Fragetechniken der systemischen Therapie


Seminararbeit, 2000

11 Seiten


Leseprobe


Gliederung

1. Der Ursprung der systemischen Therapie

2. Die Definition des Systembegriff

3.1 Fragetechniken der systemischen Therapie
3.2 Zirkuläres Fragen
3.3 Spezielle Formen zirkulären Fragens
- Klassifikationsfragen
- Prozentfragen
- Übereinstimmungsfragen
- Subsystemvergleiche
3.4 Fragen zur Wirklichkeitskonstruktion
- Der Auftrag im Kontext
- Das Problem im Kontext
3.5 Fragen zur Möglichkeitskonstruktion
- Problem- und Lösungs- Szenarien
3.6 Anfangs- und Abschlußfragen

4. Stilistische Aspekte

1. Der Ursprung der systemischen Therapie

„ In den 50er Jahren begannen erste Pioniere, das gewohnte Feld der Einzel oder Gruppentherapie zu verlassen und mit Familien zu arbeiten Je mehr die Familientherapie sich ein anerkanntes Terrain eroberte, desto mehr wurde die Orientierung an der Familie als Behandlungseinheit hinterfragt. Schließlich ist sie nur eine Form, in der Menschen sich sozial organisieren. Die Bedeutung einer systemischen Perspektive als einer bestimmten Weise, die Welt wahrzunehmen, rückte in den Vordergrund: ... Systemtherapeutische Techniken ergeben sich aus der Frage, wie in sozialen Systemen Menschen gemeinsam ihre Wirklichkeit erzeugen, welche Prämissen ihrem Denken und Erleben zugrunde liegen und welche Möglichkeiten es gibt, diese Prämissen zu hinterfragen und zu >>verstören<<.“1

Obwohl wichtige Merkmale der systemischen Therapie und ihre Entstehung verdeutlicht wurden, wird im nächsten Abschnitt der Begriff System definiert. Ein Grund liegt darin, daß dieser im vorausgehenden Zitat nicht bestimmt wurde, und weiterhin sehr unterschiedliche Auffassungen über diesen vorherrschen.

2. Die Definition des Systembegriffs

„Systeme entstehen dadurch, daß ein Unterschied gemacht wird zwischen Elementen, die << innen >> (im System) und <<außen>> (in der Umwelt) sein sollen. WILKE (1993) definiert System daher als:

>>einen ganzheitlichen Zusammenhang von Teilen, deren Beziehung untereinander quantitativ intensiver und qualitativ produktiver sind als ihre Beziehungen zu anderen Elementen. Diese Unterschiedlichkeit der Beziehungen konstituiert eine Systemgrenze, die System und Umwelt des Systems trennt<< (S. 282).“2 In der Systemtherapie treffen grob betrachtet mindestens zwei Systeme aufeinander. Die beratende Institution auf der einen und die Familie auf der anderen Seite. Aus dieser Beziehung können sich eine Fülle weiterer Systeme, die zur Beratung herangezogen können, herauskristalisieren. Ein wichtiges Instrument diesen Prozeß zu unterstützen, stellen Fragetechniken dar.

3.1 Fragetechniken der systemischen Therapie

„Fragen zu stellen ist nicht nur eine Art der Informationsgewinnung, vielmehr wird immer gleichzeitig auch Information geschaffen, generiert. In jeder Frage versteckt sich nämlich auch eine implizite Aussage, die die gewohnte Art, wie in der Familie die Dinge gesehen werden, potentiell verstören kann

Therapie stellt sich auf dieser subtilen Ebene als ein gemeinsames Ringen um Wirklichkeitsdefinitionen dar (von SCHLIPPE 1995b, BRAUN-BRÖNNECKE 1990) Durch die Fragen werden implizite Botschaften übermittelt, derer man sich als Therapeut bewußt sein sollte.“3

Eine Form systemischer Gesprächsführung stellt das zirkuläre Fragen dar.

