Hundefeindliches Deutschland?

Gefährliche Hunde und die Hundesteuer im Vergleich der Bundesländer Deutschlands


Bachelorarbeit, 2019

50 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Quellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Kommunales Selbstverwaltungsrecht
2.1 Satzungshoheit der Kommunen
2.2 Entscheidende Rechtsgrundlagen
2.3 Kommunale Abgaben
2.4 Steuerarten: Die Hundesteuer

3. Rechtsposition des Hundes

4. Hundesteuer
4.1 Beziehung zwischen Menschen und Hund
4.2 Entstehungsgeschichte der Hundesteuer
4.3 Sinn und Zweck der Besteuerung
4.4 Verfassungsmäßigkeit der Hundesteuer
4.5 Gerechtfertigte Höhe der Hundesteuer

5. Die Hundesteuer im Vergleich
5.1 Regelungsinhalt der Satzungen
5.2 Stadt-Land-Vergleich
5.2.1 Höhe der Hundesteuer
5.2.2 Bedeutung der Hundesteuer

6. Gefährliche Hunde
6.1 Definition „gefährlicher Hund“
6.2 Feststellung der Gefährlichkeit
6.3 Position des Hundes: Schuld des Menschen

7. Gesetzliche Regelungen
7.1 Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz
7.2 Niedersächsisches Gesetz über das Halten von Hunden
7.2.1 Entwicklung des Gesetzes
7.2.2 Rasseliste
7.2.3 Maßnahmen in Niedersachsen
7.2.3.1 Sachkundenachweis
7.2.3.2 Kennzeichnung des Hundes
7.2.3.3 Haftpflichtversicherung
7.2.3.4 Zentrales Register

8. Vergleich der Hundegesetze
8.1 Besonderheiten der einzelnen Bundesländer
8.2 Analyse der Hundegesetze

10. Vorbildfunktion für andere Bundesländer

11. Notwendigkeit einer Vereinheitlichung

12. Hundefeindliches Deutschland?

13. Fazit/Handlungsempfehlungen

14. Anhang I

15. Anhang II

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Literaturverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quellenverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Es gibt in Deutschland 34,3 Mio. Haustiere,1 davon sind allein 9,2 Mio. der Tiere Hunde.2 Nach über 30.000 Jahren ist der Hund nach wie vor der treuste Begleiter des Menschen.3 Dabei haben sich Mensch und Hund entscheidend weiterentwickelt. Das Zitat: "Ein Leben ohne Hund ist möglich, aber sinnlos."4, wurde zunächst von Heinz Rühmann, später von Loriot geprägt. Der Satz beschreibt die Beziehung zwischen dem Menschen und dem Hund, wie wir ihn heute kennen. Wie die Statistiken zeigen, ist der Hund auch heute noch ein wichtiger Partner für die Menschen. Inzwischen sind schon bei der Anschaffung eines Hundes viele gesetzlichen Vorgaben zu beachten. Auf Bundesebene gibt es das Hunde- verbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz, auf Landesebene existieren die verschiedenen Hundegesetze der Bundesländer und auf kommunaler Ebene regeln die Hundesteuersatzungen Abgaben, welche von Hundehaltern5 geleistet werden müssen. Doch auch im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie in der Straßenverkehrsordnung sind Regelungen zu finden, die sich auf Hunde beziehen. Durch diese zahlreichen gesetzlichen Bestimmungen gibt es hohe Anforderungen an Hundehalter. Diese haben daher oft den Eindruck, Deutschland sei hundefeindlich und wolle die Anschaffung und Haltung von Hunden immer weiter erschweren und einschränken.

Im Rahmen dieser Bachelorarbeit soll die Aussage, Deutschland sei ein hunde- feinliches Land, näher untersucht werden. Die Erhebung der Hundsteuer auf kommunaler Ebene und die strengen gesetzlichen Auflagen auf Landesebene könnten diese Hypothese stützen. Um zu analysieren, warum die Kommunen Hundesteuer erheben und gesetzlich dazu ermächtigt sind, wird zunächst ein Einblick in das kommunale Selbstverwaltungsrecht gegeben. Darüber wird den Gemeinden über die Satzungshoheit die Befugnis verliehen, Steuern zu erheben. Dazu gehört auch die Hundesteuer als örtliche Aufwandssteuer. Anschließend erfolgt eine Untersuchung, was für eine Rechtsposition der Hund in Deutschland besitzt und ob diese Einordnung als hundefeindlich bezeichnet werden könnte. Im Anschluss erfolgt eine Analyse, wie sich die Hundesteuer entwickelt hat und inwiefern die Kommunen die Erhebung und die gewählte Höhe der Hundesteuer rechtfertigen. In einem Stadt-Land-Vergleich wird dann geprüft, wie sich die Besteuerung in Deutschland unterscheidet und welche Faktoren für die Höhe der Hundesteuer maßgeblich sind. Dabei werden insbesondere sogenannte gefährliche Hunde näher betrachtet. Zusätzlich wird der Regelungsinhalt der verschiedenen Satzungen untersucht.

