Das "Abendständchen" (Opus 42) von Johannes Brahms

Eine musikalische Analyse


Hausarbeit, 2019

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Analyse des Stückes „Abendständchen“ von Johannes Brahms
2.1 Eine Kurzbiographie Johannes Brahms' und Andeutungen zu seinem Verhältnis ^ zur Vokalmusik
2.2 Brahms' Art und Ausmaß der Komposition von Vokalmusik und seine Wahl des 5 „richtigen“ Textes
2.3 Eine Kurzbiografie Clemens Brentanos und Einordnung des Textes
2.4 Die musikalische Analyse des Liedes

3 Zusammenfassung

4 Anhang
4.1 Quellen- und Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„Blickt zu mir der Töne Licht.“ Mit diesen Worten enden die Verse Clemens Brentanos, welche Johannes Brahms in seinem „Abendständchen“ vertonte. Dass am Ende dieser Arbeit dem Lesenden bezüglich des „Abendständchens“ auch ein Licht auf geht, das versuche ich auf den folgenden Seiten zu erreichen. Ich beginne mit einer kurzen Darstellung der wichtigsten biografischen Eckdaten Johannes Brahms', welche musikalischen Einflüsse hatte er und wer waren seine Vorbilder oder Mentoren? Wie war sein Verhältnis zur Vokalmusik und vor allem zur Chormusik?

Danach setze ich mich mit seiner Art des Komponierens und seiner Wahl des Textes auseinander. Welche Einflüsse hatte Brahms bezüglich seiner kompositorischen Arbeiten? Wie wählte Brahms seine Texte? Vertonte er einen Text direkt, wenn er ihn entdeckte? Wessen Dichtungen nahm er gerne als Vorlage und wo lagen seine Ansprüche an den Text? Darauf folgt eine Kurzbiografie des Dichters Clemens Brentano und eine Einordnung der Verse in den Kontext, aus welchem sie von Brahms genommen wurden. Warum dies für das Verständnis des ganzen Werkes immens wichtig ist, wird in Kapitel 3 erläutert. Anschließend analysiere ich das Stück musikalisch und versuche herauszufmden, welche Stilmittel Brahms benutzte, um das Stück zu vertonen. Wie arbeitete er mit der Dynamik und dem Rhythmus? Gibt es eine Melodie die eingängig ist und sich durch das ganze Stück hindurch zieht? Kann man das Werk als klassisches Chorlied bezeichnen oder muss man dort Unterscheidungen machen? Im finalen Teil der Arbeit versuche ich dann, die vorher gefundenen Erkenntnisse auf das Stück zu beziehen und probiere mich an einer Interpretation des Werkes. Wie interpretierte Brahms den Text und wie unterstütze er dessen Wirkung durch seine Komposition? Geht Brahms auf den Hintergrund der Verse ein oder reißt er sie komplett aus dem Kontext und gibt ihnen ein neues Gesicht?

Diese und weitere Fragen erhoffe ich auf den folgenden Seiten beantworten zu können um eine Einblick in Brahms'“Abendständchen“ zu geben. Selbstverständlich ist diese Arbeit nicht allgemeingültig, lediglich einer von vielen möglichen Interpretationsansätzen.

