Märchen und Partnerschaft


Essay, 2011

18 Seiten


Leseprobe


Einleitung

Sinn der Märchen: In den letzten Jahren haben Märchen, Mythen und Legenden in zunehmendem Maße eine wahre Renaissance erlebt. Zum Teil spiegeln sie Wünsche und Utopien der Leser wieder, zum anderen bilden sie in symbolhafter Sprache die noch heute aktuellen individuellen und beziehungsorientierten Probleme der Menschen ab.Sie wenden sich damit nicht in erster Linie an Kinder, sondern an das Publikum, für das sie in den letzten Jahrtausenden gedacht waren: an die Erwachsenen. Kindermärchen scheinen ja erst in der Zeit entstanden zu sein, als man begann, die Kindheit als eigenständigen Lebensabschnitt zu sehen und die Kinderwelt von der der Erwachsenen abgrenzte.

Märchen und inneres Wachstum: Märchen, in schriftlicher und vordem lange Zeit in mündlicher Form, dienten nicht nur der Unterhaltung, sondern auch der Lebensunterweisung, der religiösen Unterrichtung, dem Aufdecken von Lebensproblemen und ihren Zusammenhängen, und damit auch familiären und partnerschaftlichen Fährnissen. Denn der Orientale fragt nicht ,,Wie geht es dir?", sondern: 'Wie geht es deiner Familie?" und ordnet so das individuelle Leben einer - wie wir heute sagen würden - systemorientierten Sichtweise unter. Schließlich bieten Märchen, Mythen und Legenden in unterschiedlichem Maße Lösungsmöglichkeiten von persönlichen, gesellschaftlichen, kulturellen, religiösen und naturwissenschaftlichen Problemen an. Je nach Denk- und Wahrnehmungsart der verschiedenen Kulturen überschneiden sich diese Bereiche oder die Geschichten werden in unterschiedlichen Metaphern oder Sprachgebilden wiedergegeben.

Märchen wirken durch ihre Bilder direkt die Selbsterfahrung an: Als ich begann Märchen zu lesen, geschah dies, ehrlich gesagt, um von meinem Beruf Abstand zu gewinnen. Ich war arbeitslos geworden und suchte nach einer sinnvollen Beschäftigung für mich selber. Ich verschlang die Berichte über fremde Länder, längst vergessene Zeiten und wollte eigentlich nur meine Zeit totschlagen. Unversehens sprachen die Bilder zu mir oder besser zu meinem Unbewussten in mir und ich fing an, mich wieder an meine eigene Kindheit zu erinnern. Längst vergessene oder auch verdrängte Bilder und Erinnerungen tauchten in mir auf, gelockt irischen, walisischen, türkischen, persischen und arabischen Motiven aus Tausend und einer Nacht. Ich wurde ruhig und begann zu wachsen, und dies nach Zeiten der rastlosen Suche nach Wissen und damit einher gegangener Stagnation.

Selbsterfahrung hieß mein Thema. Deshalb möchte ich jetzt nicht über Märchen und verschiedene Theorien über Märchen sprechen, sondern auch die Märchen selber Wort und Wirkung kommen lassen, möchte ein wenig neugierig werden ermöglichen, ein wenig Selbsterfahrung anregen.

Die ersten Psychotherapeuten waren Märchenerzähler: Ich habe die Zaddikim und die Chassidim deshalb gleich zu Anfang erwähnt, weil sie ihre Lehre über ihren Glauben und ihr Leben nicht in weise Sätze kleideten, denen die anderen stur folgen mussten, sondern vielmehr ihre Geschichte in Metaphern, Bildern und Gleichnissen weitergaben. Nach KOPP (2006, 24) waren die ersten Psychotherapeuten Märchenerzähler. Ihre Geschichten kündeten von ihrer Suche nach sich selbst, ihren Visionen (die sich z.B. in den Indianermärchen wiederfinden), und ihren wahren und intensiven Begegnungen mit anderen Menschen. Sie sprachen von ihren Enttäuschungen, aber auch von der aufkeimenden Hoffnung, Liebe und Erfüllung zu finden, Frieden, Kraft oder Freude, vielleicht auch einige aufleuchtende Momente heller Wachsamkeit, gleich einer Quelle nährenden Wachstums.

In ihren Metaphern waren die Geschichten persönliches Zeugnis (mögliche Modelle) die den Zuhörern einen gangbaren Weg zeigten, ohne ihnen aber spezifische Lösungen vorzugeben. Wer sich auf die Märchen einließ, wer sie wirken ließ, musste dies mit seiner gesamten Persönlichkeit tun - für pure Nachahmer existierte kein Raum.

