Leseprobe
Inhalt
1. Peer effects beeinflussen interkulturelle und gruppenübergreifende Einstellungen
2. How do Friendships form: Eine Studie von David Marmaros und Bruce Sacerdote
2.1 Was beeinflusst die Interaktion zwischen Menschen unterschiedlicher und gleicher Herkunft?
2.2 Die Datenerhebung
2.3 Auswertung und Interpretation der Ergebnisse
2.4 Zusammenfassung und Ausblick
3. Empathy or Antipathy? The Impact of Diversity. Eine Studie von Johanne Boisjoly, Greg J. Duncan u.a.
3.1 Beeinflusst das Zusammenwohnen mit Menschen anderer Ethnien die eigenen interkulturellen Einstellungen?
3.2 Die Datenerhebung
3.3 Deskriptive Statistiken
3.4 Auswertung und Interpretation der Ergebnisse
3.5 Robuste Schätzer
3.6 Zusammenfassung und Ausblick
4. Familiarity Does Not Breed Contempt: Generosity, Discrimination an Diversity in Delhi Schools. Eine Studie von Gautam Rao
4.1 Wie beeinflussen ärmere Mitschüler die gruppenübergreifenden Einstellungen von Schülern aus wohlhabenderen Familien?
4.2 Identifikations-Strategien
4.3 Aufbau der Experimente und Interpretation der Ergebnisse
4.4 Zusammenfassung und Ausblick
5. Vergleich der drei Studien
6. Literaturverzeichnis
1. Peer effects beeinflussen interkulturelle und gruppenübergreifende Einstellungen
Vorurteile und Diskriminierung gegenüber Menschen fremder sozialer Lagen und Ethnien bilden auch in der heutigen Zeit ein zentrales gesellschaftliches Problem. Verfechter einer Förderung von Diversität und Integration von Minoritäten betonen die gesellschaftlichen Vorurteile, die sich durch eine erhöhte Nähe und verstärkte Kommunikation mit Menschen unterschiedlicher sozialer und ethnischer Herkunft ergeben. Durch weniger Vorurteile lassen sich Konflikte zwischen unterschiedlichen Gruppen lindern. Außerdem sind interkulturelle Kompetenzen längst zu einer zentralen Anforderung in einer globalisierten Arbeits- und Lebenswelt geworden. Im Folgenden möchte ich deswegen drei Studien der empirischen Wirtschaftsforschung vorstellen, welche sich mit den Auswirkungen eines geförderten Kontakts zwischen Mitgliedern unterschiedlicher sozialer und ethnischer Gruppen beschäftigen, um diese außerdem im Anschluss miteinander zu vergleichen.
2. How do Friendships form: Eine Studie von David Marmaros und Bruce Sacerdote
In ihrer Studie „How do friendships form“ untersuchen David Marmaros und Bruce Sacerdote die Entstehung sozialen Beziehungen bei Peers am Beispiel von College-Mitbewohnern des Dartmouth College. In ihrer Einführung beschreiben diese wie der Einfluss dieser Beziehungen auf das Verhalten und die persönliche Lebensgestaltung ausführlich examiniert wurden, während die spezifischen Bedingungen der Wahl eines solchen Netzwerks bisher weniger Beachtung in der Forschung fand (vgl. Marmaros/Sacerdote 2006, S.79). Die Autoren beschreiben, dass in verschiedenen Studien die Bedeutung von ethnischer Vielfalt für den Bildungsweg eindeutig belegt wurden. Beispielsweise findet unter Studenten sowie später im Arbeitsmarkt eine interkulturelle Weitergabe von Wissen statt. Mit dieser Argumentation begründen sie den Einsatz für eine Förderung von Minderheiten und zeigen wieso eine Untersuchung und später Förderung von interkulturellen sozialen Netzwerken notwendig ist und untersuchen in ihrer Studie deswegen auch das Ausmaß einer ethnischen Segregation von Studierenden innerhalb der Universität (vgl. Marmaros/Sacerdote 2006, S. 80).
