Das Assessment-Center


Seminararbeit, 2000

21 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

Einführung

Begriff und Definition

Geschichte und Entwicklung des AC

Anwendung des AC

Grundprinzipien des AC

Die teilnehmenden Personengruppen

Die Übungen

Feedbackgabe

Wissenschaftliche Prüfung des AC

AC in der Pflege

Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Einführung

In jedem Jahr werden in Deutschland eine Vielzahl von Auswahlentschei- dungen getroffen, deren Qualität so unterschiedlich ist, wie die hierzu ver- wendeten Methoden. Die Entscheidung des Unternehmens orientiert sich hierbei vorrangig an der zu erwartenden Leistung des Stellenanwärters, sollte aber als Zielkriterien Zufriedenheit und Gesundheit des (eventuell zukünftigen) Mitarbeiters mit im Blick behalten.1 Qualifizierte Neueinstel- lungen im Nachwuchsbereich oder die hausinterne Auswahl von Führungsnachwuchs sind Investitionsentscheidungen mit nicht zu unterschät- zendem Risiko für alle daran Beteiligten. Die Auswirkungen von Fehlent- scheidungen können für beide Seiten beachtlich sein!2 Auf Unterneh- mensseite wäre hier an erster Stelle der ökonomische Schaden zu nen- nen, da die Anstellung ungeeigneter Mitarbeiter hohe Kosten nach sich zieht. Und dieses gilt, egal ob sich das Unternehmen von diesem Mitarbei- ter trennt oder nicht, da entweder eine enorme Fehlinvestition bereits getä- tigt wurde oder im zweiten Falle die Arbeitsresultate weiterhin nicht den Unternehmensvorstellungen entsprechen.3 Die Folgen für den Mitarbeiter können ebenfalls beträchtlich sein. Möglicherweise hat er sein altes Dienstverhältnis gekündigt, seinen Wohnort gewechselt und somit sein gesamtes soziales Umfeld verändert. Über- oder Unterforderung durch die neue Anstellung führen zu Unzufriedenheit. Eine erneute Kündigung von Arbeitgeberseite nach kurzer Zeit hätte eine erschwerte Vermittelbarkeit seiner Person zur Folge. Eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses kann zum Burn-Out führen.4

Hierin wird deutlich, wie wichtig die sorgfältige Auswahl des Entschei- dungsinstrumentes und die genaue Auswertung der erlangten Erkenntnisse für beide Seiten ist.

Die folgende Arbeit wird ein Instrument vorstellen, welches seit nunmehr fast 20 Jahren fester Bestandteil der Personalentwicklung vieler deutscher Unternehmen ist - das Assessment-Center (AC).5 Zum Abschluß wird die Frage diskutiert, ob der Einsatz von Assessmen-Centern auch geeignet für die Auswahl führender Pflegekräfte ist.

Begriff und Definition

Wörtlich übersetzt bedeutet der Begriff Assessment-Center „Einschät- zungs-, Bewertungs- und Beurteilungszentrum“.6 Diese Bezeichnung konnte sich bisher nicht durchsetzen. Jedoch kann die innerbetriebliche Bezeichnung von AC abweichen. Die Literatur benennt noch folgende Möglichkeiten - Personalentwicklung/Entwicklungsseminar

- Auswahlseminar
- Förderseminar.7

Ebenso reichlich wie die Vielzahl von Veröffentlichungen zu diesem The- ma sind die unterschiedlichen Versuche, den Begriff Assessment-Center zu definieren. Die wohl ausführlichste benennt Fennekel:

„Das Assessment-Center-Verfahren ist ein systematisches und flexibles Verfahren zur kontrollierten und qualifizierten Feststellung von Verhaltens- leistungen und -defiziten, das von mehreren Beobachtern gleichzeitig für mehrere Teilnehmer in bezug auf vorher festgelegte Übungen und be- stimmte Anforderungen vornehmlich zur Mitarbeiterauswahl und Weiter- entwicklung von vielen Personalentwicklungsabteilungen in Großunternehmen mit Erfolg und steigender Tendenz eingesetzt wird.“8

Geschichte und Entwicklung des Assessment-Centers

Entgegen der Auffassung, das AC käme wie viele andere Neuerungen im Managementbereich aus den USA, hat es seinen Ursprung im Deutsch- land des Ersten Weltkrieges. Hier wurden erstmals psychologische Test- verfahren zur Auswahl von Kraftfahrern, Funkern und Piloten verwandt und die dort gesammelten Erfahrungen für die Reichswehr ausgewertet. 1927 wurden diese Verfahren zur Offiziersauswahl verpflichtend vorge- schrieben. Während des Zweiten Weltkrieges wurde dieses Vorgehen aufgegeben. Wichtiger als psychologische Kriterien schienen nun Rasse und politische Gesinnung.

