Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Patientenbefragung
2.7 Entwicklung und Grundlage
2.2 Was sind Messinstrumente derPatientenbefragung?
2.3 Was sind klassische Fragestellungen in derPatientenbefragung? Wie lauten die Endpunkte?
2.4 Ziele derPatientenbefragung
3 Probleme bei der Patientenbefragung?
4 Diskussion und Fazit
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Geht es bei Entscheidungen über Therapien und Behandlungen um Szenarien, die für eine ganze Gruppe von Patienten gelten sollen, ist es wichtig, dass die zugrunde liegende Behandlungsleitlinie einen gewissen Verbindlichkeitsgrad besitzt (Kohlmann 2015).
Um diese Verbindlichkeit zu messen und daraus Empfehlungen ableiten zu können, werden in Deutschland Patienten direkt befragt. Eine Patientenbefragung fußt auf einer rechtlichen Verbindlichkeit und stellt eine Abbildung von Qualitäten da, zu der die Krankenkassen gesetzlich verpflichtet sind. 2010 berichtet Kohlmann darüber, dass für diesen Verbindlichkeitsgrad immer öfter patientenberichtete Endpunkte berücksichtigt werden, die im Rahmen von klinischen Studien als komplexes Konstrukt der gemessenen „Lebensqualität“ erhoben wurden. (Kohlmann 2010). Im weiteren Verlauf wird der Begriff gesundheitsbezogene Lebensqualität mit gLQ abgekürzt, bzw. Lebensqualität als LQ.
Diese schriftliche Ausarbeitung legt dar, welche Inhalte zur Patientenbefragung gehören, was mit LQ im Zusammenhang mit Patientenbefragung gemeint ist und wie Patientenbefragung stattfinden kann. Dafür werden die geschichtlichen Hintergründe, Messinstrumente, klassische Fragestellungen und patientenberichtete Endpunkte näher erläutert.
Abbildung 1: Beispiele für Befragubg
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung
2 Patientenbefragung
2.1 Entwicklung und Grundlage
Der Frage nach einem „guten Leben“ gehen die Menschen schon sehr lange nach. Die Wurzel des daraus entstandenen Begriffs „Lebensqualität“ verortet Bitzer im 17./18. Jahrhundert. Im medizinischen Kontext kommt der Begriff LQ in Deutschland erst seit den 1970er Jahren zur Anwendung (Bitzer 2012: 485; Buchholz et al. 2019: 2). Es ist wichtig zu wissen, dass es sich bei dem Begriff im medizinischen Kontext nicht um eine gesellschaftliche Vorstellung handelt, sondern um ein mehrdimensionales Konstrukt, das subjektiv messbar ist (Buchholz et al. 2019: 2). Bitzer beschreibt LQ als zwei parallelverlaufende und wechselseitige Prozesse, die sich gegenseitig bedingen und gemeinsam dafür ausschlaggebend sind. Einer dieser beiden Prozesse ist der ökonomische Aufstieg des Bürgertums, der Zweite der Übergang von der klassischen zur modernen Naturrechttheorie. Daraus entwickelte sich das autonome Wesen und gesellschaftliches sowie individuelles Wohl werden als untrennbar definiert. Der Terminus LQ greift sämtliche Lebensbedingungen der Gesellschaft auf und umfasst neben anderen Bereichen den Begriff „gesundheitsbezogene Lebensqualität“ (Bitzer 2012: 485). Die Abbildung 2 zeigt die Zusammensetzung der LQ im Jahre 2015 nach verschiedenen Kriterien, zu denen unter anderem in nicht unbedeutendem Maße subjektives Wohlbefinden und Gesundheitszustand zählen (Pennenkamp 2015).
Abbildung 2: Lebensqualität in Deutschland - Stärken und Schwächen der Lebensqualität in Deutschland 2015
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: J. Pennenkamp, OECD-Bericht
Diese Entwicklung beschreibt Bitzer als Hintergrund für das Zielkriterium Patientenperspektive in gesundheitlicher Versorgung (Bitzer 2012: 485). Buchholz et al. betonen, dass es bis heute keine einheitliche Definition für LQ gibt, obwohl viele Versuche dafür unternommen wurden (Buchholz et al. 2019: 2). Bitzer führt aus, dass Patientenbefragung inzwischen integraler Gesetztesbestandteil ist. Im SGB V, § 135a ist die Pflicht zur Qualitätssicherung durch den Leistungserbringer festgeschrieben. Ein Unterpunkt des Paragraphen schreibt vor, dass Krankenhäuser verpflichtete sind, ein patientenorientiertes Beschwerdemanagement durchzuführen (SGB V, § 135a (1.2)). Bitzer erläutert die unzureichende Qualitätsbeurteilung einer Intervention lediglich anhand von Komplikations- oder Wirksamkeitsmessungen. Vielmehr muss die Besserung von Beschwerden, Erhaltung von Körperfunktionen und die Möglichkeit der gesellschaftlichen Teilhabe ebenfalls im Fokus stehen (Bitzer2020).
2.2 Was sind Messinstrumente der Patientenbefragung?
Inzwischen stehen viele Instrumente zur Messung der gLQ zur Verfügung. Allein die Datenbank PROQOLID™ hat über 2.600 gelistete Einträge, von denen die meisten zur Messung der gLQ im engeren Sinne dienen (ePROVIDE™ 2020). Bitzer merkt treffend an, dass es einen erheblichen Aufwand und Wissen benötigt, um ein „gutes“ Messinstrument zu entwickeln. In diesem Kontext sieht sie den raschen Anstieg an Messinstrumenten in den letzten Jahren kritisch hinsichtlich der Valididtät und die Anwendbarkeit im Bereich Public Health eingeschränkt (Bitzer 2012: 487). Die guten verfügbaren Instrumente messen in einer Bandbreite von einfachen Symptomen oder Beschwerden bis hin zur Erfassung der gLQ als komplexes Konstrukt (Kohlmann 2015). Als Spektrum der Instrumente nennt Bitzer leitfadengestützte Interviews, Gruppendiskussionen bis hin zu hoch standardisierten, schriftlichen Erhebungsinstrumenten, denen sie den höchsten Stellenwert gibt (Bitzer 2012: 489).
