Lithographie am Beispiel Toulouse-Lautrec


Zwischenprüfungsarbeit, 2000

10 Seiten, Note: Sehr gut


Leseprobe


Lithographie am Beispiel Toulous- Lautrec

Die Geschichte und Perfektionierung der Lithographie

Aloys Senefelder, 1771 in Prag geboren, schuf mit seiner Erfindung der Lithographie die Grundlage der modernen Flachdruckverfahren, die die bis dahin bekannten Druckverfahren, Hoch- sowie Tiefdruck mehr als nur ergänzten.

Eigentlich Schauspieler und Schriftsteller, suchte er nach einer Methode, seine Werke, Gedichte und Theaterstücke zu vervielfältigen und zu verbreiten. Zu diesem Zweck nahm er Unterricht bei einem Drucker, um kurz danach selbst mit Unterstützung einer befreundeten Familie in München eine Druckerei zu eröffnen. Auf einer Kupferpresse druckte er zunächst Notenblätter, die er an einen Musikalienhandel veräußerte.

Senefelder experimentierte mit verschiedenen Druckverfahren, so auch mit dem Hochätzen von Schrift aus Steinoberflächen, also einem Hochdruckverfahren. Der entscheidende Schritt in Richtung Lithographie kam jedoch, als er die folgende Entdeckung machte: ein mit wässriger Gummilösung überzogenes Blatt, das zuvor bedruckt oder mit Fetthaltiger Tusche bemalt oder beschrieben worden war, ließ sich, wenn angefeuchtet, mit Druckfarbe einstreichen. Hierbei blieben jedoch die nicht beschriebenen/bemalten/bedruckten Stellen weiß, wohingegen die geschwärzten neue Farbe annahmen. Dieses Blatt ließ sich nun beliebig oft abziehen. Senefelder erkannte die Bedeutung dieser Idee, war es doch die erste Druckmethode, die nicht auf mechanischen, sondern auf chemischen Prinzipien beruhte. Der Transfer des Verfahrens auf den Stein (um ca.1799), dessen Eigenschaft, Fett aufzunehmen und auch bei Nässe noch Farbe anzunehmen er bereits zuvor bemerkt hatte, war dann ein relativ geringer Schritt, lieferte jedoch einen wesentlich stabileren Druckstock als das Papier. Senefelder hatte die ,,Chemische Druckerey" erfunden, die als Lithographie bekannt wurde.

In den folgenden Jahren arbeiteten er und viele andere an der Verbesserung und Perfektionierung der Technik, bessere Pressen wurden eingeführt, wie z.B. Mitterers Rollpresse von 1805, bei der der Stein unter dem Reiber durchgezogen wurde. Dies lieferte eine wesentlich bessere Abdruckqualität als die bisher übliche, ebenfalls von Senefelder stammende Stangenpresse. Bei ihr war ein Reiber an einer federnden Aufhängung an der Decke befestigt und wurde so über den Stein geführt.

Die Technik der Lithographie verbreitete sich recht schnell in Deutschland, vor allem als schnelle und billige Reproduktionstechnik - ganz in Senefelders Sinne, dem lediglich dieses vorgeschwebt hatte. Nachdem ein Finanzier gefunden war, der Musikverleger Anton André, ging man daran, das Verfahren in Europa bekannt zu machen, ab 1800 entstanden Druckereien in London, Wien und Paris.

Auch Künstler nutzten die neue Methode recht bald, Anton André, Bruder des Finanziers, versandte Steine an einige von ihnen, um die Experimentierfreude zu wecken. 1818 gab Senefelder ein Buch heraus, in dem er seine Erfahrungen, Rezepte, Ideen und Anleitungen zusammenfasste.

Das Hauptproblem der Lithographie war der schwere Stein, der, um nicht in der Presse zu brechen eine große Stärke haben musste. Senefelder suchte bereits nach Alternativen, beauftragt von der französischen Regierung. Er sah voraus, dass wohl der Metallplatte als Druckstock die Zukunft gehören würde.

Das Prinzip der Lithographie

Lithos = Stein graphein = schreiben

Grundsätzlich unterscheidet man beim Drucken zwischen drei verschiedenen Methoden: dem Hochdruck, dem Tiefdruck und dem Flachdruck.

