Franchising als Vertriebsform

Motive der Vertragspartner, Vertragsgestaltung, rechtliche Einzelfragen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

71 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Autorenverzeichnis

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

1. Einfuhrung

2. Grundlagen
2.1 Definition und Grundstruktur des Franchising
2.1.1 Definition
2.1.2 Know-how
2.1.3 Ziele
2.1.4 Geschichtliche Entwicklung des Franchising
2.1.5 Okonomische Relevanz und Aktualitat des Franchising
2.1.6 Typologie des Franchising
2.2 Abgrenzung zu ausgewahlten Betriebsformen
2.2.1 Filialsysteme
2.2.2 Lizenzsysteme
2.2.3 Handelsvertreter
2.2.4 Vertragshandler
2.3 Motive der Vertragspartner
2.3.1 Motive des Franchisegebers
2.3.2 Motive des Franchisenehmers

3. Vor- und Nachteile des Franchising
3.1 Vorteile des Franchising
3.1.1 Vorteile fur den FG
3.1.2 Vorteile fur den FN
3.2 Nachteile des Franchising
3.2.1 Nachteile fur den FG
3.2.2 Nachteile fur den FN
3.3 Zwischenfazit

4. Rechtliche Aspekte des Franchising
4.1 Besonderheiten des Franchisevertrags
4.1.1 Vorvertragliche Aufklarungspflicht des FG gegenuber des FN
4.1.2 Kartellrechtlich relevante Aspekte des Franchising
4.1.3 Weisungsrechte des FG
4.1.4 Prinzipal-Agenten-Ansatz beim Franchising
4.1.5 Komplementare Elemente des Franchisevertrags
4.2 Zentrale Bestandteile des Franchisevertrags
4.2.1 Leistungen des FG
4.2.2 Leistungen des FN
4.2.3 Informationsaustausch
4.2.4 Franchisegebuhren
4.2.5 AusschlieBlichkeitsbindungen des FN
4.2.6 Gebietsschutz
4.2.7 Werbekooperation
4.2.8 Vertragsbeendigung

5. Schlussfolgerungen und Ausblick

Literaturverzeichnis

Internet-Quellenverzeichnis

Autorenverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tab. 1 Vergleich zwischen Filialsystem und Franchising

Tab. 2 Motive fur das Franchising

Tab. 3 Gegenseitige Leistungen und Pflichten in Franchisesystemen

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Franchise Know-how-Kreislauf

Abb. 2 Tangibilitatskontinuum

1. Einfuhrung

Diese Seminararbeit hat das Vertriebssystem Franchising (F) zum Gegenstand. In der BRD ist das F noch ein junges Vertriebssystem, welches dennoch kontinuierlich positive Wachstumszahlen aufweisen kann. Die Bedeutung des F nimmt konsequen- terweise in der heutigen Zeit immer mehr zu.

Diese Arbeit soil Ursachen fur den Erfolg des F beleuchten, die Systematik der F- Vertrage darstellen und Grunde dafur aufzeigen, warum die Nachfrage potenzieller FN nach etablierten Systemen immer mehr zunimmt. Ein Grund hierfur ist die Prob- lematik junger Unternehmen, sich Zugang zu Ressourcen und -Gebern zu verschaf- fen- oftmals aufgrund mangelnder Erfahrung und fehlender Kompetenzen. Mit Hilfe eines Franchise-Gebers (FG) konnen die potenziellen Entrepreneure als Franchise- Nehmer (FN) dieses Problem groBtenteils umgehen. Der FN erhalt durch den FG ein erprobtes und durchdachtes, durch Schulungen vermitteltes Geschaftskonzept und ihm wird dadurch der Start in die Selbstandigkeit deutlich erleichtert. Auch der FG profitiert von dieser Art der Partnerschaft. FN sind in den meisten Fallen hoch moti- vierte, engagierte selbstandige Agenten, die im Auftrag des FG Waren oder Dienst- leistungen anbieten. Der FG profitiert zusatzlich vom Kapitaleinsatz des FN und von den durch ihn gesammelten Informationen, die er dem FG zur Verfugung stellen muss. Eine kritische Betrachtung der weiteren Vor- und Nachteile des F bildet den Abschluss der beiden einleitenden Teile dieser Arbeit.