Den zweiten bedeutenden Faktor, der Deutschland die Bezeichnung „hundefeindlich" verleihen könnte, sind die gesetzlichen Regelungen aus den Hundegesetzen. Es erfolgt ein Vergleich der Hundegesetze aufgrund festgelegter Kriterien. Dabei steht die Fragestellung im Vordergrund, ob ein einheitliches Hundegesetz sinnvoll sein könnte, um den deutschen Bürgern die Hundehaltung zu vereinfachen. Um ein Gesetz zu finden, welches nicht als hundefeindlich bezeichnet werden kann, wird insbesondere das niedersächsische Hundegesetz auf seine Vorbildfunktion überprüft. Diese Bachelorarbeit gibt einen Überblick darüber, mit was für Anforderungen und Kosten die Hundehaltung in Deutschland verbunden ist. Auf der anderen Seite wird die Argumentationen der Länder und der Kommunen erläutert, warum diese Einschränkungen wichtig sind.

2. Kommunales Selbstverwaltungsrecht

Hundehalter müssen seit längerer Zeit in Deutschland Hundesteuer zahlen und es eröffnet sich die Fragestellung, warum auch heutzutage noch Hundesteuer gezahlt werden muss, wo Tollwut und Armut heutzutage keine große Rolle mehr spielen.6 Damals wurde Hundesteuer erhoben, um Tollwut auszurotten. Um erklären zu können, warum Kommunen auch heute noch Hundesteuer erheben dürfen, erfolgt ein Blick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht. Damit die Gemeinden die Hundesteuer überhaupt fordern können, bedarf es einer Rechtsgrundlage für die Hundesteuersatzungen. In Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG wird den Gemeinden mit dem Gesetzestext „Den Gemeinden muß [sic!] das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.“, das Privileg erteilt, kommunales Selbstverwaltungsrecht auszuüben. Demnach erstreckt sich dieses Recht auf alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft.7 Das Grundgesetz misst den Gemeinden eine wichtige Rolle zu, obwohl die Kommunen in der Untergliederung in den einzelnen Ländern keine dritte Staatsebene darstellen.8 Nach Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG gehört zu den Rechten der Kommunen auch die finanzielle Eigenverantwortung, welche direkt mit der Finanz-, Satzungs- und Kommunalabgabenhoheit zusammenhängt. Daraus ergeben sich Zuständigkeiten, die den Kommunen nach ihrem eigenen Wirkungskreis zugewiesen werden. Somit ist das kommunale Selbstverwaltungsrecht der Grundstein für die Kommunen, der ihnen unter anderem die Ermächtigung erteilt, selbst Satzungen, wie die Hundesteuersatzungen, zu erlassen. Das Selbstverwaltungsrecht ist darüber hinaus ein wichtiges Wesensmerkmal und sichert die Eigenständigkeit der Kommunen und ist daher verfassungsrechtlich im Grundgesetz verankert.9

2.1 Satzungshoheit der Kommunen

Wie im obigen Kapitel festgestellt, ist die Satzungshoheit der Kommunen verfassungsrechtlich durch das Grundgesetz geschützt. Dies bedeutet, dass eine Kommune in eigener Verantwortung Satzungen erlassen darf. Dies dient der Schaffung örtlichen Rechts.10 „Satzungen sind Rechtsquellen, die juristische Personen des öffentlichen Rechts [...] zur Regelung ihrer eigenen Angelegenheiten in einem dafür vorgeschriebenen förmlichen Verfahren erlassen.“11 Bei Satzungen wie der Hundesteuersatzung handelt es sich um abstrakt-generelle Normierungen mit Außenwirkung, welche verbindlich sind und infolgedessen durchgesetzt werden müssen. Satzungen, die von den Kommunen selbst erlassen werden, dürfen sich nur über den eigenen Wirkungskreis erstrecken. Satzungen im übertragenen Wirkungskreis dagegen sind nur dann möglich, wenn eine spezielle gesetzliche Ermächtigung existiert. Bei der Hundesteuersatzung handelt es sich um eine freiwillige Satzung. Die Kommune kann im eigenen Ermessen darüber bestimmen, ob sie eine solche Regelung erlassen möchte oder nicht.12

So gibt es auch einige Gemeinden in Deutschland, die bisher auf eine Hundesteuersatzung verzichtet haben und daher keine Hundesteuer erheben.

