Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Bedingungsanalyse
2. Sachanalyse
3. Unterrichtsziele
3.1. Grobziele
3.2. Feinziele
4. Didaktische Analyse
4.1. Stellenwert des kreativen Schreibens
4.2. Kompetenzbereiche
5. Methodische Analyse
6. Reflexion
6.1. Organisation, Grundlegendes und Bedingungen
6.2. Durchführung
6.3. Persönliche Reflexion
7. Bibliografie
8. Anhang
1. Bedingungsanalyse
Die Schule ist ein regionales berufliches Bildungszentrum im Landkreis Rostock. Sie liegt fernab vom Stadtzentrum in einem Waldgebiet. Das Schulgebäude erscheint recht schlicht, wobei die Räume mit den nötigen Materialien für die Durchführung der Stationenarbeit ausgestattet sind. Die schulpraktische Übung begleitet die Lehrperson. Bei der zu unterrichtenden Klasse handelt es sich um eine Jahrgangsstufe 13. Die Klasse besteht aus 9 Mädchen und 4 Jungen, also insgesamt 13 SuS. Vorab teilte uns Frau X mit, dass die SuS der Klasse schwer zu begeistern beziehungsweise zu motivieren sind. Außerdem sei die Leistungsstärke nicht so hoch, wie bei anderen Klassen der selben Jahrgangsstufe. Trotzdem konnte man im Vorfeld davon ausgehen, dass es sich wie bei jeder Schulklasse, um eine heterogene Gruppe von Lernenden handelt, in der es sowohl leistungsstarke als auch leistungsschwächere SuS gibt.
Bei den SuS der Jahrgangsstufe 13 handelt es sich vorwiegend um 18 jährige Personen. Diese Phase des Lebens wird auch als späte Adoleszenz bezeichnet, in welcher der Übergang vom Jugendlichen ins Erwachsenenalter vollzogen wird oder gar schon vollzogen ist. Betrachtet man die entwicklungspsychologischen Entwicklungen bei SuS dieser Altersstufe, so stellt man fest, dass die SuS planmäßiger vorgehen als in der frühen Adoleszenz. Ein Jugendlicher/Erwachsener, der diese Stufe der kognitiven Entwicklung erreicht hat, beginnt die Bearbeitung eines Problems damit, sich Gedanken darüber zu machen, welche möglichen Antworten in Frage kommen. Zudem ist die Fähigkeit des abstrakten Denkens bei ihnen viel stärker ausgeprägt. Während sich SuS während ihrer Kindheit weitestgehend nur mit der Wirklichkeit auseinandersetzen, fragen sich Jugendliche wie die Wirklichkeit sein könnte. Diese Form des Denkens wird als formal-operational bezeichnet. Während dem gesamten Verlauf der Adoleszenz verbessert sich außerdem die Konzentrationsfähigkeit. Ältere Jugendliche und junge Erwachsene beachten nur, worauf sie ausdrücklich hingewiesen werden oder was ihnen beachtenswert erscheint. Unwichtig erscheinende Reize hingegen werden nicht weiter beachtet.1 Die Veränderung des Englischunterrichts selbst in der Sekundarstufe II ist lernpsychologisch relevant. Der Unterricht wird weg von der Lehrerzentrierung, hin zu komplexeren und freien Sprechanlässen mit einer hohen Eigenverantwortlichkeit der SuS umstrukturiert. Der hohe Anteil an Präsentationsgelegenheiten und das Kennenlernen und Entwickeln von eigenen Lernmethoden ist zentraler Bestandteil des Englischunterrichts in der Sekundarstufe II. Dies dient dem Ziel der Vorbereitung auf den späteren Beruf und soll die SuS darüber hinaus dazu befähigen, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten selbstständig weiterentwickeln zu können.2