Den Hauptteil dieser Arbeit bilden die rechtlichen Aspekte des F, wobei insbesondere auf den F-Vertrag eingegangen wird. Dieser stellt das zentrale Fundament der Part­nerschaft zwischen FG und FN dar. Im deutschen Rechtssystem existiert kein ein- heitliches F-Gesetz, sondern das F-Recht setzt sich aus einer Anzahl verschiedener Gesetzesregelungen zusammen. Ferner beschaftigt sich diese Seminararbeit mit den beim F haufig auftretenden Problemen. Das F wird in diesem Zusammenhang mit Hilfe des Prinzipal-Agenten-Theorem und der damit verbundenen Moral Hazard Problematik interpretiert. Diese kann durch eine geschickte Vertragsgestaltung ge- mindert und/oder sogar beseitigt werden. Die wesentlichen Bestandteile des F- Vertrags, die diese Thematik teilweise aufgreifen, werden hierbei explizit dargestellt und erlautert.

In der Literatur spielt die Diskussion uber den F-Vertrag eine wichtige Rolle, weshalb seine Bedeutung, Besonderheiten und Bestandteile im Hauptteil umfangreich darge- stellt werden.

Aufgrund eines permanenten Erfahrungs- und Informationsaustauschs der Vertrags- partner entwickeln sich die F-Systeme fortlaufend weiter. Diese andauernde Entwick- lung des F ist sogar im Verlauf der vom Deutschen Franchise-Verband e.V. (DFV) veroffentlichten Begriffserklarung des F erkennbar: Sie musste uber die Jahre hinweg fortlaufend geandert werden. Im Folgenden wird die Dynamik und Flexibilitat der Ver- triebsform F besonders herausgestellt, die auch ein Grund dafur sein konnte, dass eine spezifische gesetzliche Regelung fur das F bis heute nicht existiert. AbschlieBend wird sich kritisch mit der Vertriebsform F auseinandergesetzt und es werden Implikationen fur das Management sowie weitere potenzielle Forschungsbe- reiche und -moglichkeiten aufgezeigt.

2. Grundlagen

2.1 Definition und Grundstruktur des Franchising

Im Folgenden soil der Begriff des Franchising (F) definiert und die Grundstruktur des F naher erlautert werden. Zu Beginn wird der Begriff des F definiert und der dazuge- horige Know-how-Transfer naher beschrieben. Im Anschluss daran werden die Ziele und die geschichtliche Entwicklung des F aufgezeigt. Danach wird die okonomische Relevanz des F erlautert und anschlieBend eine Typologie des F erstellt.

2.1.1 Definition

Es existieren viele verschiedene Definitionen des F (vgl. etwa S. etwa Kunkel, S. 1994; Mack 1975, S. 24; Kubitschek 2000, S. 21). Die folgende Definition der Euro­pean Franchise Federation (EFF), die vom 1979 gegrundeten deutschen Franchise- Verband e.V. ubernommen wurde, ist jedoch die gangigste und soll im Folgenden verwendet werden:

Franchising ist ein Vertriebssystem, durch das Waren und/oder Dienstleistungen und/oder Technologien vermarktet werden. Es grundet sich auf eine enge und fortlaufende Zusammenarbeit recht- lich und finanziell selbstandiger und unabhangiger Unternehmen, den Franchise-Geber und seine Franchise-Nehmer. Der Franchise-Geber gewahrt seinen Franchise-Nehmern das Recht und legt ihnen gleich- zeitig die Verpflichtung auf, ein Geschaft entsprechend seinem Kon- zept zu betreiben. Dieses Recht berechtigt und verpflichtet den Fran- chise-Nehmer, gegen ein direktes oder indirektes Entgelt im Rahmen und fur die Dauer eines schriftlichen, zu diesem Zweck zwischen den Parteien abgeschlossenen Franchise-Vertrags bei laufender techni- scher und betriebswirtschaftlicher Unterstutzung durch den Franchi- se-Geber, den Systemnamen und/oder das Warenzeichen und/oder die Dienstleistungsmarke und/oder andere gewerbliche Schutz- oder Urheberrechte sowie das Know-how, die wirtschaftlichen und techni- schen Methoden und das Geschaftssystem des Franchise-Gebers zu nutzen (s. Deutscher Franchise-Verband2008 a)).“