2.2 Entscheidende Rechtsgrundlagen

Wie oben dargestellt, dürfen Kommunen Satzungen erlassen. Damit dies rechtlich begründet ist, bedarf es einer Rechtsgrundlage. Art. 28 Abs. 2 GG auf verfassungsrechtlicher Ebene und Art. 57 Abs. 1 NV auf Landesebene erteilen den Kommunen die Erlaubnis, ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze eigenverantwortlich zu regeln. Einfachgesetzlich wird die Satzungshoheit in § 6 Abs. 1 NGO geregelt. Dort wird der Wortlaut der Verfassungen wiederholt, gleichzeitig aber insofern präzisiert, als dass Satzungen das zentrale Instrument zur Regelung der eigenen Angelegenheiten sind.13 Da die Satzungshoheit auf mehreren gesetzlichen Ebenen verankert ist, kann geschlussfolgert werden, dass Satzungen, wie die Hundesteuersatzungen, einen hohen Stellenwert haben und ein grundlegendes Recht einer Kommune darstellen. Satzungen kommen beispielsweise auch bei Bebauungsplänen oder zur Regelung von öffentlichen Einrichtungen zum Einsatz.14 In Hinblick auf Hundesteuersatzungen müssen diese uneingeschränkt dem Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes nach Art. 20 Abs. 3 GG genügen. Nach dem Vorrang des Gesetzes sind Hundesteuersatzungen nachrangig und dürfen weder gegen landes- noch gegen bundesrechtliche Regelungen verstoßen. Außerdem muss der Vorbehalt des Gesetzes erfüllt sein, es wird also eine Ermächtigungsgrundlage benötigt, wie sie in Art. 28 Abs. 2 GG zu finden ist.15 Durch diese sind Kommunen ohne weitere Rechtfertigung dazu ermächtigt, Hundesteuer zu erheben, wie es fast alle Gemeinden in Deutschland machen.

2.3 Kommunale Abgaben

Kommunale Abgaben sind im Rahmen dieser Bachelorarbeit deshalb interessant, weil es sich bei der Hundesteuer ebenfalls um eine kommunale Abgabe handelt. Genauer bezeichnet handelt es sich um eine Steuer. Wie eine Steuer genau definiert wird, ist in § 3 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 AO näher erläutert. Demnach handelt es sich bei Steuern um Geldleistungen, welche keine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen all denjenigen Personen aufgelegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz an die Leistungspflicht anknüpft.16 Bezogen auf die Hundesteuer sind damit alle Hundehalter gemeint, die im örtlichen Wirkungskreis der Gemeinde auf Dauer einen Hund halten, insofern keine Ausnahmetatbestände17 vorliegen. Alle Hunde, auf die die in der jeweiligen Satzung genannten Tatbestandsmerkmale zutreffen, werden infolgedessen besteuert. Die Einnahmen erhält die jeweilige Kommune, welche die Steuer erhoben hat.

Eine klare Abgrenzung der kommunalen Abgaben anhand der Kommunalabgabengesetze erweist sich dagegen als schwierig, da diese in den Ländern unterschiedliche Regelungsinhalte haben. Anders normiert sind kommunale Abgaben diejenigen Abgaben, die von den Kommunen erhoben werden.18

2.4 Steuerarten: Die Hundesteuer

Fraglich ist zunächst, um was für eine Steuerart es sich bei der Hundesteuer handelt. Steuern stellen grundsätzlich die wichtigste Einnahmequelle der Kommunen dar.19 Das Steuersystem in Deutschland ist sehr komplex und lässt sich nach verschiedenen Merkmalen differenzieren. Nach einer von mehreren möglichen Abgrenzungen kann zwischen Besitzsteuern, Verkehrssteuern und Verbrauchssteuern bzw. Aufwandssteuern unterschieden werden. In diesen Kategorien werden auf Bundes-, Länder- bzw. Kommunalebene verschiedene Steuern erhoben. Zu den Besitzsteuern zählen für die Kommune beispielsweise Gewerbe- und Grundsteuer, sowie ihr berechneter Anteil an der Einkommenssteuer. Verkehrssteuern dagegen besteuern einen Verkehrsvorgang, wie beim Halten eines Fahrzeuges oder dem Übertragen eines Grundstückes. Dabei ist es nicht relevant, ob aus dem Vorgang ein Gewinn hervorgeht.

