1. Analytischer Teil
1.1 Sachwissenschaftliche Analyse (die Sache)
Das Menuett ist heute meist nur als Satz einer Suite, Sonate und Sinfonie bekannt. Ich möchte nun hier seine Entstehung, Bedeutung und Form als höfischer Tanz des Barocks aufzeigen.
1.1.1 Die Geschichte
Das Menuett wird als die Tochter der höfischen Courante bezeichnet, da es teilweise auf ihr basiert. Seine Entstehung hängt aber auch wesentlich mit der Serpentinfigur des „Branle de Poitou“, der italienischen Schule, den Basses Danses der Renaissance und dem Figurentanz aller französischer Landschaften zusammen. Das erste Menuett wurde 1653 am Hofe von Versailles von Ludwig XIV und seiner Maitresse getanzt (vgl. Tauber, Karl Heinz: Höfische Tänze, S. 163).
Es herrschte bis zur französischen Revolution in den europäischen Ballsälen und galt als Beispiel vollendeter Tanzkunst, wodurch es den Höhepunkt jedes Festes darstellte (vgl. von Boehm: Max, Der Tanz, S. 90 und Tauber, Karl Heinz: Höfische Tänze, S. 165).
Damals wurde es „Königin aller Tänze“ genannt. (vgl. von Boehm: Max, Der Tanz, S. 90)
Dies galt bis in das ausgehende 18. Jhd, in dem es als exklusiver Einzelpaartanz von den allgemeinen Paartänzen abgelöst wurde. Gelehrt wurde es jedoch bis in das 19. Jhd hinein (vgl. Tauber, Karl Heinz: Höfische Tänze, S. 172).
1.1.2 Die Form
Das Menuett findet sich ausschließlich im ¾ Takt. Es bildete die Krönung des Einzelpaartanzes wobei es durch reine Schreitbewegungen mit immer enger und kleiner werdenden Tanzschritten und Wegen beliebig lange begangen wurde. Die Hauptfiguren, die den Grundriss des Tanzes bildeten waren eine 2, ein S, eine 8 und ein Z. Erst wurde nur das „Solo-Menuett“ getanzt, später entstanden das „Menuett en quatre“, das „Menuett en six“ und das „Menuett en huit“, wobei die Zahlen die Anzahl der Tanzpaare angeben (vgl. Tauber, Karl Heinz: Höfische Tänze, S. 165/168).
Um ein Menuett zu tanzen mußte der Tänzer gewisse Tanzreverenzen (dies sind spezielle Bewegungsabläufe), Tanzschritte, Fußstellungen (Positionen), Bewegungsformen und Raum-figuren beherrschen. So wurden z.B. spiegelgleiche Fußsetzung und Tanzwege zu beweglichen Barock-Ornamenten. Auch bestimmte Umgangsformen waren nötig, z.B. der Handkuß, der - um nur eine der hier genannten Formen etwas näher zu beschreiben - zu Beginn aller Reverenzen ausgeführt wurde, indem man während des beginnenden Verneigens die rechte Hand gegen den Mund führte und sie während des weiteren Verbeugens gegen Knie oder Füße des zu Grüßenden ausstreckte, um sie beim Aufrichten wieder an die Seite zu nehmen. Auch das Hut-Abziehen und das Handreichen zählen zu den gebräuchlichen und wichtigen Umgangsformen (vgl. Tauber, Karl Heinz: Höfische Tänze, S.129 ff).
Die hier genannten Fähigkeiten, die zum Tanzen eines Menuettes nötig waren zu beschreiben würde durch die Fülle an Ausprägungsformen, ihre Komplexität und Kompliziertheit zu weit führen, weshalb ich dies unterlassen werde. Für das Studium des Menuettes brauchte man daher oft Jahre, mindestens aber 6 Monate (vgl. Tauber, Karl Heinz: Höfische Tänze, S. 168), obwohl der Unterricht und die Übung meist täglich stattfand. So nahm z.B. Ludwig XIV 20 Jahre hindurch täglich Tanzstunden, um sich im Menuett zu vervollkommnen (vgl. von Boehm, Max: Der Tanz, S. 90).
1.1.3 Das Menuett aus der Suite No. 2 in h-moll von J.S.Bach
Dieses Menuett werde ich im Unterricht verwenden, daher möchte ich es an kurz beschreiben.
Es ist wie jedes Menuett im ¾ Takt geschrieben und besteht aus 6 gut zu unterscheidenden Teilen, wobei die letzten 5 eine Variation des ersten Teiles darstellen. Sie bestehen jeweils aus 8 Takten. Es ist daher sehr kurz - die Spieldauer beträgt 1.12 Minuten.
Die Choreographie wurde von mir erstellt. Die SuS stellen sich in 2 gegenüberliegenden Reihen auf - nach Geschlechtern getrennt. Ich möchte nun kurz die einzelnen Figuren erläutern.