2 Die Analyse des Stückes ,,Abendständchens“von Johannes Brahms

2.1 Eine Kurzbiographie Johannes Brahms' und Andeutungen zu seinem Verhältnis zur Vokalmusik

Johannes Brahms wurde am 17. Mai 1833 in Hamburg als zweites von drei Kindern geboren. Seine Mutter Johanna Henrike Christiane Brahms, geh. Nissen, betrieb einen Kurzwarenladen und sein Vater Johann Jakob Brahms war Kontrabassist in der Philharmonischen Gesellschaft Hamburgs. Johannes Brahms „wuchs in beengten Verhältnissen auf, was allerdings den gewissenhaften Besuch der Elementarschule (18391844) und einer angesehenen, auch Englisch- und Französischstunden anbietenden „Lehranstalt für Knaben“ (1844-1847) nicht ausschloss.“1 Schon im Alter von sieben Jahren hatte er Privatunterricht bei dem Klavierpädagogen Otto Friedrich Willibald Cossel und mit zehn Jahren spielte er bereits die ersten Etüden auf dem Klavier. Drei Jahre später gab er zusammen mit seinem Vater sein erstes bezahltes Konzert. Nach dem Ende der Schule begann Brahms immer mehr Auftritte zu spielen, um Geld zu verdienen. Dabei wurde der Geiger Eduard Remény auf ihn aufmerksam und er nahm ihn mit auf seine Tour durch Norddeutschland, an deren Ende er in Weimar Franz Liszt kennenlernte und auch ein Konzert des Komponisten besuchte. Bei einem Aufenthalt in Winsen/Luheim im Jahr 1847 kam der Teenager Brahms das erste Mal direkt mit Vokalmusik in Kontakt. Er probte und dirigierte mit dem dort ansässigen Männergesangsverein.

Am 30. September 1853 lernte der Brahms in Düsseldorf Robert und Clara Schumann kennen und es begann eine große Freundschaft zwischen dem Musikerpaar und dem Jungkomponisten. „Robert bekommt einen Erben im Geiste, Clara einen Freund fürs Leben.“2 heißt es später bei Martin Geck. Bei einem Hauskonzert der Schumanns begegnete er wenig später den Geiger und Komponisten Joseph Joachim, mit dem er von da an über viele Jahre hinweg eine enge Freundschaft führte. Von ihm übernimmt er das Lebensmotto „Frei aber Einsam“. Aus den Anfangsbuchstaben der Wörter entstand eine Tonfolge welche Brahms unter anderem in der F-A-E-Sonate, welche er zusammen mit Robert Schumann für Joseph Joachim schrieb, vertonte. Im Dezember 1853 erfolgte Brahms erster öffentlicher Auftritt bei einem Konzert in Leipzig und wenig später (im November 1855) begann er seine Konzertreise mit Joachim und Clara Schumann. Knapp zwei Jahre später, im September 1857, unterschrieb Brahms seinen ersten Vertrag für eine Festanstellung. Er war von nun an am Detmolder Fürstenhof als Klavierlehrer, Konzertpianist und Dirigent des Hofchores angestellt.1 Dort entstand dann auch im Jahre 1859 das „Abendständchen“.

Doch wie es sich schon durch Brahms frühes Leben durchzog, verließ er auch diesen Ort nach nur wenigen Jahren und kehrte zum Ende des Jahres 1859 wieder in seine Heimatstadt Hamburg zurück. Dort übernahm er in der Folge einen Frauenchor, was er später „als die schönste Zeit seines Lebens“2 bezeichnen sollte. Wie sollte es jedoch auch anders sein, Brahms verließ auch Hamburg bereits nach kurzer Zeit wieder und ließ sich im September 1862 ein erstes Mal in Wien nieder.3 Dort trat er seine zweite Festanstellung als Chormeister der Wiener Singakademie an, welche unter seiner Leitung am 17. April 1864 das „Abendständchen“ uraufführte. Doch endgültig wollte sich Brahms noch nicht in Wien niederlassen und so kam es auch, dass die Erstaufführung seines wohl bekanntesten Stückes des Deutschen Requiems op. 45 (noch ohne den 5. Satz) am 10. April 1868 im Dom zu Bremen und nicht etwa Wiener Stephansdom stattfand.

