Leseprobe
Inhalt
I Situationsbeschreibung
II Allgemeine Herausforderungen
III Allgemeine Potentiale
IV Experteninterview in Bezug auf die Situation
V Kognition vs. Emotion
VI Klar (eindeutig) vs. Unbestimmt (mehrdeutig)
VII Autonomie gewähren vs. Vorgabe
VIII Flexibilität vs. Stabilität
IX Bewahren vs. Verändern
X Harmonisieren vs. Konflikte angehen
XI Risiko und Sicherheit
Literaturverzeichnis
I Situationsbeschreibung
Innerhalb unseres Moduls „Internationales Management“ bearbeiten wir folgende Situation: Nach einem erfolgreichen Vorstellungsgespräch bei einem international tätigen Unternehmen habe ich mich für die Zusammenarbeit in der Abteilung „Internationales Marketing“ entschieden. Mein künftiger Vorgesetzter war äußerst sympathisch und ich konnte mich mit seiner Persönlichkeit und seinem Führungsstil identifizieren. Daher freute ich mich besonders auf den baldigen Jobeintritt. An meinem ersten Arbeitstag stellte ich zu meiner Verwunderung fest, dass mein Vorgesetzter das Unternehmen verlassen hat und nun die Abteilung unter der Leitung einer japanischen Führungskraft steht. Diese unerwartete Situation verunsicherte mich und meine Vorfreude entwickelte sich zu einem Gefühl der Ungewissheit. In dem ersten Gespräch mit meinem neuen Vorgesetzten stellte ich fest, dass sich dieser ausschließlich der englischen Sprache bedient. Diese Situation stellt mich vor die Frage, ob sich dies als eine Chance für mich als Person und meiner beruflichen Zukunft darstellt, oder ich den damit verbundenen Herausforderungen nicht gewachsen bin.
II Allgemeine Herausforderungen
Nachstehend werden die Herausforderungen bezüglich der obengenannten Situation geschildert. Beginnend mit den sprachlichen Hürden gegenüber der japanischen Führungskraft. Aufgrund meiner beruflichen Vergangenheit bin ich es nicht gewohnt im täglichen Berufsalltag mit meinen Kollegen und Vorgesetzten Englisch zu kommunizieren. Diese Situation stellt kein unüberwindbares Hindernis dar, jedoch besteht ein hoher Bedarf an Eingewöhnungszeit. Eine weitere Herausforderung besteht in den kulturellen Differenzen gegenüber der japanischen Führungskraft. Dies beinhaltet vorrangig Unterschiede bezüglich der kulturellen Werte, Normen und Verhaltensweisen. Dies birgt ein hohes Risiko in einer beruflichen Situation den neuen Vorgesetzten ungewollt vor den Kopf zu stoßen oder zu verärgern. Des Weiteren können durch unterschiedliche Ansichten in Bezug auf das Arbeitsverhalten Differenzen entstehen. Dies beinhaltet den Führungsstil und das Maß an autonomen Arbeiten. Eine weitere Herausforderung liegt im zwischenmenschlichen Umgang, der aufgrund des kulturellen Unterschiedes könnten diverse Umgangsformen falsch interpretiert werden. Zudem nimmt eine offene Willkommenskultur eine zentrale Rolle ein, diese im Allgemeinen zu schaffen stellt in Verbindung mit einer transparenten Kommunikation die Grundlage eines funktionierenden internationalen Teams dar.
III Allgemeine Potentiale
Nachfolgend wird auf die damit verbundenen Potentiale und Chancen eingegangen. Die Zusammenarbeit in einem internationalen Team birgt die Möglichkeit, den eigenen Horizont zu erweitern und somit aus der geänderten Situation zu profitieren. Des Weiteren ist das Gemeinschaftsgefühl tief in der japanischen Kultur verankert und bietet das Potential den Teambuildingprozess nachhaltig positiv zu beeinflussen1. Damit verbunden sollte auch das allgemeine Betriebsklima von dem neuen Teamgedanken profitieren. Gerade in der heutigen Zeit des Individualismus, in der tendenziell egoistisch gelebt und gearbeitet wird, kann der Wir- Gedanke das Team bereichern. Ein weiteres Potential beinhalten die unterschiedlichen Lösungsansätze und Ideen innerhalb der Problembewältigung, welche die japanische Führungskraft einbringen kann. Durch die internationalen Erfahrungen des neuen Vorgesetzten können neue Blickwinkel entstehen, die neue Lösungsvorschläge beinhalten.
