Ursachenzuschreibung und auftretende Attributionsfehler bei der Leistungsbewertung durch Führungskräfte


Hausarbeit, 2020

26 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Ursachenzuschreibung - Der Prozess
2.1 Soziale Wahrnehmung
2.2 Attributionstheorien
2.2.1 Definition und Ursprung
2.2.2 Attributionstheorie nach Heider
2.2.3 Kovariationsmodell nach Kelley

3. Attributionsfehler beim Beurteilungsprozess

4. Überblick über die theoretischen Grundlagen

5. Praxisbezug - Mitarbeitendenbewertung und Leistungsbeurteilung
5.1 Funktionen der Beurteilung
5.2 Fehler beim Beurteilungsprozess
5.3 Fehlervermeidung - Möglichkeiten für Führungskräfte

6. Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Attributionstheorie nach Harold Kelley

Tabellenverzeichnis

Tab. 1 Zusammenhänge der Informationsarten und der Attribution

1. Einleitung

Eine ausschlaggebende Eigenschaft für gesellschaftliche Entwicklungen, welche die Menschen auszeichnet, ist die Neigung bestimmte Prozesse oder Situationen zu hinterfragen. So ergründen Menschen auch stets das Verhalten ihrer Mitmenschen. Man beobachtet sich gegenseitig, prüft bestimmte Handlungen und Reaktionen und erschließt sich daraus dann beinahe automatisch die Begründungen zu diesem Verhalten.

Diese Schlussfolgerungen können unser Bild von anderen Menschen stark beeinflussen.

Inhalt dieser Arbeit ist es diesen Prozess der Ursachenzuschreibung genauer zu erläutern, indem auf die soziale Wahrnehmung eingegangen wird, sowie zwei verschiedene Attributionstheorien erläutert werden.

Die im Beurteilungsprozess entstehenden Attributionsfehler sollen anschließend genauer erklärt werden und, aufbauend auf diesen theoretischen Grundlagen, ein Praxisbezug zur Leistungsbeurteilung und Bewertung von Mitarbeitenden hergestellt werden. Dabei wird auf die Ziele von Beurteilungen, die möglichen Fehler und auch die Möglichkeiten zur Fehlervermeidung eingegangen.

Im Rahmen eines Fazits soll abschließend geprüft werden ob in dieser Arbeit das Ziel erreicht werden konnte, Führungskräften praxisbezogene Möglichkeiten zur Verhinderung von falschen Ursachenzuschreibungen zu bieten.

2. Ursachenzuschreibung - Der Prozess

2.1 Soziale Wahrnehmung

Eingangs wurde bereits die Neigung der Menschen beschrieben, das Verhalten der Mitmenschen zu beobachten, zu interpretieren und daraus Schlussfolgerungen über die beobachteten Personen zu schließen.

Dieser Vorgang der Einschätzung wird als soziale Wahrnehmung bezeichnet (vgl. Shackelford und Zeigler-Hill 2020), welche dadurch entsteht, dass Menschen Informationen sammeln, verknüpfen, interpretieren und sich daraus einen Eindruck anderer Personen erschaffen (vgl. Akert et al. 2011, S.101-104).

Wie genau Menschen sich so ein Bild von anderen schaffen, welche Faktoren bei der Beobachtung eine Rolle spielen und welche Einflüsse diese Wahrnehmung der Mitmenschen auf unser Zusammenleben haben kann, all diese Fragen und mehr stellen sich im Zusammenhang mit der sozialen Wahrnehmung. Ein besonderer Fokus wird dabei meist auf die unterschiedliche Gewichtung der Faktoren gelegt, welche durch verschiedene Phänomene erklärt werden kann (vgl. Hewstone et al. 2014, S.67-71).

Hier gibt es beispielsweise die Unterscheidung in zentrale und periphere Persönlichkeitsmerkmale (vgl. Fischer 2002, S.165-171) oder den Primacy-Effekt, welcher die Wichtigkeit der Reihenfolge von erlangten Informationen für den Gesamteindruck beschreibt (vgl. Jörg et al. 2019a, S.136). Weitere Phänomene in diesem Zusammenhang wären die kognitive Algebra, implizite Persönlichkeitstheorien oder Effekte, wie die Beauty-is-good-Annahme und der Similar-to-me- Effekt (vgl. Felser 1997, S. 181-183).