Doch ein Jahr später war es dann so weit. 1869 zog Brahms endgültig nach Wien und sollte seine Wahlheimat auch bis zum Ende seines Lebens nicht mehr verlassen. Zwei Jahre nach seinem Umzug in die Klassikerstadt trat er seine dritte und auch letzte Festanstellung an: die Stelle des artistischen Direktors der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, welche er bis ins Jahr 1875 bekleidete. Schon während dieser Zeit begann er im Jahr 1874 eine Dirigentenreise, um seine Werke und seine Person einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Spätestens dort wurden voraussichtlich auch die Leiter des Thomanerchores in Leipzig auf ihn aufmerksam, welche ihm 1878 die Stelle des Thomaskantors anboten. Da er jedoch in Unfrieden aus seiner letzten chorleiterischen Verpflichtung in Wien herausgegangen war, lehnte er dankend ab. Von da an konzentrierte er sich vor allem auf Konzertreisen (oft nach Italien) und auf das Komponieren weiterer Werke z.B. seiner Sinfonien 3 (1883) und 4 (1885).

Im Jahr 1896 verschlechterte sich Brahms' Gesundheitszustand jedoch rapide und so folgte aml3. März 1897 sein letzter öffentlicher Auftritt. Wenige Wochen später verstirbt Brahms am 3. April in seiner Wiener Heimat an der „bürgerlichen Gelbsucht“. Er wurde 63 Jahre alt.

2.2 Brahms' Art und Ausmaß der Komposition von Vokalmusik und seine Wahl des „richtigen“ Textes

„Masse und Kontinuität, so scheint es, stellen die Grundvoraussetzungen dar, um in den Kanon der großen Komponisten einer bestimmten Gattung aufzusteigen.“6, so schreibt es Peter Jost und scheint damit recht zu haben, zumindest was Johannes Brahms und die Gattung des Liedes betrifft. „Denn mit diesen Werken schrieb Brahms für die musikalische Massenbewegung des 19. Jahrhunderts, den Laienchor. [...] Opern und Musikdramen erforderten einen aufwendigen, mit Schwierigkeiten verbundenen Apparat; große Sinfonien konnten nur von den relativ wenigen professionellen Orchestern aufgeführt werden. Chöre aber konnten schnell gegründet werden, setzten bloß eine geringe musikalische Vorbildung voraus und erreichten mit einer Vielzahl von Konzerten ein immenses Publikum [,..]“7 Auch finanziell war diese Gattung sowohl für den Komponisten als auch für den Verleger von nicht unwesentlich höherem Gehalt. So konnte ein dünnes Heft mit einer Sammlung an Liedern, wesentlich einfacher an den Mann gebracht werden, als ein Buch mit einer kompletten Sinfonie. „Mit dem üblichen Begriff des „Chorliedes“ sind Brahms' Werke insgesamt nur unzureichend bezeichnet. Zwar sind viele Sätze in der Tat liedhaft und prägen den Typus eines mehrstimmig gesungenen Liedes aus, andere gehen jedoch in ihrer Gestaltungsweise über das Lied im engeren Sinne hinaus [,..]“8 So auch das „Abendständchen“, welches unter die Kategorie der „weltlichen Chorwerke“ fällt. „Die Werkgruppe der weltlichen Chorwerke a capella umfasst sieben mit Opuszahlen versehene Sammlungen mit insgesamt 51 Einzelsätzen [...] Dazu treten acht einzeln überlieferte Stücke ohne Opuszahl [,..]“9 Das „Abendständchen“ ist Teil einer (von zwei) Sammlung, die mit „Gesänge“ überschrieben wurde, die anderen fünf tragen die Namen „Lieder“ und „Lieder und Romanzen“. Vermutlich schrieb Brahms jedoch noch einige Lieder mehr, denn viele vernichtete er, wenn sie seinen eigenen hohen Ansprüchen nicht genügten.

