Die industrielle Formgebung des 20. Jahrhunderts


Ausarbeitung, 1999

8 Seiten


Leseprobe


Die industrielle Formgebung des 20. Jahrhunderts

Vorwort.

Designer- Brillen, Designer- Möbel, Designer- Anzüge, Designer- Autos: mit dem Wort Design verbindet man meist Produkte des oberen Preissegmentes, die sich durch extravagantes Aussehen hervortun. Tatsächlich aber verbirgt sich hinter dem Begriff die Gestaltung nahezu aller Konsumgüter aus der industriellen Produktion. Vom Automobil bis zur Zahnbüste, von der Sitzecke bis zum Werbeplakat und vom Abendkleid zur Cola- Flasche. Denn hinter dem Design verbirgt sich nicht anderes, als der Gestaltungsprozess, den jedes Produkt durchlaufen muss, um marktfähig zu werden. Dieser Prozess beginnt mit einer Idee. Diese Idee wird durchdacht und konkretisiert, wird zu Papier gebracht, dem Auftraggeber präsentiert, als Modell veranschaulicht, überarbeitet und schließlich realisiert - oder zu den Akten gelegt. Hierbei spielen verschiedene Aspekte eine Rolle: Innovation, Funktionalität, Ästhetik und Ökonomie sind die wohl wichtigsten. Heute ist unser Alltag ohne Design undenkbar geworden. Das Design spiegelt wieder, welche Veränderungen in der Produktion, der Technologie, dem Geschmack und der Kultur in der Gesellschaft vonstatten gehen.

An der Gestaltung unserer Wohnräume zeigt sich dies besonders deutlich, da wir uns mit unserem Wohnraum sehr stark identifizieren und uns dieser auch genügend Gestaltungsspielraum lässt. Im Folgenden soll nun ein Überblick gegeben werden über die Entwicklung des Designs im 20. Jahrhunderts, veranschaulicht mit bekannten Beispielen aus dem Sitzmöbeldesign. Es soll verdeutlichen, dass Design mehr sein kann als das bloße Befriedigen unserer konsumgesellschaftlich geprägten Ansprüche und Bedürfnisse. Design ist ein Spiegel unserer Zeit.

Die industrielle formgebung.

Die industrielle Produktion wurde stark beeinflusst von neuen Technologien, die es ermöglichen Werkstoffe, Techniken und Verfahren optimal anzuwenden und auszunutzen. Das Design wurde nach dem ersten Weltkrieg wesentlicher Bestandteil des Wiederaufbaues der Industrie in Europa, wo es nun mehr denn je erforderlich wurde, Produktionsvorgänge ausreichend zu planen. In den Vereinigten Staaten entwickelten sich die grundlegenden Theorien des Design, die zwischen den Weltkriegen von Ruskin, Morris und maßgeblich vom Bauhaus geprägt wurden zu wesentlichen Bestandteilen der industriellen Produktion. Während der Wirtschaftskrise von 1929 besannen sich viele führende Hersteller auf die Vorteile des Design im Dienste eines Industrieunternehmens und viele emigrierte Vertreter der Bauhausbewegung fanden in den USA ein ideales Betätigungsfeld. Die ständig expandierenden Märkte verlangten nach einer sowohl ästhetischen wie auch stilistischen Neuerung.

Führende Bauhaustheoretiker wie Gropius, Maholy- Nagy und Gyorgy Kepes fanden ihren Platz in der kapitalistischen Gesellschaft, deren Logik sie an sich ablehnten. Die industrielle Entwicklung erlebte derzeit einen ästhetischen Tiefpunkt, die Schöpfungen des Bauhauses waren bloße Erneuerungen der stilistischen Aspekte des Bauhauses und konnten sich auf den ständig wachsenden internationalen Märkten kaum durchsetzten. Der ästhetische Anspruch musste einer kapitalistisch definierten Vermarktungsideologie untergeordnet werden.

Die Erwartungen der nachkriegszeitlichen Industrieproduktion waren zunächst dahingehend, dass die Objekte sich nicht als Träger ästhetischer Werte durchsetzen würden. Jedoch erwies sich eine sinnvolle Verbindung von Nützlichkeit und Schönheit als durchaus rentabel und gerade der Neoplastizismus und das Bauhaus definierten diesen neuen Doppelaspekt. Aus einer immer neuen Auseinandersetzung mit dem Traditionellen wurde das Design Teil einer Bewegung, die gerade diese beiden Aspekte versucht miteinander zu vereinen.

Welchen Anforderungen aber muss ein Objekt genügen, um als Designobjekt zu gelten? Heute durchläuft nahezu jedes Objekt, das industriell gefertigt wurde, einen langwierigen Gestaltungsprozess, in dem es meist darum geht, die Ästhetik eines Objektes mit seiner Funktion und seiner Wirtschaftlichkeit in Einklang zu bringen.

Der italienische Ästhetikprofessor Gillo Dorfles fand hierzu folgende Kriterien: Das Objekt muss seriell produzierbar sein; das Objekt muss auf einer mechanische Produktion beruhen; das Objekt muss eine eigene ästhetische Qualität aufweisen, die keiner späteren Nachbearbeitung bedarf, sondern bereits im Planungsprozess berücksichtigt wurde.

Frühe Objekte aus handwerklicher Produktion dienten vornehmlich praktischen und nützlichen Zwecken und ließen wenig Raum für ursprüngliche ästhetische Qualitäten. Der Gestaltungsschwerpunkt lag stets auf der Funktionalität eines Objektes. Erst seit Beginn der industriellen Revolution lassen sich Modelle in der heute gewohnten Ausführlichkeit planen und auf mechanischem Wege umsetzen und unbegrenzt reproduzieren. Diese Objekte erhielten stets schon während der Planungs- oder Definitionsphase ästhetische Werte, die keiner manuellen Nachbearbeitung bedürfen. Erst jedoch, wenn der ästhetische Aspekt bewusst bei der Gestaltung eines Objektes berücksichtigt wird, spricht man von industrieller Formgestaltung. Hier liegt der Unterschied zu aufweisen, deren äußere Eigenschaften aber auf technischen Faktoren industriell gefertigten Objekten, die zwar ästhetische Qualitäten statt auf kreativer Gestaltung beruhen. Bedingt durch die neue Möglichkeit der seriellen Produzierbarkeit wurde es möglich, Prototypen zu fertigen und so ein Objekt vor der Produktion prüfen zu können. Der Prototyp ist das Ergebnis der gestalterischen Arbeit: alle folgenden Objekte, die nach seinem Vorbild angefertigt wurden, gleichen dem Prototypen vollständig.

