Loest, Erich - Nikolaikirche


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

11 Seiten, Note: 13 Punkte,


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Der Autor
1.1. Sein Werdegang mit Bezug auf sein gesellschaftliches Umfeld
1.2. Sein Wirken, seine Hauptwerke
1.2.1. Sein Wirken in der DDR
1.2.2. Sein Wirken in der BRD
1.2.3. Seine Werke im wiedervereinigten Deutschland

2. Werkanalyse: ,,Nikolaikirche"
2.1. Geschichtlicher und gesellschaftlicher Hintergrund
2.2. Hauptpersonen und die Story
2.3. Wirkung auf mich

3. Quellenangaben

1. Der Autor

1.1. Sein Werdegang mit Bezug auf sein gesellschaftliches Umfeld

Erich Loest ist ein Kind des zwanzigsten Jahrhunderts, und er ist dessen Zeuge.1 Als Sohn eines Kaufmannes wurde Erich Loest am 24. Februar 1926 in Mittweida/ Sachsen zu Zeiten der Weimarer Republik geboren. Seine Eltern hatten eine Eisenwarenhandlung gepachtet. Die Goldenen Zwanziger verbreiteten ihren Flair. Das Krisenjahr von 1923 war überstanden. Die junge Republik befand sich in einem Taumel zwischen neuartiger Freizügigkeit und Sehnsucht nach klarer Führung.

Die Schwächen dieser Republik führten zu ihrem Untergang.

Adolf Hitler hypnotisierte mit seine Diktatur und bescheidenem Wohlstand die Massen. Das Ergebnis war die Verwüstung Europas und die Vernichtung von 50 Millionen Menschen. 1942 meldete sich Loest freiwillig zur Waffen-SS. Er erhielt eine Ablehnung. Erich Loest besuchte bis zum Zeitpunkt seiner Einberufung 1944 die Oberschule und war Jungvolkführer.

Nach kurzer US-Gefangenschaft, kehrte er nach Hause zurück und arbeitete Loest zunächst in der Landwirtschaft und anschließend in den Leuna-Werken Ab 1947 war er für drei Jahre als Volontär und Redakteur für die ,,Leipziger Volkszeitung" tätig..

Loest erlag zum zweiten Male einem totalitärem Blendwerk. Er wurde Mitglied der SozialistischenEinheitsparteiDeutschlands (SED) und Vorsitzender des Schriftstellerverbandes Leipzig. Bis sein Vertrauen in die Regierung mit den Ereignissen des

17. Juni 1953 erschüttert wurde.

Ab dieser Zeit arbeitete er als freischaffender Künstler in Leipzig. Bereits die Veröffentlichung des Romans ,,Jungen, die übrig bleiben" machte ihm in der DDR bekannt (1950). Auf Grund dieses Buches warf ihm die SED vor, keinen Standpunkt zu haben. Er wurde von der Leipziger Volkszeitung entlassen.

1955/56 studierte er am Literaturinstitut Johannes R. Becher in Leipzig.

Er kritisierte das Verhalten der SED-Führung nachhaltig, äußerte sichöffentlich zu den Konsequenzen einer Entstalinisierung in der DDR, was ihm ab 1957 lange Untersuchungshaft einbrachte. Loest trat mit befreundeten Intellektuellen für eine Demokratisierung der DDR ein. Noch 1957 wurde er aus der Partei entlassen und zu sieben Jahren Zuchthaus wegen ,,konterrevolutionärer Gruppenbildung" verurteilt.1

Während seiner gesamten Haftzeit standen ihm weder Papier noch Stift zur Verfügung. 1964 wurde der magenkranke Erich Loest auf Bewährung entlassen. Auf Grund einer Amnestie wurde ihm das letzte halbe Jahr erlassen.