Die Hundesteuer hingegen zählt zu den örtlichen Verbrauchs- und Aufwandsteuern, welche von den Kommunen erhoben werden.20 I.S.d. Art. 105 Abs. 2a GG handelt es sich bei der Hundesteuer speziell um eine Aufwandsteuer, da Hundehalter ihr Einkommen nutzen, um ihren Hund halten zu können. Dieser Umstand wird letztendlich besteuert. Es handelt sich deshalb um eine örtliche Steuer, da sich die Steuererhebung lediglich auf das Gemeindegebiet beschränkt. Nur Hunde, die im jeweiligen Gemeindegebiet gehalten werden, unterliegen der dort geltenden Hundesteuersatzung und sind steuerpflichtig.

3. Rechtsposition des Hundes

Um der Fragestellung nachzugehen, ob Deutschland als hundefeindlich bezeichnet werden kann, ist auch die Rechtsposition des Hundes entscheidend. Dies liefert darüber hinaus eine Erklärung, warum die Hundesteuer heute noch erhoben wird und warum zahlreiche neue Regelungen in Bezug auf Hunde erlassen wurden. Die Regelungen für Hunde haben sich mit der Zeit immer weiterentwickelt. Schon 1871 gab es im Strafgesetzbuch eine Vorschrift, die zum Schutz von Hunden das öffentliche Misshandeln von Tieren verbot. Doch was Halter mit ihren Tieren hinter verschlossenen Türen taten, spielte zum damaligen Zeitpunkt noch keine Rolle. Danach folgte 1972 ein bundesweites Tierschutzgesetz, welches weitreichendere Verbote beinhaltete. Speziell für Hunde erfolgte 1992 dann die Empfehlung zum Leinenzwang, um Gefahren vorzubeugen, die möglicherweise von Hunden ausgehen könnten. 1997 wurde der Tierschutz dann als Staatsziel in der niedersächsischen Verfassung verankert. Wie auch im Kapitel 6.3 näher erläutert, töteten zwei Hunde am 26.06.2000 einen kleinen Jungen auf einem Schulhof in Hamburg. Dies begründete weitreichende neue Verordnungen. So wurde am 05.07.2000 die niedersächsische Verordnung über das Halten von gefährlichen Tieren erlassen, welche sich in Teilen auch speziell auf Hunde bezog. Einige Bestandteile der Verordnung wurden später allerdings für rechtswidrig erklärt.21 Das Bundesverwaltungsgericht urteilte später am 03.07.2002, dass ein bloßer Gefahrenverdacht durch Hunde kein Einschreiten der Sicherheitsbehörden durch eine Rechtsverordnung rechtfertigt. Es muss demnach ein spezielles Gesetz geben, welches Eingriffe des Staates gegen Hundehalter rechtfertigt22 Am 12.04.2001 wurden bundesweite Gesetze zur Bekämpfung gefährlicher Hunde erlassen. Dazu gehörte unter anderem das Gesetz zur Beschränkung des Verbringens oder der Einfuhr gefährlicher Hunde in das Inland. Seitdem dürfen einzelne festgelegte Hunderassen nicht mehr nach Deutschland eingeführt werden.23 Am 26.07.2002 wurde auch der Tierschutz in das Grundgesetz aufgenommen, somit genießt er durch Art. 20 a GG Verfassungsschutz. Demnach sorgt sich der Staat explizit um den Schutz von Tieren, worunter auch Hunde fallen.24 Aus dem BGB ergibt sich jedoch auch noch heute, dass der Eigentümer einer Sache mit ihr grundsätzlich so verfahren kann, wie er es möchte. Inzwischen sind Tiere nach § 90a S. 1 BGB keine Sachen mehr. Gemäß § 90a S. 3 BGB sind die für Sachen geltenden Vorschriften allerdings auf Tiere anzuwenden, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Hundehalter dürfen daher mit ihrem Hund keinesfalls machen, was sie wollen. Der Tierschutz findet sich nicht nur auf Bundesebene im Tierschutzgesetz wieder, sondern ist auch in der niedersächsischen Verfassung in Art. 6b NV verankert. Viele Pflichten, die darüber hinaus an die Haltung von Hunden gestellt werden, dienen zugleich zum Schutz des Hundes selbst. Nach § 2 NHundG müssen gleichzeitig aber auch die von Hunden ausgehenden Gefahren vermieden werden, um Menschen und andere Tiere schützen zu können.25 Nach dem Tierschutzgesetz müssen Hunde angemessen ernährt, gepflegt, untergebracht und bewegt werden.26 Am 01.03.2003 trat das niedersächsische Gesetz über das Halten von Hunden in Kraft. Dieses wurde noch mehrfach verändert, nähere Erläuterungen sind dazu unter Kapitel 7.2 zu finden.27