Die beiden ersteren zeichnen sich dadurch aus, dass bei ihnen mechanische Manipulationen an der Oberfläche des Druckstockes vorgenommen werden. So werden beim Hochdruck alle die Teile, die nicht drucken sollen, entfernt, entweder geschnitten oder geätzt - oder sind wie bei den Buchdrucklettern gar nicht erst vorhanden. (Holz- und Linolschnitt, Buchdruck) Beim Tiefdruck hingegen wird in die durch Bearbeitung der Platte entstandenen Vertiefungen Farbe gebracht, die nach dem abwischen des Überschusses dort verbleibt und beim Druck an das Papier weitergegeben wird. (Kupferstich, Radierung)

Eine Ausnahme stellt eine jüngere Technik, der Siebdruck dar. Bei ihr wird mit Hilfe eines Rakels Farbe durch die unbeschichteten Teile eines feinen Gewebes direkt auf die Oberfläche des Papiers gepresst.

Beim Flachdruck indes liegen druckende und nicht druckende Teile des Druckstockes auf der gleichen Höhe. Der Träger, Stein oder Metall, wird chemisch so verändert, dass er an einigen Stellen die Farbe annimmt, an anderen abstößt.

Im Falle der Lithographie kommt nun die Fähigkeit des Steines zum tragen, dass er Fett und Wasser aufnehmen kann. Die Steinoberfläche wird an den Stellen, die nicht drucken sollen, wasseraufnehmend gemacht. An den Stellen, an denen die Fettkreide oder -tusche auf den Stein gebracht wurde, verbindet sich diese zu einer wasserunlöslichen Kalkseife, die Wasser abstößt, jedoch weiterhin Fett, wie z.B. die Druckfarbe, annimmt.

Diese Bildteile werden dann unter Druck auf das Papier übertragen.

Inzwischen wurde der Stein, außer zu künstlerischen Zwecken, durch andere Materialien wie Zink- oder Aluminiumplatten ersetzt, die durch schleifen und körnen eine wasseraufnahmefähige Schicht erhalten.

Gedruckt wird nicht direkt von der Platte, sondern erst auf einen Gummizylinder, von dem aus das Bild auf das zu bedruckende Objekt übertragen wird.

Vorbereitung des Steines auf den Druck

Nach der Zeichnung wird der Lithographiestein präpariert, druckfertig gemacht. Hierzu wird durch Ätzen und Gummieren an den unbezeichneten Stellen eine fettabstoßende Schicht erzeugt, die für Wasser jedoch aufnahmefähig ist. Die bezeichneten Stellen hingegen nehmen weiterhin Fett, und somit auch die fetthaltige Druckfarbe, auf.

Die einzelnen Arbeitsschritte:

1. Talkumieren der Zeichnung mit Talkumpuder (zerriebener Speckstein)
2. erstes Ätzen mit einer 2%igen Lösung aus Salpetersäure in Gummiarabikum, nach dem trocknen gründlich mit reinem Wasser abwaschen
3. Überziehen des Steines mit einer dünnen Schicht aus reinem Gummiarabikum
4. Auswaschen der Zeichnung mit Terpentinöl mit Asphaltzusatz: das Öl löst die Kreide bzw. Tusche, ohne jedoch dem Stein das Fett zu entziehen. Der gelöste Asphalt hingegen setzt sich an den fetthaltigen Zeichnungsstellen fest und bildet einen dünnen Film. Dieser macht die Zeichnung widerstandsfähiger gegen das zweite Ätzen. Die unbezeichneten Stellen sind durch die Gummischicht geschützt.
5. Nach einer nochmaligen Reinigung mit klarem Wasser und Trocknung wird wieder talkumiert und mit 2-5%iger Säure geätzt (manchmal nur ca. 20 Min.).
6. Nach dem Abwaschen der Ätze wird wieder gummiert und der Stein lagert einige Stunden. Diese Gummierung ist notwendig, damit die Gummilösung in die Poren des Steines eindringen und sich dort zu arabinsaurem Kalk verbinden kann.
7. Nachdem das Gummi entfernt wurde, ist der Stein nun fertig zum ersten Probedruck

Zeichentechniken beim Lithographieren

1. Kreidetechnik

Die Kreidetechnik gehört, zusammen mit der Federtechnik, zu den Ursprüngen des lithographischen Verfahrens. Sie ermöglicht feinste Farbabstufungen von einer dichten schwarzen Strichlage bis zu sehr zarten, hellen Tönen.

