Eugene O'Neill: The Hairy Ape
"The Hairy Ape was propaganda in the sense that it was a symbol of man, who has lost his old harmony with nature, the harmony which he used to have as an animal and has not yet acquired in a spiritual way. Thus, not being able to find it on earth nor in heaven, he's in the middle, trying to make peace, taking the "woist punches from bot` of `em." This idea was expressed in Yank's speech. The public saw just the stoker, not the symbol, and the symbol makes the play either important or just another play. Yank can't go forward, and so he tried to go back. This is what his shaking hands with the gorilla meant. But he can't go back to "belonging" either. The gorilla kills him. The subject here is the same ancient one that always was and always will be the one subject for drama, and that is man and his struggle with his own fate. The struggle used to be with the gods, but is now with himself, his own past, his attempt "to belong"."1
1. Inhalt
Der stämmige, muskulöse, gorillahaft anmutende Schiffsheizer Yank ist mit seiner Arbeit überaus zufrieden, denn er ist (laut seiner Philosophie) einer der Männer, die das Schiff vorwärts treiben, die es überhaupt ermöglichen, dass Schiffe fahren können, ja, die die Welt am Drehen halten.
Eines Tages begegnet er der Millionärstochter Mildred im Heizraum, in seinem Territorium. Beide sind beim Anblick des anderen völlig entsetzt. Mildred ruft sogar noch - bevor sie in Ohnmacht fällt - die für Yank schicksalsschweren Worte "the filthy beast" aus, womit sie ihn meinte. Aufgrund dieses Ausrufs beginnt Yank, an seiner Situation zu zweifeln. Er fragt sich, ob er tatsächlich hierher gehört.
Auf seiner Suche, wo er denn nun hingehöre, denn die Frage nach dem "belonging" ist für ihn eine entscheidende, wird er ständig zurückgewiesen, bis er schließlich aus lauter Verzweiflung Bruderschaft mit einem Gorilla (ebenfalls ein "filthy beast") im Zoo schließen will. Dieser tötet ihn schließlich, als Yank, die Gesten des Gorillas (absichtlich?) missverstehend, diesen freundschaftlich umarmen will.
2. Allgemeines
- Aufbau: Das Stück ist in acht Szenen aufgebaut, die, frei nach dem Stationsdrama, alle eine kleine Einheit bilden und prinzipiell auch als kleine Einakter mit Exposition, Plotentwicklung und Klimax durchgehen könnten.2 Hier handelt O'Neill nach der 1889 von Strindberg aufgestellten Theorie, dass kurze Stücke (Einakter!) dem Autor zum einen viel einfacher von der Hand fließen und zum anderen ehrlicher sind:
"(..) every play seems to have been written for the sake of a single scene, and that all the author's creative joy centered around this scene which sustained him during the terrible pains which exposition, presentation, entanglement, disentanglement, peripeteia, and catastrophe caused him."3
"Every beginner seems to me to be able to write one good act; in that one he is true to life, every word is straightforward, and the action is honest. As soon as he embarks on the writing of long plays, everything becomes labored (..)"4
"May we too get such a theatre where one can shudder at the most horrible, laugh at the ridiculous, play with toys; where one can get to see everything and not be offended if one gets to see what has so far been hidden behind theological and aesthetic veils, even though the old laws of convention be broken; may we get a free theatre where one has freedom for everything, except the freedom to lack talent and be a hypocrite or a fool!
And if we should not get any such theatre, we shall probably manage to survive anyway!"5
- natürlich haben die Szenen einen Zusammenhalt, einen Gesamtplot, der durchgängig ist. Doch prinzipiell könnte man von acht kleinen Einaktern reden, die als Gesamtes ein Stück konzipieren.
- O'Neill kannte seinerzeit einen Mann namens Driscoll beging Selbstmord "(..) it was the
why of Driscoll's suicide that gave me the germ of the idea for my play The Hairy Ape."6
- expressionistisch:
a) O'Neill selbst sagte, dass Stück sei "(..) expressionistic. The coal shoveling in the furnace room, for instance. Stokers do not really shovel coal that way. But it is done in the play in order to contribute to the rhythm. For rhythm is a powerful factor in making anything expressive. (..) It is often easier to express an idea through such means than through words or mere copies of real actions."7 es wird expressionistisches Gemälde mit Licht, Farben, Hitze, Bewegung und Rhythmus gezeichnte.
b) zum Beispiel der Gegensatz von ungetrübter Natur und unnatürlichen Personen in Szene II.
c) zum Beispiel die anonyme Stimme in Szene VI.