IV Experteninterview in Bezug auf die Situation
Das Experteninterview wurde mit Herrn Müller von der Firma X in den Räumlichkeiten des Campus Burghausen am 13.11.2019 durchgeführt. Herr Müller hat über seine internationalen Erfahrungen im europäischen Raum berichtet. Insbesondere behandelten wir im Rahmen des Interviews mögliche Ansätze bezüglich der geschilderten Ausgangssituation. Hierbei wurde uns mitgeteilt, dass besonders geschichtliche Hintergründe im Umgang mit ausländischen Mitarbeitern und Kunden von Vorteil sind. Dies führt zu einem besseren Verständnis des Gesprächspartners. Des Weiteren bildet eine weltoffene und nicht voreingenommene Grundhaltung die Basis für ein funktionierendes multikulturelles Miteinander. Außerdem empfiehlt Herr Müller Auslandserfahrung zu sammeln, um seinen individuellen Horizont zu erweitern und dies in die berufliche Praxis einfließen zu lassen. Nachfolgend wird die obenstehende Ausgangssituation aus verschiedenen Blickwinkeln der einzelnen Ambivalenz Karten der jeweiligen Gruppenmitgliedern betrachtet. In diesem Kontext werden die Bereiche Risiko/Sicherheit, Kognition/Emotion, Autonomie/Vorgabe, Harmonisieren/Konflikte angehen, Bewahren/Verändern, Flexibilität/Stabilität, sowie Klar/Unbestimmt.
V Kognition vs. Emotion
An dieser Stelle soll die Situationsbeschreibung aus Punkt 1 erneut aufgegriffen werden. Diese wird anhand der Ambivalenz-Karten Kognition und Emotion im weiteren Verlauf näher betrachtet. Kognition beschreibt in diesem Kontext die Eigenschaft Entscheidungen ausschließlich auf Basis von Daten und Fakten zu treffen. Dies bedeutet, den Entscheidungsprozess durch Wissen und Verständnis zu lenken2. Im Gegenzug nimmt die Emotion den Blickwinkel ein, Entscheidungen grundlegend instinktiv „aus dem Bauch heraus“ zu treffen. Demnach werden innerhalb des Entscheidungsprozesses die äußerlichen Umstände, die vorherrschende Stimmung als primärer Treiber eingesetzt3. Die zu betrachtende Situation stellt eine unerwartete Umstellung des erwarteten Arbeitsumfeldes dar. Innerhalb des Blickwinkels der Kognition, die in dieser Sichtweise die vorherrschende Grundeinstellung einer Person darstellt, wird grundlegend versucht auf die Situation des unerwarteten Führungskraftwechsels mittels Verständnis und den aktuell bestehenden Informationen zu reagieren. Demnach wird eine Person die zu hohem Anteil kognitiv agiert von unüberlegten Reaktionen, wie einer generellen pessimistischen Einstellung oder starkem Misstrauen gegenüber der neuen japanischen Führungskraft absehen. In diesem Umfeld wird versucht möglichst viele Daten über den potentiellen Führungsstil und der Person an sich zu sammeln. Auf Basis der erhobenen Informationen wird anschließend ein Urteil über das bestehende Umfeld getroffen. Aus diesem Grund ist erst nach einiger Zeit und nicht direkt nach der Erkenntnis über die Veränderung möglich die potentiellen Chancen und Herausforderungen abzuwägen. Eine weitere Sichtweise nimmt die Emotion ein. Eine Person die weitestgehend emotionale Entscheidungen trifft, wird instinktiv und stimmungsabhängig auf die Ausgangssituation reagieren. Demnach könnte in mehrfachen Variationen auf das neue Umfeld reagiert werden. Eine Person die positive Erfahrungen mit Veränderungen in Verbindung bringt, sieht hierdurch womöglich eine potentielle Chance für die eigene Entwicklung und wird durch diese sogar motiviert. Besteht jedoch eine generelle Abneigung gegen Veränderungen könnte die unerwartete Umfeldänderung zu einer Abwehrhaltung und Skepsis führen. Dies beruht auf den instinktiven situationsabhängigen Entscheidungsprozess, der unweigerlich nicht gesteuert wird. An dieser Stelle ist darzulegen, dass die im vorigen separat betrachteten kognitiven und emotionalen Prozesse eines Menschen nicht eindeutig abgrenzbar sind. Dies bedeutet, dass diese parallel ablaufen und sich gegenseitig beeinflussen4. Eine vollständig getrennte Betrachtung der Ausgangssituation ist weder emotional noch kognitiv möglich. Dies ist besonders in Hinblick auf unvorhergesehene Veränderungen der Fall.
