Feierabend? Zur kritischen Kritik der Arbeitsgesellschaft


Hausarbeit, 2000

26 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Das Phänomen
2.1 Arbeitslosigkeit und Arbeitszeit
2.2 Wandel der Arbeitsverhältnisse und des Verhältnisses zur Arbeit
2.3 Post-Fordismus: Reengineering, Lean-Production, 3. industrielle Revolution

3 Der Diskurs
3.1 Dahrendorf und die 80er Jahre
3.2 Zu neueren Veröffentlichungen

4 Feierabend: Gruppe Krisis
4.1 Manifest gegen die Arbeit
4.2 Die ökonomische Theorie
4.2.1 Kritik
4.3 Durchsetzungsgeschichte der Arbeit
4.3.1 Kritik

5 Fazit

6 Anhang
6.1 Abkürzungen
6.2 Quellen
6.2.1 Zu Krise und Ende der Arbeitsgesellschaft
6.2.2 Periodika
6.2.3 Schöne Literatur
6.2.4 Weitere

1 Einleitung

Seit den siebziger Jahren und verstärkt in den Achtzigern wird über die Krise bzw. das Ende der Arbeitsgesellschaft debattiert. Kern und Auslöser der Debatte ist das Phänomen der seit den Wirtschaftskrisen der siebziger Jahre sich stetig vergrößernden Arbeitslosigkeit. Damit scheint eine der wichtigsten Kategorien, wenn nicht gar die Schlüsselkategorie der Analyse moderner kapitalistischer Gesellschaften - die Arbeit - einem fundamentalen Wandel unterlegen, ja sogar ihren analytischen Wert zu verlieren - die Arbeitsgesellschaft ,,entschwindet" (Dahrendorf 1980) möglicherweise.

Viele Autoren aus den verschiedensten Bereichen der Wissenschaft und des gesellschaftlichen Lebens haben sich der Frage zugewandt, 1982 war ,,Krise der Arbeitsgesellschaft?" (Matthes 1982) das Thema des 22. Deutschen Soziologentages.

Doch einig sind sich die Autoren und Redner, wenn überhaupt, wirklich nur in der Beschreibung des Phänomens und zum Teil bei der Konstatierung der Unumkehrbarkeit dieser Entwicklung, also der Feststellung, dass es kein Zurück in die Normalität der Arbeitsgesellschaft geben wird11. Ähnlichkeiten gibt es in der Beurteilung der Ursachen. Ganz und gar verschieden jedoch sind die Ansichten, was sich an die Arbeitsgesellschaft anschließen werde bzw. solle, welche Entwicklungsmöglichkeiten überhaupt bestehen und welche ,,gut" für die Menschen sind.

Zwei Titel von Publikationen zu dieser Thematik machen eine Scheidelinie zwischen den Autoren deutlich, die ich mir zur Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes auch zu eigen machen will. Die Buchtitel ,,Feierabend. Elf Attacken gegen die Arbeit" (Kurz u.a. 1999) oder ,,Die Zukunft unserer Arbeit" (Willke 1998, Hervorhebung P. U.) zeigen grundlegend verschiedene Herangehensweisen schon bei der Bewertung des Begriffs ,,Arbeit". Für die einen ist ,,Arbeit" eine anthropologische Konstante, für manche/n ein wertfreier Begriff, für die anderen z.B. ein Rest Notwendigkeit oder gar ein Leichnam, der die Gesellschaft beherrscht (MgdA, 5).

Ich werde besonders die Standpunkte der kritischen Vertreter untersuchen. Denn es soll nicht nur vordergründig die soziologische und ökonomische Debatte bewertet werden, um zu entscheiden, welche Theorie die größte Plausibilität hat. Es geht mir auch um die Wertungen und die Ideen, die hinter den Konzepten stehen und die ihre Geschichtsmächtigkeit (in dem bescheidenen Maße wie Ideen so etwas zusteht) noch unter Beweis stellen müssen. Der Ansatz der Gruppe ,,Krisis - Verein für kritische Gesellschaftswissenschaft" eignet sich dafür, weil er quasi die Zuspitzung des breiten Diskurses ist, sich aber nicht nur im ideologisch- utopischen Überbau bewegt, sondern mit wissenschaftliche Mitteln analysiert und einen radikalen Ausweg aus der verfahren Krisensituation einfordert.

Als Einstieg soll jedoch die Krisendebatte anhand wichtiger Vertreter, resp. Strömungen skizziert und somit ein gewisser Überblick über die ausufernde Literatur gegeben werden (Kap. 3). Das zweite, zum Verständnis der Theoriedebatten notwendige erläuternde Kapitel skizziert die sozialen und ökonomischen Entwicklungen, die Rahmenbedingungen in denen die Arbeitsgesellschaft (verbal) zu Grabe getragen wird.

2 Das Phänomen

2.1 Arbeitslosigkeit und Arbeitszeit

Das Phänomen ist schlicht und ergreifend jenes, dass der Arbeitsgesellschaft die Arbeit ausgeht, wie schon Hannah Ahrendt (1994) in den fünfziger Jahren vorausschauend formulierte.

Spätestens seit Mitte der siebziger Jahre ist die Ära der Vollbeschäftigung zu Ende. An immer höhere Arbeitslosenzahlen mussten sich fast alle frühindustrialisierten Länder mit dem Abflauen des fordistischen Booms gewöhnen. Die Pro-Kopf-Arbeitszeit sank seit dieser Zeit (zwischen 1979 bis 1995) um 20%22. Der Weg führte in Deutschland von der Quasi- Vollbeschäftigung, die es nie wirklich gab, vielmehr wurde ,,natürliche" Arbeitslosigkeit festgesetzt, zu heute ca. 4 Mio. offiziell Arbeitslosen mit entsprechend hoher Dunkelziffer. Grund der Tendenz ist laut Kommission für Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Thüringen (1998) ein sinkendes Arbeitsvolumen bei steigender Erwerbsbeteiligung. Oder einfacher formuliert: Immer mehr Menschen (dies liegt zum Teil begründet im Anstieg der Frauenerwerbstätigkeit, aber auch in der ,,stillen Macht der Ökonomie") müssen sich um immer weniger Jobs bewerben.

Weltweit gibt es zwischen 600 und 800 Millionen Arbeitslose, bis zum Jahr 2025 kommen 1200 Mio. hinzu, für die Arbeitsplätze geschaffen werden müssten um sie in die Lohnarbeitsgesellschaft einzubeziehen.

2.2 Wandel der Arbeitsverhältnisse und des Verhältnisses zur Arbeit

Damit einher geht eine Entwicklung, die weg vom Normalarbeitsverhältnis, zu diskontinuierlichen und prekarisierten Arbeitsverhältnissen führt, d.h. zu Jobs ohne Festanstellung, meist mit geringen Anforderungen an Geschick und Können, wenig Autonomie, großer Unregelmäßigkeit und Unsicherheit. Bei diesen ,,Mc-Jobs"33 handelt es sich immer häufiger um Just-In-Time-Arbeitsverhältnisse, die den ,,Beschäftigten" auf Abruf Arbeit zuteilen. Wer ein solches Verhältnis einzugehen gezwungen ist, muss sich bereit halten, hat aber keinerlei Garantie, wirklich beschäftigt (also auch bezahlt) zu werden. Die prekären und diskontinuierlichen Jobs machten in den 60er Jahren 10% der Arbeitsverhältnisse aus. Diese Zahl stieg in den 70ern auf 20%, in den 80ern auf 25% und liegt heute bei fast einem Drittel; bei Frauen ist der Anstieg höher als bei Männern (vgl. Beck 1999:94).

Weiterhin werden viele Beschäftigte in die Scheinselbständigkeit gedrängt. Firmen rationalisieren Stellen weg, beschäftigen aber deren ehemalige Inhaber weiter, z.B. als ,,freie Mitarbeiter". Für das Unternehmen entfällt die Fürsorgepflicht, die Beschäftigten verdienen meist weniger und arbeiten mehr, verlieren v.a. ihren Anspruch auf Urlaub und soziale Absicherung wie Arbeitslosengeld, die Firmen sparen die Arbeitgeberanteile an der Sozialversicherung. Die Gruppe der Scheinselbständigen wächst wie keine andere auf dem Arbeitsmarkt (Heuser 1997), heute besteht sie in Deutschland aus bis zu 600.000 Erwerbstätigen (Willke 1998:141).