Laut dem Rahmenplan für das Fach Englisch wird vorausgesetzt, dass SuS eines Fachgymnasiums über ein breites Grundlagenwissen verfügen. Dabei werden die Kompetenzen aus vorherigen Klassenstufen vertieft. Die SuS sollen in der gymnasialen Oberstufe lernen eigenverantwortlich und selbstständig zu handeln. Die Sozialkompetenz erfolgreich innerhalb einer Gruppe kommunizieren zu können, findet im Rahmenplan ebenso seinen Platz. Im Gegensatz zum Unterricht in der Grundschule oder der Sekundarstufe I, steht vor allem die interkulturelle und kommunikative Kompetenz in der Sekundarstufe II im Fokus. Die SuS sollen dazu ermutigt werden, „eigenständig zu denken und vermeintliche Gewissheiten, kulturelle Wertorientierungen und gesellschaftliche Strukturen auch kritisch zu überdenken.“3 Die SuS sollen am Ende der Qualifizierungsphase das Niveau B2 (funktional-kommunikativ) bzw. C1 (rezeptiv) des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens erreicht haben.4
2. Sachanalyse
Im Gegensatz zu den in der Schule und in anderen Institutionen des Lehrens und Lernens klassischen Lese- oder Höraufgaben, ist das kreative Schreiben ein verglichenermaßen junger Bereich im schulischen Kontext. Umso mehr bedarf diese Disziplin einer genaueren Erklärung. Der folgende Abschnitt skizziert die Entwicklung des im 19. Jahrhundert in den USA entstandenen 'Creative Writing' bis hin zu seiner Entdeckung in den Fachwissenschaften und Fachdidaktiken. Es werden verschiedene theoretische Aspekte betrachtet, beleuchtet wie sich Praxis des kreativen Schreibens gestaltet und hinterfragt für welche Felder und in welcher Form die Disziplin relevant ist.
Der heute allgemein bekannte Ausdruck 'Kreatives Schreiben' hat sich als Lehnübersetzung aus dem Englischen herausgebildet. Die Ursprünge des 'Creative Writings' liegen in den sogenannten amateur writers' clubs, literarische Salons die Ende des 19. Jahrhunderts immer populärer in den Vereinigten Staaten wurden. Diese Clubs, in denen Schreibspiele zum festen Repertoire gehörten, sind mit heutigen Schreibworkshops zu vergleichen. Zunächst waren diese diversen Kurse nur als Schreib- und Ausdruckstraining gedacht. In den Folgejahren ging es aber neben der formalen und handwerklichen Sicherheit im Bereich des Schreibens, vor allem um die eigene reflektierte Schreiberfahrung und Einblicke in die eigenen Kreativitätsprozesse, die bei der Entstehung eines Werks mitwirken.5
Nicht zuletzt die aktuelle Entwicklung an deutschen Hochschulen zeigt, dass sich das kreative Schreiben immer größer werdender Beliebtheit und Relevanz erfreut. Das belegen nicht zuletzt eigens auf das kreative Schreiben ausgerichtete literarische und journalistische Studiengänge an den Universitäten. Doch was meint kreatives Schreiben? Oliver Ruf zufolge dient Schreiben der Auferweckung eines in jedem Menschen schlafenden Systems. Er fügt dem die Tatsache hinzu, dass Schreiben auch immer etwas im Menschen erweckt was man vorher nicht kannte, obgleich es in ihm lag.6 Diese Aussagen über das Schreiben an sich lassen sich in gleicher Weise auch auf das kreative Schreiben übertragen. So besitze laut Böttcher jeder Mensch nicht nur ein kreatives, sondern auch ein kreativ-sprachliches Potenzial.7 Beide Autoren gehen demnach in ihrer Rede von 'Kreativität' und 'Schreiben' davon aus, dass beides jedem Menschen gegeben ist. Es gibt verschiedenste Ansätze zu erklären was sich hinter der