2.2 Attributionstheorien

Attributionstheorien beschäftigen sich im Speziellen mit sogenannten Ursachenzuschreibungen und legen den Fokus nicht auf das beobachtbare Verhalten der Menschen, sondern mehr darauf, wie dieses Verhalten gedeutet, beurteilt und auch eingeordnet wird durch die Beobachter (vgl. Parkinson 2007,S.71). Sie hinterfragen, warum und auf welche Weise Ursachen zugeschrieben werden und wie diese Attributionen erfolgen (vgl. Fischer 2002, S.285-288).

Diese Ursachenzuschreibungen verhelfen uns dazu, uns unsere Umgebung zu erklären und zu kategorisieren, wodurch wir sie vorhersehbarer machen und uns Sicherheiten schaffen (vgl. Bierbrauer und Salisch 2005, S.82).

2.2.1 Definition und Ursprung

Attribution bedeutet „Ursachenzuschreibung“ und die Theorien werden genauer definiert als „allgemeiner Ansatz zur Beschreibung der Art und Weise, in der ein sozial Wahrnehmender Informationen nutzt, um kausale Erklärungen zu generieren“ (Akert et al. 2011; Dörfler et al. 2018, S.650).

Als Teil der Sozialpsychologie haben Attributionstheorien ihren Ursprung in den 50er Jahren, durch das Werk „The Psychology of Interpersonal Relations“ von Fritz Heider (vgl. Hewstone et al. 2014, S.18-23).

Als einen Hauptaspekt behandelt er darin die Unterscheidung in unterschiedliche Kategorien der zugeschriebenen Ursachen (vgl. Deffner und Heider 1977) und hatte dadurch einen großen Einfluss auf nachfolgende Sozialpsychologen, wie Harold Kelley (vgl. Hewstone et al. 2014, S.19-20).

2.2.2 Attributionstheorie nach Heider

Die Attributionstheorie nach Heider basiert auf der Annahme, dass Menschen sich immer der Psychologie des „gesunden Menschenverstandes“ bedienen bei ihrer Beobachtung und Erklärung des Verhaltens anderer Menschen. Er prägte dadurch die Annahme, dass man sich dabei wie ein naiver Wissenschaftler verhalte, weshalb er auch bis heute als Begründer der Alltagspsychologie gilt (vgl. Denzler et al. 2020, S.157).

Als Begründung für diese „naive Psychologie“ wird, wie bereits in 2.1 genannt, das Bedürfnis nach Kontrolle und Vorhersehbarkeit, aufgeführt. Denn wenn man Ursachen für das Verhalten der Mitmenschen erklären kann, werden daraus dis- positionale Merkmale der Person erschlossen (vgl. Hewstone et al. 2014, S.72). Wenn ich bestimmte Verhaltensweisen meines Gegenübers mit dessen Eigenschaft als kaltherzige und unfreundliche Person erkläre, dann werde ich davon ausgehen, dass auch bei nächsten vergleichbaren Situationen mit entsprechend negativen Reaktionen zu rechnen ist.

Heider konzentrierte sich in seinen Untersuchungen darauf, wie Menschen sich die Ursachen des Verhaltens erschließen. Dabei ist eine seiner Grundannahmen, dass diese Attributionen grundsätzlich in zwei verschiedene Kategorien unterteilt werden können.

Zum einen bezeichnet er jene Ursachen, welche innerhalb der Person begründet sind, als internale Ursachenzuschreibung. Zum anderen sind externale Ursachenzuschreibungen nicht durch die Person selbst, sondern durch die Situation begründet (vgl. Koch et al. 2017, S.78). Die Situation kann dabei durch die äußeren Bedingungen, andere Menschen, Sachverhalte und mehr entstanden sein (vgl. Kanning 1999).

Als Beispiel für die unterschiedliche Beurteilung kann man hier folgende Situation anführen:

Die Kellnerin, welche im Restaurant den Nebentisch bedient, wird beobachtet, wie sie eine laute und barsche Diskussion mit einem der Gäste führt. Entsprechend der in dieser Arbeit bisher aufgeführten Annahmen, nimmt der Beobachtende diese Informationen auf und versucht dann eine Begründung für dieses Verhalten zu erschließen. Laut Heiders Annahmen kann diese Ursache nun in der Person selbst liegen, wenn der Kellnerin eine unfreundliche und cholerische Art zugeschrieben wird. Wenn nun aber auch beobachtet werden konnte, dass der Gast die Kellnerin unangemessen angesprochen oder gar belästigt hat, so wird eher eine externale Attribuierung vorgenommen und das Verhalten der Kellnerin nicht ihren Eigenschaften, sondern der Situation zugeschrieben.