In den Jahren 1965-1978 verfasste Loest auch unter Pseudonymen wie Hans Walldorf und Waldemar Nass, Erzählungen und Romane. Vorläufig Kriminalromane, erst langsam fand er zu kritischen Themen zurück. Der autobiographische Roman ,,Es geht seinen Gang, oder Mühen in unserer Ebene" (1978) war so einer, welcher ihm neue Schwierigkeiten einbrachte. Von der politischen Führung wurden vorerst weitere Auflagen untersagt. Es wurde dann aber doch eine limitierte Ausgabe gedruckt.

Loest setzte sich neben seinem persönlichen Wirken als Schriftsteller, auch privat für DDRSchriftsteller ein. Leider ohne Erfolg.

Nachdem Loest mit einem Brief an den Staatsratsvorsitzenden der DDR Erich Honecker seine Kritik an den Zensurmaßnahmen und Strafverfolgungen von anderen Schriftstellern äußerte, trat 1979 aus dem Schriftstellerverband der DDR aus, kurz vor seine geplanten Entlassung. 1981 wird Loest nach erneuten Schikanen und Repressionen seitens der DDR-Führung die Erlaubnis in die Bundesrepublik auszureisen, erteilt. Am 20. März 1981 verlässt Loest für neun Jahre sein Geburtsland. Von da an lebte er in Osnabrück.

Seine Autobiographie ,,Durch die Erde ein Riß" erscheint in einem westdeutschem Verlag.

Noch im selben Jahr wird Loest in Neumünster mit dem ,,Hans-Fallada-Preis" ausgezeichnet. 1984/85 erscheinen die in Leipzig handelnden Romane ,,Zwiebelmuster" und ,,Völkerschlachtdenkmal". Beide werden verfilmt.

Von 1984 an war er zwei Jahre lang zweiter Vorsitzender des Verbandes Deutscher Schriftsteller der Bundesrepublik. Das Verhalten des Verbandes Deutscher Schriftsteller gegenüber der DDR, führt nach der Intervention Hermann Kants dazu, dass Erich Loest nicht zum Kongress des Schriftstellerverbands der DDR einreisen darf. Neben seinem Sohn Thomas und seiner Schwiegertochter Elke war 1987 er Mitbegründer des Linden-Verlages in Künzelsau. Im selben Jahr zieht er nach Bad Godesberg um. Seine Wohnung dort nennt er ,,Datsche".2

Nach dem Mauerfall 1989 wurde er vom Obersten Gericht rehabilitiert.

In den Romanen ,,Froschkonzert" und ,,Die Stasi war mein Eckermann oder mein Leben mit der Wanze" veröffentlichte Loest seine Erkenntnisse, die er nach Einsicht in seine über 10.000 Seiten umfassende Stasi-Akte, erlangte. 1990 wurde der Linden-Verlag nach Leipzig ausgeweitet und von da an hatte Loest seinen Wohnsitz in Leipzig und Bad Godesberg.

1995 wurde sein bislang erfolgreichstes und bekanntestes Werk veröffentlicht.

,,Nikolaikirche". Dieser dokumentarische Roman setzt sich mit den Ereignissen um die friedliche Revolution im Herbst 1989 und den Lebensverhältnissen in der DDR auseinander. Im Jahr darauf wurde ihm die Ehrenbürgerschaft der Stadt Leipzig verliehen. 1997 publizierte er die autobiographische Schrift ,,Als wir in den Westen kamen. Gedanken eines literarischen Grenzgängers".

Für seine intensiven Bemühungen um gute Beziehungen mit Polen wurde er im selben Jahr mit dem Kommandeurskreuz des Verdienstordens der Republik Polen ausgezeichnet. Seit 1994 ist er Bundesvorsitzender des Verbandes Deutscher Schriftsteller.

1.2. Sein Wirken, seine Hauptwerke

Loest erlebte die wichtigsten Ereignisse des zwanzigsten Jahrhunderts in Deutschland am eigenen Leibe mit:

- Die Zeit der Weimarer Republik mit ihren Höhen und Tiefen, bis zu ihrem Untergang, die Diktatur Hitlers, mit ihr eine Massenbewegung und Euphorie der Zerstörung und des Hasses, die heute 55 Jahre danach noch tiefe Wunden und Unverständnis zurückgelassen hat.