2.1 Was beeinflusst die Interaktion zwischen Menschen unterschiedlicher und gleicher Herkunft?
Die Autoren testen in ihrer Studie die Auswirkungen eines unmittelbaren Zusammenlebens von College-Mitbewohnern auf deren soziale Interaktionen. Diese werden anhand einer Beobachtung der spezifischen E-Mail-Kontakte und des Volumens an ausgetauschten E-Mail-Nachrichten gemessen (vgl. Marmaros/Sacerdote 2006, S. 85). Über einen längeren Zeitraum werden Panel-Daten über die Studierenden gesammelt (vgl. Marmaros/Sacerdote 2006, S. 82). Innerhalb dieser experimentellen Studie kann durch die zufällige Zuordnung von Studenten zu einer bestimmten Unterkunft der Einfluss geographischer Nähe auf die Entwicklung von Interaktion gemessen werden. Durch die zufällige Zuordnung kann ausgeschlossen werden, dass Studierende sich ihren Zimmernachbarn basierend auf Variablen auswählen, welche mit den Einflussfaktoren einer Interaktion dieser Studierenden korrelieren (vgl. Sacerdote 2006, S. 682). Der Faktor der geographischen Nähe wird anderen möglichen Einflüssen wie der Ethnie, dem familiären Hintergrund und den persönlichen Interessen gegenübergestellt (vgl. Marmaros/Sacerdote 2006, S. 80f.). Die Autoren beschreiben schließlich das Erkenntnisziel ihrer Analyse als Schätzung der „[..] relative importance of geographic distance, racial similarity, family background and common interests in determining who interacts with whom“ (Marmaros/Sacerdote 2006, S. 85).
2.2 Die Datenerhebung
Zwischen Juni 2002 und Juli 2003 messen Marmaros/Sacerdote die Anzahl aller E-Mails, die zwischen jeweils zwei Studierenden über „NetBlitz“, dem E-Mail-System in Dartmouth, versendet wurden. Die Autoren unterscheiden zwischen primären Nutzern des E-Mail-Systems und sekundären Nutzen, welche „NetBlitz“ nicht direkt nutzen, aber in E-Mail-Kontakt mit anderen Nutzern dieses Systems stehen (vgl. Marmaros/Sacerdote 2006, S. 88). So kann schließlich, dass Volumen an ausgetauschten E-Mails zwischen jedem primären Nutzer und allen anderen Studierenden gemessen werden (vgl. Marmaros/Sacerdote 2006, S. 91f.). Neben dem Volumen an versendeten und empfangenen Mails werden über jeden Studienteilnehmer unter anderem Daten über die Ergebnisse des Studienfähigkeitstest SAT, den College-Notendurchschnitt von Juli 2003, das Geschlecht, die Ethnie, finanzielle Unterstützung im Studium sowie die Partizipation an Sport-Teams und die Zugehörigkeit zu einer Bruder- bzw. Schwesternschaft aus der Datenbank des Dartmouth College gesammelt (vgl. Marmaros/Sacerdote 2006, S. 89).
2.3 Auswertung und Interpretation der Ergebnisse
Im Weiteren werde ich die Ergebnisse der Studie von Marmaros und Sacerdote vorstellen. Es wird zunächst untersucht wie sich der Umfang an sozialer Interaktion zwischen zwei Studierenden nach Ethnie und nach Zugehörigkeit zur selben Studienanfänger-Unterkunft unterscheidet. Zuerst wird das Sample in Gruppen des zeitgleichen Studienbeginns aufgeteilt sowie zwischen Paaren unterschieden in denen die erste Person (der primäre Nutzer) weiß und die zweite Person (ein anderer primärer oder ein sekundärer Nutzer) entweder weiß oder schwarz ist. Für Paare, in denen beide Personen weiß sind, erhöht sich das durchschnittliche Volumen versendeter E-Mails bei Zugehörigkeit zu derselben Unterkunft von 0.71 auf 2.95 E-Mails im Vergleich zu den Paaren, die sich keine Unterkunft teilen. Bei Paaren, in denen die zweite Person schwarz ist, erhöht sich das Volumen nur von 0.21 auf 0.62 Nachrichten. Die Autoren bemerken hier, dass die Anzahl an E-Mail-Kontakten in den Paarungen von weißen und schwarzen Studierenden allgemein gering ist (Table IV zeigt für die E-Mail Kontakte zwischen weißen Studierenden ein N von 643294 allgemein und 28874 bei Studierenden in der selben Unterkunft. E-Mail-Kontakte zwischen weißen und schwarzen Studierenden weisen allgemein ein N von 48 182 und