Vom Leben nach dem Tode


Ausarbeitung, 1998

39 Seiten


Leseprobe


Vom Leben nach dem Tode

Was geschieht mit uns, wenn wir sterben ? Gibt es ein Leben nach dem Tode, und wie sieht es aus ?

Das summerische Gilgamesch-Epos handelt von einem König, der nach dem Tod seines besten Freundes sagt: "Werde ich genauso sterben wie er?" Und er macht eine Reise zu den beiden einzigen Menschen, die nicht im Reich der Schatten und wesenlosen Geister dahinvegetierten, sondern im Paradies der Götter leben dürfen: sein Vorfahr Utnapischtim und dessen Frau, die ähnlich wie Noah als einzige die Sintflut überlebt haben. Von seinem Vorfahren will er das Geheimnis des ewigen Lebens erfahren. Am Eingang zum Paradies erfährt er: Als die Götter die Menschen erschufen, bestimmten sie den Tod für die Menschen, das Leben aber behielten sie für sich selbst. Darum, Gilgamesch, - iß und trink, fülle dir deinen Leib, Tag und Nacht freue dich nur ! Mache doch jeden Tag dir ein Freudenfest !"

Sein Vorfahr sagt ihm: " Grimmig ist der Tod, er setzt allem Leben ein Ziel... Von der Tage Anbeginn gibt es keine Dauer. Gleichen sich nicht der Schlafende und der Tote ? Sind sie nicht beide mit Zügen des Todes gezeichnet ? Wenn den Neugeborenen die Sonne begrüßt, dann versammeln sich allzugleich die gewaltigen Geister, und sie bestimmen des Menschen Geschick. Sie bestimmen des Lebens Tage, aber des Todes Tage zählen sie nicht. "

So muß Utnapischtim ohne Erfolg den Himmel verlassen und versucht die Antwort über das ewige Leben im Schattenreich der Toten zu erfahren. Der Schatten seines tote Freundes sagt zu Gilgamesch: "Den Freund, den du anfaßtest, den fressen die Würmer gleichwie ein altes Gewand." Gilgamesch legte sich nieder zu schlafen, und ihn packte der Tod in der schimmernden Halle seines Palastes.

Ursprünglich waren im alten Orient und im östlichen Mittelmeer (auch bei den alttestamentlichen Juden) die Jenseitsvorstellung also so, daß es ein Jenseits der zwei Klassen gab: Im Paradies oder im Olymp wohnten die Götter, während die Seele der gewöhnlichen Sterblichen um Schattenreich des Hades ein trostloses Leben führten. Selbst die Menschen, die von einem Gott und einer irdischen Mutter abstammten, kamen nach dem Tod in den Hades. Nur einzelne, auserwählte Menschen dürften nach dem Tod ins Pardadies oder in das

Reich der Götter gelangen, die übrigen kamen in das unterirdische Reich der Schatten. So war es auch in Ägypten des alten Reiches, wo nur der Pharao und sein Hofstaat in den Himmel kamen. Nur sie wurden mumifiziert, und nur sie hatten die Chance auf eine "Auferstehung im Fleische". Im mittleren Reich duften dann auch wohlhabende Bürger sich mumifizieren lassen und bekamen eine ewige Grabstätte.

In Griechenland setzte die Demokratisierung des Jenseits mit den Mysterienkulten ein. Jeder der Eingeweihten des Kultes erwarb quasi eine Platzkarte im Elysium, dem Paradies der Griechen.

Die Frohe Botschaft, das Eu-Angelion des Christentums war, daß jeder ob reich oder arm, ob Mann oder Frau einen Platz im Paradies bekam, vorausgesetzt, er glaubte an Jesus Christus, der im quasi als Gegenleistung einen Platz im Paradies reservierte. Da das irdische Leben im Vergleich zum ewigen Leben nur kurz und unbedeutend ist, war es auch nicht mehr wichtig, ob man Sklave oder Herr war, und so herrschte bei den Christen eine egalitäre, brüderliche Atmosphäre. Die Hoffnung, die Gewissheit, ins Paradies zu kommen, machte den christlichen Sklaven seinem heidnischen Herren überlegen.

Dies erklärt zum Teil den phantastischen Siegeszug, den das Christentum als Massenbewegung antrat. Ein weiterer Punkt war, daß man an die baldige Wiederkunft Christi glaubte, der dann gemeinsam mit seinen mit einem unsterblichen Leib ausgestatteten Gläubigen die Weltherrschaft antreten werde, und zwar in einem ganz konkreten, diesseitigen Sinne, sowohl was den ganz realen, physischen Körper anbetraf, der von allen Mängeln, wie Sterblichkeit, Krankheit, Häßlichkeit befreit sein würde, als auch was die ganz konkrete politische Weltherrschaft betraf.

Paulus selbst war überzeugt, daß die Auferstehung der Toten in nicht allzu ferner Zukunft stattfinden werde, vielleicht sogar zu seinen Lebzeiten. In Vers Kor 15, 51 sagt er: "Siehe, ich sage Euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle sterben, wir werden aber alle verwandelt werden im Nu, in einem Augenblick...Es wird gesät in Verweslichkeit, es wird aufgeweckt in Unverweslichkeit...es wird gesät ein natürlicher Leib, es wird aufgeweckt ein geistiger Leib."

Joseph Pohle schreibt in seinem 1916 erschienen siebenbändigen Lehrbuch der katholischen Dogmatik: Fest steht, daß unausgewachsene Kinder und abgelebte Greise nicht in ihrer ursprünglichen Gestalt, mit welcher sie aus diesem Leben geschieden waren, sondern in vollkommener Form auferstehen werden. Die Unversehrtheit des Menschen, die durch Unfall oder Krankheit zerstört wurde, wird selbstverständlich in dem neuen, unverweslichen Körper wiederhergestellt werden. Es ist zu vermuten, daß der neue Körper etwa dem eines Dreißigjährigen entsprechen werde. Die geschlechtsspezifischen Unterschiede werden auch erhalten bleiben, ein Mann wird also als Mann wiederauferstehen und eine Frau als Frau. Allerdings meint Pohle, daß mit dem neuen, unverweslichen und herrlichen Leib solche niedrigen Körperfunktionen wie das Essen oder die körperliche Sexualität unvereinbar sind. Das schließt Pohle aus Matth. 22,30, wo es heißt: "Denn nach der Auferstehung werden sie weder heiraten noch verheiratet werden, sondern sie werden wie die Engel des Himmels sein." Es könnte aber auch so gedeutet werden, daß dieses himmlische Engelsdasein darin besteht, daß die Herren und Damen Engel wechselnde Partner haben, was ja angesichts der Dauer der Ewigkeit durchaus verständlich wäre.

Der Auferstehungsleib hat nach Pohle folgende Eigenschaften:

1. Die natürlich Vollkommenheit
2. Die totale Unempfänglichkeit für alle Arten physischen Leidens
3. Die Klarheit als lichtvolle Verklärung und Schönheit
4. Die Behendigkeit des Denkens und der körperlichen Fortbewegung bis hin zu Schwerelosigkeit
5. Die Geistigkeit, worunter zu verstehen ist, daß der Leib dem Willen von Seele und Geist dienstfertig folgt, und z.B. bei schnellen Laufen nicht außer Atem kommt oder seinen Besitzer durch Hunger oder Durst, Sucht oder irgendwelche Bedürfnisse dominiert.

Verschlossenen Türen und Wände stellen ebenfalls kein Hindernis dar, sondern werden von dem neuen Körper durchdrungen. Trotzdem ist der neue Körper fest und tastbar.

Viele vom Hinduismus beeinflußte Menschen glauben, die Seele bestehe aus drei Bestandteilen: 1. Die Lebenskraft, die den Körper am Leben erhält und die sich nach dem Tod bald auflöst, 2. dem "Astralleib" und 3. dem Gottesfunken, das ist das göttliche Licht im Menschen. In einem späteren Stadium stirbt dann auch der Astralleib, das ist der "zweite Tod" und übrig bleibt der Gottesfunken.

Das ist praktisch identisch mit dem, was das sibirische Volk der Burjaten glaubt: Es gibt drei Seelen: eine, die wie ein unsichtbares Duplikat des Knochengerüstes im Skelett des Menschen wohnt. Die zweite Seele kann den Körper verlassen und umherfliegen. Das ist allerdings sehr gefährlich, wenn diese Seele erschrickt, findet sie nicht in den Körper zurück, und der Mensch wird krank. Nach dem Tode behält sie das Aussehen des Menschen und irrt an den Stätten ihres Lebens herum. Schließlich gibt es eine dritte oder höchste Seele. Wird sie in das Reich der Toden gerufen, kann selbst der Schamane nicht mehr helfen und sie nicht zurückholen.

Weltweit glaubt man, daß die Toten als unsichtbare Geister weiter in der Welt der Lebenden vorhanden sind, wo sie Segen oder Schaden bringen können. Im Animismus glaubt man, daß nicht nur Tote, sondern auch Tier- und Naturgeister auftreten können. Von den Geistern und Dämonen war es dann nur noch ein Schritt zu den Göttern, von den Göttern war es dann nur noch ein Schritt zu Gott.

Die "primitiven" Völker im Pazifikraum glauben, daß das Land der Geister fern oder nah sein kann, von Wasser oder Nebel verborgen, auf einem Berg oder auf einer Insel oder unter der Erde.

Das Geisterland ist manchmal voller Wonnen, manchmal voller Schrecken, je nach dem Status der Verstorbenen und ihrem Verhalten im Leben. Manchmal kommen nur die Aristokraten in den Himmel, und das gemeine Volk in den Hades. In anderen Fällen findet das Leben in der dörflichen Gemeinschaft im Jenseits seine ewige Fortsetzung, und die Menschen leben ohne Veränderung weiter.

Man muß nicht immer tot sein, um das Land der Toten zu besuchen. Im östlichen Melanesien können Lebende in die Unterwelt im Traum oder im Nah-Tod-Zustand absteigen.

Für das Verständnis des Schamanismus und der antiken Mysterien ist es wichtig, sich mit dem Nah-Tod-Zustand zu beschäftigen.

Raymond Moody beschreibt die Erlebnisse von Menschen, die beinahe schon klinisch tot waren, dann aber doch noch ins Leben zurück geholt werden konnten. Er hat darüber viele hundert Berichte gesammelt: Für typisch sieht er folgenden Ablauf an: Ein Mensch liegt im Sterben. Der Arzt erklärt ihn für tot. Er hat das Gefühl, daß er sich sehr rasch durch einen langen, dunklen Tunnel bewegt und befindet sich plötzlich außerhalb seines Körpers, jedoch in derselben Umgebung wie zuvor. Er blickt nun aus einiger Entfernung auf seinen Körper und wohnt den Wiederbelebungsversuchen bei. Er gewöhnt sich an diesen Zustand außerhalb seines Körpers und entdeckt, daß er immer noch eine Art "Körper" hat, der sich aber wesentlich von seinem zurückgelassenen, physischen Körper unterscheidet. Er sieht die Geistwesen bereits verstorbener Verwandter und Freunde, die ihn begrüßen und ihm helfen wollen. Er sieht außerdem ein ihm unbekanntes Lichtwesen, das ihm sein bisheriges Leben in blitzschneller Rückschau vor Augen führt. Doch ihm wird klar, daß er noch nicht am Zeitpunkt des Todes angekommen ist, und daß er in seinen Körper zurückkehren muß, obwohl es ihm im Jenseits gut gefallen würde.

Das Medium Mary T. Browne schreibt über Nah-Tod-Erfahrungen: Im Zeitpunkt des Todes legt der Geistkörper seine materielle Hülle ab. Der Astralkörper löst sich ein Stück weit vom physischen Körper, aber die beiden bleiben verbunden. Die Seele schwebt über dem physischen Körper und beobachtet, was um ihn herum geschieht. Im allgemeinen hören sie, wie sie jemand für tot erklärt, ein Arzt oder ein Polizist am Unfallort. Dann kommt es ihnen vor, als gingen sie durch einen Tunnel. An seinem Ende hüllt wundervolles Licht sie ein. Verwandte und Freunde aus dem Jenseits stehen an der Grenze und sprechen sie an. Ihnen wird gesagt, daß ihre Zeit zum Hinübergehen noch nicht gekommen ist.

Über den tatsächlichen Tod schreibt Mary T. Browne: In dem Augenblick, in dem Ihre Seele beginnt, den Körper zu verlassen, werden sie jemanden sehen, der im Schatten steht und ihnen die Hand entgegenstreckt, um ihnen beim Überschreiten der Grenze zu helfen. Es wird das deutliche Bild von einem geliebten Menschen sein, der vor ihnen hinübergegangen ist. In seltenen Fällen, in denen kein ihnen nahestehender Mensch vor ihnen hinübergegangen ist, wird ein Geisthelfer dasein, der darin ausgebildet ist, Menschen beim Übergang beizustehen. Gleich nach dem Übergang werden alle Ereignisse deines Lebens wie in einem schnell abgespulten Film vor dir ablaufen. Du wirst jede Episode deines Lebens noch einmal sehen, von der Geburt an.

Ein Schamane, also ein Priester der primitiven Volksstämme - Frauen können auch Schamanen sein - findet oft seine Berufung unter folgenden Umständen: Er erkrankt schwer, oder erleidet einen Unfall. Seine Stammesgenossen haben ihn schon aufgegeben, und er liegt als Scheintoter erstarrt und ohne wahrnehmbaren Puls oder Atmung da. Er hat dann ein Scheintoderlebnis, seine Seele verläßt den Körper und er begibt sich auf eine Seelenreise ins Jenseits. Er sieht Himmel und Hölle, spricht mit den Geistern, Dämonen und Göttern. Er kann sich an andere Orte bewegen, auch in die Vergangenheit und in die Zukunft und kann aus dem Jenseits Wissen erhalten.