- Er erlebte die DDR, einen totalitären Staat, der seinen sozialistischen Anspruch mit Repressionen gegen das eigene Volk und ideologische Gegner mit Unterstützung der ehemaligen Sowjetunion, zu legitimieren versuchte. Er musste den Aufstand am

17. Juni 1953 und dessen brutalen Niederschlagen mit ansehen.

- Er lebte in der BRD, sah die Ansichten westdeutscher Autoren gegenüber der DDR.

- Und nicht zu vergessen, beobachtete er die friedliche Revolution in jenem Herbst 1989 mit der Folge, dass der ,,Antifaschistische Schutzwall" fiel.

Er lebte in fünf verschiedenen Herrschaftssystemen.

Diese Umstände prägten seine Arbeit als Schriftsteller nachhaltig.

1.2.1. Sein Wirken in der DDR

Erich Loest lebte in der DDR mit den Erfahrungen einer gescheiterten Demokratie und einer untergegangenen Diktatur. Seine frühen Werke, d.h. die von 1950 bis 1980, wurden in der DDR veröffentlicht.

Der erste Roman, den er veröffentlichte, ,,Jungen, die übrig blieben" sorgete gleich für Furore. Thema des Romans waren die Jungen, die wie er selbst noch als Mitglied der NSDAP Organisation HJ, in den Krieg geschickt worden und schon wie ,,Männer kämpfen mussten", noch bevor sie welche waren. Er kam mit seiner Haltung in Konflikt mit der SED und der Leipziger Volkszeitung. In der DDR machte ihn dieser Roman bereits bekannt.

Mit ,,Es geht seinen Gang oder Mühen in unserer Ebene" (1978) bekam er wider Probleme mit der politischen Führung. In den Stasi-Akten wurde folgendes vermerkt: "Insbesondere seit dem Erscheinen seines Romans >Es geht seinen Gang< im MDV Halle und in der BRD waren verstärkte Aktivitäten gegnerischer Kräfte zur Nutzung Loests für die Hetze gegen die Kulturpolitik der DDR, insbesondere von Versuchen des Nachweisen >literarischer Opposition<, zu verzeichnen.. Seit 24.8.1978 wurde eine Reihe weiterer profilierter DDR- Autoren bekannt, die sich schriftlich und mündlich mit L. solidarisierten, gegen die Aussetzungen der Nachauflagen protestierten und L. zu seinem Roman beglückwünschten. Dabei erreichten sie zum Teil eine erheblicheöffentlichkeitswirksamkeit."3 Weitere Publikationen: ,,Die Westmark fällt weiter" (1952), ,,Sportgeschichten"(1953) und ,,Die Oma im Schlauchboot" (1976)

1.1.2. Sein Wirken in der BRD

,,Durch die Erde ein Riß" , eine Autobiographie versuchte er vergeblich in der DDR zu publizieren. Nach seiner Abschiebung ging er in den Westen, wo ihm bessere Möglichkeiten geboten wurden.

Die Bücher, die er nun schrieb befassten sich weiterhin mit der DDR.

Mit Romanen wie ,,Zwiebelmuster"(1985) und ,,Völkerschlachtdenkmal" (1984) blieb er auch weiterhin Leipzig seiner früheren Wahlheimat verbunden.

In der BRD war es für ihn weitaus schwieriger, Leser für die Themen zu finden, die in der DDR handelten, als am Ort des Geschehens.