Wortschöpfung 'Kreatives Schreiben' verbirgt. Allgemein haben diese unterschiedlichen Ansätze einen Punkt gemeinsam. Sie betonen ein Denken und Handeln im und durch das Schreiben. Besonderes Augenmerk wird dabei auf den sogenannten Neuigkeitswert des Schreibens gelegt. Dieser Neuigkeitswert bezieht sich zum einen auf die entstehenden Produkte, welche neuartig und wertvoll sind, zum anderen aber auch auf den Weg zum Produkt selbst. Ein weiterer wichtiger Aspekt des kreativen Schreibens ist die Selbstentfaltung. Ruf drückt es in seinem Werk so aus, dass es während des Schreibprozesses darum geht, ein 'Modell menschlichen Wohlbefindens' zu erreichen und sich selbst zu verwirklichen.8
Unabdingbar für die kreative Schreibszene ist ein spezifischer Ausgangspunkt, von dem aus ein kreativer Text entstehen kann. Grundlage für die Verfassung eines ästhetischen Werks ist demnach immer ein in unterschiedlichen Maßen vorhandenes Kontextwissen beim Verfasser selbst. Dieses Wissen dient als Grundlage um eigene Wahrnehmungen in verschiedenen Gestaltungsformen auszudrücken. Wichtig zu erwähnen ist, dass Kreativität nicht erst in der Schreibszene selbst entfaltet wird, sondern die notwendige Voraussetzung ist, um eine solche Schreibszene zu initiieren. Angesichts dieser Tatsache stellt sich vor allem für eine Lehrperson die Frage, inwiefern man Kreativität didaktisch pädagogisch bei den SuS fördern kann. Laut Stingelin kann bereits eine angenehme Schreibsituation (genügend Zeit, besonderer Anlass, angenehmer Schreibort, etc.) zur Überwindung von Schreibblockaden führen und die Imaginationskraft eines einzelnen aktivieren, wodurch es möglich ist, etwas Kreatives entstehen zu lassen.9 Vereinfacht ausgedrückt lässt sich zusammenfassen, dass in der kreativen Schreibszene Erfahrungen, Erlebtes oder bloßes Wissen in ästhetischer Form zum Ausdruck gebracht wird. In diesem Prozess fallen die wahrnehmend -rezeptive, die gestaltend-produktive und die urteilend-kommunikative Dimension zusammen, wobei wichtig zu erwähnen ist, dass es noch weitere theoretische Modelle gibt, welche sich auf andere Dimensionen beziehen. Weitestgehende Einigkeit hingegen herrscht in der Frage, welches der beiden aus der Psychologie und den Didaktiken bekannten Verfahren 'top-down' und 'bottom-up' dem kreativen Schreiben zugrunde liegt. Für das Erstellen eines kreativen Texts wird empfohlen, von einem textgeleiteten Verfahren (bottom-up) statt von einem schemageleiteten top-down-Modell auszugehen. Anstatt auf vorgegebene Strategien und Schemata zurückzugreifen, die beim Lösen des Schreibproblems helfen sollen, weiß der Verfasser hierbei nicht, wohin ihn der Schreibprozess letztendlich treibt oder welches Endprodukt er erzielt. Mit dieser Aussage soll jedoch keineswegs der Eindruck entstehen, dass gewisse Grundinformationen vor dem Schreiben eines Textes irrelevant sind. In jedem Fall ist es vorab notwendig zu klären, welche Besonderheiten bestimmte Textsorten mit sich bringen und was beispielsweise beim Verfassen eines Briefes, einer Rede oder anderer Produkte kreativen Schreibens zu beachten ist.10