Seit 1942 gelangte das Verfahren auch in England zur Auswahl von Offi- zieren zur Anwendung, von wo aus es sich im gesamten Commenwealth verbreitete.

Zeitgleich implementierten die USA jene psychologischen Testverfahren in der Eignungsprüfung von Bewerbern für ihren Geheimdienst OSS. Der führend an der Konzeptualisierung beteiligte Psychologe Murray prägte hier den Begriff „Assessment-Center“. 1943 übernahmen die US- amerikanischen Streitkräfte diese Praxis vom Geheimdienst. Erst in den 50er Jahren und anfangs auch nur zu Testzwecken führten amerikanische Firmen das AC ein. Durch die hohe Übereinstimmung der Prognosen einer ersten langjährigen geheimen Studie und der tatsächli- chen Karriereverläufe der begutachteten Kanditaten inspiriert, führte eine Telefongesellschaft (AT&T) 1958 zum ersten Mal ein AC mit dem Ziel durch, die erlangten Erkenntnisse auch anzuwenden. Bis 1969 hatten zwölf weitere Firmen dieses Verfahren angewendet und im darauffolgen- den Jahrzehnt verbreitete es sich in den gesamten USA.

In den 70er Jahren dann übernahmen europäische Industrieunternehmen das AC als Instrument der Personalauswahl und Personalentwicklung.9 In Deutschland erfolgte der Durchbruch dieser Methode im Winter 1976/77 mit einem Vortrag von W. Körschgen vor der DGfP und ist nun, wie einlei- tend schon erwähnt, seit zwanzig Jahren in vielen deutschen Unterneh- men aus der Personalentwicklung nicht mehr wegzudenken. 1977 schlos- sen sich Vertreter verschiedener deutscher Wirtschaftsunternehmen zu einem „Arbeitskreis Assessment-Center“ zusammen. Der dort angeregte Erfahrungs- und Gedankenaustausch soll der stetigen Weiterentwicklung der Inhalte und Methoden des AC dienen.10

Anwendung des Assessment-Centers

Im Vordergrund des AC stehen die Beurteilung sozialer Kompetenzen und die Einschätzung fachübergreifender Fähigkeiten von Bewerbern und Mitarbeitern.11 Hieraus ergeben sich eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten für die jeweiligen Unternehmen:

- Interne Personalauswahl
- Auswahl externer Bewerber
- Laufbahnplanung
- Ausbildungsberatung
- Beurteilung; insbesondere Potentialberatung
- Berufsberatung
- Berufliche Rehabilitation
- Arbeitsplatzgestaltung
- Forschung
- Trainingsbedarfsanalyse12
- Weiterbildungbedarfanalyse
- Teamentwicklung
- Aufgabenerweiterung13
- Kompetenzerweiterung
- Erfolgskontrolle14

Es wird abermals deutlich, daß das AC vorrangig auf den Gebieten Personalauswahl und Personalentwicklung angesiedelt ist.

Im folgenden Abschnitt werde ich die wichtigsten Anwendungsbereiche in der Personalentwicklung kurz erläutern.

Potentialanalyse:

Dieses ist die wohl häufigste Form des Einsatzes des AC.15 Ziel ist es, die Mitarbeiter zu identifizieren, welche für weitergehende Aufgaben geeignet scheinen. Besonderes Augenmerk ist hierbei gerichtet auf die Frage, ob die Nachwuchskraft eher eine Fach- oder Führungslaufbahn einschlagen sollte.

Laufbahnplanung und Weiterbildungsberatung:

Hierdurch wird es dem Unternehmen ermöglicht, sein Führungs- und Fachkräftepotential zu erkennen. Dem einzelnen Mitarbeiter dient es zur besseren Karriere- und Weiterbildungsplanung. Anhand erstellter Stärkenund Schwächenprofile lassen sich einerseits die Geeignetheit für höherwertige Aufgaben erkennen, andererseits gezielte Förder- und Weiterbildungsmaßnahmen definieren.

