Bertolt Brechts episches Theater
Grundgedanke:
Nach seinen Theaterarbeiten 1919-21 in Augsburg und 1921-24 in München geht Brecht 1924 nach Berlin und lernt dort als Dramaturg Max Reinhardt kennen, der ihm ein Theater vermittelt, dass das Bürgertum mit dem absolutistischen Adel gegenüberstellt. Folglich ist Brecht so fasziniert, dass er 1926 selbst mit seiner eigenen Theatertheorie, dem epischen Theater beginnt und formuliert erste Grundsätze. Geprägt ist das epische Theater mit den gesellschaftlichen Veränderungen im 19. Jahrhundert, wie z.B. der 4. Stand. Grundsätzlich soll das epische Theater ein Lehrstück sein, dass im Gegensatz zum klassischen aristotelischen Theater mit ihrer Passivität steht.
- Soll den Zuschauer zum Betrachter machen und seine Aktivität verlangen
- soll sich zwar amüsieren dürfen soll aber auch zum Lernen anregen
- soll den Zuschauer aus seiner konsumierenden Haltung herausreißen
- Zuschauer soll sich seine eigene Meinung zum Handlungsverlauf bilden
- Zuschauer soll mit einer veränderten Welt konfrontiert werden und daraus Konsequenzen ziehen · auch politisch + kritisches Mitdenken
- Schaffung einer kritischen Distanz zwischen Zuschauer und Handlung sowie Verhinderung der Identifizierung des Zuschauers mit den Darstellern
- eine emotionale Verwicklung ist nur eine reine Ablenkung und der Zuschauer verpasst die eigentliche Mitteilung des Theaterstückes
- Zuschauer soll sich ganz alleine auf die Handlung beziehen können · verzichtet auf Furcht und Mitleid
- Nicht der Ausgang, sondern der Gang der Handlung ist wichtig
- keine Spannung, stattdessen unter der Leitfrage gesehen, ,,Wie kann das sein?"
- Veränderung der Gesellschaft im marxistischen Sinne
- gesellschaftliche Aktivierung des Zuschauers
- Erkennung von Missständen
Im Gegensatz zum klassischen Theater ist die Welt im epischen Theater veränderlich. Der Zuschauer soll Bekanntes wie Fremdes sehen und Unbekanntes · Strukturen und Ursachen erkennen, scheinbar Bekanntes soll so dargestellt werden, dass es plötzlich nicht mehr bekannt ist · Zuschauer soll sich wundern, warum er dies schon nicht früher erkannt hat.
- Ein wichtiges Mittel hierbei ist die Entfremdung, dass wichtigste Mittel.
Und damit komme ich auch schon zu den Mitteln, die Brecht im epischen Theater benutzt, um die Distanz zwischen dem Zuschauer und dem Drama aufzubauen.
Mittel/Merkmale:
Grundsätzlich hebt die Theaterbühne die Umwelt des Menschen extrem hervor, der Mensch ist Gegenstand der Untersuchung.
- Einführung eines kritisch kommentierenden Erzählers
- Zum Anfang der einzelnen Szenen werden Prologe oder Projektionen von Überschriften und kurzen Inhalten gesetzt · anstatt Spannung: Unterbrechungen
- Verfremdungseffekt · wichtiges Mittel
- Zerstörung der Illusion und Schaffung einer kritischen Distanz
- Anreihung von Bildern · locker aneinandergereiht
- Anreden der Schauspieler an das Publikum
- sichtbare Bühnentechnik · verzicht auf Atmosphäre + Verzicht auf illusionsfördernde Requisiten
- keine Illusion der Wirklichkeit
Es wird verhindert, dass der Zuschauer der Illusion des Spiels erliegt, sich mit auf der Bühne dargestellte Wirklichkeit und der dargestellten Personen identifiziert.
Schauspieler verkörpern nicht vollkommen ihre darzustellende Position, sondern stellen die Personen so da, wie er sie laut den Theorien zu zeigen hat, so dass der Zuschauer erkennt, dass es Alternativen gibt
- Einschiebung von Songs und Liedern zur Abwechslung, Verzicht auf dramatische Zuspitzung
- Einsatz von Spruchbändern und Textprojektionen
- Lockere Reihung von selbstständigen Einzelszenen/Bildern · jede Szene steht für sich alleine, keine 3-5 Akte = kritische Distanz zum Zuschauer · ,,Große Form" , keine geschlossene Handlung
- Durchgehende Spannung
- Meist mit historischem Hintergrund
Zuschauer kennt eigentlich den historischen Hintergrund, wird aber durch die oben genannten Elemente so verfremdet, dass er diesen nicht mehr wieder erkennt und so Strukturen erkennen kann, die er vorher nicht gesehen hat = Bekanntes wurde verfremdet
Ergebnis:
Es wird eine ständige Reaktion des Zuschauers verlangt :
- Es werden Entscheidungen aufgezwungen , Anregung zum Denken, Widersprüche zu der Gesellschaft erkennen · kritische Auseinandersetzung · Zuschauer muss erkennen, dass der Mensch veränderbar ist und auch verädert werden muss. Der Mensch ändert sich durch Erfahrungen · Mensch als aktiv verändertes Subjekt
- Schluss ist offen, so dass sich die Zuschauer ihre eigene Meinung bilden müssen
- Zuschauer muss sich nach jeder Szene seine eigene Meinung bilden und sie für sich selber interpretieren.
Zuschauer muss sich zudem die Antworten nach Ende des Dramas - die im Drama gestellt und aufgeworfen wurden selbst beantworten. Erst durch eine politische Entscheidung kommt das Drama zu seinem eigentlichen Abschluss
- Zuschauer soll die Lösung aber auf keinem Fall auf der Bühne finden und suchen.
- Songs und Balladen unterbrechen das Schauspiel, um die Zuschauer aus der dramatischen Illusion herauszuholen
- Schauspieler muss sich klarmachen, dass er nicht mit der dramatischen Figur identisch ist · Darstellung nie durch mimische Nachahmung, sondern durch gestische Deutung · trennt sich durch die gestische Sprache von der Figur ab
- Darsteller sollen von der Figur erzählen + Abgrenzung vom Zuschauer durch Komik, Selbstbetrachtung, Zuschaueransprache + unabhängige Stellung
- fordert zudem zur Kritik auf
- Epische Theaterstücke sollen nie vorhersehbar sein · durch Verfremdung immer neu
- Aus ,,Furcht und Mitleid" und ,,Mitleid" wird ,,Wissbegierde" und ,,Hilfsbereitschaft"
Zuschauer muss sagen können ,,Das hätte ich nicht gedacht" , ,,So darf man es nicht machen" oder ,,Das Leiden dieses Menschen erschüttert mich, weil es doch einen Ausweg aus der Situation gibt" · kritisches Denken steht hier im Gegensatz zum klassischen Theater
Vergleich mit Brechts ,,Leben des Galilei":
- ,,Leben des Galilei" ist nicht der ausgeprägteste Typus dieser Dramaturgie
- Elemente des epischen Theaters wie
- basierend auf einen historischen Hintergrund
- Unterbrechung/Ablenkung von der Spannung durch Songs und Projektionen von Überschriften und kurzen Inhalten
- Anreihung von Bildern
sind vorhanden
- Erweckt den Eindruck, eine Mischung aus epischen und aristotelischen Theater zu sein
- Veränderung der Gesellschaft
- Zuschauer wird zur Erkenntnis getrieben · 2 Weltbilder
- Zuschauer muss sich seine eigene Meinung bilden, da das Ende offen ist
-
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