In der letzten Phase der Station „Creative Writing“ werden die geschriebenen Texte von den SuS gegenseitig gelesen und im Anschluss ausgewertet. Die Auswertung wird hierbei nicht von mir als Lehrperson, sondern von den SuS selbst vorgenommen. Diese aus dem englischsprachigen Raum stammende Bewertungsmethode, hält seit geraumer Zeit auch in deutschen Klassenzimmern Einzug. Kernproblem der gegenseitigen Bewertung von SuS ist ein häufig undifferenziert ausfallendes Urteil. Das Feedback der SuS bleibt oftmals oberflächlich, da ihnen keine konkreten Kriterien vorgegeben werden, an denen sie sich bei der Bewertung orientieren können. Der Gedanke aber, dass SuS sehr wohl sehr viel voneinander lernen können, wird durch das Konzept der peer correction oder auch peer evaluation aufgenommen. Bei dieser Methode wird den SuS mittels eines kriterienorientierten Evaluationsbogens eine Vorlage geschaffen, anhand derer sie gegenseitig ihre Texte differenziert bewerten können. Auf diese Art und Weise lernen die SuS, wie sie selbst ein Feedback zu ihrem Text bekommen und so ihre eigene Kompetenz im Bewerten anderer Texte verbessern können.11
3. Unterrichtsziele
3.1. Grobziele
- die SuS festigen ihre fremdsprachlichen Fertigkeiten im Schreiben durch das selbstständige Verfassen und Korrigieren eines Texts (Letter oder Article) und nehmen dabei Bezug auf ein Zitat, welches als Textgrundlage dient
- die SuS kontrollieren gegenseitig die entworfenen Texte und bewerten diese nach den vorgegebenen Kriterien
3.2. Feinziele
- die SuS bekommen Kenntnisse über die verschiedenen Textsorten vermittelt und wenden diese kreativ und produktiv an (Sachkompetenz)
- die SuS wenden ihr methodisches Wissen über das Verfassen von Texten und deren einzelnen Teilabschnitten an (Methodenkompetenz)
- die SuS organisieren ihren Arbeitsablauf in der Gruppe selbstständig und verteilen
Aufgaben eigenständig (Sozialkompetenz)
- die SuS identifizieren sich mit den betroffenen Kleinhändlern und nehmen eine andere Perspektive ein (Selbstkompetenz/interkulturelle Kompetenz)
4. Didaktische Analyse
4.1. Stellenwert des kreativen Schreibens
Obgleich schon vor Jahrzehnten an den deutschen Schulen das Ziel ausgerufen wurde, die mündliche Kommunikationsfähigkeit zu steigern, wurde das Schreiben nicht zurückgedrängt und zählt noch heute zu der am häufigsten ausgerufenen Tätigkeit im Englischunterricht. Das Schreiben trägt als Ausdruck von Gedanken zu einer bestimmten Thematik Relevantes zur Bildung sprachlicher und kommunikativer Kompetenzen bei. Die Lernenden intensivieren durch das kreative Schreiben ihren Sprachkontakt. Darüber hinaus ermöglicht es aus didaktischer Perspektive eine effiziente Individualisierung. Dank der langsamen und aufmerksamen Sprachverarbeitung ist es beim Schreiben möglich, bereits beherrschte Elemente mit neuen Strukturen zu verbinden, was im mündlichen Sprachgebrauch schwieriger zu realisieren ist. Ein weiterer positiver Aspekt des Schreibens ist die in der Regel hohe Aufmerksamkeit, welche fast zwangsläufig zu einer Auseinandersetzung mit der Sprache an sich führt.12
Die verschiedenen Formen des kreativen Schreibens sind im Gegensatz zu den klassischen schulischen Formen des Schreibens (Erörterung, Interpretation, Kommentar, etc.) meistens nicht im Katalog der Lernziele wiederzufinden, wobei die Tendenz hier steigend ist. Das kreative Schreiben dient insbesondere der freien Erprobung der sachlich-textuellen Potenziale der Schreibenden und der Intensivierung und Strukturierung des Lernprozesses. Die Gestalt der Endprodukte, sprich der Texte, hängt bei dieser Form in einem hohen Maße von den Erfahrungen und Qualitätskriterien des Schreibers selbst ab und weniger von den Anforderungen, die zielsprachlich an solche Texte gestellt werden.13