3.2 Zirkuläres Fragen

„Die grundlegende Überlegung dieser Methode ist, daß in einem sozialen System alles gezeigte Verhalten immer (auch) als kommunikatives Angebot verstanden werden kann: Verhaltensweisen, Symptome, aber auch die unterschiedlichen Formen von Gefühlsausdruck sind nicht nur als im Menschen ablaufende Ereignisse zu sehen, sondern sie haben immer auch eine Funktion in den wechselseitigen Beziehungsdefinitionen. Daher kann es interessanter sein, diese kommunikativen Bedeutungen sichtbar zu machen, als den betreffenden Menschen ausführlich nach seinen eigenen Empfindungen zu befragen. Konsequenterweise steht daher auch bei Fragen bezüglich der Symptome im Zentrum, wie jedes Familienmitglied diese versteht, welche Erwartungen und Beobachtungen damit verbunden sind und wie darauf reagiert wird.“4

„Diese Art der Informationssammlung fragt nach Mustern, nicht nach Dingen.“5

Nehmen wir hierzu ein Beispiel. Eine Familie bestehend aus einem Vater, der als Bankkaufmann tätig ist, einer Mutter, die als Kindergärtnerin arbeitet und einer 14 jährigen Tochter, die mit einem 19 jährigen Punker befreundet ist, wird von einer systemtherapeutischen Institution beraten. Der Vater war dabei Kontaktveranlasser, da er gegen die Beziehung seiner Tochter mit dem 19 jährigen ist.

Aus der These des Vaters heraus, daß diese Beziehung pure Provokation von Seiten der Tochter sei, könnte der Therapeut die Frage stellen:

„Was tut Ihre Tochter konkret, wenn sie sie provoziert?“

„Wie reagieren Sie darauf ?“

„Wie müßte Ihre Tochter sich verhalten, um sie nicht zu verärgern?“

Dies waren nun einige Beispiele zu zirkulären Fragen. Doch gibt es spezielle Formen dieser Art von Fragestellung.

3.3 Spezielle Formen zirkulären Fragens

Diese Frageformen sind besonders nützlich, um Unterschiede herzustellen und zu verdeutlichen.6

- Klassifikationsfragen

„Klassifikationsfragen arbeiten Unterschiede in den Sichtweisen und Beziehungen besonders intensiv und deutlich heraus, indem sie diese in eine Rangreihe bringen:“7 Zu unserem Fallbeispiel könnte man die Tochter fragen:

„Wen aus Deiner Familie kann Deinen Freund am besten leiden, wen am wenigsten?“

„ Wer freut sich über Eure Beziehung am meisten, wer am wenigsten?“

- Prozentfragen

„Prozentfragen ... laden dazu ein, Ideen, Überzeugungen, Stimmungen, Krankheitskonzepte, Meinungen übereinander genauer zu differenzieren.“8

Zu unserem Fallbeispiel könnte man die Meinung der Tochter folgenderweise erfahren:

„ Zu wieviel Prozent schadet Dein Freund der Beziehung zu Deinem Vater?“

„ Zu wieviel Prozent ist Deine Mutter der gleichen Meinung wie Dein Vater über Deine Beziehung?“

Die Mutter könnte man heranziehen:

„ Zu wieviel Prozent ist der Freund Ihrer Tochter ein Störfaktor für deren schulische Leistungen?“

„ Wie hoch schätzen Sie auf einer Skala von 0% bis 100% die Wahrscheinlichkeit, daß es sich zwischen Ihrer Tochter und dem Jungen um eine langfristige Beziehung handelt?“

- Übereinstimmungsfragen

„Übereinstimmungsfragen ... nach der Zustimmung oder Ablehnung zu Antworten auf vorausgegangene Fragen geben zum einen Hinweise auf das >>Wer mit wem?<<, auf Koalitionen und Kartelle. Zum anderen ermöglichen sie nach einer längeren Phase des zirkulären Fragens denjenigen eine eigene Stellungnahme, über die zuvor gesprochen wurde.“9

Man könnte die Mutter hierzu fragen:

„ Sehen Sie die Beziehung Ihrer Tochter genauso wie Ihr Mann als Problem oder würden Sie dem eher widersprechen?“

