Partizipationschancen von Kindern in einer Montessori-orientierten Einrichtung

Eine kritische Reflexion


Bachelorarbeit, 2019

38 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was ist Partizipation?
2.1 Begriffsbestimmung
2.2 Stufen der Beteiligung
2.3 Rechtliche Rahmenbedingungen zur Beteiligung von Kindern
2.4 Relevanz im Kleinkindalter
2.5 Demokratie und Partizipation

3.Partizipationsverständnis im Kindergarten
3.1 Voraussetzungen & Prinzipien der Partizipation
3.2 Methoden zur umsetzung
3.3 Herausforderungen in Partizipationsprozessen

4.Die Montessori – Pädagogik
4.1 Partizipation der kinder in der montessori - pädagogik

5. Kritische Reflexion der Arbeit in einer montessori - orientierten Einrichtung
5.2 Situationsanalyse - Partizipation
5.3 Schritte zur Umsetzung von Partizipation

6.Abschluss

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Mündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere, aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“(Immanuel Kant).(http://immanuel-kant.net/philosophie-werke/zeitalter-der-aufklaerung/aufklaerung)

Ganz im Sinne dieses Zitates von Immanuel Kant über die Aufklärung, ist es wichtig bereits Kleinkinder zu mündigen Persönlichkeiten zu erziehen, welche fähig sind selbstständig zu denken und zu handeln. Das Leben fordert nämlich mit zunehmend mehr unbekannten Variablen und Menschen, aufmerksamer, selbstbewusster, selbstständiger und achtsamer zu sein und nicht das Gegebene zu akzeptieren, sondern sich vor Allem selbst seine Meinung zu bilden und diese auch zu vertreten.

Inzwischen ist Partizipation der Kinder nicht mehr wegzudenken, da den Kindern mittlerweile viele Rechte zugesprochen werden, wie auch das Recht auf Partizipation in der UN-Kinderrechtskonvention. Die Partizipation ermöglicht ihnen nämlich wichtige Kompetenzen zu entwickeln, dabei besonders die Ich-, Sach-, und Verfahrenskompetenzen zu erweitern, welche sie als in einer Gesellschaft lebende Menschen brauchen.

Durch meine Tätigkeit in einer Montessori-orientierten Kindertagesstätte konnte ich beobachten, dass das Mitspracherecht der Kinder viel zu kurz kommt und sie im Alltag untergeht bzw. kaum berücksichtigt wird. Leider sind durchaus in einigen Einrichtungen die Rahmenbedingungen für eine gelingende Partizipation nicht gegeben, denn die Umsetzung der Partizipation wird durch so einige Faktoren erschwert. Dazu zählen der ständige Wechsel der pädagogischen Fachkräfte, wodurch die Struktur untergeht, der allgemeine Personalmangel und somit die fehlende Zeit im Kitaalltag, das fehlende Konzept und dementsprechend die fehlende Orientierung der pädagogischen Fachkräfte an Leitlinien und Strukturen, welche zu Unstimmigkeiten im Team führen, da jeder eine eigene Haltung zum Thema Partizipation hat.

Zu bedenken ist, dass in der Arbeit, die ich kennengelernt habe, nach Montessori - Ansätzen gearbeitet wird. Die nach Maria Montessori benannte Erziehungsmethode ist eine weltweit verbreitete Reformpädagogik, welche vor Allem in Holland, USA, Indien und in deutschsprachigen Ländern präsent ist. Im Allgemeinem könnte man annehmen, dass die Partizipation auch ein fester Bestandteil dieser weitverbreiteten Pädagogik sein müsste, da der Satz „ Hilf mir, es selbst zu tun“ durchaus die Teilhabe des Kindes an seiner eigenen Bildung und Entwicklung betont.