Für die K. gibt es spezielle Lithokreiden in Bleistiftform (5 Härtegrade: 1weich - 5 hart), Stäbchen, aber auch andere Wachskreiden können den gleichen Effekt erzielen. Wichtig ist, dass der Kontakt nich zu schwach hergestellt wird, sonst bleibt die Kreide auf dem Korn und kann leicht von der Säure unterlaufen werden.

2. Federtechnik

Die Federtechnik, ob mit Schreib- oder Zeichenfeder, Gänsekiel oder Rohrfeder, ist die sicherste Zeichenart auf Stein, da mit flüssiger Tusche gezeichnet wird, die vom Stein aufgenommen wird und so beim ätzen nicht von der Säure unterlaufen werden kann.

Die auf dem Stein erzielten Wirkungen unterscheiden sich nicht von den Möglichkeiten auf Papier. Wichtig bei der verwendeten fetten Tusche ist, dass, bevor eine zweit Lage gezeichnet wird, die erste unbedingt trocken sein muß, da sonst die Tusche verläuft.

3. Tuschelavierung

Durch das unterschiedlich starke Verdünnen der Tusche und damit des darin gelösten Fettes lassen sich ähnlich Tonabstufungen wie beim Aquarellieren erzielen. Das verdünnen der Tusche kann sowohl vor dem Auftrag als auch auf dem Stein direkt geschehen, wobei interessante Tuscheverläufe entstehen können. Es ist jedoch darauf zu achten, dass die Tusche nicht zu sehr verdünnt wird, sonst verschwindet sie beim ätzen und es entsteht eine Fehlstelle im Druck.

Beispiele:

4. Spritzverfahren

Diese Verfahren eignen sich besonders, um flächige Wirkung mit unterschiedlich dichter Struktur zu erzielen. Zum Aufspritzen der Tusche verwendet man ein Handsieb und einen Borstenpinsel oder eine kleine Bürste. Es empfiehlt sich, wegen der ,,Querschläger", die entstehen können, die nicht zu bespritzenden Stellen abzudecken. Auch ist es wichtig, nicht zu viel Farbe in die Bürste zu geben, damit keine Kleckse entstehen.

Eine andere Möglichkeit ist der Aerograph, durch dessen feine Düse die Tusche mittels Druckluft gepresst wird.

5. Aussprengen

Um ein weißes Bild auf einem dunklen Untergrund erscheinen zu lassen, eignet sich das Aussprengverfahren besonders gut. Auf einen Stein wird mit leicht eingefärbter Gummilösung das Motiv aufgetragen. Nach dem Trocknen wird die Zeichnung mit Fetttusche übermalt. Nach dem trocknen geschieht nun das Aussprengen: unter fließendem Wasser löst man mit einem Pinsel die Gummischicht, die darauf liegende Tuscheschicht wird weggewaschen, so dass die unbemalten, eingefärbten Stellen zurückbleiben. Nun kann der Stein druckfertig gemacht werden.

6. Schabverfahren

Bei dieser Technik wird der Stein mit Federfarbe eingewalzt und fein mit Asphaltstaub beschichtet, der anschließend eingebrannt wird (Asphalttinktur funktioniert jedoch genauso gut). Je nach Tiefe des Ausschabens entstehen nun weiße Linien oder Flächen, wenn die Täler der Körnung erreicht und entfernt werden oder Zwischentöne, wenn nur die Kornspitzen erreicht werden und Farbe in den Tälern zurückbleibt. Der Effekt ist der Kreide nicht unähnlich, jedoch eben negativ.

7. Steingravur (Grenzfall !, eher Tiefdruck wie Kupferstich)

Die Gravur gehörte zur Blütezeit der Lithographie zu den elementaren Techniken - Briefköpfe und die meisten Etiketten wurden in diesem Verfahren gedruckt.