In konkreter Bezugnahme auf den plötzlichen Wechsel der Führungskraft in dem neuen Unternehmen kann behauptet werden, dass grundlegend jede Person vorerst überrascht, womöglich sogar verunsichert sein wird. Hier sollte ein positiver Blickwinkel eingenommen werden, dass durch eine ausländische Führungskraft und deren Erfahrungen sowie kulturellen Unterschiede wesentliche potentiale für den Mitarbeiter selbst bestehen. Diese könnten in Form von neuen Herangehensweisen der Problemlösung, dem Teamwork und der Konfliktlösung bestehen. Eine grundsätzliche Abneigung bzw. defensive Haltung des Mitarbeiters, wird für ihn selbst keine Bereicherung sein und verschließt dadurch die eigenen Chancen. Die Veränderung birgt ebenso auch Herausforderungen für den Mitarbeiter, die Akzeptanz und das Verständnis anderer Kulturen und deren Arbeitsmentalität zu verinnerlichen, um einen reibungslosen Arbeitsablauf zu gewährleisten. Außerdem besteht eine mögliche Sprachbarriere, die gleichzeitig auch eine Chance in der personellen Entwicklung darstellt. Abschließend kann die Situation durch überlegte kognitive Entscheidungen und positiver emotionaler Einstellung bewältigt werden.
VI Klar (eindeutig) vs. Unbestimmt (mehrdeutig)
Klare Anweisungen sind Aufträge, bei denen jemand nur sehr wenig Spielraum für eine freie Gestaltung der Arbeit hat. Bei unbestimmten Anweisungen kann die auszuführende Person selbst wählen. Wenn der Chef oder der Auftraggeber ein klares Ergebnis haben möchte, aber dies nicht klar genug beschreibt, kann dies zu einem Missverständnis führen. Dieses Missverständnis hätte zur Folge, dass die Person nicht das Ergebnis bekommt, dass sie verlangt hat. Durch eine sehr mehrdeutige Anweisung kann es passieren, dass der Mitarbeiter nicht weiß, was genau er erarbeiten sollte. Als Folge müsste er noch nachfragen, was jedoch Zeit kostet. Sollte es mehrmals passieren, eine mehrdeutige Erklärung der Arbeit zu geben, kann das Nachfragen mehr Zeit in Anspruch nehmen als der Auftrag selber.
Je nach Situation ist es wichtig, klare oder unbestimmte Anweisungen zu erteilen. Bekommt beispielsweise ein Lagermitarbeiter ein Auftrag, muss er damit genau die Artikel kommissionieren, die auf dem Papier stehen. Dies wäre ein Beispiel für eine klare Anweisung. Jetzt hat der Lagermitarbeiter mehrere Lagerplätze zu Verfügung, bei den er selbst bestimmen kann. Bei einem Austausch eines deutschen Chefs durch einen asiatischen Chef kann es passieren, dass die Arbeit sehr durchstrukturiert wird, wie es in China und Japan üblicherweise gemacht wird. Jeder Mitarbeiter hat seine Stelle. Es könnte sein, dass der asiatische Chef sehr stark an einer hierarchischen Struktur festhält. In dem Fall würde er nur auf seine Meinung hören. Manche Menschen sind allerdings anpassungsfähig. Bei einem Arbeitsplatzwechsel des Chefs würde dieser im Normalfall eingearbeitet werden. Jede Kultur und jede Person hat unterschiedliche Ansichten und Meinungen. Deshalb kann nicht genau gesagt werden, ob die Mitarbeiter mit dem neuen Chef zurechtkommen. Manche Mitarbeiter benötigen eine genaue Anweisung, um zu arbeiten. Es gibt aber auch Arbeiter, die selbst Spielraum möchten. Gibt der Chef auf einmal eine andere Richtung vor, könnte es passieren, dass die Arbeiter durch Unzufriedenheit kündigen. Es wäre allerdings zu raten, den zukünftigen Chef auf Probleme der Arbeitsanweisung aufmerksam zu machen. Ein guter Vorgesetzter hat dafür Verständnis und lässt sich eine Lösung einfallen, um die Mitarbeiter nicht zu verärgern. Herr Müller von X hat sehr viele ausländische Mitarbeiter. Er sagte, dass er die hierarchische Struktur beibehalten möchte, wenn dies nur den Abteilungsleiter und den Mitarbeiter betreffen.
Also sollen die Mitarbeiter Aufträge vom Abteilungsleiter bekommen.