Der Schreibdidaktik liegen vier wesentliche Orientierungspunkte zugrunde: die Handlungs-, Lerner-, Prozess- und Produktorientierung. Handlungsorientierung meint, dass Schreiben als kommunikatives Handeln auf überzeugende situative Einbettung angewiesen ist. Besonders wichtig ist es, sich beim Erteilen der Aufgabe einen Text zu verfassen, am Lerner zu orientieren, da das Verfassen eines Textes ein ausgesprochen schreibergesteuerter Prozess ist. Die Wahrscheinlichkeit das Engagement der Lerner zu wecken ist umso höher, wenn deren Interessen, Kompetenzen und Kommunikationsbedürfnisse angesprochen werden. Das Phasieren der Schreibarbeit in unterschiedliche Abschnitte (Vorbereitung, Durchführung, Auswertung) ist Bestandteil der Prozessorientierung. Durch die eben genannte Phasierung kann die Komplexität der entstehenden textuellen Struktur reduziert werden. Außerdem ist es für den Schreiber hilfreich, wenn das Augenmerk auf spezifische Aspekte der Aufgabe gelegt wird. Bei der Produktorientierung geht es um das eigentliche Ziel einen sprachlich korrekten und inhaltlich verständlichen Text zu produzieren. Nicht zuletzt sind es vor allem positive Beispieltexte, die dazu beitragen können, dass ein solcher Text entsteht. Theoretisch lässt sich nur schwer zeigen wann ein Text gut oder schlecht ist, jedoch hervorragend an gelungenen Exemplaren.14
4.2. Kompetenzbereiche
Das Stationenlernen kann je nach Literaturgrundlage in unterschiedliche Phasen eingeteilt werden. Allgemein kann man sechs Arbeitsphasen unterscheiden: Planung und Konzeption, praktische Vorbereitung, Einführung, Durchführung, Ergebniskontrolle/Präsentation und Auswertung.15 Im Folgenden steht die Durchführungsphase inklusive der einzelnen Teilabschnitte im Mittelpunkt. Zunächst werden die in den einzelnen Teilabschnitten ausgeführten Punkte folgendem didaktischen Dreischritt zugeordnet: Legitimation, Akzentuierung/Reduktion und Strukturierung. Anschließend wird analysiert, welche Kompetenzbereiche bei den SuS durch die von der Lehrperson entworfenen Aufgaben gefordert und gefördert werden.
Beim „Skills Training“ geht es darum, die unterschiedlichen Methoden an verschiedenen Stationen und in Kleingruppen zu trainieren. Primäre Aufgabe der SuS an der Station „Kreatives Schreiben“ ist es, einen zusammenhängenden Text zu verfassen, in welchem sie auf ein zuvor besprochenen Sachverhalt Stellung beziehen und selber Argumente entwickeln, um am Ende einen eigenen Standpunkt zu bilden.
Zu Beginn erledigen die SuS kleinere Vorbereitungsaufgaben aus dem Bereich des kreativen Schreibens, bei denen sie Überschriften dem entsprechenden Text zuordnen. Diese Aufwärmübung dient der Aktivierung der SuS. Außerdem wird das Interesse für nachfolgende Aufgaben geweckt. Da dieser Abschnitt in Form einer Gruppenarbeit stattfindet, haben die SuS an dieser Stelle Gelegenheit, ihre eigenen Stärken einzubringen und sich in einem selbstgesteuerten, sozialen Lernprozess auszuprobieren. Auf weitere Aktivierungsübungen wird aufgrund mangelnder Zeit verzichtet.