Für die Gravur wird der Stein sofort nach dem schleifen geätzt und mit einem mit Farbe versetzten Gummi gummiert. Darauf wird vorgezeichnet, dann der Zeichnung folgend, mit einer Nadel oder dem Schaber in die Gummierung graviert. Nun gibt man Leinöl auf die Gravur, um sie empfindlicher für die Druckfarbe zu machen und kann anschließend ganz normal drucken.

Es ist auch möglich, die Zeichnung weiß auf schwarzem Grund zu drucken. Hierzu wird ein Stein, der zuvor mit Federfarbe dünn eingewalzt, mit Asphaltstaub bedeckt und dann eingebrannt wurde, graviert. Die gravierte Zeichnung wird geätzt, dann wird der Stein ausgewaschen, gefeuchtet und kann normal gedruckt werden.

Henri de Toulouse Lautrec

Lebenslauf

T-L wird am 24. November 1864 im südfranzösischen Albi geboren. Seine Eltern, Alphonse Graf de T-L und Adèle Gräfin de Céleyran, sind Vetter und Base ersten Grades - eine familieninterne Heirat, die, um das Vermögen der TL der Familie zu sichern, nicht unüblich war. Durch die zahlreichen inzestuösen Eheschließungen innerhalb der Familie kam es zu zahlreichen Geburtsfehlern - es liegt also nahe, die bei Henri, neben einer schwachen Gesundheit, auftretende Zwergwüchsigkeit ebenfalls auf Erbschäden zurückzuführen. Die Familie erklärte sie jedoch mit zwei Beinbrüchen in den Jahren 1878/79. Die TLs entstammten einer Nebenlinie des Hauses Lautrec, einer der ältesten und angesehensten Adelsfamilien Frankreichs und die damit verbundene Lebensweise sollte aufrecht erhalten werden. So verbrachte TLs Vater den größten Teil seiner Zeit mit der Jagd. Durch einen dem Vater befreundeten Maler, René Princeteau, bekommt TL Unterstützung in seinen Mal- und Zeichenversuchen.

Nachdem sich TLs Eltern 1868 getrennt hatten, lebte er bei seiner Mutter, zum Vater bestand wenig Kontakt.

Die Erziehung des jungen Henri fand, bis auf eine kurze Unterbrechung 1872, als er und seine Mutter in Paris lebten, privat durch Geistliche, Hauslehrer und seine Mutter statt. Mit den beiden Unfällen, bei denen sich TL die Beine brach, begann eine lange Periode von Kuraufenthalten - u.a. in Nizza - und Zeiten, in denen er das Bett hüten musste. Er begann, wieder mehr zu zeichnen, um sich die Langeweile zu vertreiben, Menschen, Karikaturen, auch Landschaften, in Skizzenbücher, Schulhefte und Bücher. Sein Zeichnen war ihm wichtiger als die Schule, er fiel 1881 durch das Abitur, bestand dann im Winter jedoch die Wiederholungsprüfung.

TL stand nun, im Alter von 17 Jahren, vor der Entscheidung, was zu tun sei mit seinem Leben. Für die üblichen Beschäftigungen junger Adliger war er aufgrund seiner körperlichen Gebrechen ungeeignet: die Offizierslaufbahn ebenso wie die Jagd oder das elegante Pariser leben. Jedoch zeigte er, nach Meinung seines Onkels und Princeteaus, gute Ansätze zum Maler, so dass man sich einigte, TLs Wunsch nach einer Ausbildung nachzukommen und in Paris nach einer geeigneten Kunstschule suchte. Seine Mutter brachte ihn 1882 schließlich im Atelier des Léon Bonnat unter, einem konservativen, akademischen Maler, der TL und seinen Stil nicht besonders gut leiden konnte (,,ausgesprochen abscheulich"). Nachdem dieser nur ein halbes Jahr später sein Atelier schloss, wechselte TL zu Fernand Cormon, dessen bequeme Kommentare ihm aber nicht so gefielen, wie die harsche Kritik seines ersten Lehrers.

Er nutzte die Zeit in den Ateliers jedoch, um seine kompositorischen Fähigkeiten und Maltechniken zu entwickeln, trieb Aktstudien und legte mit der akademischen Ausbildung den Grundstein für seine Laufbahn.