Bei der Planung eines Produktes gilt es meist zwei wichtige Getsaltungskriterien zu beachten: die Funktionalität eines Objektes und die vorherrschenden Marktgesetze. Zudem muss das Produkt den Ansprüchen genügen, die die Konsumgesellschaft stellt. Doch ist ein Produkt nicht immer nur Träger ästhetischer und funktioneller Werte, sondern unter Umständen auch informativer Elemente. Darunter ist zu verstehen, dass ein Produkt etwas über seinen Benutzer oder Konsumenten aussagt. Das Objekt fesselt die Aufmerksamkeit des Konsumenten durch spezielle formale Merkmale, die dadurch eine Art Symbolcharakter erlangen. Der Käufer möchte sich mit einem Produkt identifizieren können und nutzt es häufig als Mittel der Imagebildung. So entehet das Phänomen des Statussymbols, wie es in unserer heutigen Gesellschaft zu beobachten ist.

Diese Symbolik bestimmter, aussagestarker Objekte machten sich auch gerne Politiker zunutze, indem sie diese für Propagandazwecke missbrauchten. So war sich Adolf Hitler bewußt, von welch immenser Bedeutung das Automobil als Symbol des technischen Fortschrittes für ihn sein könnte. So erteilte er der Entwicklung des „Volkswagens“ oberste wirtschaftliche Priorität und veranlasste so, dass der Ingeneur Ferdinand Porsche den „VW- Käfer“ entwarf. Hitler befahl, eine geeignete Produktionsstätte zu schaffen: So enstand die Stadt Wolfsburg.

Auch die Vespa in Italien nutzte man zu politischen Zwecken: in Italien war man derzeit der Meinung, die Verbreitung eines Fahrzeuges wie der Vespa könne der Entwicklung des Kommunismus entgegenwirken, da man mit dem Roller eine starke Individualisierung assoziierte.

So wird oftmals der Informationsfaktor eines Objektes über dessen Funktionalität erhoben und lässt die tatsächliche technische Innovation im Unklaren. Die Objekte werden im Interesse der symbolisch- psychologischen Effekte zu künstlichen Bedürfnissen, welche die Massenmedien gekonnt zu erzeugen wissen. Die industrielle Formgebung dient also lange nicht mehr allein der Befriedigung von Bedürfnissen: Das Design wird im Gegenteil zur Schaffung künstlich erzeugter Bedürfnisse verwendet.

Um den Konsum symbolträchtiger Objekte zu vertärken muss die Gestaltung der Produkte einem ständigen Wandel. Nur so lassen sich neue Trends unter dem Druck der Konkurenz durchsetzten. Dieser Wandel wird so um zeichen der Abnutzung symbolischer Ausdrucksmittel, die ständiger Erneuerung bedürfen. Einst gültige Theorien der „natürlichen Evolution“ der Stile, wie sie bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts noch zu beobachten gewesen waren, weichen nun dem Styling. Der Begriff des Styling wurde 1929 in den Vereinigten Staaten geprägt, wo man begriffen hatte, dass nur so die Aufmerksamkeit der Masse auf ein Produkt gelenkt werden kann. So wird es möglich, neue Produkte, die sich durch keinerlei technische Innovation oder Verbesserungen auszeichnen, dennoch durch ihr Styling begehrenswert zu machen. Der Konsument glaubt nun ein völlig neues Produkt zu erwerben, welches sich aber in Wahrheit kaum verändert hat. Die Entwicklungen technischer Neuheiten kostet eine Menge Geld; einen Gestalter zu beauftragen, dem alten Produkt neue Form zu verleihen, wenig. Designer und Theoretiker wehrten sich heftig gegen diese Form der Wirtschaft, die nur das Ziel kennt, wirtschaftlich erfolgreich zu sein, dabei aber die eigentliche Aufgabe des Designs vergisst: dem Menschen zu nützen. Besonders den Designern des Bauhauses und den puristischen und fuktionalistischen Gestaltern war diese Form der Ausbeute zuwider. Jedoch ist das Styling auch zu einem gänzlich neuen Stilbegriff geworden: es zeigt in aller Deutlichkeit die gesellschafliche und kulturelle Wirklichkeit, mit der wir heute umzugehen haben.

Hier zeigt sich deutlich, wie differenziert die Meinungen sind, wenn es darum geht zu Definieren, was Design bedeutet, was es sein und bewirken soll. Der argentinische Architekt Thomas Maldonado fand zu folgendem Schluss: „Das Industrial Design ist eine schöpferische Tätigkeit, deren Ziel es ist, die formalen Eigenschaften jener Objekte festzulegen, die die Industrie produziert. Diese formalen Eigenschaften umfassen nicht nur äußere Aspekte, sondern betreffen auch ganz wesentlich die strukturellen und fuktionellen Elemente, die aus einem System für Hersteller und Benutzer eine geschlossenen Einheit machen. Das Industrial Design erfasst alle Aspekte menschlicher Wirklichkeit, die von der Industrieproduktion bestimmt werden.“

Damit schließt Thomas Maldonado, der ehemalige Direktor der Hochschule in Ulm, genau an das an, was einst das Bauhaus als seine Grundsätze formulierte.