in derselben Unterkunft ein N von 2220 auf) (vgl. Marmaros/Sacerdote, S. 93f.) Paare mit weißen Studierenden haben 3 bis 5 Mal so viel soziale Interaktion wie Paare mit weißen und schwarzen Studierenden. Die Zugehörigkeit zur gleichen Unterkunft erhöht die Anzahl an Interaktion mit einem Faktor von 3-4. Die Autoren merken an, dass dieser positive Effekt der gleichen Unterkunft in Paaren mit weißen und schwarzen Studierenden groß genug ist, um den negativen Effekt der Ethnie auf die soziale Interaktion bei schwarzen und weißen Paaren allgemein auszugleichen (vgl. Marmaros/Sacerdote, S. 94f.). Als nächstes untersuchen die Autoren wie sehr das Zusammenleben mit schwarzen Studierenden, die Interaktion weißer Studierender mit anderen schwarzen Studierenden beeinflusst. Einen schwarzen Zimmer-Nachbar zu haben oder mit einer Anzahl an schwarzen Studierenden auf einem Flur zu leben, die mehr als den Median beträgt, erhöht bei weißen Studierenden das Volumen an Mails ,welche diese an andere schwarze Studierende versenden, in beiden Fällen um lediglich 0.5 %. Die Erhöhung an E-Mail-Kontakten zwischen weißen und schwarzen Studierenden ist hierbei grundsätzlich auf den positiven Effekt der Zugehörigkeit zur selben Unterkunft zurückzuführen. Von einer Erhöhung an sozialen Kontakten mit schwarzen Studierenden außerhalb der Unterkunft ist abzusehen (vgl. Marmaros/Sacerdote, S. 95f.). Die Autoren betonen noch einmal den negativen Effekt von unterschiedlichen Ethnien auf die soziale Interaktion von Studierenden. Demnach haben Paare mit schwarzen und weißen Studierenden 64 % weniger Interaktion, Paare mit weißen und asiatischen Studierenden 44% weniger Interaktionen und weiße und hispanische Studierende 20 % weniger Interaktion. Dasselbe Hauptfach zu studieren erhöht die soziale Interaktion von weißen Paaren deutlich, jedoch ist dieser Effekt bei Paaren in denen die erste Person schwarz, asiatisch oder hispanisch ist nicht statistisch signifikant (vgl. Marmaros/Sacerdote, S. 101). Außerdem untersuchen die Autoren die Einflüsse eines bestimmten familiären Hintergrunds der Studierenden. Paare bei denen beide Studierende auf eine spezialisierte New-Yorker „exam School“ gingen tauschen 9-mal mehr E-Mails aus, als diese die diese Gemeinsamkeit nicht besitzen. Erhält nur ein Studierender eines Paars finanzielle Unterstützung reduziert sich die Anzahl versendeter E-Mails um 20 % im Vergleich zu Paaren, bei denen beide keine Hilfe erhalten. Bei Paaren, in denen beide Studierende finanzielle Unterstützung erhalten, ist das Volumen an versendeten E-Mails dem Volumen der Paare ähnlich bei denen nur ein Teil finanzielle Unterstützung erhält. Auch hier betonen die Autoren, dass bei Paaren in denen die erste Person nicht weiß ist keine klaren Schlüsse aus dem jeweiligen Status der finanzieller Unterstützung von Studierenden für deren soziale Interaktion gezogen werden können (Marmaros/Sacerdote 2006, S. 102f.). Sie fragen auch danach, ob Minderheiten zur Isolation neigen, wenn diese in einem Zimmer oder in derselben Unterkunft untergebracht werden. Marmaros und Sacerdote beschreiben hier, dass das Zusammenleben mit anderen schwarzen Studierenden deren soziale Interaktion mit schwarzen Studierenden außerhalb der Unterkunft kaum verstärkt. Bei schwarzen Studierenden ist jedoch der Effekt derselben Ethnie auf die soziale Interaktion am größten. Das E-Mail-Volumen erhöht sich hier um einen Faktor von 16 (vgl. Maramaros/Sacerdote 2006, Tabelle IV, S. 97). Derselbe Effekt liegt für Asiaten nur bei einem Faktor von 4.66 und bei Hispanos nur bei einem Faktor von 2.70. (vgl. Marmaros/Sacerdote 2006, S. 103). Trotzdem können die Befürchtungen einer Isolation schwarzer Studierender als nichtig erklärt werden, da diese mehr als die Hälfte ihrer Interaktionen mit Angehöriger anderer ethnischer Gruppen führen (vgl. Marmaros/Sacerdote 2006, S. 107).