1884 zog es Henri auf den Montmartre, wo die meisten Künstler wohnten, in die Rue Fontaine No. 19, in der auch Edgar Degas sein Atelier unterhielt. Überhaupt wird die Pariser Halbwelt der Prostituierten, der Cafés, Cabarets und Tanzlokale mehr und mehr seine Wahlheimat - hatte Cormon doch seinen Schülern geraten, ihre Modelle in ihrer natürlichen Umgebung zu studieren. Und das tat er, sowohl malend, zeichnend als auch als Kunde, vor allem in den 1890ern.

Mit seiner humorvollen, oft sarkastisch-ironischen Art wurde er bald ein fester und beliebter Bestandteil des Nachtlebens, auch wenn seine hervorragende Menschenkenntnis oftmals als Waffe gegen andere gerichtet war.

Die Nähe zu den Cabarets brachte ihm viel Kontakte zu Schauspielern und Sängern ein, die er oft in seinen Werken verarbeitete, die ihm aber auch ihrerseits Aufträge einbrachten. So wurde er einem breiteren Publikum durch sein Plakat von 1891 für das gerade eröffnete ,,Moulin Rouge" bekannt. Doch bereits zuvor hatte er Freundschaft geschlossen mit Aristide Bruant, einem bissigen volkstümlichen Sänger, den er auf mehreren Plakaten portraitierte und der im Gegenzug seit 1885 bereits TLs Werke in seinem Cabaret ,,Le Mirliton" aufhängte. Die vier Plakate, die TL von Bruant anfertigte, erregten sofort großes Aufsehen.

Anderen Tänzerinnen und Tänzern folgte er durch die Lokale von Paris (Goulue, LeDésossé), hatte mal eine große Leidenschaft für diesen, dann für jenen Ort (Pariser Oper, Bruants Cabaret, Lokale der Arbeiterschicht). Seine Begeisterung, so intensiv sie auch sein mochte, konnte jedoch eben so schnell wieder verfliegen, wie sie über ihn gekommen war. Auch besuchte er häufig den Zirkus, um Reiter, Pferde und Akrobaten zu zeichnen. TL übernahm zahlreiche Auftragsarbeiten: Plakate, Buchumschläge, Illustrationen, Bühnenausstattungen, Gestaltungen von Notenblättern.

Ende 1897, 33jährig, befand TL sich in einem psychisch sehr labilen Zustand, nachdem er 92/93 bereits Alkoholabhängig gewesen war - ein Umstand, der sich auch in seinen Werken widerspiegelte. In Toulouse vertraute er einem Reporter an, er könne malen, bis er 40 sei, danach müsse er aufhören, ein Umstand, der bereits andeutete, dass TL sein Leben als qualvoll erachtete. Von November 1898 bis Februar 1899 entstanden nur sehr wenige Werke, er verbrachte viel Zeit untätig in Bars, klagte er habe keine Ideen mehr. Zu Verwirrungszuständen und Halluzinationen kam Aggressivität und Feindseligkeit.

Anfang März wurde er in eine Nervenklinik eingeliefert, der Alkoholentzug ließ ihn sich wieder fangen und er bestand auf seiner Entlassung, die Ärzte und Familie ihm verweigerten. Nachdem die Presse einen Skandal witterte und TL mittels einer aus dem Gedächtnis gezeichneten, wenn auch steifen und schwerfälligen, Serie über seine früheren Zirkusbesuche bewiesen hatte, das er arbeitsfähig war, wurde er entlassen.

Er verließ Paris und verbrachte die nächste Zeit auf einer Familienbesitzung bei Albi, auch um seine Familie zu beruhigen. Dann reiste er in Etappen nach Paris zurück, das er jedoch bald wieder verließ. Die Malerei hatte er zu dieser Zeit bereits so gut wie aufgegeben, wenn er malte, dann nicht mehr mit den hellen und klaren Farben, die sein Werke einst ausgezeichnet hatten, sondern mit dunklen und schweren Farben, so als spiegele sich seine Depression und Unzufriedenheit in ihnen wieder.

Im August 1901 erlitt TL einen Schlaganfall, fiel ins Koma und starb am 9. September in Malromé bei Bordeaux.

