Die Konstruktionen von Weiblichkeit zur Zeit der Wiener Moderne am Beispiel des Dramas "Reigen" von Arthur Schnitzler


Hausarbeit, 2019

23 Seiten


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Literaturtheorie der Gender Studies
2.1 Theoretischer Forschungsüberblick
2.2 Judith Butler: Performativität

3 Zeithistorischer Hintergrund
3.1 Fin de Siècle
3.2 Frauenbilder im 19 Jahrhundert
3.2.1 Femme fatale
3.2.2 Femme enfant

4 Weiblichkeitskonstruktionen im Drama Reigen
4.1 Die Dirne
4.2 Die junge Frau
4.3 Das süße Mädel

5 Fazit

6 Literaturverzeichnis

Einleitung

Gerade die literarischen Frauenfiguren lassen sich im Kontext der zeitgenössischen wissenschaftlichen wie gesellschaftlichen Stereotypisierung deuten - nicht individuelle Charaktere, sondern eindimensionale Rollenbilder [...] dominieren das Werk bzw. werden darin problematisiert.1

Frauenfiguren in der Literatur sind demnach eine Imagination der Wirklichkeit und repräsentieren bestehende Weiblichkeitsentwürfe einer Epoche. Sie sind keineswegs Individuen, sondern stehen stellvertretend für ein bestimmtes Verständnis eines Frauenbildes. Ebendiese Konstruktion von Weiblichkeit innerhalb der Wiener Moderne ist das Thema der vorliegenden Arbeit. Anhand des Dramas Reigen von Arthur Schnitzler, werden verschiedene Weiblichkeitsbilder der Epoche analysiert. Die Untersuchung zu Schnitzlers Werk beschäftigt sich besonders mit der Frage, welche Weiblichkeitskonstruktionen zur Zeit der Wiener Moderne vorherrschend waren und wie diese durch die Frauenfiguren im Drama Reigen dargestellt sind.

Besonders die Zeit der Wiener Moderne stellt einen Höhepunkt des Themas Geschlecht dar.2 Zurückzuführen ist dies auf die gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen dieser Zeit, welche besonders die bestehenden Geschlechterrollen in Frage stellen. Die sogenannte Frauenfrage löst den Diskurs über das Geschlecht aus, welche neben der Beteiligung der Frauen am gesellschaftlichen Leben, auch deren Sexualisierung thematisiert.3 „Das Wesen der Frau“4 als zentrales Thema der Epoche bewirkt neben den anthropologischen Frauenentwürfen, auch literarische Frauenbilder, welche ebenso auf der weiblichen Sexualität aufbauen. Im Drama Reigen wird dem Thema der Sexualität demzufolge eine zentrale Rolle eingeräumt.5

Um einen ersten Überblick in das Thema Weiblichkeit und Geschlechtsidentitäten zu erlangen, wird im ersten Kapitel dieser Arbeit die Theorie der Gender Studies in ihren Ansätzen erläutert. Die Theorie der Performativität nach Judith Butler wird hierbei in den Fokus gesetzt, da diese Grundlage der vorliegenden Arbeit sein wird. Laut Butler konstruiert sich Identität durch performative Sprachhandlungen, welche bestimmten Diskursen unterliegen.6 Dieses Verständnis lässt sich auf dramatische Texte übertragen, da die Figuren demzufolge ihr Geschlecht durch sprachliche Äußerungen konstruieren, welche durch Diskurse bestimmt werden.7 Dieser theoretische Ausgangspunkt eröffnet die Möglichkeit, die Weiblichkeitskonstruktionen im Drama Reigen zu analysieren, da die Frauenfiguren durch ihre männlichen Partner konstruiert werden.