Diesgilt sowohl für die Zuhörer als auch für die Märchenerzähler selber. Jedes Erzählen war zugleich persönliches Neuerzählen in der eigenen Sprache, mit den eigenen Erlebnissen und eigenen Gefühlen. Erzählzeit war auch Suchzeit: Suche nach sich selber, immer und immer wieder. Nicht in der "Story" lag die Kraft, die Faszination, sondern in der Erzählart, in der persönlichen Begegnung zwischen Nacherzähler, Nacherleber und den Zuhörern.

Dazu existiert natürlich auch eine Gegenposition, nach der jedes Wort in einem Märchen symbolträchtig und somit geheiligt und unveränderbar ist. Dem lässt sich aber entgegenhalten, dass Märchen und Mythen, lange bevor sie schriftlich niedergelegt wurden, der mündlichen Tradierung und Veränderung unterlagen, dass sich neueSprachvariationen um alte Themen rankten. Auf diese Weise gelang es den Märchenerzählern immer wieder neue Aspekte eines Grundmotivs zu beleuchten. Die mündliche Überlieferung bedeutete eine Bereicherung. Einige Sprachen weisen im Gegensatz zu europäischen Sprachen eine unterschiedliche Syntax auf: gerade türkische Märchen sind lange kaum aufgeschrieben worden, sondern bedurften aufgrund ihrer sprachlichen Kargheit der gestischen und mimischen Ausschmückung.

Keine Lösungen - Begreifen statt Verändern: Die alten Märchenerzähler traten nicht an die Stelle der Zuhörer und der zuhörenden Suchenden. Sie boten den Lauschern keine fertigen Lösungen an. Mit der Kraft ihrer Phantasie, ihrem Mut und ihrer Ehrlichkeit vor sich selber und den Verlockungen der Gespinste ihrer verzaubernden, in den Bann ziehenden Wortakrobatik, versetzten sie sich und die Zuhörer in die Welten der drohenden Dämonen, der Verwandlungen, der Verwirrungen und des Leides, der Begegnungen und der Fährnisse eigenen Seele. Nicht Verändern, sondern Begreifen heißt hier die treibende Kraft. In der Gestalt von zur Identifikation angebotenen handelnden Narren, Königen, Kalifen, Schäfern, Hexen und rastlosen Wanderern, die sich nur mühsam sich sehr nahe brachten, schlüpften die Märchenerzähler ein wenig, zwischen Nähe und Distanz zu sich jonglierend, in die Rolle des oder der Zuhörer(s) und ließen sich so zusetzen, wie andere ihm mitgespielt hatten. So blieben sie in seiner Nähe und gewannen sein Vertrauen. Mitfühlend lehrten sie über ihre eigenen Wanderungen. Erzählt, wirklich lebendig erzählt werden kann nur das selber erlebte. Und so ist ein Grundmotiv der irischen Märchenerzähler z.B. die Geschichte von dem Märchenerzähler, der nichts zu sagen wusste und erst einmal selber auf Wanderschaft gehen musste.

Der Geschichtenerzähler, der keine Geschichte mehr wusste

Die existentielle Angst des Märchenerzählers: Ohne Geschichte scheint der Geschichtenerzähler seine Legitimation, seine Berechtigung verloren zu haben. Es handelt sich ja nicht um den Verlust Reichtums, sondernum ein Abreißen einer inneren Quelle. Manchmal sind andere Menschen Hinweise auf eine neue Quelle, die aber vielleicht auch einmal ruhen muss, um neue Kraft zu sammeln, beizeiten kann dies aber auch ein Traum sein.

Wanderschaft, innere Entwicklung, Unterwegssein, Suche nach Ich - Erweiterung, an sich mutlos werden und Hoffnung schöpfen; Lernen, Verantwortung für sich zu übernehmen, ins Reich des Unbewussten hinabsteigen und wieder in die alte Welt, aber verändert zurückkehren, sich und anderen Raum für Weiterkommen, Stagnation und sich sammeln lassen, mit der eigenen Geschichte kämpfen und die seiner selbst lieben lernen, Familienkämpfe um Autonomie, loslassen können, Staunen lernen, kämpfen und mit sich geschehen lassen und Vertrauen annehmen; dies sind einige Themen, mit denen sich Märchen beschäftigen.

