Carl Spitzweg


Referat / Aufsatz (Schule), 2000

9 Seiten


Leseprobe


Inhaltsübersicht

1.Biographie

2. Bildinterpretation zu ,,Der arme Poet"

3. Bildinterpretation zu ,,Eremit, Hühnchen bratend"

1. Biographie

Carl Spitzweg wurde am 5. Februar 1808 in München geboren. Seine Eltern waren Simon und Franziska Spitzweg, geborene Schmutz. Die Familie Spitzweg stammte aus dem Dorf UnterPfaffenhofen bei Fürstenfeldbruck in Oberbayern, wo sie zu Reichtum gekommen war. Simon Spitzweg war Kaufmann, besaß eine Firma. Carl hatte zwei Brüder: den drei Jahre älteren Simon und den drei Jahre jüngeren Bruder Eduard.

Die drei Jungen wuchsen wohlbehütet auf und hatten nie unter der Not der Armut und Unbildung wie viele andere Kinder zu leiden - dafür aber unter der Strenge des Vaters, der sich vorgenommen hatte, daß seine Söhne seinen eigenen Weg mit Fleiß weiterzugehen hatten. Die Jungen besaßen kaum Freizeit, und auch Widerspruch war in dem Hause Spitzweg nicht erlaubt. Der Vater machte Karriere und stellte auch große Anforderungen an seine Kinder, und wenn sich bei Carl künstlerische Neigungen zeigten, hatte der strenge Vater kein Verständnis. Er hatte den Söhnen ihre Lebenswege vorgegeben: Simon, der Erstgeborene, sollte das florierende väterliche Geschäft übernehmen; Carl und Eduard sollten, einander zuarbeitend, Arzt und Apotheker werden. Carls Vater sorgte für eine gute Schulbildung seiner Söhne, da er auch seine eigene gute Schulbildung für seinen Aufstieg verantwortlich machte. Carl besuchte das Wilhelmsgymnasium in München, schaffte die Klassen ohne Probleme und bekam in den Zeugnissen stets sehr viele Fähigkeiten und großen Fleiß bescheinigt.

Im Jahre 1819 starb die Mutter, und noch im gleichen Jahr heiratete der Vater die einzige Schwester seiner verstorbenen Frau, die jetzige Alleinerbin des Schmutzer'schen Großhandelsunternehmens. Somit blieb das Geschäft in der Familie.

Carl war so gut in der Schule, daß er eine Klasse übersprang. Doch dann verließ er am Ende des Schuljahres 1824/25 freiwillig die Schule, um zu einem ,,bürgerlichen Gewerbe" überzugehen.

1825 trat er in einer Hof-Apotheke in München seine Ausbildung zum Apotheker an. Im Jahre 1828 beendete Carl seine Lehre, im gleichen Jahr starb sein Vater. Carl verfolgte den Lebensweg, den der Vater ihm vorgezeichnet hatte: als Gehilfe blieb er in der Hof-Apotheke tätig und begann sein Studium an der Münchner Universität.

Kleinere Reisen mit dem neuen Stiefvater brachten Abwechslung und Ablenkung. Als er endlich das Ergebnis des Universitätsexamens erhielt, wurden ihm überdurchschnittliche Leistungen bescheinigt. Doch bevor er eine neue Stelle als Provisor an einer Münchner Apotheke antreten wollte, ging Spitzweg auf eine große Italienreise. Von der Reise brachte er sehr viele Eindrücke der vielen verschiedenen Städte und ein volles Skizzenbuch mit.

25 Jahre alt war der Apotheker Carl Spitzweg, als er im Juni 1833 in eine eigene Wohnung umzog. Da er kurz darauf aber an der Roten Ruhr erkrankte, fuhr er nach Bad Sulz um sich auszukurieren. Dieser Aufenthalt sollte seine Zukunft entscheidend verändern, da der Besitzer der Badeanstalt, Dr. Zeuß, ein sehr kunstliebender und kunstbegabter Mann war, der die originelle Idee gefaßt hatte, daß sich jeder Gast des Sanatoriums sich das Abendessen durch eine Zeichnung ,nach der Natur` verdienen sollte. Durch diesen Zufall wurde die außerordentliche künstlerische Begabung des schmalen Apothekers zu Tage getragen. Kurz danach entstand eine ernste Freundschaft zwischen Spitzweg und dem Landschaftsmaler Christian Heinrich Hansonn. Auf den Rat des letzeren schließlich ließ Spitzweg sich bestimmen, seinen Apothekerberuf aufzugeben und Maler zu werden.