Besondere Bedeutung bei dieser Definition kommt den Begriffen „Partnerschaft“ und „untemehmerisches Gesamtkonzept“ zu. Ersterer impliziert, dass die beiden Partner beim F kein gemeinsames finanzielles Risiko tragen. Der Franchise-Nehmer (FN) ist rechtlich selbststandig und operiert als autonomer Entrepreneur mit den dazugehori- gen unternehmerischen Risiken. Partnerschaft ist der Grundgedanke aller Bestand- teile eines F-Systems. Der Begriff „unternehmerisches Gesamtkonzept“ verdeutlicht, dass die Leistung des FG hauptsachlich in der Bereitstellung eines bewahrten und kompletten Geschaftskonzepts besteht. Das der Partnerschaft zugrunde liegende Konzept kommt ausschlieBlich vom FG, wohingegen der FN vertraglich dazu ver- pflichtet wird, in den vom System vorgegebenen Grenzen selbststandig zu wirtschaf- ten (vgl. Posselt 1998, S. 354).

2.1.2 Know-how

Ausgehend von Nebel/Schulz/Wessels (2001) findet beim F intensiver Austausch von Know-how, definiert als „geheimes, in der Regel nichttechnisches Wissen, das we- sentlich und identifiziert ist und auf Erfahrungen des Franchisegebers sowie Erpro- bung durch diesen beruht“ (s. Nebel/Schulz/Wessels 2001, S.82), statt. Sowohl FG als auch FN geben hierbei ihr Know-how an den jeweiligen Partner weiter und profi- tieren auch umgekehrt von den Erfahrungen des Anderen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Franchise Know-how-Kreislauf (In Anlehnung an Nebel/Schulz/Wessels 2001, S. 56)

FG Know-how umfasst das notwendige Wissen zur Fuhrung eines bestimmten Be- triebstyps, niedergelegt im Betriebshandbuch, sowie zur effizienten Fuhrung von FN, niedergelegt im Systemhandbuch. Der sich daraus ergebende F-Know-how-Kreislauf ist in Abb. 1 dargestellt.

Nach Nebel/Schulz/Wessels (2004, S: 30 ff.) bildet Know-how die verbindende Klammer fur die vier Saulen des F, den Franchisevertrag, das Betriebshandbuch, das Franchisetraining und die Leistungserstellung, die im folgenden behandelten werden.

1. Der Franchisevertrag

Der F-Vertrag muss neben den formalen juristischen Regelungen auch konkrete An- reize fur die potenziellen FN aufweisen. Im Idealfall stellt der F-Vertrag eine Form der Werbung fur das Konzept des FG dar. Aufgrund dessen sollte dieser in einer Weise formuliert werden, die es potenziellen Interessenten leicht macht, das Gesamtkon- zept und auch die juristischen Feinheiten des Vertrags zu verstehen. Auf den F- Vertrag gehen wir in Abschnitt 3 genauer ein.

2. Das Betriebshandbuch - Die schriftliche Form des Know-how-Transfers

Ein gutes Betriebshandbuch beantwortet die Frage, warum der FN sich uberhaupt dafur entschieden hat, den Markt als FN zu bearbeiten. Es ist demnach eine voll- standige Dokumentation des System-Know-hows und damit zugleich Nachschlage- werk fur die FN. Im Idealfall ist es fur den FN eine Blaupause fur die Erwirtschaftung von Profit.