Da, geographische Nähe die soziale Interaktion nur bei einer sehr geringen Distanz beeinflusst und es neben der Nähe andere Einflussfaktoren wie familiärer Hintegrund, Ethnie und Intressen gibt, ist es auch für die Politik nur bedingt möglich Interaktion zwischen verschiedenen Gruppen durch bloße geographische Nähe von Individuen zu fördern. Marmaros und Sacerdote erläutern außerdem die Ergebnisse über die Beobachtung genannter Effekte innerhalb eines längeren Zeitraums. Bewohner desselben Zimmers tauschen 44.6 Mal so viele E-Mails aus wie Studienanfänger, welche nicht in der Nähe wohnen. Auch bei Studierenden, welche sich bereits im vierten Jahr ihrer Ausbildung befinden ist dieser Effekt noch klar zu erkennen. Ehemalige Zimmer-Mitbewohner tauschen immer noch 9.8 Mal so viele E-Mails aus wie beliebig ausgewählte Paare desselben Jahrgangs. Die Autoren betonen, dass ehemalige Mitbewohner häufig auch nach Ihrem Abschluss weiterhin in Kontakt zu bleiben (vgl. Marmaros/Sacerdote 2006, S. 105 f.).
Ähnlich wie in der Studie von Gautam Rao, die im vierten Kapitel besprochen wird, fragen auch Marmaros und Sacerdote nach den Auswirkungen einer Neu-Zusammensetzung von Unterrichtsklassen für die Interaktion von Studierenden. Allein in die gleiche Klasse zu gehen, erhöht die Interaktion von Studierenden um einen Faktor von 5-7. Mit schwarzen Studierenden in die selbe Klasse zu gehen erhöht die Interaktion von weißen Studierenden mit schwarzen Studierenden um 1.4 Mails. Die Anzahl schwarzer Studierender in einer Klasse zu reduzieren hätte demnach einen größeren negativen Effekt auf die Interaktion von weißen und schwarzen Studierenden zur Folge als die Segregation von schwarzen Studierenden innerhalb des Wohnumfelds (vgl. Marmaros/Sacerdote 2006, S. 108f.).
2.4 Zusammenfassung und Ausblick
Marmaros und Sacerdote fassen ihre Ergebnisse schließlich im letzten Abschnitt ihrer Studie zusammen. Demnach beeinflussen Faktoren wie geographische Nähe, dieselbe Ethnie, ein ähnlicher familiärer Hintergrund und ähnlich Interessen und Aktivitäten die Wahrscheinlichkeit von Studierenden miteinander sozial zu interagieren. Dabei sind Interaktionen zwischen Studierenden unterschiedlicher Ethnien unwahrscheinlicher, als die zwischen Studierenden derselben Ethnie. Für jede Kombination von Studierenden erhöht die Zugehörigkeit zur gleichen Unterkunft deren soziale Interaktion. Für weiße Studierende erhöht sich durch das Zusammenleben mit schwarzen Studierenden, deren Interaktion mit anderen schwarzen Studierenden außerhalb der Unterkunft nicht. Studierende unterschiedlicher Ethnien in derselben Unterkunft zu unterbringen führt demnach nicht zwingend zum Ziel einer verstärkten inter-ethnischen Interaktion. Die meisten inter-ethnischen Kontakte pflegen Studierende außerdem zu Studierenden außerhalb ihrer eigenen Unterkunft. Dagegen kann die Veränderung der Zusammensetzung der Studierenden einer Klasse, die Zusammensetzung der persönlichen peergroup deutlich beeinflussen. Colleges achten daher genau auf die Zusammensetzung solcher Klassen, um die Wahrscheinlichkeit einer Interkation mit internationalen Studierenden zu erhöhen (vgl. Marmaros/Sacerdote 2006, S. 114f.)
3. Empathy or Antipathy? The Impact of Diversity. Eine Studie von Johanne Boisjoly, Greg J. Duncan u.a.
In der Einleitung ihrer Studie „Empathy or Antipathy? The Impact of Diversity“ beschreiben die Autoren Johanne Boisjoly, Greg J. Duncan, Michael Kremer, Dan M. Levy und Jacque Eccles, dass die Teilung der Gesellschaft nach Klasse und Ethnie mit enormen gesellschaftlichen Kosten verbunden ist und Unklarheit darüber herrscht, welchen Einfluss eine konfliktlindernde Politik für die Gruppen haben kann. Ähnlich wie Gautam Rao in seiner Studie zu Elite-Privatschulen in Delhi betonen Boisjoly u.a die positive Auswirkung von sozialer Diversität in Bildungseinrichtungen und der Arbeitswelt auf gruppenbezogene Einstellungen und interkulturelle Fähigkeiten. Gautam Rao, der in seiner Studie die Auswirkungen eines gemeinsamen Lernens von armen und reichen Schülern in Privat-Schulen auf die Einstellungen und Werte der reicheren Schüler beschreibt, betont, dass in der Politik Zweifel bestehen, ob eine solche Durchmischung der sozialen Gruppen nicht mit einen Nachteil für die reichen Schüler einhergeht (vgl. Rao 2018, S. 4). Auch Boisjoly u.a. beschreiben in ihrer Studie die Zweifel, die mit einer solcher Politik einhergehen. Der Kontakt unterschiedlicher Gruppen würde demnach deren Konflikt nur verstärken und neue Spannungen erzeugen. Einige Autoren vernachlässigen positive Effekte wie eine Verbesserung des kritischen Denkens und schreiben, dass durch eine solche Durchmischung Stereotype angeheizt werden, Unterschiede deutlicher werden und so schlechter gestellte Gruppen verletzt werden (Boisjoly u.a. 2006, S. 1890).