Das Moulin Rouge Plakat von 1891 und seine Nachfolger

Im Jahr 1891 entstanden TLs erste Lithographien überhaupt, nachdem er in den Jahren zuvor mehr als 3000 Zeichnungen und 400 Gemälde angefertigt hatte.

Auf dem Feld der Druckgraphik hatte er sich mit der Chromotypogravur beschäftigt, einem Fotoreliefverfahren - also Hochdruck. Bei dieser Technik, die auch zur Reproduktion von Aquarellen und Ölbildern verwendet wurde, bauen sich die Zwischentöne aus drei Grundfarben (Gelb, Rot, Blau) und Schwarz auf. Man benötigte also höchstens drei Druckplatten.

Als TL den Auftrag zum Moulin Rouge Plakat (Farblithographie 1891, 191x117 cm) erhielt, war er nicht der erste, der ein Plakat für das Cabaret entwarf, er folgte z.B. Jules Cléret (1836- 1932) nach, der als der Begründer der Plakatkunst gilt. Er entwarf das erste Moulin Rouge Plakat überhaupt 1889, war jedoch auch von TL sehr angetan und sah in ihm nicht nur seinen Nachfolger, sondern auch jemanden, der in der Lage war, das Plakat zu neuen Entwicklungen zu führen. Das Plakat entwickelte sich mit der Einführung der Lithographie, insbesondere der Farblithographie, zu einer öffentlichen Kunstform. War es zuvor noch überwiegend auf typographische Lösungen beschränkt, so war es nun in wesentlich stärkerem Maße möglich, auch die Suggestivkraft von Bildern nutzbar zu machen.

TL benutzte für sein erstes Plakat noch das oben angesprochene Dreifarbsystem, um die einfarbigen Flächen zu erzielen: die graue Silhouette des Schlangenmenschen Valentin im Vordergrund, im Mittelgrund die flächenhaft-konturierte und stark farbige Tänzerin Goulue, die schwarze Zuschauersilhouette im Hintergrund sowie die als abstrakte Formationen über das Bild verteilten Lampenkugeln. Um den Flächen eine gewisse Transparenz zu verleihen, benutzte TL die Spritztechnik (Crachis). Zahlreiche Merkmale deuten auf den Einfluss der japanischen Kunst: nicht nur ist das Format eine proportionale Vergrößerung des japanischen ,,Oban", auch die Verwendung einer neutralen Umrissfarbe, die dann ausgefüllt wird, ist sonst den japanischen Drucken eigen. Dieses Plakat hob sich ab von den französisch-europäischen Konventionen, die bis dahin in der jungen Plakatkunstszene gegolten hatten. Das großformatige Plakat fiel auf, machte TL über Nacht berühmt. Trotz des japanischen Einflusses war es nicht ein Abklatsch dieser bei vielen Künstlern der Zeit gerade modernen Richtung, sondern eine eigenständige Leistung, die zeigt, wie TL sich die Ideen der japanischen Holzschnitte zunutze machte, um seine eigenen Werke herzustellen.

In den folgenden Jahren entstanden insgesamt 364 Lithographien, von denen sich mehr als 200 von zuvor entstandenen Zeichnungen oder Skizzen ableiten lassen. Eine davon ist ,,Der Engländer im Moulin Rouge" (Farblithographie 1892, 47x37,3 cm, Reihenfolge der Farben beim Druck: Olivgrün, Purpur, Blau, Rot, Gelb, Schwarz), seine zweite Lithographie überhaupt. Sie zeigt einen Bekannten TLs, William Tom Warrener, ebenfalls Maler. Sie basiert auf einem zuvor entstandenen Bild (Öl/Gouache). Die Arbeit ist in Konzept und Anwendung der Farbe grundlegend verschieden vom Moulin Rouge Plakat. TL betrachtete das Dreifarbensystem als Umweg, er verwarf es und druckte statt dessen sechs endgültige Farbtöne nebeneinander, um Flächen zu gestalten. So ist zum Beispiel das Großflächige Purpur, das dem des MR Plakates sehr ähnelt, hier nicht mehr zusammengesetzt. Dieses Verfahren entwickelte sich in den Neunzigern zum dominierenden. Pro Farbe wurde ein Stein verwendet.