3. Franchisesystem-Training: Know-how-Transfer

Ein Training ist nicht mit einer reinen Motivationsveranstaltung zu vergleichen bzw. es darf nicht ausschlieBlich diesem Zweck dienen. Beim Training muss Know-how vorhanden und erkennbar sein. Beim Training muss ein gemeinsamer Austausch von Know-how, mit dem Ziel der Verbesserung der Partnerschaft und des Gesamterfolgs des Systems, stattfinden.

4. Leistungen

Die Leistungserstellung ist die eigentliche Intention hinter der Errichtung eines F- Systems. Sie bildet das Ende der Know-how-Kette und ist folglich der Teil des F- Systems, der mit dem Kunden in Kontakt gerat. Entspricht die Leistung nicht den Er- wartungen des Kunden, so haben Teile der anderen Saulen versagt. Die Leistungs- erstellung spiegelt das Know-how des Systems am deutlichsten wider. Es wird erst dort wirksam und sichtbar.

2.1.3 Ziele

Im Folgenden werden die Ziele des FG und FN naher beleuchtet. Hierzu wird zu- nachst eine Anregung fur ein potenzielles „Hauptziel“ der jeweiligen Vertragspartner gegeben und anschlieBend detaillierter auf die Kundenbindung als Beispiel fur ein konkretes potenzielles Unternehmensziel eines F-Systems eingegangen.

Das Ziel eines jeden Franchisesystems sollte es sein, herausragend in einer be- stimmten Kernkompetenz zu sein und dadurch Wettbewerbsvorteile gegenuber an­deren Wettbewerbern zu erlangen. Der FN sollte versuchen, nicht seinen kurzfristi- gen Gewinn, sondern seinen Nutzen zu maximieren. Das Ziel des FG sollte dagegen nicht die Gewinnmaximierung, sondern das Anstreben der Marktfuhrerschaft sein. Dieses - im ersten Augenblick irritierend wirkende - langfristige Ziel, auch als „Eng- pass-Konzentrations-Strategie“ bezeichnet, impliziert die fortwahrende und durch- dachte Verbesserung des Systems mit besonderem Fokus auf die Nutzung der In- formationen, die durch die FN „kostenlos“ zur Verfugung gestellt werden (vgl. Ne- bel/Schulz/Wessels (2001, S. 43-47).

Eine weitere wichtige Eigenschaft ist die vollstandige Orientierung an den Praferen- zen des Kunden: „Basis der Kundenorientierung ist die Berucksichtigung der Kun- denperspektive durchgangig in allen verschiedenen unternehmerischen Aktivitaten“ (s. Meyer/Schaffer 2000, S. 63). Erfolgreiche (Franchise-) Unternehmen legen gro- Ben Wert darauf, die Bedurfnisse ihrer Kunden zu verstehen und moglichst optimal bedienen zu konnen. Kundenzufriedenheit zu erreichen ist eines der Primarziele von Unternehmen.

Im - aus Sicht des F besonders relevanten - Bereich des Dienstleistungs-Sektors ist dies besonders notwendig, da bei DL, bedingt durch die Interaktion zwischen Anbie- ter und Kunde, in besonderem MaBe die Moglichkeit fur den Anbieter besteht, das Angebot an die Bedurfnisse der Kunden anzupassen. Hierzu ergeben sich beim F, aufgrund der besonderen Marktnahe der FN, zahlreiche Moglichkeiten fur den FN, das System fortlaufend zu verbessern und die Ideen und Anregungen der FN zu in- tegrieren.

Ist beim Angebot des (FN-)Dienstleisters die Einbeziehung des Kunden, beispiels- weise durch AuBerung von Wunschen zum Design oder der Art und Weise der Auf- tragserledigung, bereits beim Produktionsprozess (denn auch bei Dienstleistungen wird von einer „Produktion“ gesprochen, auch wenn die Produktion und der Konsum bei Dienstleistungen zeitgleich stattfinden) vorhergesehen, bezeichnet man dies auch als integrierte Dienstleistung (vgl. Corsten 1988, S.18).