Zusammengefasst stärken viele Vorschriften die Rechtsposition des Hundes, da er als Lebewesen besonders geschützt werden soll. Gleichzeitig beinhaltet gerade das NHundG auch Vorschriften, die die Allgemeinheit vor dem Hund schützen sollen. Die Rechtsposition des Hundes ist daher besser, als auf den ersten Blick anhand der Hundegesetze und Hundesteuersatzungen angenommen werden könnte. Dennoch erwecken die Regelungen den Eindruck, Hundehaltung sei in Deutschland nicht erwünscht. Im nächsten Kapitel wird untersucht, wie die Hundesteuer entstanden ist und mit welchem Sinn die Besteuerung erfolgt.

4. Hundesteuer

Die Hundesteuer ist eine Steuerart, welche jährlich wiederkehrend erhoben wird.28 In Abgrenzung zu anderen öffentlich-rechtlichen Gebühren gibt es für die Zahlung der Hundesteuer keine unmittelbare Gegenleistung. Gebühren hingegen werden erhoben, weil eine bestimmte Leistung in Anspruch genommen wird.29 2016 sorgte die Hundesteuer in den Kommunen Deutschlands für 319 Mio. Euro Einnahmen. Allein in Niedersachsen waren es 37 Mio. Euro, die von Hundehaltern an die Kommunen gezahlt werden mussten.30 Im Vergleich zu den anderen Steuereinahmen macht sie dennoch nur einen sehr geringen Anteil des Gesamtsteuereinkommens der Gemeinden aus.31

Die Hundesteuer wird in vielen kommunalen Hundesteuersatzungen erst ab dem vierten Lebensmonat eines Hundes fällig. Auch wenn die Hundesteuer grundsätzlich für jeden Hund erhoben wird, gibt es einige Ausnahmen, in denen keine Hundesteuer gezahlt werden muss. Dabei spielt es allerdings keine Rolle, ob die Hundehaltung freiwillig erfolgt oder gesetzlich vorgesehen ist. Erfolgt die Haltung eines Hundes aus gewerblichen Gründen, darf diese nicht besteuert wer- den.32 Dient der Hund sowohl dem privaten und geschäftlichen Nutzen, so soll die Besteuerung anteilig erfolgen.33 Unter dieser Voraussetzung gilt Steuerfreiheit.34 Zusätzlich regelt jede Hundesteuersatzung für sich, unter welchen Tatbeständen Steuerbefreiung gewährt werden kann. Dabei kommt es zu Unterschieden zwischen den Satzungen der einzelnen Gemeinden, die deshalb nicht gleich rechtswidrig sind. Oftmals werden Blindenführhunde, Schutz- und Rettungshunde, sowie Polizei- und Zollhunde von der Hundesteuer befreit. Zu einer Ermäßigung kommt es in vielen Fällen, wenn Hunde zur Bewachung oder zum Schauspiel gehalten werden. Leistungsempfänger nach dem SGB erhalten in der Regel ebenfalls Steuerermäßigungen. Dies wird in den einzelnen Satzungen geregelt und ist dem Ermessen der Gemeinde überlassen.35