Der amerikanische Architekt und Historiker Edgar Kaufmann findet folgende Erklärung: „Die industrielle Formgebung ist die Kunst, die technologischen Möglichkeiten nutzbar zu machen, um die Produkte und Systeme zu verbessern, die von menschlichen Wesen verwendet werden. Industrielle Formgebung entwirft diese Produkte und Systeme. Sie entsprechen der Forderung nach Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Effizienz hinsichlich ihrer Herstellung, Distribution und Verwendung. Der industrielle Formgestalter sucht außerdem durch strukturelle Beziehungen Eigenschaften auszudrücken, die in ihrer Gesamtheit das ewige menschliche Bedürfnis nach Kreativität und Signifikanz befriedigen können. Dies kann aber nur durch äußere Erscheinung des Objektes geschehen. Praxisbezogen und aussagefähig zugleich ist die industrielle Formgestaltung ein neuer Kulturfaktor geworden.“ Der Russe Yuri Solojev definiert das Design wie folgt: „Das Industrial Design ist eine schöpferische Tätigkeit, die sich das Ziel setzt, eine in jeder Hinsicht harmonisch gestaltete Umwelt zu schaffen und die materiellen und geistigen Bedüprfnisse menschlicher Wesen so vollständig wie möglich zu befriedigen. Dieses Ziel erreicht es, indem es über die formalen Eigenschaften der industriell gefertigten Produkte entscheidet. Formale Eigenschaften sind nicht nur äußerliche Aspekte, sondern auch die strukturellen Beziehungen, die aus einem System erst eine funktionale und geschlossene Einheit machen und die für einen effizienteren Produktionsablauf sorgen.“

Gestaltung im Wandel.

Das Design durchlebte im 20. Jahrhundert zahlreiche Entwicklungen. Mit dem Beginn der Industrialisierung verlagerte sich das Interesse der Designer mehr und mehr weg von der handwerklichen Ästhetik, hin zur Ästhetik der Maschine. Die Gestalter sahen sich also neuen Aufgaben gegenüber: galt es zuvor handwerklicher arbeit Form zu verleihen, so verlagerte sich der Arbeitsschwerpunkt nun zunehmend auf die Formgebung von Maschinen.

Der Industrielle Henry Ford trug mit der Gründung der Ford Motor Company 1903 entscheidend zur Entwicklung der Massenproduktion bei. Die einzelnen Teile der Industriegüter wurden standarisiert, so dass die Produktion schneller und ökonomischer wurde. Das Fließband war eine weitere Erfindung aus dem Hause Ford. Zwar vergünstigte sich dadurch weiterhin die Produktion, der Mensch entfremdete sich allerdings immer mehr von seiner Arbeit, die ihm jeglichen Schaffensspielraum nahm und seine Tätigkeit auf wenige Handgriffe beschränkte. Kritiker dieser Entwicklung, allen voran William Morris, sahen in der Rückbesinnung auf die handwerklichen Qualitäten den einzigen Ausweg. Die Elektrizität wurde nach und nach für jedermann zugänglich und erschloss völlig neue Produktionsaufgaben: Bügeleisen, Waschmaschinen und sonstiges Haushaltsgerät sollte die mühevolle Arbeit der Hausfrau erleichtern. Als Chefdesigner des Elektrokonzerns AEG erkannte Peter Behrens die Notwendigkeit, das Design einer Firma zu vereinheitlichen und zu Standarisieren. So wurde es möglich, einen Kessel von 1909 aus drei Basismodellen achtzig Mal zu variieren. (S.74). So wurde der Begriff der Corporate Identity geprägt und erlangte für das Design ungeahnte Bedeutung in aller Welt.

Die Stromlinienform fand viele Freunde, nachdem Autos wie das Airflow den Eindruck von zukunftsweisender Technologie erweckten. Hier trat zum ersten Mal der Aspekt des Stylings in Erscheinung: Zwar sahen die Produkte durch die geschwungenen Formen unglaublich innovativ aus, die Technologie aber hatte sich unter der trügerischen Fassade nicht geändert. Die Stromlinienform wurde auf alle erdenklichen Industriegüter übertragen, vom Fotokopierer des Architekten Raymond Loewy bis hin zum legendären Telefon des Gestalters Henry Dreyfuss, dass zu amerikanischem Standart wurde. Später entwickelte Henry Dreyfuss eine Designtheorie, die sich weniger mit dem Styling befasste, als mit dem Verhältnis zwischen Mensch und Maschine. So war er der Meinung, dass die Maschine an die Bedürfnisse des Menschen angepasst werden müssten, nicht aber umgekehrt. Aus dieser Theorie entstanden Studien über Ergonomie und Anthropometrie. 1907 erfand der Belgier Leo Bakeland einen künstlichen Werkstoff, der unter dem Namen Bakelit berühmt werden sollte: aus ihm gestalteten die Designer bald sämtliche Gehäuse technischer Geräte wie Telefon, Radio und Fernseher. Seine gute Formbarkeit ermöglichte erst ein stromlinienförmiges Gestalten und diente als sehr preisgünstige Alternative zu Holz. Im Deutschland der Nationalsozialisten entwickelte sich ein Design, dass die volkstümliche Gestaltung unter dem Leitsatz „Schönheit der Arbeit“ betonen sollte. In Folge der Kriegssparmaßnahmen hatten sich etliche Gestalter der Regierung zu verpflichten um Zweckdienliche Gegenstände zu entwerfen. Auch in Amerika entwickelte das Designerpaar Charles und Ray Eames Beinschienen für die U.S. Navy aus gebogenem Sperrholz - eine Technik, die sie wenig später für den berühmten „Lounge- Chair“ verwendeten. Nach dem Krieg steig weiter die Bedeutung neuer Kunststoffe und veränderte die Gestaltung vieler Gebrauchsgegenstände. Plexiglas, PVC und Nylon wurden häufig verwendete Werkstoffe, die nun nicht länger nur als Ersatz für natürliche Materialien galten, sondern zum Anlass völlig neuer Gestaltungsformen wurden. Ob für Earl Tuppers Aufbewahrungsboxen oder im Möbeldesign: der Kunststoff setzte neue Maßstäbe. Führende Unternehmen, unter ihnen Braun in Deutschland und Saab in Skandinavien verstärkten die Produktion langlebiger und solider Produkte. Max Bill, Industrie- Designer, Maler und Bildhauer, ließ die alte Tradition des Bauhauses wieder aufleben. Das Design sollte zukunftsorientiert und modern sein, zum Inbegriff neuer Entwicklungen werden. Klare Linien, lange Haltbarkeit und eine harmonische Formgebung wurden wegweisend für Produkte wie Radios und Plattenspieler der Firma Braun, die in enger Zusammenarbeit mit der Industrie entstanden.