Als nächstes leitet die Lehrperson zur primären Aufgabe der Station hin. Zu Beginn erhalten die SuS hierzu einen kurzgehaltenen Informationstext, in dem es um das Aussterben von Kleinhändlern aufgrund der zunehmenden Konkurrenz durch große Modeketten geht. Dieser Text bietet einen guten Einstieg in die Thematik, da er kompakt, verständlich und für die SuS leicht zugänglich ist. Die Länge des gewählten Abschnittes ist für die relativ kurze Bearbeitungszeit, die die jeweiligen Gruppen an der Station zur Verfügung haben, durchaus geeignet. Der Text bietet außerdem genügend Informationen, die als Denkanstöße genutzt werden können, nimmt den SuS aber nicht mögliche eigenen Ideen und Argumente vorweg. Der Informationstext endet mit einem zur Thematik passenden Zitat. Bei dem Zitat handelt es sich um einen bei Twitter geposteten Tweet. Nicht nur diese Variante des Zitats, sondern auch der Sachverhalt an sich verspricht einen Lebensweltbezug der SuS zur Thematik. Diese Phase der Hinführung legitimiert sich dadurch, dass sie den SuS Informationen liefert, die als Denkanstöße für das Entwickeln eigener Ideen genutzt werden. Besonders steht dabei das abschließende Zitat im Fokus, da die SuS später in ihren Texten dazu Stellung nehmen werden. Auf längere Informationstexte wurde verzichtet, da die SuS selbst Argumente entwickeln und nicht lediglich Fakten eines Textes wiedergeben sollen. Das Thema des gesamten Skills Training lautet Globalisation. Diese Thematik ist vor allem auch für die Altersgruppen des Jahrgangs 13 in vielen Bereichen des Lebens allgegenwärtig. Die an der Station „Kreatives Schreiben“ speziell angesprochenen Problemstellungen „wirtschaftlicher Konkurrenzkampf“ oder „Ausbeutung von Arbeitern“ sind für die jungen Erwachsenen als Konsumenten selbst von Relevanz. Aber auch eine mögliche spätere Beschäftigung der SuS selbst in dieser oder ähnlichen Branchen, gewährt ein Interesse an der Thematik.
Anschließend haben die SuS nun Zeit sich kreativ mit dem Zitat beziehungsweise dem Thema auseinanderzusetzen. Unerlässlich ist dabei das Wissen über die zur Auswahl stehenden Textformen. Die SuS können zwischen einem Zeitschriftenartikel oder einem formalen Brief wählen. Die Regeln, die bei der entsprechenden Textform zu beachten sind, werden im Vorfeld ebenfalls besprochen. Bis auf die Einhaltung dieser Richtlinien, können sich die SuS bei der Gestaltung des Textes frei entfalten. Darüber wie komplex der Text werden soll oder welche Meinungen vertreten werden, entscheiden die SuS selbst. Die SuS ordnen in der Produktionsphase ihre Informationen, erarbeiten sich selbstständig neue Argumente und strukturieren diese angemessen innerhalb des Textes. Der Akzent liegt dabei nicht auf das Erreichen einer Vollkommenheit an Argumenten, sondern vielmehr auf einer angemessenen Struktur, anhand derer die eigene Meinung abschließend begründet wird.
Als letztes werten die SuS gegenseitig die verfassten Schriftstücke aus. Dazu lesen sie jeweils den Text eines/r anderen und geben anhand eines Kriterienbogens Feedback. Es wird von den SuS erwartet, dass sie Leistungen anderer objektiv bewerten und diese Meinung im Gespräch sachlich und in der Fremdsprache Englisch begründen können. Die Auswertungsphase ist so strukturiert, dass alle SuS jeweils einmal Feedback geben und erhalten. Aufgrund der geringen Zeit, die für die einzelnen Gruppen zur Verfügung steht, können nicht alle Texte von der Lehrperson kontrolliert und bewertet werden.