Mitten drin will ich beginnen, beginnen mit einer Geschichte, mit der eigenen Geschichte, die wir uns selber, vielleicht unsere Eltern, denen wieder deren Eltern usw. aufgehalst haben. Ich glaube kaum, dass diese Geschichte nur für schwere Neurotiker gedacht ist. Gefunden habe ich die "Geschichte von Abu Kasim und seinen Pantoffeln" irgendwo in den "Erzählungen aus den Tausendundeinen Nächten", 1981).Das Original ist ca. 50 Seiten lang und ich gebe hier nur den Inhalt wieder:

Die Pantoffeln des Abu Kasim

Eine amüsant geschriebene, aber dennoch harte und bittere Geschichte ist die von Abu Kasim und seinen Pantoffeln. Abu Kasim, ein alter Geizhals, versucht immer wieder, auf Kosten anderer seine alten und zerschlissenen Pantoffeln loszuwerden. Er selber ist ein wohl verdienender Kaufmann in Basra. Aber, was auch immer er unternimmt, die Pantoffeln kehren zu ihm zurück. Verzweifelt versucht er sich ihrer zu entledigen, verschenkt sie, lässt sie sich vor dem Bad stehlen und mit denen Kadi vertauschen, er bittet andere um Hilfe, wird selber zum Dieb, ja zum Mörder. Er wirft die Pantoffeln in die Kanalisation, und bezahlt 10.000 Dirhems Strafe. Er wirft sie aus dem Fenster und trifft eine schwangere Frau, die ihr Kind tot gebärt. Jemand wirft sie ihm zurück durch sein Fenster und zerstört sein wohlfeil erstandenes Rosenöl. Nach vielen vergeblichen Versuchen fleht er den Kadi um Erlösung an von dem wiederkehrenden Fluch seiner eigenen Geschichte. Aber der Fiskus will sie nicht haben. Erst als es Abu Kasim gelingt, die verborgene Liebe zu seinen Pantoffeln zu sehen und anzuerkennen, erst als er ihnen den gebührenden Platz in der Reihe der Ahnen zuweist, verlieren sie ihre Kraft zu hindern und zu Abu Kasim öffnet die Augen und blickt mit fremdem Blick um sich. Der böse Traum der Selbstverwünschung hat sein Ende und seinen Meister in der Gegenwart, in Abu Kasim, der nun fähig ist, die Gegenwart wie sie ist, zu sehen, gefunden.

Beschrieben wird hier nicht die Entstehung der "Selbstverwünschung", sondern die Art der Aufrechterhaltung und der Überwindung der Lebenseinstellung: Abu Kasimflieht vor sich. Je mehr er sich ausweicht, desto mehr rückt ersich nach. Der Lösungsweg der Loslösung ist von vielen Rückschlägen gekennzeichnet: zuerst versucht er die Erlösung im Beiseiteschieben, sodann in der Anrufung einer fremden Macht oder Autorität. Nichts hilft. Im Gegenteil, die anderen werfen ihm die Pantoffeln wieder an den Kopf oder ins Rosenöl, so wie er wirft, werfen sie zurück, und zwingen ihn so, böse, wie sie in Abu Kasims Augen wohl sind, seinen Lösungsweg immer wieder zu überdenken. Trotzdem: seine Liebe zu sich und seiner Geschichte muss er selber erleben und so handelt das Märchen nicht von der Erlösung durch andere, sondern von den Wirrnissen der eigenen Verwandlung, von den immer wieder auftauchenden Ängsten des Verlustes des eigenen, mühsam erworbenen Ichs, andere handeln vom Zerbrechen falscher Spiegel und gläserner Särge, von der Möglichkeit, seine Beziehung zu sich und zu anderen Menschen neu zu gestalten und sich nicht auf Andere, sondern auf sich selber zu verlassen.

Ein indischer Mythos über die Entstehung des Mondzyklus verdeutlicht die Dynamik dieser auf die Dauer starren Interaktion (LINDHOLM, 1982, 27):

Der Mond und seine Gemahlinnen

Die nutzlose Herrschaft: Damit der Mond auf seiner Reise nicht im Dunkeln tappe, schenkte die Sonne (im Mythos der Vater) dem Mond 27 seiner Töchter, die ihm leuchten sollten. Der Mond aber liebte nur eine, Rohini mit Namen, und vernachlässigte die anderen. Diese klagten sich bei ihrem Vater und wollten gar zurückkehren zu ihm. Da warf der Sonnenvater dem Mond einen Fluch zu: die Schwindsucht solle ihn befallen. So geschah es und die Kraft des Mondes nahm ab. Da verwelkten auch die Pflanzen und die Tiere auf der Erde, es siechte der Mensch. Da fürchtete auch der Sonnenvater um seine Wirkkreis: wen hätte er noch bescheinen sollen, wem Leben schenken. Da er aber seinen Fluch nicht mehr zurück nehmen konnte, handelte er mit dem Mond aus: er solle sich doch bitte um alle Töchter kümmern, dadurch solle er wieder neue Kraft erlangen. Von da an nahm der Mond jeden Monat von neuem ein Tauchbad in einer seiner Gemahlinnen und wuchs wieder, bis die Kraft verschwand und er nach einiger Zeit andereSonnentochter aufsuchen musste.