4.1 Beziehung zwischen Menschen und Hund

Die Hundesteuer ist nicht einfach eine Steuer, mit der ein Gegenstand besteuert wird, wie Alkohol oder Zigaretten. Bei dieser Steuer werden Tiere besteuert, welche schon seit langer Zeit an der Seite des Menschen stehen. Für die weitere Arbeit ist es daher von Bedeutung, herauszustellen, warum der Hund nach wie vor eine wichtige Rolle spielt und warum es im Gegensatz dazu immer mehr gesetzliche Regelungen gibt, die die Beziehung zwischen Menschen und dem Hund erschweren. Auch bei Wissenschaftlern steht die Hund-Mensch-Bezie- hung immer wieder im Fokus. Der Hund ist oftmals der letzte soziale Kontakt für Menschen, die keine Teilhabe an der Gesellschaft mehr besitzen und keine sozialen Kontakte haben.36 Dabei übernehmen Hunde unterschiedliche Aufgaben, die sich im Laufe der Zeit stark verändert haben. Früher diente der Hund Hofbesitzern vor allem zum Schutz und wurde mit auf die Jagd genommen. Er diente ausschließlich lebensnotwendigen Aufgaben. Heutzutage sind Hunde zu Sozialpartnern des Menschen geworden. Sie nehmen an allen Aktivitäten der Gesellschaft teil und im Gegenzug erhalten sie Zuneigung und werden ver- sorgt.37 Gegenwärtig nehmen Hunde unterschiedlichste Aufgaben für den Menschen wahr und werden dafür speziell gezüchtet und abgerichtet. Beispiele dafür sind Behindertenbegleithunde, Jagdhunde, Hüte-, Treib-, Wach- und Diensthunde, die beispielsweise Drogen aufspüren oder in Lawinen verschüttete Menschen retten.38

Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Beziehungsebenen zwischen Menschen und Hund. Zunächst existiert die funktionale Beziehung, bei der der Hund als Nutztier im Vordergrund steht und wichtige Arbeiten für den Menschen erledigt. Bei der emotionalen Beziehung wirkt der Hund vor allem symbolisch und spielt im alltäglichen Sprachgebrauch eine entscheidende Rolle. Die ökologische Gemeinsamkeit als dritte Beziehungsebene hingegen geht über die emotionale Beziehung hinweg und der Mensch fühlt sich untrennbar mit dem Hund verbun- den.39

Der Hund spielt demnach schon seit langer Zeit eine wichtige Rolle für den Menschen. Auch heute ist er aus unserer Gesellschaft nicht wegzudenken. Dennoch kann die Hundesteuer bereits auf eine lange Historie zurückblicken. Eine Analyse, mit welchen Unterschieden Hunde in Deutschland besteuert werden und was für gesetzliche Regelungen in den einzelnen Bundesländern beachtet werden müssen, kann Aufschluss darüber geben, ob Deutschland als hundefeinlich bezeichnet werden kann.

4.2 Entstehungsgeschichte der Hundesteuer

Die Hundesteuer wird deutschlandweit bis auf wenige Ausnahmen in jeder Kommune erhoben.40 Die Hundesteuer ist keine neue Erfindung, sondern wurde in ähnlicher Form bereits seit 1500 erhoben. Einzig die Gründe für die Erhebung der Steuern haben sich im Laufe der Zeit verändert. Zu Beginn wurde die Hundesteuer unter dem Begriff „Hundekorn“ gefordert. Landwirte mussten an ihre Fronherren Steuern in Form von Getreide zahlen, um ihren Pflichten im Rahmen von Jagdfrondiensten nachzukommen.

Später, im 16. Jahrhundert, diente das sogenannte „Hundebrot“ zur „Erhaltung gemeiner Stadtjagdgerechtigkeiten“.41 Seit dem 19. Jahrhundert wurde die Haltung von Hunden dann aus sehr unterschiedlichen Gründen besteuert. In Preußen beispielweise wurden Hunde als Luxusgut eingeordnet und somit besteuert. Dabei wurde zwischen anderen Nutztieren und dem Hund unterschieden, der nur dem Vergnügen diente. Teilweise erfolgte eine Besteuerung aber auch aus polizeilichen Gründen oder schlichtweg als Nutzungsgebühr.42 Seit der Finanzreform von 1969 gilt die Hundesteuer als örtliche Verbrauchs- und Aufwandsteuer, weshalb sie örtlich abhängig in jeder Kommune erhoben wird.43 Interessant ist im Hinblick auf die Hundesteuer, dass es sich nicht um eine neuartige Steuerart handelt, sondern dass sie schon sehr lange aus unterschiedlichen Gründen gezahlt werden muss.

4.3 Sinn und Zweck der Besteuerung

Hinsichtlich des Sinns der Besteuerung von Hunden bestehen viele Hundehalter darauf, dass die Einnahmen aus der Hundesteuer zweckentsprechend verwendet werden sollten. Wie unter dem Kapitel „2.3 kommunale Abgaben“ bereits herausgestellt, handelt es sich bei der Hundesteuer um eine Steuerart. Steuern dienen allgemein zur Deckung des Gesamthaushalts und müssen nicht etwa verwendet werden, um in Bezug auf die Hundesteuer Kot zu entfernen oder andere Maßnahmen zu treffen.

