Kunstbeschreibung im Kontext Leichter Sprache

Sprachsensible Kunst


Hausarbeit, 2020

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Kulturelle Teilhabe im Museum

3. Kunstbeschreibung

4. Leichte Sprache

5. Kunstbeschreibung in Leichter Sprache

6. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Quellen

1. Einleitung

In der hier vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, wie kulturelle Teilhabe im Museum, einem Ort des Informierens und der Bewahrung, dem Menschen als soziales und kulturelles Wesen, gelingen kann. Das Recht auf Kultur ist dabei eine Maxime, die Bestrebungen und Entwicklungen integrativer Projekte in dieser Richtung antreibt. Zu diesem Diskurs möchte die hier vorliegende Arbeit beitragen, inwieweit Kunstbeschreibung im Kontext der Leichten Sprache funktionieren und gelingen kann, wenn vorliegt, worauf geachtet werden muss.

Kunstbeschreibung wird hierbei im Kontext von Kunstvermittlung, Wissensproduktion, dem Gebiet der Textlinguistik sowie als funktionale Varietät und fachsprachliche Domäne diskutiert. Auch Leichte Sprache wird in dem Zusammenhang in ihrer Funktionalität und als Varietät thematisiert. Zudem, welche Grundprinzipien in dieser Arbeit von Leichter Sprache angenommen werden, und wie diese bei der Gestaltung von Kunstbeschreibung in Leichter Sprache möglicherweise zu gestalten sind. Hierbei können in diesem Rahmen nur Annahmen und Empfehlungen ohne Evidenz oder empirische Basis angenommen werden. Bei den Empfehlungen und dem Versuch Kunstbeschreibung in Leichter Sprache ist ein besonderer Fokus auf Komplexität und Fachsprachlichkeit zu legen. Mit dem immerwährenden Ziel erfolgreicher Kommunikation soll die Motivation der Leichten Sprache, Emanzipation und Teilhabe, auch in der Kunstbeschreibung erreicht werden können.

2. Kulturelle Teilhabe im Museum

Das Museum ist heutzutage integraler sowie populärer Bestandteil unseres, meist urbanen, Lebens. Es bietet Nutzungsmöglichkeit im Sinne des Informierens, der Bildung, der Unterhaltung und auch der Bewahrung von Vergangenem verschiedenster Form. Diese Vielfältigkeit hat auch zur Folge, dass es keine einheitliche Beschreibung des Museums gibt. Der deutsche Museumbund führt folgende Einordnung an:

„[...] Ein Museum ist eine gemeinnützige, auf Dauer angelegte, der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung im Dienste der Gesellschaft und ihrer Entwicklung, die zum Zwecke des Studiums, der Bildung und des Erlebens materielle und immaterielle Zeugnisse von Menschen und ihrer Umwelt beschafft, bewahrt, erforscht, bekannt macht und ausstellt. “ (Ethische Richtlinien für Museen von ICOM, 2010)

Die Resolution 217 A (III) der Vereinten Nationen vom Jahr 1948 beschreibt in Artikel 27 (1) den Menschen als kulturelles und soziales Wesen. Hieraus resultiert auch das Recht eines jeden Menschen auf Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und sozialen Leben. Dieses Recht auf Kultur, und seine Umsetzung in der Praxis bestimmt das Verhältnis zwischen Menschen, Staat und Gesellschaft (Migliorini 2010: 16). Hierbei kommt auch dem Museum die Aufgabe zu, kulturelle Teilhabe zu ermöglichen. Konkretisiert wurde diese Forderung auch mit Einführung des Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes (BGG), welches am 01. Mai 2002 in Kraft trat.