Weiter veröffentlichte er u.a.: ,,Pistole mit sechzehn" (1981), ,,Leipzig ist unerschöpflich. Die vier Arte der DDR-Literatur heute" (1985), ,,Froschkonzert"(1985)

1.1.3. Seine Werke im wiedervereinigtem Deutschland

Ihm war auch nach der Wende nicht nach Versöhnung zu Mute Er veröffentlichte ,,Die Stasi mein Eckermann" (1991), wo er mit der selben abrechnete. Außerdem ,,Fallhöhe" (1989), ,,Nikolaikirche" (1995), ,,Katerfrühstück"

2. Erich Loest ,,Nikolaikirche"

,,Auf tausend Kriege kommen keine 10 Revolutionen. So schwer ist der aufrechte Gang. Und selbst, wo sie gelangen, zeigten sich die Unterdrücker eher ausgetauscht, als abgeschafft."5 War es diesmal anders?

2.1. Geschichtlicher und gesellschaftlicher Hintergrund

Die DDR war ein totalitärer Obrigkeitsstaat, der sich als sozialistisch bezeichnete. Entstanden ist er in Folge des Zweiten Weltkrieges, nachdem die Besatzermächte Deutschland unter sich aufteilten. Die Zone der Sowjetunion wurde 1949 die DDR.

Die Bürger hatten seit 1961 zänzlich keine Möglichkeit ins nichtsozialistische Ausland zu reisen, Planwirtschaft machte die Wirtschaft träge, die Versorgung der Menschen wurde gemessen an Westdeutschland immer unzureichender, die Preis-Leistungs-Verhältnisse oft unrealistisch. Außerdem wurde Meinungs- und Pressefreiheit beschnitten. Alles war der SED- Meinung hörig.

In den frühen achtziger Jahren formierten sich erstmals in Leipzig oppositionelle Gruppen, die sich vorerst mit der extremen Rüstung und der Umweltpolitik auseinander setzten. 1985 kam es erstmals zu Friedensgebeten, an denen auch Nichtchristen Anteil hatten. Eine zentrale Rolle spielte hierbei die Nikolaikirche in Leipzig, wo jeden Montag Gebete für den Frieden abgehalten wurden. Diese Demokratiebewegung ging von Leipzig aus, da hier Umweltprobleme wie die Zerstörung der Landschaft durch den Tagebau, Verkommen der Gebäude und schlechte Wohnverhältnisse aufeinander trafen. Durch die zweimal jährlich durchgeführte Leipziger Messe kamen viele Leipziger in Kontakt mit westdeutschen Bürgern (und Apfelsinen), und verglichen den Lebensstandard der westlichen Gesellschaft direkt mit ihrem sowjetisch geprägtem.

Es schlossen sich immer mehr Menschen dem Widerstand an. Unterdessen änderten sich auch die Ziele der Teilnehmer. Hauptziel war nun nicht mehr die Ausreise Oppositioneller, sondern die Abschaffung der Missstände im Land und die Durchsetzung der Menschenrechte. Die Parole ,,Wir bleiben hier" wurde skandiert. Zunehmend wurden Forderungen nach Pressefreiheit, echten Wahlen und Reisefreiheit laut. Diese, schon seit Beginn von dem Ministerium für Staatssicherheit beobachteten Gruppierungen, wurden nun regelrecht zum Staatsfeind Nr.1 erklärt. Die SED forderte sofortige Beendung oder die Entpolitisierung der Gebete.

Die Montagsdemonstrationen, die sich seit dem 4. September 1989 nach den Gebeten in der Nikolaikirche anschlossen, wurden brutal niedergeschlagen. Doch die DDR-Bürger ließen sich nicht einschüchtern und erschienen noch zahlreicher.

Bis am 9. Oktober, zwei Tage nach dem 40. Jahrestag der DDR, 70.000 Menschen in Leipzig um den Ring gegen das Regime demonstrierten. Die Demonstrationen weiteten sich auf viele Ostdeutsche Städte und in Leipzig bis auf 300.000 Personen aus.

Der Schießbefehl wurde kurzerhand zuzückgenommen.

Schabowski, ein Abgeordneter der Volkskammer, machte am 9. November einen Fehler, der das Ende der DDR einläutete. Er verkündete mit sofortiger Wirkung, dass die Ausreise aus der DDR ohne Begründung oder spezielle Papiere möglich war.