Der Vorteil davon ist, dass der Chef oder die Person, die die Anweisung erteilt, genau die Ausführung wählt, die die jeweilige Person möchte. Der Mitarbeiter hat dabei die Arbeitsschritte schon fest vorgegeben. Meistens sind klare Aufträge auch wiederholende Aufgaben. Die Führungsperson muss dem Mitarbeiter nicht jeden Tag erklären, wie er seine Arbeit zu erledigen hat. Alternativ kann eine Arbeitsablaufbeschreibung dienen. Dies könnte vor allem neuen Mitarbeiter und Auszubildende helfen, die Arbeit zu erledigen. In den Arbeitsablaufbeschreibungen wird genau erklärt, welcher Schritt als Nächstes zu erledigen ist. Ein Beispiel hierfür wäre ein Auslösen eines Streckenauftrages in einem Großhandel. In diesem muss erst der Hersteller oder Lieferant angegeben werden. Anschließend werden die Produkte gesucht oder die Artikelnummer eingegeben. Abschließend wird die Lieferadresse des Kunden eingegeben. Die Arbeitsablaufbeschreibung sollte so genau sein, dass der Mitarbeiter sieht, auf welche Schaltfläche er zu drücken hat. Für die bessere Ausbildung eines Auszubildenden können auch noch weitere Erklärungen hinzugefügt werden. Dadurch werden Fehler vermieden. Ein Nachteil ist, dass es zu Unzufriedenheit bei dem Mitarbeiter führen kann. Dieser kann sich nicht selbst verwirklichen. Dabei zeigen viele Umfragen, dass Mitarbeiter eine Selbstverwirklichung wollen. Eine Demotivation der Mitarbeiter kann zu erhöhter Fluktuation, Abwesenheit und Einbrüchen der Leistung führen. Dies kann allerdings in eine Spirale führen. Der Mitarbeiter arbeitet lustlos und braucht daher mehr Antrieb vom Chef. Dies sorgt dafür, dass er keine eigene Leistung einbringen kann und dadurch mehr motiviert werden muss.
VII Autonomie gewähren vs. Vorgabe ln der Vorlesung zum Modul Internationales Management, habe ich die Ambivalenz Karten Autonomie gewähren und Vorgabe gewählt. Zunächst möchte ich auf die Bedeutung der Begriffe eingehen. Autonomie zum Beispiel, bedeutet dass man selbstständig, unabhängig und willensfrei ist5. In Bezug auf die Situation würde das bedeuten, dass ein neuer Vorgesetzter ein Umfeld schafft, das es einem ermöglicht, sehr frei, selbstständig und selbstverantwortlich zu arbeiten. Das würde Mitarbeitern zum einen großzügige Freiräume einräumen, in denen sie sich und ihre Arbeit frei entwickeln können, zum anderen birgt zu viel Freiraum auch das Risiko, dass Angestellte mit zu wenig Struktur und Rahmen den Halt verlieren und das Ergebnis der Arbeit vielleicht am Ziel vorbeigeht. Aus der Sicht des Vorgesetzten bedeutet es zudem einen Kontrollverlust, denn durch mehr Freiraum verliert er auch an Einfluss auf den Arbeitsprozess und auf das Ergebnis. Jedoch gewinnt hier auch der Vorgesetzte durch den Freiraum, den er seinen Mitarbeitern lässt, eigenen Freiraum. Wenn er sich weniger um die Arbeiten der Mitarbeiter kümmern muss, bleiben ihm mehr Ressourcen, mit denen er sich anderen Themen widmen kann. Erforderlich ist hier jedoch ein hohes Maß an Vertrauen seitens des Vorgesetzten in seine Mitarbeiter. Im Gegensatz zur Autonomie bedeutet die Vorgabe, dass etwas angesetzt, festgelegt, bestimmt und als Richtwert verbindlich ist6. Im Kontext der Situation würde es bedeuten, dass ein neuer Vorgesetzter enge Vorgaben sowohl zum Vorgehen als auch zum Ergebnis macht. Diese Führungsweise bietet dem Mitarbeiter ein hohes Maß an Handlungssicherheit auf Kosten seines Handlungsund Entscheidungsspielraumes. Im Weiteren bietet eine starke Vorgabe des Vorgesetzten den Vorteil, dass der Vorgesetzte sehr starken Einfluss und auch Kontrolle ausüben kann. Dies kostet ihn wiederum Zeit und Ressourcen.
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1 Arno (2014)
2 Barnow (2012), S. 156
3 Barnow (2012), S. 156
4 Barnow (2012), S. 160
5 Duden (2019a)
6 Duden (2019b)