Die Heilkraft des Tanzens. Leitprinzipien der Tanztherapie nach Trudi Schoop


Hausarbeit, 2000

8 Seiten, Note: ohne


Leseprobe


Einleitung

Ich habe mich für das Thema Tanztherapie entschieden, da ich schon immer gerne getanzt habe und es immer noch gerne tue. Ich selber empfinde das Tanzen auch sehr häufig als ausgleichend für die Seele.

In diesen Lehreinheit werde ich mich, außer in einem allgemeinen Anfang, nur eine tanztherapeutische Schule genauer zu beschreiben, da ein Überblick über mehrere Schulen sehr oberflächlich hätte bleiben müssen, und das hätte ich als sehr unbefriedigend empfunden.

Entstehung der Tanztherapie

Die Entstehung der Tanztherapie geht in die 40èr Jahre zurück. Im Unterschied zu den meisten anderen Therapieformen ist sie nicht aus der Psychotherapie oder dem sozialen Bereich entstanden, sondern aus der Tanzkunst selber.

,,Die Welt des Tanzes war bereits wesentlich vom ,,modern dance" und Ausdruckstanz geprägt (..)."1 Die Entwicklung dieser neuen Tanzkünste wurde in Deutschland durch den Nationalsozialismus jäh unterbrochen, und ihre Vertreter wanderten zu einem großen Teil in die USA aus. "In den USA setzten sie ihre tänzerische Arbeit fort und entdeckten im Laufe der Zeit in zunehmenden Maße die befreiende und heilsame Wirkung, die ihr gestaltischerer Umgang mit ihren Erfahrungen und Emotionen im Tanz auf ihr allgemeines psychisches Befinden ausübte.(...). Es zeigte sich, daß die künstlerische Verarbeitung und Gestaltung des Lebens im Tanz als solche bereits einen hohen therapeutischen Wert besaß."2

Erst benutzten die Tänzerinnen diese Erfahrungen einige Jahre zur Selbsttherapie und entwickelten dadurch Vorstellungen wie man den therapeutischen Gewinn des Tanzens auch für andere hilfreich einsetzen kann.

Als erste versuchte Trudi Schoop den Vorstoß in die psychiatrische Arbeit. Die Tanztherapie entwickelte sich viele Jahre als eine Hilfs- oder Zusatztherapie in den psychiatrischen Kliniken. Durch den Mangel an fundierten psychologischen Kenntnissen war es notwendig, daß die Tanztherapie in weitere therapeutische Arbeit eingebettet blieb.

Nachdem dann einige der Tanztherapeutinnen verschiedene Therapeutenausbildungen absolvierten, entwickelte sich die Tanztherapie zu einer eigenständigen Therapieform, die durch sehr unterschiedliche psychologische Schulen bereichert wurden.

Gemeinsamkeiten der unterschiedlichen Ansätze

Gemeinsam haben die unterschiedlichen Ansätze folgende Punkte:

- Tanztherapie ist eine Erlebnistherapie im Hier und Jetzt
- Nicht rationale Problemeinsicht sondern die sinnliche Erfahrung soll zum Heilungserfolg führen
- Das Menschenbild der Tanztherapie entspricht der holistischen Auffassung der Gestalttherapie von der Körper -Geist -Seele -Einheit.
- Die Tanztherapie geht davon aus, daß jedem Menschen eine Selbstaktualisierungstendenz angeboren ist, die durch Störungen im Entwicklungsprozess gestört werden kann
- Für den Tanztherapeuten gibt es keine klare Einteilung zwischen gesunden und kranken Menschen, jeder trägt ein individuelles Maß an gesunden und kranken Anteilen in sich.
- Die Tanztherapie setzt bei den gesunden Anteilen im Menschen an.

Tanztherapie nach Trudi Schoop

,, Anstatt das Leben zu erleiden, daß Leben tanzen - gestalten! "3 Trudi Schoop

Philosophischer Hintergrund

Schoops tanztherapeutisches Konzept wird von ihrer eige nen Lebensphilosophie bestimmt.