Die verschiedenen Inhalte der Station „Kreatives Schreiben“ finden sich in den Kompetenzbeschreibungen des Rahmenplans zu den fremdsprachlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten wieder. Die funktional-kommunikativen Teilkompetenzen werden an der Station wie folgt abgedeckt. Laut den Bildungsstandards für die Kompetenzbereiche in der fortgeführten Fremdsprache Englisch für die allgemeine Hochschulreife können die SuS im Bereich der Lesekompetenz „die Hauptaussagen und deren unterstützende sprachliche und/oder inhaltliche Einzelinformationen erfassen“.16 Zweifelsohne spielt die Lesekompetenz beim kreativen Schreiben eine untergeordnete Rolle. Dennoch ist es ohne die soeben zitierte Lesekompetenz aus dem grundlegendem Anforderungsniveau nicht möglich, einen ersten Überblick über das Thema zu erlangen.
An der Station „Kreatives Schreiben“ finden sich eine Reihe von Schreibkompetenzen wieder, die für die Produktion des Textes erforderlich sind oder welche im Laufe der Arbeit erlernt werden sollen. Der primäre Teil der Station umfasst das Schreiben eines Textes einer bestimmten Textsorte. „Die Schülerinnen und Schüler können aus einem breiten Spektrum eine Textsorte auswählen, in eigenen Textproduktionen situationsangemessen und adressatengerecht umsetzen und dabei die Konventionen der jeweiligen Textsorte beachten“.17 Da die SuS zwischen verschiedenen Textsorten wählen können und sich an die dementsprechenden Regeln halten sollen wird diese Kompetenz aus dem erhöhten Niveaustufenbereich voll und ganz gefordert und gefördert. Abgesehen von den geforderten Kompetenzbereichen, lässt sich die zentrale Aufgabe dem Anforderungsbereich III des schriftlichen Abiturs zuordnen. Der Anforderungsbereich III umfasst den reflexiven Umgang mit neuen Problemstellungen sowie das selbstständige Anwenden von Methoden mit dem Ziel, zu Begründungen, Deutungen, Wertungen und Beurteilungen zu gelangen. In diesem konkreten Fall lässt sich der Operator „gestalten“ zweifelsohne der Aufgabenstellung zuordnen. Der Operator gestalten meint sich produkt-, rollen- bzw. adressatenorientiert mit einem Problem durch Entwerfen von Reden, Briefen, Modellen oder Ähnlichem auseinanderzusetzen.18 Ein weiterer Kompetenzbereich aus dem grundlegenden Niveau wird in den Bildungsstandards wie folgt formuliert: „Die Schülerinnen und Schüler können Schreibprozesse selbstständig planen, umsetzen und reflektieren“, sowie „eigene kreative Texte verfassen“.19 Aufgrund der Tatsache, dass die Lehrperson inhaltlich keine strikten Vorgaben an den zu schreibenden Text stellt, ist das genannte Kriterium der Kreativität erfüllt.
[...]
1 Mietzel, Gerd: Wege in die Entwicklungspsychologie. Kindheit und Jugend. Weinheim 2002. S. 336-338.
2 Haß, Frank: Fachdidaktik Englisch. Tradition, Innovation, Praxis. Stuttgart 2015. S. 47-49.
3 www.bildung-mv.de
4 Ebenda.
5 Ruf, Oliver: Kreatives Schreiben. Tübingen 2016. S. 19.
6 Ebenda. S. 51.
7 Böttcher, Ingrid: Kreatives Schreiben. Berlin 2013. S. 11.
8 Ruf, Oliver. S. 20.
9 Stingelin, Martin: Schreiben. München 2015. S. 16.
10 Ruf. S. 32-34.
11 https://www.klett.de
12 Hallet, Wolfgang; Königs, Frank G.: Handbuch Fremdsprachendidaktik. Seelze-Velber 2010. S. 93.
13 Ebenda. S. 94.
14 Hallet, Wolfgang; Königs, Frank G.. S. 95.
15 Niggli, A.: Lernarrangements erfolgreich planen. Didaktische Anregungen zur Gestaltung offener Unterrichtsformen. Aarau 2000. S. 16-18.
16 https://www.kmk.org. 2012. S. 15.
17 Ebenda. S. 17.
18 https://www.klett.de S. 1.
19 https://www.kmk.org. 2012. S.15