Der Anteil der Normarbeitsverhältnisse sank in Deutschland von 1975 84% auf 1995 68%. Den größten Zuwachs hatten im Gegenzug die ausschließlich Teilzeitbeschäftigten (von 6% auf 13%) und die sozialversicherungspflichtig Teilbeschäftigten (von 5% auf 10%) (Beck 1999:107).

Alles in allem wird die Unsicherheit für Arbeitnehmer durch die Art der Beschäftigung und durch die Bedrohung von Arbeitslosigkeit immer größer.

Doch die Arbeit bekommt langsam auch einen anderen Stellenwert im Leben der Menschen. Was für Marcuse (1995) unbedingte Vorraussetzung der Freiheit war, die Verminderung der Arbeit auf ein Minimum, wird für manchen, der es sich heute leisten kann, zum programmatischen Versuch: für mehr Zeitsouveränität nehmen Angestellte kürzere Arbeitszeiten und damit weniger Lohn in Kauf (Hörning u.a. 1990).44 Mittlerweile entscheiden sich junge Menschen oft auch bewusst für Mc-Jobs, um ihren Unterhalt irgendwie zu sichern, der Arbeit aber einen möglichst geringen Stellenwert im Leben zuzugestehen. Die Diskontinuität gibt auch ihnen die Möglichkeit, im gewissen Rahmen nicht zu arbeiten. Sie tragen m.E. jedoch ein immens hohes Risiko in finanzielle Problemlagen zu geraten (vgl. Gorz 2000: 86ff., Coupland 1991).

2.3 Post-Fordismus: Reengineering, Lean-Production, 3. industrielle Revolution

Diesen Wandlungen der Beschäftigungsverhältnisse und des Arbeitsmarktes (den eigentlichen Phänomenen) stehen Entwicklungen auf der Seite des Kapitals gegenüber. In aller Munde ist das Wort Reengineering. Es bezeichnet die Umgestaltung des modernen Unternehmens nach neuesten wissenschaftlichen Prinzipien.

Dazu gehören die v.a. in den 80er Jahren so viel beachteten neuen Produktionsweisen, die weggehend vom Taylorismus, die Arbeit in Teams verlagerten, die mit hoher Autonomie im Produktionsprozess ausgestattet wurden. Ganze Unternehmen wurden dezentralisiert. Für die Arbeiter bedeutet dieses neue System oft Gewinn neuer Freiheiten, z.B. in puncto Arbeitszeitgestaltung. Es kann oft mehr Urlaub genommen werden, die Tätigkeiten werden abwechslungsreicher, die Arbeitstaktzeiten länger, die Schraubenzieher bunter55. Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass der Interessenskonflikt zwischen ArbeiterInnen und Industrie entpersonalisiert wurde. Ehemals zentralisierte Disziplinierung wurde geschickt in die Teams der ArbeiterInnen verlagert, denn es gilt nunmehr Gruppensoll zu erfüllen, während die Bewertung der Einzelleistung weniger wichtig wird. In Großbritannien mussten sich ArbeiterInnen solcher Betriebe auf Streikverzicht verpflichten lassen. Keinerlei Autonomiegewinn ergab sich in Bezug auf das Produkt. Es bestimmt weiterhin ausschließlich die Firmenleitung, was produziert wird. Auch wenn die Löhne teilweise überdurchschnittlich waren, wurde dies durch hohe Produktivität mehr als wettgemacht. Das Volvo-Werk in Udevalla konnte sich nur einige Jahre halten, u.a. weil die Möglichkeiten der intensiven Produktivitätssteigerung geringer waren als in taylorisierten Werken, die zwar weniger rentabel sind, aber wegen ihrer Zentralisierung und kurzen Arbeitstakte besser in Richtung Vollautomatisierung entwickelt werden können.

Auslöser der Entwicklung vollkommen neuer Produktionsmethoden (die sich z.T. auch besser hielten als das Volvo-Werk), der sogenannten ,,lean production" (anders als bei Volvo werden hier tayloristische und ,,neue" Techniken verbunden, natürlich allein zum Vorteil der Unternehmer) war die japanische Industrie, deswegen spricht man auch von ,,Toyotismus" oder nach ihrem Erfinder Ohno von ,,Ohnismus" (ausführlich in Gorz 2000: 41-78, Jäger 1999). Die post-tayloristischen Strategien erfassen die ganze Person der Arbeitenden, ,,der betriebliche Zugriff auf die Person der Arbeitskraft wird tendenziell ` total' " (Voß 1994).

Die Produktion wird immer mehr verwissenschaftlicht. Modernste Technik macht immer mehr immer besser und immer schneller möglich, Roboter dringen vor, Computer erobern schon lange die Arbeitsplätze. Verbunden mit den neuen Organisationstrategien kostete diese Entwicklung schon viel Arbeitsplätze und wird auch wieder neue kosten.

Würden sämtliche heute verfügbaren Möglichkeiten in Deutschland angewandt, fielen auf einen Schlag 9 Mio. Arbeitsplätze weg, die Arbeitslosenquote läge bei 38% (Rifkin 1997: 2). Noch sind 75% der ArbeitnehmerInnen in den meisten Industrieländern mit einfachen Routinetätigkeiten beschäftigt, die auch Maschinen übernehmen könnten (ebd.: 19). Rifkin sieht durch das Reengineering tendenziell die Vernichtung von 40% der Arbeitsplätze und einen Beschäftigungsrückgang um 75%.

Dazu sollte man sich aber auch noch die Entwicklung der Einkommen und Gewinne vor Augen halten. Im betrachteten Zeitraum (1975-1995) wuchs das BIP um 60%.

Die Gewinne der Firmen stiegen zwischen 1979 und 1994 um 90% (in konstanter Kaufkraft gerechnet), die Löhne hingegen um 6%. Das Nationaleinkommen setzte sich 1978 folgendermaßen zusammen: Nettolöhne 54%, Vermögenseinkommen 22%, Sozialleistungen und Renten 23%. 1994 sah es so aus: Löhne 45%, Unternehmensgewinne und Vermögenseinkommen 33%. Der Anteil der Gewinnsteuern am gesamten Steueraufkommen ging von 25% 1978 auf 13% 1994 zurück (alle Zahlen aus Gorz 2000). Es scheint also nicht so, dass weniger Gebrauchs- bzw. Warenwert produziert wird. Vielmehr wird ein immenser Reichtum hergestellt. Offensichtlich ist die Krise der Arbeitsgesellschaft (noch) keine Krise der Produktion.

Trotzdem bleibt die Gesellschaft eine Arbeitsgesellschaft, eine Gesellschaft mit Arbeitszwang für (fast) alle ihre Mitglieder, wenn sie nicht verhungern wollen, denen aber nicht genug Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt werden. Das Marx`sche Wort von der industriellen Reservearmee bekommt wieder seinen vollen Bedeutungsgehalt. Alle gesellschaftlichen Kräfte vereinen sich im Ruf nach Arbeit. Gewerkschaften schließen sich mit Arbeitgebern im Bündnis für Arbeit zusammen, anstatt für die Interessen der ArbeiterInnen zu kämpfen. Die Rechte fordert Arbeit für alle Deutschen und auf Plakaten der marxistischen Gruppierung Linksruck steht ,,Arbeit für Millionen - statt Millionen für den Krieg!". Sämtliche etablierten Parteien brauchen gar nicht mehr anzutreten, wenn sie nicht Arbeit zum Spitzenthema machen, im Bundestagswahlkampf 1998 sogar die Grünen, deren eigentliches Topthema der Umweltschutz ist.

Und wer keine Arbeit hat bzw. hatte, hat nicht nur kein Geld, sondern auch kaum Rechte auf Sozialleistungen, keinen Anspruch auf Rente, auf Arbeitslosengeld.

Hier stellt sich die Kernfrage der Debatte um das Ende der Arbeitsgesellschaft. Gibt es ein Zurück, wie der Diskurs in Medien und Politik weismachen will? Muss nur ein Ruck durchs Land gehen, wie Roman Herzog meint? Oder führen technologischer Fortschritt und die immanente Logik des Kapitals (für manchen Soziologen wie Dahrendorf reicht Ersteres, obwohl damit noch nichts erklärt ist) dazu, dass immer mehr abstrakt-menschliche Arbeit freigesetzt, aber immer weniger von neuen Bereichen aufgesaugt wird? Anders formuliert: gibt es den ,,neoliberalen Ausweg" oder nicht?