Sie geht davon aus, daß wir uns unseren ganzen Lebensweg parallel auf zwei Ebene bewegen. Die eine Ebene nennt sie Urerfahrung:

,, Diese Urerfahung verbindet uns gleichsam mit dem Ewigen, dem immerwährenden Fortgang einer kosmischen Ordnung und Harmonie."4

Die zweite Ebene ist die irdische Wirklichkeit unseren Daseins.

Auf diese zweiten Ebene sind wir aus der ersten heraus geschleudert worden, aber in jedem Menschen bleibt die Sehnsucht nach der Einheit in der Urerfahrung.

Nach Schoop ermöglicht der Tanz das Durchdringen beider Bewußtseinsebenen. Der Tanzende erlebt also einerseits seine irdische Begrenztheit und gleichzeitig das Eingebettetsein in die ewige, kosmische Ordnung.

Krankheitsbegriff

Schoops Betonung der Gemeinsamkeiten der Menschen bestimmt auch ihre Haltung gegenüber dem psychisch kranken Menschen. Ihrer Meinung nach hat jeder Mensch dieselben Elemente und Möglichkeiten, sie unterscheiden sich lediglich in Dauer, Intensität und der Anordnung.

Durch die Erziehung müssen wir unsere Gefühle, Gedanken und Handlungen selektieren. Wir lernen schon früh welche ,, erlaubt" und welche unerwünscht sind. Dadurch kommt es zu Spezialisierungen und Einseitigkeiten und wir verfügen nicht mehr über unser ganzes Gefühlsspektrum.

Die kranken Menschen haben sich zu einseitig auf ein Gefühl spezialisieren müssen ,z.B. Zorn, Trauer, Angst. Schoop versucht dies wieder auszugleichen in dem sie die anderen Anteile stärkt und nicht hauptsächlich mit dem ,, erkrankten" Anteil arbeitet.

Die Tanztherapie geht von einer ,,mind -body ,, - Einheit aus. Das heißt, wenn man therapeutisch Einfluß auf den Verstand ausübt, wird sich das in der Körperhaltung widerspiegeln, umgekehrt hat auch die leibtherapeutische Arbeit Einfluß auf den Geist.

Therapeutische Leitprinzipien

1. Selbstwahrnehmung

Schoop sieht jede Therapie als einen Dialog an. Der klingt wird nicht als ,,unmündig" betrachtet, sondern als gleichberechtigter Partner.

Die Eigentherapie geht der des Klienten voraus, man muß seine eigenen Schwierigkeiten kennen um die eigenen Anteile im Dialog richtig deuten zu können.

2. Emphatisches Verstehen, positive Wertschätzung und Echtheit dem Klienten gegenüber.

Weitere Aspekte der Tanztherapie nach Trudi Schoop

Ein wichtiges Ziel der Tanztherapie ist die Erweiterung des Bewegungspotentials. "Die Bewegungsfixationen oder Stereotypen müssen langsam überwunden werden, um die körperlichen Ausdrucksmöglichkeiten und die damit verbundenen Erfahrungsmöglichkeiten im Gefühlsbereich zu erweitern."5

Die Tanztherapie möchte keine ästhetische Bewegung vermitteln , die Bewegung soll der inneren Gestimmtheit des Individuums entsprechen.

Der Tanztherapeut holt den Klienten dort ab, wo er steht. Schoop setzt bei den gesunden Bewegungspotentialen an, egal wie gering sie sind. Diese werden gemeinsam erlebt, um danach dann miteinander das Bewegungspotential zu erweitern.

Der Klient soll die Bewegungen nicht mechanisch nach einer technischen Anleitung ausführen, sondern die Gefühle wirken lassen die im bei den Bewegungen kommen.

Durch bestimmte Übungen können häufig bestimmte Gefühle eingeleitet werden. Z.B wird der Mensch durch ein äußerliches Schwingen auch innerlich beschwingt. Außerdem weckt das Schwinge n Gefühle aus den ersten Lebensjahren, wo man z.B. in den Armen der Mutter Geborgenheit erfahren hat.