Wenn er wieder ins Leben zurückkehrt und von seinem Scheintod erwacht, weiß er, daß er zum Schamanen berufen ist, und er versucht diesen Scheintod oder das Heraustreten der Seele durch allerlei Praktiken zu wiederholen. Der Trancezustand kann durch einen Mangel an äußeren Reizen, also Einsamkeit, Fasten, Schlafentzug (um das Wachbewußtsein zu schwächen) oder durch ein Überangebot an Reizen erreicht werden, also durch Trommeln oder Rasseln, ekstatische Tänze, wie wir sie auch von den tanzenden Derwischen her kennen und durch Halluzinationen und Rausch erzeugende Drogen.

Mircea Eliade definiert Schamanismus nicht als Religion, sondern als "Ekstasetechnik", ein System ekstatischer und therapeutischer Methoden, deren Zweck es ist, Kontakt mit der Parallelwelt der Geister aufzunehmen und ihre Unterstützung bei Angelegenheiten einer Gruppe oder eines einzelnen zu erlangen.

Dem Schamanismus nahe stehen die Besessenheitskulte, wie dem nordafrikanischen Zar, dem altgriechischen Dionysoskult, wo die Anhänger "enthusiastisch", also von dem Gott besessen wurden, oder den afro-karibischen Kulten. Der Mitwirkende wird ohne seinen Willen von den Geistern besessen.

Wenn der Schamane von den Geistern heimgesucht wird, durchläuft er zunächst eine Phase tiefer Depression und Krankheit; aber auch schwerer Kämpfe, denn er muß in der Auseinandersetzung mit den Dämonen und Teufeln die Oberhand gewinnen, zumindest mit ihnen zu einer Übereinkunft des Gebens und Nehmens zu kommen. Dieser Zustand de Kampfes und der Depression endet erst, wenn er die Wüste des Todes durchquert hat, ins Leben zurückkehrt und lernt, persönliche Geister zu beherrschen, mit deren Hilfe er ekstatische Reisen unternehmen kann, deren Zweck meist Heilung durch Exorzismus ist.

"Ich habe drei Jahre in der Hölle gelebt", erzähle ein sibirischer Schamane der Burjaten dem russischen Anthropologen Popow. Das erste Mal sei er mit dem Übernatürlichen in Kontakt getreten, als er mit hohem Fieber - vermutlich infolge von Pocken - darniederlag. Er fiel in eine so tiefe Trance, daß man ihn für tot hielt. Er sei in "der Welt der Geister" gewesen, habe verschiedene Wandlungen durchgemacht, und die göttlichen Wesen hätten ihm das Heilen von Kranken und andere magische Künste gelehrt. Er könne nun mit Geistern sprechen und die Seelen der Toten durch das Reich der Geister geleiten.

Nachdem er das Bewußtsein verloren hatte, habe man ihn in die Unterwelt getragen, wo er nicht nur Zeuge der Seelenqual wurde, sondern auch auf viele böse Geister traf. Als er diese Feuerproben bestanden habe, sei er auf eine Zauberinsel gelangt. Hier stand eine Birke. Sie war Eigentum des "Herrn der Erde". Der gab ihm eine Schamanentrommel. Von der Insel zog der Schamane in die Berge, wo er ermordet, sein Leichnam zerstückelt wurde und er drei Jahre im Hexenkessel schmoren mußte. Ein Schmid formte ihm auf einem Amboß einen neuen Kopf, dann wurde er wieder zum Leben erweckt. Dann weihten ihn die Götter in die Kunst des Heilens, der Meditation und der Magie ein. So endete seine Wandlung zum Schamanen.

Für den Schamanen ist die physische Welt der geistigen untergeordnet und von ihr abhängig. Zu dieser geistigen Welt reist er in Trance und kommuniziert mit ihr.

Ebenso, wie ein Schamane in den Himmel reisen kann, während sein Körper in Trance liegt, ist es ihm möglich, in die sieben Sphären der Hölle hinabzusteigen. Dieser Abstieg ist weitaus schwieriger und gefährlicher als die Reise aufwärts in die Himmelreiche und kann nur von einem mächtigen Schamanen bewältigt werden. Selbst dieser riskiert zu sterben oder dem Wahnsinn zu verfallen, wenn er in die Hölle fahren. Nur die "einsamen Schamanen", die sich ausschließlich den bösen Geistern widmen, können die Reise gesund überstehen. Bevor der Schamane die Seele des Kranken in der Hölle sucht, versucht er sie in ungefährlicheren, leichter zugänglichen Gebieten zu finden. Der Schamane fällt in Trance , "verläßt" seinen Körper und sucht die Seele des Kranken zunächst in der unmittelbaren Umgebung, dann in der weiteren Umgebung. Findet er sie, bringt er sie in ihren Körper zurück und der Patient ist geheilt. Wenn die Seele des Kranken in der Hölle ist, wird es für den Schamanen ganz besonders schwer, sie dort wieder herauszuholen. Die Hölle gibt die Seele nur frei, wenn sie dafür ein anderes Opfer erhält. Dies kann z.B. die Seele eines Opfertiers oder eine Seele eines anderen Menschen sein, im äußersten Fall auch der Schamane selbst.

Um in Trance zu gelangen, trinken die sibirischen Schamanen einen Absud von getrockneten Fliegenpilzen. Die mexikanischen Schamanen benutzen halbgiftige Pilze und bekommen dann meist Halluzinationen, bei denen sie Geräusche und Stimmen hören.

Der Schamane opfert sich für sein Volk. Er ruiniert seine Gesundheit, indem er giftige Rauschtränke zu sich nimmt, bis zur Ekstase tanzt oder in eine totenähnliche Starre verfällt und scheintot wird. Er steigt in die Hölle, um die Seelen zu retten. Er versetzt seine Stammesgenossen in Trance und zeigt ihnen den Weg in den Himmel und das Jenseits.

Hier finden wir schon alle Ideen vorgeformt, die wir im Christentum, in den antiken Mysterien und im Hinduismus und Buddhismus wiederfinden. Jesus opfert sich und rettet die Seelen aus der Hölle und er führt sie in den Himmel.

Die Schamanen der Australischen Ureinwohner glauben, während ihr Körper in Trance liegt, Reisen durch die Luft unternehmen zu können, ähnlich, wie man das von den Hexen glaubte. Auch Goethes Faust unternimmt eine solche Luftreise mit dem Teufel.

Manche glauben, daß das mittelalterliche Hexentum ein heimliches Schamanentum war. Die Hexen hätten sich durch Fliegenpilze oder durch Mutterkornalkaloide und nächtliche Tänze in Trance versetzt und Seelenreisen zu gemeinsamen Sammelplätzen unternommen, wo sie sich mit alten Göttinnen, wie Artemis, Holda, Perchta getroffen hätten. Auch Männliche Schamanen nahmen an diesen Zusammenkünften teil.

In der heutigen Zeit ist als Folge der Emanzipation und des allgemeinen Interesses an der Esoterik das Hexentum wieder groß in Mode, vor allem auch in den USA. Die modernen Hexen sehen sich aber mehr als Frauen, die auf einem medidativen, spirituellen und magischen Weg sich und anderen weiterhelfen wollen. Sie sind also wesentlich zahmer geworden und bekennen sich auch zu ihrem Hexentum, schreiben Bücher und halten Vorträge.

Schon in der frühesten neolithischen Zeit Ägyptens glaubte man an ein Weiterleben der Toten und sorgte für das Wohl der Verstorbenen, ja sie wurden sogar weiterhin als Familienmitglieder behandelt, weswegen die Gräber an den Wohnplätzen lagen. Man ermöglichte ihnen durch Treppen das Heraustreten aus dem Grab. In anderen Gegenden Ägyptens ging man dann dazu über, den Toten eigenen Städte zu bauen und den Königen ganze Paläste, in denen sie und ihr Hofstaat weiterleben konnten. In der Anfangszeit wurde der ganze Hofstaat des Königs getötet, damit er ihm im Jenseits zur Verfügung stehen konnte.

Der Tote konnte in Vogelgestalt das Grab verlassen und später wieder in den Leichnam zurückkehren.

Auch bei den Indogermanen war es in prähistorischer Zeit üblich, die Toten innerhalb des Wohnbezirks zu begraben. Das setzte voraus, daß man die Toten nicht als feindlich empfand. Man wollte die Verstorbenen auch nach dem Tod bei sich haben, und sie sollten Freud und Leid, Speise und Trank mit der Familie teilen. Als Lebender hatte der Tote nachts in zusammengekauerter Stellung geschlafen, und als Toten ließ man ihn in der gleichen Stellung unter dem häuslichen Herd oder unter dem Fußboden den ewigen Schlummer schlafen. So wurde die Grabstätte der Toten zum Hausheiligtum.

Nach den Vorstellungen der frühen griechischen Kultur (etwa 1500 bis 1200 v. Chr.) verehrte man die Geister der Toten, von denen man annahm, daß sie immer noch irgendwie gegenwärtig und in mancher Hinsicht mächtiger seien als zu Lebzeiten. Man gab ihnen ins Grab Gefäße mit Speise und Trank, Schmuck und Geräte mit. Man gedachte ihrer fleißig und opferte an ihrem Grabe. Die Toten hörten die Bitten, sandten Segen und verfolgten diejenigen, die sie beleidigten oder sich ihnen gegenüber gleichgültig verhielten. Ähnlich war es bei den Römern, deshalb der Spruch: "De mortibus nihil nisi bene", "man soll von den Toten nur Gutes sagen".

Im Verlauf der historischen Entwicklung müssen sich aber die positiven Gefühle gegenüber den Toten mit Angst und Feindseligkeit vermischt haben. Man fürchtete, die Toten könnten wiederkehren und irgendwie Rache nehmen. Man begann deshalb, die Toten mit schweren Steinplatten zuzudecken oder in Steingräbern beizusetzen.

So ging man allmählich dazu über, nicht mehr mit den Toten zusammen zu leben, und ein Haus, in welchem ein Toter begraben war, wurde von den Lebenden nicht mehr als Wohnung benutzt, und man ging dazu über zweierlei Häuser zu bauen: Häuser für die Toten und Häuser für die Lebenden. So entstanden Totenstädte, die rein äußerlich den Siedlungen der Lebenden nachgebildet waren. Da der Tod aber ewig währt, mußten auch die Häuser der Toten für die Ewigkeit gebaut sein. So entstanden Pyramiden und in Europa die Hünengräber.

Am Ende der Steinzeit entstand eine neue, revolutionäre Form der Bestattung: die Verbrennung. Die bedeutete die radikale und brutale Trennung von den Toten und ihre völlig Vernichtung. So hoffte man wohl, sich von dem bösen Einfluß der Toten für immer befreien zu können.

Es könnte aber auch sein, daß die Verbrennung von nomadischen Völkern benutzt wurde, die ohnehin ihre Toten nicht mitnehmen konnten, und daß die nomadischen Völker diese Bestattungsweise den seßhaften ihre Kultur aufgezwungen haben. Wie auch immer, in der Bronzezeit war die Feuerbestattung in Mitteleuropa und in Frankreich verbreitet, wurde auch im Mittelmeer heimisch und war zu Beginn der Eisenzeit bei Römern und Griechen üblich.

Erst unter dem Einfluß des Christentums, das ja aus einem semistischen Kulturkreis stammt, ging man wieder zur Erdbestattung über.

Auch in der Zeit der Feuerbestattung glaubte man, daß die Toten in irgend einer Form weiterleben und gab ihnen Grabbeigaben mit.

Für die Chinesen vor Konfuzius spielte der Ahnenkult eine besondere Rolle. Man nahm an, daß der Tote mit der Familie weiter in Kontakt stehe, man brachte ihm Opfergaben dar und hielt ihn über die Vorgänge in der Familie auf dem Laufenden, man hoffte auch auf seinen Beistand. Für die heutigen Chinesen sind die Ahnenopfer nur noch ein Ausdruck der Pietät.

Die Germanen der Frühzeit glaubten, die Seele sei nicht nur ein körperloser Geist, sondern sie bestehe nach der Trennung vom Leib als eine feinere, körperhafte Wesenheit weiter und setze im Grab ihr Leben fort. Deshalb gaben sie den Toten Speisen und Trank mit ins Grab. Der Tote lebte nach ihrer Vorstellung im Jenseits als derselbe weiter, der zu Lebzeiten war. Diese Vorstellung änderte sich nicht mit Einführung der Brandbestattung.

Gegen Ende der jüngeren Steinzeit wurden die Toten in Grabkammern beigesetzt, die aus riesigen Steinplatten errichtet wurden, den Dolmen (mit einer Grabkammer) und Megalithgräbern mit mehreren Grabkammern, den sog. Hünengräbern, in denen ganze Sippen begraben wurden. Beide Grabformen waren von Erdhügeln bedeckt und glichen Menschenwohnungen, waren aber für die Ewigkeit gebaut.

Die Verschlußplatten der Grabkammern hatten ein Loch, das sogenannte Seelenloch, das der Seele die Möglichkeit geben sollte, das Grab zu verlassen und in der Außenwelt zu gelangen bzw. sich in das Totenreich zu begeben. In den zwölf Raunächten der Julzeit brachen die Toten aus ihren Gräbern aus und brausten unter der Führung des auf einem Schimmel reitenden Wotan als "wilde Jagd" durch die Luft.

Bevor die Seelen ins Totenreich eingingen, konnten sie noch als Gespenster oder lebende Leichname ihr Unwesen treiben.

Das Totenreich stellte man sich irgendwo im Norden vor. Die Zufahrt erfolgte über das Meer, deshalb wurden bei manchen Stämmen die Häuptlinge und Königinnen auf Schiffen beigesetzt. Man begrub auch die Häuptlinge zusammen mit Schiffen, damit sie so ins Totenreich gelangen konnten. Auch den Steingräbern gab man die Form von Schiffen und hoffte, daß sie sich durch Magie in Schiffe verwandeln würden.

Einmal im Jahr wurde Anfang November ein Gastmal zu Ehren der Toten abgehalten. Zu Ehren der Toten wurden an der Tafel Plätze für sie freigelassen und der Tisch für sie gedeckt.