- Subsystemvergleiche

„Man kann einen Dritten einladen, die Intensität verschiedener dyadischer oder triadischer Beziehungen miteinander zu vergleichen. Noch direkter als die Übereinstimmungsfragen verdeutlichen die Antworten darauf, >>wer mit wem besser kann.<<“10

Die Mutter könnte man fragen:

„Wie sehen Sie das: Handelt es sich bei der Beziehung Ihrer Tochter eher um Provokation oder um das Prestige mit einem wesentlich älteren Jungen zusammenzusein?“

Der Tochter könnte man die Frage stellen:

„Hat Dein Vater wegen Deines Freundes eher Angst um Dich oder ist er nur eifersüchtig, da Du Dir eine weitere Bezugsperson gesucht hat?“

3.4 Fragen zur Wirklichkeitskonstruktion

„Fragen zur Wirklichkeitskonstruktion dienen dazu aktuelle Beziehungsmuster deutlich zu machen. Sie befassen sich mit zwei großen Bereichen: dem Kontext Arbeitsauftrags und dem Kontext des präsentierten Problems...“11

- Der Auftrag im Kontext

„Bei der Auftragsklärung geht es inhaltlich um die Klärung der oft vielfältigen und widersprüchlichen Erwartungen, der expliziten, vor allem aber der bislang unausgesprochenen Aufträge der verschiedenen an einer systemischen Beratung beteiligten Parteien - und das sind oft nicht nur die Teilnehmer an einem Beratungsgespräch! Oft haben Dritte, die aktuell gar nicht dabeisitzen, das Gespräch veranlaßt: Der Jugendrichter schickt einen straffälligen Jugendlichen im Rahmen einer Bewährungsauflage zur Psychotherapeutin; ... Der Regelfall ist, daß die Erwartungen zwischen den Klienten beziehungsweise Kunden und zwischen den anwesenden oder nichtanwesenden Überweisern unterschiedlich kontrovers sind. Diese Diskrepanzen müssen als erstes geklärt und ausgehandelt werden - andernfalls gerät der Berater in Zwickmühlen, Dilemnata, da er mit unlösbaren Aufträgen konfrontiert ist. Solche Autragsklärung steht vor allem am Anfang eines jeden Beratungsgespräches an. Sie kann aber auch im weiteren Verlauf nötig werden, wenn Krisen oder Unklarheiten über den Beratungsprozeß auftreten, und wenn über das Ende der Beratung entschieden werden muß...“12

- Das Problem im Kontext

„Nach der Klärung der Erwartungen von Überweisern und Gesprächsteilnehmern kann nun das präsentierte Problem in den Blick rücken.“13

1) >> Das Problem aufpacken <<

Globale Problembeschreibungen sollten zunächst differenziert werden, um das Problem eingegrenzter und damit leichter bearbeitbar zu machen. Dabei empfiehlt es sich zunächst zu fragen, aus welchen Verhaltensweisen und Beschreibungen das Problem aus der Sicht der Gesprächsteilnehmer besteht.“14

Zu unserem Fallbeispiel könnte der Therapeut den Vater fragen:

„Welche Eigenschaften des Freundes Ihrer Tochter stören Sie? Welche entsprechen Ihren Vorstellungen?“

2) Die Beschreibung rund um das Problem erfragen

Neben der bereits erwähnten >>Entdinglichung<< geht es hier darum, gemeinsam mit der Familie Unterschiede über die Art herzustellen, wie das Problem von den verschiedenen Personen gesehen wird.“15

Jeweils die Mutter und der Vater könnten gefragt werden:

„Inwiefern hat sich das Verhalten Ihrer Tochter Ihnen gegenüber seit der Beziehung verändert?“ Die Tochter könnte gefragt werden:

„Hängt die Tatsache, daß Dein Freund von Deinem Vater nicht akzeptiert wird, mit dessem Erscheinungsbild oder eher mit dessem Alter zusammen?“

3) Den Tanz um das Problem erfragen

Nachdem das Problemverhalten und die Kontexte, in denen es bevorzugt gezeigt wird, differenziert sind, lassen sich die Interaktionskreisläufe, in die es eingebettet ist und die das Problemverhalten am Laufen halten, erkunden.“16