Die Macht der Werbung wurde immer deutlicher, als sich durch Fernsehen und Radio der Massenkonsum entwickelte. Besonders die jugendliche Bevölkerungsschicht, deren Kaufkraft immer weiter zunahm, sollte erreicht werden. Produkte wie der Minirock, zahlreiche radikale Möbeldesigns und kaum lesbare Plakate richteten sich direkt an die jungen Konsumenten.

Zahlreiche Jugendbewegungen mit eigenen Musikstilen, Kleidungscodes und Identitäten entstanden. Eine zwar nur kurze Zeit repräsentative, aber dennoch bedeutsame Bewegung war Psychedelia, deren Designer sich abwandten von den Grundsätzen der Moderne und neue Wege beschritt. Ihre Inspirationen suchten sich die Gestalter in ihrer unmittelbaren Umgebung, oft unterstützt durch halluzinogene Drogen. Die psychedelischen Designer nahmen Anleihen beim Jugendstil, orientierten sich am Orient und am antiken Ägypten und schufen so eine fantasievolle Formensprache.

Schon immer wurde das Produktdesign stark von Mode und Kunst inspiriert und geprägt, doch kaum ein anderer Kunststil hatte größeren Einfluss auf die Produktgestaltung als Popart. Künstler wie Andy Warhol, Jasper Johns und Roy Lichtenstein verarbeiteten Eindrücke aus dem täglichen Leben zu einer oft als respektlos empfundenen Kunst, die bald eine unglaubliche Popularität erlangte. Das Konsumdenken der Amerikaner interpretierte Popart auf ironische Weise, indem Alltagsprodukte wie etwa die Suppendosen der Firma Campbell als eine Art Ikonen zur „Kunsttauglichkeit“ erklärt wurden. paradoxer Weise begannen auch die Hersteller selbst, Popart im Marketing und in der Werbung einzusetzen. So erschien das LOVE- Bild von Robert Indiana auf über 40 Millionen Briefmarken, Abbildungen von Andy Warhol auf Plattencovern der Rolling Stones.

Im Gegensatz zur postmodernen Designgruppe Memphis machte es sich die Design- Beratergruppe Ergonomi Design zur Aufgabe, die Ergonomie auf die alltäglichen Dinge des Lebens anzuwenden. Hierbei setzte die Gruppe den Schwerpunkt auf die Gestaltung von Produkten für behinderte Menschen. So erschien eine Reihe von Produkten, die speziell auf die Bedürfnisse der Zielgruppe abgestimmt waren. Jedoch ist noch immer das Design für Behinderte ein vernachlässigter Zweig des Designs, der kaum Beachtung findet.

Das soziale Bewusstsein erlangte einen neuen Stellenwert im Design als in London 1979 eine internationale Konferenz unter dem Motto „Design für den Bedarf“ abgehalten wurde. Die Versammlung sollte auf das wachsende Interesse hinweisen, Design zur Lösung umweltrelevanter Fragen, ökologischer Probleme und den Schwierigkeiten der Entwicklungsländer anzuwenden. Der Hintergrund war, dass man das Design bisher zu stark auf Produktion und Konsum ausgerichtet und den ökologischen Aspekt vernachlässigt hatte. Wachsende ökologische Bedrohungen wirkten wie ein Weckruf auf zahlreiche renommierte Designer, sich stärker auf die Umweltbelange zu konzentrieren. So entstanden in den 80ern die ersten recycelbaren Produkte. Der französische Designer Philippe Starck konzipierte so beispielsweise seinen leicht entsorgbaren Louis-20-Stapelstuhl. Einige Designer unternahmen den Versuch, die Umweltschäden, hervorgerufen durch verantwortungsloses Handeln der Industriestaaten, zu beheben oder zumindest in Grenzen zu halten. Nach der Entdeckung des Lochs in der Ozonschicht, Klimaerwärmung und nahende Erschöpfung der Ressourcen suchten viele Gestalter nach neuen Perspektiven. Die Designer suchten nach Lösungsmöglichkeiten, um die Ausbeute der Rohstoffe zu verlangsamen oder gar zu stoppen. Recycelbare Produkte, alternative Energiequellen und digitale Speichermöglichkeiten an Stelle von Papier sind einige Beispiele umweltbewussten Gestaltens und Forschens.

„Die Welt, ein globales Dorf“: dieser Ausdruck entstand, als neue Technologien die Kommunikation neu erschufen und das Informationszeitalter einleiteten. Vom Faxgerät über Internet und mobile Telefone: all diese Dinge sind aus unserem heutigen Leben kaum mehr wegzudenken. In den USA wurden in den 60ern erstmals Satelliten von der NASA entwickelt und für Telekommunikations- und Übertragungszwecke eingesetzt. 1979 entwickelte die schwedische Firma Ericson das erste tragbare Telefon, das Handy, und ermöglichte damit eine völlig neue Kommunikationskultur.

Designströmungen.