Kompetenzerweiterung:

Vor allem die Erhöhung sozialer Kompetenz steht hier im Vordergrund.

Für die teilnehmenden Kandidaten bedeutet dies, ihre eigenen Stärken und Schwächen gemessen am Anforderungsprofil kennenzulernen, für die Beobachter (werden später noch erläutert), mit kompetenter Hilfe qualifi- zierte Personalentscheidungen vorbereiten und treffen zu können.16

Erfolgskontrolle:

Ziel des AC-Einsatzes hier ist die Überprüfung von Lernerfolgen und somit der Effizienz von Trainingsmaßnahmen. Mittel der Wahl sind hierbei Vorher-Nachher-Untersuchungen.

Grundprinzipien des Assessment-Centers

Das AC ist eine multiple Verfahrenstechnik, zu der mehrere eignungsdiagnostische Instrumente und leistungsrelevante Aufgaben zusammengestellt werden.17 All diese Verfahren können unterschiedlich gestaltet sein, unterliegen aber denselben Grundprinzipien.18

1. Simulation der späteren Anforderungssituationen

Bei den AC-Übungen (werden später noch erläutert) handelt es sich um Simulationen des Arbeitsplatzes, einer späteren Tätigkeit oder auch Position. Hier wird realisiert, welche Anforderungen an den späte- ren Mitarbeiter oder die zukünftige Führungskraft gestellt werden. Je genauer, je detaillierter die Simulation ist, desto größer ist die Wahr- scheinlichkeit, das spätere Arbeitsverhalten vorhersagen zu können.

2. Prinzip der Methodenvielfalt

Das AC ist eine Kombination mehrerer und verschiedener Eignungsdiagnostischer Verfahren.

3. Erstellung von Anforderungskatalogen

Zu Beginn der Planung eines AC sind Anforderungsanalysen durch- zuführen, auf deren Grundlage Kataloge erstellt werden können, mit deren Hilfe es gelingt, für die Zielposition relevante Tätigkeiten und somit erfolgsversprechende Verhaltensweisen zu erfassen und zu- sammenzustellen.

Diese können dann in den AC-Übungen simuliert werden.

4. Einsatz mehrere unabhängiger Beobachter

Durch den Einsatz mehrerer unabhängiger Beobachter können Verzer- rungen in Beobachtung und Beurteilung abgeschwächt und ausgegli- chen werden.

5. Beobachtung durch Führungskräfte des Unternehmens

Die Teilnehmer werden durch Führungskräfte des Unternehmens beobachtet und beurteilt, da jene den zu besetzenden Stellen zumindest vom Blickwinkel aus am nächsten stehen.

6. Trennung von Beobachtung und Bewertung

Beobachtung und Bewertung sind zeitlich voneinander zu trennen, um möglichen Beurteilungsfehlern zu entgegnen.

7. Transparenz des Verfahrens

Die Teilnehmer erhalten Einblick in das Verfahren. Sie werden über Anforderungskriterien und die zu stellenden Aufgaben genau infor- miert. Nach Beendigung der Übungen erfolgt von seiten der Beobach- ter Rückmeldung über das jeweilige Abschneiden der Kandidaten.19

Die teilnehmenden Personengruppen

Fast man die Ausführungen der verschiedenen Veröffentlichungen zu diesem Thema zusammen, lassen sich bis zu vier beteiligte Personengruppen unterscheiden.

Diese wären:

- der (die) Moderator(en)
- die Beobachter
- externe Berater
- die Teilnehmer (Kandidaten, Anwärter)

Der Moderator

Der Moderator ist an der Konzeption des AC´s beteiligt und leitet dessen Durchführung. Empfohlen werden zwei Moderatoren, wobei einer sich mehr dem organisatorischen Ablauf der Übungen widmen sollte und der andere den Problemen (Stimmungen, Erwartungen, Enttäuschungen) der Beobachter. Die unterschiedlichen Aufgaben sind im Vorfeld abzustim- men.20