Die Tochter könnte gefragt werden:

„Welche Eigenschaften Deines Freundes schätzt Du besonders? Und welche von Ihnen versuchst Du anzustreben?“

„Wo trefft Ihr Euch?“

„Dann interessiert die Art der Reaktion der anderen:“17

Den Freund könnte man fragen:

„Wie reagieren die Eltern Deiner Freundin, wenn Du sie abholst? Wie reagiert Deine Freundin?“ Zur Reaktion des Problemträgers auf die Reaktionen der anderen könnte man fragen:19 „Wie reagiert Ihre Tochter, wenn Ihr Mann ihr mit Sanktionen droht, wenn Sie sich nicht von Ihrem Freund trennt?“

4) Erkl ä rungen f ü r das Problem erfragen

Ähnlich wichtig sind mit den Kreisläufen verbundene Ideen, und zwar insbesondere die, mit denen die Teilnehmer sich das Problem erklären Es ist daher interessant, wer welche Erklärungen für das Problem hat, wie die Unterschiede der Perspektiven aussehen und welche Handlungsfolgen wiederum diese Erklärungen haben.“20

Die Mutter könnte man hierzu befragen:

„Nach welchen Kriterien, denken Sie, wählte Ihre Tochter Ihren Freund?“

„Wenn es einen Zusammenhang zwischen der Wahl Ihres Freundes und Ihnen geben würde, worin würde dieser bestehen?“

5) Bedeutung des Problems f ü r die Beziehungen erfragen

Hypothesen zum Sinn oder dem >>Nutzen<< des Problems in den Beziehungen der Systemmitglieder lassen sich nur entwickeln, indem durch Fragen der Anfang und das (hypothetische) Ende des Problems mit Beziehungsveränderungen der Mitglieder in Zusammenhang gebracht werden.“21

Die Tochter könnte gefragt werden:

„Hast Du Dich mit Deinen Eltern besser verstanden als Du keinen Freund hattest?“

3.5 Fragen zur Möglichkeitskonstruktion

„Da man ein System nicht zu neuen Lösungen zwingen kann, ist diese Form der Frage auch ein Mittel, um spielerisch neue Wege anzubieten Die Fragen ermöglichen somit ein unbedrohliches Probehandeln und wirken daher der Angst vor Veränderung entgegen.“22

„Besonders viele Möglichkeitsfragen sind in dem lösungsorientierten Therapieansatz (S. 35-38) entwickelt worden Aber je länger sich der Blickwinkel auf das Problem konzentriert und allmählich verengt hat, um so mehr ist >>das, was funktioniert<< aus dem Blickfeld hinausgeraten. Gerade das könnte aber Hinweise geben für die Konstruktion von Lösungen für das, was nicht funktioniert. Deshalb lohnt es, sei es nach einer anfänglichen Phase der Problembeschreibung oder auch sofort, auf die Suche nach Erfahrungen oder Ideen zu gehen, die neue Möglichkeiten jenseits des Problems eröffnen.“23

1) Fragen nach Ausnahmen vom Problem

Vergleicht man Problem-Zeiten mit Nicht-Problem-Zeiten, so werden die Bedingungen dieser Unterschiede deutlich.“24

Bezogen auf das Fallbeispiel könnte man die Tochter fragen:

„Welche Verhaltensweisen schätzt Dein Vater besonders an Dir?“

2) Fragen nach Ressourcen - unabh ä ngig vom Problem

Bei Klientsystemen, die in ihrer Situation >>alles<< schrecklich erleben und dies schon lange, kann es nützlich sein, sich darüber hinaus nach Lebensbereichen zu erkundigen, mit denen die Mitglieder zufrieden sind, in denen sie sich wohl oder kompetent fühlen - nicht nur im Vergleich mit den Problemsituationen.“25

Bei dem Vater könnte man sich erkundigen:

„Welche besonderen Merkmale zwischen Ihre Vater-Tochter Beziehung möchten Sie bewahren?“