Arts and Crafts Movement

Das Erbe der bereits im 19. Jahrhundert in England entstandenen Kunst- und Handwerksbewegung reicht weit bis ins 20. Jahrhundert hinein. Die Sorge vieler Zeitgenossen, im aufkommenden Maschinenzeitalter würde die Qualität zugunsten der Quantität zu leiden haben, war Ausgangspunkt dieser Bewegung, die einer solchen Entwicklung entgegenwirken wollte. Der einflussreichste Arts and Crafts- Designer war William Morris (1834 - 1896), dessen Unternehmen Morris & Co. von Möbeln über Stoffe, Tapeten und Töpferwaren die unterschiedlichsten Artikel produzierte. Mit dieser Firma wollte der Maler, Kunstgewerbler und Dichter Morris das Kunstgewerbe vom Handwerk ausgehend erneuern. Kunst und Handwerk hatten für William Morris den gleichen Stellenwert - so beanspruchte er für das Design das Können des Künstlers und des Handwerkers. Seine Produkte mussten klare Merkmale handwerklicher Verarbeitung aufweisen, um sie nicht nur qualitativ sondern auch optisch von den industriell gefertigten Produkten abzusetzen. Zum Beispiel blieben Scharniere an seinen Möbeln stets sichtbar, um die handwerkliche Produktion hervorzuheben.

Nach William Morris´ Überzeugung hebt gutes Design die Stimmung und stellt somit einen bedeutenden Beitrag zu einer glücklicheren Gesellschaft dar. Diese Meinung teilten gerade in den 20er Jahren etliche Designer.

Seine utopischen Vorstellungen von einer „entwickelten kommunistischen Gesellschaft“ formulierte er in seinem Roman „Kunde vom Nirgendwo“. Hier verkündete er seine Kritik am Industrieprodukt, dem er seine serielle Produzierbarkeit und seine Gleichförmigkeit vorwarf. Morris deutete in Grundzügen eine Theorie des Designs an, da er anerkannte, dass ein Objekt Träger ästhetischer Qualitäten ist. Dies sei aber auf handwerkliche Kunstfertigkeiten und nicht auf industrielle Produktion zurückzuführen.

In vielen Ländern Europas und in den Vereinigten Staaten entstanden Werkstätten und Gilden, die sich stark an Morris´ Vorstellungen orientierten. Während sich jedoch amerikanische Designer wie z.B. Gustav Stickley streng an das britische Vorbild hielten entfernten sich viele europäische Designer von den fundamentalen Lehren des Art and Crafts Movement und zeigten sich offen gegenüber dem sich entwickelnden Jugendstil.

Art Nouveau

Unter dem Einfluss von William Morris entwickelten sich analog in Frankreich, Deutschland, Österreich Italien und Spanien die Kunstströmungen des Art Nouveau, des Jugendstils, der Sezession und des Liberty oder Modernismo. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Art Nouveau die dominierende Stilrichtung und wurde verstanden als eine Weiterentwicklung des Arts and Crafts Movement. Den Namen erhielt der Kunststil, nachdem der Kunsthändler Samuel Bing 1895 ein Geschäft eröffnete und es L ´ Art Nouveau nannte. Bekannte Designer konnten hier ihre Werke ausstellen, darunter der Belgier Henry van de Velde, der Franzose Emil Gallé, der Amerikaner Louis Comfort Tiffany und René Lalique. Letzterer gilt als herausragender Vertreter des Art Nouveau, der durch seine Schmuckstücke aus Glas, Halbedelsteinen und Gold zu Ruhm gelangte. Die stilistischen Elemente des Art Nouveau standen in keiner Beziehung zu früheren Kunstströmungen vergangener Epochen. Die Vertreter des Art Nouveau perfektionierten die Handwerklichen Techniken, akzeptierten aber auch bedingungslos den Eingriff der Maschine in die Produktionssphäre. Feste stilistische Vorschriften und ein starrer Merkmalskatalog lösten die klassischen Kriterien der Ästhetik ab und sind in allen Bereichen dieser Strömung wiederzuentdecken.

Art Nouveau und die ihm verwandten Richtungen schufen einen neuartigen Begriff der Ästhetik, der mit einem neuen Blick auf die Objekte verbunden war und versuchte, seine Auffassung in der Gesellschaft durch zu setzten.

Sowohl in Frankreich, in Deutschland, Österreich und Italien ist der organische Stil erkennbar. Die Objekte zeichnen sich aus durch eine schwingende Linearität, die sich sowohl in der Form wie in der Oberfläche ausdrückt. Besondere Inspirationen erhielt der Art Nouveau durch die organische Beweglichkeit des Reichs der Pflanzen, aber auch durch Bezüge zur keltischen Kultur und zum Rokoko.

Deutscher Werkbund

Mit dem Ende des 19. Jahrhunderts ging eine Krise der Ästhetik einher. Das Traditionelle und das Funktionelle liefen kontrovers, was eine ästhetische Revolution auslöste, die alle gesellschaftlichen Schichten einband. In der Folge wandelten sich die Gewohnheiten, der Wohnraum, die Bekleidung und der Geschmack. Die Gründung des Deutschen Werkbundes 1907 war wie eine Reaktion auf diese Krise. Die Bewegung vereinte Architekten, Kunsthandwerker und Fabrikanten, darunter der Architekt Peter Behrens, um eine Integration der theoretischen, technischen und praktischen Aspekte der Herstellungsprozesse zu erwirken. Die Grundlagen des Designs wurden in enger Zusammenarbeit entwickelt, wobei der Einfluss der Theorien von Ruskin und Morris abgelehnt wurde. Die Maschine erlangte einen neuen Stellenwert: Der englische Architekt T.L. Donaldson behauptete, ihm sei keine gute Maschine bekannt, die nicht zugleich auch schön sei.

Die Glasgower Schule

Unter Führung des Architekten und Designers Charles Rennie Mackintosh stellte die Glasgower Schule, eine kleine aber bedeutende Gruppe, Objekte her, die künstlerischen und handwerklichen Funktionalismus mit dem dekorativen Überfluss des Art Nouveau verbanden.

Geometrische Formen und fließende lineare Muster, die von der Pflanzenwelt inspiriert waren, wurden bezeichnend für die Werke der Glasgower Schule.