In der Nacht wurden die Grenzübergänge in den Westen geöffnet, Tausende lagen sich in den Armen. Anzumerken ist, dass ein Zusammenbrechen der DDR-Wirtschaft unabwendbar schien. Reformen waren nötig. Zu diesem Zeitpunkt forderten die wenigsten eine Wiedervereinigung oder hatten auch nur daran gedacht.

Am 3. Oktober wurde die Einheit (zumindest auf dem Papier) vollzogen.

2.2. Die Hauptpersonen und die Story

Loest hat in seinem Roman ,,Nikolaikirche" sehr eng die Realität mit einer fiktiven Familiengeschichte verknüpft. Oft ist es schwer Wirklichkeit von Erfundenem zu trennen. Der Roman handelt von den letzten drei ereignisreichen Jahren der DDR. Erzählt wird diese Geschichte mittels der Familie Bacher. Ein Beispiel einer Familie, wie es viele in der DDR gab.

Nachdem der Familien-Patriarch ein vom System überzeugter General , Albert Bacher verstarb, reagierten die einzelnen Familienmitglieder völlig unterschiedlich.

Seine unterwürfige Ehefrau bleibt der ,,Linie" treu. Sie kann oder will die real ablaufenden Veränderungen nicht wahr haben. Dennoch trifft sie sich heimlich mit einem Staatsfeind. Linus Bornowski, eine alte Jugendliebe, der wegen verbotener Fotos eine Zuchthausstrafe absitzen musste und später abgeschoben wurde.

Der Sohn Alexander ,,Sascha" Bacher, ein MfS-Major, engagiert sich unterdessen, ganz wie es Vater wollte und im Sinne seiner eigenen Karriere, gegen Widerständler. Astrid Protter geborene Bacher, die eigentliche Heldin der Geschichte, verzichtet auf ihre berufliche Karriere und schließt sich nach Ausschluss aus der Partei, den Friedensgruppen um die Nikolaikirche an. Die Enkelin Silke, eine Halbwüchsige, setzt sich für mehr Demokratie in der DDR ein.

Der Initiator der Bewegung im realen Leben war Christian Führer. Loest nennt ihn in seinem Roman Pfarrer Ohlbaum. Dieser ruhige, konsequente, standfeste und entschlossene Mann predigte stets Gewaltverzicht und die Bemühung um Dialog mit den Gegnern. Als im September 1989 die Polizei erstmals demonstrierende Menschen niederknüppelt, beschloss er, bis nicht mehr brutal auf Wehrlose losgegangen wurde, im schwarzen Anzug statt in Jeans und Hemd zu predigen. Diese Geste zeigt auch, wie sehr er hinter dem stand, was er tat. Loest selbst, der im Dritten Reich in einer Zeit aufwuchs, in der die Kirche als Religionsgemeinde zum damals herrschendem System keine kritische Haltung bezog, war Atheist.

,,Religion ist das Opium des Volks"6 wurde im Sozialismus ,,gepredigt". Auch hier war kein Platz für Christen. Die ,,Bibel" der DDR war das Parteibuch der Einheitspartei. Doch was sie in dieser Zeit verband, Loest und die Kirche, war der Kampf um Luft zum Atmen, in einem Staat, der sie einengte. Die evangelische Kirche in der DDR mischte sich erstmalig seit Jahrhunderten wieder aktiv in die Politik ein.

Im Zentrum des Geschehens stehen jedoch die Mitglieder der Familie Bacher als Symlol für eine damals typische Familie.

Albert Bacher kämpfte schon im Zweiten Weltkrieg für die Kommunisten, was auch zu seinem Aufstieg bis zum General in der DDR beitrug. Sein Sohn Alexander will ihm um keinen Preis nachstehen, und geht auch zur Staatssicherheit. Er schlägt die Offizierslaufbahn ein, entgegen seinen Vater, der anfänglich an die Idee des Kommunismus glaubte, nur um Interesse seiner Karriere.