Die gesellschaftlichen Diskurse, welche die Weiblichkeitskonstruktionen herausbilden, werden zunächst durch die Darstellung des historischen Kontextes und einer Darstellung der Frauenrolle zur Zeit der Wiener Moderne eingeleitet. Die Wiener Moderne wird hier auch als Fin de Siècle bezeichnet. Innerhalb dieser Literaturströmung werden unteranderem die Frauentypen der Femme fatale und Femme entfant thematisiert.8

Diese Weiblichkeitsbilder werden als Vorlage für den Diskurs der Frauenrolle in der Wiener Moderne dienen und in Bezug mit den Figuren im Drama Reigen gesetzt. Basierend auf der genannten theoretischen Grundlage werden drei Frauenfiguren im Drama Reigen untersucht und als Typen der damaligen Literatur erläutert. Die Arbeit beschränkt sich hierbei auf die Analyse von den Figuren der Dirne, der jungen Frau und dem süßem Mädel, da diese in einem starken Kontrast zueinander stehen. Abschließend werden die Zusammenhänge zwischen den kulturellen Frauenkonzeptionen und denen des Dramas Reigen dargestellt.

Literaturtheorie der Gender Studies

2.1 Theoretischer Forschungsüberblick

Die Theorie der Gender Studies umfasst vielfältige Positionen, auf welche die Autorin Franziska Schößler in ihrer „Einführung in die Gender Studies“ Bezug nimmt und einen Überblick über die Theorie verschafft. Auf diese Einführung wird im Folgenden hauptsächlich Bezug genommen.

Die Gender Studies untersuchen die Bedeutung von Geschlechtern in kulturellen und gesellschaftlichen Bereichen. Somit liegt der Fokus dieser Theorie auf dem sozialen Geschlecht.9 Um zu verstehen, was das soziale Geschlecht bedeutet, ist eine Abgrenzung zum natürlichen Geschlecht, welches in den feministischen Ansätzen der 1970er-Jahre untersucht wird, nötig.

Die feministischen Ansätze konzentrieren sich auf die Weiblichkeit, welche als stabile und unveränderbare Identität aller Frauen gilt. Die Geschlechtsdifferenz zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit ist demnach natürlich. Diese Frauenforschung legt den Fokus auf die Frauen als unterdrückte Mitglieder einer Gesellschaft und versucht die Unterschiede zwischen der männlichen und weiblichen Rolle in der Gesellschaft aufzuzeigen und sichtbar zu machen.10

Im Zuge der Frauenforschung haben sich die Gender Studies entwickelt, welche besonders seit den 1990er Jahren verstärkt untersucht werden und auch Grundlage dieser Arbeit sein werden. Ebenso wie innerhalb der feministischen Ansätze, werden in der Genderforschung die Differenzen der Geschlechterverhältnisse zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit untersucht und kritisch betrachtet.11 Allerdings wird in dieser Theorie das Geschlecht nicht als natürliche Gegebenheit angesehen, sondern als Ergebnis sozialer Konstruktion und kultureller Akte und somit als das „soziale Geschlecht“.12 Demnach ist der Mann nicht von Natur aus Männlich und ebenso die Frau nicht von Natur aus Weiblich, sondern es sind die sozialen Gegebenheiten, die diese Konstruktion aufrecht halten. Die Theorie der Gender Studies legt keine feste Bestimmung für das Geschlecht fest, sondern untersucht, wie das Geschlecht innerhalb der Gesellschaft hergestellt wird, und welche Bedeutung dieser Konstruktion innerhalb der Gesellschaft, der Kultur oder der Wissenschaft beigemessen wird.13 Es wird davon ausgegangen, dass die Geschlechterdifferenz innerhalb der Interaktion zwischen Mann und Frau ständig neu konstruiert wird und so eine Vielzahl an verschiedenen Genderidentitäten möglich ist. Ein Rollentausch zwischen diesen Identitäten und somit zwischen Mann und Frau ist nicht ausgeschlossen.14

Neben dem sozialen Geschlecht, also dem Begriff ,Gender‘, gibt es das ,anatomische Geschlecht‘, welches mit dem Begriff ,Sex‘ betitelt ist.15 Das anatomische Geschlecht kann mit dem sozialen Geschlecht übereinstimmen, allerdings ist dies nicht zwingend notwendig.16 Ebenso kann beispielsweise das soziale Geschlecht eines Mannes mit dem anatomischen Geschlecht einer Frau korrespondieren. Diese Trennung von Sex und Gender ermöglicht eine Fokussierung auf die sozial-kulturellen Aspekte der Geschlechterforschung.17