Carl Spitzweg war ein Maler geworden, der nicht an der Akademie Malerei gelernt hatte und für ein bürgerliches Publikum malte. Und damit seine Bilder auch in den Häusern der einfachen Leute Platz fanden, waren seine Bildformate nicht sehr groß. 1835 wurde der lebenslustige, unermüdlich reisende und malende Carl Spitzweg ein Mitglied des Münchner Kunstvereins. Spitzweg lebte zwar am Rande des Existenzminimums, doch Schulden hatte er keine. Sein Hauptbuch - stets in bestem Zustand -, in dem er seine Einnahmen und Ausgaben, Verkaufte Bilder usw. eintrug, führte er immer mit sich. Zwar blieb Spitzweg ein ewiger Junggeselle, doch konnte auch er sich dem anderen Geschlecht nicht entziehen. Auf seinen vielen Reisen lernte er natürlich auch hübsche Mädchen kennen. Als er die Tochter eines Tischlermeisters, Clara Lechner, kennenlernte, hätte das fast das Ende seines Junggesellentums bedeutet, obwohl jene verheiratet war. Clara hätte sich für Carl Spitzweg sogar von ihrem Mann scheiden lassen, wenn nicht der Tod sie zuvor aus dem Leben gerissen hätte.

Von 1844 bis 1852 war Spitzweg Mitarbeiter der satirischen ,,Fliegenden Blätter", eine Zeitschrift, wo er stets seine Zeichnungen ablieferte und mit Texten versah. Damit gewann er ein wesentlich größeres Publikum als mit seinen Gemälden.

Spitzweg hatte zwei enge Freunde, mit denen er viel auf Reisen ging, und die seinen Lebensweg maßgeblich mitbestimmten: Eduard Schleich und Moritz von Schwind. In seinen Bildern findet man viele seiner Eindrücke der Reisen wieder.

Carl Spitzweg empfand das Dunkel der Nacht, wie eigentlich alle Romantiker, als Geheimnis und Wunder, was er in seinen Bildern, die er zudem noch mit dem für ihn bekannten Humor und mit der für ihn bekannten Satire versieht, zum Ausdruck bringt.

Ab 1864 ging Carl Spitzweg nicht mehr so oft auf Reisen. Die meiste Zeit verbrachte er in seinem Dachstübchen hoch über den Dächern seiner Heimatstadt. Seine Bilder wurden nun immer berühmter und beliebter und verkauften sich gut. Da der Maler aber Dank seiner Besitzverhältnisse nicht vom Erlös seiner Bilder leben mußte, mußten seine Freunde ihn daran hindern, die Bilder zu verschenken. Auf der Weltausstellung des Jahres 1867 war Spitzweg - obwohl überzeugter nicht-akademischer Maler - mit vier Bildern vertreten, die dort internationale Anerkennung fanden. Im Jahr darauf wurde Spitzweg Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste in München, und auch im Jahre 1869 sollten die Bilder ihre hervorragende Qualität bei der internationalen Kunstausstellung im Münchner Glaspalast beweisen.

Die nächsten Jahre waren von Spitzwegs Arbeitseifer geprägt, der nun ein berühmter Künstler war.

Auch im Alter sah er noch gern hübschen Mädchen hinterher - wie die alten Männer in seinen Bildern - feierte gern und arbeitete weiterhin unermüdlich.

Spitzweg starb am 23. September 1885. Nach einem Schlaganfall schlief er ohne unnötige Qual und Kampf friedlich ein.

Ob Spitzweg ein Biedermeier war, läßt sich nicht so genau sagen. Denn erst wenn wir den Begriff des Biedermeier nicht nur als eine Zeit voll des guten deutschen Gemüts und der Gemütlichkeit sehen, sondern diesen Begriff auch noch mit Stacheln der Kritik ausstatten, neben das Gemüt auch die Satire Platz greifen lassen, dann ist Spitzweg ein Maler, bei dem auch Biedermeierliches zu finden ist.