Wiener Werkstätten

Die Wiener Werkstätten, später bekannt unter dem Namen Wiener Sezession, wurden 1903 von Joseph Hoffmann und Koloman Moser gegründet. Schmuckstücke, Metallarbeiten, Textilien, Möbel und architektonische Werke entstammen den Wiener Werkstätten. Ihr Stil ist anzusiedeln zwischen dekorativem Jugendstil und schmuckloser Moderne, die zunehmend Einfluss nahm auf die Gestaltung der Objekte. Zwar entspricht die Sezession weitgehend stilistisch dem Jugendstil, jedoch zeichnet sich die österreichische Gestaltungsform eher durch geometrische Muster und Verzierungen aus. Die Sezession veröffentlichte eine eigene Zeitschrift, Ver Sacrum, und veranstaltete regelmäßig Ausstellungen, bei denen die Werke internationaler Künstler gezeigt wurden.

De Stijl

Im fortschreitenden 20. Jahrhundert verlagerte sich der Schwerpunkt des Designs weg von der handwerklichen Ästhetik zur Ästhetik der Maschine. 1917 gründeten niederländische Architekten, Maler, Philosophen und Designer ein Kollektiv unter dem Namen De- Stijl. Die Gruppe entfernte sich stilistisch von der organischen Formgebung und war bemüht um eine nichtgegenständliche Formensprache, um durch eine begrenzte Farbpalette und ausschließlich geometrische Formen eine neue Ästhetik zu ergründen. Der Rot- Blaue Stuhl von Gerrit Rietveld von 1918 kommt diesem Ziel sehr nahe. Gefertigt aus maschinell bearbeitetem Holz in standarisierten Maßen verzichtet der Designer auf jegliche Schnörkel und Verzierungen. Über ganz Europa breitete sich der Einfluss von De Stijl aus und gelangte zu den Künstlern des Bauhauses wie auch zu den Konstruktivisten in Russland.

Das Bauhaus

Unter der Leitung des Architekten Walther Gropius, einem Schüler von Peter Behrens, entstand 1919 Das staatliche Bauhaus Weimar, eine Hochschule mit angrenzenden Werkstätten für gestaltendes Handwerk, Architektur und bildende Künste. Das Bauhaus hatte entscheidenden Einfluss auf die moderne Architektur und das Industriedesign. . Ursprünglich stützte sich die Hochschule auf die gesellschaftsrevolutionären Ideen von William Morris und auf Positionen des Arts and Crafts Movement, die eine neue Verbindung zwischen Kunst und Kunsthandwerk anstrebten. Im Gründungsmanifest bekundete Gropius, mit der Einrichtung des Bauhauses zum Wiederaufbau des im ersten Weltkrieg besiegten Deutschlands beizutragen. Er habe den Wunsch, dass die Jugend dort einen Ort finde, wo sie ihre romantische Utopie verwirklichen könne: eine neuartige Gesellschaftsform. Außerdem propagierte Gropius die Einheit von ästhetisch ansprechender Form und Funktion, womit er den wichtigsten Grundsatz des Bauhauses formulierte. Das Bauhaus wurde zu einer der einflussreichsten und bedeutensten Kunstschulen des 20. Jahrhunderts. Hier sollten Künstler für die Arbeit im industriellen Bereich geschult werden. Erreicht werden sollte dies durch die Verwendung moderner Materialien und eine elementare Formensprache. Frei von jeglicher historischen Anlehnung sollten die Objekte sein - etwas völlig Neues. Walter Gropius berief als Lehrer verschiedene Künstler, die der expressionistischen Künstlervereinigung Blauer Reiter angehörten und auch Vertreter des Suprematismus und des Konstruktivismus kamen zum Bauhaus um dort als Lehrer tätig zu werden. Die Bewegung des Bauhauses besaß die Offenheit, die verschiedensten Tendenzen in sich aufzunehmen und nicht zu zögern, sich Prinzipien ähnlicher Richtungen zu eigen zu machen.

Im Verlauf der zwanziger Jahre entfernte sich das Bauhaus immer mehr von seinen expressionistischen Anfängen (nicht zufällig zeigte das Manifest von Gropius 1919 einen Holzschnitt Lyonel Feiningers), hin zu einer am Industriedesign orientierten Sachlichkeit. Dementsprechend wurde neben dem kunsthandwerklichen Anspruch der Hochschule nun auch die Ausbildung technischer Fertigkeiten betont.

Art Deco

Als 1925 die Exposition Internationale des Arts Decoratifs et Industriel Modernes in Paris stattfand, war dies der Beginn einer Kunstströmung, die später unter dem Begriff Art D é co bekannt wurde.

Der Architekt und Designer Le Corbusier entwarf einen der Pavillons der Ausstellung und nannte ihn L ´ Esprit nouveau. Der Pavillon wurde zum beispielhaften Werk der Moderne: schmucklose weiße Wände, Betonrahmen und große Glasflächen sowie eine klare Geometrie.

Art Déco wurde jedoch nicht von westlichen Kunstströmungen geprägt, sondern holte sich Inspirationen aus afrikanischen und ägyptischen Kulturgütern.

Art Déco war jedoch keine eigentliche Designbewegung, sondern war vielmehr ein Versuch der Annäherung an einen Stil mit verschiedenen Gestaltungsmitteln. Hier spielen geometrische Formen und abstrakte Zick- Zack- Muster und Winkel in großem Farbreichtum zusammen. Bezeichnend ist auch der Einsatz von Bronze, Elfenbein und Ebenholz - Art Déco war eine Ausdrucksform fern jeder puristischen Kunst- oder Designtheorie. Die Formenvielfalt des 18. Jahrhunderts inspirierte die Designer, die den Rokoko durch den Einsatz geometrischer Figuren ergänzen wollten.

Durch neue Materialien wie Bakelit, farbiges Glas und Chrom wurde Art Déco erschwinglich und die Materialien fanden Verwendung beim Bau vieler öffentlicher Gebäude.