Astrid, die ältere der beiden Geschwister, steht im Konflikt zu ihrem Vater. Dessen wird sie sich aber erst relativ spät bewusst, dabei wird sie aber aus Sicht von Mutter und Bruder zum Schandfleck der Familie. Sie gehört zur ersten Nachkriegs-Generation der DDR. Diese Generation war es, die nicht ,,nur" die Kinder von Funktionären sein, sondern als Individuen behandelt werden wollte. Sie suchten nach eigenen Wegen und Möglichkeiten. Sie alle erkannten, dass ohne Parteiabzeichen diese Wege sehr steinig waren. So traten viele, die es sich einfach machten, ähnlich der Nazi-Zeit in die SED ein. Es waren sogenannte ,,Mitläufer". Ander Menschen urteilten kritischer. Sie erkannten, dass es falsch war, widerstandslos auf zugeben und versuchten es anders. Auf ihre Weise.

So auch Astrid Protter. Sie arbeitet als Architektin in Leipzig, wobei ihre Hauptaufgabe war, vorgefertigte Formulare, wie eis einer Planwirtschaft entspricht, auszufüllen. Eines Tages verweigert sie ihre Unterschrift, weil sie das Vorhaben für sinnlos hält. Sie würde das wenige vorhandene Geld lieber woanders nutzen. Diese Weigerung löste eine Lawine aus.

18.09.1989, Nikolaikirche im Hintergrund Doch bevor sie ins Lager der Widerständler wechselt, vergeht einige Zeit. Vorerst wird sie als krank abgestempelt, weil sie sich in einer bislang unerkannten Lebenskrise befindet. Sie wird beurlaubt. Ihre Ärztin verschreibt ihr Antidepressiva. Diese jedoch können ihre Probleme weder mindern noch beseitigen. Die Ursachen ihrer Depressionen sucht Astrid bei sich. Als sie nach einem Unfall in eine Klinik eingeliefert wird, in der sie auch psychisch betreut wird, hilft ihr der Professor Huhnfeld ihre Depressionen objektiv zu beurteilen.: "Attraktive Frauen müssen sich ständig beweisen, dass ihre berufliche Leistung ohne Rücksicht auf ihr Äußeres anerkannt wird. Sie jammern, es wäre durchaus kein Nachteil, wenn sie dumm wären, das würde von machen Männern sogarerwartet, um Überlegenheitswünsche ausleben zu können. Darüber haben wir noch gar nicht gesprochen: Haben sie politischen Druck verspürt- es wäre kein Wunder bei ihrem Elternhaus, wenn sie sich als schlechte Genossin gefühlt hätten."7 Das gibt ihr einen Denkanstoß.

Als sie in dieser Klinik auch noch Frau Heit, die einen ihrer Söhne durch einen Panzer verlor, kennen lernt, beginnt ihr sozialistisches Weltbild endgültig an zu bröckeln. Heit führt sie als gläubige Christin in die Kirche nach Königsau, wo Astrid in eine neue Welt eintaucht. Sie wittert den Geruch der Veränderung. Sie sieht einen neuen Sinn in ihrem Leben. Sie wird aus der Partei geschmissen. Mit Aktionen, wie dem Beobachten der Wahlen 1989, wurde sie zum Risiko für Alexanders Karriere. Sascha, der sogar seine eigene Mutter bespitzelt, hätte das beinahe die Beförderung zum Major gekostet. Saschas Aufgabe im MfS war es, den Schutz gegen inneren Feinde des Staates, besonders die von der Kirche kamen, zu gewährleisten. Dabei konnte er selbstverständlich keine verwandten Widerständler gebrauchen. Aber auch er selbst kommt mit ,,konterrevolutionären Kräften" in Konflikt, als er nämlich mit der hübschen Claudia anbändelte. Wie sich herausstellt, ist sie Mitglied in einer Umweltgruppe. Das lässt sich natürlich auf keinen Fall mit den Prinzipien Bachers und der seiner Parteiakte vereinbaren. Er beendet die Beziehung.