Die Unterscheidung von Sex und Gender wird in den 1990er-Jahren von Judith Butler in Frage gestellt. In ihrer Schrift „Das Unbehagen der Geschlechter“ bricht sie die Vorstellung, dass das anatomische Geschlecht als natürlich betrachtet wird und ist stattdessen der Annahme, dass auch dieses diskursiv erzeugt wird.18 Ausgehend von dem Werk „Das andere Geschlecht“ von Simone Beauvoirs, welches die zentrale Aussage „Man wird nicht als Frau geboren, man wird es“19 trifft, stellt Butler die bis dahin vorherrschenden Vorstellungen der Gender Studies in Frage.

Durch das Infragestellen der Unterscheidung zwischen ,Sex‘ und ,Gender‘ ist auch die Einteilung der Geschlechter in ,männlich‘ und ,weiblich‘ nicht mehr möglich. Auch diese wäre nach Butler ein diskursives Konstrukt.20 Selbst wenn man von einer Binarität der Geschlechter ausgeht, welche Butler ebenso in Frage stellt, so würde dies aus der Sicht Butlers weder bedeuten „daß das Konstrukt ,Männer‘ ausschließlich dem männlichen Körper zukommt, noch daß die Kategorie ,Frauen‘ nur weibliche Körper meint“.21 Das diskursive Konstrukt unterliegt Machtbeziehungen, welche durch Diskurse bestimmt sind, und dem Körper ein Geschlecht zuweisen.22

Die Gender Studies erfuhren durch Judith Butler eine neue Denkweise durch die Annahme, dass nicht nur das soziale Geschlecht, sondern auch das anatomische Geschlecht diskursiv konstituiert sind. Nun stellt sich die Frage, inwiefern die Diskurse auf das Geschlecht Einfluss nehmen. Dazu stellte Butler die These der Performativität auf, welche im folgenden Kapitel erläutert wird.

2.2 Judith Butler: Performativität

Der Begriff der Performativität wurde in den 1950er Jahren von J. L. Austin innerhalb seiner Vorlesung „How to do things with words“ etabliert. Performativ bezeichnet dabei eine Sprachhandlung, das bedeutet, dass durch die Sprache selbst eine Handlung vollzogen wird und somit in dem Moment des Sprechens eine Aussage Wirklichkeit wird.23

Die feministische Theoretikerin Judith Butler knüpft an dieses Verständnis von Sprache an und erweitert die Vorstellung, dass durch Sprache Handlungen vollzogen werden. Sie geht davon aus, dass Körper und Geschlecht sprachlich geformt sind und durch performative Akte konstituiert werden. Folglich besitzen Worte nach Judith Butler die Macht, den Körper und das Geschlecht zu durchdringen und zu strukturieren.24 Unter Performativität versteht sie demnach „die ständig wiederholende und zitierte Praxis, durch die der Diskurs die Wirkungen erzeugt, die er benennt“.25 Das heißt, dass beim Aussprechen eines Wortes eine Handlung vollzogen wird, welche wiederum eine geschlechtskonstituierende Handlung darstellt. Dies besteht in ständiger Wiederholung und orientiert sich an den Normen der Gesellschaft. Nach diesem Verständnis von Performativität wird das Geschlecht vor allem im Bereich von Sprache und Diskurs bestimmt.26 Des Weiteren geht Butler davon aus, dass „[...] der Körper nicht unabhängig von seiner kulturellen Form existiert“.27 Somit ist der Körper gebunden an die kulturellen Diskurse und es ist ihm nicht möglich ohne diese wahrgenommen zu werden.