Mit der Hundesteuer werden vornehmlich ordnungspolitische Ziele verfolgt. So soll vorrangig die Anzahl der Hunde in Deutschland begrenzt werden.44 45 Dazu heißt es in einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Sachen-Anhalts: „Als örtliche Aufwandsteuer dient die Hundesteuer zwar der Einnahmeerzielung, darf zugleich aber auch einen Nebenzweck verfolgen. Ein solcher zulässiger Nebenzweck ist anerkanntermaßen das Ziel, die Haltung bestimmter Hunderassen auf Grund eines abstrakten Gefährdungspotenzials einzudämmen, um die durch sie entstehenden Gefahren und Belästigungen für die Allgemeinheit zu verrin- gern.

4.4 Verfassungsmäßigkeit der Hundesteuer

Insbesondere Hundefreunde stellen die Verfassungsmäßigkeit der Hundesteuer immer wieder in Frage. Sie sehen die Kommune für die Hundesteuer als nicht zuständig an und beschweren sich über unterschiedliche Steuersätze für Hunde in den verschiedenen Kommunen. Art. 105 Abs. 2a GG, Art. 106 Abs. 6 GG i.V.m. § 7 KAG stellen die Rechtsgrundlagen der Kommunen dar, die Hundesteuer erheben zu können. Dies ist von der Rechtsprechung inzwischen eindeutig bejaht worden.

Weiterhin wird von Hundesteuergegnern angezweifelt, dass die Hundesteuer Art. 3 GG genügen würde. So müssten auch andere Tiere, nicht ausschließlich Hunde, besteuert werden. Das BVerwG urteilte, dass lediglich eine willkürlich ungleiche Behandlung von wesentlich Gleichem verboten ist. Die Beeinträchtigung der Allgemeinheit durch Hunde wird dabei als wesentlich größer angese-hen als die möglichen Gefahren durch beispielsweise Pferde und Katzen. Geräuschbelästigungen, Verschmutzungen und nicht zuletzt von Hunden ausgehende Gefahren würden diese z.B. von Pferden unterscheiden, welche in der Regel außerhalb von Wohngebieten gehalten werden und daher nicht zu solchen Beeinträchtigungen führen. Somit verstößt die Erhebung der Hundesteuer nicht gegen Art. 3 GG.46

Hinsichtlich des Art. 3 GG findet außerdem eine steuerrechtliche Spezifizierung statt, nach der sich das Prinzip der Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit richten muss.47 Nach der daraus resultierenden Steuergerechtigkeit dürften Hundehalter nur dann zu Abgaben verpflichtet werden, wenn diese wirtschaftlich leistungsfähig sind. Nach vergangenen Gerichtsurteilen sahen Richter Hunde als Luxusgut an, welches sich nur Menschen leisten könnten, die einen gehobenen Lebensstandard innehaben. Die Haltung eines Hundes geht über die für einen Menschen notwendigen Lebensbedingungen hinaus und erfordert einen Aufwand für den Halter.48

Gegner der Hundesteuer argumentieren auch, dass durch Hunde kein Mehraufwand für die Kommune entstehen würde und die erhobenen Steuern nicht zweckentsprechend verwendet werden würden. So sollten die Steuereinnahmen verwendet werden, um beispielsweise Kot zu entfernen oder mehr Entsorgungsmöglichkeiten zu bieten. Allerdings ist nicht der Aufwand der Behörde entscheidend, auch wenn es sich um eine sogenannte Aufwandsteuer handelt, sondern zusätzlich der Lenkungszweck, nämlich die Hundehaltung einzugrenzen, um Gefahren für die Allgemeinheit minimieren zu können.49

4.5 Gerechtfertigte Höhe der Hundesteuer

Grundsätzlich wird die Höhe der Hundesteuer in den kommunalen Hundesteuersatzungen festgelegt. In welcher Höhe Steuern gezahlt werden müssen, hängt dabei oftmals von der Rasse des Hundes ab. Für ungefährliche Hunde wird der niedrigste Steuersatz erhoben. Hundehalter, die einen nach der Satzung gefährlichen Hund besitzen, zahlen in der Regel einen wesentlich höheren Steuersatz.

[...]


1 Nach Stand von 2017.

2 Vgl. statista; https://de.statista.com (Zugriff 06.12.2018).

3 Vgl. Planet-Wissen; https://www.planet-wissen.de (Zugriff: 06.12.2018).

4 Vgl. Harbart, Felix, Ein Leben ohne Hund ist nicht sinnlos, Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 23.11.2013; http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/Ein-Leben- ohne-Hund-ist-nicht-sinnlos (Zugriff: 25.01.2019).