Die Beobachter

Diese sollten Führungskräfte sein, welche ein bis zwei Ebenen über der Position stehen, welche die Teilnehmer zur Zeit innehaben oder anstre- ben21 und keine direkten Vorgesetzten derer sind.22 Empfohlen wird ab hängig von der Anzahl der Kandidaten eine Beobachterzahl von vier bis sechs Personen.23 Einem Beobachter sollte höchstens zwei Teilnehmer zugeordnet werden.24

Externe Berater

Jedes Unternehmen ist gut damit beraten, zusätzlich ein bis zwei externe Berater in das AC mit einzubeziehen.25 Diese sind frei von betriebsinternen Einflüssen und Kulturen und haben somit einen anderen Blickwinkel und die Chancen objektiver Distanz.

Die Teilnehmer

Zu einem Assessment-Center werden zwischen acht und zwölf Teilnehmer eingeladen.26 Diese können sein

- Mitarbeiter, welche im Rahmen ihrer Tätigkeit durch be- sondere Leistungen aufgefallen sind oder
- Bewerber, die sich um eine Stelle in einem Unterneh- men bemühen.

Die Teilnehmer eines AC´s werden in einer Vorauswahl bestimmt.

Die Übungen

Die Länge eines AC´s wird in der Literatur fast einhellig mit 2-4 Tage an- gegeben.27 In dieser Zeit wird das Verhalten des Bewerbers vor allem in der Gruppe bezüglich Durchsetzungsvermögen, Integrationsfähigkeit, Füh- rungsfähigkeit, Einfühlungsvermögen, Initiative, Kommunikationsfähigkeit und Konsensfähigkeit untersucht. Dazu werden verschiedene Übungen (Tests) angewendet, in welchen erfolgsrelevante Arbeitsaufgaben in verschiedenster Form abgebildet und simuliert werden (vgl. S.7). Einige dieser Übungen werde ich jetzt vorstellen.

Der Postkorb (In-Basket-Methode)

Diese Methode wird auch als das Herzstück eines AC´s28 bezeichnet, da sie mit einer Arbeitssituation quasi identisch ist. Alle Teilnehmer erhalten 20-30 Schriftstücke (z.B. Notizen, Briefe, Faxe, E-Mails, Mitteilungen, etc.), welche privater oder geschäftlicher Natur sein können und unter Zeitdruck bearbeitet werden müssen. Der Kandidat hat die Aufgabe, sei- nen ausgearbeiteten Plan (Tagesablauf) in einen Kalender einzutragen. Diese Methode erlaubt den Beurteilern eine Prognose darüber, ob und in welchem Ausmaß der Bewerber in der Lage ist, unter Zeitdruck umfas- sende Sachverhalte zu analysieren, zu planen und zu organisieren. Eben- falls ist zu erkennen, welche Prioritäten der Teilnehmer setzt und in wel- chem Maße er Anordnungen zur Erledigung oder Weiterbearbeitung er- teilt.

Die Gruppendiskussion

Die Gruppendiskussion ist seit den 50er Jahren neben dem Postkorb eine der typischen Aufgaben im AC. Meist wird sie in der Form „Führungslose Gruppendiskussion“ geführt, also ohne Leitung eines Moderators. Die Dis- kussion findet in Gruppen von vier bis sechs Leuten statt. Abgebildet wer- den sollen:

- soziale Kompetenz
- systematisches Denken und Handeln
- Leistungs- und Führungsverhalten.29

Es lassen sich vier Formen der Gruppendiskussion unterscheiden.

1. Führungslose Diskussion ohne Rollen (keiner erhält die Leitungsrolle zugewiesen, es gibt keine Einschränkungen
2. Führungslose Diskussion mit Rollen (keine Diskussionsleitung, aber Teilnehmer erhalten vordefinierte Rollen zugewiesen)
3. Geführte Diskussion ohne Rollen
4. Geführte Diskussion mit Rollen30

Die Kurzpräsentation

Jeder Teilnehmer spricht nach halbstündiger Vorbereitung über ein ihm übertragenes Thema, z.B. Erreichung der Arbeitsziele im nächsten Jahr. Beobachtet werden können Wortwahl, Überzeugungskraft, Initiative, Kreativität, Streßtoleranz, Planung und Organisation.31

Die Präsentation

Im Unterschied zur Kurzpräsentation haben die Teilnehmer ein bis drei

Stunden Vorbereitungszeit für ein zugewiesenes Thema. Geprüft werden:

- Systematisches Denken und Handeln
- Argumentation und Ausdruck.32

Rollenspiele

Die Kandidaten haben die Aufgabe, einzeln mit einem Rollenspieler ein

Gespräch zu führen, wobei ihnen unterschiedliche Rollen zugewiesen sein können. Denkbar wäre ein Gespräch zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter.33 Untersucht werden:

- Soziale Kompetenz
- Leistuns- und Führungsverhalten.34

Die Konstruktionsaufgabe

Es werden Gruppen von Teilnehmern gebeten, gemeinsam ein Produkt zu erstellen. Abgebildet werden:

- Systematisches Denken und Handeln
- Zielstrebigkeit, Durchsetzungsvermögen
- Leistungs- und Führungsverhalten.35

Video-Simulationen

Es werden Videos von bestimmten tätigkeitsrelevanten sozialen Situationen vorgeführt, die von den Teilnehmern beurteilt werden sollen. Dieses kann die aufwendigeren Rollenspiele ersetzen.36

Alle Assessment-Center-Übungen zu erläutern würde den Rahmen dieser Hausarbeit sprengen. Daher werde ich sie im folgenden nur benennen.

Weitere AC-Übungen:

- Selbstvorstellung
- Wirtschaftsspiele
- Fähigkeits- und Leistungstest (umstritten)
- Persönlichkeits- und Interessentest
- biographischer Fragebogen
- Lockerungsübungen37
- Prüfung von Schriftstücken38
- Fallstudie
- Disput39
- Computergestützte Übungen40
- Produktpräsentation41

Feedbackgabe

Die meisten Autoren der AC-Literatur weisen darauf hin, daß es unbedingt ratsam ist, im Anschluß an das AC mit jedem Kandidaten ein Feedback- Gespräch zu führen. Ziel der Rückmeldung sollte es sein, den Teilnehmer zur Weiterentwicklung seiner Persönlichkeit zu führen.42 Inhalte des Feed- back sind:

- Welche Urteile sind über den Teilnehmer gefällt wor- den?
- Was bedeuten diese für ihn?
- Welche Empfehlungen leiten sich daraus ab?43

In dem Gespräch sollen die Stärken und Schwächen vor allem gegenüber den Mitbewerbern erläutert werden. Dadurch können Selbsteinschätzung und Selbsterkenntnis verbessert werden. Außerdem mildert es den „Frust“ des Bewerbers nach einem eher negativen Verlauf.44 Empfohlen wird, das Endgutachten mündlich zu erläutern als auch schriftlich auszuhändigen, da dieses es dem Teilnehmer ermöglicht, die Urteilsschritte im Zusam- menhang zu sehen und die Schlüssigkeit der Argumente selber zu über- prüfen.45

Wissenschaftliche Prüfung des Assessment-Centers

Der Einsatz von Methoden rechtfertigt sich immer erst dann, wenn sich de- ren Nutzen wissenschaftlich belegen läßt, also ob das jeweilige Verfahren einer Prüfung auf Herz und Nieren standhält. Untersucht werden in der Regel Reliabilität (Zuverlässigkeit des wissenschaftlichen Versuches46 ), Akzeptanz (Wird das Verfahren von den Beteiligten akzeptiert?47 ) und Rentabilität (Rechnet sich der Aufwand im Vergleich zum Nutzen?). Wich- tigstes Kriterium ist wohl die Validität (Gültigkeit eines wissenschaftlichen Versuchs48 ). Die Validität gibt den Grad der Genauigkeit an, mit dem ein Verfahren das mißt, was es messen soll. Man unterscheidet verschiedene Formen der Validität, bezüglich des Assessment-Centers ist die wohl wich- tigste die sogenannte „Prädikative Validität“. Diese beschreibt den Zu- sammenhang zwischen der durch das AC vorhergesagten und der tat- sächlichen Eignung für eine bestimmte Stelle oder Position. Die hohe Popularität des AC´s führte dazu, das mittlerweile Generationen von Wissenschaftlern diese Methode auf die unterschiedlichsten Weisen untersuchten. Dadurch sind die Publikationen zu diesem Thema mannig- faltig und deren Auswahl schier unerschöpflich. Mir erscheint es deshalb sinnvoll, mich einem Werk anzuschließen, welches bisherige Untersu- chungen in ihrem Ergebnis zusammenfaßt. Das hier dargestellte Bild des Assessment-Centers ist eher positiv. Zitat: „Zusammenfassend bleibt fest- zuhalten, daß die in der Literatur referierten empirschen Untersuchungen im allgemeinen ein sehr positives Bild des Assessment-Centers hinsicht- lich Reliabilität, Akzeptanz und Rentabilität zeichnen.“49 Ferner wird be- schrieben, das sich das AC auch in bezug auf die prädikative Validität her- kömmlichen Beurteilungs- und Selektionsmethoden als eher überlegen erweist. Bei sorgfältiger und methodisch fundierter Konstruktion sowie kor- rekter Kosten-Nutzen-Abwägung stellt das AC ein geeignetes Instrument zur Beurteilung und Auswahl von Mitarbeitern dar, welches gegenüber konventionellen Methoden einiges an Vorteilen bietet und einen hohen be- trieblichen Nutzen aufweist. Abschließend wird bemerkt, daß eine weite- re Verbesserung und Optimierung des AC´s auch in Zukunft lohnend erscheint.50