3) Die Wunderfrage

Manche Klientsystem wissen keine Ausnahmen zu berichten, >>nichts<< gefällt ihnen mehr an sich, >>alles<< ist furchtbar, keinerlei Ausnahmesituationen können ausgebaut werden. Da bleibt allenfalls noch ein Wunder ...“26

Bei der Befragung des Vaters würde sich diese Frage anbieten:

„Woran würden Sie erkennen, daß zwischen Ihrer Tochter und dem Jungen Schluß wäre? Wie würden Sie darauf reagieren?“

„Die Wunderfrage erzeugt zwei Effekte. Zum einen ist sie so unverbindlich (für ein Wunder kann man ja gar nichts), daß man Veränderungen phantasieren kann, ohne sich gleich schon für deren Herstellung verantwortlich fühlen zu müssen. Zum anderen stellt man häufig fest, daß das, was man nach dem >>Wunder<< tun würde, nichts Übernatürliches ist, sondern recht schlichte, handfeste Tätigkeiten. Hat man zuvor schon über Ausnahmen von Problemen gesprochen, entdeckt man oft, daß man nach dem Wunder einfach mehr von dem tun würde, was man heute schon in Ausnahmen hier und da macht - daß also sozusagen das Repertoire für die Zeit nach dem Wunder heute schon vorhanden ist

Verschlimmerungsfragen führen auf entgegengesetztem Wege zu einem ähnlichen Ergebnis wie Verbesserungsfragen: Durch sie wird deutlich, was man unterlassen könnte, wollte man das Problem loswerden: “27

Zu unserem Fallbeispiel könnte man die Tochter fragen:

„Was könntest Du tun, um Deine Beziehung noch problematischer in den Augen Deines Vaters erscheinen zu lassen?“

Zieht man die Interaktionspartner mit ein:

„Was könnte Deine Mutter tun, damit Deine Beziehung für Dich zum Problem wird?“

- Problem- und Lösungs-Szenarien

„Wenn sowohl Lösungsideen als auch Ideen zur Problemerzeugung im Gespräch entwickelt worden sind, ... dann kann man mit großem Gewinn beide als Möglichkeiten sehen und damit verschiedene Szenarien durchspielen.

1) Fragen nach dem Nutzen, das Problem noch zu behalten

Man kann mit dem Klienten überlegen, wofür es gut wäre, das Problem noch eine Weile zu behalten oder es gelegentlich noch einmal >>einzuladen<<.“28

Zu unserem Fallbeispiel kann man den Vater fragen:

„Wenn das Wunder eingetreten wäre : was wird dann für Ihre Tochter besser und was wird schlechter?“

„Wird Ihre Frau diesen Zustand nach dem Wunder eher begrüßen oder eher darüber traurig werden?“

2) Zukunfts-Zeitpl ä ne

Man kann erkunden, welche <<Zukunftschancen>> der Beziehung zwischen den Klienten und ihrem Problem eingeräumt werden:“29

Eine entsprechende Frage könnte man dem Vater stellen:

„Wie lange denken Sie hält die Beziehung Ihrer Tochter?“

„Wann gedenken Sie den Freund Ihrer Tochter zu akzeptieren?“

3)Fragen nach einem << bewu ß ten R ü ckfall >>

Eine therapeutisch besonders wirksame Frage ist die nach einem >>absichtlichen Rückfall<< in schon vergangene Problemverhaltensweisen:“30

Dies kann man verdeutlichen, indem man die Tochter fragt:

„Wenn Du Dich bevormundet fühlst, und Du wolltest Deine Freiheitsgrenzen erweitern, wie könntest Du das tun?“

Den Vater könnte man fragen:

„Was würden Sie tun, wenn Sie das Gefühl bekämen, daß Ihnen Ihre Tochter entgleist?“ „ 4) >> Als-ob << -Fragen

Wenn im Gespräch der Nutzen eines Problems (einer Krankheit, eines Konflikts, einer Leistungsschwäche) besonders deutlich geworden ist, stellt sich die Frage, ob man diesen Nutzen nicht auch mit weniger Aufwand und Selbstentschädigung erreichen könnte. Dazu kann man durch Fragen einen Unterschied zwischen dem Problem selbst und dem Präsentieren des Problems, dem >> So-tun-als-ob << konstruieren (vgl. dazu MADANES 1980):“31