Bei der Bestimmung des Geschlechtes durch performative Akte handelt es sich laut Butler um eine Konstruktion der Wirklichkeit, da die gesellschaftlichen Normen lediglich wiederholt werden und die Geschlechtsidentitäten somit konzipiert sind. Die Geschlechterzugehörigkeit ist nach Butler also „[...] durch von innen her diskontinuierliche Akte konstituiert“.28

Die Wiederholungen der performativen Handlungen haben einen ritualen Charakter, sodass deren identitätsbildende Funktion gestärkt wird und ebenso die Existenz des Diskurses durch Wiederholungen erhalten bleibt.29

Darauf aufbauend lassen sich Geschlechtskonstruktionen von dramatischen Figuren analysieren. Laut Ingrid Leiser stellen die dramatischen Figuren die Repräsentanten der jeweiligen Diskurse dar:

Sprechakte der dramatischen Figuren [lassen sich] einerseits als wiederholte Handlungen erklären, denn das Subjekt wiederholt sprachliche Strukturen, indem es eine bereits durch Grammatik und Semantik festgelegte Sprache benutzt. Andererseits kann das Subjekt mit den Sprechakten, die es aus der vorgegebenen Sprache bildet, selbst produktiv handeln. Mit diesen Sprechakten können die Figuren nicht nur die Machtansprüche an ihre Dialogpartner stellen, sondern sich auch durch subversives Handeln gegen gesellschaftliche Geschlechtsnormen wehren“.30

Die Figuren in Dramen, ebenso wie die Geschlechtsidentitäten, werden folglich durch ihre Sprachhandlungen konstruiert. Dies ermöglicht den Begriff ,Performativität‘ nach Judith Butler auf dramatische Texte zu beziehen. Die Figuren erhalten erst durch die sprachlichen Handlungen der anderen Figuren ihre Identität. Somit können die Konstruktionen von Weiblichkeit im Drama Reigen von Arthur Schnitzler herausgestellt werden.

Zeithistorischer Hintergrund

3.1 Fin de Siècle

Um die Rolle der Frau zur Zeit der Wiener Moderne darzustellen, ist es unentbehrlich, zunächst auf den historischen Hintergrund einzugehen, da dieser Grundlage für die gesellschaftlichen Entwicklungen ist. Der französische Begriff „Fin de Siècle“ bezeichnet nach Ajouri Tendenzen der Literatur zur Zeit der Jahrhundertwende zwischen den Jahren 1890 bis etwa 1910.31 Diese wird als „europäische nach- und gegennaturalistische Literatur“32 bezeichnet. Die literarische Strömung reagiert auf historische Ereignisse um 1900. Dazu zählen etwa die Industrialisierung, die Verstädterung, der Klassenkampf, sowie der naturwissenschaftliche und technische Fortschritt. Neben der Bewegung des Fin de Siècle gab es zu dieser Zeit weitere nennenswerten künstlerische Strömungen, wie etwa der Naturalismus, der Impressionismus, die Neuromantik, der Symbolismus und der Jugendstil.33

Eine Thematik zur Zeit des Fin de Siècle ist die „Décadence“34, welche einen Verfall bezeichnet und von Dichtern wie Théophile Gautier und Charles Baudelaire aufgenommen wurde. Der Verfall hier ist allerdings positiv „als begrüßenswerte Grenzüberschreitung innerhalb einer Spätkultur“35 zu betrachten. Durch den kulturellen Verfall der Gesellschaft werden die geistigen und künstlerischen Fähigkeiten der Individuen gesteigert, wodurch diese sensibilisiert sind und bereit gesellschaftliche Tabus zu brechen. Dadurch ist eine Überwindung der Grenzen und ein Neubeginn möglich.36

Zur Gruppe der Strömung des Fin de Siècle gehörten einige Autoren, die sich als Gemeinschaft „Junges Wien“37 bezeichneten und das gemeinsame Ziel verfolgten, moderne Literatur zu schaffen. Der Gruppe zugehörig waren unter anderem Peter Altenberg, Leopold von Andrian, Herrmann Bahr, Richard Beer-Hofmann, Felix Dörmann, Hugo von Hoffmannsthal und Arthur Schnitzler.38 Demnach entstand auch das Drama Reigen von Arthur Schnitzler unter dem Einfluss des Fin de Siècle.