Die im Kampf Gefallenen wurden von Odins Walküren nach Walhall gebracht. Dort übten sie sich als Einherier, als auserlesene Streiter Odins, zum Endkampf der Götterdämmerung. Auch nach tödlichen Verwundungen konnten sie immer wieder frisch und gesund werden. Die Milch der Ziege Heidrun gab ihnen unzerstörbares Leben. Auch der Eber Sährimnir, dessen Fleisch sie nährte, wurde immer wieder lebendig. Sie tranken Met, und Sänger verkürzten ihnen mit ihren Liedern die Zeit. Auch Frauen konnten nach Wallhall gelangen, wenn sie nach dem Tod ihres Fürsten Selbstmord begannen und sich als "Bräute" des Verstorbenen mitverbrennen ließen.

Wer nicht im Kampf gefallen war, ging in das unterirdische Reich der Göttin Hel ein. Zu ihrem Reich gelangt man über den Fluß Gjöll auf einer goldenen Brücke, die von dem Mädchen Modgund bewacht wurde. Wer sich nichts hatte zuschulden kommen lassen, konnte bei Hel ein zwar trauriges, aber straffreies Leben führen. Die Verbrecher wurden am Strand der Toten von dem Höllenhund Garm gepeinigt und durch im Wasser schwimmende Schwerter verletzt, wenn sie im Schlamm wateten.

Am Ende der Götterdämmerung sterben die Seele der Toten und die Götter und die Erde wird von der Hitze des Feuers verbrannt. Aber es entsteht eine neue Welt, ein neues goldenes Zeitalter, die gereinigte Erde steigt neu ergrünt aus dem Meer auf und Götter und Menschen leben ein glückliches Leben.

Die Kelten glaubten an die Unsterblichkeit der Seele und an ihre ständige Wiedergeburt in neuen Körpern. Im Unterschied zu den Hindus und Buddhisten sahen aber die Kelten in der Wiedergeburt keine Strafe für frühere Sünden, und in ihren neuen Inkarnationen wurden sie nicht für frühere gute oder schlechte Taten belohnt oder bestraft. Jean Markal widerspricht sogar energisch der Vermutung, daß die Kelten an die Seelenwanderung geglaubt haben.

Die Grenze zwischen der Welt der Lebenden und dem Reich der Götter und Toten, von den Kelten "die andere Welt" (Autre Monde) genannt, war verschwommen, und sie wurde zweimal im Jahr während des Samhainfestes (am Ende des Sommers und am Anfang des Winters) ganz aufgehoben, ähnlich wohl wie in den griechischen Mysterien. Die Lebenden besuchten die Toten und die Toten die Lebenden. In der anderen Welt, in der sich der Verstorbene wiederfand, gab es keine Zeit, keine Leiden, keine Klassenunterschiede. Auch die Erotik kam nicht zu kurz. Eine Hölle kannten die Kelten nicht.

Das Totenreich hieß das "Land der Seligen" oder in der Artus-Sage "Insel Avalon"und wurde auf einer fernen Insel im Westen angenommen oder unter der Oberfläche von bestimmten Hügeln in der unmittelbaren Umgebung der Kelten.

Die Seelen blieben aber nicht ewig in der "Anderen Welt", die nur ein Übergangsort war, sondern wanderten weiter in noch andere Welt, die auch nur eine unter unendlich vielen war.

Diesem Suche nach der anderen Welt, die Quest oder La Quete, war für die Kelten und insbesondere die Druiden die Lebensaufgabe. Auf diesem Weg mußten viele Hindernisse und Unvollkommenheiten - eigene und auch der Welt - überwunden werden. Es ging also nicht um weltabgewandte Meditation. Jeder war zu dieser Quest verpflichtet.

In den "Lehren für Merikare", die etwa um 2000 v. Chr. in Ägypten entstanden sind, heißt es: "Rechne nicht darauf, daß die Jahre lang sind, das Leben verrinnt wie eine Stunde. Nach dem Tode lebt der Mensch aber weiter, und seine Taten werden neben ihm aufgehäuft. Der dann ohne Sünde vor den Richter der Toten tritt, wird dort wie ein Gott sein und frei dahinschreiten wie die Herren der Ewigkeit."

In der ägyptischen Vorstellung kommt der Tote in die Halle der Wahrheit, wo der Gott Osiris Gericht hält. 42 Dämonen nehmen den Toten in ein strenges Verhör. Der Gott Anubis bedient die Waage, der Gott Thot ist Schriftführer. Der Tote beteuert seine Unschuld durch verneinende Erklärungen: "Ich habe Gott nicht geleugnet, ich habe die Armen nicht roh behandelt, ich habe nicht betrogen, ich habe niemanden etwas Böses nachgesagt" usw. Dann kommt das eigentliche Gericht und das Herz des Toten wird auf der Waage gewogen. Wenn der Mensch die Prüfung besteht, geht er in das Totenreich des Osiris ein. Wenn aber die verneinenden Erklärungen nicht der Wahrheit entsprochen haben, sinkt sein Herz auf der Waage nach unten, und der Tote wird von einem krokodilköpfigen Ungeheuer verschlungen.

Nach der Lehre Zarathustras geht die Seele des Verstorbenen am Morgen des vierten Tages ins Jenseits ein. Er muß die große Cinvat-Brücke (Brücke der Trennung) betreten, die vom Diesseits ins Jenseits führt. Der Gottlose stürzt von ihr in die Hölle hinab, während der Fromme in den Himmel hinübergeführt wird. Die Mitte der Brücke ist wie die Klinge eines Schwertes; überschreitet ein Frommer sie, ist sie waagerecht hingebreitet, 15 Speerlängen breit. Will aber die Seele eines Übeltäters hinüber, dann steht die messerscharfe Schneide nach oben und der Gottlose stürzt ab.

Die Mohammedaner glauben, daß der Moslem nach seinem Tod in der ersten Nacht nach seiner Beisetzung von zwei Engeln auf seine Rechtgläubigkeit geprüft wird. Dann muß er bis zur Auferstehung und zum Jüngste Gericht warten, wo sich dann sein weiteres Schicksal entscheidet. Nur die Glaubenskämpfer, die für den Islam sterben, gehen gleich nach dem Tod ins Paradies ein. Das Paradies wird als ein von kühlen Strömen durchzogener, schattiger Lustgarten beschrieben, in dem es herrliche Speisen und Getränke gibt. Die Gläubigen werden von großäugigen Huris versorgt, deren "Schweiß wie Moschus riecht", und deren Fleisch so zart ist, "daß das Mark ihrer Beine hindurchschimmert".

Am Tag des Jüngsten Gerichtes müßen die wiederauferstanden Toten über eine Brücke gehen, die scharf wie ein Rasiermesser ist. Hier ist unschwer die Cinvat-Brücke der Zarathustra- Religion wiederzuerkennen. Die Bösen stürzen ab und fallen in die Hölle, die Guten werden hinübergeleitet und gehen ins Paradies ein.

Die alttestamentlichen Juden glaubten ursprünglich, daß die Toten in einem unterirdischen Schattenreich weitervegetierten. Erst durch den Kontakt mit der persichen Zarathustra- Religion in der babylonischen Gefangenschaft übernahmen sie die Vorstellungen eines Jüngsten Gerichtes, einer Auferstehung, von Himmel und Hölle, von Engeln und Teufeln.

Die jüdischen Jünger der Kabbala glaubten an eine Seelenwanderung mit dem Endziel der Vereinigung mit Gott.

Die Griechen und Römer glaubten, daß die Seelen der Toten solange am Leben blieben, solange man ihnen Nahrung, vor allem das Blut der Opertieren gab.

Das Blut galt als Träger er Lebenskraft, und das Blut konnte den Seelen der Toten einen Rest von irdischem Leben eingeben. Auf dem Balkan glaubte man bekanntlich im Mittelalter, daß sich die Seelen, dieses Blut selbst von den Lebenden holen würden. Tote, vor allem Verbrecher, würden nach Mitternacht das Grab verlassen und sich in Wölfe oder in riesige blutsaugende Fledermäuse verwandeln, um die Menschen zu überfallen und ihnen das Blut aussaugen.

Zwanglos fügt in diese Vorstellungen auch der Gedanke ein, daß, wenn schon das Blut eines Opfertieres den toten Seelen einen neuen Lebensimpuls geben konnte, dann mußte erst recht das Blut Christi, eines Gottes, soviel Lebenskraft haben, daß derjenige, der davon trank, das ewige Leben erlangen würde.

Der Abendmahlskelch, in welchem angeblich nach der Kreuzigung das Blut Christi aufgefangen wurde, genannt der heilige Gral, galt im Mittelalter als das Mittel, um als Unsterblicher ins Paradies einzugehen. und dort alle Weisheit und alles Wissen zu erlangen, quasi also auch der Stein der Weisen sei. In Wolfram von Eschenbachs Parzival wird der Gral auf der Burg Munsalväsche (Berg des Heils) aufbewahrt, und Parzifal macht in der Art eines jungen keltischen Druiden seine Quest, um ihn zu finden.

Neuzeitliche Esoteriker glauben, daß die Burg Munsalväsche mit der Burg Montsegur in den französischen Pyrenäen identisch ist, der letzten Zuflucht der südfranzösischen Katharer, die von der katholischen Kirche in einem Kreuzzug vernichteten Ketzer und Anhänger einer gnostisch-manichäischen Religion. Noch heute gibt es eine Gralsbewegung, deren Zentrale hoch über dem tiroler Inntal in Vomperberg bei Schwaz ist. Die meisten Anhänger der Gralsbewegung leben jedoch in Los Angeles, wo man unter den Anhängern kaum Kelten, aber Afroamerikaner findet.

In der späteren griechischen Kultur verloren die Toten jeden helfenden und schadenbringenden Einfluß auf die Lebenden. Man glaubte, daß sie wesenlose, blutleere graue Schatten seien, die sich in der Unterwelt, dem Hades aufhielten.

In einer späteren Zeit aber hielt man diese Aussicht für zu unerfreulich und man ging davon aus, daß es auch erfreulichere, paradiesähnliche Gegenden im Hades gab, die allerdings nur den Anhängern der Mysterienkulte offenstanden.

Man glaubte, daß die Seelen nach dem Tod von Hermes, dem Seelenbegleiter, oder Psychopompus, durch das Tor zur Unterwelt geleitet würden. Ein solcher Seelenbegleiter ist auch der Boandlkramer im dem bayerischen Volksstück "Der Brandner Kasper schaut ins Paradies". In der Unterwelt kam die Seele an den Fluß Acheron, wo ihn der Fährman Charon über die drei Flüsse der Unterwelt ins Totenreich brachte. Der Fahrpreis betrage ein Obolus, eine Silbermünze, die man dem Toten zu diesem Zweck in den Mund legte. Am andern Ufer wurde der Tote von dem dreiköpfigen Hund Kerberos begrüßt, der niemanden mehr zurückkehren ließ. Dann setzte der Tote über den Fluß der Klagen, den Styx, und den Fluß des Vergessens, den Lethe, aus dem sie tranken und damit alle Erinnerung des früheren Daseins tilgten. Nun lebte der Tote als kraftloser Schatten, ohne Tat und Willen, ohne Bewußtsein und ohne Erinnerung weiter.

An den verschiedenen Eingängen zu Unterwelt (am Fluß Acheron in Nordwestgriechenland, bei der Stadt Tainaron an der Südspitze der Pelopones, am Averner See in Mittelitalien und in Herakleia in Süditalien) gab es Totenorakel. Es ist anzunehmen, daß der Ratsuchende durch ein Medium Kontakt mit den Toten aufnehmen konnte. Oder er wurde von den Priestern in einen Schlaf versetzt und er konnte einen gerade verstorbenen Verwandten wiedersehen, der ihm erzählte, wie es ihm ging und die Zukunft voraussagte. Er konnte auch unter Anleitung der Priester eine Seelenreise in den Hades unternehmen.

Um seine zwölfte Aufgabe zu bewältigen, den Höllenhund Kerberos aus dem Hades zu holen, ließ sich Herakles in die Eleusischen Mysterien einweihen und stieg dann von Tainaron aus in die Unterwelt, d.h. er besuchte dort das Totenorakel.

Auch Odysseus befragt im Land die Toten in einer nächtlichen Zeremonie Er gräbt eine Grube, schneidet zwei Widdern die Kehle durch, und läßt das Blut in die Grube fließen.

Dadurch werden die Seelen der Toten angelockt, und diejenigen, die Blut bekommen, reden mit Odysseus. Zuerst kommt sein eben erst verstorbener Freund, der noch nicht begraben ist, dann die verstorbene Mutter des Odysseus. Schließlich kommt der Seher Teiresias und sagt: "Warum hast du Licht und Sonne verlassen, um die Toten in ihrer freudlosen Welt zu besuchen ? Du suchst glückliche Heimkehr; aber ein Gott wird es dir schwer machen."

Der Hades hatte zwei Abteilungen, und in welche man kam, hing davon ab, welches Leben man geführt hatte. Man kam entweder auf die Elysischen Felder, wo man ein glückliches Leben führte, oder in den von einer dreifachen Mauer und einem Feuerstrom umgebenen Tartaros, wo man nie endende Qualen erlitt.