Wen nicht den, welchen dann? Sind die Keime des Neuen schon in der heutigen Gesellschaft angelegt oder muss diese erst vollständig überwunden sein? Doch dazu in den folgenden Kapiteln.

3 Der Diskurs

3.1 Dahrendorf und die 80er Jahre

Aufsehenerregendster Aufsatz am Beginn der Debatte in Deutschland ist der von Ralf Dahrendorf (1980) veröffentlichte Text ,,Im Entschwinden der Arbeitsgesellschaft", auf den sich der größte Teil des soziologischen Diskurses zum Thema bezieht. Er entwickelt hier und an anderen Stellen (Dahrendorf 1982, 1983) seine Vorstellungen von dem Widerspruch, dass es doch eigentlich genug zu tun gäbe, aber die Arbeitsgesellschaft trotzdem keine Arbeitskräfte mehr braucht. Es handelt sich seiner Ansicht nach um eine strukturelle Krise, deren Ursache im zu hohen Preis der Arbeit begründet liegt, welcher in Form von hohen Löhnen aber wichtig für die Demokratie ist. Die innere Dynamik der Arbeitsgesellschaft führe zu ihrem Ende. Schuld ist der Konflikt zwischen Arbeit und Kapital, in welchem die Arbeitnehmer immer größere Erfolge verbuchen können, was für die Unternehmerseite Ausweichen auf Technik bedeutet. Der Preisvorteil der Technik schafft ,,technologische Arbeitslosigkeit". Die Arbeitsgesellschaft hält jedoch an ihrem Herrschafts- und Ordnungsprinzip fest. Seine Hoffnung geht dahin, dass die Arbeitswelt humanisierbar sei und die Dichotomie von Reich der Notwendigkeit und Reich der Freiheit überwunden werden könne. Probleme auf diesem Weg sieht er darin, dass die Produktivitätssteigerungen nicht mehr in Lohn umgesetzt werden und dass Lebensunterhalt von Berufstätigkeit entkoppelt werden muss.

Er überschätzt, das kann man aus heutiger Sicht im Zeitalter der Globalisierungsdebatte und des mit Globalisierung legitimierten Sozialabbaus sicher sagen, die Erfolge der ArbeitnehmerInnen. So lässt sein Standpunkt letztendlich durchaus ein Zurück in die Arbeitsgesellschaft zu, auch wenn er selbst dies ausschließt, da nur die Position der Arbeitnehmerseite im Tarifkampf an Gewicht verlieren muss. Die sich anschließende soziologische Debatte schildert Helmut König (1990) in einem Sonderheft des Leviathan zur ,,Sozialphilosophie der industriellen Arbeit".

Er verweist auf zwei Argumentationslinien. Da sind einerseits die, die wie Dahrendorf der Arbeit Tätigkeit entgegensetzen wollen (z.B. Glaser 1988) und diejenigen, die das ,,Reich der Freiheit" als schon gekommen ansehen (Opaschowski 1985). König kritisiert, dass in der Diskussion die Charakterisierung des Industriekapitalismus als Arbeitsgesellschaft (Dahrendorf, Offe) von seinen eigentlichen Charakteristika, wie der ihm innewohnenden, an Markt, Wert und Ware gebundenen, formellen Rationalität im Sinne Marx` und Webers ablenkt. Ein weiterer Kritikpunkt Helmut Königs ist die teilweise unkritische Herangehensweise z.B. von Claus Offe, der die ,,Arbeitsgesellschaft" nur wegen der funktionalen Grenzen des Arbeitsmarktes kritisiert ohne überhaupt die Destruktivität des Marktes zu an sich zu reflektieren.

König sieht aber auch das Schlusswort noch nicht gesprochen und die Arbeitsgesellschaft nicht unbedingt an ihrem Ende.

3.2 Zu neueren Veröffentlichungen

Immer für ein aufsehenerregendes ,,neues" Paradigma66 gut - ob nun von ihm selbst ,,entdeckt" oder nicht - ist auch Ulrich Beck (1999) in Erscheinung getreten, das Ende der Arbeitsgesellschaft zu verkünden. Was er sich derzeit entwickeln sieht, nennt er ,,Brasilianisierung des Westens". Er prognostiziert, dass in 10 Jahren nur noch die Hälfte der Beschäftigten einen Vollarbeitsplatz haben werden, der Rest arbeitet dann ,,brasilianisch", d.h. unter prekären Erwerbsbedingungen. Ursache ist hauptsächlich die Globalisierung und die in ihrem Zuge durchgesetzten ,,Sachzwänge" wie Flexibilisierung der Arbeit (welche er richtig erkennt als den Willen der Unternehmer, Regelungen durchzusetzen, die es erlauben Angestellte und ArbeiterInnen schneller und unkomplizierter entlassen zu können). Der Zerfall der Normalbiographie und Altersarmut sind vorprogrammiert. Seine Vision, da er nicht zur Arbeitsgesellschaft zurück will, ist die Weltbürgergesellschaft. ,,Es gilt den Mangel an Arbeit als Wohlstand an Zeit zu entdecken und diskontinuierliche Arbeitszeit rechtlich abzusichern" (Beck 1999: 189f.). Das bedeutet: Arbeitszeitverkürzung für alle. Nun sollen aber auch viele andere nützliche menschliche Tätigkeiten bezahlt werden, politische, kulturelle und künstlerische Bürgerarbeit, häusliche Erziehungsarbeit. Entlohnt wird diese mit einem Bürgergeld.

Leider äußert sich Beck nur unscharf, woher das stammen soll. Er nimmt an, die neuen Kooperationsformen könnten sich als profitabler als herkömmliche Unternehmen erweisen. Wie er zu dieser Annahme gelangt, leuchtet nicht ein. Da seine ,,Lösung" sich innerhalb des warenproduzierenden kapitalistischen Gesellschaftssystems bewegt, ist sie somit schon zum Scheitern verurteilt. In seinen zwölf Thesen zur Weltbürgergesellschaft jedenfalls steht nichts von einem starken Staat, der immer profitablere Unternehmen immer stärker besteuert und auch nichts von der Revolution und der Aneignung der wertschaffenden Produktion durch die Massen. Dazu kommen noch andere Ungereimtheiten wie die explizite Europafixiertheit in seinen erwähnten WELTbürgergesellschafts-Thesen.

Eine eher journalistische Herangehensweise an das Thema ist die von Jeremy Rifkin. Sein Buch ,,Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft" (1997) wurde viel gelesen. Er sieht die Arbeitslosigkeit auch in der 3. Industriellen Revolution, dem Aufschwung ohne Arbeitskräfte, also durch die technologische Entwicklung bedingt. Er fordert Lohnzuwachs und Arbeitszeitverkürzung. Denn schon bald leben wir in einer Welt ohne Arbeit.

Auch aus ökologisch orientierter Sicht ist sich der Krise der Arbeitsgesellschaft gewidmet worden. In dem Sammelband ,,Zukunft der Arbeit - welcher Arbeit" (Bierter u.a. 1998) sind Beiträge aus einem bunten Meinungsspektrum zu finden, die allesamt Ökologie und Krise der Arbeit als ein Thema zu bearbeiten versuchen. Dort finden sich bei aller Ernsthaftigkeit der Analyseversuche, insbesondere des Ressourcen vergeudenden kapitalistischen Wirtschaftens,77 vor allem normative Forderungen und ,,ganzheitlich" orientierte, teils esoterisch anmutende konsumfeindliche Vorstellungen von Rückbesinnung. So findet es Bierter (1998) nicht gut, wenn Menschen im Winter schwimmen gehen und im Sommer Schlittschuh laufen. Körperliche Anstrengung, der man heute im Fitnesstudio frönt, soll man sich doch bei der Arbeit verschaffen, wird von ihm empfohlen.

Deutlich grenzt sich Bierter von André Gorz ab. Nicht die absolute Effizienzsteigerung zur Arbeitszeitsenkung ist wichtig, denn ,,Für den industriellen Sektor wäre überhaupt zu prüfen, wieweit die Ausrichtung auf Effizienz den Charakter verdirbt." (Bierter 1998: 61). Hier wird besonders auf den inzwischen verinnerlichten Selbstzwang (vgl. dazu Eisenberg 1999: 45ff) hingewiesen, der den Menschen nicht zur Ruhe kommen lässt.

Die Forderung der Überwindung des industriellen Arbeitsmythos, des Krieges gegen die Natur und der Menschen gegeneinander, wird in folgenden Punkten spezifiziert.