Die Tanztherapie geht einerseits davon aus , daß wir unseren Gefühlen körperlich sehr gut Ausdruck verleihen können (Freudensprung) und daß andererseits durch bestimmte Haltungen und Bewegungen bestimmte Gefühle in uns ausgelöst werden.

Und dadurch eine Verarbeitung von aufgestauten Gefühlen möglich wird.

Die Tanztherapie versucht, den Patienten über Bewegungen seinen Gefühlen näherzubringen und sein Erlebensspektrum zu vergrößern.

Meistens löst es weniger Widerstand im Patienten aus, über Bewegungen Gefühle freizulegen, als sie direkt ansprechen zu müssen.

Wichtig ist hier, daß die Gefühle des Klienten nicht beurteilt oder gar verboten werden, jedem Gefühl muß Raum gegeben werden.

Sind beim Klienten Gefühle im Vordergrund, so haben diese Priorität, ,,fühlt er sich gar nicht", so muß im geholfen werden seine Erlebnisfähigkeit wieder zu finden.

Als gesund bezeichnet Schoop einen Körper , der in Harmonie zu den inneren Prozessen des Menschen bewegt. Dessen Bewegung aus der Mitte geleitet werden. Der Körper kann flexibel auf seine Umwelt reagieren. Sein Atem geht regelmäßig.

Bevor Schoop den Patienten Hilfestellungen leistet um ihre eigenen authentischen Bewegungen zu finden , lehrt sie die Klienten ein ,,Bewegungsvokabular" , daß auf den Elementen des Tanzes aufgebaut ist. Ohne diese Hilfestellungen wären viele der Klienten durch die plötzliche Bewegungsfreiheit überfordert und daß würde ihre Unsicherheit nur noch fördern.

Unser Erleben geschieht größtenteils über das Wahrnehmen von Gegensätzen: es gibt kein links ohne rechts, kein gut ohne böse usw. Die Tanztherapie hat das Ziel die Gegensätze im Menschen auszugleichen um dem Menschen als Ganzes ins Gleichgewicht zu bringen.

Zentrierung

Heutzutage sind viele Menschen auf der Such zu ihrer eigen ,,Mitte".

,,Jede Bewegung strömt vom Zentrum aus oder führt zum Zentrum zurück; das Zentrum ist demnach der Ausgangs - und Endpunkt jeder Bewegung , Ziehen sich die Muskeln in unserem Zentrum zusammen, so ist der gesamte Körper nach innen geric htet oder dehnen sie sich, so öffnet sich der Körper.

Unsere ,,Mitte" ist auch das ,,Sammelbecken" unserer Gefühle."6

Ohne die Impulse aus dem Zentrum sind die Bewegungen des Körpers orientierungslos. Schoops Interventionen sind darauf ausgerichtet, den Klienten wieder zu seiner Mitte hinzuführen damit diese wieder Orientierung geben kann.

Durch Übungen, die die körperliche Mitte erfahren lassen, soll der Klient auch wieder Zugang zu seiner seelischen Mitte bekommen.

Körpergefühl des Klienten

Ein weiteres Ziel ist dem Klienten zu wieder ein Gefühl für seinen ganzen Körper zu vermitteln. ,, Sie sollen Besitz er -greifen von ihrem Körper und den eigenen Körper als sich selbst erleben."7

,, Ich benutze alle verfügbaren Mittel, um den Körper seinem Besitzer zurückzugeben."8

Denn nur über eine Unterscheidung von Ich und Du kann der Patient zu einer Identität gelangen.

Umgang mit Gefühlen

Schoop meint, daß gesunde Gefühlsreaktionen sich körperlich manifestieren. Unterdrückte Gefühle manifestieren sich nach Schoop in chronischen Muskelverspannungen, die sie Körperpanzer nennt. Der Patient soll sowohl seine angenehmen Gefühle wahrnehmen und ausdrücken als auch seine schmerzhaften Gefühle. Für Schoop gibt es keine schlechten Gefühle, alle haben ein Recht ernst genommen zu werden.

,,Es gibt viel Schmerz, Angst, Mißtrauen und Schrecken in unserer Welt, aber es gibt auch viel Schönheit (...). Diese Seiten unseres Wesens zu erleben und zu vertiefen ist mein Anliegen. Ich will nicht beruhigen, beschwichtigen, ich möchte intensivieren, und zwar in alle Richtungen."