Zusammenhalt erlangte die Gemeinschaft vor allem durch ihr gemeinsames Streben sich von dem Naturalismus abzuheben und das Subjekt in den Fokus zu setzen.39 So zielten die Naturalisten darauf ab die äußerliche Wirklichkeit darzustellen, wohingegen die Strömung des Fin de Siècle die innere Wirklichkeit des Subjektes darzustellen versucht.

3.2 Frauenbilder im 19 Jahrhundert

Rania Elwardy widmet sich in ihrem Buch „ Liebe spielen- spielend lieben“, auf welches ich mich im Folgenden hauptsächlich beziehen werde, den gesellschaftlichen und kulturellen Umbrüchen zur Zeit der Jahrhundertwende und geht dabei auf die Veränderung der Rolle der Frau ein.40 Diese Veränderung der Weiblichkeitskonzepte ist auch in der Literatur zu verzeichnen und somit von Bedeutung für die spätere Analyse der Weiblichkeitskonstruktionen im Drama Reigen von Arthur Schnitzler.

Die Rolle der Frau in der Gesellschaft zur Zeit des 19. Jahrhundert erfuhr eine Stärkung, da es im Zuge der Industrialisierung zunehmend Emanzipationsbewegungen der Frauen gab.41 Diese Frauenbewegung ist nach Elwardy eine Folge der Aufklärung, welche eine Freiheitsbewegung aller Frauen in Europa ausgelöst hat und eine Reaktion der Unterschätzung der Frauen durch die männerdominierte Gesellschaft.42 Die Unterschätzung der Frauen bezieht sich zum Einen auf die Annahme, dass Frauen ausschließlich als Hausfrau und Mutter fungieren. Zum anderen galt die Unterschätzung der Vorstellung, dass die Frau eine „geistige Minderwertigkeit“43 darstellt, die somit ihrem Mann untergeordnet ist.

Seit der Industrialisierung arbeiteten immer mehr Frauen in Fabriken was zu „sozialen, geschlechtsspezifischen Umschichtungsprozessen, zur Kritik an der bürgerlichen Definition der Gesellschaftsrollen und an der traditionellen Arbeitsteilung“44 führte. Durch diese neue Aufgabe der Frauen wird das traditionelle Bild der Frau als Hausfrau und Mutter durchbrochen.

Die Frauenbewegung um 1900 führte demnach zu einer „Erschütterung der patriarchalischen Gesellschaftsordnung“45. Die Männer, welche sich gegen die Emanzipationsbestrebungen der Frauen zu wehren versuchten, waren verunsichert und wollten die alte Ordnung aufrechterhalten, so betont es Beutin. Die Männer versuchten daher entweder die biologische oder die intellektuelle Minderwertigkeit der Frau nachzuweisen, um die eigene Macht größer darstellen zu können.46

Die Frauenbewegung wirkte sich nicht nur auf die Stellung der Frau in der Gesellschaft, sondern auch auf die Stellung im Eheleben aus. Innerhalb der traditionellen Eheform ist es die Rolle der Frau, sich den patriarchischen Regeln des Mannes zu unterwerfen, den Mann als Familienoberhaupt anzuerkennen und selbst die Rolle der Hausfrau und Mutter einzunehmen.47 Neben den anfangs beschriebenen Unterschätzungen der Frauen, war in der traditionellen Eheform ebenso eine „sexuelle Unterdrückung“48 vorherrschend. Diese zeichnet sich einerseits durch eine „Verleugnung der weiblichen Triebhaftigkeit und der Reduzierung der Sinnenliebe bei der Frau auf die Fortpflanzung, andererseits an der Anerkennung der sexuellen Bedürfnisse beim Mann“49, ab. Die Frau sollte demnach selbst nicht sexuell aktiv agieren, sondern sich lediglich den Wünschen ihres Mannes unterordnen. Dies führt dazu, dass der Mann die Frauen in zwei Kategorien einteilt. Zum einen die Frau als Mutter, welche keine Triebhaftigkeit besitzt und somit nicht anziehend auf den Mann wirkt, und zum anderen die Geliebte, bei welcher die Befriedigung der sexuellen Bedürfnisse im Vordergrund steht. Daraus folgt, dass die Männer häufig eine Geliebte neben ihrer Ehefrau hatten.50 Diese Einteilung impliziert, dass die Ehefrau nie die Geliebte des Mannes sein kann. Die Frauenbewegung widersetzte sich den traditionellen Vorstellungen einer Ehe und somit den patriarchischen Strukturen, sowie der Reduzierung der Sexualität der Frau auf die Fortpflanzung. Daraus resultiert, dass sich Mann und Frau auf Augenhöhe begegnen und auch die sexuellen Bedürfnisse der Frau akzeptiert werden.51

[...]