- Abkehr von industrieller Produktion
- Verbrauch nur des ,,Einkommens" (an Wasser, Sonne etc.)
- ökonomisch-technische Abrüstung, Entdynamisierung, Entschleunigung als Schlüsselforderungen
- Wiedereinführung nicht marktvermittelter Kooperationsformen (Genossenschaften), Rückgang des Anteils an Lohnarbeit, gerecht verteilte Subsistenzwirtschaft als Einkommensgrundlage
- Anstrengung ist menschliches Bedürfnis, dem bei Arbeit nachgegangen werden kann
- Kultur der Rücksichtnahme, Verantwortung und Solidarität gegenüber allen Lebewesen
- Arbeit ist in Ordnung, aber nur noch für Bedürfnisse
- Wiedereingliederung der Kultur in Natur

In den siebziger Jahren ging ein Impuls zur Kritik der Arbeit von den italienischen Operaisten (auch ,,Massenarbeiter - Bewegung") aus. Im Gegensatz zum traditionellen Marxismus tritt bei ihnen das hedonistische Moment in den Vordergrund. Weitergedacht dazu haben in Deutschland in den 80er Jahren die Karlsruher ,,Stattzeitung", die Zeitschrift ,,Autonomie" und bis heute die Gruppe Wildcat ( ,,Wildcat-Zirkular").

In Deutschland beachtet wurde auch immer wieder der französische sozialistische Soziologe André Gorz. Er untersucht in seinem neuesten Buch (Gorz 2000) ausführlich die Entwicklungen in der Ökonomie, besonders den Bereich der Industrie, die Globalisierung und die Macht der Finanzmärkte, die die Rahmenbedingungen der Krise der Arbeitsgesellschaft ausmachen. Trotz seiner eindeutig antikapitalistischen Standpunkte, sieht er aber Keimzellen für Hoffnung in dieser Gesellschaft, nämlich die Möglichkeit der Wiederaneignung der Arbeit (wie Beck setzt er Tätigkeit oder genauer ,,Multiaktivität" gegen Arbeit). Die Zukunftsweisenden neuen Produktionsweisen keimen bereits in dem Tausch- und Kooperationsringen. Zeitpioniere wollen sich wieder Souveränität über ihre Zeit aneignen (vgl. Hörning u.a. 1990)

Was Gorz abschaffen will ist die Lohnarbeit. Es gilt, Arbeit von ihrem Warencharakter, von Zeitdruck und Hierarchien zu befreien. Durch Nutzung der Produktivkräfte wird die Arbeit marginal. Die Umwälzung erfolgt durch ,,revolutionäre Reformen".

Der erste Schritt ist ein bedingungsloses Existenzgeld (gegen welches er sich in der Vergangenheit selbst noch aussprach).

Und wir müssen lernen, hinter den unsere Gegenwart prägenden Widerständen, Fehlschlägen und Sackgassen die Konturen dieser anderen Gesellschaft auszumachen. (Gorz 2000, Klappentext) Uri Zilbersheid (1999) kommt in Auseinandersetzung mit Ideen der Aufhebung von Arbeit bei Marx, Fromm und Marcuse zu dem Ergebnis, dass es gelingen könnte die Arbeit zu überwinden, wenn man Produktionsmethoden findet, die immer mehr Aspekte von selbstzweckhafter Tätigkeit haben. Man muss den instrumentellen Charakter der Arbeit/Produktion überwinden. ,,Je mehr unsere Tätigkeit Selbstzweck ist, desto freier sind wir" (a.a.O. 154).

Dies kommt Ansichten aus dem Krisis-Umfeld schon am nächsten.

4 Feierabend: Gruppe Krisis

Im Verlauf des Jahres 1999 machte eine Gruppierung in der linken Szene und zum Teil auch darüber hinaus Furore. Grund war die Veröffentlichung des ,,Manifest gegen die Arbeit" (Gruppe Krisis 1999) und die sich anschließende Vortragsreihe der TheoretikerInnen des Krisis-Kreises. Dabei vertraten sie in diesem Moment nichts (für sie) neues. Schon seit vielen Jahren schreiben Robert Kurz, Ernst Lohoff, Norbert Trenkle, Karl-Heinz Wedel u.a. in der Zeitschrift Krisis (ehemals ,,Marxistische Kritik") gegen die Arbeitsgesellschaft an. Doch was da an Gedankengut entstand, sollte nun endlich weiteren Kreisen zugänglich gemacht werden. Die Thesen vom Ende und der Überwindung der Arbeitsgesellschaft sollten in popularisierter Form an ein breiteres Publikum gelangen. ,,Nachgereicht" wurde dann das Buch ,,Feierabend. Elf Attacken gegen die Arbeit" (Kurz u.a. 1999), in dem die Thesen und Themen des Manifestes in längeren und fundierteren Beiträgen dargelegt werden. In diesen Kontext erschien auch das ,,Schwarzbuch Kapitalismus" (Kurz 1999), dass nicht als Entgegenstellung zum ,,Schwarzbuch Kommunismus" (Courtois 1999) die Opfer dieses Systems aufzählt, sondern auch eher zu seinem Abgesang bläst.

Wegen seiner Breitenwirkung werde ich die grundlegenden Argumentationslinien von Krisis anhand des ,,Manifestes" aufzeigen, um dann mit Hilfe der weiteren Literatur genauer auf einzelne Punkte und die daran geübte Kritik eingehen.

4.1 Manifest gegen die Arbeit

Ein Leichnam beherrscht die Gesellschaft - der Leichnam der Arbeit.

Alle Mächte rund um den Globus haben sich verbündet: Der Papst und die Weltbank, Tony Blair und Jörg Haider, Gewerkschaften und Unternehmer, deutsche Ö kologen und französische Sozialisten. Sie alle kennen nur eine Parole: Arbeit, Arbeit, Arbeit!

(MgdA, 5)

Nicht zufällig beginnt die Schrift ähnlich wie das von Marx und Engels verfasste Manifest der Kommunistischen Partei (MdKP, 415) und nicht zufällig klingt auch sein Name ähnlich. Die Gesellschaft ist nach Krisis von der Arbeit beherrscht, die sich als irrationaler Selbstzweck zur totalitären Macht aufgeschwungen hat. Dies ging nur, nachdem sie gewaltsam durchgesetzt wurde, sich vollkommen von anderen Lebensbereichen getrennt hatte und als Herrschaftsprinzip zum Selbstzwang werdend sich den Menschen verinnerlichte. Doch die Arbeitsgesellschaft ist in eine Krise geraten, nicht in eine konjunkturelle sondern in eine strukturelle, sie stößt an ihre absoluten Schranken. Grund dafür ist die 3. industrielle (mikroelektronische) Revolution. Immer weniger Arbeitskräfte werden vom Kapital aufgesaugt und da nur diese Wert schaffen, kann das Kapital nicht mehr akkumulieren88. Dieses hält aber an der Arbeitsgesellschaft ebenso fest wie alle anderen und simuliert ihr Weiterbestehen durch das kasinokapitalistische Aufblähen der Finanzmärkte. Die Folgen sind Rassismus und Apartheid, die Marginalisierung derjenigen, die im allgemeinen sozialdarwinistischen Geschäft (MgdA, 7), dem rücksichtslosen Kampf um Arbeitsplätze nicht mehr mithalten können.

In staatlichen T rainingswerkstätten oder Beschäftigungsfirmen (MgdA, 10) werden Leute für Arbeitsplätze fit gemacht, die sie nie erhalten werden. Die Krise der Arbeitsgesellschaft wird zur Krise des Staates, der zum Krisenverwalter mutiert und von transnationalen Konzernen zum Öko- und Sozialdumping veranlasst wird.

Auch gegen die politische Linke, den sogenannten ,,ArbeiterInnenbewegungsmarxismus", wendet sich die Gruppe Krisis. Arbeit und Kapital seien die beiden Seiten der selben Medaille.

Nach der Argumentation von Krisis wird der Kapitalismus, die Arbeitsgesellschaft, in nicht allzu ferner Zukunft durch sich selbst zusammenbrechen. So gilt es, eine gesamtgesellschaftliche Aneignungsbewegung (MgdA, 48) zu wagen, der in der Krise begründeten schrittweisen Entzivilisierung entgegen zu wirken. Ein Rätesystem soll die Grundlage einer Gesellschaft sein, die die vollkommene Herauslösung der Ökonomie aus dem Lebenszusammenahng überwindet.