Bildinterpretation zu ,,Der arme Poet"

Das Bild ,,Der arme Poet" von Carl Spitzweg zeigt einen armen Dichter in seiner Dachstube. Spitzweg verspottet auch in diesem Bild das biedermeierliche Kleinbürgertum und die Romantik auf liebevolle Weise, ohne boshaft zu werden. ,,Der arme Poet" ist eines der bekanntesten Bilder des Biedermeier und mit das bekannteste der Deutschen. Doch um dieses Bild zu verstehen, bedarf es eines zweiten, kritischeren Blickes, da dieses Bild auf den ersten Blick bloß ein wenig amüsant wirkt - ein armer Künstler, der in seiner Dachstube hockt und sich von seinem Geschreibsel nicht ernähren kann, ja sogar einen Schirm über dem Bett aufspannen muß, damit er nicht naß wird, da das Dach undicht ist und er sich eine Reparatur nicht leisten kann.

Das Bild ist fast ganz in braun gehalten, es gibt nur wenige weiße Stellen (wie das leinene Kopfkissen und die Zipfelmütze) und nur sehr wenige, schwach bunte wie z. B. die gelbliche Decke oder das Handtuch auf der Wäscheleine vor dem Fenster. Bemerkenswert ist, daß dieses Bild zwar viele Schattenzonen enthält, diese aber nie im ,,Dunkel ertrinken", sondern die Gegenstände trotz der allgemeinen Dunkelheit des Bildes noch klar erkennbar sind. Der Blick durch das Fenster läßt einen Wintertag mit blauem Himmel vermuten, denn das Dach des Nachbarhauses ist schneebedeckt. Das wenige Licht, das einfällt, spiegelt sich auf dem grünen Kachelofen, auf dem sich noch eine durchsichtige Flasche mit einem Kerzenstummel darin und eine Waschschüssel befinden. Vom Betrachter aus links neben dem Ofen befindet sich ein Topf mit Deckel, ganz links im unteren Bildrand ein Feuerhaken. Hinter dem Topf sehen wir einen Mantel, an einem Nagel an der Wand aufgehangen. An dem dünnen Ofenrohr, direkt vor dem Fenster, hängt ein alter Zylinderhut und auf der Wäscheleine ein fast durchsichtiges, schon löcheriges, sozusagen fadenscheiniges schwach rotes Geschirrtuch. Der arme Poet liegt in seinem grüngelblichen Biedermeierschlafrock mit Hemd (es lugt noch der Kragen hervor) und Schal im Bett, in der einen Hand die Manuskripte haltend, in der anderen Hand einen Floh zerquetschend. In dem Mund hält er seine Feder. Einen Schreibtisch hat der arme Künstler nicht, deshalb muß er im Bett arbeiten. Ein anderer Grund ist die Kälte und das fehlende Feuerholz, denn er ist so arm, daß er sogar seine Manuskripte verbrennen muß. Das eine Manuskript lugt noch aus dem Kachelofen hervor, zwei weitere Packen liegen schon zum verfeuern bereit davor, in der linken Ecke des Bildes. Durch den Schatten des

Kachelofens liegen sie im Dunkel, während auf den geknickten Stulpenstiefel mit dem auf ihn gerichteten Stiefelknecht ein Lichtstreifen fällt.

An der hinteren Wand, an der das Bett steht, hat der Dichter mit Kreide Versmaße abgezählt - wir können die einzelnen Symbole für ,,betont" und ,,unbetont" erkennen. Neben dem Bett des Poeten befinden sich einige Bücher und eine kleine Pappschachtel, die als Nachttischchen dient. Auf ihr liegen ein Buch, ein Tintenfaß und eine kleine Dose. Die abgegriffenen und somit wahrscheinlich viel gelesenen Bücher ergeben mit dem Nachttisch ein eigenes kleines Stillleben innerhalb des Bildes. Die Bücher sind auch die einzigen Gegenstände in dem Bild, die kräftigere Farben besitzen - Buchrücken und Buchschnitte in dunkleren Tönen von gelb, braun, grün oder sattem rot.