1. Anfangsreferenz: Die Mädchen machen zu Beginn des ersten Teils einen Knicks, der sich über die ersten 4 Takte erstreckt, d.h. während dem ersten Takt gehen sie „in“ den Knicks, den 2. bleiben sie in dieser Haltung, im 3. richten sie sich wieder auf und während des 4. Taktes kommen sie zur Ruhe. Bei den Jungen verläuft es ähnlich, nur das sie eine vereinfachte Form des „Kratzfuß“ durchführen. Der erste Takt wird verwendet um den linken Fuß und die linke Hand in die richtige Position zu bringen (Fuß über den Boden nach Vorne ziehen, die Hand gegen den Fuß strecken). Während des 2. Takts verharren sie in dieser Stellung, im Dritten richten sie sich wieder auf und der 4. dient als Verschnaufpause.
Dann beginnt der nächste Teil der ersten Figur. Die Jungen und Mädchen, die sich gegenüberstehen gehen aufeinander zu (1 Takt) und reichen sich beide Hände (1 Takt). Dann gehen sie rückwärts an ihren Platz zurück (1 Takt) und bleiben während des letzten Taktes ruhig stehen.
2. Im ersten Takt des zweiten Teils gehen immer vier Kinder zusammen, indem je 2 Jungen und 2 Mädchen diagonal aufeinander zugehen. Sie fassen sich an den Händen und bilden so einen Kreis (1 Takt), wobei aber die Köpfe in Gehrichtung und nicht in die Kreismitte gewendet werden sollten. Danach schreiten sie einen Kreis ab, so daß nach 4 Takten wieder jeder in der Anfangsposition steht. Während des 7. Takts gehen alle wieder rückwärts an ihren Platz zurück. Der 8. Takt dient wieder der Erholung.
3. Nun geht das erste Paar aufeinander zu, d.h. der erste Junge und das erst Mädchen beider Reihen treffen sich in der Mitte, fassen sich an der Hand und drehen sich so zu den anderen, daß diese ein Spalier bilden (2 Takte). Sie schreiten durch dieses Spalier hindurch und stellen sich an dessen Ende wieder jeder in seine Reihe. So verfahren alle paare, bis am Schluß des 4. Teils (es sind 2 Teile für diese Figur eingeplant) wieder jeder an seinem Platz steht.
4. Die Jungen und Mädchen bilden eine Mühle, d.h. sie gehen wie unter 2. beschrieben aufeinander zu, reichen sich aber nicht beide Hände, sondern nur die rechte Hand. Der weitere Verlauf ist mit dem der 2. Figur gleich.
5. Die letzte Figur ist die Schlußreferenz. Hierbei gehen immer die sich gegenüberstehenden SuS aufeinander zu und reichen sich die rechte Hand (2 Takte). Dann machen sie eine ganze Drehung (4 Takte), warten noch einen Takt ab und gehen dann rückwärts auseinander, so daß ein Platzwechsel stattgefunden hat (1 Takt). Anschließend machen die Jungen den Kratzfuß und die Mädchen einen Knicks, wobei sie sich aber alle nicht wieder aufrichten, sondern in dieser Stellung auch noch ein paar Sekunden nach dem letzten Takt des letzten Teils bleiben.
Dies Figuren bilden zusammen das Menuett, das die SuS in dieser Stunde erlernen sollen.
Eine Abwandlung könnte sich so gestalten:
Anstelle der 2. Figur könnten die SuS eine andere setzen:
Jedes 2. Mädchen geht auf den ihr schräg gegenüberstehenden Jungen zu und umgekehrt. Beide treffen sich in der Mitte der Diagonale. Die übrigen SuS bleiben stehen (1 Takt). Die Beiden reichen sich die recht Hand (1 Takt) und gehen eine Halbkreis (1 Takt). Dann gehen sie rückwärts an den Platz des anderen - Platzwechsel (1 Takt). Während des 5. Takts machen die SuS, die an den Plätzen gewartet haben das gleiche, so daß nach dem letzten Takt des 2. Teils alle Jungen und Mädchen wieder in 2 Reihen stehen. Bei dieser Figur ist kein „Pausetakt“ für die Paare, die als 2. tanzen eingeplant. Dies erhöht die Schwierigkeit dieser Figur.
Bis auf die gerade beschriebene Figur sind alle zeichnerisch auf den Arbeitsblättern dargestellt.
1.2 Didaktische Analyse (Sache fi Schüler)
1.2.1 Bezug zum Bildungsplan
Das Menuett als Tanz kann in das Thema einfache Tanzformen aus dem Arbeitsbereich 1: Singen und Musizieren eingeordnet werden. Für diesen Arbeitsbereich sind insgesamt 28 Stunden vorgesehen.
Ziel dieser Einheit ist es, die Darstellung von Musik durch Bewegung und Tanz zu üben. Die SuS bringen hierbei außerschulisch erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse in den Unterricht mit ein. Ihre Kreativität wird durch eigene Erfindungs- und Gestaltungsübungen angeregt. Außerdem fördert der bewußte Umgang mit Musik die Konzentration und Aufmerksamkeit. Auch die Freude an der Musik und die Aufgeschlossenheit der SuS ihr gegenüber und werden weiterentwickelt (vgl. Ministerium für Kultus und Sport: Bildungsplan für die Hauptschule; Klasse 6 Musik AB1: Singen und Musizieren).