Und so endet das Manifest gegen die Arbeit wieder mit sinnreichem Bezug zum andern Manifest mit der Aufforderung:

Proletarier aller Länder, macht Schluss! (MgdA, 49, vgl. MdKP, 451)

Als Kern- und Knackpunkte des Krisis-Konzeptes erweisen sich bei näherer Betrachtung 1.) die stark umstrittene ökonomische Krisentheorie und 2.) der Arbeitsbegriff sowie die damit verbundene Frage, ob die Arbeit zentrale Kategorie und Grundprinzip der Gesellschaft ist und wie dieses durchgesetzt wurde. Auf diese Punkte will ich nun anhand weiterführender Texte und der erfolgten Kritik näher eingehen.

4.2 Die ökonomische Theorie9

9 Der arbeitsgesellschaftliche Ausweg aus der Arbeitslosigkeit wäre die Schaffung neuer Sektoren, die auf dem Niveau der technischen Rationalisierung genügend Arbeitskraft aufsögen und die betriebswirtschaftlichen Rationalisierungseffekte kompensierten.

Dies scheint im Zuge der dritten industriellen (mikroelektronischen) Revolution nicht mehr möglich. Die verwissenschaftlicht entstehenden Produktionszweige können die freigesetzte Arbeitskraft nicht mehr aufnehmen.

Trotzdem arbeiten Menschen zu Hungerlöhnen, weil sie der Kampf um die nackte Existenz dazu zwingt. Sie sind gewalttätig zu Marktsubjekten geworden, die prekäre Jobs anhäufen, individualisierte Subsistenzproduktion betreiben, informalisierte Dienstleistungen, Schmuggel etc. anbieten.

Nach Trenkles Ansicht ist das nicht die Wiederkehr frühkapitalistischer Elendsverhältnisse, denn damals war die Produktivität nicht weit entwickelt, der Wert der Produkte überstieg nur wenig den Lohn der ArbeiterInnen, der Mehrwert war relativ gering. Das Kapital kompensierte dies durch überlange Arbeitszeiten und Herabdrücken der Existenzbedingungen auf ein Minimum (bei Marx Periode der absoluten Mehrwertproduktion). Ab Mitte des 19.

Jahrhunderts erfolgte eine andere Form der Arbeitskraftvernutzung: höhere Produktivität durch Maschinisierung (was auch die ökonomische Basis für Ergebnisse im Arbeitskampf war).

Heute ist die technisch-wissenschaftlich vermittelte Produktivität so hoch, dass die massenweise extensive Vernutzung prekarisierte Billigarbeit nicht die Basis einer neuen Kapitalakkumulation darstellen kann. Stattdessen kommt es zur Entwertung der Arbeit und damit des Kapitals. Arbeit ist immer weniger wert: der Lohn mag noch so tief sinken, die Arbeitszeit noch so sehr ausgedehnt werden, es kann nicht genug Arbeit vernutzt werden (vgl. Marx 1953 III: 238-296, Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate, Anmerkung 8). Das neue Massenelend ist auch vom Standpunkt des Kapitals kein Produktives mehr. Es gibt keine Normalität des Kapitalismus, die nur mal von Wellfare-Prosperität unterbrochen gewesen wäre. Es ist die historische Grenze der Kapitalakkumulation erreicht, ,,(...)der kategoriale Kern des modernen warenproduzierenden Systems, die abstrakte `Arbeit', (...)verfällt" (Trenkle 1999). Es gibt keinen immanenten Ausweg aus dem Teufelskreis von Kapitalverwertung und Massenverelendung. Und auch der vielbeschworene informelle Sektor, die ,,Marktwirtschaft von unten" (Hernan de Soto) bietet keinen Ausweg, denn fast keiner dieser Betriebe schöpft ausreichend Wert um damit Institutionen wie den Staat finanzieren zu können. Erwirtschaftetes geht für Eigenkonsum drauf, es erfolgt aber keine Akkumulation. Das ist die Abwärtsspirale des gesellschaftlichen Systems, des Staates und damit auch der Randbedingungen für einen funktionierenden Markt. Beim Zusammenbruch des Finanzüberbaus beginnt der Weg in Plünderungs- und Bandenkriegsökonomie. Der sich ausweitende Dienstleistungssektor ist nicht wertschöpfend, die Bereiche Recht, Kommunikation, Infrastruktur, Bildung sind überlebensnotwendig für den Kapitalismus, aber werden nicht zufällig vom Staat finanziert. Rechtsanwälte, Handel, Banken etc. (zirkulativer Bereich) schaffen nicht selbst, sondern profitieren vom industriell geschaffenen Wert. Die viel kritisierte Spekuliererei ist eines der Krisensymptome, ein Mechanismus des Krisenaufschubs. Nicht aber das Spekulationskapital ist für Krisen verantwortlich, weil es nicht in wertschöpfende Arbeit investiert, sondern die Aufblähung von Kredit und Spekulation ist aufgeschobene Entwertung des Kapitals, dass nur noch nicht, wie früher schon geschehen, mit einem Crash entwertet wurde (,,Kasinokapitalismus"). Denn ,,die Vernutzung gegenwärtiger Arbeit ist wird ersetzt durch den Zugriff auf die Vernutzung zukünftiger Arbeit, die nie mehr stattfinden wird" (MgdA, 32).

4.2.1 Kritik

Da gibt einmal die neoliberale bzw. vom Neoliberalismus beeinflusste Mainstraemkritik.

Diese geht davon aus, dass die Krise eben nur eine Krise sei und Flexibiliserung und Lohnsenkung selbige beheben könnten, oder wie es Ex-Bundespräsident Herzog so schön einfach formulierte: ,,Es muss ein Ruck durchs Land gehen!". Die dem Krisis-Ansatz zugrunde liegende marxistische Arbeitswerttheorie ist sowieso heftig umstritten und wird von der bürgerlichen Ökonomie als widerlegt angesehen (vgl. Ganßmann 1996: 71ff). Doch auch die Kritik, die sich auf die marxistische Argumentation einlässt, hat z.T. ähnliche Bedenken. Es wird bestritten oder zumindest angezweifelt, dass es sich um die Krise des Kapitals handelt, denn zu oft ist der Kapitalismus leider schon umsonst totgesagt worden. Einige Linke meinen, dass im jetzigen Stadium der gesellschaftlichen Entwicklung eine weitergehende Akkumulation von Kapital durchaus noch möglich ist, u.a. mit Verweis auf die hohen Gewinne1010. H. aus Leipzig (1999) bezweifelt im Wildcat-Zirkular die Aussagekraft der von Krisis zugrunde gelegten Kriterien, auch wenn er nicht prinzipiell die Richtigkeit der Prognose anzweifelt. So stagniert laut H. die Kapital akkumulation 11 11 seit den 60er Jahren durchaus, es sei aber nicht ausgemacht, ob die ,,Dienstleistungsgesellschaft" einen neuen Akkumulationszyklus einleiten könne.

Ihn stört aber v.a. die Tatsache, dass die Theorie von Krisis auch hauptsächlich zum Abwarten bis der Kapitalismus von alleine kaputt geht, motivieren könnte und seine Gegner die Notwendigkeit des antikapitalistischen Kampfes vergessen lässt.

Ein Widerspruch ergibt sich durch diese Formulierung im Manifest, kritisiert H.(1999):

Die Reichtumsproduktion hat sich im Gefolge der mikroelektronischen Revolution immer mehr von der Anwendung menschlicher Arbeitskraft entkoppelt. (MgdA, 5)

Doch eben aus dem Grund, dass dies nicht geht, dass nur Arbeit Wert schafft, leitet die Krisis ihre Zusammenbruchstheorie ab. Die Formulierung lässt aber eventuell auch noch die Deutung zu, dass sich die Scheere zwischen Lohn und Gewinn ausgeweitet hat, wäre somit nur eine unklare Metapher. Doch dieser Verständnisprobleme gibt es viele.

4.3 Durchsetzungsgeschichte der Arbeit

Auch Krisis hat marxistische Wurzeln. Doch wenn man die Geschichte der Durchsetzung der Arbeitsgesellschaft (MgdA, 21ff, Eisenberg 1999, Kurz 1999a) liest, findet man einige kategoriale Unterschiede.