Unter der Dachschräge, über dem Bett des Poeten befindet sich ein großer dunkler Regenschirm, der den Regen abhalten soll. Rechts am Bildrand erkennen wir die Tür nach draußen, in die Realität, der der Dichter in dieser Dachstube so fern ist. Auffällig ist, daß dieses Bild fast in zwei Hälften geteilt zu sein scheint. Auf der linken Seite finden wir fast ausschließlich rechteckige, kantige Gegenstände wie den Ofen mit dem Ofenrohr und das Fenster, während wir auf der anderen Seite fast ausschließlich organisch geformte Materialien sehen, wie z. B. das Bett und den Regenschirm. Die Bücher bilden hier eine Ausnahme. Vielleicht, weil sie doch eher zur rechten Seite gehören müßten, in die harte, rauhe, eckige Realität. Sie sind die einzige Verbindung des Poeten zur Außenwelt - in ihnen liest er, und selber möchte er welche schreiben und der Öffentlichkeit preisgeben. Hell-Dunkel-Kontraste findet man in diesem Bild sofort. Denn der Poet in seinem Bett und das Fenster zur Außenwelt sind die einzigen hellen Stellen, die von den dunklen Stiefeln, dem Ofen und der Decke sowie der Tür umschlossen werden. Die Dunkeltöne bilden sozusagen den Rahmen des Bildes, während dem Poeten und dem Fenster durch das Licht besondere Beachtung geschenkt wird. Hier spielt also auch wieder der Gegensatz Realität - Künstlertum eine Rolle.

Das Zimmer ist naturgetreu abgebildet und dreidimensional dargestellt. Die Fluchtlinien des Bildes, gebildet durch die Holzdecke und den Dielenfußboden, treffen sich in einem Punkt rechts neben dem Fenster. Ist dies auch wieder ein Hinweis auf die Realität? Soll der Blick des Betrachters hinausgeführt werden aus dem kalten, kargen Zimmer in die Realität? Formanalytisch interessant ist sonst nur noch die Farbverteilung. Spitzweg hat wenige bunte Farben verwendet - und diese wenigen bunten Farben hat er auch noch auf sehr kleine

Flächen verteilt, nämlich auf die Buchrücken und -seiten. Ihnen kommt also in jeder Hinsicht eine gewisse Bedeutung zu.

Bei genauer Betrachtung dieses Bildes erkennt man, daß dieses Bild eigentlich auf eine Kapitulation eines Intellektuellen hinweist. Denn dieser Künstler und seine Werke sind von der Gesellschaft völlig unverstanden, was man unter anderem an den Manuskripten erkennt, die von der Öffentlichkeit abgelehnt wurden und die nun dem Feuer zum Opfer fallen. Die letzte Zuflucht für den Dichter bietet diese kleine Dachstube, die der Gesellschaft und dem alltäglichen Leben vollkommen entrückt zu sein scheint. Der arme Poet hat sich hier sozusagen eine eigene kleine Welt geschaffen. Hier lebt er nur für sein Künstlertum für und seine Bücher. Doch diese oben angesprochene Kapitulation ist keineswegs eine Kapitulation gegen das Künstlertum, sondern ausschließlich gegen die Gesellschaft, die seine Werke nicht zu schätzen weiß. Denn würde der Poet sonst noch so verbissen, allen Niederlagen zum Trotz, weiterhin Verse dichten? Man merkt, daß dieser Poet einen sehr starken Willen hat, unbeirrt und verbohrt will er der Gesellschaft beweisen, daß er doch noch etwas künstlerisch Wertvolles hervorbringen kann.

Wahrscheinlich ist dieses Bild deshalb so beliebt, weil Spitzweg endlich den Intellektuellen einmal so gezeichnet hat, wie die Gesellschaft ihn sieht: Als ein überflüssiges Mitglied der Gesellschaft. Denn er treibt nur sinnloses (Manuskripte, die verbrannt werden müssen), vertrödelt den ganzen Tag im Bett, ist lebensuntüchtig und demzufolge auch lebensfern. Wahrscheinlich war die Gesellschaft froh, daß auch die Intellektuellen, die Künstler einmal kritisiert wurden. Auch die geistig minderbegabten oder die Menschen mit Minderwertigkeitskomplexen konnten in diesem Bild Zuspruch finden: Man kann es als eine Bestätigung dafür sehen, daß in jedem Künstler oder allgemein in Intellektuellen ein lebensuntüchtiges Unikum steckt. Man könnt meinen, künstlerisches Tun würde von diesem Bild als Anmaßung eines Untüchtigen abgewertet, wenn nicht dies Spitzwegs Art vollkommen widersprochen hätte.