Ich bitte für einige Augenblicke davon abzusehen, dass hier in haarsträubender Weise zwei Männer Frauen verschachern. Aber wenn man das einen Moment beiseite lässt und sich anhand dieses Mythos ein Paar vorstellt, dann spiegelt der Mythos den kommunikativen Aspekt eines verzwickten Vermeidungsmusters wieder. WILLI (1975) nennt diese festgefahrenen, starren, ineinandergreifenden Interaktionsmuster Kollusionsmuster, geheimes Zusammenspiel. Die Partner sind diese Spiele eingegangen, um in der Kindheit und vielleicht auch später im Verlauf der Sozialisation getrennt vermittelte:, doch gemeinsame Ängste gemeinsam zu vermeiden. Beide dürfen aus diesen Angstvermeidungsspielchen nicht ausbrechen, ohne sich ihren eigenen Urängsten der persönlichen Unzulänglichkeit existentiell stellen zu müssen. Schon bei einem Versuch bräche ihre Welt zusammen. So suchen sie ihr halbes Leben nach einem wahnweltpassenden Partner. Starr ist ihr Oben / unten, Herrscher / Untertan, Pfleger / Verpflegter, Bewunderer / Bewunderter,Unverrückt - verrückt kämpfen sie ihren Kampf um Macht oder gegen die Angst sich selber sein zu müssen. Zeus und Hera sind die Archetypen solcher Streitpaare.

Nach außen hin scheinen die Machtverhältnisse bei diesem Mythos evident.Noch besitzt der Verfluchte Macht über den Verflucher. Wie die Kraft des Mondes schwindet, verliert auch der scheinbar Mächtigere an Einfluss. Der Herrscher ist nicht der Einzelperson zu suchen: die Herrschaft und die Beherrschung liegen in der Balance, die beide aufrecht zu erhalten bemüht sind. So muss der scheinbar Mächtigeum nicht die Macht innerhalb der Beherrschung durch den scheinbar unterlegenden zu verlieren, Zugeständnisse eingehen. Kraftspender ist aber z. T. die gemiedene Sexualität, hier Systemstabilisator für beide. Kraft von dem Sonnenvater erhalten die Töchter, indirekt Lebensspender für den Mond. Innerdynamische Verwirrung. Beide bleiben in ihrer Macht gefangen. Nutznießer dieser Konstellation bleiben z.T. die Außenstehenden, symbolisiert durch die Pflanzen, Tiere, Menschen. Sie er halten die lebensnotwendige Wärme, sind also an der Aufrechterhaltung des Systems interessiert. Die Sternentöchter symbolisieren denjenigen Teil der für das Paar Außenstehenden, die unter der Konstellation des Paares leiden und ihre Autonomie ebenso wie das Kollusionspaar verlieren.

Die Geschichte von der hölzernen Jungfrau und ihren Liebhabern

Die nun folgende Geschichte handelt von dem Besitz von Menschen an Menschen. In verschiedenen Themenvarianten lässt sie sich in den indischen Märchen, den arabischen Erzählungen, der islamischen Mystik, dem Sufismus, und in der Türkei finden.