1.2.2 Exemplarische Bedeutung
Das Menuett ist ein Beispiel für die Tänze des Barocks. Durch dieses gewinnen die SuS einen kleinen Einblick in die damaligen Umgangsformen, Bälle, Musik und natürlich in eine der üblichen Tanzformen dieser Zeit.
Außerdem kann es als Beispiel für „aufgeschriebene“ Gruppentänze, d.h. für Tänze mit einem vorgeschriebenen Ablauf, festgelegten Bewegungen, Formen und Schritten stehen. Dies ist trotz der starken Vereinfachung des von mir entworfenen Menuettes gegeben, da viele Grundzüge des Tanzes beibehalten wurden (z.B. das Schreiten, eine stark vereinfachte Anfangs- und Schlußreferenz,...), die von den SuS nicht verändert werden dürfen.
1.2.3 Gegenwartsbedeutung
Die meisten SuS sind dem Menuett noch nie als Tanz begegnet, ihnen könnte höchstens die Art der Musik bekannt vorkommen. Sie kennen ausschließlich die modernen Tänze, die auf Partys, etc. getanzt werden. Durch das Erlernen des Menuettes, wird den SuS bewußt, daß es noch andere Tanzformen gibt - andere Möglichkeiten sich auf Musik zu bewegen.
In der momentanen schulischen Situation könnte sich die Kenntnis über das Menuett in den Fächern Musik und Sport als nützlich erweisen, da in beiden eine freie Bewegung zur Musik verlangt wird (vgl. Ministerium für Kultus und Sport: Bildungsplan für die Hauptschule; Klasse 6 - Fächer: Musik AB 1 und Sport AB 3). Durch das Tanzen des Menuettes vergrößern sich die Erfahrungen der SuS und somit auch ihre Möglichkeiten, sich selbst kreativ in den Unterricht einzubringen.
1.2.4 Zukunftsbedeutung
Dadurch, daß die SuS lernen, ein Menuett zu tanzen, kann sich in ihrer Zukunft die Einstellung zu anderen Tanzformen (z.B. Standarttänze in Tanzschulen, Tänze anderer Kulturen) ändern, sie können diesen offen und tolerant gegenübertreten. Vielleicht entwickeln sie sogar ein Interesse an anderen Arten des Tanzes, wodurch die SuS neue Freizeitmöglichkeiten, Freundschaften, Vereine,... entdecken.
1.2.5 Struktur des Themas
Anhand der folgenden Schritte soll den SuS das Thema Menuett zugänglich gemacht werden.
- betrachten einiger Bilder, auf denen Personen in Tanzhaltung und den entsprechenden Kleidern des Barock zu sehen sind.
- anhören des Menuettes in h-moll von J.S.Bach
- erlernen der einzelnen Figuren erst ohne, dann mit Musik
- tanzen des Menuettes in der richtigen Figurenabfolge zur Musik
- die Tanzfiguren und den Ablauf des Menuettes mit Hilfe zweier Arbeitsblätter beschreiben
1.2.6 Zugänglichkeit
Durch das anhören des Menuettes kann den SuS das Problem der Bewegung auf diese Art der Musik gestellt werden. Durch die Überlegungen und Versuche dieses zu lösen wird das Interesse geweckt.
Alternativ wäre ein Einstieg denkbar, bei dem den SuS ein Filmausschnitt gezeigt wird, in dem das Menuett als Tanz vorkommt. Auch mit dieser Methode kann das Interesse der SuS am Thema geweckt werden.
1.3 Analyse der Lernvoraussetzungen (Schüler fi Sache)
Leider kann ich über den Leistungsstand der Klasse nicht viel aussagen, da ich sie nicht gut genug kenne. Vor allem im Fach Musik fällt es mir besonders schwer, da ich die SuS noch nie in diesem Fach unterrichtet habe und auch noch keine Schulstunde darin gesehen habe.
Vom Klassenlehrer Herr Vogel weiß ich jedoch, daß die Klasse im Schullandheim einen Tanz eingeübt hat. Hierbei zeigte sich, daß die SuS z.T. große Schwierigkeiten hatten und teilweise sehr lange für das Einüben brauchte. Da die Kinder aber in den Stunden die von den Studenten gehalten werden ein sehr großes Engagement zeigen und dieses Menuett eine Abwechslung zu ihrem sonstigen Unterricht darstellt, denke ich, daß die Einübung nicht sehr problematisch wird - die SuS sich nicht weigern, rumalbern oder stören werden. Der Zeitfaktor wird jedoch ein Problem darstellen, da mir nur eine Unterrichtsstunde zur Verfügung steht, nach der nicht nur das Menuett von den SuS getanzt werden können soll, sondern auch eine schriftliche Festigung erfolgen sollte. Weiterhin denke ich, daß der Klasse die Begriffe Barock und Menuett nicht unbedingt bekannt sein werden. Auch die äußere Form (wobei für diese Stunde nur der ¾ Takt wichtig ist) und den Klang eines Menuettes werden sie nicht kennen. Ich denke daher, daß es den SuS zuerst fremd vorkommen wird, sich auf diese Musik zu bewegen.