Vielleicht erkennen wir auch Spitzweg selbst in diesem Bild wieder. Denn auch er hatte zu Anfang große Probleme mit dem Verkauf seiner Bilder, vor allem ,,Der arme Poet" stieß auf schroffe Ablehnung. Spitzweg war betroffen und fühlte sich zurückgestoßen, er zweifelte an seinen künstlerischen Fähigkeiten und signierte von da an seine Bilder nicht mehr mit seinem Namen, wie er es noch bei dem armen Poeten getan hat, sondern nur noch mit dem S im Rhombus, sein Zeichen war der Spitzweck, das in Rautenform gebackene Vierkreuzerbrot.

Aber er gab nicht auf, sondern malte trotzdem weiterhin Bilder, die auch bald internationale Anerkennung fanden, zum ersten mal auf der Pariser Weltausstellung 1867. Auch war Spitzweg selber immer schlecht bei Kasse - auch wenn er nie Schulden hatte. Vielleicht konnte er sich ja mit diesem armen Poeten identifizieren.

Bildinterpretation zu ,,Eremit, Hühnchen bratend" Dieses Bild zeigt einen knienden Einsiedler vor seiner Höhle, wie er innig einen Hähnchenspieß über dem Feuer dreht.

Der Mönch, der den Mittelpunkt des Bildes darstellt, hat sich mit den Accessoires eines frommen, gottgefälligen Lebenswandels umgeben. Er ist die Hauptfigur, alleiniger Träger der Bilderzählung. Direkt über dem Mönch hängt die Approbation, die Genehmigung durch die zuständige kirchliche Autorität sich in der Einsamkeit aufzuhalten, die er als unübersehbares Alibi an seine Höhlenwand geheftet hat. Links neben der Approbation hängt ein kleines Jesuskreuz mit einem Weihwasserbecken, rechts darüber befinden sich eine Axt und ein großes, hölzernes Kreuz. Rechts neben dem Kreuz hat der Mönch himmelblaue Socken aufgehängt, die das Feuer trocknen soll. Befestigt hat er sie mit einer leeren Flasche, die er auf die Socken-enden gestellt hat. Links über der Approbation und dem Jesuskreuz sind ein Pferdebild und ein Vogelkäfig zu sehen. Das Höhlendach ist mit Gras bedeckt und der ganze obere rechte Bildrand zeigt Buschwerk. Die Tür zum Höhleneingang steht offen, doch wird der dahinterliegende Raum von Schatten ,,verschluckt", so daß er dem Betrachter verborgen bleibt. Am unteren linken Bildrand ist ein Holzstapel zu sehen, er deutet darauf hin, daß der Mönch sich trotz des schönen Wetters öfters mal ein Feuer macht - wohl um den leiblichen Genüssen zu frönen. Über dem Holzstapel auf einem Stein sehen wir ein kleines Steingefäß, in dem der Eremit sich Kräuter heranzieht, wahrscheinlich Schnittlauch.

Durch das von links oben einfallende Licht und den zu allen Seiten hin abgegrenzten Bildraum entsteht eine Bühne, auf der der Mönch agiert. Das Bild wirkt fast oval, als wäre nur die Höhle vorhanden, und das Buschwerk sowie das Holz ganz unwichtig, einfach nur der Rahmen. Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch die Wölbung des Bodens, die eindeutig auf eine Kreisform hinweist. Das Licht spielt hier eine ganz besondere Rolle. Zum einen verstärkt sie den Eindruck, es hier mit einer Bühne zu tun zu haben, und zum anderen hebt es die Figur des Mönches deutlich hervor.

Starke Hell-Dunkel-Kontraste finden wir hier vor allem zwischen dem intensiv auf den Mönch fallenden Licht und dem schwarz hinter der Tür.