Die Autoren unterscheiden die Instrumente in generische und krankheits- oder populationsspezifische Instrumente. Die generischen Instrumente sind in einem breiten Spektrum übergreifend in vielen Erkrankungsgruppen anwendbar. Diese weisen eine sehr gute Validität und Vergleichbarkeit mit Normdaten auf. Krankheits- oder populationsspezifische (zielgruppenspezifische) Messinstrumente beziehen sich auf konkrete Erkrankungen, was insbesondere dann als sinnvoll empfohlen wird, wenn generische Instrumente relevante Inhalt für die besondere Zielgruppe nicht erfassen können (Buchholz et al. 2019: 3-6; Kohlmann 2015). Bitzer benennt die krankheitsspezifischen Instrumente als Ergebnisqualität und unterscheidet im Gegenzug die verschiedenen Qualitätsdimensionen der generischen Instrumente in Struktur- und Prozessqualität (Bitzer 2012: 488). Weiter nennt sie die Unterscheidung in Messmethoden aus dem Bereich der Psychophysik, hier lautet die Frage: „Wie nehmen Menschen Dinge wahr?“ und der Psychometrie mit der Frage: „Welche Fähigkeiten und theoretischen Konstrukte hat dieser Mensch?“ (Bitzer 2012: 486).
2.3 Was sind klassische Fragestellungen in der Patientenbefragung? Wie lauten die Endpunkte?
Als zentrale Anforderung an die Struktur- und Prozessqualität sieht Bitzer die Komponenten der Interaktion, Wirksamkeit, Aufklärung und Information, fachliche Kompetenz und organisatorische Aspekte. Daraus ergeben sich nach den verschiedenen Qualitätsdimensionen passende Fragen:
Bei der Organisation und Erreichbarkeit wird nach den Öffnungs- und Sprechzeiten, Terminwartezeiten oder Organisationsabläufen auf den Stationen oder zwischen verschiedenen Kliniken oder Praxen. Im Bereich Information, Aufklärung, Interaktion und gemeinsame Entscheidungsfindung geht es neben der Einholung von Patientenpräferenzen und Erläuterung von Vor- sowie Nachteilen einer Therapie auch um Informationsqualität und Freundlichkeit des Gegenübers. Die Dimension globale Einschätzung, Räumlichkeit und fachlich-technische Kompetenz betrachtet Arbeitsklima, Ausstattung und Können des Personals. Wenn die Auswertung absolut erfolgt, lauten die Antworten „gut“/„Ja“ oder „schlecht“/„Nein“. Bei der relativen Auswertung wird die Abweichung vom Mittel erhoben: „eher schlechter“/„eher besser“, wobei die berechtigte Kritik daran ist, dass dafür ein Mittelwert vorgegeben wird (Bitzer 2012: 488 - 489). Konkrete Beispiele zu Fragestellungen sind in Abbildung 3 nachzulesen.
Abbildung 3: Tabelle Qualitätsdimension -und klassische Fragestellungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigeneAbbildung
Buchholz et al. weisen in ihrem Text eine Vielzahl an Fragebögen aus, in denen sich die patientenberichteten Endpunkte in folgende Kategorien einordnen lassen: allgemeine Gesundheitswahrnehmung, Schmerzen, Vitalität, physisches und/oder psychisches Wohlbefinden, Angst, körperliche Funktionsfähigkeit oder auch soziale Funktionsfähigkeit. (Buchholz et al. 20198: 4-5). Als aktuelle Forschungsschwerpunkte nennt Kohlmann auf dem Gebiet der patientenberichteten Endpunkte die Neuentwicklung krankheitsspezifischer Instrumente und die Anwendbarkeit der patientenberichteten Endpunkte in der klinischen Praxis (Kohlmann 2015).
Bitzer trägt vor, dass patientenrelevante Endpunkte aus der Erhebung der Struktur-, Prozess-, Ergebnis- und Versorgungsqualität das Health Outcome definieren (Bitzer 2020). Kohlmann betont die Zusatzinformationen der Endpunkte als Prädiktor- und Mediatorvariablen bezogen auf Behandlungseffekte durch die Untersuchung der Kontextabhängigkeit der Messergebnisse und deren Überprüfung (Kohlmann 2015).
2.4 Ziele der Patientenbefragung
Durch die Messung der gLQ in der Medizin -durch einzelne Krankheitssymptome (Geruchsverlust bei Covid-19) bis hin zu komplexen Konstrukten (Teilhabe am sozialen Leben) sind die Ziele verbunden. Diese nennt Kohlmann wie folgt: Die gesundheitliche Lage verschiedener Gruppen in der Bevölkerung zu beschreiben, Hinweise auf Versorgungsbedarf zu gewinnen oder den Nutzen von diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zu erheben. Die Erhebungen können in gesundheits-ökonomischen Bewertungen helfen, bei bestehenden Maßnahmen das Verhältnis von Kosten und Nutzen zu beurteilen. In diesem Sinne können Ergebnisse der Lebensqualitätsmessung als Grundlage für Entscheidungen in der Gesundheitsversorgung dienen (Kohlmann 2015).
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