Obwohl Dienstleistungen vorwiegend intangibler Natur sind, enthalten sie immer auch greifbare Elemente bzw. sind mit Produkten verknupft (vgl. Rushton/Carson 1989, S. 28). Die Eigenschaft der Intangibilitat ist entscheidend verknupft mit dem Grad der Standardisierung, welche von besonderer Bedeutung fur den Erfolg eines F-Systems ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 Tangibilitatskontinuum (In Anlehnung an Rushton/Carlson 1989, S. 28)

Wie in Abbildung 2 zu erkennen, nehmen die Moglichkeiten zur Standardisierung ab, je hoher der Grad der Intangibilitat ist und vice versa. Diese Eigenschaft bietet den dienstleistungsorientierten F-Unternehmen den Vorteil, besonders auf die individuel- len Charakteristika und Wunsche ihrer Kunden einzugehen und dadurch Wettbe- werbsvorteile zu erwirtschaften. Je besser der Wirkungszusammenhang von Kun- denzufriedenheit und wirtschaftlichem Erfolg verstanden wird, umso besser sind die Erfolgsaussichten eines F-Systems und parallel dazu wirkt sich das individuelle posi­tive Verhalten der FN reziprok auf die gesamte AuBenwirkung des F-Systems aus (vgl. hierzu auch Abschnitt 3.1.1).

Die Herstellung einer Unternehmensphilosophie, die sich vollstandig an den Kun- denpraferenzen ausrichtet, kann also durchaus ein sinnvolles Unternehmensziel fur potenzielle Systemgrunder darstellen, das im F-Vertrag festgehalten und durch die FN praktiziert wird (vgl. Diller 1995).

2.1.4 Geschichtliche Entwicklung des Franchising

Der Begriff des F hat seinen Ursprung in dem mittelalterlichen franzosischen Wort „Franchise“, welches damals wie heute die Befreiung von Steuern und Zollen bedeu- tet. Im weiteren Verlauf des 17. und 18. Jahrhunderts wurde dem Wort in Frankreich und in GroRbritannien, spater auch in den Vereinigten Staaten eine Bedeutung hin- zugefugt. Danach wurde „Franchise“ als ein von den Herrschern oder vom Staat an bestimmte Individuen, wie bspw. Handwerkern oder Kaufleuten, erteiltes Privileg an- gesehen, gewisse Guter zu produzieren und/oder mit diesen Handel zu betreiben. Die Produktion und der Handel dieser Guter waren zumeist im Interesse des Herr- schers oder des Staates und daher wurde das monopolartige Recht nur gegen ein Entgelt erteilt. Im angelsachsischen Raum wurde Mitte des 19. Jahrhundert das Wort „Franchise“ als eine Erlaubnis angesehen, Rechte von Dritten auf eine kommerzielle Art zu nutzen (vgl. Skaupy 1987, S. 1, und Dieses 2004, S. 4f).

Nach Tietz (1991, S. 8) waren im 19. Jahrhundert Dispositare, Konzessionare und Gerants die ersten Vorlaufer des Franchising in Europa, bevor Ende des Jahrhun­derts die ersten klassischen Franchise-Systeme in den USA entstanden. Die Singer Sewing Machine Company gilt dabei als einer der ersten klassischen Franchise- Systeme. Um 1863 noch wahrend des amerikanischen Burgerkrieges begann dieses Unternehmen ein Vertriebsnetz mit finanziell selbststandigen Partnern aufzubauen. Dabei wurde sog. Peddlers das Recht gegeben, im Direktvertrieb die Waren exklusiv zum Verkauf anzubieten. Diesem Beispiel folgte die Willcox & Gibbs Sewing Machine Company und vergab zusatzlich zu den Alleinvertriebsrechten auch noch einen Ge- bietsschutz. Weiter wird beschrieben, wie um die Jahrhundertwende des 19. Jahr­hunderts die Coca-Cola Company in der Getrankeabfull- und die General Motors in der Automobil- und Mineralolindustrie erste Franchise-Systeme aufbauten.