Diese Unterscheidung bei der Zuschreibung von Verhaltensursachen ergibt sich nicht nur, wie im genannten Beispiel, aus der Menge der beobachtbaren Informationen. Auch die bereits vorliegenden Informationen, sowie bestehende Eindrücke über die Person haben einen Einfluss darauf, auf welche Art und Weise Menschen sich die Ursachen des Verhaltens erschließen (vgl. Deffner und Heider 1977)

So wird positives Verhalten den Menschen, welchen wir bereits positiver gegenüber eingestellt sind, auch internal zugeschrieben. Wohingegen wir negatives Verhalten, bei diesen Menschen eher der Situation zuschreiben (vgl. Parkinson 2007, S.81-83).

Die Unterscheidung, auf welche Art und Weise wir uns die Ursachen erschließen und welche Faktoren darauf Einfluss nehmen, ist also oftmals ausschlaggebend dafür, welches Bild wir uns von den Mitmenschen machen und kann somit entscheidend sein für das Zusammenleben in der Gesellschaft.

2.2.3 Kovariationsmodell nach Kelley

Fritz Heiders Abgrenzung der verschiedenen Attributionsmöglichkeiten wird später unter dem Begriff „Kovariationsmodell“ von Harold Kelley weitergeführt und systematisch dargestellt (vgl. Koch et al. 2017,S.78).

Dabei fokussierte Kelley seine Beobachtungen nicht mehr nur darauf, auf welche Art wir Ursachen zuschreiben, sondern auch darauf, welche Informationen wir dabei sammeln und in unsere Attribution mit einbeziehen. Wir sehen also, bei dem unter 2.2.2 genannten Beispiel nicht nur die Kellnerin, den Gast und den stattfindenden Streit, sondern versuchen auch, je nach Situation, Informationen zu erhalten, inwieweit dieses Verhalten der Beteiligten Personen z.B. zu einem anderen Zeitpunkt, an einem anderen Ort oder mit anderen Menschen kovariiert, also einhergeht (vgl. Fischer 2002, S.291-294).

Die Faktoren, welche gleichzeitig mit dem beobachteten Verhalten auftreten, können somit als Ursache für das interessierende Verhalten ausgelegt werden.

Die drei Informationen, welche durch Kelley als „Dimensionen der Information“ definiert wurden, lauten Distinkt-heit, Konsistenz und Konsens, wie auch in der nebenstehenden Abbildung auf-geführt wird.

Siehe Anhang; Abbildung 1: Attributionstheorie nach Harold Kelley (Kittner 1994)

Anhand eines weiteren Beispiels kann man dies folgendermaßen erklären.

Um zu erschließen, weshalb Frau A. Schmuck stiehlt, werden entsprechend dem Kovariationsprinzip nach Kelley mehrere Beobachtungen gemacht: Zuerst wird beobachtet, ob Frau A. bereits des Öfteren gestohlen hat. Es wird also genauer betrachtet, inwieweit das Verhalten über die Zeit und Situation kon-sistent ist.

Dann wird berücksichtigt, ob Frau A. auch unter anderen Umständen, also beispielsweise bei anderen Waren gestohlen hat. Man bezeichnet es als niedrige Distinktheit, wenn ihr Verhalten sich auch in Bezug auf andere Objekte nicht verändert und sie somit auch andere Gegenstände stiehlt.

Zusätzlich wird auch darauf geachtet, wie andere Personen unter den gleichen Umständen und somit den Einwirkungen der gleichen Reize, reagieren. Gibt es eine starke Übereinstimmung mit dem Verhalten der anderen Leute und dem Verhalten von Frau A. so nennt man dies einen hohen Konsensus (vgl. Parkinson 2007, S.75-76).

Diese drei Dimensionen an Informationen, welche wir versuchen aufzunehmen, spielen damit eine Rolle für die Ursachenzuschreibung des beobachtbaren Verhaltens. Kelley erweitert hierfür die Theorie nach Heider, wie auch aus der folgenden Tabelle und den darin aufgeführten Arten der Attribution ersichtlich ist.