Assessment-Center in der Pflege

In Zeiten immer knapper werdender Budgets, dem Drang nach kürzeren Liegezeiten und neuer Versorgungsmodelle wird es auch für die Pflege immer wichtiger, leitende Kräfte sorgfältig auszuwählen. Nach den Ausführungen dieser Arbeit scheint das AC durchaus ein dazu geeignetes Instrument zu sein. Aber findet es auch Anwendung?

Trotz sorgfältiger Recherche in allen denkbaren Medien ist es mir lediglich gelungen, einen (!) Titel zu finden, welcher den Gebrauch dieses Verfahrens in der Pflege bestätigt.

In „Aktuelle Brennpunkte im Pflegemanagement“(Hrsg. Anja Lüthy;1998; weiter siehe Literaturliste) beschreiben Gabi Hünebeck und Lucia Rein- ders im 4. Kapitel des Buches eine Studie, welche sich mit obigem Thema befaßt. Die nun folgenden Ausführungen schließen an diese Darstellun- gen an.

1997 konnten zwei(!) Krankenhäuser ermittelt werden, welche ein AC in der Pflege durchführten. Zum Ende der Studie lagen Informationen über acht AC vor. Ein AC wurde zur Personalentwicklung durchgeführt, alle üb- rigen zur Auswahl von Führungskräften. Die geringe Verwendung von AC´s wird durch den oben beschriebenen Mangel an Literatur zu diesem Thema bestätigt.

Bei den zuerst genannten Krankenhäusern handelte es sich um ein Fachkrankenhaus in Oberbayern mit über 200 Betten (im folgenden KH A) sowie ein allgemeines Krankenhaus mit über 700 Betten in kommunaler Trägerschaft in Hamburg (im folgenden KH B).

Ich werde nun die wichtigsten Punkte der Durchführung der AC´s in kürzester Form darstellen.

Wichtigstes festgelegtes Anforderungskriterium war in beiden Institutionen soziale Kompetenz, welche in ihren Ausprägungen Motivation, Konfliktfä- higkeit und Kommunikationsfähigkeit näher beschrieben wurde. KH A er- mittelte für sich als Anforderungen darüber hinaus Ehrlichkeit, Sensitivität, Führungsfähigkeit, Kompromißbereitschaft und Offenheit, KH B Initiative, Reflexionsfähigkeit, Problemlösungsfähigkeit, Kreativität und Phantasie. Mit der Hilfe externer Berater wurden dann die Übungen festgelegt.

KH A - Führerlose Gruppendiskussion

- Präsentation

- Kommunikationsübung

- Konstruktionsübung

KH B - Führerlose Gruppendiskussion

- Päsentation

- Projektgruppensimulation

Im KH A nahmen von fünf eingeladenen Bewerbern drei tatsächlich teil, im KH B waren es acht.