Skaupy (1987, S. 1) und Dieses (2004, S. 5) bezeichnen diese Gestaltung des Fran­chising als „Product Distribution Franchising11 und/oder auch „Product und Trade­name Franchising11, da die o.g. Franchise-Systeme besonders die Produktion und/oder den Vertrieb eines Produktes zum Gegenstand hatten. Heutzutage wird diese Form des F als das traditionelle F dargestellt, welches bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts eine vorherrschende Stellung einnahm.

Nach dem zweiten Weltkrieg entwickelte sich zunehmend eine weitere Form des F - das „Business Format Franchisings Bei dem sog. modernen F wird im Gegensatz zum traditionellen F ein umfassendes Betriebsfuhrungssystem von FG an potenzielle FN angeboten. Hierbei wird den FN neben dem Recht des Vertriebs von Produkten oder Dienstleistungen, Know-how und Lizenzen der Marke durch den FN gegen ein Entgelt zur Verfugung gestellt. Auf dieses vollig abgestimmte Betriebsfuhrungs- system wird im spateren Verlauf noch genauer eingegangen.

Seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts wuchs die Anzahl der Franchise-Sys- teme stetig an. Eines der weltweit bekanntesten und auch erfolgreichsten F-Systeme ist die McDonald’s Corporation. Das am 2. Marz 1955 als McDonald's System, Inc. gegrundete Unternehmen stellt den Ursprung des modernen Franchisings dar, da mit der raschen Unternehmensexpansion der allgemeine Erfolg und die wirtschaftlichen Bedeutung des F wuchs (vgl. Deutscher Franchise-Verband, 2008 a)).

Zu Beginn der 60er Jahre im vorherigen Jahrhundert fing das F-Konzept an, sich in Westeuropa, allem voran in Frankreich und GroRbritannien auszuweiten. Erst Ende 60er und Anfang der 70er Jahre kam es zu den ersten Franchise-Grundungen in Deutschland (vgl. Dieses 2004 S. 5 f.).

Nach Hanrieder (1991, S. 22 f.) entstanden die ersten deutschen Systeme durch ein besonderes Finanzierungskonzept der Brauereien, die u.a. an Kneipen und Restau­rants Kredite vergaben und ihnen somit finanziell unter die Arme griffen. Als Gegen- leistung fur diese Kredite durften sie nur Produkte dieser Brauereien zum Verkauf anbieten und wurden dabei gewissermaRen dazu gezwungen, das Markenzeichen des Produktes oder des Brauerei-Unternehmens zu verwenden. Wie in den USA ha- ben sich in der BRD die Getrankeabfull- und die Automobilindustrie damals als erstes am klassischen F bedient. Heutzutage werden die Konzepte der Automobilbranche und das Getrankeabfullkonzept aufgrund der vom Deutschen Franchise-Verband e.V. entwickelten Definition nicht mehr zum F dazugezahlt. Dies wird im kommenden Verlauf (Abschnitt 2.2) noch ausfuhrlich behandelt.

Der wachsende Erfolg fuhrte dazu, dass die wirtschaftliche Bedeutung des F in der BRD zunahm. So wurde im Jahre 1978 der Deutsche Franchise-Verband e.V. als Gesellschaft fur FG und FN gegrundet, der als wesentlicher Botschafter und Quali- tatssicherer der deutschen F-Wirtschaft die o. g. und bis heute bestehende Definition des F (Abschnitt 2.1.1) entwickelte (vgl. Deutscher Franchise-Verband, 2008 a)).

Seit den 80er Jahren breiten sich in der BRD F-Systeme stetig und schnell aus (vgl. Hanrieder 1991, S.22), so dass sie mittlerweile nicht mehr aus dem alltaglichen Le- ben wegzudenken sind und fur Entrepreneure eine willkommene Alternative zur selb- standigen Existenzgrundung sind.