3.1 Beeinflusst das Zusammenwohnen mit Menschen anderer Ethnien die eigenen interkulturellen Einstellungen?
Boisjoly u.a. untersuchen in ihrer Studie die Auswirkungen einer Interaktion unterschiedlicher sozialer Gruppen auf deren interkulturelle Einstellungen und Verhaltensweisen. Sie beobachten diesen Einfluss ähnlich wie Marmaros/Sacerdote am Beispiel von College- Zimmer-Mitbewohnern mit unterschiedlicher ethnischer Herkunft. Während Marmaros/Sacerdote danach fragen wie soziale Interaktion durch eine geographische Nähe von unterschiedlichen Studierenden verstärkt werden kann, untersuchen Boisjoly u.a. die Folgen einer solchen sozialen Interaktion von Studierenden (vgl. Marmaros/Sacerdote 2006, S. 1891).
3.2 Die Datenerhebung
Im ersten Kapitel ihrer Arbeit wird die Datenerhebung der vorliegenden Analyse vorgestellt. Zwischen 1997 und 2000 erfassen die Autoren Daten über Studienanfänger. Auch Boisjoly u.a. nutzen wie Marmaros/Sacerdote den Vorteil einer experimentellen Studie, da die einzelnen Mitbewohner per Zufall einem Zimmer zugeteilt werden. Diese zufällige Zuordnung per Lotterieverfahren erfolgt nach Abschluss einer vorherigen Selektion der Zimmer-Bewerbungen nach Geschlecht, Kohorte und bestimmten nach Wichtigkeit geordnete Wohn-Präferenzen. In allen Analysen kontrollieren die Autoren für erstgenannte Wohn-Präferenzen, um eine signifikante Korrelation der persönlichen Eigenschaften von Mitbewohnern auszuschließen. Die Autoren erhalten den Zugang zu Daten über die Wohn-Anträge und Besetzung bestimmter Unterkünfte von der universitären Behörde für Wohnen. Daten über die ethnische Zugehörigkeit, den sozioökonomischen Status, persönliche Ziele, sowie Aktivitäten und politische Meinungen (auch zum Minderheitschutz) der Studierenden erhalten Boisjoly u.a. aus dem Forschungsprogramm „Cooperative Institutional Research Program (CIRP) Entering Student Survey“. Daten, die durch das CIRP-Programm erhoben werden dienen den Autoren als Kontrollwerte für die Schätzung des Effekts einer bestimmten Zuordnung von Mitbewohnern auf deren zukünftige Einstellungen. Außerdem kontrollieren die Autoren für Effekte einer bestimmten Punktezahl von Zulassungstests wie das SAT. Mit Hilfe einer Befragung untersuchen die Autoren schließlich die vermuteten Effekte auf die zufällig zugeordneten Mitbewohner. 2002 befragen die Autoren per Internet Kohorten mit Studienbeginn zwischen 1998 und 2000. 2003 werden schließlich mit Hilfe von Telefon-, E-Mail und Internet-Umfragen auch die Kohorten von 1997, welche bereits von der Universität abgegangen waren befragt (vgl. Boisjoly u.a. 2006, S. 1893). Dabei wurden Fragen zu Einstellungen, Verhaltensweisen und Zielen der Studierenden und ehemaligen Studierenden abgefragt. Bezogen auf die Einstellungen fragen die Autoren beispielsweise nach der Meinung zu Aktionen für einen Minderheitsschutz innerhalb von Universitäten. Außerdem fragen sie nach der Anzahl und Intensität der Kontakte, die Studierenden und Ex-Studierende zu Mitgliedern anderer ethnischer Gruppen haben. Schließlich befragen sie die Studierenden zu deren Lebenszielen wie beispielsweise finanzielle Sicherheit oder einer hohen Stellung im Beruf. Sie fragen außerdem danach, ob Studierende es für wichtig empfinden ein interkulturelles Verständnis voranzutreiben, sich aktiv gegen Diskriminierung einzusetzen oder in einer Menschenrechtsorganisation zu arbeiten (vgl. Boisjoly u.a. 2006, S. 1894).
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