Yanks `alienation`
- findet stationsweise statt (Stationendrama)
- Szene I: schon die Beschreibung Yanks und der anderen Heizer wird von einer Art
alienation bestimmt, denn sie werden allesamt als " (..) hairy chested, with long arms of tremendous power, and low, receding brows above their small, fierce, resentful eyes (..) of Neanderthal Man"8 (S.1228)beschrieben.
- Szene III: erstes Erkennen des not"belongings" nach Begegnung mit der geisterhaften Mildred. Ab jetzt sucht er verzweifelt nach alternativem Glauben.
- Szene IV: er wird von seinen Kameraden verhöhnt und seine Führerposition wird in Frage gestellt. Hier erstes Vorkommen des "Thinkers", der jedesmal ein Zeichen dafür ist, dass er immer mehr in die Enge getrieben wird.
- Szene V: Yanks verzweifelte Versuche, unter den Kirchgängern Unruhe zu stiften, schlagen fehl. Selbst als er einem Mann einen Kinnhaken gibt, bleibt dieser "unmoved as if nothing had happened." (S.1248) Die einzige Antwort, die er auf all sein Bemühen bekommt, ist: "I beg your pardon." (S.1247f.) die upper class realisiert ihn gar nicht, er ist ihnen fremd, er gehört nicht dazu.
- Szene VI: hier wandelt sich seine Philosophie: steel war zuvor gut, war er. Jetzt ist steel schlecht, das Übel der Welt, was es zu zerstören gilt. Er hat bereits begonnen, alte Ideale, mit denen er sich sicher und geborgen gefühlt hatte, zu verwerfen; es kommen jedoch keine neuen nach.
- Szene VII: bei den IWW wird er, da sie denken, er sei ein Spitzel, rausgeworfen. Nicht einmal der Versuch, in der ,Religion` ("Man in de Moon" (S.1255)) Zuflucht zu suchen, gelingt
- Szene VIII: nachdem er von allen Klassen und politischen Organisationen zurückgewiesen war, wurde er dazu gezwungen, eine primitive Bruderschaft mit dem Gorilla zu suchen. Doch selbst dieser, die Verkörperung seiner letzte Chance auf ein Dazugehören - und wenn es ,nur` zu einem primitiven Tier ist - weist ihn (ziemlich rigoros) zurück er kann sich nicht einmal mehr zurück zur Natur wenden.
- seine Entwicklung ist eine Bewegung: 1. Illusion eines ihm vertrauten, unbefremdlichen Zustandes 2. Bewusstwerdung der alienation 3. Versuch, unverfremdete Werte zu finden (nicht erfolgreich).
Das Symbol des `Thinkers`
- Szene IV: nach ,Beleidigung` von Mildred erstes Anzeichen der Verwirrung.
- Szene VI: im Gefängnis, muss über Zurückweisung von Kameraden und Reichen nachdenken zwei Orte oder Klassen, zu denen er nicht mehr gehört.
- Szene VII: nach dem Rauswurf bei den IWW, nachdem er festgestellt hatte, dass auch diese ihn nicht aufnehmen wollten.
- Szene VIII: vor dem Gorillakäfig, über sein bisheriges Leben nachsinnend.
- spiegelt die stetige Verwirrung und Desorientierung Yanks wider, jedesmal, wenn er
feststellt, "he doesn't belong", muss er denken. Die ,Lösungen`, zu denen er dabei jedesmal kommt, sind doch nie die richtigen.
- "(..) its strength seems turned against itself [and] magnifies the internal drama of the subject."9
Leitmotive: `cage` und `prison`
- diese beiden gehen beinahe Hand in Hand.
- Szene I: schon hier geben die Regieanweisungen die Beschreibung eines Käfigs wider: "The effect sought after is a cramped space in the boweels of a ship, imprisoned by white steel. The lines of bunks, the uprights supporting them, cross eeach other like the steel frameworks of a cage." (S.1228).
- nach dem Glockenschlag: "All the men jump up mechanically, file through the door silently close upon each other's heels in what is very like a prisoner's lockstep." (S.1234). O'Neill sagt dazu: "(..) [the bell] is only symbolic of the regimentation of men who are the slaves of machinery. In a larger sense, it applies to all of us, because we all are more or less the slaves
of convention, or of discipline, or of a rigid formula of some sort." 10 Die Art und Weise, die die Männer beim Gehen an den Tag legen, straft den Reden Yanks Lüge Einzigartigkeit
- auch das Leben, das die Männer auf dem Liner führen, wird von Paddy, einem irischen
Matrosen, der der guten alten Zeit nachhängt, als "(..) caged in by steel from a sight of the sky like bloody apes in the Zoo!" (S.1233) beschrieben.