Mit dem „Chrysler Building“ in New York schuf der Architekt William von Alen das wohl bedeutenste Monument des Art Déco. Der Glanz dieser Stilrichtung zeigt sich an der Fassade ebenso wie im Innenbereich. Durch Verwendung von Nirostahl erhielt das Gebäude einen eigentümlichen Glanz, der an Platin erinnert. Viele Art Déco- Designer folgten diesem Beispiel und übernahmen diesen neuen Look für ihre Designs.Supremisten, Konstruktivisten und Vkhutemas

In Russland wurden Idealvorstellungen, die denen der niederländischen De- Stijl- Designern sehr ähnlich waren, zur Inspirationsquelle zahlreicher Künstler. Geometrische Formen und die Farben sollten im Einklang zueinander zur Geltung kommen. Die Funktion der entstandenen Produkte musste zurückstehen: Den Gestaltern lag mehr an der gedanklichen Arbeit, Supremismus genannt, als an der Gebrauchsfähigkeit und dem Funktionalismus. Ästhetik und Geometrie standen im Vordergrund der Arbeit.

Die Konstruktivisten ihrerseits lehnten die „bürgerliche Kunst“ ab und sahen sich verpflichtet, die Kunst in den Dienst des Sozialismus zu stellen. Die gestalterischen Vorstellungen der Konstruktivisten übten später bedeutenden Einfluss auf die VKhUTEMAS (Höhere staatliche Künstlerische und Technische Werkstätte) aus, einer avantgardistischer Designschule in Moskau. Ähnlich dem Bauhaus war es das Ziel dieser Schule, Künstler auf die Arbeit in der Industrie vorzubereiten und die Unterrichtsinhalte entsprechend zu gestalten. So waren viele Aspekte der VKhUTEMAS denen des Bauhauses gemein. So waren auch hier bekannte Maler wie zum Beispiel Wassilij Kandinsky als Lehrer tätig. Alexander Rodtschenko entwarf die Möbel für den „Klub der Arbeiter“ auf der Weltausstellung (EXPO) 1925 in Paris. Von den zahlreichen Möbelprototypen der Schule wurde allerdings nicht einer produziert.

Schwedische Moderne

In Skandinavien entstand ein Designstil, der sich grundlegend von dem in den Vereinigten Staaten vorherrschenden Stil absetzte. Das skandinavische Design erhielt großen Zuspruch, besonders während der 40er und 50er Jahre. Der Begriff der schwedischen Moderne wurde 1939 während der New Yorker Weltmesse geprägt. Die skandinavischen Länder mit ihrer ausgeprägten Handwerkstradition und der späten Industrialisierung zeigten, wie modernes Industriedesign (Möbel, Textilien und Konsumgüter) Massenproduktion, Schönheit und Schlichtheit der Form mit menschlichen Bedürfnissen, Materialkenntnis und Erfordernissen des Marketings verbinden kann. Alvar Aalto (Finnland) und Bruno Mathsson (Schweden) schufen ein verblüffend einfaches und funktionales Design. Der skandinavische Stil hatte in den fünfziger Jahren großen Einfluss auf das internationale Industriedesign.

Pop - Art

Mode und Kunst hatten seit Anbeginn einen großen Einfluss auf das Produktdesign und keine Kunstrichtung einen kraftvolleren auf das kommerzielle Design als Pop- Art. Popkünstler wie Andy Warhol, Jasper Johns, Roy Liechtenstein und Robert Indiana stellten die Kunstwelt auf den Kopf, indem sie in ihren Studios das Alltägliche zu ironischer, respektloser Kunst recycelten. Andy Warhol feierte das amerikanische Konsumdenken offen in seiner Bildern mit sich wiederholenden Abbildungen ikonischer Bilder der populären Kultur, seien es die Suppendosen von Campbell oder Elvis Presley. Ironischerweise begannen die Hersteller selbst, Pop- Art im Produktdesign, im Marketing und der Werbung einzusetzen. So intensiv, dass dies bald ein Teil des täglichen Lebens wurde. So erschien zum Beispiel das Love- Bild von Robert Indiana auf 40 Millionen Briefmarken. Weitere Kunstrichtungen, allen voran Op- Art wurden von Produkt- und Textildesignern ebenfalls assimiliert. Postmoderne

Der Begriff der Postmoderne lässt sich zwar auf einige Bereiche unseres Lebens beziehen, hatte aber in der Kunst, der Architektur und im Design eine besondere Bedeutung. Die Postmoderne weist all das zurück, was die Moderne hervorgebracht hatte. Kritischen Behauptungen gemäß sei die Postmoderne unintelligent, unattraktiv und erreiche nicht den Menschen. Die Postmoderne wollte die „hohe Kunst“ populär zu machen und intellektuelle Inhalte für jedermann verständlich darstellen. Die Vertreter der Postmoderne ließen sich von der Geschichte inspirieren und übernahmen vergangene Stilmomente für ihre Gestaltung. Oftmals geschah dies mit einem Augenzwinkern und als humorvolles Zitat des Ursprungs. Zwar stammt die Postmoderne ursprünglich aus Italien, sie wurde jedoch bald international. Typische Beispiele für postmoderne Designer sind Ettore Sottsass, der Architekt Robert Venturi und Michele de Lucci. Aus Zeichen, visuellen Metaphern, Bezügen auf die Vergangenheit und die Werke anderer Designer wollten die Postmodernisten eine neue Sprache finden. In der Folge mussten sie sich heftigen Angriffen ausgesetzt finden: ihnen wurde vorgeworfen, das elitäre Gehabe, das sie selbst kritisierten, selbst zu praktizieren, da sie beim Benutzer ihrer Produkte ein vollständiges Verständnis ihrer Arbeit voraussetzten. Auch das Einverständnis der Postmoderne mit wirtschaftlichen Interessen wurde stark kritisiert. Trotz allem brachten es postmoderne Gruppen wie „Memphis“ innerhalb kürzester Zeit zu sehr viel öffentlichem Interesse und kommerziellem Erfolg, das Interesse an den extrem bunten und ausgefallenen Objekten verschwand aber ähnlich schnell, wie es gekommen war.