Doch das Ende der DDR kann er damit nicht verhindern.

Am 9. Oktober endet der Roman mit der Kapitulation der Stasi und dem Erfolg der Demonstration unzähliger Menschen in Leipzig- in ihrer Mitte auch Astrid Protter, ihr Mann und deren Tochter Silke. Sie waren auf alles vorbereitet, nur nicht auf Gebete und Kerzen.

Damit hat Loest ein Werk voller Emotionen und Konflikte geschaffen, welches vor dem Vergessen bewahren soll. Loest zeigt typische Konflikte innerhalb einer Familie, die mit der herrschenden Staatsideologie kollidierten. 2.3. Wirkung auf mich Ich habe mich für den Roman ,,Nikolaikirche" von Erich Loest entschieden, da ich das Geschehen in Leipzig selber erlebt habe, mich für Zeitgeschichte interessiere und die Verfilmung schon im Vorfeld für sehr gelungen hielt.

Als die ,,Wende" kam, war ich gerade mal sechs Jahre alt. Das könnte vielleicht den Anschein erwecken, ich hätte von alldem was in Leipzig passierte nichts mitbekommen. Dem ist nicht so. Natürlich war ich noch sehr jung und Politik war für mich ein Wort, dass ich mit alten Männern und langweiligen Debatten verband. Aber auch mir lag sehr viel an ,,West- Fernsehen", Apfelsinen und Bananen, Überraschungseiern und Samstags keine Schule zu haben. Ich kann mich auch noch ganz genau an die Bilder im Fernsehen der 150 oder 200 Menschen erinnern, die in Ungarn über den Zaun in die westdeutsche Botschaft kletterten. ein bester Freund und seine Familie sind auch ausgereist.

Ich verstand nicht, wieso ich in der Schule meine Lieblingsserie nicht mit anderen Kindern nachspielen durfte. Und wieso durfte außer meiner Oma niemand 1988 zu Hochzeit meiner Verwandten nach Wuppertal reisen?

Meine Mutter versuchte mir alles so verständlich wie möglich zu erklären. Logisch erschien es mir nicht.

Wir beschlossen, nachdem 70.000 demonstrierten, und es anscheinend keine Gefahr mehr gab, auch Montags mit um den Ring zu laufen.

Ich fand es großartig, auf den Schultern meiner Mutter zu sitzen und ,,Schnitzler in den Tagebau!" zu brüllen. Ich wusste weder, wer Schnitzler war noch was er im Tagebau soll, doch man war einfach von den Massen mitgerissen. So wird es auch den Helden von ,,Nikolaikirche" gegangen sein. Sie konnten sich nicht entziehen. Der Tatendrang war stärker als die Angst vor Strafe.

Ich finde Loest hat, trotz dass er im Herbst `89 nicht in der DDR war, die Situation eindringlich und ohne in Klischees zu verfallen dargestellt. Auch wird deutlich, dass diese Revolution eine war, die von innen heraus kam und nicht von kriminellen Systemgegnern geplant war. Loests Stil bringt einem sowohl zum Schmunzeln als auch an manchen Stellen zum Grübeln. Wer die Ausdrucksweisen im MfS nicht kennt, könnte jedoch an manchen Stellen Verständnisprobleme haben. Nicht jeder, der nicht in der DDR aufwuchs weiß, dass ,,IM" inoffizieller Mitarbeiter hieß.

Außerdem ist die Handlung sehr komplex, was ein Weiterlesen nach längerer Pause erschwert. Was mich persönlich gestört hat, waren die Rückblenden und Zeitsprünge in der Geschichte. Das irritierte manchmal sehr.

Der Roman endet mit der Demonstration am 9. Oktober 1989, was ich für sehr klug halte. Loest lässt somit dem Ausgang der friedlichen Revolution offen.

