Der Einsatz der Folter im Strafprozess war ein, in der Frühen Neuzeit, sehr kontrovers diskutiertes Thema. In der folgenden Arbeit soll der, auf deutsche Schriftquellen beschränkte, zeitgenössische Diskurs um die Folter, mit Fokus auf die Übergangsphase zwischen der Frühen Neuzeit und der Aufklärung, untersucht werden. Den Beginn bildet dabei ein kurzer Exkurs zu den Merkmalen der Folter und deren Ursprung. Das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf der Analyse der von den Kritikern geäußerten Vorbehalte an dem Einsatz von Folter, wobei die kritische Betrachtung der Arbeiten von Carpzov und Thomasius im Vordergrund stehen wird. Um deutlich zu machen, dass es neben Kritikern durchaus auch Befürworter gab, sollen weiterhin deren Positionen, hier exemplarisch durch Gmelin vertreten, ergründet werden. In diesem Sinne soll auch herausgearbeitet werden, welchen Kategorien die Argumente der Diskursführenden zugeordnet werden können. Hierauf aufbauend soll abschließend die Frage beantwortet werden, welche Auswirkungen der Diskurs über die Folter auf die Gesetzgebung hatte.
Folter, welche auch als "quaestatio, tortura, tormenta oder peinliche Frage" bezeichnet wurde, spielte in den Strafprozessen der Frühen Neuzeit eine integrale Rolle in der Beweisfindungsphase. Ursache für ihre Verwendung war das frühneuzeitliche Verständnis über die rechtmäßige Verurteilung eines Straftäters. So konnte ein vermeintlicher Täter nur dann zu "Lebens- oder Leibesstrafen" verurteilt werden, wenn er entweder durch "die Aussage zweier glaubwürdiger Tatzeugen" überführt werden konnte, oder wenn er die Tat gestand. Eine Verurteilung allein auf der Basis von Beweisen, wie sie der Moderne entspricht, war nicht zulässig. Wenn in einem Prozess also eine erdrückende Beweislast bestand, jedoch weder vertrauenswürdige Zeugen gefunden werden konnten, noch ein freiwilliges Geständnis des Verdächtigen vorlag, so musste Letzteres durch die Folter erwirkt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Folter im Strafprozess des frühneuzeitlichen Deutschlands
- Bedeutung und Merkmale
- Ursprung
- Zeitgenössische Folterkritik
- Begründung der Auswahl
- Carpzov
- Thomasius
- Gegenpositionen der Folterbefürworter
- Begründung der Auswahl
- Gmelin
- Betrachtungen zum Diskurs
- Kategorisierung der Streitpunkte
- Auswirkungen auf die Gesetzgebung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert den zeitgenössischen Diskurs über die Folter im Strafprozess des frühneuzeitlichen Deutschlands, mit Fokus auf die Übergangsphase zwischen der Frühen Neuzeit und der Aufklärung. Die Untersuchung beschränkt sich dabei auf deutsche Schriftquellen. Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse der Vorbehalte gegen den Einsatz von Folter, insbesondere durch die Werke von Carpzov und Thomasius. Zudem werden die Positionen von Folterbefürwortern, exemplarisch durch Gmelin vertreten, ergründet. Das Ziel ist es, die Argumente der Diskursteilnehmer zu kategorisieren und die Auswirkungen des Diskurses auf die Gesetzgebung aufzuzeigen.
- Der zeitgenössische Diskurs über die Folter im Strafprozess
- Kritische Positionen zur Folter
- Die Werke von Carpzov und Thomasius
- Begründungen der Folterbefürworter
- Die Auswirkungen des Diskurses auf die Gesetzgebung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema des zeitgenössischen Diskurses über die Folter im Strafprozess der Frühen Neuzeit ein. Im Anschluss wird die Bedeutung und die Merkmale der Folter in dieser Epoche beleuchtet. Das zweite Kapitel behandelt den Ursprung der Folter und deren Entwicklung im europäischen Raum. Das dritte Kapitel widmet sich der zeitgenössischen Folterkritik und analysiert die Positionen von Carpzov und Thomasius. Im vierten Kapitel werden die Argumente von Folterbefürwortern, exemplarisch durch Gmelin, dargestellt. Der fünfte Abschnitt untersucht die verschiedenen Kategorien der Argumente im Diskurs und die Auswirkungen auf die Gesetzgebung. Abschließend wird ein Fazit gezogen.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter des Textes sind Folter, Strafprozess, Frühe Neuzeit, Aufklärung, Diskurs, Carpzov, Thomasius, Gmelin, Gesetzgebung, Rechtstheorie, Strafrecht.
- Quote paper
- Tom Reichelt (Author), 2019, Untersuchung des zeitgenössischen Diskurses über den Einsatz von Folter im Strafprozess des frühneuzeitlichen Deutschlands, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/985294