Auch die Grundtöne dieses Bildes sind Grau und Braun, die aber durch einige Farben aufgelockert werden. Blau z. B. findet sich in den Strümpfen, im Feuer stellen rote Tupfer die Glut dar, und die den Rahmen des Bildes bildenden Blätter bestehen aus einem kräftigen Grün. Insgesamt kann man das Bild als eine harmonische Einheit bezeichnen, auch wenn die Farben nicht ineinander verschmelzen.

Dieses Bild ist nicht so perspektivisch dargestellt wie das des ,,Armen Poeten", was wohl daran liegt, daß in diesem Bild fast ausschließlich organisch geformte Materialien wie Menschen, Blätter, Steine, Buschwerk u. ä. zu sehen sind. Eine Ausnahme bilden der Vogelkäfig und das große Kreuz.

Fluchtlinien gibt es in diesem Bild eigentlich nicht, aber bemerkenswert ist, daß die Verlängerte Linie des Kreuzes sich mit dem Spieß der Hähnchen trifft - genau dort, wo sich die Hand des Mönchs befindet. Auch die Holzscheite zeigen genau in diese Richtung. Somit wird das Auge des Betrachters auf die Hände des Eremiten gelenkt - diese Hände, die doch eigentlich zum Gebet gefaltet sein, arbeiten oder heiligen sollten - aber doch nicht so etwas weltliches tun wie Hühner braten!

Die auf einem Spieß über dem Feuer bratenden Hühnchen sowie der andächtige Gesichtsausdruck des Eremiten sind ein eindeutiges Zeichen dafür, daß der Mönch nicht aus religiösen Gründen in der Einsamkeit für sich allein lebt, sondern um fern von den strengen Regeln im Kloster seinen leiblichen Bedürfnissen zu frönen und ungestört Sünden zu begehen. Die blauen Socken, die beiden Kreuze und der Vogelkäfig, dicht nebeneinander, sind schon widersprüchlich genug - alltägliches, weltliches direkt neben dem Heiligsten. Doch in diesem Mißverhältnis liegt die Pointe des Bildes, hier findet sich der so typische Spitzwegische Spott:

Des Mönchen Andacht richtet sich auf die Hühnchen über dem Feuer. Er dreht den Spieß so innig, wie er eigentlich beten und Buße tun sollte.

Seine Höhle erweckt den Eindruck, als wolle der Mönch in Frieden leben und dabei auf nichts, was Gemütlichkeit und Weltliches anbelangt, verzichten. Der Betrachter hat den

Mönch also bei seiner Heuchelei ertappt. Der Mönch, der äußerlich vollkommen der ,,fromme Bruder" ist, und in Wahrheit allzu weltlich und irdisch handelt.

Um noch einmal die Bedeutung des Lichts in diesem Bild aufzugreifen: Man könnte es auch so sehen, daß mit diesem hellen, direkt auf den Mönch gezielten Licht ,,Gottes Auge" gemeint ist. Gott sieht, genau wie der Betrachter, auch die Sünden der Menschen, die sich völlig sicher und unbeobachtet fühlen. Das Himmelblau in den Socken verstärkt diesen Eindruck noch und festigt diesen Interpretationspunkt.

Wenn man mit der Deutung dieses Bildes noch weiter geht, kann man an der gegenüberliegenden Wand im Schatten des Mönchs, sogar einen kleinen Teufel mit spitzen Ohren erkennen, dessen Symbolik hier wohl nicht mehr weiter erläutert werden muß. 3095 Wörter

Ende der Leseprobe aus 9 Seiten

Details

Titel
Carl Spitzweg
Hochschule
Real Centro Universitario Maria Cristina
Veranstaltung
GK Kunst 12
Autor
Jahr
2000
Seiten
9
Katalognummer
V99523
ISBN (eBook)
9783638979665
Dateigröße
420 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Referat über Carl Spitzweg - eine Biographie und eine Bildinterpretation über zwei seiner Bilder
Schlagworte
Carl, Spitzweg, Kunst
Arbeit zitieren
Maresa Krasel (Autor:in), 2000, Carl Spitzweg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99523

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Titel: Carl Spitzweg



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