Zu diesem Zeitpunkt ahnte nämlich noch niemand etwas von einer Wiedervereinigung. Die Menschen demonstrierten für einen ,,Reformierten Sozialismus". Wie sieht es heute aus in einem wiedervereintem Deutschland? Sind die Menschen zufriedener? Werden sie das jemals sein?

Natürlich wurden die Verhältnisse verbessert. Das kann niemand bestreiten.

Es gibt keine Zensur mehr und jeder darf ( im Rahmen des Grundgesetzes) seine freie Meinung äußern.

Doch heute leben in den ,,Neuen Bundesländern" zehn Prozent der Kinder von Sozialhilfe. Jeder kommt einmal an einen Punkt, wo er um seinen Arbeitsplatz fürchten muss, vorausgesetzt er hat einen. Menschen werden wegen ihrer Hautfarbe, Herkunft oder einer Behinderung ausgegrenzt, verletzt oder sogar getötet. Politiker propagieren ,,Kinder statt Inder".

Der Verfassungsschutz und die Schufa beobachten und kontrollieren vermeintliche Systemgegner. Stichwort: ,,Lauschangriff" Mittels Datenbanken wie DNA-Dateien, Chipkarten mit gespeicherten persönlichen Angaben und fest installierten Kameras in nahezu fast jeder Innenstadt, wird man zum ,,Gläsernem Menschen".

Der Ring in der Leipziger Innenstadt wurde bepflanzt und ,,bepollert".

Wenn ich Polizisten der VP mit den heutigen Polizeibeamten vergleiche, fällt mir nur der Unterschied auf, dass unsere heutigen ,,Freunde und Helfer" noch besser für Kampf gegen Revolutionäre gerüstet sind.

,,Die Revolution frisst ihre Kinder"8

Ende der Leseprobe aus 11 Seiten

Details

Titel
Loest, Erich - Nikolaikirche
Hochschule
Real Centro Universitario Maria Cristina
Note
13 Punkte,
Autor
Jahr
2001
Seiten
11
Katalognummer
V99701
ISBN (eBook)
9783638981385
Dateigröße
411 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Loest, Erich, Nikolaikirche
Arbeit zitieren
Claudia Krobitzsch (Autor:in), 2001, Loest, Erich - Nikolaikirche, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99701

Kommentare

  • Gast am 16.5.2005

    Spitzen Arbeit!.

    Danke, die Arbeit is echt klasse und hilft sehr zum verständnis des doch etwas verwirrenden und anstrengenden buches! Jetzt muss es nur noch morgen in der Deutsch-Prüfung dran kommen, dann wär ich gewappnet! Also Danke nochmals!

  • Gast am 8.6.2003

    Noch ne Frage.

    habe mich grad wo ich denn das quellenverzeichnis finde?das wars an sich schon.und?

  • Gast am 14.5.2002

    Das hier.

    Puuuh, das war knapp... Danke dir! Ist für meine Deutschfacharbeit!

  • Gast am 27.4.2002

    DAAANKE!.

    HEY ECHT RETTUNG!
    Super!!!

  • Gast am 24.4.2002

    danke danke danke danke.

    vielen, vielen dank....beachtenswert...ich hasse dieses buch....aber dank deiner arbeit, habe ich einen super einblick!!!! wow...
    nochmal danke!!!!!

  • Gast am 10.4.2002

    Oberst Wilhelmi.

    Tausend Dank!
    Und einen schönen Gruß an alle Sozi-LKler die mit mir leiden müssen und ebenfalls dieses grotten-schlechte Buch lesen müssen. Ein hoch auf Oberst-Wilhelmi!!!

  • Gast am 5.4.2002

    Kommentar.

    Danke riesen Arbeit

  • Gast am 11.3.2002

    Re: Super!!.

    Danke ich sitz schon den ganzen Tag an diesem Buch.

  • Gast am 21.11.2001

    Super!!.

    Vielen,vielen Dank! Ohne dich müßte ich jetzt noch den ganzen Tag an diesem Buch sitzten .

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Titel: Loest, Erich - Nikolaikirche



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