„Der literarisch-musikalische Gattungsbegriff „Lied“ wurde zur Goethezeit als selbstverständliche formale Konvergenz von Gedicht und vertontem Gedicht verstanden.“10 Doch anfangs waren einige Dichter von dieser Art der „Neuinterpretation“ ihrer Werke nicht so begeistert. Sie befürchteten, dass ihre Worte nun in den Hintergrund rücken würden und die Grundaussage nur noch von der Musik kommen würde. Doch dieser Gedanke hielt sich nur kurz. Denn oft unterstützen die Komponisten durch verschiedene Elemente der Musik nun die Wirkung des Textes, was dazu führte, dass sich der Text in der Musik noch mehr entfalten konnte.

Ein anderer positiver Nebeneffekt für die Dichter war, dass sie durch die Vertonungen ihrer Werke einen höheren Bekanntheitsgrad erlangen konnten. So war es auch bei vielen Dichtern, deren Werke Johannes Brahms vertonte. Er wählte nämlich kaum Werke von großen und schon bekannten Poeten, sondern bot eher den kleineren der Dichterzunft eine Bühne. Im Übrigen ganz im Gegenteil zu Robert Schumann, welcher in der Literatur oft als Vorbild Brahms' benannt wird, jedoch nahezu ausschließlich den großen Literaten seiner Zeit eine Vertonung ihrer Werke schrieb. Doch ein wenig Egoismus war bei Brahms bezüglicher der unbekannten Werke doch zugegen. Denn; „Ganz bewusst jedoch klammerte er hochrangige, sprachlich vollendete Gedichte, die kaum noch Ansatzpunkte für eine Steigerung durch die Musik bieten konnte, aus seinen Liedkompositionen aus [,..].“n So konnte er den (vermeintlichen) Ruhm nach einer gelungenen Komposition nahezu für sich alleine in Anspruch nehmen. Anfangs vertonte Brahms sehr viele Werke, doch „In späterer Zeit hat Brahms meistens auf eine eigene Vertonung verzichtet, wenn eine in seinen Augen gelungene bereits vorlag [,..]“12

Wie aber erfolgte die Auswahl der Gedichte? Peter Jost schreibt dazu: „Gedichte, die ihm bei der Lektüre aufgefallen waren, ihn durch ihren Ton ansprachen und die er grundsätzlich für komponierbar hielt, schrieb Brahms in eines seiner Taschenbücher ab.“13 Was war Johannes Brahms wichtig bevor er die Texte in seine Bücher übernahm? Laut Jost: „Seine Struktur und sein emotionaler Gehalt sind ausschlaggebend für die Wahl der Grundform, seine Details für mögliche Varianten oder Abweichungen.“14 Sie mussten also genug Spielraum besitzen, damit Brahms sich in ihrer Vertonung noch selbst verwirklichen konnte, aber andererseits sollten sie auch schon eine gewisse Eigendynamik mit sich bringen.

Hatte Brahms also eine poetische Vorlage für ein neues Werk entdeckt, für gut befunden und aufgeschrieben, machte er sich in der Folge daran, eine passende Melodie und Stimmung für diese Vorlage zu finden. Fand er keine, so warteten einige Gedichte noch über seinen Tod hinaus in seinem Taschenbuch auf ihre Aufnahme in die Welt der Musik.

[...]


1 Vgl. nun: Weymar, Stefan; Zeittafel zusammengestellt von Stefan Weyrnar

2 Vgl.Meischein, Burkhard; Weltliche Chorwerke a capella, S. 315.

3 Vgl. nun: Weymar, Stefan; Zeittafel zusammengestellt von Stefan Weymar.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Das "Abendständchen" (Opus 42) von Johannes Brahms
Untertitel
Eine musikalische Analyse
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Note
1,0
Autor
Jahr
2019
Seiten
15
Katalognummer
V995057
ISBN (eBook)
9783346365835
ISBN (Buch)
9783346365842
Sprache
Deutsch
Schlagworte
abendständchen, opus, johannes, brahms, eine, analyse, liedanalyse, chorlied, hausarbeit, opus 42
Arbeit zitieren
Vincenz von Roda (Autor:in), 2019, Das "Abendständchen" (Opus 42) von Johannes Brahms, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/995057

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