Dass gleichwohl die Partizipation in dieser Einrichtung nicht gut umgesetzt wurde, brachte mich zum Überlegen. Nun stellte sich mir die Frage, inwieweit beinhaltet die Montessori - Pädagogik partizipative Aspekte, da vor Allem das Hauptanliegen dieser Pädagogik die Förderung der Selbstbestimmung und Selbstständigkeit der Kinder ist? Mit dieser Fragestellung möchte ich mich in dieser Arbeit beschäftigen und anhand des Beispiels der Einrichtung Kita P. kritisch reflektieren.

Zunächst werde ich mich im zweiten Kapitel dieser Arbeit mit der Frage befassen, was Partizipation überhaupt ist, dabei auf viele verschiedene Aspekte der Bedeutung eingehen und die Wichtigkeit der Partizipation bereits für Kleinkinder erläutern. Daraufhin wird das Partizipationsverständnis im Kindergarten im dritten Kapitel näher erläutert und auf die praktische Umsetzung und deren Voraussetzung eingegangen. Als Nächstes wird im vierten Kapitel ein Bild von der Montessori- Pädagogik verschaffen. Darauf folgt in Kapitel fünf meine kritische Reflexion der Arbeit in der Montessori-orientierten Kindertagesstätte Kita P. welche ich, in Hinblick auf die Umsetzung von Partizipation, reflektieren werde.

2. Was ist Partizipation?

In diesem Kapitel wird der Frage „Was ist Partizipation?“ nachgegangen, um erst einmal ein Verständnis dafür zu entwickeln, damit man diese dann in Kindertagesstätten reflektieren und umsetzen kann. Dabei geht es zunächst um die Begriffsbestimmung und ihre Bedeutung, an diese schließen sich die Stufen der Beteiligung und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Somit ergibt sich ein erstes theoretisches Fundament, welches den Blick auf Partizipation öffnet. Anschließend wird der Zusammenhang von Demokratie und Partizipation betrachtet und die Relevanz der Partizipation bereits im Kleinkindalter erläutert.

2.1 Begriffsbestimmung

Eine eindeutige Definition der Partizipation festzulegen ist nicht ganz so einfach, da es viele unterschiedliche Dimensionen von Partizipation gibt. Die für diese Arbeit relevante Definition der Partizipation bezieht sich auf den Partizipationsbegriff im pädagogischen Sinne. Doch vorher ist es interessant sich den Ursprung dieses Wortes näher zu betrachten. Das Wort „Partizipation“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet soviel wie „Teilnehmen“, „Teilhabe(n)“ oder „Beteiligt sein“.

Wenn man nun den Partizipationsbegriff im pädagogischen Sinne betrachtet, heißt Partizipation laut Schröder (1995), Entscheidungen, die das eigene Leben und das Leben der Gemeinschaft betreffen, zu teilen und gemeinsam Lösungen für Probleme zu finden (vgl. Hansen u.a. 2015, S.19).

Trotz dessen, dass diese Definition ursprünglich für ältere Kinder und Jugendliche gedacht war, wird sie mittlerweile häufig auch im Kindergartenbereich genutzt (vgl. Regner u.a. 2018, S.10). Diese Definition umfasst im Wesentlichen drei wichtige Bereiche, auf die im Folgenden näher eingegangen wird:

Erstens geht es hier nämlich um die Entscheidungen, die das eigene Leben betreffen, das bedeutet, dass Kinder in Kindertagestätten individuelle Selbstbestimmungsrechte haben, wie zum Beispiel das Entscheidungsrecht darüber, ob, wie viel und was ein Kind isst oder was es gerade anziehen möchte.

Zweitens um die Entscheidungen, die das Leben der Gemeinschaft betreffen, hierbei handelt es sich vor Allem um Mitbestimmungsrechte der Kinder als Gruppe, z.B. bei den Fragestellungen, wie ein Fest gefeiert werden soll, welche Bücher angeschaut werden oder wie der Gruppenalltag gestaltet wird.

Und Drittens um die Findung gemeinsamer Lösungen für Probleme, dabei sind Problemlösungen gemeint, die von Kindern selbst entwickelt und umgesetzt werden (vgl. Regner u.a. 2018, S.11). Hier spielt die Kommunikationsfähigkeit eine wesentliche Rolle, bei dem die Kinder Problemlösungskompetenzen erwerben und entwickeln.

Um jedoch die gewünschte Partizipation der Kinder zu ermöglichen, ist es in erster Linie von Wichtigkeit, dass die pädagogischen Fachkräfte den Kindern gegenüber eine positive Grundhaltung haben und sie als ihre Gesprächspartner ernst- und wahrnehmen. Diese Haltung der pädagogischen Fachkräfte soll Kinder ermutigen, frei ihre Wünsche und Bedürfnisse zu äußern. Das Ziel ist es nämlich, den Kindern eine ernst gemeinte und altersgemäße Beteiligung am Einrichtungsleben zu ermöglichen. (vgl. Vollmer 2012, S.131f.)

2.2 Stufen der Beteiligung

Die Stufen der Beteiligung sind ein guter Anhaltspunkt, um seine eigene Arbeit in Bezug auf die Umsetzung der Partizipation zu reflektieren. Denn sie zeigt nämlich, ab wann man eigentlich tatsächlich von „Teilhabe“ bzw. „Mitsprache“ sprechen kann. Diese Intensitätsstufen für Partizipation wurden 1992 von dem Psychologen Roger Hart definiert, welche im Laufe der Zeit 1995 vom Pädagogen Richard Schröder erweitert wurden. (vgl. Debatin 2017, S.15)

Um sich mit Partizipation auseinanderzusetzen, muss man zunächst zwischen der Scheinpartizipation und der echten Beteiligung unterscheiden, da bekanntlich nicht jede Beteiligung folglich auch ernst gemeinte Partizipation bedeutet.

Die Scheinpartizipation lässt sich laut Schröder noch einmal in drei Formen unterteilen. Zum Einen wird von der Fremdbestimmung gesprochen, bei dieser Form der Scheinpartizipation werden die Kinder überhaupt nicht aktiv beteiligt, denn „sowohl Inhalte als auch Arbeitsformen und Ergebnisse des Projektes sind fremddefiniert“ (Sturzbecher u.a. 2003, S.20). Zum Anderen ist von der Dekoration die Rede, bei dieser werden die Kinder durchaus nach ihrer Meinung gefragt, jedoch „ohne genau zu wissen, worum es eigentlich geht“ (Sturzbecher u.a. 2003, S.20). Somit wird ihre Meinung auch überhaupt nicht erst weiter beachtet. Und zuletzt die Alibi-Teilnahme, bei dieser nehmen die Kinder an Sitzungen bzw. Konferenzen teil, bei diesen haben sie jedoch keinen Einfluss auf die Ergebnisse (vgl. Debatin 2017, S.15).

Partizipation findet erst mit der echten Beteiligung in unterschiedlichen Niveaustufen statt.

1.Stufe: Informierte zuweisung

Bereits mit der Weitergabe von Informationen an die Kinder wird von Beteiligung gesprochen, da sie bei bestimmten Prozessen, die sie betreffen nicht ignoriert, sondern ernst- und wahrgenommen werden (vgl. Debatin 2017, S.16). Wichtig dabei ist die Informationen an die Kinder verständlich und angemessen weiterzugeben und ihnen vor Allem stets den Zugang zum Wissen zu gewährleisten (vgl. Regner u.a. 2018, S.11). Bei dieser Stufe der Beteiligung kommt es zunächst nicht zur aktiven Mitbestimmung der Kinder, sie nehmen nämlich lediglich die fertigen Entscheidungen der Erwachsenen als Information auf, ohne dabei direkten Einfluss zu haben. Beispiel: „Wir gehen heute in den Zoo, weil“. Hierbei werden die Kinder nicht gefragt ob sie in den Zoo wollen oder nicht, sie werden lediglich über die Entscheidungsgründe informiert. „die Erwachsenen bereiten die Aktivitäten vor, die Kinder sind aber informiert, sie verstehen, worum es geht, und wissen, was sie bewegen wollen.“ (Sturzbecher u.a. 2003, S.20)

2. Stufe Mitwirkung

Bei dieser Stufe geht es vor Allem darum, sich ein Bild der Meinungen und Ideen der Kinder zu machen, beispielsweise anhand von „Interviews und Fragebögen“ (Debatin 2017, S.16). In folge Dessen haben die Kinder keinen direkten Einfluss auf den Entscheidungsprozess, jedoch bei der Ideenfindung. (vgl. Debatin 2017, S.16). Beispiel: „Wir gehen heute in den Zoo, wie findet ihr das ?“. Hier spielt die Meinung der Kinder für die Entscheidung keine Rolle, ihnen wird jedoch trotzdem zugehört. Sie werden somit in die Entscheidungen miteinbezogen, trotz Dessen liegt die Entscheidungsmacht bei den pädagogischen Fachkräften.

3. Stufe Mitbestimmung

Erst mit dem Schritt der Mitbestimmung, bekommen Kinder das Recht direkten Einfluss auf Entscheidungen zu haben. Somit handelt es sich diesmal um eine aktive, tatsächliche Beteiligung durch die gemeinsame Entscheidung. (vgl. Regner u.a. 2018, S.12) Dadurch bekommen in dieser Stufe alle eine gleichwertige Stimme und können gemeinsam mitentscheiden. Alle Entscheidungen werden demnach mit den Kindern gemeinsam, demokratisch getroffen (vgl. Sturzbecher u.a. 2003, S20). Wichtig ist zu bedenken, dass hierbei noch der Rahmen von den Erwachsenen festgelegt wird und die eigentliche Idee von den Erwachsenen kommt (vgl. Debatin 2017, S.16).

4. Stufe Selbstbestimmung

In dieser Stufe bringen Kinder eigene Ideen mit und möchten diese umsetzen. Dabei treffen sie die Entscheidungen ohne Einfluss und Teilhabe der Erwachsenen. (vgl. Sturzbecher u.a. 2003, S.20) Die pädagogischen Fachkräfte haben hier lediglich die Aufgabe die Kinder zu unterstützen (vgl. Debatin 2017, S.16).

5. Stufe Selbstverwaltung

Die höchste Stufe der Beteiligung der Kinder ist die Selbstverwaltung, da laut Stange (2007) die Entscheidungsfreiheit, ihre Organisation und Planung ausschließlich bei den Kindern liegt (vgl. Debatin 2017, S.16). Wenn die Kinder wünschen, werden die Erwachsenen einbezogen, ansonsten werden ihnen die Entscheidungen lediglich mitgeteilt (vgl. Sturzbecher u.a. 2003, S.20).

2.3 Rechtliche Rahmenbedingungen zur Beteiligung von Kindern

Kinder haben Rechte, denn Menschenrechte sind auch Kinderrechte. Bereits ab der Geburt sind Kinder laut §1 BGB rechtsfähig und somit Träger von Rechten. Diese Rechte der Kinder sind in unterschiedlichen Rechtsformen festgelegt worden. Somit ist das Beteiligen der Kinder keines Wegs lediglich ein pädagogischer Trend, sondern vielmehr eine Pflicht, die von Pädagogen ernst genommen und umgesetzt werden muss.

Im Folgenden möchte ich näher auf einige rechtliche Grundlagen eingehen:

Kinder- und Jugendhilfegesetz

Bereits das 1991 in Kraft getretene Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII), welches das Ziel verfolgt, die Rechte der Kinder zu stärken, verabschiedete ein Gesetzt zur Beteiligung der Kinder und Jugendlichen. (vgl. Debatin 2017, S.11)

§8 Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

(1) Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen. [...]

Somit sind die pädagogischen Fachkräfte, welche in der öffentlichen Jugendhilfe tätig sind, dazu verpflichtet Kinder und Jugendliche durchaus, bei der Gestaltung und Planung des Alltags zu beteiligen und ihnen ihre Entscheidungsrechte zu zusprechen.

Konkreter wird dies 2012 im Bundeskinderschutzgesetz formuliert und erweitert. Mittlerweile ist die strukturelle Verankerung von Partizipations- und Beschwerderechten der Kinderverpflichtend für die Betriebserlaubnis einer Kindertagesstätte. Somit ist sie die Grundlage der Genehmigung. (vgl. Regner u.a. 2018, S.139)

§45 Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung

(1) Der Träger einer Einrichtung, in der Kinder und Jugendliche ganztägig oder für einen Teil des Tages betreut werden oder Unterkunft erhalten, bedarf für den Betrieb der Einrichtung der Erlaubnis.
(2) Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn das Wohl der Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung gewährleistet ist. Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn
1. [...]
2. [...]
3. zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in der Einrichtung geeignete Verfahren der Beteiligung sowie der Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten Anwendung finden.

UN-Kinderrechtskonvention

Nach jahrelangen Verhandlungen wurde die UN-Kinderrechtskonvention verabschiedet und gilt seit 1992 auch in Deutschland. Sie regelt die Kinder betreffenden Gesetze. Im Wesentlichen werden vier wichtige Punkte thematisiert. Erstens die survival Rights, welche Rechte sind, die das Überleben des Kindes sichern, wie Recht auf Nahrung, Wohnen usw. Zweitens die development Rights, diese Rechte sichern dem Kind eine angemessene Entwicklung, somit haben Kinder Recht auf Erziehung, Spielen, Schule usw. Als Nächstes sind die protection Rights zu nennen, Rechte, die das Kind vor Missbrauch, Ausbeutung, willkürlicher Trennung von den Eltern usw. schützen. Zu allerletzt und für diese Arbeit relevant sind die participation Rights, diese Rechte garantieren die freie Meinungsäußerung und Mitsprache der Kinder in Dingen, die sie betreffen. (vgl. Hansen u.a. 2015, S.48)

Dazu können wir den Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention näher betrachten.

Artikel 12 - Berücksichtigung des Kindeswillens

(1) Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.
(2) Zu diesem Zweck wird dem Kind insbesondere Gelegenheit gegeben, in allen das Kind berührenden Gerichts- oder Verwaltungsverfahren entweder unmittelbar oder durch einen Vertreter oder eine geeignete Stelle im Einklang mit den innerstaatlichen Verfahrensvorschriften gehört zu werden.

Dieser Artikel 12 (1) sichert den Kindern das grundsätzliche Beteiligungsrecht an allen Angelegenheiten, die sie berühren. Jedoch lässt auch dieser Artikel mit einer unkonkreten Formulierung einen großen Auslegungsspielraum.

Kritisch zu betrachten ist dementsprechend, dass unklare Formulierungen sowohl im SGB VIII als auch in der UN-Kinderrechtskonvention, einen großen Auslegungsspielraum zulassen, da beispielsweise das Recht der Kinder und Jugendlichen auf Beteiligung von ihren jeweiligen Fähigkeiten abhängig gemacht wird („entsprechend ihrem Entwicklungsstand“). Solche Unklarheiten führen folglich dazu, dass die Partizipation der Willkür der Erwachsenen unterliegt und Kinder aus den Entscheidungsprozessen herausgehalten werden. (vgl. Regner u.a. 2018, S.140)

2.4 Relevanz im Kleinkindalter

Die Kinder, der heutigen Generation, wachsen unter ganz anderen Umständen auf, als wie es noch vor ca. 10 Jahren war. Dies liegt an den gesellschaftlichen Bedingungen, welche sich extrem verändert haben und weiterhin geschwind im Wandel sind. Somit ergeben sich immer wieder neue Herausforderungen, denen die Kinder gewachsen sein müssen. Zum Einen hat sich das Zusammenleben und die Freizeitgestaltungen innerhalb der Familien und zum Anderen innerhalb der Gesellschaft drastisch verändert. Diese Veränderungen haben folglich Einfluss sowohl auf das gesellschaftliche Leben, als auch auf die Bildungsthemen der Kinder, da sie mit unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert werden, welche bewältigt werden müssen. Daraus folgt, dass sich die Erwartungen an den individuellen Stärken der Kinder erhöht haben.