,, Je bewußter wir leben, um so glücklicher sind wir."9

Schoop hält es für gefährlich Gefühle zu stapeln. Für sie besteht Psychohygiene darin, Gefühle in Energie umzusetzen, damit unausgedrückte Gefühle nicht künftige Begegnungen färben.

Hier wird auch der prophylaktische Aspekt der Tanztherapie deutlich.

,, Der gesunde Körper reagiert in angemessener Weise auf die Geschehnisse um ihn herum. Der Körper gewinnt sein Gleichgewicht wieder, wenn der emotionalen Reaktion Ausdruck gegeben wurde."10

Von der Improvisation zur Gestaltung

In der Regel hat eine tanztherapeutische Behandlung folgenden Verlauf. Zunächst wird dem Klienten das schon erwähnte Bewegungsvokabular vermittelt. Dieses bietet im die Basis um in der Bewegungsimprovisation seinen Befindlichkeiten nachspüren zu können. Die Bewegungsimprovisation ist vergleichbar mit dem freien assoziieren in der Psychoanalyse. Die Improvisation allein genügt nicht. War bei der Improvisation die willentliche Kontrolle in den Hintergrund getreten, so spielt sie bei der Gestaltung eine entscheidende Rolle. ,,Die therapeutische Wirkung der Gestaltung liegt im folgenden:

_ Die Gestaltung setzt vorraus, daß der Patient seine Gefühle zuläßt.

_ Er macht seine Gefühle sichtbar, er ver _ körpert sie. Auf diese Weise wird seine Gefühlswelt be - greifbar und ,,nimmt Gestalt" an. Er wird Herr seiner Gefühle und Empfindungen, anstatt ihnen wie früher ausgeliefert zu sein.

_ Der Patient muß die verschiedenen ,,Mosaiksteine" seines Gefühls zu einem darstellbarem Ganzen zusammenfügen.

_ Der Patient kann sich seinen Mitpatienten in der Bewegung mitteilen. Dadurch haben die übrigen Gruppenmitglieder gleichzeitig die Möglichkeit zu re - agieren, und es kann sich eine Inter - Aktion ergeben.

Indikation der Tanztherapie

,, die Tanztherapie kann zur Anwendung kommen bei den unterschiedlichsten Formen von

Neurosen und Psychosen, sowie bei kindlichem Authismus. Weiterhin eignet sich die Tanztherapie für retadierte Menschen, für Lerngestörte, geistig behinderte und für geriatrische Patienten. (...)

Die Tanztherapie ist geeignet für Patienten aller Altersstufen und wird sowohl als Einzeltherapie als auch als Gruppentherapie betrieben.

[...]


1 Klein Petra: Tanztherapie. Eine einführende Betrachtung im Vergleich mit Konzentrativer - und Integrativer Bewegungstherapie. Bremen, 1988, S.27

2 Klein Petra: Tanztherapie. Bremen,1998

3 Schoop Trudi: Schriftlich niedergelegtes Referat von Trudi Schoop anläßlich des 7. Forums für Musik und Bewegung, Lenk 1977

4 Schoop,T.Lenk 1977

5 Klein Petra, Bremen 1988

6 Klein Petra, Bremen1988

7 Klein Petra, Bremen 1988

8 Schoop Trudi mit Mitschell, P.: Won`t you Join the Dance? . Palo Alto, California 1974

9 Schoop Trudi, Palo Alto 1947

10 Klein Petra, Bremen 1988

Ende der Leseprobe aus 8 Seiten

Details

Titel
Die Heilkraft des Tanzens. Leitprinzipien der Tanztherapie nach Trudi Schoop
Note
ohne
Autor
Jahr
2000
Seiten
8
Katalognummer
V99975
ISBN (eBook)
9783638984089
Dateigröße
426 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Tanztherapie
Arbeit zitieren
Katrin Zimmermann (Autor:in), 2000, Die Heilkraft des Tanzens. Leitprinzipien der Tanztherapie nach Trudi Schoop, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99975

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