Eine weitere Lithographie, die den Einfluss des japanische Holzschnittes auf TL zeigt, ist das Plakat ,,Jane Avril" (Farblithographie 1893, 124x91 cm). Die Wahl des Ausschnittes ist ungewöhnlich, vorbei am in dunklem Olivgrün gehaltenen Hals und Kopf eines Contrabasses und dessen Spieler, fällt der Blick auf die Bühne, auf der mit sparsamem Tuschestrich und gleichmäßigen leuchtend gelben und orangen Farbflächen die Tänzerin dargestellt ist. Der Raum ist, auch dies ein Stilmittel des japanischen Drucks, verflacht. Viel Stärker noch als beim Moulin Rouge Plakat wird hier das Weiß des Papiers als gestaltende Farbe fast für die gesamte Bühne genutzt, eine Stellen sind zur Schaffung atmosphärischer Dichte mit Spritzwolken leicht verdunkelt. Eingefasst wird das gesamte Bild von einem Olivgrünen Rahmen, der sich aus dem Contrabass im Vordergrund entwickelt und den Blick auf das wesentliche der Graphik lenkt.

Die Lithographien Toulouse-Lautrecs eröffnen sich dem Betrachter erst, wenn sie im Zusammenhang mit seinen Gemälden, den vielen Skizzen und Zeichnungen gesehen werden. In ihnen verdichtete er seine Bildvorstellungen, bis die gesuchte Form für die Umsetzung als Druck gefunden war. In der Werkstatt waren sie ihm dennoch nur Gedächtnisstütze, nicht Vorlage. Der überwiegende Teil seiner einfarbigen Lithographien wurde direkt auf den Stein gezeichnet, ohne das er oft hätte korrigieren müssen. Es gibt deshalb so gut wie keine Zustandsdrucke.

Für die Farblithographien waren ihm jedoch seine Gemälde oft Vorlage, bis 1896 reichten zwar flüchtig angelegte Bilder, später, als Krankheit und übermäßiger Alkoholkonsum ihren Tribut forderten, musste er auf komplett ausgearbeitete Gemälde und Photos zurückgreifen. Nichts desto trotz ist ihre Qualität nicht geringer, als die der Graphiken zuvor. Toulouse-Lautrec benutzte ein recht beschränktes Repertoire an künstlerischen Ausdrucksmitteln: Tusche, Kreide - manchmal durch schaben aufgehellt, Spritztechnik und Fläche. Die damit von ihm erreichte Klarheit im Ausdruck wurde vor ihm in der Druckgraphik und Plakatkunst nie erreicht. Die Verbindung von leuchtenden Farben und zurückhaltenden Schwarztönen ist eins der bestechendsten Merkmale seiner Plakate, das wohl für seinen großen Erfolg zumindest mitverantwortlich ist.

Ein anderes Charakteristikum ist seine Fähigkeit, seine Motive auf das Wesentliche, das lebendige zu reduzieren. Kaum ein anderer Künstler scheint so gut gewusst zu haben, wie man eine Komposition von allem unwesentlichen Beiwerk freihält, um so den Schwerpunkt auf die Bildelemente legt, die das wesentliche aussagen. Das Studium der japanischen Kunst trug hierzu einen großen Teil bei und ihre Einflüsse lassen sich in TLs Werk leicht entdecken.

Ende der Leseprobe aus 10 Seiten

Details

Titel
Lithographie am Beispiel Toulouse-Lautrec
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Veranstaltung
Zwischenprüfung LA Gymnasium
Note
Sehr gut
Autor
Jahr
2000
Seiten
10
Katalognummer
V99224
ISBN (eBook)
9783638976732
Dateigröße
398 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Zusammenfassender Text für meine Zwischenprüfung im Fach Kunst nicht das Niveau einer Seminarhausarbeit, für Schüler als Referat oder zum Einstieg ins Thema aber in jedem Fall sehr gut geeignet!
Schlagworte
Lithographie, Beispiel, Toulouse-Lautrec, Zwischenprüfung, Gymnasium
Arbeit zitieren
Niels Meyer (Autor:in), 2000, Lithographie am Beispiel Toulouse-Lautrec, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99224

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