Menschen mit Behinderungen erfahren oft Einschränkungen bezüglich der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, wie bereits der Termini Behinderung impliziert. Diese Einschränkungen werden von Menschen mit Behinderungen erfahren, wenn diese an Grenzen gesellschaftlicher Teilhabe stoßen. Behinderung ist daher etwas, was Menschen erfahren und keine Zuschreibung, die charakteristisch ist. Menschen erfahren gemäß dem deutschen Bundesamt für Statistik eine Behinderung, wenn:

„[...] ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahr-scheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. [...]“ (https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Glossar/schwerbehinderte- menschen.html)

Die Beeinträchtigungen können hierbei im Bereich der Mobilität, oder auch in der Kommunikation stattfinden. Im Folgenden soll dabei der Fokus auf der Kommunikation im Museum liegen. Genauer, auf die Gestaltung der Kunstbeschreibung im Kontext von Kunstbetrachtung und -vermittlung. Leichte Sprach- und Zeichensysteme fungieren hierbei als Hilfsmittel, museale Inhalte zu vermitteln. Das Museum kann auf diese Weise mit den BesucherInnen interagieren, Informationen liefern, Autonomie fördern und die Sinne aktivieren. Bezüglich der Adressaten dieser leichten Form der Kommunikation wird im Folgenden die Definition von Migliorini (2010) angenommen:

Der Personenkreis, der unterstützende Kommunikation benötigt, ist nicht genau bestimmbar. Diesbezüglich besteht kein spezifisches Alter, sozialer Hintergrund oder Herkunft, sondern das Bedürfnis einer adaptiven Unterstützung beim Sprechen oder Schreiben.“ (ebd. 33)

Die Adressaten eines bewusst barrierefrei gestalteten Museums sind daher alle Besucherinnen, eingeschlossen Menschen mit Behinderungen sowie alle Personen, die einer Unterstützung bedürfen. Ziel eines barrierefreien Museums soll es sein, dass Menschen mit Beeinträchtigungen jeglicher Art das Museum eigenständig besuchen können. Die Zugänglichkeit von Kunst sollte besucherorientiert gestaltet sein, und die Vermittlung musealer Inhalte sollte die Besucher mit den Exponaten vernetzen (Migliorini 2010: 13). Zudem soll die Auseinandersetzung mit Objekten im Museum im Kontext der persönlichen Realität eine Möglichkeit der „tiefen Reflexion" bieten (ebd. 13). Diese Perspektive ist eng verknüpft mit der Idee, das Museum als Lernort zu sehen. Die Idee des Museums als Lernort fokussiert sich zudem auf eine „genussvolle Bildungsvermittlung" (Al Masri-Gutternig/Reitstätter 2017: 48) anstelle der traditionellen Funktion im Sinne des Sammelns, Katalogisierens oder des Bewahrens (ebd. 48). Das Museum als Lernort bietet so die Möglichkeit, Inhalte und Wissen zu vermitteln, und somit Lern- und Lehrprozesse zu gestalten und zu aktivieren. Hierbei gibt es individuelle und vielfältige Möglichkeiten, sich Wissen anzueignen. Bewiesen ist, dass das Ansprechen verschiedener Sinne sowie die Aktivierung beider Gehirnhälften hierbei lernfördernd sein kann (Maass in Föhl/Erdrich/John/Maaß 2007: 15). Das Museum als protektiver Ort (Migliorini 2010: 26) soll durch entdeckendes und experimentelles Lernen Denkprozesse anregen und auch die Sprachentwicklung fördern (ebd. 27).

Das Museum soll daher zum einen seine Funktion als Kulturstätte, als Informationsort und Bildungsstätte für alle auf allen Ebenen zugänglich sein, als auch sein Potential als protektiver Lernort nutzen, und allen BesucherInnen somit den sinnlichen Input bieten, den diese autonom nutzen können. Barrierefreiheit, die sich auch durch Leichte Sprache gestaltet, kann hierbei als Mittel dienen, dieses Ziel zu erreichen.