Man gesteht dem historischen Materialismus zwar zu, dass nicht Ideen und Mentalitäten die Welt verändern, sondern, das bei der Herausbildung des modernen warenproduzierenden Systems den ,,harten und materiellen Tatsachen die größte und wichtigste Bedeutung zukamen" (Kurz 1999a: 16). Nicht jedoch eine Produktivkraft, sondern eine Destruktivkraft bahnte der Modernisierung den Weg. Es war die Erfindung der Feuerwaffen. Diese Zerstörten die feudalen Wirtschaftsformen, indem sie das Rittertum militärisch lächerlich machten. Im Gegensatz zu ihren vormodernen Vorläufern verlangten diese modernen Waffen nach zentralisierter Produktion. Die Selbstbewaffnung war nicht mehr möglich, es entstanden die stehenden Heere, das Militär.

,,Der permanente finanzielle Bedarf der Kriegswirtschaft führte in der zivilen Gesellschaft zum Ausfstieg der Geld- und Handelskapitalisten." (Kurz 1999a: 18) Die Heerführer wurden zu den ersten Kapitalisten, die ihr ,,erwirtschaftetes" Geld anlegten und zu vermehren suchten. Sold aten waren gleichzeitig die ersten kapitalistischen Lohnarbeiter, die ihr Leben durch Geldverdienen und Warenkonsum reproduzierten. Und bis heute entwickelte sich die bürgerliche Gesellschaft unter diesem gewaltätigen Vorzeichen.

Unter der dünne Oberfläche der demokratischen Abstimmungsrituale und der politischen Diskurse finden wir das Monstrum eines Apparats, der die scheinbar freien Staatsbürger permanent verwaltet und diszipliniert im Namen der totalen Geldwirtschaft und der bis heute damit verbundenen Kriegsökonomie. Die ,,Arbeitsverwaltung"(Hervorhebung P.U.) ist zentraler Bestandteil dieser Struktur. In keiner Gesellschaft der Geschichte gab es jemals einen derart hohen prozentualen Anteil von Staatsbeamten und Menschenverwaltern, Soldaten und Polizisten; keine hat jemals einen derart großen Teil ihrer Ressourcen für Rüstung und Militär vergeudet. (Kurz 1999a:22)

Noch etwas wird an diesem Zitat deutlich. Nämlich das Sich-Herauslösen der Arbeit. Obwohl Krisis nicht wirklich von der Analyse des kapitalistischen Systems als einem auf Warenproduktion und selbstzweckhafter Reichtumssteigerung basiertem abgeht, hebt sich noch etwas besonders ab: die Arbeit. Sie wird nun zum Selbstzweck, zum Götzen, der die Gesellschaft regiert. Dies geschieht nicht mehr nur durch brutale Durchsetzung, vielmehr hat sich der Selbstzwang im hermetischen Sytemzusammenhang verinnerlicht1212. Mit Polanyi beschreibt Kurz (1999a: 24) wie sich die Sphäre der Ökonomie aus dem ,,Leben herauslöst", zu einem selbstzweckhaften System wird, zu welchem die menschliche Gesellschaft nur als Beiwerk steht. Arbeit ist die Tätigkeitsform dieser modernen herausgelösten Ö konomie. Und nunmehr ist sie nur noch Knechtstätigkeit1313. Der ,,Herr" ist kein personalisierter mehr, dafür ist es nun der Systemzusammenhang, der ewige Selbstzweckkreislauf des aus Geld durch entfremdete Arbeit noch mehr Geld Machens. Die Arbeit ist eine soziale Abstraktion, sie verlor ihre vormalige soziale Eingegrenztheit und wurde zur gesellschaftlich allgemeinen Tätigkeitsform. Für Kurz ist im Gegensatz zu Marx der Arbeitsbegriff keine vernünftige Abstraktion. In den älteren Gesellschaften habe es nämlich keinen allgemeinen Oberbegriff für Altenpflege, Jagen, Kochen und Kinder erziehen gegeben. Mit Verweis auf die Wurzeln des Wortes Arbeit aus dem Leiden klärt sich der heutige Charakter.

4.3.1 Kritik

An diesem Punkt regt sich der Widerstand einiger Marxisten gegen die Krisis-Theorie. Denn ihr Arbeitsbegriff1414 lässt sich mit dem spezifischeren von Krisis nicht leicht vereinbaren. Oft wird eingewandt, der Begriff ,,(kapitalistische) Lohnarbeit" würde das von Krisis gemeinte besser ausdrücken. Doch dies würde den mittlerweile durchgesetzten allgemeinen Charakter negieren, der sich z.B. zeigt, wenn Ulrich Beck Bürgerarbeit (1999: 122ff): ,,finanziell belohnen" will, wozu bei ihm auch Kindererziehung u.ä. gehört - möglichst viel Tätigkeit, gefasst unter die Abstraktion Arbeit.

Ein Teil der Kritik ist auch eher polemisch und zeigt, dass ungenau gelesen wurde, was aber auch in der Form des Manifestes begründet liegen kann. So kritisiert H. aus Leipzig (1999) im Wildcat-Zirkular, die Entstehungsgeschichte des Kapitalismus wäre bei Krisis die Durchsetzungsgeschichte einer Idee (was durchaus abstrus anmuten würde), obwohl auf die handfesten materiellen (Interessens-)Ursachen durchaus verwiesen wird (Kurz 1999a: 15ff; MgdA, 21).

Allerdings ist unklar, was Krisis für das Grundübel der modernen Gesellschaft hält. Es ist einerseits der ,,Terrorismus der Arbeit" (Trenkle 1998), aber auch die ,,totalitäre Marktwirtschaft" (MgdA, 7), die ,,Verwandlung menschlicher Energie in Geld als irrationaler Selbstzweck" (MgdA, 25), der ,,Sieg der Ökonomie über das Leben" (Kurz 1999b), eben das was auch andere als Kapitalismus benennen und kritisieren. Krisis betont immer wieder die Macht der Arbeit, kann meines Erachtens aber nicht klar und deutlich aufweisen, dass sie als Problem sich von ihrer Basis, den bürgerlichen Produktionsverhältnissen so gelöst haben sollte, dass nun gerade ihr aller Kampf zu gelten habe1515.

Jedem Zitat über die Herrschaft der Arbeit lässt sich eines über ein anderes Herrschaftsprinzip entgegenstellen, wie: ,,In einer Gesellschaft, die von der Warenproduktion als Selbstzweck beherrscht wird..."

Es lässt sich immer wieder feststellen, dass der Arbeitsbegriff von Krisis außer für Insider sehr vielen unklar bleibt.

5 Fazit

Mit dem Kampf gegen die Arbeit, den Krisis aufgenommen hat, wird ein Kampf gegen ein Symptom geführt, gegen ein Symptom der warenproduzierenden Gesellschaft, des Kapitalismus. Doch dieser Kampf ist nichtsdestotrotz wichtig. Er macht den direkten Kampf gegen den Kapitalismus nicht obsolet, denn dieser ist die Basis für das Überbauphänomen ,,Arbeitsgesellschaft". Doch da Gesellschaft von Menschen gemacht wird, die die Option haben, sich gegen etwas zu entscheiden, muss, um den überall ersichtlichen Arbeitswahn zu überwinden, auch der Gedanke an Freiheit, an selbstbestimmtes Leben, Spielen, Produzieren etc. aufrecht erhalten oder überhaupt wieder ,,erfunden" werden.

In Abgrenzung zu bestimmten marxistischen Auffassungen scheint es nur eine begriffliche Differenz zu geben, denn beide (traditionelle Marxisten wie Krisis) wollen auf jeden Fall selbstbestimmt produzieren, Freiheit und Freizeit. Doch während Gorz und Marcuse die ,,notwendige Arbeit" reduzieren wollen, geht es Krisis darum, diese aufzuheben, die Schaffung der notwendigen und gewollten Güter wieder ins Leben zurückzunehmen, zu einem normalen, eingebundenen Bestandteil zu machen.

Da die Zukunft als prinzipiell offen angesehen werden muss, gewiss noch nicht das ,,Ende der Geschichte" (Fukuyama 1992) erreicht ist, sollte nicht schrecken, dass die Theorie der funktionalen Differenzierung dagegen zu sprechen scheint. Das Wichtige ist das Insistieren auf das Recht auf Muße, das ,,Recht auf Faulheit" (Lafargue 1991). Das enthebt diejenigen, die dies wollen jedoch nicht davon, die ökonomischen Grundlagen zu schaffen. Ein Recht auf Muße wird wohl kaum je ein kapitalistisches sein.