5 Alle folgenden Angaben beziehen sich immer zugleich auf beide Geschlechter.

6 Vgl. Stollowsky, Der Tagesspiegel; www.tagesspiegel.de (Zugriff: 04.02.2019).

7 Vgl. Burger in Birke, S. 141-153 (153).

8 Vgl. Stodollick, S. 7.

9 Vgl. Brechtken/Birke, S. 7.

10 Vgl. Haack in Brinktrine/Steiner, Rn. 202-208 (202).

11 S. Suckow/Weidemann, S. 18.

12 Vgl. Haack in Brinktrine/Steiner, Rn. 202-208 (204-208).

13 Vgl. Armbrust, S. 137.

14 Vgl. unbekannt, juracademy; www.juracademy.de (Zugriff: 27.01.2019).

15 Vgl. Armbrust, S. 138.

16 Vgl. Cosack/Lamcke, S. 5.

17 Ein Ausnahmetatbestand liegt beispielsweise dann vor, wenn ein Hund nur vorrübergehend in Gebiet der Gemeinde gehalten wird.

18 Vgl. Wilke in Püttner, S. 246-259 (250).

19 Vgl. Boettcher/ Freier/ Geißler u.a. S. 4.

20 Vgl. Hacke, Bundeszentrale für politische Bildung; https://www.bpb.de (Zugriff: 06.01.2019).

21 OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2001, 742, 743 ff.; OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2001. 749 ff.

22 BVerG, NVwZ 2003, 95 ff.

23 Vgl. Edling, S. 74-79.

24 Vgl. Loeper in: Kluge S. 88.

25 Vgl. Edling, S. 233.

26 Vgl. § 2 TierSchG.

27 Vgl. Edling, S. 77 ff.

28 Vgl. Gern, Rn. 1056.

29 Vgl. Kraft/Kraft S. 1.

30 Vgl. destatis, Statistisches Bundesamt; https://www.destatis.de.

31 Vgl. unbekannt, Bundesministerium der Finanzen; https://www.bundesfinanzministerium.de (Zugriff; 06.01.2019).

32 Vgl. BVerG, NVwZ 2012, 1407, 1408.

33 Vgl. BVerwG vom 02.11.2006 - 10 B 4/06, BeckRS 2006, 27381.

34 Vgl. Edling, S. 140 ff.

35 Vgl. Edling, S. 143 f.

36 Vgl. Miklosi, sitzplatzfuss, S. 34.

37 Vgl. Adler/Braun, S. 21.

38 Vgl. Noll, die Hundeseite im Netz; www.hundeseite.info (Zugriff: 10.01.2019).

39 Vgl. Wippich, S. 2.

40 Vgl. Sauer, RTL; www.rtl.de (Zugriff 27.12.2018).

41 Vgl. unbekannt, Bundesministerium der Finanzen; www.bundesfinanzministerium.de (Zugriff; 06.01.2019).

42 Vgl. unbekannt, wirtschaftundschule; www.wirtschaftundschule.de (Zugriff: 27.12.2018).

43 Vgl. unbekannt, Bundesministerium der Finanzen; www.bundesfinanzministerium.de (Zugriff; 06.01.2019).

44 Vgl. unbekannt, Bundesministerium der Finanzen; www.bundesfinanzministerium.de (Zugriff; 06.01.2019).

45 OVG, Urteil v. 23.01.2006 - 4 L 289/05 (juris).

46 Siehe BVerwG, 12.01.1978 - BVerwG 7 B 73.77.

47 Vgl. Hessele, S. 13.

48 Vgl. unbekannt, Rechtslupe; www.rechtslupe.de.

49 Vgl. Schlosser, raschlosser; www.raschlosser.com (Zugriff: 04.01.2019).

Ende der Leseprobe aus 50 Seiten

Details

Titel
Hundefeindliches Deutschland?
Untertitel
Gefährliche Hunde und die Hundesteuer im Vergleich der Bundesländer Deutschlands
Hochschule
Kommunale Hochschule für Verwaltung in Niedersachen; ehem. Kommunale Fachhochschule für Verwaltung in Niedersachsen
Autor
Jahr
2019
Seiten
50
Katalognummer
V987601
ISBN (eBook)
9783346345271
ISBN (Buch)
9783346345288
Sprache
Deutsch
Schlagworte
hundefeindliches, deutschland, gefährliche, hunde, hundesteuer, vergleich, bundesländer, deutschlands
Arbeit zitieren
Finja Hedemann (Autor:in), 2019, Hundefeindliches Deutschland?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/987601

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