Die Tochter könnte man gedanklich in folgende Situation hineinversetzen:

„Wenn Du nicht mehr mit Deinem Freund zusammen wärst, aber Du wollen würdest, daß Deine Eltern Deine Entscheidungen weiterhin akzeptieren, ohne Dich im nachhinein zu belehren, wie würdest Du das angehen?“

Im darauffolgenden Abschnitt werden zwei wichtige Aspekte einer systemischen Therapie dargelegt. Es handelt sich um die Fragen zum Anfang und zum Abschluß eines Gespräches.

3.6 Anfangs- und Abschlußfragen

Anfangsfragen

Gerade in der Situation zu Beginn eines Gesprächs werden oft unausgesprochen Weichen gestellt - ob ein Gespräch eher in eine Sackgasse führen wird oder der gemeinsamen Suche nach Lösungen dient.

Was soll heute hier passieren, daß dies ein gutes Gespräch wird?

Was ist seit unserer letzten Sitzung geschehen, daß Sie überrascht hat?

Was hat sich bis heute schon an Positivem verändert?...

Abschlu ß fragen

Abschlußfragen dienen dazu, das Ende der Therapie vorzubereiten und die Idee der Endlichkeit der therapeutischen Beziehung in das Beratungssystem einzuführen.

Wie lange denken Sie, daß Sie uns noch brauchen werden?

Wer von Ihnen hat mehr Interesse an einer möglichst langen Fortführung der Beratung, Sie oder Ihre Frau?“32

4. Stilistische Aspekte

Zum Abschluß sei noch auf wichtige stilistische Aspekte zur Fragestellung in der systemischen Therapie hingewiesen:

„- Zirkuläre Fragen stoßen zwar oft viel schneller zu kritischen Gesprächsthemen vor. Aber auch sie müssen sich am Tempo der Klienten orientieren, müssen sich an kritische Themen allmählich herantasten und nicht >>mit der Tür ins Haus fallen<<.
- Zirkuläre Fragen sind kein Selbstzweck. Sie sind nur dann nützlicher als die einfacheren direkten Fragen, wenn sie mehr Informationen erzeugen als diese. In der Praxis werden sie sich mit direkten Fragen oft ablösen.
- Auch zirkuläre Fragen müssen zum Sprachverhalten des Klientensystems passen Bei Kindern wird man Fragen und Antworten oft bildlich verdeutlichen, zum Beispiel Prozentfragen anhand eines Maßbandes von einem Meter Länge.“33

Literaturliste

Schlippe/Schweitzer Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung Göttingen, 1996

[...]


1 Schlippe, Arist von, „Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung“, Göttingen 1996

2 ebenda, S.55

3 ebenda, S. 137 f

4 ebenda, S.138

5 ebenda, S. 141

6 vgl. ebenda, S. 143

7 ebenda, S. 143

8 ebenda, S.143

9 ebenda, S.144

10 ebenda, S.144

11 ebenda, S.145

12 ebenda, S.148f

13 ebenda, S.151

14 ebenda, S.151

15 ebenda, S.151

16 ebenda, S.152

17 ebenda, S.152

19 vgl. ebenda, S.152

20 ebenda, S.153

21 ebenda, S.154

22 ebenda, S.155

23 ebenda, S.157f

24 ebenda, S.158

25 ebenda, S.158

26 ebenda, S.159

27 ebenda, S.159

28 ebenda, S.160

29 ebenda, S.160

30 ebenda, S.161

31 ebenda, S.161

32 ebenda, S.162

33 ebenda, S.163

Ende der Leseprobe aus 11 Seiten

Details

Titel
Fragetechniken der systemischen Therapie
Autor
Jahr
2000
Seiten
11
Katalognummer
V98560
ISBN (eBook)
9783638970112
Dateigröße
348 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fragetechniken, Therapie
Arbeit zitieren
Bernard Joseph-Auguste (Autor:in), 2000, Fragetechniken der systemischen Therapie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98560

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