Punk

In Großbritannien entwickelte sich in den späten 70er Jahren ein neuer aggressiver Stil der Selbstdarstellung auf der Straße: der Punk oder auch Street- Styl. Dieser Stil hatte auch Einfluss auf Grafik, Mode und Kultur der 80er Jahre - die bedeutenste Wegbereiterin des Punk wurde die Modedesignerin Vivienne Westwood. Sie verstand es, den Stil der Straße erfolgreich in eine Modekollektion umzusetzen. Damit gelang es ihr auch, die britische Mode wieder aufleben zu lassen und wieder zum Gesprächsthema zu machen in der internationalen Modewelt. Das umstrittene Plattencover von Jamie Reid für die Sex Pistols, die Grafiken von Terry Jones wurden beispielhaft für britisches Design. Auch die derzeitige Schockwirkung des Möbeldesigns von Ron Arad und dem Industriedesign von Daniel Weil wurde zum Ausdrucksmittel des britischen Punk.

Design als Spiegel der Gesellschaft.

Warum haben bestimmte Objekte Erfolg, während andere werden gar nicht erst produziert werden? Was ist es denn, was gutes Design ausmacht? „Design ist messbar!“ behauptet Firmenchef Jürgen Werner Braun im Design Report 3/99. Und zwar „am Umsatz und Ertrag eines Unternehmens“. Doch was ist mit all den guten Designobjekten, die niemals produziert werden, einfach deshalb, weil sie am falschen Ort zur falschen Zeit entworfen wurden? Eben dies fragt sich auch Klaus Frank von Alicante in Moreira: Verschwendung vermeiden, Dauerhaftigkeit schaffen und den Gebrauchswert erhöhen sind für ihn die Bewertungskriterien für gutes Design, womit er sich auf die Grundsätze der Ulmer Schule bezieht. Doch der Erfolg von Design ist heute stark abhängig von seiner kommerziellen Vermarktung. Daher muss der Designer dem Geschmack und dem Zeitgeist des potentiellen Kunden entsprechen - geling ihm dies, wird sein Produkt Erfolge verzeichnen. Oder andersherum: Verzeichnet ein Produkt Erfolge, so wird es Geschmack und Zeitgeist der Masse getroffen haben, was wiederum als Spiegel der Gesellschaft betrachtet werden kann. Was gutes Design ausmacht hängt also damit zusammen, wo man seinen Ansatz nimmt: Betrachtet man Design als Mittel zum kommerziellen Erfolg, wie es heute üblich ist, so kann man Design wohl am Umsatz eines Unternehmens messen. Ist man idealistischer und sieht Design als Ausdruck einer Weltanschauung, so wird es unmöglich, von gutem oder schlechtem Design zu sprechen. Denn Weltanschauungen sind objektiv nicht zu bewerten. Weltanschauungen lassen sich aber erahnen, wenn man die Werke verschiedener Designer unter die Lupe nimmt. Was verrät uns ein Sessel, der zwar ungeheuer prächtig und formenreich ist, dafür aber unbequem und zugleich unheimlich teuer? Was können wir von einem geschwungenen Bücherregal lernen, dass sich jedem Drang nach Ordnung widersetzt und zum Fantasieren und Experimentieren einlädt? Was erkennen wir, wenn wir innovative Materialien in einem Sitzmöbel erkennen, professionelle Verarbeitung und eine ökologische Vertretbarkeit, das Stück aber unter Berücksichtigung all dieser Aspekte so unansehnlich geworden ist, dass ihn niemand mehr benutzen mag?

Der Gestalter eines prächtigen Sessels wird weniger auf die Wirtschaftlichkeit seines Projektes geachtet haben als auf seine Ausgestaltung. Seine Kunden müssen ausreichend betucht sein, um sein Produkt kaufen zu können - er richtet sich also an eine bestimmte Zielgruppe. Ein geschwungenes Bücherregal zeigt wenig Funktionalität, dafür umso mehr Originalität: Der Designer wird dies so gewollt haben und die Tatsache, dass ein Produkt sich verkauft ist Beweis dafür, dass es den Zuspruch der Kunden hat. Auch ein weniger ästhetisches Sitzmöbel ohne hohen Designanspruch kann aber durch seine Qualität überzeugen, was ebenfalls viel über Designer und Benutzer aussagt. Design bringt Charakter zum Ausdruck: schließlich entscheiden sich die Kunden für ein Objekt, welches sie überzeugen konnte und was somit ihre eigene Persönlichkeit und Interessen wiederspiegelt.

Doch bleibt die Frage: suchen wir uns die Produkte tatsächlich noch nach dem Gesichtspunkt aus, unsere Bedürfnisse zu decken und unserer Persönlichkeit gerecht zu werden? Oder entscheiden wir uns nicht oftmals für ein Produkt, um einem von der Industrie diktierten Image zu entsprechen?

Ende der Leseprobe aus 8 Seiten

Details

Titel
Die industrielle Formgebung des 20. Jahrhunderts
Autor
Jahr
1999
Seiten
8
Katalognummer
V98737
ISBN (eBook)
9783638971881
Dateigröße
473 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Formgebung, Jahrhunderts
Arbeit zitieren
Christopher Doering (Autor:in), 1999, Die industrielle Formgebung des 20. Jahrhunderts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98737

Kommentare

  • Gast am 2.12.2005

    auseinandersetzung mit dem thema maschine um 1900.

    hallo,
    deine ha ist eine schöne übersicht alle kunstrichtungen und -bewegungen in den letzten hundert jahren. dennoch ist mir eine fehlinterpretation aufgefallen - bauhaus und die angebliche negative einstellung zur maschine. dazu solltest du dich nochmals genauer belesen.
    anja

  • Gast am 31.8.2002

    design.

    du solltest in stichpunkten schreiben das sieht missraten aus.

Blick ins Buch
Titel: Die industrielle Formgebung des 20. Jahrhunderts



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden