemäßen Stand zu bringen, §6, endlich die neuesten Nachrichten über Dolabellas Mißerfolge in Syrien, §7.

Der Ton ist hier, wenn schon selbstbewußt, doch, dem offiziellen Charakter entsprechend, maßvoll.

In die richtige Beleuchtung tritt aber dieser Bericht erst durch den an Cicero persönlich gerichteten Brief 14. Auch dieser handelt von den Unternehmungen gegen Dolabella, aber nur in seinem ersten Teil, §§ 1-3; darauf folgt ungescheute Bitte, § 4: „de nostra dignitate velim tibi ut semper curae sit et, quocumque tempore occasionem habueris, et in senatu et ceteris rebus laudi nostrae suffragere“, speziell die Aufforderung an Cicero, dahin zu wirken, daß die Konsuln Hirtius und Pansa, denen Asien und die Führung des Krieges gegen Dolabella zuerkannt war, den Schreiber als ihren Vertreter bis zu ihrem eigenen Erscheinen in Asien bestätigen und nicht etwa einen anderen mit dieser Aufgabe betrauen möchten, damit er „die Reste seines Fleißes“ das heißt, die ausständigen Steuerbeträge zusammenbringen könne.

Diesem Ersuchen noch mehr Nachdruck zu verleihen, zählt Lentulus weiterhin mit unverhülltem Selbstlob die Verdienste auf, die er sich nach seiner Meinung, um den Staat erworben hat und auf Grund derer er gerechten Anspruch auf eine Auszeichnung habe, §6 : „ego me de re publica puto esse meritum, ut non provinciae istius beneficium exspectare debeam, sed tantum, quantum Cassius et Bruti, non solum illius facti periculique societate sed etiam huius temporis studio et virtute. Primus enim ego leges Antonias fregi, primus equitatum Dolabellae ad rem publicam traduxi Cassioque tradidi, primus dilectus habui pro salute omnium contra coniurationem scelerantissimam, solus Cassio et rei publicae Syriam exercitusque, qui ibi erant, coniuxi; nam nisi ego tantam pecuniam tantaque praesidia et tam celeriter Cassio dedissem, ne ausus quidem esset ire in Syriam, et nunc non minora pericula rei publicae a Dolabella instarent quam ab Antonio.“ Den Schluß bildet eine rührende Erwähnung von Ciceros Sohn.

Da es nach dem Inhalt von Brief 14 selbstverständlich ist, daß auch der Bericht an den Senat den Zweck hatte, diesen im Sinne der Bestrebungen des Lentulus günstig zu stimmen, so sind auch die in ihm vorgebrachten Tatsachen, speziell die Mitteilung über die Gefährdung Italiens durch Dolabella, nur mit einer gewissen Vorsicht aufzunehmen1

Am schärfsten geht Drumann in dieser Hinsicht mit Lentulus ins Gericht, indem er ihn geradezu „schamloser Übertreibung“ beschuldigt.

Charakteristisch ist es , daß er ohne an der Ermordung Caesars selbst beteiligt gewesen zu sein, den ganzen Ruhm eines „Tyrannenmörders“in Anspruch nimmt. Von seinen Verdiensten um Cassius ferner, die er 14,6 so stark betont: primus... primus... solus etc,spricht in der Tat sonst niemand.

Cicero schreibt im Februar 432 an Cassius: „Summa laus et tua et Bruti est, quod exercitum praeter spem existimamini comparasse.“ Cassius selbst erwähnt weder in seinem Brief vom 7.3.43 3, noch in dem vom 7. Mai 43 4 eine Mitwirkung des Lentulus, sagt vielmehr in letzterem ausdrücklich ( § 2 ): „si non solum exercitus ad rem publicam libertatemque defendendam comparavi, sed etiam crudelissimis tyrannis eripui, quos si occupasset Dolabella, non solum adventu sed etiam opinione et expectatione exercitus sui Antonium confirmasset.“

Nur die Behauptung des Lentulus von den Absichten Dolabellas auf Italien erhält durch die letzten Worte eine bemerkenswerte Stütze. Auch Brutus schweigt von ihm, ep.XI 3(5): „Cassius noster Syriam, legiones Syriacas habet, ultro quidem a Marco et a Marcio et ab exercitu ipso arcessitus“.

Endlich heißt es bei Cassius Dio 47, 26 ausdrücklich:

„en de toiV autoiV ekeinoiV cronoiV o KassioV eV te thn Asian proV ton Trebwnion fqasaV ton Dolobellan eperaiwqh, kai labwn par°autou crhmata twn te ippewn sucnouV, ouV o DolobellaV eV thn Surian proepepomfei kai eterouV pollouV twn te Asianwn kai twn Kilikwn proseqeto.“

Der letzteren Darstellung, welche alle Unterstützung von Trebonius ausgehen läßt, folgt nun auch Schiller, Geschichte der römischen Kaiserzeit I,1. §7, S.45. Trotz alledem ist es aber nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich, daß Lentulus als Quaestor des Trebonius, namentlich soweit es sich um finanzielle Dinge handelte, an So wollen denn seine Worte solus Cassio et rei publicae Syriam exercitusque, qui ibi erant, coniunxi, mehr wie ein nur allerdings in das entgegengesetzte Extrem verfallender Protest des ehrgeizigen Mannes gegen den Versuch gewisser Leute, sein Verdienst ganz zu ignorieren, an dessen Anerkennung ihm im Augenblick alles lag, aufgefaßt sein.

IHNE 1 hat ihn denn auch, vermutlich aus ähnlichen Gründen, wesentlich günstiger beurteilt als Drumann und Lentulus' Angaben in Bezug auf die Unterstützung des Cassius wie den Plänen Dolabellas Glauben beigemessen.

Die Situation war übrigens zu der Zeit, als Lentulus die Briefe schrieb, ohne daß er bei der weiten Entfernung von Italien davon wissen konnte, schon längst und zwar im Sinne seiner Wünsche geändert. Hirtius und Pansa waren tot, sein Freund Cassius hatte den Oberbefehl über alle Ostprovinzen des Reiches mit den ausgedehntesten Voll- machten erhalten.2

Somit konnte er Asien unter dem imperium maius des Cassius behalten und hat auch in den nun folgenden Zügen des Cassius und Brutus in Vorderasien Kommandos geführt, so gegen Rhodos (Appian IV,72), so in Lycien ( ibidem 82).

Von seinem Münzrecht machte er in Übereinstimmung mit seiner bisher beobachteten Haltung in dem Sinne Gebrauch, daß er der Erinnerung an seine vermeintlich größte Tat von den Iden des März und seiner Verbindung mit den Häuptern der Verschwörung auf seinen Münzen Ausdruck gab. Man hat deren mit der Inschrift: CASSI. IMP. LEIBERTAS. // LENTVLVS SPINT., andere mit BRVTVS : (oder BRVTVS IMP. ) // LENTVLVS SPINT. 3

Sein weiters Schicksal ist kontrovers. Gestützt auf Plut. Caes.67: enioi de kai sunanebainon autoiV kai katemignusan eautouV wV meteschkonteV tou ergou kai prosepoiounto thn doxan, wV hn kai GaioV OktiaoV kai LentloV Spinqhr. outoi men oun thV alazoneiaV dikhn edwkan isteron up°Antwniou kai mhde thV doxhV, di°hn apeqnhskon,apolausanteV apistria twn allwn, nahm schon Manutius zu Cic. Ad fam.I,7 fin. an, daß er nach der Schlacht bei Philippi der Proskription zum Opfer fiel. Die Existenz einer Münze jedoch mit der Legende: AVGVSTVS. DNI. F// LENTVLVS SPINT. ( Opferkanne mit Augurstab) 4 veranlaßte die Numismatiker und nach ihnen Drumann ( II 545 A.68 ) zu behaupten, daß er wenigstens bis zum Jahr 27, in welchem Octavian den Titel „Augustus“ erhielt, gelebt habe. Die sehr bestimmte Behauptung Plutarchs aber, die Tatsache daß bei allen Begnadigungen immer wieder die Caesarmörder ausgenommen wurden5 der Umstand, daß sich Lentulus durch die obengenannten Münzen noch kurz vor der Katastrophe ausdrücklich mit jenen dauernd identifiziert hatte, lassen doch eine Begnadigung und eine gar schließliche Stellung als münzberechtegter Beamter als sehr fraglich erscheinen. IHNE 6 nimmt denn auch an, daß er in der Ächtung der Triumvirn umkam, und bezieht die Münze auf seinen Sohn. Ein solcher wird allerdings sonst nicht erwähnt, aber es ist sehr wohl möglich, daß er einen hatte. Da er sich schon im Jahr 45 von seiner ausschweifenden Gemahlin Metella schied,1 so konnte ein Sohn von ihm um das Jahr 27 die Augurwürde schon erreicht haben; war er doch selbst bereits mit 16 Jahren Augur geworden. Es hindert aber auch nichts, für die Prägung der Münze ein späteres Jahr als das erste, in dem Augustus diesen Titel führte, anzunehmen.

Alles deutet daraufhin, daß Lentulus, von Anfang an entschlossen, eine politische Rolle zu spielen, es sich frühzeitig und ernstlich angelegen sein lies, rednerische Tüchtigkeit zu erwerben. Dabei mag es zunächst sein Vater gewesen sein, der, selbst ohne natürliche Begabung, durch unablässige Übung und durch lernbegierige Beobachtung berühmter Redner zu leidliche Fertigkeit gelangt,2 auch ihn verständig beriet.

Jedenfalls hat der Sohn unter Aufsicht des Vaters während ihrer beider Aufenthalt in Kilikien sich rednerischen Übungen hingegeben; Cicero schreibt an den Vater 3: Lentulum nostrum eximia spe summae virtutis adulescentem cum ceteris artibus, quibus studuisti semper ipse, tum inprimis imitatione tui fac erudias.

Dieser seinerseits erbat sich später alle seit seinem Abgang in die Provinz erschienenen Schriften Ciceros 4: Quod rogas, ut mea tibi scripta mittam, quae post discessum tuum scripserim, sint oratione quaedam und Cicero fügte hinzu: scripsi Aristotelio more tres libros in disputatione ac dialogo „de oratore“, quos arbitror Lentulo tuo fore non inutilis; abhorrent enim a communibus praeceptis atque omnem antiquorum et Aristoteliam et Isocratiam rationem oratoriam complectuntur.

Danach setzte Cicero bei Lentulus Sohn das Streben nach ernster und gründlicher rednerischer Bildung wenigstens voraus. Wenn er in § 24 fortfährt: tu me de tuis rebus omnibus et de Lentuli tui nostrique studiis et exercitationibus velim quam familiarissime certiorem et quam saepissime facias, so darf man daraus schließen, daß Cicero an den Studien des Lentulus fortgesetzt reges Interesse nahm, vielleicht auch daß er einen Einfluß auf dieselben besaß, dann und wann um Rat gefragt wurde und Rat erteilte. Es könnte sein, daß Cicero geradezu des Lentulus Vorbild war. Die Überschrift des Briefes 14: „Lentulus Ciceroni suo s.“,deutet schon an, wenn man sich daran erinnert, daß ein verhältnismäßig junger Mann an einen Mann von dem Alter und Stellung Ciceros so schrieb, auf das Bestehen eines vertrauteren Verhältnisses5 auch nach der Rückkehr aus Kilikien und nach dem im Jahr 47 erfolgten Tod des Vaters.

War nun Lentulus als Stilist bloß von Cicero beeinflußt oder sogar ein Schüler Ciceros, in keinem Fall hat er diesem Unehre gemacht. Denn Lentulus beherrschte die sprachlichen Ausdrucksmittel und verstand es, sie seinen Zwecken dienstbar zu machen.

WEISKES „coniectura de eius ingenio et oratione“ ( Clarorum virorum epistolae, quae inter Ciceronis epistolas servatae exstant. Lips. 1792 p.240 ): Excellentioris quidem naturae propriam indolem hae epistolae non spirant, sed imitatorem produnt, non ridiculum quidem, sed tamen acriori iudicio minus valentem, et non satis intellexisse videatur, quid cuique loco aptum, aut quomodo denique sit imitandum - ist unzutreffend.

Lentulus wußte so gut, quid cuique loco aptum, daß er den Unterschied zwischen dem Bericht an den Senat, ep.15, und dem intimen Brief an Cicero, ep. 14, auch sprachlich in der bestimmtesten Weise ausgeprägt hat.

Für die Darstellung seines Berichtes benutzt Lentulus eine Reihe von Perioden. Parallelismus, Chiasmus, Anaphora, Asyndeton, Disjunction sind am rechten Ort und wirksam verwendet. Eine Periode aus Brief 15: de quibus si vobis videbitur,si, ut meriti sunt, graviter constitueritis nosque vestra auctoritate firmaveritis, facilius et reliqua exigere vectigalia et exacta servare poterimus ist wohl erwogen. Seine Sprache überschreitet die Grenzen der Klassizität nur da , wo die Entrüstung über Dolabella durchbricht ( §1 civibus Romanis omnibus crudelissime denudatis ac divenditis, §2 cum omnibus suis latronibus ).

Das Postscriptum verrät schon, daß es rasch und ohne längere stilistische Erwägungen abgefaßt wurde.

Der Name des Dolabella beherrscht den Gedanken, indem er an der Spitze steht: Dolabella enim in Syria est et ... Cassius enim opprimet, und am Schluß chiastisch wie ein Stichwort wiederholt wird: spero etiam confectum esse iam et opressum Dolabellam.

Lentulus hat für die Disposition des Briefes 14 eine Art von Stichwortsystem in Anwendung gebracht, indem er je den Hauptbegriff eines Abschnittes, soweit es möglich war, an die Spitze stellte: §1 Rhodii. §4 de nostra dignitate. §5 Hirtius et Pansa . §6 ego de re publica puto esse meritum. §8 filium tuum.

Im Dienste einer nachdrücklichen Darstellungsweise ist vor allem Anaphora verwendet, so §3 iidem illi, qui tum fugientem patrem meum, qui L. Lentulum, qui Pompeium, qui ceteros viros clarissimos non receperunt, iidem etc, so §5 quod -quod quod - id, besonders §6 primus - primus - primus - solus.

Die Sprache ist in ihren Bestandteilen urban. Lentulus hat sich auch ein griechisches Zitat gestattet 14,7 patrida emin mallon filwn. Die Verwendung dieses Zitates zeigt die Ausdehnung seiner Studien auch auf griechische Dichter.

IX. Conclusio

Wollte Lentulus der Verwirklichung der platonischen Staatsvorstellungen des Cicero dienen, so sind scheinbar alle seine Anstrengungen durch die Ereignisse, der Tötung aller Caesarmörder, umsonst. Jedoch haben die Staatslehren des Cicero den Octavian so stark geprägt, daß dessen pragmatische Regierungsweise auch von republikanischem Geist in der Form eines monarchischen Princeps bestimmt wird.

Christian Meier vertritt die Auffassung, „ daß Caesar Augustus der Vorstellung, die Cicero abstrakt vom Staatsmann entworfen hatte, wenigstens nahe kam, so nahe, wie das in praxi möglich war1... Es könnte eine Ironie darin bestehen, daß er (Augustus) ... ein Stück der res publica, die Cicero in die Literatur geflüchtet hatte, verwirklichte, indem er sein Principat als res publica restituta begründate.“2

[...]


1 Ad Att. 14, 6,1

1 Ad Att. 14, 10

1 Drumann, Geschichte Roms, II S. 534

2 Cassius Dio XXXIX, 17; Da bereits Faustus Sulla diesem Collegium angehörte und da nicht zwei Mitglieder derselben gens gleichzeitig dari sein durften, wurde Spinther zum Schein einem Manlius Torquatus in Adoption gegeben.

3 Ad Att. VII, 26,2

4 Cicero, Ad Quintum fratrem II 3,1 vom Anfang Februar

5 Ad fam.I,7, 11

7 Das nötige bei Drumann, Geschichte Roms II, S. 544f.

1 Appian b.civ. 2,119: suneqeon de autoiV tineV crhsamenoi yifidia, oi toi ergou mh meta sconteV prosepoiounto thn doyan

2 Über einzelne chronologische Fragen, die mit dem Problem der Echtheit der Brutusbriefe verflochten sind, vgl. besonders Gurlitt im Philologus, Supplementband IV 1884 S.559ff und O.E. Schmidt in Fleckeisens Jahrb.CXXIX 1884 S.621f

1 Vgl. W. Wegehaupt, P. Cornelius Dolabella. Progr.v.M-Gladbach 1880 S. 17.A.8

2 Ad fam. XII,4,2

3 Ex castris Taricheis am See Genezareth, ep. XII 11

4 ep. XII 12

1 Römische Geschichte Bd.8, 1890, S. 68 A.1, S.73/74

2 Cicero, Philippica XI 12,29

3 Eckhel 5, 184. Momsen, Geschichte des röm. Münzwesens S. 653 u. S.752,A.39

4 Eckhel 5, 184.

5 Appian V,72: Kaqodon de tois eti feugousi twn epifanwn, plhn ei tis epi tw finw Gaiou Kaisaros yhfw kai krioei kategnwstai Schiller a.a. O.S.95

6 a.a.O.Bd.7.S.244A

1 Cic. Att.XII,52,2 XIII,7,1. Drumann II S. 58

2 Cic.Brut.77,268.Publius ille (Lentulus) nostrarum iniuriarum ultor, auctor salutis, quidquid habuit, quantumcumque fuit, illud totum habuit e disciplina; instrumenta naturae deerant; sed tantus animi splendor et tanta magnitudo, ut sibi omnia, quae clarorum virorum essent, non dubitaret asciscere eaque omni dignitate obtineret

3 ep.I 7,11

4 ep.I 9,23

5 Ciceroni suo schreiben sonst nur Currius,ep.VII,29; Hirtius, Ad Att. XV,6 und Vatinius ep. V9,10

6 A. Köhler, Über die Sprache der Briefe des P.C. Lentulus Spinther, S. 12

1 Chr. Meier, Die Ohnmacht des allmächtigen Dictators Caesar, S.220.

2 Chr. Meier, a.a.O.S.221

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Letzes Ringen um die Res Publica.
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2000
Seiten
12
Katalognummer
V98475
ISBN (eBook)
9783638969260
Dateigröße
367 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Lentulus Spinther, Trebonius, Cassius und Brutus im Osten und ihr Versuchen die res publica amissa noch zu retten
Schlagworte
Letzes, Ringen, Publica
Arbeit zitieren
Georgeta Kölsch (Autor:in), 2000, Letzes Ringen um die Res Publica., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98475

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