- Szene II: auch Mildred beschreibt sich, als ob sie in einem Käfig leben würde: "(..) only stay in the jungle where your spots are camouflage. In a cage they make you conspicuous." (S.1236).
- Szene III: die Schatten, die die Heizer werfen, ähneln den Schatten von "chained gorillas" (S.1238) Käfig
- Szene VI: jetzt sitzt Yank tatsächlich in einem ,Käfig`, im Gefängnis: "You're in a cage aw right." (S.1249)
- Szene VII: nachdem er von den IWW rausgeworfen wurde, wendet er sich verzweifelt an
den Mann im Mond und fragt ihn: "(..) where do I get off at, huh?" Ein Polizist antwortet ihm: "You'll get off at the station, you boob, if you don't get up out of that and keep movin`." Yank erwidert: "Sure! Lock me up! Put me in a cage! Dat's de on'y answewr yuh know." Auf die Frage des Polizisten, was er denn gemacht habe, denn Yank will sich einsperren lassen, antwortet dieser: "Enuf to gimme life for! I was born, see? Sure, dat's de charge. Write it in de blotter. I was born, get me!" (S.1255)
- Szene VIII: der Käfig, den Yank die ganze Zeit seit der Begegnung mit Mildred um sich gefühlt hatte, schließt sich nun tatsächlich um ihn, als ihn der Gorilla in seinen Käfig trägt. Nicht einmal am Ende hatte er die Möglichkeit, dem Käfig zu entfliehen.
Leitmotiv: `belonging`
- O'Neill: "Yank is really yourself, and myself. He is every human being. (..) Yank is my own self. (..) His struggle to "belong," to find the thread that will make him a part of the fabric of Life - we are all struggling to do just that." 11
- ab Szene I: Yanks ganzes Denken und Handeln dreht sich um "belonging".
- bei ihm sind es "enginge", "coal dust", "stokehole", "steel" "dat belongs".
- Szene III: nach Begegnung mit Mildred: zweifelt er an seinem "belonging" auf dem Schiff und an seiner Philosophie, die er in Szene I lang und breit darlegt: ,,"Who makes dis old tub run? Ain't it us guys? Well den, we belong, don't we? We belong and dey [die Reichen, die Passagiere usw.]don't Dat's all." (S.1231)
- Mildred "didn't belong" im Heizraum, sie war fehl am Platz.
- Szene IV: er lässt seinen Zweifeln freien Lauf und wird daraufhin von seinen
Schiffskumpanen verhöhnt die Art und Weise, wie seine Kameraden auf sein Denken
reagieren, ähnelt zwar der der Szene I, aber ist hier eindeutig verhöhnend gemeint he doesn't belong anymore.
- Szene V: dreht sich fast nur um das "belonging", alles scheint irgendwie fehl am Platze zu sein:
a) Yank mit seiner rüden und einfachen, ja fast naiven Art im Gegensatz zu den aufgetakelten Fifth-Ave.-Besuchern als er einen provozieren und schlagen will, scheint dieser ihn überhaupt nicht zu registrieren.
b) eben diese durch deren marionettenhafte Bewegungen und aufgesetztes Verhalten.
- Szene VI: Yank sitzt im Gefängnis, hinter Gittern, im Zoo: "The Zoo? That's a new name for this coop - a damn good name!" (S.1248) ab jetzt: "Steel! It don't belong, dat's what! Cages, cells, locks, bolts, bars - dat's what it means!" (S.1251)
- Szene VII: selbst die IWW ("Industrial Workers of the World, a radical socialist/anarchist group whose members were called `Wobblies`" 12 )stoßen ihn aus, obwohl sie doch scheinbar die selben Interessen vertreten. "Yuh wanter blow tings up, don't yuh? Well, dat's me! I belong!" Die Antwort: "You're a brainless ape. (..) Throw him out, boys." (S.1254f.) Doch die IWW revolutionieren offensichtlich nur, indem sie "pamphlets" lesen und verteilen, Briefe schreiben und dergleichen.
- Szene VIII: sein letzter Versuch, einen Ort zu finden, an den er gehört, führt Yank in den Zoo. Dort klagt er einem Gorilla seine Leid. Dieser gibt ihm durch seinen Gesten scheinbar recht und Yank fühlt sich bestätigt: "Sure! Yuh get me. It beats it when you try to tink it or talk it - it's way down - deep - behind - you `n` me we feel it. Sure! Bot` members of dis club.
(..) Come on, Brother." (S.1257)
- nachdem der Gorilla ihm die Rippen gequetscht und in den Käfig gelegt hatte, registriert Yank es: "Even him didn't tink I belonged." (S.1258) Verzweifelt stirbt er. Nur in der Regieanweisung kann man lesen: "And, perhaps, the Hairy Ape at last belongs." (S. 1258)
Vergleich mit Affen
- schon der Titel lässt einiges vermuten.