1 Jürgensen/Lukas/Scheffel, 2014, S. 310.

2 Catani, 2005, S. 9.

3 Vgl. Elwardy, 2008, S. 17f

4 Catani, 2005, S. 10.

5 Jürgensen/Lukas/Scheffel, 2014, S. 310.

6 Butler, 2017, S.22.

7 Leiser, 1998, S. 11.

8 Catani, 2005, S. 14.

9 Vgl. Schößler, 2008, S. 10.

10 Vgl. Angerer & Dorer, 1994, S. 11.

11 Vgl. Schößler, 2008, S. 9.

12 Schößler, 2008, S. 10.

13 Vgl. Braun & Stephan, 2000, S. 9.

14 Vgl. Angerer & Dorer, 1994, S. 11.

15 Vgl. Schößler, 2008, S. 10.

16 Vgl. Schößler, 2008, S. 10.

17 Vgl. Schößler, 2008, S. 11.

18 Vgl. Butler, 2019, S. 24.

19 Beauvoir, 1951, S. 334.

20 Vgl. Butler, 2019, S. 23.

21 Butler, 2019, S: 23.

22 Bublitz, 2002, S. 68f.

23 Vgl. Austin, 2002, S.29f.

24 Bublitz, 2002, S. 8.

25 Butler, 2017, S.22.

26 Vgl. Villa, 2008, S. 146f.

27 Bublitz, 2002, S. 8.

28 Butler, 2002, S. 302.

29 Vgl. Butler, 2019, S. 215.

30 Leiser, 1998, S. 11.

31 Vgl. Ajouri, 2009, S. 46. Wobei die Zeitspanne nicht genau definiert werden kann.

32 Ajouri, 2009, S. 46.

33 Vgl. Janz & Laermann, 1977, S. 9.

34 Haupt & Würffel, 2008, S. 68.

35 Haupt & Würffel, 2008, S. 68.

36 Vgl. Rasch, 1977, S. 44f

37 Ajouri, 2009, S. 47.

38 Vgl. Ajouri, 2009, S. 47.

39 Vgl. Jürgensen/Lukas/Scheffel, 2014, S. 18.

40 Vgl. Elwardy, 2008, S. 17.

41 Vgl. Tebben, 2000, S. 87.

42 Vgl. Elwardy, 2008, S. 22.

43 Elwardy, 2008, S.22.

44 Beutin, 2008 S. 349.

45 Elwardy, 2008, S.23.

46 Beutin 2008, 363.

47 Vgl. Elwardy, 2008, S. 18.

48 Elwardy, 2008, S. 19.

49 Elwardy, 2008, S. 19.

50 Vgl. Elwardy, 2008, S. 19.

51 Vgl. Elwardy, 2008, S. 19.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Die Konstruktionen von Weiblichkeit zur Zeit der Wiener Moderne am Beispiel des Dramas "Reigen" von Arthur Schnitzler
Hochschule
Universität Koblenz-Landau
Autor
Jahr
2019
Seiten
23
Katalognummer
V988284
ISBN (eBook)
9783346347428
ISBN (Buch)
9783346347435
Sprache
Deutsch
Schlagworte
konstruktionen, weiblichkeit, zeit, wiener, moderne, beispiel, dramas, reigen, arthur, schnitzler
Arbeit zitieren
Leonie Schulte (Autor:in), 2019, Die Konstruktionen von Weiblichkeit zur Zeit der Wiener Moderne am Beispiel des Dramas "Reigen" von Arthur Schnitzler, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/988284

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