Beide Krankenhäuser würden das Assessment-Center wieder einsetzen und es anderen Krankenhäusern weiterempfehlen. Es wurde bemerkt, daß die positiven Erfahrungen mit dem AC den Aufwand relativieren würden. Im KH A wurde betont, daß neben der erfolgreichen Auswahl der Pflege- dienstleitung die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Auswahlteam einen wichtigen Beitrag zur Organisationsentwicklung des Krankenhauses gelie- fert habe. Unterschiedliche und zum Teil widersprüchliche Erwartungshal- tungen an die Pflegedienstleitung konnten vor der Einstellung geklärt wer- den. Dieses führte dazu, daß die PDL seit ihrer Einstellung eine hohe Ak- zeptanz bei den Mitarbeitern genießt. Außerdem wurde erwähnt, das AC habe zu einer Erhöhung der sozialen Kompetenz der Mitarbeiter ge- führt.

Die Kosten der AC´s konnten nicht genau ermittelt werden, schienen den Autorinnen nach Schätzungen externer Berater aber durchaus vertretbar. Zusammenfassend stellten die Autorinnen zum Ende der Untersuchung fest, daß das AC ein innovatives und umfassendes Instrument in der Per- sonalarbeit ist, dessen Einzug im Pflege- und Krankenhausmanagement positiv zu bewerten ist.51

Auch mir erscheint dieses sinnvoll, zumindest was die Anwendung in grö- ßeren Institutionen betrifft. Die Rentabilität eines AC´s für kleinere Unter- nehmen wie Sozialstationen wäre zu prüfen, erscheint mir aber unwahr- scheinlich.

Zusammenfassung

Assessment-Center zählen zu den beliebtesten und härtesten Auslesever- fahren unserer Zeit. Banken, Versicherungen, Industriekonzerne und zu- nehmend auch mittelständische Unternehmen nutzen dieses Verfahren, um die sozialen und fachlichen Kompetenzen der Bewerber im Aus- wahlprozeß auszuloten. Mindestens 180 Unternehmen setzen es hierzu- lande ein.52

Seit einigen Jahren sind auch erste Anwendungen im Bereich Pflegema- nagement zu verzeichnen, welche sich durch positive Ergebnisse für den weiteren Gebrauch in diesem Bereich empfahlen. Gerade in der heutigen schwierigen und somit aber auch chancenreichen Zeit sollte die Pflege diese Möglichkeit der Personalauswahl und -entwicklung nutzen, um kompetente und vor allem kompatible Mitarbeiter und Führungskräfte für die Vielzahl zu bewältigender Aufgaben zu finden.

Eine Anpassung dieses Instrumentes an die Eigenheiten dieses speziellen Marktes und (somit) schrittweise Verbesserung muß, wie auch in anderen Wirtschaftszweigen üblich, mit der vermehrten Anwendung zwingend ein- hergehen.

Literaturverzeichnis

Fisseni, Herrmann-Josef; Fennekels, Georg P.(1995): „Das Assessment Center - Eine Einführung für Praktiker“; Göttingen, Verlag für Psychologie

Holzwath, Constanze (1995): „Die Rolle der Verhaltensbeobachtungin der Personalbeurteilung - eine experimentelle Untersuchung zum Assessment Center“; Regensburg, Roderer

Kleinmann, Martin (1997): „Assessment Center - Stand der Forschung - Konsequenzen für die Praxis“; Göttingen, Verlag für Angewandte Psycho- logie

Lüthy, Anja (Hrsg.;1998): „Aktuelle Brennpunkte im Pflegemanagement“; Frankfurt am Main, Mabuse - Verlag

Rosenstil, Lutz v.; Regnet, Erika; Domsch, Michel E. (Hrsg.);(1999): „Führung von Mitarbeitern - Handbuch für erfolgreiches Personalmanagement“; Stuttgart, Schäffer - Poeschel - Verlag

Zeitungen

Der Tagesspiegel; Sonntag, 7.November 1999; S. 37: „Schauspielern beim Stressmarathon zwecklos“; von Christine Wittenzellner

Internet

http://www.management-diagnostik.deassessmentdenter.html 13.01.00; 11:08 Uhr

http://www.kienbaum.de/de/persbera...n/K9_09_0_Assessment- Center_97.htm ; 13.01.00; 11:05 Uhr

http://www.ksk-tuebingen.de/rat/rt/perso4.html 21.01.00; 11:42 Uhr

http://www.arbeitskreis-ac.de/proj...echer/buch3lprobe/buch3lprobel.htm 11.02.00; 10:26 Uhr

CD - ROM

Microsoft LexiRom Version 3.0; 1995 - 1997; MS Corporation und bibliographisches Institut & F.A.Brockhaus AG

[...]