- zum Beispiel: Szene I: Regieanweisung (S.1227); Paddys Beschreibung ("His face is extremely monkey-like with all the sad, patient pathos of that animal in his small eyes" (S.1229)) und Ausspruch ("(..)caged in by steel from a sight of the sky like bloody apes in the Zoo!" (S.1233))
- zum Beispiel: Szene III: Regieanweisung (S.1238); Yanks Verhalten ("(..) pounding on his chest, gorilla-like, with the other, shouting" (S.1239)); sein Gesicht ("gorilla face" (S.1240)); Mildreds Ausruf ("Oh, the filthy beast!" (S.1240))
- zum Beispiel: Szene IV: Longs Überzeugungsversuch, dass Mildred sie beleidigt habe, dass sie für sie nur "(..) bleedin` monkeys in a menagerie (..)" (S.1241) wären; Paddys Behauptung, dass Mildreds Verhalten eindeutig gesagt hätten: "In this cage is a queerer kind of baboon than ever you'd find in darkest Africy." (S:1242); seine Deutung ihrer Reaktion: "(..) as if she'd seen a great hairy ape escaped from the Zoo!" (S.1242) und die Missdeutung ihres Ausrufs zum ,,hairy ape", die Yank das ganze Stück anhängt und verfolgt.
- in letzter Szene schließt sich der Kreis, Yank stellt sich auf eine Stufe mit dem Gorilla (oder versucht es zumindest), wird tödlich verletzt und endet im Käfig. Seine letzten Worte, als er sich der grotesken Situation bewusst wird: "Ladies and gents, step forward and takee a slant at de one and only (..) one and original - Hairy Ape from de wilds of (..)" (S.1258)
Bibliographie:
- O'Neill, Eugene: The Hairy Ape. In: The Heath Anthology of American Literature. Vol. 2. Lexington, Massachusetts. 1990. S. 1227-1258.
- Cole, Toby: Playwrights on Playwriting: The Meaning and Making of Modern Drama from Ibsen to Ionesco. New York. 1960.
- Elsen, Albert E.: `The Gates of Hell` by Auguste Rodin. Stanford, California. 1985.
- Hoffmann, Gerhard (ed.): Das amerikanische Drama. Bern. 1984.
- Martine, James J. (ed.): Critical Essays on Eugene O'Neill. Boston, Massachusetts. 1984.
- Massa, Ann: American Literature in Context, IV: 1900-1930. London. 1982.
- The Heath Anthology of American Literature. Vol. 2. Lexington, Massachusetts. 1990.
[...]
1 O'Neill, Eugene: The Hairy Ape (1924). In: Toby Cole: Playwrights on Playwriting: The Meaning and Making of Modern Drama from Ibsen to Ionesco. New York. 1960. S. 237.
2 Egri, Peter: "Belonging" Lost: Alienation and Dramatic Form in Eugene O'Neills The Hairy Ape. In: James J. Martine (ed.): Critical Essays on Eugene O'Neill. Boston, Massachusetts. 1984. S. 100.
3 Strinderg, August: On Modern Drama and Modern Theatre. In: Toby Cole: Playwrights on Playwriting: The Meaning and Making of Modern Drama from Ibsen to Ionesco. New York. 1960. S. 19.
4 ebd. S. 20.
5 ebd. S. 21f.
6 O'Neill, Eugene: The Hairy Ape (1922). In: Toby Cole: Playwrights on Playwriting: The Meaning and Making of Modern Drama from Ibsen to Ionesco. New York. 1960. S. 236.
7 O'Neill, Eugene: The Hairy Ape (1924). In: Toby Cole: Playwrights on Playwriting: The Meaning and Making of Modern Drama from Ibsen to Ionesco. New York. 1960. S. 238.
8 Dieses und alle folgenden Zitate aus dem Stück stammen aus: Eugene O'Neill: The Hairy Ape. In: The Heath Anthology of American Literature, Volume 2. Lexington, Massachusetts. 1990. S. 1227-1258.
9 Elsen, Albert E.: ` The Gates of Hell` by Auguste Rodin. Stanford, California. 1985. S. 73.
10 O'Neill, Eugene: The Hairy Ape (1922). In: Toby Cole: Playwrights on Playwriting: The Meaning and Making of Modern Drama from Ibsen to Ionesco. New York. 1960. S. 236.
11 ebd.
12 The Heath Anthology of American Literature Vol. II. Lexington, Massachusetts. 1990. S. 1250.
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