DIE KLAVIERSTUNDE
Die Kurzgeschichte ,,Die Klavierstunde" 1966 von G. Wohmann geschrieben, handelt von einer Klavierlehrerin und ihrem Schüler, welche die immer näher heranrückende Klavierstunde verabscheuen und in einen inneren Konflikt geraten.
Die Erzählung beginnt mit den Impressionen, die der Junge auf seinem Weg zu seiner Klavierlehrerin hat. Er sehnt sich anstatt des Unterrichtes zu spielen und Spaß zu haben. Immer wieder versucht er einen Ausweg zu finden, jedoch wagt er es nicht der Lehrstunde fern zu bleiben.
Währenddessen verflucht auch seine Klavierlehrerin die nahende Stunde, überwindet sich aber trotzdem den untalentierten Jungen zu schulen.
Auf dem Weg zu seiner Klavierstunde geht der Junge über einen mit Sonnenklecksen bedeckten Kiesweg, der von Birken umgeben ist. Doch ,,Das hatte jetzt alles keine Beziehung zu ihm..." (Zeile1) ,,Er ging da hindurch (...) mit hartnäckigen kleinen Schritten." (Zeile3-5). Er wehrt sich innerlich zu seiner Klavierlehrerin zu gehen und ist nicht mehr in der Lage die schöne Natur als schön wahrzunehmen. In seinem Kopf dreht sich alles um den Klavierunterricht und wie er diesem entgehen könne. Immer wieder sagt ihm eine innere Stimme, ,,Er brauch(t)e nicht hinzugehen, er könn(t)e sich widersetzen" (Zeile 10-11), jedoch ist der Zwang zu einer Gewohnheit geworden, so dass ihm die ganze Zeit klar ist, dass er dieses Wagnis nicht eingehen könne. Gleichzeitig bestreitet er vor sich selbst, die Tatsache, dass er freiwillig zu seiner Pianostunde geht. ,,Er tat so, als bemerkte er nichts davon, daß er weiterging, stellte sich überrascht, ungläubig. Die Beine trugen ihn fort, und er leugnete vor sich selbst den Befehl ab, der das bewirkte und den er gegeben hatte" (Zeile 14-17).
Erneut geht ihm der Merksatz ,,Brauch(t)e nicht hingehen. Einfach wegbleiben" durch den Kopf, wobei er weiß, dass ihm die Entscheidung nicht ,,einfach" fallen würde.
Der Junge malt sich zwar immer wieder Alternativen aus, würde diese aber nie ausführen aus lauter Respekt vor der Lehrerin. Zeichen für den Strenge ist der Geruch von Seife an seinen Fingern und die Notenmappe in seiner Hand. Diese Dinge ließen sich leicht und ,,einfach" entfernen, aber der innere Befehl des Jungen hält ihn davon ab. ,,Seine Beine trugen ihn langsam, mechanisch in die Nähe der efeubeklecksten Villa" (Zeile 70-71), worin auch der Wiederspruch liegt, denn einerseits würde das Kind alles dafür geben die Stunden zu beenden und andererseits ist er nicht in der Lage seine durchdachten Pläne auszuführen.
Sein Verhalten beim Unterricht erklärt diese Widersprüchlichkeit.
,,Schrecken in den Augen. Angst vibrierte im Hals" (Zeile 94) verdeutlicht den Respekt, den er vor seiner Lehrerin hat.
Die Klavierlehrerin ist in einer ähnlichen Situation, da sie bei dem Gedanken an den unfähigen Jungen verzweifelt und es als Zeitverschwendung ansieht ihn zu unterrichten. ,, Auf einem imaginären Bildschirm hinter den Augen sah sie den Deckel hochklappen, Notenhefte sich voreinanderschieben auf dem Ständer; verschwitzte Knabenfinger drückten fest und gefühllos auf die gelblichen Tasten., die abgegriffenen; erzeugten keinen Ton" (Zeile 27-31). Sie ekelt sich vor der Lustlosigkeit des Jungen und kann die fehlende Leidenschaft nicht nachvollziehen.
Wiederkehrend spielt sich in ihrem Kopf die Zahlenfolge ,,Eins zwei drei vier, ein zwei drei vier" ab, was in diesem Zusammenhang ein Beweis für die Monotonie des Unterrichtes ist. Kopfschmerzen, welche die Absage des Unterrichtes rechtfertigen würden, plagen die Frau. Auch ihr geht ein Merksatz - ,, Kopfschmerzen. Ihn wegschicken" - durch den Sinn, doch auch sie ist nicht im Begriff die Routine des Zwanges zu durchbrechen und bereitet sich derweil lustlos auf die Lehrstunde vor.
Die unerträglichen Kopfschmerzen scheinen als Ersatz für die unerträglichen Pianostunden zu stehen.
Als der Junge mit Angst anfängt zu spielen, wiederholt sie wie jede Stunde die Zahlenfolge und ,,...Töne erzeugten seine steifen Finger; das Metronom tickte laut und humorlos" (Zeile 96-97). Die steifen Finger des Jungen erklären die Angst und den Teufelskreis, in dem sich Lehrerin und Schüler befinden. Durch die Angst, die der Junge vor seiner Lehrerin hat, sieht er den Unterricht als Zwang und ist nicht fähig mit Freude und Geschick zu spielen. Die Lehrerin ist daraufhin verzweifelt und verabscheut den Jungen, da er keine Leidenschaft entwickelt.
Das Metronom ist ein Symbol für Monotonie und Endlosigkeit der Pianostunden.