Vier Männer, ein Zimmermann, ein Goldschmied, ein Schneider und ein Mönch unternahmen einmal eine Reise. Als sie einige Zeit gereist waren, geschah es, dass sie in einer Gegend übernachten mussten, die als sehr unsicher galt. Aus Furcht, daselbst von wilden Tieren zerrissen zu werden, kamen sie überein, während des Schlafes je einen von ihnen wachen zu lassen. Die Reihe traf zuerst den Während die anderen sich niederlegten, überwältigte auch ihn die Müdigkeit so sehr dass er, um sich wach zu halten, nach seinem Handwerk griff. Er fällt einen schlanken Baum, schnitzte das Holz desselben fein aus und formte eine Mädchengestalt mit Kopf, Händen und Füßen. Nach ihm kam die Reihe an den Goldschmied. Dieser vertrieb sich die Wachzeit, indem er das hölzerne Mädchen mit kostbarem Geschmeide umhängte. Der Schneider, der ihm nachfolgte, umhängte die junge Frau mit reizenden Festkleidern und Gewanden. Der ihm nachfolgende Mönch war von ihrer Gestalt entzückt. In tiefer Demut rief er Allah um seine Gnade an und bat ihn diesem köstlichen GeschöpfLeben ein zu hauchen. Als der Morgen kam und durch die Sonne das Antlitz der Erde erleuchtet ward, da fielen die Augen der vier Reisenden auf die junge Frau, die über Nacht ins Dasein gerufen worden war. Und kaum hatten sie es anblickt, da huben sie an, verzückt im Wahn,und sie gerieten untereinander in Zank und Streit. "Ich", sprach der Zimmermann, „bin der Urheber ihres Daseins“ und erhob Anspruch auf sie. "Habe ich ihr nicht Gold und Edelsteine angelegt, was bekanntlich die Hälfte der Seele ist? Also bin ich ihr Eigentümer", sprach der Goldschmied. "Und ich habe sie gekleidet und ihre Blöße bedeckt", vermeldete der Schneider, "also gebührt sie mir". "Hat nicht mein Gebet sie zum Leben erweckt?" meinte der Mönch. "Ist sie nicht mein?". (ROSEN, 1979, 98 ff.).

Für diese Fragen geben die unterschiedlichen Varianten verschiedene Lösungen. Die meisten sind sich darin einig, dass die Frau entweder dem Mönch oder Allah gehört. In einer Variante kehrt sie zu ihrem Ursprung zurück und schließt sich in den ein. In einer letzten kümmert sie sich kaum um die streitenden Männer, die ihre Macht durch philosophische Redenbeweisen wollen, kehrt ihnen den Rücken und macht sich auf den Weg. Ein wenig neidisch blicke ich ihr nach. Gehöre ich immer mir oder trage ich nicht doch noch immer wieder die Bürde unechter Kompromisse mit mir?

Lillith: Vor dem biblischen Schöpfungsmythos, nach dem Gott Adam aus dem Paradies verwies, weil er sich von einer Frau beherrschen ließ, anstatt seine Gebote zu befolgen, existiert noch ein weiterer, apokrypher, Schöpfungsmythos. Bei diesem wird angenommen, dass die Erschöpfung Evas Gottes zweiter Versuch war, Adam eine Gefährtin zu verschaffen. Sein erstes Weib, schon wieder hat mich die Sprache einen Fehler machen lassen, das ersteWeib hieß Lillith, Nachtgespenst. (KOPP, 2006, 43). Sie sah sich dem Adam gleichberechtigt und wollte ihm nicht hörig sein. Sie sprach: "Du bist in nichts besser als ich. Beide wurden wir aus Erde geschaffen. Ich habe dieselben Rechte wie du und will dir daher nicht untertänig sein" (KANNER, 1976, 25 ff.). Danach erhob sie sich in die Lüfte und wurde zu einem Kinder fressenden Dämon. So früh schon wurden Frauen, die sich nicht dem Willen ihrer Männer unterwerfen wollten, als Hexen angesehen. Während der "Hl. Inquisition" wurden sie als Hexen verbrannt, und ihr Wissen als weise Frauen, die um ihren Körper und Heilung wussten, von Männern, die um ihre Macht fürchteten, entrissen. Auf die bösen Hexen, die in den Märchen herumspuken möchte ich später noch eingehen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Märchen und Partnerschaft
Autor
Jahr
2011
Seiten
18
Katalognummer
V98798
ISBN (eBook)
9783638972499
ISBN (Buch)
9783640868049
Dateigröße
506 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Jahr: 1984 - überarbeitet in 2011
Schlagworte
Märchen, Partnerschaft
Arbeit zitieren
Dipl.-Psych. Andreas Schulz (Autor:in), 2011, Märchen und Partnerschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98798

Kommentare

  • Gast am 15.5.2007

    Die hölzerne Jungfrau.

    Ich kann leider nicht nachvollziehen, aus welcher Literatur die Geschichte über die hölzerne Jungfrau stammt!?

    Ich bitte um eine Quellenangabe.

  • Gast am 15.5.2007

    Die hölzerne Jungfrau.

    Ich kann leider nicht nachvollziehen, aus welcher Literatur die Geschichte über die hölzerne Jungfrau stammt!?

    Ich bitte um eine Quellenangabe.

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Titel: Märchen und Partnerschaft



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