Inwiefern die Informationsarten mit der aus den Beobachtungen resultierenden Attribution in Zusammenhang stehen wird in der folgenden Abbildung beispielhaft dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Zusammenhänge der Informationsarten und der Att Darstellung in Anlehnung an (vgl. Hewstone et al. 2014, S.76)

Wir können also damit den Prozess der Ursachenzuschreibung abschließen, welcher zur sozialen Wahrnehmung unserer Umwelt führt und sich laut Fritz Heider danach unterscheiden lässt worin wir die Ursache für beobachtetes Verhalten sehen. Harold Kelley hat somit hierzu mit seinem Modell noch die nötigen Informationsarten und Muster geliefert, welche dann zu den unterschiedlichen Arten der Attribution führen.

3. Attributionsfehler beim Beurteilungsprozess

Im Laufe der Erläuterungen zu den vielfältigen Faktoren, welche die Attribution beeinflussen können, wird schnell ersichtlich, dass es hier zu vielen Fehlern kommen kann und Ursachen entsprechend falsch zugeschrieben werden können.

Die soziale Wahrnehmung unserer Mitmenschen oder auch von uns selbst, ist ausschlaggebend für das Verhalten und das Miteinander in unserer Gesellschaft. Es ist daher besonders wichtig, fehlerhafte Ursachenzuschreibungen nach Möglichkeit zu vermeiden (vgl. Kanning 1999).

Doch wie kommt es zu diesen Fehleinschätzungen? Das Kovariationsmodell setzt voraus, dass dem Beobachter vollumfängliche Informationen zur Situation vorliegen. Da wir uns meist in wenigen Sekunden schon einen ersten Eindruck der Situation gemacht haben, fehlt zu diesem Zeitpunkt ein Großteil der relevanten Informationen.

Gehen wir auf das zuvor erwähnte Beispiel der streitenden Kellnerin ein, so sind dem Beobachter lediglich oberflächliche Details der Situation bekannt. Weder kann hier jeder Blickwinkel auf den Gast, den Tisch und die Kellnerin eingenommen werden, so dass Wichtiges eventuell gar nicht zur Kenntnis genommen werden. Noch ist es automatisch gegeben, dass das Gespräch zwischen Kellnerin und Gast von Anfang bis Ende mitverfolgt werden konnte, da vermutlich die Lautstärke sich erst mit Zuspitzen der Situation erhöht hat. Es fehlen dem Beobachter also eventuell ausschlaggebende Details zur korrekten Beurteilung.

Zusätzlich wird für die korrekte Ausführung des Beurteilungsprozesses nach Kovariationsmodell eine Analyse zu Konsensus, Distinktheit und Konsistenz vorausgesetzt. Diese Analyse ist im alltäglichen Geschehen kaum möglich, da die Zeit, die Ressourcen oder auch Motivation und Möglichkeit fehlen, die Situation auch in anderen Zusammenhängen (anderer Gast, anderes Restaurant, anderes Essen, andere Kellner*innen) zu vergleichen. (vgl. Koch et al. 2017, S.83)

Da also Details oftmals dem Beobachter nicht ersichtlich sind und eine vollumfassende Analyse der Situation und ein Vergleich unter anderen Rahmenbedingungen in den meisten Fällen nicht möglich ist, werden verschiedene Prinzipien oder Faustregeln angewandt (vgl. Denzler et al. 2020, S. 56). Die Lücken werden, um dennoch zu einer Ursachenzuordnung gelangen zu können, durch unser bereits vorhandenes Wissen, erlernte Zusammenhänge und bisherige Erfahrungen geschlossen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Ursachenzuschreibung und auftretende Attributionsfehler bei der Leistungsbewertung durch Führungskräfte
Hochschule
SRH Fernhochschule
Note
1,7
Autor
Jahr
2020
Seiten
26
Katalognummer
V987881
ISBN (eBook)
9783346347664
ISBN (Buch)
9783346347671
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ursachenzuschreibung, Sozialpsychologie, Attributionsfehler, Mitarbeiterbeurteilung, Leistungsbewertung, Führungskräfte, Bewertung, Beurteilung, Attributionstheorie, Soziale Wahrnehmung, Heider, Kelley, Fehlervermeidung
Arbeit zitieren
Naomi Binder (Autor:in), 2020, Ursachenzuschreibung und auftretende Attributionsfehler bei der Leistungsbewertung durch Führungskräfte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/987881

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