ARABISCHE MUSIK
1. Ursprünge und Einflüsse
Die Tradition der arabischen Musik existiert seit Jahrtausenden, und obwohl diese Musik im Lauf ihrer Entwicklung grundlegende Änderungen erfahren hat, bewahrt sie doch bestimmte charakteristische Eigenschaften. Die Tradition der arabischen Musik entstand an den Höfen der Dynastien des islamischen Weltreiches und erlebte ihre Blütezeit vom 7. Jahrhundert bis zum Fall von Bagdad im 13. Jahrhundert. Oft waren diese Musiker Komponisten, Dichter und Interpreten in einer Person. Das arabische Musiksystem ist die Verbindung eines arabisch, persischen Fundus mit einer griechischen Musiktheorie.
2. Melodie und Rhythmus
Die arabische Musik ist eine primär melodisch bestimmte Kunst. Die Melodik ist an formelhafte, traditionelle Strukturmodelle (Maqamat, Singular; Maqam) gebunden. Während sich die westliche Tonleiter aus ganzen Tönen mit dazwischenliegenden Halbtönen zusammensetzt, werden in der arabischen Musik außerdem Vierteltöne gespielt.
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Der Klang der arabischen Musik wird also von der Melodie beherrscht und gibt dem Musiker einen grossen Spielraum für kreative Improvisationen. Oft steigert sich die Improvisationsfreudigkeit des Einzelmusikers bis zur Heterophonie mit anderen in kleinen Gruppen. Das bedeutet ein gleichzeitiges, voneinander abweichendes Ausspinnen der gleichen Melodie.
Die rhythmische Struktur arabischer Musik ist ebenfalls sehr komplex. Sie hält sich an periodisch aufgebaute Formeln und Reihungen. Ein Rhythmuszyklus hat gewöhnlich bis zu 48 Taktschläge und enthält mehrere betonte (dums) und unbetonte Taktteile (taks) sowie Pausen. Das Beherrschen dieser Melodie- und Rhythmussysteme ist eine der Voraussetzungen für das Komponieren und Vortragen von arabischer Musik. Jedoch von wenigen mittelalterlichen Versuchen abgesehen, haben sich die Araber nie einer Notenschrift bedient. Die musikalische Überlieferung fand also auf der mündlichen Basis statt. Erst seit einiger Zeit versucht man es mit der abendländischen Notation, die jedoch die Schwierigkeit mitbringt, dass sie von links nach rechts geschrieben und gelesen wird.
Die Art und Weise, wie ein Musiker improvisiert, hängt von der Resonanz des Publikums ab. Vom Zuhörer wird erwartet, dass er während der Aufführung sein Gefallen kundtut, sei es durch Kommentare oder durch Applaus. Stille im Publikum wird als mangelndes Interesse oder Missfallen gedeutet. Der Zuhörer ist ein aktiver Teilnehmer der Aufführung, der die Dauer der Darbietung mitbestimmt und das Musikstück sozusagen mitformt, indem er den Musiker dazu ermutigt, einen Abschnitt zu wiederholen oder einen neuen Abschnitt aufzunehmen.
3.INSTRUMENTE UND MUSIZIERPRAXIS
Das wichtigste Instrument der arabischen Musik ist die Knickhalslaute. Sie spielt in Haus-, Schul- , und Konzertmusik eine überragende Rolle. Das Instrument wird deshalb liebevoll „Amir al-alat“ genannt (d.h. Prinz oder Fürst). In der höfischen Kunstmusik ist die arabische Grosslaute „ud“, die heute noch als vornehmes Virtuoseninstrument gilt, das Hauptinstrument. Der Korpus der „ud“ ist aus Spänen zusammengesetzt und besitzt eine Decke mit drei Schalllöchern. In der Kunstmusik sorgt das Tamburin für den Rhythmus. Als Rhythmusinstrument der Volksmusik dient eine größere Rahmentrommel. In der klassischen arabischen Musik gibt es keine Orchester, sondern nur kammermusikalische Ensemblemusik. Die Solovorführung und das Zusammenspiel zwischen dem improvisierenden Künstler und dem Publikum, stellt für den Instrumentalisten einen Höhepunkt seines musikalischen Schaffens dar. Die musikalische Leistung liegt hierbei in der technischen Virtuosität, der Kreativität und der Fähigkeit des Künstlers, die Melodie auf einfühlsame Weise in andere Modelle, andere Kompositionen oder sogar die Musik anderer Künstler hinübergleiten zu lassen.
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4.ARABISCHE MUSIK IM WANDEL
Wenn auch die Grundprinzipien der arabischen Musik bis heute erhalten geblieben sind, so hat sich die Tradition dieser Kunst im Lauf der Jahrhunderte doch beständig gewandelt. Unterschiedliche Formen und Techniken entwickelten sich in den einzelnen Regionen des arabischen Kulturkreises, die nur für die kulturelle Identität dieser Regionen eine wichtige Rolle spielen. Ein und dasselbe Melodiemodell kann in Syrien, Ägypten, im Irak und in den Ländern Nordafrikas völlig unterschiedlich klingen. Ebenso haben die Rhythmusmodelle eine unterschiedliche Artikulation, und jede Region hat ihren eigenen Melodie- und Vortragsstil. Auch die gesungenen Gedichte, besonders die umgangssprachlichen Verse, sind lokal gefärbt.
Aufgrund des Fehlens von Aufzeichnungen oder Notationen bis zum 20. Jahrhundert kann das tatsächliche Alter der Melodien schwer bestimmt werden. Einige Melodien sind möglicherweise einige Jahrtausende alt, sie wurden aber mit Sicherheit im Lauf der Zeit stark verändert. Beliebte Musikstücke aus den Anfängen der Tradition wurden wahrscheinlich in verschiedenen Regionen neu interpretiert.
Hörbeispiele:
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Bibliografie:
Bertelsmannlexikon
Microsoft Encarta 2000
http://www.arabische-musik.de