2.1.5 Okonomische Relevanz und Aktualitat des Franchising

Eine bedeutende Ursache fur die steigende okonomische Relevanz des F ist, dass hierbei dem FN ein Start in das Unternehmertum ermoglicht wird, ohne dass ihn die ganze Harte der damit verbundenen Risiken trifft.

Im Folgenden wird der Fokus auf den Standort Deutschland gelegt, bei dem F sich mittlerweile zu einem bedeutenden Standbein der Wirtschaft, insbesondere des Dienstleistungssektors, entwickelt hat.

Immer mehr Unternehmer Nutzen das F als Weg in die Selbststandigkeit. Von 2006 bis 2007 stieg die Zahl der FN von 51.100 auf 55.700 an. Diese Zahlen - ein Zu- wachs von 9 Prozent - belegen, dass das Konzept des F insgesamt die treibende Kraft fur Geschafts- und Existenzgrundungen in Deutschland darstellt. 2007 gab es insgesamt 910 FG in Deutschland, die in den unterschiedlichsten Branchen mit den unterschiedlichsten Unternehmenszwecken aktiv sind. Im Vergleich zum Bruttoin- landsprodukt konnte F in Deutschland seinen Umsatz in den letzten Zehn Jahren verdreifachen. Der Deutsche Franchising Verband gibt die Steigerung des F-Umsatz von 38 Mrd. auf 41,5 an. Dies entspricht einer Umsatzsteigerung von 8 Prozent. Der Hauptgrund fur diese erhebliche Umsatzsteigerung ist die hohe Motivation und Leis- tungsfahigkeit der FN, verbunden mit einem erprobten Geschaftsmodell und einem individuellen Service des FG. Auch die Beschaftigungszahlen in der F-Wirtschaft nahmen von 2006 (429.000 Beschaftigte) bis 2007 (441.000) erheblich zu. Der Anteil am BIP hat sich damit von 0,7 auf 1,6 Prozent mehr als verdoppelt. Neben expandie- renden Geschaftsfeldern (z.B. Fast Food) konnten auch lukrative Geschaftsfelder, beispielsweise das Wellness-Segment, erschlossen werden. Der Hauptwachstums- treiber des F in den letzten Jahren war der Dienstleistungssektor, dessen Anteil heu- te bei uber 50 Prozent liegt. Auch die Zahl der FG stieg in dieser Zeit von 5 auf 8 Prozent, der durchschnittliche Umsatz der F-Systeme sogar von 23 auf 42 Mio. Euro. Wahrend 1996 FG im Durchschnitt nur auf 40 FN kamen, waren es 2007 durch- schnittlich 60 FN pro FG. Der durchschnittliche Umsatz pro Mitarbeiter stieg von 51.000 (1996) auf 87.000 (2006). Die Zukunftsaussichten fur das F sind gut. Bis 2015 soll der Umsatz auf rund 70 Mrd. Euro steigen. Auch bedingt durch die aktuelle Finanzkrise wird das jahrliche Wachstum allerdings mit ca. 7 Prozent vergleichsweise geringer ausfallen als in den vergangenen Jahren. GroRes Wachstumspotenzial bie- ten dabei die auslandischen Markte. 2004 waren weniger als 40 Prozent der Unter- nehmen auf internationalen Markten tatig - 21 Prozent jedoch planten jedoch, inner- halb der nachsten Jahren diesen Schritt zu wagen und durften dies inzwischen reali- siert haben (vgl. Liening 2008).

1997 waren weltweit ca. 800.000 FN und ca. 12.000 FG am Markt aktiv (vgl. Marx/Loffler 2001). In den Vereinigten Staaten werden bereits 40% der Einzelhan- delsumsatze uber Franchisebetriebe abgewickelt. Allerdings ist die Anzahl der ver- schiedenen F-Systeme mittlerweile relativ unuberschaubar. Die Zahl der FN durfte aber mittlerweile die Millionen-Grenze deutlich uberschritten haben. Hoffman/Preble (2004, S. 101) bezeichnen die Wachstumsrate internationaler F-Systeme sogar als exponentiell. In den USA erfolgt alle dreiBig Minuten eine Eroffnung eines neuen F- Betriebs.