Im Phaidon-Dialog des griechischen Philosophen Platon (427 bis 347 vor Christus) heißt es: Wenn nun die Toten an den Ort gelangen, wohin der Daimon jeden bringt, folgt das Gericht. Diejenigen, die ihr Leben schlecht und recht durchlaufen haben, werden zum Acheron gebracht und dort besteigen sie die wohlbekannten Nachen, und kommen so zum See. Dort wohnen sie, erfahren Läuterung und werden frei von ihrer Last, indem sie für begangenes Unrecht büßen. Desgleichen wird jeder für gute Taten durch Verdienst belohnt. Bei manchen stellt sich heraus, daß Heilung wegen der Größe ihrer Verbrechen ausgeschlossen ist - die schleudert ein gerechtes Los hinab zu Tartaros, von wo sie nimmermehr entkommen. Wo sich indes erweist, daß ihre Frevel heilbar, doch immerhin sehr schwer gewesen sind - die müssen zwar ein Jahr dort unten im Tartaros warten, dann wirft sie der Wogenschwall aber wieder heraus. Wenn sie wieder auf die Höhe des Acheron kommen, rufen sie nach denen, die sie getötet oder mißhandelt haben und bitten sie, daß sie ans Ufer und an den See dürfen. Machen ihre Bitten Eindruck, so kommen sie heraus und alles Leiden ist zu Ende. Wenn nicht, müssen sie solange im Tartaros bleiben, bis sie bei ihren einstigen Opfern Gnade finden.

Die andern Toten, die eine reines Leben geführt haben, kommen hoch empor zur lichten Wohnstätte und werden Siedler der wahren Erde. Unter ihnen sind auch solche, die sich durch Streben nach Erkenntnis schon so geläutert haben, daß sie fortan völlig ohne Körper leben; sie kommen an Stätten, die die beschriebenen noch an Herrlichkeit übertreffen. Von ihnen zu sprechen ist nicht leicht."

Wir erkennen hier unschwer die christlichen Jenseitsvorstellungen der katholischen Kirche wieder. Das ist insorfern für die katholische Kirche etwas unangenehm, als Platonseine Werke etwa 400 Jahre vor dem Neuen Testament schrieb. Man sollte ihm also ruhig die Ehre zukommen lassen, daß er ganz entscheidenden Anteil an den christlichen Jenseitsvorstellungen hat. Das, was Platon wiedergibt, ist natürlich auch nur etwas, das er von anderen gehört hat. Diese anderen können Priester der griechische Mysterienkulte, skytische Schamanen, ägyptische, babylonische, persische oder indische Priester gewesen sein. Immerhin verband zur Zeit Platons das persische Reich Griechenland durch hervoragend ausgebaute Königstraßen mit Babylonien, Persien und Indien.

In den griechischen Mysterienkulten wurde den Eingeweihten die Unsterblichkeit in einer anderen Welt verbürgt, dem "Elysium" oder der "Insel der Seligen". Bei den eleusischen Mysterien (genannt nach der Stadt Eleusis bei Athen) handelte es sich um Fruchtbarkeits- und Vegetationsriten, die der Erdmutter Demeter geweiht waren. So wie die Natur im Winter stirbt, und im Frühjahr wieder neu geboren wird, so wird der Eingeweihte nach dem Aufenthalt im Reich des Todes wieder neu geboren und findet sich im Reich der Götter wieder, er wurde, wie Sokrates in einem Dialog Platons sagt, "ein Stammverwandter der Götter". Um in Trance zu gelangen, verwendeten die Jünger der Demeter das gefährliche Mutterkorn, einen Pilz, der Alkaloide enthält. Es wächst auf Kornähren und war im "Soma- Trunk" enthalten.

In den Dionysos-Mysterien zogen die Frauen im Dienste des Gottes, genannt Bakchantinnen oder Mänaden, in die wilde unberührte Natur der Berge. Sie tanzten und spielten Musikinstrumente, gerieten allmählich in Ekstase und wurden von ihrem Gott Dionysos besessen. Diese Ekstase gab ihnen außerordentliche Kräfte; sie fingen wilde Tiere, manchmals sogar Menschen, und zerrissen sie mit bloßen Händen und verschlangen ihr Fleisch in rohem Zustand. In ihrer Vorstellung wurde dieses rohe Fleisch der Tiere zum Fleisch des Gottes Dionysos, den sie sich auf diese Weise einverleibten, und damit seine Lebenskraft und die Teilhabe an der Unsterblichkeit. Dies erinnert natürlich an das heilige Abendmahl, wo es ja heißt: "Nehmet, esset dies ist mein Leib, der für Euch gebrochen wird."

Das Ganze war auch eine Regression in eine primitive Zeit vor der Zivilisation, durch die man das "Unbehagen an der Zivilisation" zu überwinden versuchte.

In späteren, zivilisierteren Zeiten, etwa im 2. Jahrhundert n.Chr. zerriß man keine Tiere mehr, sondern nur noch Efeublätter und kaute sie. Der Efeu als immergrüne Pflanze ist das Symbol des ewigen Lebens.

Nach dem Glauben der Griechen wurde Dionysos als Kind gerade in dem Moment von den Titanen getötet und in sieben Stücke zerteilt., als er in einem Spiegel sein göttliches, unzerstörbares Selbst sah und sich seiner Unsterblichkeit bewußt wurde. Dionysos wurde aus seinen Einzelstücken wieder zusammengesetzt und zum Leben erweckt. Deshalb galt Dionysos als der Gott des unzerstörbaren Lebens und der Spiegel war das Symbol und Erkennungszeichen der Dionysos-Mysten. Zum Thema Spiegel, könnte man noch einfügen, daß im Volksglauben die Vampire kein Spiegelbild haben, weil das unzerstörbare Selbst ihren Körper schon verlassen hat, und ihre Körper nur noch ein geborgtes Leben führen.

Zum Dionysos-Kult gehörten auch orgiastische nächtliche Feiern, zu denen Männer und Frauen ins Freie hinauszogen. Auch hier ging es darum, alle zivilisatorischen Hemmungen hinter sich zu lassen.

Diese Feiern sollten sie in die Nähe ihres unsterblichen Gottes bringen und ihnen einen Vorgeschmack auf ein ewiges Fest im Jenseits geben, das sie erwartete. Die Männer waren als Satyrn oder Silene verkleidet, jene halbgöttlichen Begleiter des Dionysos, die Bockshörner oder Pferdohren und Pferdefüße hatten, oder als Hirtengott Pan, während die Frauen als Mänaden auftraten.

Dionysos, der bocksgehörnte Gott mit dem Pferdefuß wurde im Christentum zum Teufel und die Mänaden zu den Hexen, die nachts auf Bergen sexuelle Orgien feiern.

Ganz anders waren die Anhänger des Orpheus.

Die Anhänger seiner Mysterien glaubten daran, daß die Seele im Körper wie in einem Gefängnis eingeschlossen und durch Leidenschaften und Triebe an ihn gebunden sei. Deshalb müsse sich der Mensch durch Askese einer Reinigung unterziehen. Dazu gehörte der Verzicht auf den Verzehr von Fleisch und das Schlachten von Tieren. Ähnlich wie die Inder sahen die Orphiker im Dasein eine abzubüßende Strafe und glaubten an die Seelenwanderung. Sie glaubten auch an eine Ursünde des Menschen. Die Orphische Lehre wurde von Pythargoras beeinflußt, der in Ägypten und Babylon die Weisheit der Priester studierte. Ähnlich wie die Inder glaubten die Orphiker, daß man durch ein frommes und reines Leben dem Kreislauf der Wiedergeburten entkommen könne.

In Kleinasien und in den angrenzenden Ländern gab es schon seit der vorgeschichtlicher Zeit den Kult der Großen Muttergöttin, auch genannt "Mutter vom Berge", welche die Schöpfungskraft der Natur darstellte. Ihr war ein junger Mann zugeordnet, der ihr Sohn oder Liebhaber war. Die Namen der Muttergöttin waren: Ischtar, Astarte, Artemis, Aphrodite, Kybele. Ihr junger männlicher Partner hieß Tammuz, Adonis, Attis. Der junge männliche Gott mußte den Opfertod sterben und in die Unterwelt hinabsteigen, um dann, neu und verwandelt wieder aufzuerstehen. Zur Zeit des römischen Reiches wurden Kybele und Attis in Rom verehrt. Die Diener der großen Mutter hießen fanatici, daher kommt unser Wort fanatisch. Zum Kult gehörte ein rituelles Mahl, das die Eingeweihten mit dem Gott Attis verbinden sollte. Nach dem Mahl mußte der Eingeweihte in eine Art Grabhöhle hinabsteigen, quasi in den Mutterschoß, aus dem er dann wiedergeboren herauskam. In der spätrömischen Zeit wurde auf dem Vatikanhügel, in der Nähe der heutigen Peterskirche, ein großer Tempel des Kultes von Kybele und Attis gebaut. Die Anhänger des Kultes stiegen in eine Art Grab und über ihnen wurde ein Stier geopfert, mit dessen Blut, das als Träger der Lebenskraft galt, wurden sie besprengt, und verließen dann die Grube quasi als wieder neu Geborene und frei von Sünde, reingewaschen durch das Blut.

Diese Wirkung des Blutes erinnert natürlich an das letzte Abendmahl im Neuen Testament. Bei Lukas heißt es: "Jesus nahm den Kelch und sagte: Dieser Kelch ist der Bund in meinem Blute, das für Euch vergossen wird". In der christlichen Religion ist Jesu das Lamm Gottes, das geopfert wird, um den Gläubigen von der Sünde reinzuwaschen und ihnen ein ewiges Leben im Paradies zu ermöglichen.

Eine weitere große Muttergottheit ist die Ägyptische Isis und ihr Bruder und Gemahl Osiris. Er wird von seinem bösen Bruder Seth in einen Schrein eingenagelt und den Nil hinabschwimmen lassen, ähnlich wie Moses in seinem Binsenkorb den Nil hinabschwamm. Dann zerstückelt Seth den Leichnam und zerstreut die Teile. Isis setzt die Teile wieder zusammen und belebt den Osiris wieder, indem sie ihm vom Wasser des Lebens trinken läßt. Das gibt ihm soviel Kraft, daß er mit Isis den Gott Horus zeugen kann. Isis und Osiris wurden allmählich zu Universalgöttern, die über die Lebenden und über das Totenreich herrschten, und Osisris wurde zum Richter der Toten. Im ägyptischen Sais wurden von etwa 1850 v. Chr. bis in die römische Kaiserzeit "Passionsspiele" gefeiert, die den Tod und die Wiederauferstehung des Osiris feierten. Das Symbol der Isis ist das Ankh-Zeichen, ein Kreuz mit einem Henkel. Es bedeutet Leben und Wiederbelebung.

Es gibt viele Statuetten, auf denen Horus als Kind dargestellt wird, das auf dem Schoß seiner Mutter Isis sitzt und von ihr gestillt wird. Diese Darstellungen wurden Vorbild für Darstellungen von Maria und dem Jesuskind.

Zu den Isis-Heiligtüm im ägyptischen Philae (bei Assuan) kamen die Wallfahrer aus allen Teilen des römischen Reiches. Man holte sich das Nilwasser, das zur Heilung von Krankheiten aller Art diente. Das erinnert stark an die Marienwallfahrt nach Lourdes.

Zweimal im Jahr machte man eine Prozession durch die Städte. Dabei wurden die Götterbilder, mit Gewändern und Juwelen geschmückt, durch die Straßen getragen, gefolgt von den Priestern, angeführt von dem Oberprister, der einen Kessel mit dem heiligen Wasser trug. Das erinnert an die christliche Fronleichnamsprozession.

Überhaupt kann man sagen, daß man an Maria, der Mutter Gottes und Königin des Himmels, und Jesus, dem Richter der Toten, deutliche Parallelen zu Isis und Osiris, aber auch zu Kybele und Attis sehen kann. Auch die Anhänger der Spätantike kannten ein göttliches Dreigestirn: Osiris, den Vater, Horus den Sohn und Isis, die Mutter. Isis, die den Leichnam des toten Osiris in Armen hält, ist die Vorläuferin von Maria, die den Leichnam Christi in Armen hält, und auch die Vorläuferin von Maria aus Magdalena, die Geliebte von Jesus, welche ans leere Grab kommt und dann seine Auferstehenung verkündet.

Der Göttin Isis war der Mond zugeordnet, und sie war die Himmelskönigin. Sie wurde in nachtschwarzem Mantel dargestellt, auf den goldenen Sterne und der Mond gestickt waren. In christlichen Darstellungen wird Maria mit einem dunkelblauen Sternenmantel und auf der Mondsichel stehend dargestellt.

Im persischen Mithraskult, der im ganzen römischen Reich verbreitet war, und eine ernsthafte Konkurrenz für das Christentum darstellte, stand im Mittelpunkt der Kulthandlungen die Opferung des Mithras-Stieres, welche die Opferung des Mithras für seine Anhänger symbolisieren sollte. Mithras war der Opferer und die Opfergabe zugleich. Der Opferung folgte das Opfermahl. Da man nicht immer einen Stier opfern konnte, wurde das Opfer meist mit Wein und Brot vollzogen.

Im Mithraskult gab es sieben verschieden Weihestufen, die der Myste auf seiner Himmelsleiter zu beschreiten hatte. Der Einzuweihende musste verschieden rituelle Prüfungen, ähnlich den Initiationsriten bei steinzeitlichen Völkern, bestehen, so z.B. die Feuerprobe, bei der ihm eine brennende Fackel als reinigendes Feuer kurz ins Gesicht gehalten wurde, oder er mußte sich in einen Sarg legen und einen rituellen Tod sterben, indem er scheinbar von einem Schwert durchbohrt wurde. Wenn er all diese Prüfungen bestanden hatte, war er ein Stammverwandter der Götter und hatte Aussicht auf ein ewiges Leben nach dem Weltuntergang. Diese verschiedenen Einweihungsgrade und Riten des Mithraskultes erinnern an die Grade und Riten der Freimaurer.

Der Mithraskult wurde nur von Männern, häufig Soldaten, ausgeübt. Wie das Christentum kannte der Mithraskult Auferstehung, Jüngstes Gericht, Himmel und Unterwelt, die Taufe, das Weihwasser, die Feier der Sonntage und die Geburt Gottes am 25. Dezember.

Peter Andreas und Rose Lloyd Davies beschreiben, wie der Seelenflug eines ägyptischen Tempelschülers ausgesehen haben könnte: Der Priester leitet ihn die steinerne Treppe hinunter in einen runden, unterirdischen Raum. Er muß einen Becher mit Pflanzensäften leertrinken. Er wird in einen Sarkophag gelegt, wo er bis zu drei Tagen lang liegen muß.

Durch Suggestionen, Hypnose, und Atemtechniken, durch Geräusche und Massagen wird der Körper des Adepten in einen schlafähnlichen Erstarrungszustand gebracht, während sein "Astralkörper" den physischen Körper verläßt und auf eine Seelenreise geht. Er schwebt nach oben und sieht sein vergangenen Leben. Ihm ist genau bewußt, wo er recht gehandelt hat und wo nicht. Er bereut, was er falsch gemacht hat. Manchmal wir der Adept von einer weißgekleideten Figur erwartet, die vielleicht sein eigenes geistiges Ich ist.

Nachdem der Adept das Losungswort gesagt hat, um den Hüter der Planetensphäre passieren zu dürfen, kommt er in die Sphäre des jeweiligen Planeten, und schließlich bis zu Sonnenscheibe. Hat der Adept die Luft- und Planetensphäre durchmessen, steht er an der Schwelle des Reiches der Götter. Dort erwartet ihn (im Mithraskult) der Sonnengott Helios. Der Zweck des Mysteriums ist, dem Mysten den Weg zu zeigen, den seine Seele einst nach dem Tode gehen wird und der in die Unsterblichkeit führt, vor Gottes Antlitz.

Wer die Astralreise im Tempel mitgemacht hatte, kannte das Geheimnis der Geheimnisse. Er hatte den Tod überwunden. Er wußte, daß keine Tat, kein Gedanke verlorengeht. Und erhatte eine vierte Dimension betreten, in der es keine Raum- und Zeitgrenze gibt und in der man sich in Gedankenschnelle fortbewegt.

Im Manichäismus, der Religion des etwa von 215 bis 276 n. Chr. lebenden persischen Religionsstifters stellt der Mensch eine Legierung oder Mischung von Göttlichem und Irdischem, von Geist und Materie, von Licht und Finsternis dar. Nach dem Tod wird er umgeschmolzen und als Mensch oder Tier wiedergeboren. Nur die ganz schlechten Seelen gelangen zur ewigen Verdammnis. Wenige Auserwählte werden nicht wiedergeboren, sondern gelangen unmittelbar ins Lichtreich, das auch Nirvana genannt wird. Das setzt aber voraus, daß sich die göttlichen "Lichtpartikel" in der Seele des Menschen vollständig von der finsteren Materie des Körpers trennen können. Dazu war es erforderlich, daß der Mensch kein Fleisch aß, keinen Alkohol trank, keine Lebewesen tötete, sich durch Singen und Rezitieren religiöser Texte reinigte und sexuelle Enthaltung übte. Der Religionsstifter Mani glaubte, daß durch die Fortpflanzung die ständige Vermischung von Licht und Finsternis weitergehe und die Welt so nie erlöst werden könne. Der Manichäismus ist eine gnostische Religion; die gnostischen Religionen sahen im Körper und in der Wiedergeburt eine Last. Der Körper und die Sexualität waren für sie unrein. Dieser gnostische Zeitgeist hatte auch starken Einfluß auf das Christentum und die Kirchenväter, Augustin war z.B. ursprünglich Manichäer, die in ihrer Ablehnung der Sexualität in Vergleich zu den Gnostikern noch gemäßigt waren.

Nachdem wir jetzt all diese Kulte und Mysterien betrachtet haben, müssen wir das Mysterium Jesu und seine Auferstehung betrachten.

Jesus hat Züge eines Schamanen und eines indischen Sektenführers.

Wenn der Schamane von den Geistern heimgesucht wird, durchläuft er zunächst eine Phase tiefer Depression und Krankheit; dieser Zustand endet erst, wenn er die Wüste des Todes durchquert hat, ins Leben zurückkehrt und lernt, persönliche Geister zu beherrschen, mit deren Hilfe er ekstatische Reisen unternehmen kann, deren Zweck meist Heilung durch Exorzismus ist.

All das passt fast auch auf Jesus. In Matthäus 4 lesen wir: "Dann wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, um vom Teufel versucht zu werden. Und als er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn nachher". Dann kommt der Teufel und versucht in. Nachdem Jesus die Prüfungen bestanden hat, verließ in der Teufel und die Engel dienten ihm.

In Matthäus 9 lesen wir: Es begegneten ihm zwei Besessene, die sehr bösartig waren. Es war aber fern von ihnen eine Herde von vielen Schweinen zur Weide. Da baten ihn die Dämonen: Wenn du uns austreibst, so schicke uns in die Schweineherde. Und er sprach zu ihnen: Fahret !. Sie aber fuhren aus und fuhren in die Schweine. Und siehe, die ganze Herde stürzte sich den ganzen Abhang hinunter in den See und kam im Wasser um.

Jesus hat auch die Züge eines Sektenführers. Er sammelte Anhänger um sich, die ihm treu ergeben waren. Er sagte ihnen: Ihr müßt Vater und Mutter vergessen, ähnlich wie in Jugendsekten die Jugendlichen dazu bewegt werden, mit ihren Eltern zu brechen und ihren Beruf aufzugeben und sich ganz in den Dienst des Gurus zu stellen. Und wie ein Guru sagt auch Jesus, daß er allein, die "Wahrheit und das Leben" ist.

Und da stellt sich natürlich die Frage: Ist die Auferstehung Jesu Wahrheit ? Mit ihr steht und fällt das ganze Christentum. Im Korintherbrief des Paulus (1. Kor. 15,13 f) heißt es: "Gibt es keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferstanden; ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsere Predigt leer, leer auch Euer Glaube...also sind auch die in Christus Entschlafenen verloren."

Es gab schon immer Vermutungen, daß Jesus nur scheintot war und seine Kreuzigung überlebt hat. In Johannes 19, ab Vers 31 wird erzählt: Weil am nächsten Tag ein großer Sabbattag war, baten die Juden Pilatus, die Gekreuzigten vorzeitig abnehmen zu dürfen. Ein Soldat prüfte nach, ob Jesus noch lebte, indem man ihm eine Lanze in die Seite stach und man hielt Jesus einen mit Essig getränkten Schwamm unter die Nase. Als keine Reaktion verfolgte, verzichtete man darauf, seine Oberschenkel zu brechen, damit er sich nicht mehr abstützen könne und so ersticken mußte, weil in der hängenden Position auf die Dauer das Atmen immer schwerer wird. In Markus 15, ab Vers 43, heißt es: Joseph von Arimathäa erbat sich von Pilatus den Leib Jesu. Pilatus aber verwunderte sich, daß er schon tot sein sollte.

Zunächst ist die Frage zu klären, wie lange Jesus am Kreuz gehängt hat. Das Abendmahl war am Donnerstag abend, die Nacht verbrachte Jesus um Garten Gethsemane, am Morgen wurde er verhaftet, dann von den Hohepriestern verurteilt, dann zu Pilatus gebracht und von diesem verurteilt, dann von einer großen Volksmenge begleitet, zum Berg Golgatha gebracht und mit der Kreuzigung begonnen - laut Bibel in der sechsten Stunde des Tages, also um 12 Uhr. In der neunten Stunde, also um drei Uhr nachmittag, soll er laut Bibel den Geist aufgegeben haben, das heißt aber nur, daß er aufhörte zu sprechen und bewußtlos wurde. Nach Sonnenuntergang, also nach sechs Uhr abends, wurde Jesus vom Kreuz abgenommen, denn am nächsten Tag war ein hoher Sabbath-Tag, der nicht durch eine Kreuzigung entweiht werden durfte. Der Sabbat begann schon am Abend vorher. Die Volksmenge war nach Hause gegangen, weil in der Dunkelheit nichts mehr zu erkennen war. Vermutlich hatten auch die wachhabenden römischen Soldaten keine Lust, Überstunden zu machen.

Damit hing Jesus nur maximal sechs Stunden am Kreuz. Die Frage ist also, kann ein Mann, 33 Jahre alt und gesund, sechs Stunden, angenagelt an den Handgelenken und an den Füßen, an einem Kreuz hängen, ohne zu sterben. Die Antwort ist eindeutig: Ja. Die Atmung wird durch das Hängen beeinträchtigt, durch den Blutverlust wird der Blutdruck absinken, durch die behinderte Atmung wird das Blut weniger Sauerstoff enthalten, und das Gehirn wird als folge der Unterversorgung in eine tiefe Ohnmacht sinken. Infolge des Schocks und des Blutdruckabfalls wird der Blutverlust relativ gering sein, weil sich im Schock die Blutgefäße zusammenziehen. Die Wahrscheinlichkeit, daß Jesus bei der Abnahme vom Kreuz noch lebte ist sehr hoch, und alles andere ergibt sich daraus.

Der Ratsherr Joseph von Arimathäa, der ein Anhänger Jesu war und im Rat gegen die Verurteilung Jesus gestimmt hatte, wickelt Jesus in ein Leichentuch, das berühmte Turiner Grabtuch, legte Jesus in ein Felsgruft und wälze einen Stein vor den Eingang. Und was spielte sich hinter dem Stein ab ? Das ist doch klar: die ungestörte Wiederbelebung Jesus durch die heilkundigen Mönche der Essener-Gemeinschaft, der Jesus und Joseph von Arimathäa angehörten. Als er wieder bei Bewußtsein und transportfähig war, wurde er auf die Seite gerollt und Jesus ins Kloster der Essener gebracht.

Das ist die einfachste und plausibelste Erklärung, außer man will das nicht glauben, weil man lieber etwas anderes glauben will.

Die einfachste und natürlichste Erklärung ist, daß Jesus sich nach ein paar Wochen soweit erholt hatte, daß er sich heimlich mit seinen Jüngern treffen konnte, dann aber Palästina verlassen mußt, um nicht ein zweites Mal, und diesmal endgültig gekreuzigt zu werden.

Als Beweis, daß Jesus nach der Kreuzigung noch lebte, wird oft das Turiner Grabtuch zitiert, das zeigen würde, daß Jesus noch weiter geblutet hätte, und da Leichen keinen Blutdruck haben, könnte Jesus nicht geblutet haben. Daraufhin wurde das Grabtuch von der katholischen Kirche als nicht echt erklärt. Aber bedarf es solcher Beweise wie des Grabtuches überhaupt ?

Wir alle werden nach unserem Tod als Seele wiederauferstehen und in den Himmel kommen, genau wie Jesus. Vorher werden wir unseren Verwandten und Freunden vielleicht im Traum erscheinen. Wir werden also genau das machen, was Jesus auch tat, und würden das auch machen, wenn es Jesus nie gegeben hätte. Was ist da so außergewöhnlich an Jesus ? Jesus war der Sohn Gottes. Sind wir nicht alle Kinder Gottes ? Was ist dann so außergewöhnlich an Jesus ?

Außergewöhnlich an ihm war sein Schicksal, weniger seine Person. Sektenführer und Gurus gab es zu Tausenden. Er wurde in die Rolle gedrängt, der lang ersehnte Befreier der Juden vom der Unterdrückung der Römer zu sein. Von ihm erhofften viele, er würde Israel den Traum vom eigenen Freistaat zu erfüllen. Er wollte diese Rolle nicht spielen, und sagte: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt !", denn er wußte, daß Hochverräter hingerichtet werden. Pilatus wußte, daß Jesus kein Hochverräter war, und er wollte ihn nicht hinrichten lassen. Aber die jüdische Regierung drängten ihn dazu, weil sie Angst davor hatten, daß sich radikale Juden um Jesus scharen würden und einen Aufstand machen würden, und dieser Aufstand würde mißlingen und die Juden würden dafür schrecklich bestraft werden. Deshalb mußte Jesus hingerichtet werden. Aber das war Sache der Juden, und Pilatus sagte: "Ich wasche meine Hände in Unschuld". Und deshalb schaute auch Pilatus gerne weg, als Joseph von Arimatäa den Jesus vom Kreuz holte und wiederbelebte.

Man sollte Menschen nicht vergöttern, weder Jesus, noch Buddha, noch den Dalai Lama. Es gibt auch keine Wunder, in dem Sinn, daß in der diesseitigen Welt die Naturgesetze außer Kraft gesetzt werden können. Es können höchstens ab und zu ganz unwahrscheinliche Dinge passieren. Aber Unmögliche Dinge können nicht passieren.

Was mich am Buddhismus, am Christentum und am Islam stört, ist, daß im Mittelpunkt dieser Religionen, das Wohlergehen und das heil des Menschen steht. Es wird immer so getan, als würde sich der ganze Kosmos darum drehen, daß der Mensch erlöst wird: Von der Sünde oder vom ewigen Rad der Wiedergeburt. Jede Religion hat eine Theodizee, eine Rechtfertigung Gottes. Das ist ganz einfach die Antwort auf die Frage, warum unschuldige Menschen soviel leid erfahren müssen, obwohl Gott doch allmächtig und allgütig ist. Und dann heißt es der Mensch hat gesündigt. Aber warum müssen dann Neugeborenen schon qualvoll sterben? Ah ja, sie haben in einem früheren Leben gesündigt und haben ein schlechtes Karma. In Wirklichkeit ist es aber so, daß Gott die leiden des Menschen, wenn überhaupt, dann nur am Rand interessieren. Ziel der Schöpfung ist nicht, daß der Mensch vom Übel erlöst oder vom Rad der Wiedergeburten befreit ist. Der Mensch kann auch nicht durch gute Taten seine Karriere im Jenseits vorbereiten und sich in der jenseitigen Welt ein Sparkonto guter Taten anlegen. Das vernünftigste ist, seine tägliche Pflicht tun, gesund Leben, niemanden weh tun oder auf den Geist gehen und sich nicht zu sehr um die Religion kümmern. Aber kehren wir zu unserem Thema zurück, das noch lange nicht erschöpft ist.

Die Chinesen glaubten, daß ihre Zauberer, ihre Mönche und die Wu-Priester, die sogar kaiserliche Beamte waren, ihre Seele aussenden könnten, um verborgene Dinge zu sehen oder den Himmel oder die Geister der Hölle zu besuchen.

Auch die indischen Yogis kannten und kennen die Traumreisen. Sie glauben, die Fähigkeit zu haben, schwerelos durch die Luft zu fliegen. Manche glauben sogar, daß es ihnen gelingt, ihren wirklichen physischen Körper leichter als Luft zu machen, wie das ja auch die uns bekannten Yogaflieger mit bescheidenem Erfolg versuchen. Buddha konnte über Wasser gehen, riet aber seinen Anhängern, doch lieber ein Boot zu benutzen. Auch Jesus wandelte über den See Genezareth (Matth. 14). Petrus versuchte das dann auch, bekam es aber unterwegs mit der Angst zu tun und ging unter und mußte von Jesus gerettet werden (Vers 30).

Die Azteken nahmen an, daß es drei verschiedene Stufen im Leben nach dem Tode gebe. Den höchsten Platz nahmen die Krieger ein, die auf dem Schlachtfeld den Heldentod gestorben waren, und diejenigen, die den Opfertod erlitten. Sie zogen in des Reich des Sonnengottes ein und begleiteten ihn als Gefolge vier Jahre lang am Firmament. Dann wurden sie als Kolibris wiedegeboren. Nach einigen Jahren durften ihre Geister auf den Wolken wohnen, um dann als herrlich gefiederte Singvögel im Paradies zu leben.

Wenn man das Portal des Kastulus-Münster in Moosburg betrachtet, sieht man als Skulpturen Vögel, die an Früchten picken. Das sind die Seelen der Erlösten, die im Paradies sind. Es ist verblüffend, wie ganz verschieden Kulturen ähnliche Vorstellungen entwickeln.

Die Spiritisten und Hellseher glauben, daß sie mit den Geistern der Verstorbenen Kontakt auf nehmen können, und von diesen bekommen sie angeblich genaue Kenntnisse, wie das Leben nach dem Tode weitergeht und wie es im Jenseits aussieht. Aus der großen Vielzahl der Literatur möchte ich einige zitieren. Erhard Bäzner schreibt: Viele Verstorbene brauchen recht lange, bis sie merken, daß sie gestorben sind. Sie beobachten ihren Leichnam und versuchen ihn vergeblich zu erwecken. Sie versuchen, mit den herumstehenden Hinterbliebenen Verbindung aufzunehmen, sprechen sie an und greifen nach ihnen und wundern sich, daß sie nicht bemerkt werden. Sie können sich frei bewegen, auch wenn sie vorher jahrelang ans Krankenbett gefesselt waren. Sie können mit großer Geschwindigkeit durch alle Räume bewegen, Mauern und feste Gegenstände sind kein Hindernis mehr.

Der Verstorbene kann, wenn er seinen neuen Körper gut beherrscht, für normale Menschen sichtbar werden.

Der Verstorbene lebt in einer Welt weiter, die seinem eigenen Vorstellungen und seinem Charakter entspricht. Es gibt verschieden Regionen von der untersten Hölle bis zu einer paradiesischen Sommerlandschaft. Die boshaften und lasterhaften Charaktere bleiben unter sich und machen sich das Leben zur Hölle, ebenso die Geizigen, die Gewalttätigen und die Trägen. Im Zwischenreich setzt sich die Besserungswilligen mit ihren Taten auseinander, und im Bereich der Sommerlandschaften führen die Anständigen ein angenehmes Leben, und führen das weiter, was sie zu Lebzeiten getan haben.

Die Selbstmörder müssen ihren Selbstmord immer wieder zwanghaft wiederholen, bis zu dem Tag, an dem sie eines natürlichen Todes gestorben wären. Den Mördern wird das ganze Elend klar, das ihre Tat verursacht hat und sie ziehen ruhelos umher.

Die Versorbenen können jahrhundertelang in ihrer Vorstellungswelt leben, bevor sie nocheinmal sterben, alle irdischen Leidenschaften und Gedanken hinter sich lassen und in die himmlischen Welten aufsteigen, wo sie die reinste Glückseligkeit in der Welt der Ideen und der reinen, platonischen Liebe finden. Es folgt dann noch eine ganze Reihe von immer höheren Himmelssphären, in denen alles immer noch reiner, heller und schöner ist, bis er im höchsten Himmel seine wahres, wirkliches Selbst findet.

Dort kann er aber nicht bis in alle Ewigkeit bleiben, sondern steigt durch die verschiedenen

Sphären wieder ab, sucht sich seine Wunscheltern aus, drängt sie zur Zeugung und findet sich wieder in einem neuen Körper.

Soweit der von Hinduismus, Buddhismus und Theosophie stark beeinflußte Eberhard Bäzner. Die Anhänger des Hinduismus und Buddhismus erklären uns folgendes:

"Devachan" ist das Sansrit-Wort für "Himmel"; es bedeutet Platz der Götter. Menschen mit gutem Charakter gehen zwischen ihren Inkarnationen auf Erden nach Devachan, einem "Bewußtseinszustand". Wieviel Zeit jemand zwischen seinen Inkarnationen verbringt, ist unterschiedlich und hängt vom Karma des einzelnen ab.

Im Devachan sind die Seelen von denen umgeben, die Sie auf der irdischen Ebene gekannt haben. Sie können jeden sehen, den sie sehen wollen, und tun, was ihnen am meisten gefällt, und zwar ohne die Probleme und den Schmerz des physischen Lebens.

Es gibt viele verschieden Reiche in Devachan. Wir verdienen uns unseren Platz durch unsere spirituelle Entwicklung und unseren Charakter. Es ist, wie wenn man eine Leiter hinaufsteigt. Erst sieht die Seele geliebte Menschen, die sie an der Grenze zum Jenseits erwarten. Alles ist leuchtender und lichtvoller als auf Erden. Die Farben sind überwältigend. Die Gärten sind üppig und exotisch und scheinbar endlos. Verfall, Negativtät und Krankheit gibt es nicht. Es gibt Stadtviertel mit Häusern in perfektem Zustand, sie werden von den Seelen mitgebracht, die weiter in ihnen leben wollen. Für viele ist es tröstlich, in einem jenseitigen Faksimile ihres irdischen Zuhauses zu leben.

In Devachan herrscht große Geschäftigkeit. Die Seelen werden von der Aktivität angezogen, die sie interessiert. Wenn sie z.B. mehr über ihren irdischen Beruf lernen möchten, sind entsprechende Lehrer da. In den astralen Galerien hängen die Originale aller Bilder, die je auf Erden gemalt wurden. In der physischen Welt ist es nicht möglich, das "wirkliche" Kunstwerk zu schaffen, denn wir besitzen nicht die Werkzeuge, um einen Gedanken auf Leinwand zu bannen. Alles wird erst im Jenseits geschaffen und dann in die physische Welt transportiert.

Die Bücher in den Bibliotheken der Astralebene geben nicht die Meinung eines Historikers über irgend ein Ereignis wieder, sondern sie berichten genau, was tatsächlich geschehen ist.

Im Jenseits finden Gottesdienste aller Konfessionen statt, und man kann sich entscheiden, ob man daran teilnehmen will oder nicht. Ein sehr großes, nicht konfessionell gebundenes Spirituelles Zentrum steht im Mittelpunkt der Aktivität.

Begabten Sängern, die hinübergehen, macht es immer noch Freude, ihre Stimme im Jenseits zu benutzen, und deshalb finden dort ständig Vorstellungen statt. Auch die Musiker und Komponisten setzen ihre Arbeit fort, und es gedeihen die Orchester.

Die verdorbensten, reuelosesten und bösesten Menschen kommen in die Hölle. Die Hölle ist das Land ohne Formen. Sie ist absolut finster, und nichts kann wachsen. Freundlichkeit, Freundschaft und Liebe gibt es nicht, nur die Marter durch die eigenen Fehler. Manche Seelen kommen irgendwann einmal aus ihr heraus, andere nie.

Die normalen, menschlichen Schwächen reichen nie aus, um jemanden zum Anwärter auf die Hölle zu machen.

Jede Seele, die hier ankommt, hat sich selbst zu diesem Reich verdammt. Manche Seelen weigern sich einfach zu bereuen, und deshalb bleiben sie auf Ewigkeit in der Hölle und inkarnieren sich nie wieder. Die Bewohner sind formlos - völlige Verzerrungen ihres früheren Selbst.

Im Tibetanischen Totenbuch, dem Bardo Thödol, heißt es: Verstorbener, du wachst auf wie vom Schlaf; wisse, daß du deinen Körper aufgegeben hast, betrachte ihn, er liegt leblos da., empfinde keine Reue, empfinde keine Anhänglichkeit an ihn, verweile nicht bei denen, die deine Verwandten, deine Freunde gewesen sind. Versteife dich nicht darauf, mit ihnen zu sprechen !Deine Stimme ist klanglos, sie hören dich nicht. Halte dich nicht damit auf, durch deine Felder zu gehen, Dinge zu betrachten, die dir gehört haben ! Du kannst sie nicht von der Stelle rücken und mitnehmen, du hast sie verlasse, sie haben dich verlassen; empfinde keine Anhänglichkeit an sie. Such keine neue Verbindung mit ihnen zu knüpfen. Löse dich !

... Als Folge deiner früheren Tätigkeiten tauchen die Visionen auf, die dich umgeben...Wisse, daß es sich hierbei nur um Sinnestäuschungen handelt...Sie sind Erzeugnisse der Tätigkeit deines früheren Bewußtseins. Laß dich nicht durch sie erschrecken ! Binde Dich nicht an sie ! Wenn Du in deinem vergangenen Leben die Gedanken der und Taten der Nächstenliebe und der geistigen Ruhe vorgeherrscht haben, werden Dir Buddhas erscheinen. Betrachte heiteren Sinns die Vision.

Doch deine geistige und materielle Tätigkeit hat sich auch in Gedanken des Hasses und Taten der Boshaftigkeit bekundet. Du hast dich den tierischen Lüsten des Wohllebens hingegeben, du hast dich in Dumpfheit wohlgefühlt. Da sind die aufgebrachten Dämonen, sie haben tierische Gestalten, sie richten sich drohend vor dir auf und versperren dir den Weg. Seltsame, entsetzliche Töne erklingen, Stimmen rufen: Schlag zu, töte ! Gib dem Entsetzen nicht nach ! Nichts, vom dem was du siehst, ist wirklich, fürchte dich nicht, versuche nicht zu fliehen. Sie entstammen deinem eigenen Geist. Wenn du dies begreifend einen furchtbaren Schreck in dir empfindest, fühlst du, wie der ätherische Körper, den du noch mit dir schleppst, sich zerteilt, und du wirst von ihm befreit.

Die Fähigkeiten, die du diesem subtilen Körper verdankst, können deine Täuschungen nur steigern. Du brauchst dich nur an einen Ort versetzen zu wollen, schon bist du dort, und sei es am Ende der Welt. Nutze dieses Vermögen nicht, um an Orten umherzuirren, die du früher besucht hast, und zwischen den Wesen, zu denen dich die Sehnsucht nach deinen vergangenen Empfindungen treibt. Wenn der Wunsch, unter einer individuellen Gestalt zu existieren, dich weiter beherrscht, gelingt es dir nicht, der Wiedergeburt zu entgehen. Zwischen dem bunten Licht, das den Tanz der heulenden und drohenden Dämonen umstrahlt, ist ein weißer, dünner Strahl, der sich wie ein Weg ins Unendliche hinzieht. Er führt in die Sphäre der Götter, schlag ihn ein, wenn du kannst." Soweit das Bardo Thödol.

Eine Anzahl von Psycholgen und Hypnotiseuren behauptet, z.B. Thorwald Dethlefsen, daß es ihnen gelungen sei, Patienten unter Hypnose dazu zu bringen, sich an frühere Inkarnationen zu erinnern. Auf diese Weise glaubten sie sich auch an frühere Tode und an ihr Dasein als körperlose Seele erinnern. Die meisten erzählten, sie seien nach ihrem Tode "im Grau" gewesen, sie hätten Eltern und Freunde gesehen, seien aber von ihnen nicht bemerkt worden. Wenn sie in ihrem vorangegangen Leben schwere Verbrechen begangen hatten, gaben sie an, "ins Dunkle" gelangt zu sein, wo sie von Dämonen angegriffen worden seien und Gewissensqualen gelitten hätten. Gewaltsam Umgekommene seien besonders lange an ihren physischen Leib gefesselt gewesen.

Im Jenseits hatten sie Lieblingsbeschäftigungen, trafen Freunde, besuchten, bestimmte Orte und Gegenden.

Mitte des vorigen Jahrhunderts kam vor allem in der angloamerikanischen Welt der Spiritismus auf, der Glaube, daß man mit Verstorbenen und mit Dämonen durch einen in Trance befindlichen Menschen in Kontakt treten könne. So berichtet z.B. das New Yorker Medium Jane Roberts, sie habe von dem Geist "Seth" einen Bericht erhalten, wie es nach dem Tode weitergehe:

Der Astralleib wird euch wie euer normaler Körper vorkommen. Er kann alles, was ihr heute im Traumzustand könnt. Er kann also fliegen, feste Gegenstände durchdringen, und er gehorcht euerem Willen, indem er euch, sagen wir, von einem Ort zum anderen führt, sobald ihr an diesen Ort nur denkt. Wenn ihr euch fragt, was wohl Tante Sally aus Poughkeepsie, New York, treiben mag, dann seid ihr schon dort. Ihr könnt jedoch in der Regel keine physischen Gegenstände manipulieren. Ihr könnt keine Lampe aufheben oder mit Tellern werfen. Viel später und auf vielerlei Ebenen werdet ihr lernen, euere Gestalt bewußt und beliebig zu ändern. Sobald ihr an Euere Kindheit denkt, werdet ihr die Gestalt des Kindes haben, das jeder von euch einmal war. Ihr könnt mit achtzig sterben und nach dem Tode zu der Vitalität zurückkehren, die ihr mit zwanzig hattet. Die meisten Menschen wählen jedoch eine reifere Gestalt. Ihr werdet euch also in der Gestalt wohl fühlen, die ihr wählt, und werdet euch ihrer bedienen, wenn ihr euch mit anderen Verständigen verständigen wollt; während ihr bei einer Kommunikation mit Lebenden die Gestalt bevorzugen würdet, in der euch diese Person kannte.

Diese jenseitige Welt existiert nicht etwa unbedingt auf anderen Planeten. Sie nimmt keinen Raum ein, daher ist die Frage: "Wo passiert das alles ?" im Grunde müßig. Sie existiert inmitten der physischen Welt, die ihr kennt. Eure Wahrnehmungsorgane erlauben es Euch einfach nicht, euch in diese Wellenlängen einzuschalten. Vom Jenseits aus könnt ihr bis zu einem gewissen Grad das Diesseits noch wahrnehmen, aber verzerrt.

In dem Buch "Botschaften aus dem Jenseits" im Moewig-Verlag (keine Angabe über den Verfasser) heißt es:

Meist ist der Vorgang des Sterbens friedvoll und schmerzfrei, auch dann, wenn der Körper in den letzten Stunden nach außen hin zu leiden scheint. Dieser Schmerz wird von den Sterbenden gar nicht mehr empfunden. Der Tod ist ein allmähliches Sichzurückziehen, abwechselnd von Phasen des Schlafes und der Bewußtlosigkeit begleitet. Nach dem "aufwachen" im Jenseits werden sie von den Geistern der Menschen begrüßt, die sie sehr geliebt haben und die vor ihnen gestorben sind. Sie werden auch von andern Bekannten oder von bis dahin unbekannten Menschen empfangen, die sie dennoch bis in die verborgendsten Winkel ihrer Persönlichkeit hinein kennen. Das sind keine Engel, die zu Gericht sitzen, sondern Geister, die bereits eine weitere Entwicklung durchgemacht haben.

In Kommunikationen mit den Geistern wird das Leben nach dem Tode oft als ein Vorgang

durch sieben Sphären beschrieben, die immer weniger materieller und immer stärker geistiger Natur sind. Die sieben Sphären stellen letztlich Bewußtseinsebenen dar. Diejenigen, die schon einen höheren sittlichen Zustand erreicht haben, helfen den Neuankömmlingen als Lehrer und gehen vorübergehend auf deren Bewußtseinsstufe zurück, um verstanden werden zu können. Nach dem Tod geht der Lernprozess weiter.

Die erste Sphäre ist das, was man daraus macht. Einige, die nicht an das Leben nach dem Tod geglaubt haben, merken noch nicht einmal jetzt, daß sie tot sind. Entscheidend ist, welche Vorstellung jemand hat. Es reicht aus, an etwas zu denken, damit es erscheint. Manche Seelen schaffen sich ihre früher Umgebung wieder, ihr Haus und ihre Besitztümer, die sie nicht verlassen wollen. Alles ist von auserlesener, reiner Beschaffenheit und leicht durch das Denken formbar.

Wer in der fernen Welt, Sommerland genannt, ein gelehriger Schüler ist, wie der Philosoph F.W.H. Myers (1843-1903) erläutert, könne sich dort das auf Erden am meisten Ersehnte erschaffen. Dies ist jedoch nicht der Himmel, wie fortgeschrittene Geister nachdrücklich betonen. Bald wird einem im Sommerland bewußt, daß diese "Träume" nicht weise und vergeistigt genug sind. Bald erweisen sie sich als zu selbstbezogen und materialistisch. Man stellt fest, daß man sich eigentlich nur auf der Suche nach ewigen Sommerferien befinde. Viele Berichte betonen, daß das Sommerland lediglich den Zweck habe, seine Bewohner zu der Erkenntnis zu bringen, daß vieles von dem, was sie als wertvoll erachten, eigentlich wertlos ist.

Aber wie ist die Welt beschaffen, die der Mensch vorfindet, der ein selbstsüchtiges, gewalttätiges oder gar verbrecherisches Leben führte ? Seine gewohnten Denkstrukturen bleiben bestehen, und er merkt, daß er der Welt nach dem Tod wenig geben kann. Seine Selbstbezogenheit hat in völlig abgestumpft für edlere Gefühle und höhere Werte, die eigentlich das Wesen einer wahren Freundschaft und eines harmonischen Zusammenlebens bilden. Eine verarmte Seele setzt eine andere "Realität" als eine reiche. Viele Berichte von armen Seelen erzählen von Finsternis, Nebel, nackter Erde und einem elenden Platz zum Dahinleben. Das ist das Winterland.

In seiner fortdauernden Selbstbezogenheit ist ein solcher Geist verstört und mit seinem Los unzufrieden. In diesem Zustand kann er andern genauso wenig helfen, wie diese ihm, da alle in der gleichen Weise selbstbezogen sind. Geholfen kann ihm nur schwer, selbst wenn höhere Wesenheiten sich ihnen widmen. Eine Wandlung muß aus dem inneren Selbst kommen.

Jeder Unglückliche im Winterland muß dort nur solange verweilen, weil er sich vor dem anderen, besseren Teil seines Selbst verschließt. Er wird nicht "bestraft". Sein Leiden kommt aus seiner eigenen Natur. Weder ist das "Winterland" die Hölle, noch das "Sommerland" der Himmel.

Wer über das Sommerland hinaus gewachsen ist, kommt in den ersten Himmel. Hier finden sich alle diejenigen, die für andere dasein wollen und ihr eigens besseres ich erkennen und verwirklichen wollen. Man denkt über gemachte Fehler und Irrtümer nach und bewertet sein Leben neu. Dieser Vorgang des aktiven Sichselbstfindens wird meist als "Gericht" bezeichnet. Doch es wird nicht von Gott oder einem anderen, zur Schuldsprechung berechtigten höherstehenden Wesen abgehalten, sondern als Prozess in sich selbst, was schmerzlich ist. Aber es stehen Helfer und Führer bei dieser seelischen Veränderung zur Verfügung. Es geht um die Bewertung all dessen, was wir getan, erduldet und gewollt haben. Jetzt fühlt man selbst, welche Freuden und welche Leiden man den anderen bereitet hat und kann in die Haut anderer Menschen in seinem Leben schlüpfen.

Die Erfahrung, die nun einsetzt, nennt man den zweiten Tod. Jetzt bekommt man die Gewißheit, daß die Wünsche in der Astralwelt in Wirklichkeit doch noch selbstbezogen waren. Auch die Liebe zu andern schien noch weitgehend selbstbezogen. jetzt, im zweiten Tod, wirft das Individuum alles ab, was es für wertvoll hielt. Dies ermöglicht ihm, sein wahres "Selbst" zu finden, ein umfassenderes und vollkommeneres Sein, eines, nach dem er, wie er jetzt entdeckt, schon immer gesucht hat.

Nach dem zweiten Tod kommt er in den zweiten Himmel. Er erkennt, daß er nur sein äußeres Selbst abgeworfen hat. Es entschwindet die frühere Identität und er erfährt ein Gefühl des tiefen Friedens. Er verliert die Verbindung zu all jenen, die er früher kannte. Jedes Leben ist ein allmähliches Erwachen, mit dem Ziel das zu erkennen und darauf hinzuwirken, was sein ursächliches Selbst genannt wird. Diese Selbst birgt in sich keimhaft die Erfahrung aller früheren Leben, enthält aber auch Hinweise darauf, was in den zukünftigen Inkarnationen kommen soll. Es finden jetzt äußerst bedeutungsvolle Zusammenkünfte mit anderen, Männern wie Frauen statt, zu denen er eine tiefgehende geistige Beziehung und große Vertrautheit empfindet, weil sie eine geistige Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Gruppenseele bilden. Jetzt erkennen sie, daß ihr Leben keineswegs zufällig verlief, sondern als Teil eines sinnvollen Ganzen, das noch als gemeinsame Aufgabe vollendet werden muß. Die Bestimmung jeder einzelnen Seele wird erst erfüllt sein, wenn die Gruppenseele ihre Bestimmung erfüllt hat.

Im dritten Himmel erfolgt eine noch größere Erweiterung des Bewußtseins. Diese Erfahrung ist jedoch so intensiv, daß viele Geister sie nicht sehr lange ertragen können. Nach einem kurzen Blick in diese Ebene erkennen sie, daß sie nicht weiter vordringen können, und es bleibt ihnen keine andere Wahl, als wieder zur Erde zurückzukehren. Falls die erneute Inkarnation erfolgreich war, kann er tiefer in den dritten Himmel vordringen. Im dritten Himmel offenbart sich die wahre Natur der Gruppenseele und ihre Aufgabe in dem Maße, wie sich das Bewußtsein in den individuellen Mitgliedern erweitert. Jetzt steht man vor der Wahl, ob man unseren Planeten samt seiner immer wiederkehrenden Inkarnationen verlassen soll und irgend wo anders von vorne anfangen soll. Die meisten warten aber lieber und helfen anderen, selbst wenn das für sie bedeutet, daß sie erneut auf der Erde inkarniert werden müssen.

Patrick Ravignant schreibt in: "Geheimwissen Indiens":

Im Westen wird der Zustand des Wachseins als der Wirklichste angesehen. Der Vedanta mißt dem Wachsein keinen Wert und keine Verläßlichkeit zu.

Im Wachsein identifiziere ich mich mit meinem Körper; ich sehe mich als Individuum und werde ständig mit dem Gegensatz zwischen "Ich" und "Nicht-Ich" konfrontiert. Ich bin ständig mit den Anforderungen des Wettstreits und des biologischen Überlebens in einer feindlichen, zerstörerischen Umgebung ausgesetzt. Wir haben den Eindruck, der Vielfalt der Erscheinungen und der Begrenzungen der Formen vollständig unterworfen zu sein, genau wie den strengen Regeln des Raumes, der Zeit und der ursächlichen Zusammenhänge.

Im Traum ist es anders. "Wo es keine Wagen , Gespanne und Wege gibt, schafft sich der Träumer diese. Wo es keinen Spaß, keine Freude und kein Entzücken gibt, schafft er sich dieses. Er ist der Schöpfer."

Der Zustand des Wachens ist mit dem physischen Leib, der des Traumes mit dem Astral-Leib und der Zustand des Tiefschlafes mit dem Ursache-Leib verbunden. Verglichen mit dem Wachsein und dem Traum erscheint der Tiefschlaf als eine Art Auslöschung oder Leere. Das Fehlen des Bewußtseins behalten wir als glückliche Erinnerung zurück. Er ist friedlich, vereint in der Glückseligkeit.

Im Tiefschlaf ist das reine Bewußtsein, ohne Identifikation und Einordnung, nicht durch ein besonderes Bild verschleiert oder gestört. Es eine Fülle ohne erkennbare Zweiheit, ohne Subjekt-Objekt-Beziehung, ohne Spannungen, ohne Konflikte, die in den Träumen wieder auftauchen und im Wachzustand aktiv sind.

Der vierte Zustand ist weder Wachsein, noch Träumen, noch Tiefschlaf. Er ist unbeschreibliche, unveränderliche Gegenwart.

Der Inder zweifelt grundsätzlich daran, daß der Wachzustand wirklicher als die Traumwelt ist.

Der chinesische Philosoph Lao Tse schreibt in seinem "Buch vom Tao": Einst träumte ich, ich sei ein Schmetterling. Dabei war ich so glücklich, daß ich vergaß, daß ich ein Mensch war. Als ich aufwachte, wußte ich nicht, ob ich ein Mensch war, der träumte, daß er ein Schmetterling sei, oder ob ich ein Schmetterling war, der träumte, ein Mensch zu sein.

Für die Schamanen, Yogis, Mystiker und vielleicht für alle religiös eingestellten Menschen gibt es zwei Welten: Die körperliche Welt des Alltags und die Welt der Träume, der Trance, der Ekstase, Halluzinationen, der Hypnose, des Scheintodes, der Seelenreisen. Die einzige Art, von der Jenseitigen Welt etwas unmittelbar etwas zu erfahren, ist, auf irgend eine Weise das normale Wachbewußtsein auszuschalten, in eine Art Traumzustand zu fallen (manchmal sogar mit offenen Augen), und dann Besuch von Geistern oder Engeln aus dem Jenseits zu bekommen oder selbst eine Reise ins Jenseits zu machen. Alle unmittelbaren religiösen Erlebnisse und Erfahrungen sind eine Art Träume.

Und jetzt ist die Kardinalfrage, die niemand mit naturwissenschaftlicher Exaktheit beantworten kann, folgende: Ist die Traumwelt der Mystiker, Propheten, Religionsstifter real oder ist sie nicht real ?

Für die Steinzeit, für die Antike, fürs Mittelalter, und wohl auch für den größten Teil der Neuzeit gilt: Die Menschen glaubten, daß die Traumwelt genauso real ist, wie die wirkliche Welt, ja sogar noch viel realer.

Hat Erwin Reissner nicht recht, wenn er schreibt: "Wir sehen die Dämonen nicht, weil wir uns selbst nicht sehen, weil wir nicht durchschauen auf unseren eigenen Grund. Es ist, als ob zwischen die obere und die untere Hälfte unseres Wesens eine Wand eingeschoben wäre, die zwar nicht das Wirken von unten nach oben, wohl aber die Erkenntnis von oben nach unten unmöglich macht. Wäre diese Wand nicht, dann gäbe es nicht nur nichts Fremdes für uns, nicht nur keine unsichtbaren Mächte, dann gäbe es nicht einmal Dämonen, sondern nur Götter, ja dann gäbe es nur den einen Gott, der der Kreatur als Schöpfer gegenübersteht.

Die Philosophie des Idealismus geht davon aus, daß die Welt der Ideen realer ist als die wirkliche Welt. Deswegen nannte man im Mittelalter paradoxerweise den Idealismus "Realismus", weil für den Idealisten die Ideen das einzig Reale sind. Platon erklärt das im 10. Buch seines Werkes "Der Staat" so:

Es gibt zwar eine Vielzahl von Tischen und Stühlen auf der Welt, aber Ideen gibt es für diese Dinge nur zwei: eine Idee, was ein Stuhl sein soll und eine Idee, was ein Tisch sein soll. Bevor ein Handwerker einen Stuhl macht, hat er schon vorher eine Idee, was ein Stuhl ist und wie er auszusehen hat. Und nach dieser Idee macht er den Stuhl. Aber es gibt schon einen anderen Schöpfer vor ihm, der hat den Handwerker geschaffen, und die Bäume und die Flüsse und die Meere und die Berge, und die Erde und den Himmel. Dieser Handwerker hatte natürlich auch schon die Idee, was ein Stuhl sein sollte.

Worauf Platon hinauswill, ist, daß alle Ideen schon vorher im Geist Gottes waren. Sie haben nur darauf gewartet, daß sie entfaltet werden und sich in Wirklichkeit verwandeln.

Was würde jetzt passieren, wenn man alle Tische und Stühle der Welt verbrennen würde, so daß nur noch ein großer Haufen Asche übrig bliebe ? Gäbe es dann keine Tische und Stühle mehr ? Nicht lange, denn es würden neue Tische und Stühle gemacht, denn die Schreiner wüßten ja immer noch, was ein Tisch und Stuhl ist und würden neue machen.

Man kann also die materielle Existenz einer Sache vernichten, aber die Idee, quasi ihren Bauplan im Geist Gottes kann man nicht vernichten.

Wenn ich morgen tot wäre, dann würde noch die Erinnerung, mein, wenn auch unvollkommenes Abbild, in Gedächtnis der anderen Menschen weiterleben - freilich ein sehr unvollkommenes und immer mehr verblassendes Abbild. Aber im Geist Gottes wäre mein vollkommenes Abbild, das noch viel vollkommener als die Wirklichkeit ist, für ewige Zeiten vorhanden. Damit muß ich eigentlich zufrieden sein.

Es gibt auch Millionen von Menschen, die, wenn man von einigen vom Zufall bedingten Abweichungen im Aussehen und im Charakter und in den Erinnerungen absieht, zu 98 % mit mir identisch sind. Sie haben dieselben Körperorgane, dasselbe Denkvermögen und dieselben körperlichen und geistigen Reaktionen. Sie sind ein viel vollkommeneres Abbild meiner selbst, als die Spur die ich im Gedächtnis der anderen oder auf Photos hinterlassen habe.

Solange also die Menschheit weiterbesteht, werde auch ich weiterleben. Deswegen liegt mir auch viel daran, daß die Menschheit weiterbesteht.

Warum sollten diese kleinen, zufälligen Unterschiede, die meine Individualität für ausmachen, für alle Zeiten konserviert werden, sodaß es mich als unsterbliche Seele bis in alle Ewigkeit geben sollte ?

Wenn ich sterbe, wird das, was in mir das eigentliche und wertvolle ist, wieder zum Geist Gottes zurückkehren, und der Geist Gottes wird dann wieder irgend etwas Neues schaffen, und da werde ich irgendwie drinstecken. Das wird keine Seelenwanderung sein, denn als individuelle Seele werde ich nicht weiterleben. Aber als Geist Gottes, der ich bin, werde ich natürlich weiterleben, und das sollte ja eigentlich genug sein.

Ich sehe aber ein, daß für die meisten Menschen, der Wunsch nach einem individuellen Weiterleben nach dem Tod außerordentlich groß ist, und daß dieser Wunsch umso mächtiger wird, je älter der Mensch wird und je näher sein physisches Ende rückt. Welche Hoffnung auf ein individuelles Weiterleben kann man ihnen geben ?

Zunächst bleibt festzustellen, daß in allen Kulturen und Kulturstufen die Vorstellungen über das Leben im Jenseits im Prinzip sehr ähnlich sind, sogar von einer frappierenden Ähnlichkeit. Die Erklärung muß wohl sein: Sie haben ihre Erkenntnisse alle aus einer gemeinsamen Quelle geschöpft. Aber was ist diese gemeinsame Quelle: War es vielleicht ein Urmythos aus der fernen Steinzeit, der entstand, als es nur einen kleinen Stamm von Menschen gab, die als erste der Sprache mächtig waren ? Dieser Urmythos könnte dann bei den einzelnen Völker verändert und ausgeschmückt worden sein. Das wäre möglich, aber ist aber nicht sehr wahrscheinlich.

Wir müssen wohl eher davon ausgehen, daß die Menschen, die in einen Scheintodzustand fallen, in eine Jenseitswelt gelangen, die zwar sehr viele verschiedenen Gegenden und Ebenen hat, die aber ein und dieselbe Jenseitswelt ist. Dies könnte daher kommen, daß auch unsere diesseitige Welt, trotz ihrer Größe und Verschiedenartigkeit der Länder ein und dieselbe ist, und daß auch das menschliche Gehirn ja weitgehend bei allen Menschen ein und dasselbe ist.

Ist jetzt diese Traum- und Jenseitswelt real oder nicht ? Dies letzte Frage kann kein Lebender beantworten. Es gibt zwar offensichtlich eine Schnittstelle zwischen Diesseits und Jenseits; das sind die Gedanken und Träume der Menschen, aber erst nachdem die Ideen aus dem Jenseits sich in körperliche Strukturen verwandelt haben, zunächst in irgendwelche Potenzialänderungen im Gehirn, dann vielleicht in Worte, der Mensch spricht oder schreibt, und dann in Taten, wird die Welt der Ideen in unserer Welt sichtbar. In der anderen Richtung, hinüber ins Reich der Ideen und Träume, kann der Mensch offensichtlich nur gelangen, wenn er seien Körper zurückläßt. Er kann aber seinen Körper als Idee mitnehmen. Das wäre dann der Astralleib. Später lernt er dann, daß Ideen beliebig veränderbar sind, und so auch sein Astralkörper. Und noch später lernt er, daß sein Astralkörper nur eine alte Gewohnheit ist, ein Krücke, um seine Identität und Individualität im Jenseits zu behalten. Aber irgendwann merkt er dann, daß er diese Krücken nicht mehr braucht, sondern daß er auch ohne Astralleib weiterleben kann.

Der große Unterschied zwischen Christentum und Buddhismus und Hinduismus ist, daß die einen an die Seelenwanderung glauben, die andern nicht. Wenn die Seelenwanderung einen Sinn machen soll, dann muß sich der Mensch an seine früheren Existenzen erinnern. Nur so kann er wissen, warum er bestraft und belohnt wird. Den wenigsten Menschen gelingt es aber sich an ihre früheren Existenzen zu erinnern. Und wenn es gelingt, war dann der andere Mensch oder gar das Tier, wirklich die gleiche Person ? Er hatte doch ganz andere Charaktereigenschaften und ganz andere Erinnerungen. Irgendwie bringt uns diese ganze Seelenwanderungstheorie nicht weiter, und sie wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet.

Was mir am Buddhismus und Hinduismus nicht gefällt, ist daß sie die Schöpfung im Grund verneinen, daß sie sagen, daß man möglichst schnell ins Nirvana gelangen soll. Als der Schöpfer die Welt erschuf, muß er sich dabei schon etwas gedacht haben. Jeder von uns hat da eine Aufgabe und eine Rolle. Diese Rolle kann aber nicht sein, sich von der Welt zurückzuziehen, nur noch zu meditieren und sich dann für immer von allem zu verabschieden.

Unsere diesseitige Welt besteht aus drei Elementen: Das ist die Materie, die Energie und die Idee. Nehmen wir einmal eine Blume. Da sind erst einmal die Kohlenwasserstoffverbindungen, aus denen sie besteht. Dann sind da die Kräfte, die die Moleküle zusammenhalten und die Energie, die sie am Leben erhält, also das Sonnenlicht, das ihren Stoffwechsel antreibt. Und dann ist da noch der Bauplan für die Blume, die in ihren Genen festgelegt ist.

Erst die drei zusammen ergeben die Blume.

Wenn ich jetzt anstelle von "Blume" sage "Mensch", ist es genau dasselbe. Wenn wir die Blume bis in alle Ewigkeit so erhalten wollten, wie sie heute ist, müßte wir sie klonen, d.h. mit immer anderen, eventuelle auch denselben Atomen immer wieder die Blume nach ihrem genetischen Bauplan neu entstehen zu lassen - oder aber einen Weg zu finden, alle Alterungsprozesse auszuschalten, also ihren körperlichen Verschleiß permanent zu reparieren.

Dies wird vielleicht eines Tages der Wissenschaft gelingen, wenn Gentechnik und die Informatik sich weiter so stürmisch entwickeln, wie das heute der Fall ist. Es ist also denkbar, daß man auch den Körper eines Menschen entweder immer wieder reproduziert oder in ihm alle Alterungs- und Verschleißerscheinungen ständig rückgängig macht. Es wäre sogar denkbar, daß man den Körper eines Menschen wieder neu reproduziert, wenn man nur noch ein paar Körperzellen von ihm besitzt, weil ja der der gesamte Bauplan jedes Menschen in jeder einzelnen Körperzelle komplett niedergelegt ist. Das wäre dann die von der Bibel vorausgesagte Wiederauferstehung im Fleische. Übrigens hätten dann die Ägypter mit der Mumifizierung der Leichen einen ungeahnten Weitblick bewiesen, während die Verbrennung der Leiche alle Chancen auf eine körperliche Wiederkehr beseitigt hat.

Eine zweite Prognose der Bibel könnte aber ebenso leicht durch die moderne Technik sich als wahr erweisen: die Zerstörung unseres Planeten durch einen umfassenden Weltkrieg mit atomaren Waffen. Man könnte die Johannesapokalypse ohne große Mühe so interpretieren. Nach all dem könnte man dann sagen: Und die Bibel hat doch recht.

Zum Ausklang noch einige Überlegungen zu der immer höher schwappenden Esoterikwelle und zu den Jugendsekten. Die Beschäftigung mit den Religionen und mit ihrer Entwicklung belehrt darüber, daß alles, was heute Sekten und Religionen lehren, schon irgendwie früher einmal gesagt und gelehrt wurde, daß also alles, was als große Weisheit und exklusive Erkenntnis verkündet wird, schon einmal da war. Deshalb gehen den Seelenfängern vor allem solche Leute auf dem Leim, die keine geisteswissenschaftliche Bildung haben. Insofern wundert es nicht, daß viele ihr Heil bei den Gurus suchen. Diese Gurus unterziehen die Leute oft einer Art Gehirnwäsche und sind letztlich nur am Geld der Leute interessiert. Es gibt kaum etwas, was Ihnen ein Guru sagen kann, das nicht im ganz gewöhnlichen katholischen Christentum enthalten ist, außer der Seelenwanderung. Wen die Aussicht lockt, auch einmal als Wanze wiedergeboren zu werden, kann gerne daran glauben.

Was aber am Christentum stört, daß einem zugemutet wird, an die jungfräuliche Geburt und an die Auferstehung Jesus zu glauben. Jesus hatte natürlich einen irdischen Vater, und Maria war natürlich keine Jungfrau, als sie Jesus auf die Welt brachte. Jesus war natürlich scheintot und hat die Kreuzigung überlebt. Menschen haben schon ganz andere Sachen überlebt. Wenn sich das Christentum von diesen und noch ein paar anderen alten Zöpfen trennen könnte, seine autoritäre Führungsstruktur mit einem pensionsreifen Papst an der Spitze, dann könnte das Christentum eine ganz brauchbare Religion sein, und wir bräuchten den ganzen Esoterik- Kram nicht.

Welchen Trost für ihr individuelles Überleben im Jenseits habe ich ihnen zu bieten ?

1. Leben sie gesund und risikoarm, so daß sie möglichst lang am Leben zu bleiben. Es könnte ja sein, daß die Wissenschaft große Fortschritte macht und ihren lebendigen Leib verjüngen und noch recht lang am Leben halten kann

2. Lassen sie sich nach ihrem Tod nicht verbrennen, sondern versuchen sie ihren Körper oder wenigstens einen Teil davon möglichst gut konservieren lassen. man könnte Sie ja möglicherweise aus der Gewebekultur wieder als neuen Menschen wiedererstehen lassen können.

3. Wenn sie so wie ich, geistig so weit entwickelt sind, daß sie damit zufrieden sind, daß sie in Gott weiterleben dürfen, dann scheren sie sich gar nicht mehr groß um den Tod und das Jenseits, sondern leben sie ein ordentliches und anständiges Leben, tun sie ihre Pflicht, lassen sie dabei auch den Lebensgenuss nicht zu kurz kommen und warten einfach, was da kommt.

Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Vom Leben nach dem Tode
Veranstaltung
Beitrag zur Webseite www.koinae.de
Autor
Jahr
1998
Seiten
39
Katalognummer
V99412
ISBN (eBook)
9783638978569
Dateigröße
533 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Es handelt sich um eine Zusammanfassung dessen was man aus Büchern über das Leben nach dem Tode erfahren kann
Schlagworte
Schamanismus, Mysterienkulte, Nahtoderlebnisse
Arbeit zitieren
Richard Beiderbeck (Autor:in), 1998, Vom Leben nach dem Tode, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99412

Kommentare

  • Gast am 20.11.2005

    Nur eine kleine Bemerkung.

    Es freut mich ausserordentlich hier zu erfahren, dass es noch Leute gibt welche die Sache mit den Religionen im beinahe richtigem Lichte sehen. Ich selbst bin ein Anhänger der Nirwanatheorie, nur mein eigenes Nirwana das muss einmal das absolute Ende im totalem Nichts, in der vollkommenen Leere sein, denn nur nach der endgültigen Auflösung im Nirgendwo kann ich mir einmal den ewigen Frieden meiner seit meiner Geburt an schon zum Sterben verurteilten Seele vorstellen. Ja so ist es! Ende

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Titel: Vom Leben nach dem Tode



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