1 Rosenstil 1999; S.132

2 http://www.management-diagnostik.de/assessmentcenter.html; 13.01.2000, 11:08 Uhr

3 Kleinmann 1997; S.1

4 ebd.

5 http://www.arbeitskreis-ac.de/proj...echer/buch3lprobe/buch3lprobel.htm

6 http://kienbaum.de/de/persbera...en/K6_4_0_Assessment-Center_78.htm ; 13.01.2000, 11:09 Uhr

7 Fisseni/Fennekels 1995; S.8

8 ebd. S.15 mit Verweis auf: Fennekels, G.P. (1987). Validität des Assessment-Centers bei Führungskräfteauswahl und -entwicklung. Phil. Diss., Bonn.

9 nach Fisseni/Fennekels 1995

10 http://www.arbeitskreis-ac.de/proj...echer/buch3iprobe/buch3lprobel.htm 11.02.2000; 10:26Uhr

11 Kleinmann 1997; S.V

12 Rosenstil 1999; S.151

13 http://www.Kienbaum.de/de/persbera...en/K6_4_0_Assessmennt-Center_78htm

14 Holzwarth 1995; S.19

15 ebd.;S.20

16 ebd.

17 Rosenstil 1999; S.150

18 Holzwarth1995; S. 21

19 nach Holzwarth 1995; S.23

20 vgl.Fisseni/Fennekels1995; S.77

21 ebd.; S.78

22 Holzwarth 1995; S.25

23 http://www.management-diagnostik.de/assessmentcenter.html; 13.01.2000; 11:08 Uhr

24 Fisseni/Fenekels 1995; S.79

25 http://www.management-diagnostik.de/assessmentcenter.html ; 13.01.2000; 11:08 Uhr

26 vgl. Fisseni/Fennekels 1995; S. 81

27 vgl. http://www.ksk-tuebingen.de/rat/rt/perso4.html ;21.01.2000, 11:42 Uhr 10

28 ebd.

29 Fisseni/Fenekels 1995; S. 59

30 http://www.ksk-tuebingen.de/rat/rt/perso6.html ;21.01.2000, 11:43 Uhr

31 ebd.

32 Fisseni/Fenekels 1995; S.58

33 Holzwarth 1995; S.35

34 Fisseni/Fenekels 1995; S.61

35 ebd.; S.66

36 holzwarth 1995; S.35

37 Rosenstil 1999; S.152

38 Holzwarth 1995; S.35

39 Fisseni/Fenekels 1995

40 http://www.kienbaum.de/de/persbera...en/K6_4_0_Assessment-Center_78.htm

41 Der Tagesspiegel; Sonntag, 7.November 1999, S.37

42 Fisseni/Fenekels 1995; S.153

43 ebd.; S.155

44 http://www.ksk-tuebingen.de/rat/rt/perso4.html ; 21.01.2000, 11:42 Uhr

45 Fisseni/Fenekels 1995; S.156

46 Duden; aus LexiRom

47 Holzwarth1995; S.63

48 Meyers Lexikon; Aus LexiRom

49 aus Holzwarth 1995; S.69

50 Holzwarth 1995; S.69

51 Vgl. Lüthy; 1998; S.139-167

52 Der Tagesspiegel; Sonntag, 7.November 1999, S.37

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Das Assessment-Center
Note
1,3
Autor
Jahr
2000
Seiten
21
Katalognummer
V98725
ISBN (eBook)
9783638971768
Dateigröße
368 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Assessment-Center
Arbeit zitieren
Marcel Röder (Autor:in), 2000, Das Assessment-Center, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98725

Kommentare

  • Gast am 18.4.2002

    Dipl.Phys..

    Sehr geehrter Herr Röder,

    mehr eine Frage als Kommentar. Finde ich in Ihrer Arbeit. Formulare für Personal Beurteilung (selbst, beurteiler, gemeinsames assessment, massnahmen für improvement usw.)?

    Bitte geben Sie eine kurzen Abriss Ihere Arbeit.

    Beste Grüße
    Horst Danker

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Titel: Das Assessment-Center



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