Die Realisierung des postvokalen /r/ im Regionalfranzösischen auf La Réunion ist im Spannungsfeld zwischen Französisierungstendenzen und Aufwertungsbestrebungen der Kreolsprachen zu verstehen. Die Untersuchung des Phonems in dieser Arbeit baut dabei auf den neuesten Forschungsergebnissen auf und kombiniert diese mit aktuellen Erkenntnissen aus dem Bereich der Sprachperzeption. Demzufolge wird das postvokale /r/ im Regionalfranzösischen auf La Réunion nicht wie bisher mithilfe der Produktion von SprecherInnen, sondern anhand der Perzeption von HörerInnen erforscht.
Im Rahmen des sogenannten divergierenden Perzeptionseffekts soll festgestellt werden, ob Testpersonen dieselben akustischen Stimuli in verschiedenen "Priming Conditions" unterschiedlich wahrnehmen. Für "Priming Conditions" wurden im Kontext des Regionalfranzösischs auf La Réunion die geographischen Indikatoren La Réunion und Paris festgelegt, während als Grundlage für die akustischen Stimuli das Minimalpaar fou /fu/ und four /fuʀ/ ausgewählt wurde. Die akustischen Stimuli wurden mit dem Praat-Programm synthetisiert und in ein 9-Step-Kontinuum eingebettet, wobei Stimulus 1 [fu] und Stimulus 9 [fuʀ] darstellt.
Im Rahmen einer "Word Identification Response Task" ergeben sich daraus zwei konkrete Forschungshypothesen: Tendieren die ProbandInnen der Gruppe Paris eher dazu [fuʀ] zu hören? Beziehungsweise kategorisieren die ProbandInnen der Gruppe La Réunion die identischen Stimuli vergleichsweise häufiger als [fu]? In Anlehnung an Bordal wurden außerdem Metadaten zum Alter, Geschlecht, höchsten Bildungsabschluss sowie zur Erstsprache der Testpersonen erhoben, da davon ausgegangen wurde, dass diese Faktoren möglicherweise einen Einfluss auf die Perzeption der akustischen Stimuli haben. Anschließend werden die Ergebnisse diskutiert, sodass nicht nur eine differenzierte Antwort auf die Forschungshypothese, sondern ferner eine Aussage zum Status quo des Regionalfranzösischs auf La Réunion ermöglicht wird.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Historische Entwicklung des Regionalfranzösischen auf La Réunion
- Französische Besiedlungsphase
- Koloniale Diglossie
- Départementalisation
- Aktuelle Sprachsituation
- Relevante sprachwissenschaftliche Forschungen
- Postvokales /r/ im Standardfranzösischen und créole réunionnais
- Veränderte Forschungsperspektive: Von der Sprachproduktion zur Sprachperzeption
- Methodik
- Versuchsbeschreibung
- Priming Conditions
- Testpersonen
- Akustische Stimuli
- Statistische Vorgehensweise
- Ergebnisse
- Auswahl der Daten
- Statistische Analyse
- Modifikation der Tabelle
- Visualisierung und Berechnung der 50%-Wahrnehmungsschwelle
- Diskussion der Ergebnisse
- Priming Conditions La Réunion und Paris
- Faktor Alter
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Bachelorarbeit befasst sich mit der Frage, wie das Phonem /r/ im Regionalfranzösischen auf La Réunion realisiert wird. Dabei untersucht die Arbeit, ob das Phonem in postvokaler Stellung wie im Standardfranzösischen als uvularer Vibrant [R] realisiert wird oder ob es aufgrund des Einflusses des créole réunionnais elidiert wird.
- Die historische Entwicklung des Regionalfranzösischen auf La Réunion und der Einfluss des créole réunionnais
- Die Relevanz der Sprachperzeption für die Untersuchung des Phonems /r/
- Die Anwendung von Priming-Techniken zur Erforschung des divergierenden Perzeptionseffekts
- Die statistische Analyse der Ergebnisse und deren Interpretation
- Der Status quo des Regionalfranzösischen auf La Réunion
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung - stellt die Forschungsfrage und die Relevanz des Themas dar, beleuchtet die Metapher des „Chamäleon-/r/“ und die Bedeutung des Einflusses des créole réunionnais
- Kapitel 2: Historische Entwicklung des Regionalfranzösischen auf La Réunion - skizziert die soziolinguistischen Aspekte der Inselgeschichte und die Auswirkungen der départementalisation auf die aktuelle Sprachsituation
- Kapitel 3: Relevante sprachwissenschaftliche Forschungen - erläutert die Forschungsgeschichte des Phonems /r/ im Standardfranzösischen und im créole réunionnais, sowie die Bedeutung der Sprachperzeption für die Forschungsfrage
- Kapitel 4: Methodik - beschreibt die Versuchsbeschreibung, die Priming Conditions, die Testpersonen, die akustischen Stimuli und die statistische Vorgehensweise
- Kapitel 5: Ergebnisse - präsentiert die Datenanalyse und die Interpretation der statistischen Ergebnisse, sowie die Visualisierung und Berechnung der 50%-Wahrnehmungsschwelle
- Kapitel 6: Diskussion der Ergebnisse - diskutiert die Ergebnisse im Kontext der Priming Conditions und des Faktors Alter, sowie die Bedeutung der Ergebnisse für den Status quo des Regionalfranzösischen auf La Réunion
Schlüsselwörter
Regionalfranzösisch, La Réunion, créole réunionnais, Postvokales /r/, Sprachperzeption, Priming Conditions, divergierender Perzeptionseffekt, Statistische Analyse, 50%-Wahrnehmungsschwelle, Status quo
- Arbeit zitieren
- Anonym (Autor:in), 2020, Postvokales /r/ im Regionalfranzösisch auf La Réunion. Divergierender Perzeptionseffekt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/985905