Besonders hervorgehoben werden muss noch, dass Krisis zeigt, dass durch Entwicklungen des modernen Kapitalismus quasi das revolutionäre Subjekt weggefallen scheint und warum1616. Die Totalität des Kapitalismus hatte wohl die Kraft (zumindest zeitweise) den ,,Widerspruch zwischen Arbeit und Kapital" im Bewusstsein der ArbeiterInnen zu überwinden. Krisis zweifelt zwar prinzipiell dessen Existenz an, geht damit aber m.E. zu weit, weil divergierende Interessen offenkundig sind. Doch alle könnten von der Befreiung vom Terrorismus der Arbeit profitieren.

Ein Manifest war immer das Medium der Avantgarde, da, um neue Impulse zu geben. Von Krisis geht trotz aller Unklarheiten der Impuls aus, das Arbeit nicht Sinn und Zweck des Lebens in der säkularisierten Welt sein kann, sondern, dass selbstbestimmte Produktion von Gebrauchswerten den Bedürfnissen der Menschen dient, auch dem nach Muße.

6 Anhang

6.1 Abkürzungen

MgdA Gruppe Krisis (1999): Manifest gegen die Arbeit

MdKP Marx/Engels (1989): Manifest der Kommunistischen Partei

6.2 Quellen

6.2.1 Zu Krise und Ende der Arbeitsgesellschaft

Arendt, Hannah (1994, zuerst 1958): Vita Activa oder vom tätigen Leben, München

Alfred-Herrhausen-Gesellschaft für internationalen Dialog (Hrsg.) (1994): Arbeit der Zukunft, Zukunft der Arbeit, Stuttgart

Ahfeldt, Heik, Peter G. Rogge (Hrsg.) (1983): Geht uns die Arbeit aus? Vorausgedachtes/ Prognos-Forum Zukunftsfragen, Stuttgart, Frauenfeld

Beck, Ulrich (1999): Schöne neue Arbeitswelt. Vision: Weltbürgergesellschaft (Die Buchreihe der Expo 2000, Bd. 2), Frankfurt a.M., New York Beckenbach, Niels, Werner van Treek (1994): Umbrüche gesellschaftlicher

Arbeit, Soziale Welt Sonderband 9, Göttingen

Bierter, Willy, Uta von Winterfeld (Hrsg.) (1998): Zukunft der Arbeit - welcher Arbeit?, Berlin, Basel, Boston

Dahrendorf, Ralf (1980): Im Entschwinden der Arbeitsgesellschaft, in: Merkur 34, S. 749 - 760

Ders. (1982): Wenn der Arbeitsgesellschaft die Arbeit ausgeht, in: Matthes 1982

Ders. (1983): Arbeit und Tätigkeit - Wandlungen der Arbeitsgesellschaft, in Ahfeldt u.a. 1983

Eisenberg, Götz (1999): ,,Wer nicht arbeitet soll auch nicht essen". Zur Sub- und inneren Kolonialgeschichte der Arbeit, in Kurz u.a., S. 43 - 56 Gleis, Thies (1999): `Manifest gegen die Arbeit'. Lustige Theorie jenseits der Realität, in: SoZ - Sozialistische Tageszeitung, 22/99, http://www.soz-plus.de Gorz, Andr é (1983): Wege ins Paradies. Zur Krise, Automation und Zukunft der Arbeit, Berlin

Ders. (1994): Kritik der ökonomischen Vernunft: Sinnfragen am Ende der Arbeitsgesellschaft, Hamburg

Ders. (2000): Arbeit zwischen Misere und Utopie, Frankfurt a.M.

Glaser, Hermann (1988): Das Verschwinden der Arbeit: die Chancen der neuen Tätigkeitsgesellschaft, Düsseldorf, Wien

Gruppe Krisis (1999): Manifest gegen die Arbeit, hrsg. von ,,Zeitschrift Krisis

- Beiträge zur Kritik der Warengesellschaft", Eigenverlag

H. aus Leipzig (1999): Kritik am Manifest gegen die Arbeit, in: WildcatZirkular 54

Heuser, Uwe Jean (1997): Arbeit auf eigene Gefahr, in: Die Zeit Nr. 24 vom

6.6. 1997, S. 26 (zit. nach Willke)

Kommission für Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen (Hrsg.) (1998): Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit in Deutschland. Entwicklungen - Ursachen - Maßnahmen; Leitsätze, Zusammenfassung und Schlussfolgerungen der Teille I, II und III, München

König, Helmut (1990): Die Krise der Arbeitsgesellschaft und die Zukunft der Arbeit: Zur Kritik einer aktuellen Debatte, in: König u.a.

König, Helmut, Bodo von Greif, Helmut Schauer (1990): Sozialphilosophie der industriellen Arbeit, Leviathan Sonderheft 11/1990, Opladen

Kurz, Robert (1999): Schwarzbuch Kapitalismus. Ein Abgesang auf die Marktwirtschaft, Frankfurt

Kurz, Robert (1999a): Die Diktatur der abstrakten Zeit. Arbeit als Verhaltensstörung der Moderne, in Kurz u.a., S. 9 - 42 Kurz, Robert (1999b): Der Sieg der Ökonomie über das Leben, http://www.magnet.at/krisis (Texte)

Kurz, Robert, Ernst Lohoff, Norbert Trenkle (1999): Feierabend. Elf Attacken gegen die Arbeit, Hamburg

Matthes, Jürgen (1982): Krise der Arbeitsgesellschaft? Verhandlungen des 21. Deutschen Soziologentages in Bamberg 1982, Frankfurt/New York Offe, Claus (1984): ,,Arbeitsgesellschaft": Strukturprobleme und Zukunftsperspektiven

Opaschowski, Horst W. (1985): Die neue Freizeitarbeitsethik in: Altvater,

Elmar u.a.: Arbeit 2000. Über die Zukunft der Arbeitsgesellschaft, Hamburg Rifkin, Jeremy (1997): Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft, hrsg. v. Prof. Dr. Dr. h.c. Bernd Rürüp, Frankfurt am Main (Fischer Wirtschaft) Steeg, Herbert (2000): Manifest gegen die Atmung? Zur Diskussion über das ,,Ende der Arbeit", in: ,,uz - unsere zeit", vom 21.01.2000, S. 15 Trenkle, Norbert (1998): Terrorismus der Arbeit, http://www.magnet.at/krisis (Texte)

Trenkle, Norbert (1999): Es rettet Euch kein Billiglohn! Die Illusion vom Elends- und Dienstleistungkapitalismus, in: Kurz u.a., S. 109 - 134 Ullrich, Otto (1998): Gefangen im Mythos der Arbeitsgesellschaft, in Bierter/Winterfeld

Voß, G. Günter (1994): Das Ende der Teilung von ,,Arbeit und Leben"? An der Schwelle zu einem neuen gesellschaftlichen Verhältnis von Betriebs- und Lebensführung, in Beckenbach, Niels u.a., S. 269 - 294 Willke, Gerhard (1998): Die Zukunft unserer Arbeit, hrsg. von der Landeszentrale für politische Bildung, Hannover

Wolf, Heimfried (1983): Müssen wir morgen weniger oder mehr arbeiten?, in: Afheldt u.a.

Zilbersheid, Uri (1999): Jenseits der Arbeit. Der vergessene sozialistische Traum von Marx, Fromm und Marcuse, Frankfurt a.M.

6.2.2 Periodika

,,Krisis - Beiträge zur Kritik der Warengesellschaft" (vorher: ,,Marxistische Kritik"), hrsg. von Förderverein Krisis - Verein für kritische Gesellschaftswissenschaft, Edition Krisis (Horlemann)

,,Wildcat-Zirkular", herausgegeben von der Gruppe Wildcat, ohne Ort

6.2.3 Schöne Literatur

Coupland, Douglas (1991): Generation X. Geschichten für eine immer schneller werdende Kultur, München

Gruber, Reinhard P. (1993, zuerst 1989): Nie wieder Arbeit. Shivkovs Botschaften vom anderen Leben, Salzburg, Wien

Lafargue, Paul (1991): Das Recht auf Faulheit und andere Satiren, Berlin

6.2.4 Weitere

Beck, Ulrich (1983): Jenseits von Stand und Klasse? Soziale Ungleichheit, gesellschaftliche individualisierungsprozesse und die Entstehung neuer sozialer Formationen und Identitäten, in: Kreckel, Reinhardt (Hrsg.): Soziale Ungleichheiten, Soziale Welt Sonderband 2, Göttingen

Beck, Ulrich (1986): Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne. Frankfurt, Suhrkamp

Curtois, Stephan (1999): Das Schwarzbuch des Kommunismus. Unterdrückung, Verbrechen, Terror

Engels, Friedrich (1989, zuerst 1896): Der Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen, in: Marx u.a. Bd.5, S. 377-391

Fukuyama, Francis (1992): Das Ende der Geschichte, München, zit. nach Nuscheler, Franz Das Nord-Süd-Problem, in: B undeszentrale für politische Bildung (1997): Grundwissen Politik, Frankfurt

Ganßmann, Heiner (1996): Geld und Arbeit. Wirtschaftssoziologische

Grundlagen einer Theorie der modernen Gesellschaft, Frankfurt a.M.