3. Kunstbeschreibung

Beim Besuch einer Kunstausstellung, auf der Suche nach Erläuterungen, findet der Besucher oft eine Beschreibung, eine Bildunterschrift oder Erklärung, welche Informationen zu den Exponaten liefert. Diese kann in unterschiedlicher Länge, Ausprägung, medialer Anordnung, digital oder auch in einer zusätzlichen Broschüre angelegt sein. Sie beinhaltet Informationen, Erklärungen, Hintergrundwissen und oft auch künstlerisch-relevante Aspekte, wie den Entstehungshintergrund des Werkes, das betrachtet wird, oder eine besondere „Federführung" des Künstlers, auf die hingewiesen wird:

„Im Vordergrund liegt eine von der Sonne gebräunte Frau mit roten Haaren auf einem schmalen, dunkelgrünen Grasstreifen. Während ihr linkes Bein leicht angewinkelt rechts auf dem Gras liegt, streckt sie das andere über eine niedrige Uferkante des Strandes ins Wasser, ihr Fuß wird von den anlandenden Wellen umspült. Hinter ihr erstreckt sich eine orange-gelbe Dünenlandschaft. Die Dame lehnt sich entspannt nach links., dabei stützt sie ihren Ellenbogen auf einem hellgelben Tuch ab [...] Die Farben des Bildes sind stark bunt- farbig, die Flächen wenig detailliert wiedergegeben. “ (Maass in Föhl/Erdrich/John/Maaß 2007: 15)

Diese Beschreibungen von Kunst sollen im Zusammenhang mit Leichter Sprache das Thema dieser Arbeit sein. Das Schreiben über ein Werk wird in diesem Sinne als eine Art von Kunstvermittlung verstanden (Sturm 2010: 1). Indem das Geschriebene wahrgenommen wird, wird Wissen produziert (ebd. 1). Die an sich rein sinnlich erlebbare Kunst wird durch die, auch konträr zu der sinnlich interpretierbaren, sprachlichen Ergänzung einer Kunstbeschreibung, im Kontext von Kunstvermittlung, erweitert. Hiermit ist an dieser Stelle alphabetische Schrift in Abgrenzung zur Blindenschrift gemeint, welche einen anderen, sehr spezifischen Aspekt der Barrierefreiheit behandelt. Zu differenzieren sind hierbei mündlich sowie schriftliche Kunstbeschreibungen. Mündliche Beschreibungen erfolgen in der Regel durch ein entsprechend geschultes Personal, welches Führungen oder andere informative Einblicke in die Sammlung gibt.

Aus linguistischer Perspektive kann die Kunstbeschreibung im Kontext der Textlinguistik, der funktionalen Varietäten sowie unter fachsprachlichen Aspekten diskutiert werden.

Die Bildbeschreibung im Museum als Textgattung kann hierbei als Sammlung von Makrotexten (Blühdorn 2006: 98) gesehen werden, welches wiederum als „Textuniversum" (ebd. 98) aus mehreren Mikrotexten, in spezifischen Ausstellungen und Kontexten, zusammengesetzt ist. Mikrotexte sind gekennzeichnet durch einen bestimmten Autor, einen bestimmten Zeitpunkt, ein bestimmtes Thema sowie einer spezifischen Intention (ebd. 98). Makrotexte bilden einen nicht eindeutig abzugrenzenden Bereich der Bildbeschreibung ab, der polyphon, polythematisch oder auch polygenerisch sein kann (ebd. 98). Kunstbeschreibungen in Leichter Sprache lassen sich hierbei eher der Gruppe der Makrotexte zuordnen, da sich diese in sich weiter ausdifferenzieren, beispielsweise hinsichtlich der Autorenschaft, des Museumsschwerpunktes oder auch des zu beschreibenden Gegenstandes.

Aus textlinguistischer Perspektive erscheint an dieser Stelle eine Einordnung der Kunstbeschreibungen hinsichtlich ihrer Funktion sinnvoll, da diese angefertigt werden, um BesucherInnen Informationen zukommen zu lassen, sprich er erfüllt die Kriterien eines Informationstextes nach Brinker (Brinker 2010: 98 - 99).