Gründe, weshalb Partizipation bereits im Kleinkindalter eine wichtige Rolle spielt, sind zum Einen das Verständnis, dass Partizipation, wie in Kapitel 2.3 bereits näher erläutert, ein Grundrecht für die Kinder darstellt, da Kinder ebenfalls Träger von Rechten sind. Einer der Rechte ist es demnach „über das eigene Leben zu bestimmen“ (Debatin 2017, S.20). Somit ist es das Recht der Kinder an ihren eigenen Angelegenheiten beteiligt zu werden. Deshalb ist es wichtig, die Teilhabe nicht als Gnade beziehungsweise Gutmütigkeit der Erwachsenen, sondern als Recht der Kinder anzusehen. Das Kind nimmt somit automatisch wahr, dass es Rechte hat, die er auch von der Erwachsenen verlangen kann.

Weiterhin ist Partizipation ein Grundbaustein bei dem Erwerb von Kompetenzen. Damit die Kinder lernen, erfolgreich, selbstbewusst und mündig in der heutigen modernen Welt zu rechtzukommen benötigen sie wichtige Schlüsselkompetenzen wie, Selbstbewusstsein, Aneignungsvermögen, Problem- und Konfliktkompetenzen, Verantwortungsbewusstsein usw. (vgl. Regner u.a. 2018, S.15)

Um diese Schlüsselkompetenzen zu erwerben und Erfolg im weiteren Leben zu haben, ist das Verlangen der Eltern nach frühzeitiger Bildung ihrer Kinder relativ groß. Die Aufgabe der Kindertagesstätten liegt somit darin, die Bildungsprozesse der Kinder zu fördern (vgl. Hansen u.a. 2015, S. 44). Trotz dessen, dass unter Bildung fälschlicherweise oft verstanden wird, dass das Wissen von Außen bzw. „Anderen“ aufgetrieben oder vermittelt wird, ist davon auszugehen, dass im Grunde keiner Wissen durch Andere aneignen bzw. lernen kann. Bildung ist nämlich laut Schäfer (2003) eine Leistung der Kinder, die „das, was um sie herum geschieht, aufnehmen und zu einem inneren Bild ihrer Wirklichkeit verarbeiten“. (vgl. Regner u.a. 2018, S.14)

Da Bildung in der Tat ein Selbstbildungsprozess, in Auseinandersetzung ihrer Umwelt, der Kinder ist, sollten sie ermutigt werden, sich durch eigenständiges Handeln auszuprobieren, um ihre eigenen Erkenntnisse und Erfahrungen zu sammeln. Das führt nämlich schließlich dazu, dass Kinder beim eigenständigen Erkunden und Kennenlernen ihrer Umwelt, ebenfalls ihre eigenen Stärken kennenlernen, diese testen und erweitern.

[...]

Ende der Leseprobe aus 38 Seiten

Details

Titel
Partizipationschancen von Kindern in einer Montessori-orientierten Einrichtung
Untertitel
Eine kritische Reflexion
Hochschule
Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin
Note
1,5
Autor
Jahr
2019
Seiten
38
Katalognummer
V993327
ISBN (eBook)
9783346395573
ISBN (Buch)
9783346395580
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Partizipation, Montessori
Arbeit zitieren
Tugba Aliye Ucak (Autor:in), 2019, Partizipationschancen von Kindern in einer Montessori-orientierten Einrichtung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/993327

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