Geißler, Rainer (1996): Kein Abschied von Klasse und Schicht. Ideologische Gefahren der deutschen Sozialstrukturanalyse, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 42, S. 663 - 687

Hörning, Karl H., Anette Gerhardt, Matthias Michailow (1990): Zeitpioniere.

Flexible Arbeitszeiten - neuer Lebensstil, Frankfurt a.M.

Jäger, Wieland (1999): Reorganisation der Arbeit. Ein Überblick zu aktuellen Entwicklungen, Opladen

Marcuse, Herbert (1995, zuerst 1955): Triebstruktur und Gesellschaft, Frankfurt a.M.

Marx, Karl (1953): Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. 3 Bd., Berlin (Ost)

Marx, Karl, Friedrich Engels (1989): Ausgewählte Werke in 6 Bänden, Berlin (Ost)

Marx, Karl, Friedrich Engels (1989a): Manifest der Kommunistischen Partei, in: Marx, Karl, Engels, Friedrich 1989, S. 385-451

Ullrich, Peter (1999): Kein Abschied von Klasse und Schicht,

http://wwwstud.rz.uni-leipzig.de/~soz96jtv/kein.htm

Wasserzieher, Ernst (1971): Kleines etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Leipzig

Wittstock, Otto (1982): Latein und Griechisch im deutschen Wortschatz, Berlin

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[...]


1 Nicht weiter eingehen sollen in die Arbeit Ansichten, die von einer temporären Krise der Arbeitsgesellschaft ausgehen, welche eventuell auch (einfach) vorüber gehen kann.

2 Die Lebensarbeitszeit ist seit 1918 durch längere Ausbildungszeiten, frühere Pensionierung und mehr Urlaub um zwei Drittel gesunken.

3 Der Begriff kommt von den bekanntesten Vertretern dieser Art Arbeitsverhältnisse, nämlich denen bei Mc Donalds.

4 Versuch deshalb, weil zu der gemeinten Freiheit weit mehr gehört, als über einen größer werdenden Teil seiner Zeit disponieren zu können.

5 Ein Beispiel dafür ist das Volvo-Werk in Udevalla, ausführlich in: Gorz 2000.

6 Dazu gehören z.B. das Postulat vom ,,Ende von Klasse und Schicht" (Beck 1983, 1986, zur Kritik siehe Geißler 1996, Ullrich 1999) und die ,,Risikogesellschaft" (Beck 1986).

7 Bierter (1998) verweist z.B. auf die 400 000 Beschäftigten in Deutschland, die nur im Bereich Produktpropaganda der künstlichen Bedürfniserzeugung arbeiten.

8 Marx kommt bei seinem Überlegungen zu der Frage, wie ,,(Waren-)Wert" entsteht zu dem Schluss, dass einzig die in einem Gegenstand enthaltene Arbeit daran beteiligt ist (quasi das Tauschkriterium). Nicht sein Gebrauchswert, nicht die Rohstoffe (außer insofern sie selbst wieder Arbeit enthalten, was man meist voraussetzen kann, z.B. bei der Gewinnung des Rohstoffes) sind es. Die Konkurrenz und das Gewinnstreben veranlasst den Kapitalisten immer mehr zu rationalisieren, die Technologie weiter zu entwickeln. Eine neue Maschine kann mit weniger Arbeitskraft in kürzer Zeit mehr Produkte herstellen als ihre Vorgängerin. In jedem einzelnen Produkt steckt nun aber auch weniger Arbeit, sein Wert sinkt. Um weiter akkumulieren zu können, muss das Kapital also neue Bereiche für die Verwertung erschließen oder die Ausbeutung intensivieren.

9 Die Ausführungen in diesem Abschnitt beziehen sich im Wesentlichen auf Trenkle 1999.

10 Vgl. auch Gorz (2000) und Steeg (2000). Steeg wirft Krisis vor, sie würden den Unternehmen ihre Bilanzen glauben und nicht berücksichtigen, ,,dass die Gewinne aus der Produktion in Niedrigsteuerländern geparkt oder gegen fiktive Auslandsverluste auf Null gerechnet werden."

11 Das ist nicht identisch mit den Gewinnen oder dem ,,Shareholder Value"! Gorz (2000, 28) verweist z.B. darauf dass in Frankreich die Investitionsrate 1995 auf ihrem niedrigsten Stand seit 35 Jahren war.

12 Eisenberg (1999) beschreibt den Prozess als Zusammenspiel von Ideologie (Protestantismus, insbesondere in seiner calvinistischen Ausprägung, als Grundlage bürgerlicher Ideologie) und gewaltsamer Durchsetzung der Orientierung auf Arbeit ,,mit Blut und Feuer" seit den großen Kämpfen gegen die Bettler im 16. und 17. Jahrhundert: ,,Der Sozialdisziplinierung waren nicht nur die Insassen der Zucht- und Arbeitshäuser unterworfen, sondernd tendenziell die gesamte Bevölkerung, sofern deren Lebensweise und Arbeitsrhythmus quer lagen zu den Anforderungen der kapitalistischen Produktion." (ebd. 46).

13 Man beachte die Herkunft des Wortes ,,Arbeit" von mhd. arebeit, eigentlich Mühsal, Beschwerde (Wasserzieher 1971), von ahd. Wort für ,,verwaist sein", ,,zu schwerer körperlicher Tätigkeit verdingtes Kind sein" (Duden 7, 1989) und laborieren: ,,sich mit einen Leiden herumplagen", Latein: laborare: arbeiten, sich mühen, leiden (Wittstock 1982).

14 Arbeit als bewusste Umformung der Welt ist sowohl Ursache als auch das Merkmal (das Wesen) des Menschseins. Sie ist der dialektische Prozess in dem der Mensch sich selbst und außer sich die Bedingungen seiner Existenz produziert. (besonders bei Engels 1989/1896)

15 Gleis (1999) verweist auf den Warencharakter der Arbeit im Kapitalismus, der für die Unterwerfung der ,,freien Arbeitskraft" verantwortlich ist.

16,,Denn auch ,,die industriellen Tycoons sind schlank, joggen täglich, haben weniger Freizeit als ein Plantagen-Sklave und müssen sich in Therapie begeben, weil sie `arbeitssüchtig' geworden sind" (Kurz 1999b) .

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Feierabend? Zur kritischen Kritik der Arbeitsgesellschaft
Hochschule
Universität Leipzig
Note
1
Autor
Jahr
2000
Seiten
26
Katalognummer
V99253
ISBN (eBook)
9783638977029
Dateigröße
508 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Feierabend, Kritik, Arbeitsgesellschaft
Arbeit zitieren
Peter Ullrich (Autor:in), 2000, Feierabend? Zur kritischen Kritik der Arbeitsgesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99253

Kommentare

  • Gast am 16.2.2001

    abgrenzungsprobleme.

    trenkle hat m. e. wenig energie auf die abgrenzung dessen verwendet, was er arbeit nennt, von dem, was er selber erbracht hat, um so ein dickes und pfiffiges Manifest gegen die Arbeit zu fertigen. Was war denn das? Und warum war das was anderes als Arbeit?

    Sind dann die Aufsätze für die Arbeit im Handelsblatt Arbeit oder auch keine Arbeit?

    In der Hausarbeit hätte dazu vielleicht auf Hannah A.s Vita activa zurückgegriffen werden können - das Buch steht ja im Literaturverzeichnis. Da ist von der Landarbeit die Rede und vom Werkel, glaub ich, und dann von der hohen Politik - die nicht, oder nicht richtig? zur Arbeit gehört. Sie sehen, ich weiß es auch nicht. Aber es kann ja mal jemand genau nachgucken.

    Thomas Immanuel Steinberg

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Titel: Feierabend? Zur kritischen Kritik der Arbeitsgesellschaft



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