Ein Text der Kunstbeschreibung entsteht durch den spezifischen Einsatz von Sprache. Die Kunst ist ein Lebens- und Kommunikationsbereich, der zu seiner Beschreibung spezifische sprachliche Mittel nutzt, eine Auswahl und Kombination bestimmter Stilprinzipien, welche als eine funktionale Varietät beschrieben werden können. Eine Varietät bezeichnet immer eine spezifische Erscheinungsform der Sprache, in diesem Falle gekennzeichnet durch eine bestimmte, kontextgebundene Funktionalität:

„Funktionalstile bzw. funktionale Varietäten sind dementsprechend zweckbestimmte, kommunikationsbereichbezogene Teilsprachen einer Einzelsprache. “ (Hoffmann 2007: 2)

In den verschiedenen sprachlichen Ebenen finden sich Muster stilistischer Organisation, die charakteristisch für eine funktionale Varietät, für den funktionalen Stil, sind (Hoffmann 2007: 9). Verschiedene Varietäten sind gekennzeichnet durch verschiedene Domänen (ebd. 8). So ist beispielsweise ein Regiolekt gekennzeichnet durch phonologische Besonderheiten (ebd. 8). In der Kunstbeschreibung kann hier von einer spezifischen Lexik ausgegangen werden, die die Kunst beschreibt. Diese ist dahingehend spezifisch, dass sie Lexeme beinhaltet die kunstspezifisch sind, und sich auf Materialien, Techniken, Epochen oder andere zugehörige Domänen beziehen. Varietäten existieren nicht isoliert voneinander (ebd. 2). Funktionale Varietäten nutzen ebenso sprachliche Varianten aus anderen sprachlichen Erscheinungen für ihre kommunikativen Intentionen (ebd. 2). Inwieweit die funktionale Varietät der Kunstbeschreibung mit der Leichten Sprache als ebenfalls funktional ausgerichtete Varietät interagiert, wird in Abschnitt 5 weiterführend diskutiert.

Als Aspekt von Kunstbeschreibung können ebenso fachsprachliche Elemente Teil dieser sein. Fachsprache, als standardisierte Sprachvarietät, versteht sich als:

„[...] die Gesamtheit aller sprachlichen Mittel, die in einem fachlich begrenzbaren Kommunikationsbereich verwendet werden, um die Verständigung zwischen den in diesem Bereich tätigen Menschen zu gewährleisten." (Hoffmann 1987:53)

Insbesondere im Bereich des Wortschatzes können in der Kunstbeschreibung fachsprachliche Elemente vorkommen, die zur Kommunikation in einem „Expertenkreis“ dienen, was wiederum andere Personengruppen ausschließt. Wir bezeichnen Kunstbeschreibung damit anteilig und je nach Ausrichtung aufgrund der möglichen Überschneidung zur Fachsprache gemäß Bock (2014) als Teil „prototypische Fälle funktionaler Varietäten“ (ebd. 37).

Festzuhalten ist demnach, dass Kunstbeschreibung einen charakteristischen, funktionalen Stil nach Hoffmann (2007) aufweist, welcher fachsprachliche Elemente beinhalten kann, die als Teil dieses Stils interpretiert werden können. Zudem hat Kunstbeschreibung als Bindeglied zwischen dem Exponat und den BesucherInnen die Intention zu informieren, was diese Texte als Informationstexte (Brinker 2010) kennzeichnet. Hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass in dieser Arbeit Kunstbeschreibung im Museum fokussiert wird. Dieser Kontext schließt schulische oder andere Kontexte, in denen Kunst- oder Bildbeschreibungen gänzlich andere Funktionen haben, damit aus. Kunstbeschreibungen in Museen treten in hoher Frequenz auch als Bildunterschriften zum Vorschein. Sie sind integraler Bestandteil künstlerischer Ausstellungen und bieten eine Möglichkeit, zwischen Kunst und BesucherInnen zu vermitteln. Daher ist es bedeutend, auch unter der Perspektive autarken Lernens und integrativer Museumsgestaltung, diese Schnittstelle partizipativ zu gestalten.

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Kunstbeschreibung im Kontext Leichter Sprache
Untertitel
Sprachsensible Kunst
Hochschule
Universität Potsdam  (Institut für Germanistik)
Note
2,0
Autor
Jahr
2020
Seiten
19
Katalognummer
V995237
ISBN (eBook)
9783346364142
ISBN (Buch)
9783346364159
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Leichte Sprache, Kunst, Kunstbeschreibung, Partizipation, Variation, funktionale Variation
Arbeit zitieren
Franziska Schmidt (Autor:in), 2020, Kunstbeschreibung im Kontext Leichter Sprache, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/995237

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