Auch im europaischen Sektor ist noch erhebliches Erweiterungspotenzial vorhanden. Bedingt durch das hohe Wirtschaftswachstum in China und im Asiatischen Markt er- geben sich dort eine Vielzahl von Moglichkeiten, erfolgreich strategische F-Konzepte zu realisieren. Allerdings ist die weitere Entwicklung des F-Konzeptes - wie jeder anderer Wirtschaftszweig auch - stark konjunkturabhangig. Das Beispiel der derzei- tigen Bankenkrise hat gezeigt, dass eine funktionierende Geschaftsidee und ausrei- chend Nachfrage nutzlos sind, wenn beispielsweise keine Kredite von den Banken vergeben werden. Diese Problematik trifft konsequenterweise insbesondere die jun- geren, noch nicht so legitimierten F-Systeme, die aufgrund fehlender Referenzen einen erschwerten Zugang zu Krediten haben. So manches gut durchdachte und aussichtsreiche F-Konzept ist an dieser Hurde gescheitert. Insofern sind auch beim F weit reichende Prognosen durchaus problematisch.

Fallgatter (2007, S. 78 f.) bezeichnet diese Problematik als das „Kernproblem junger Unternehmen“. Es geht hierbei darum, wie es jungen Unternehmen gelingen kann, verschiedene Kundengruppen und die verschiedenen Ressourcenbereitsteller von dem Potenzial der eigenen Geschaftsidee (bzw. des F-Konzepts) zu uberzeugen. Ohne den Zugang zu Ressourcen (bspw. Kapital, Marktinformationen, Know-how, Kundengruppen etc.) kann es folglich kaum gelingen, sich in einem Geschaftsfeld zu etablieren, geschweige denn erfolgsversprechende Ideen umzusetzen.

Dies stellt jedoch eher die Sichtweise der FG dar, so ist doch gerade das Kernprob- lem junger Unternehmern ein Grund dafur, dass F-Systeme sich so groBer Beliebt- heit erfreuen, da sie den Zugang zu relevanten Ressourcen und Ressourcenbereit- stellern erleichtern konnen. Erfolgreiche F-Systeme besitzen bereits ein mehr oder weniger groBes Netzwerk, auf das die FN zugreifen konnen.

Das Erfolgsrezept und der Hauptgrund fur das starke Wachstum der F-Idee liegt in der Multiplikation eines bereits vollstandig entwickelten Distributionskonzepts. Auf- grund der beeindruckenden Erfolge grower F-Systeme wie Obi oder Eismann hierzu- lande kann man F auch in einem Schumpeter'schen Sinne interpretieren: Die Grun- der o.g. F-Systeme schafften nicht nur neue Markte, sondern druckten ihnen auch ihren Stempel auf und schafften eine Nachfrage, wo vorher keine existierte (vgl. Pauli 1990, S. 9).

2.1.6 Typologie des Franchising

In der Entstehungsgeschichte des F haben sich im Laufe der Zeit verschiedene Ty- pen des F herausgebildet (vgl. etwa Forderland.de 2008). Im Folgenden soll eine Zusammenfassung der gangigsten Formen des F erfolgen.

Grundtypen

Beim Vertriebsfranchising verkauft der FN im Geschaft, das den Namen des FGs tragt, bestimmte Waren. Baumarkte sind hierfur das klassische Beispiel. Beim Pro- duktfranchising stellt der FN auf Anweisung des FG eine ausgewahlte Ware selbst her. Der Verkauf erfolgt hierbei unter dem Warenzeichen den FG. Im Gegensatz da- zu bietet der FN beim Di'enstleistungsfranchising Dienstleistungen unter den durch den FG festgelegten Geschaftsbedingungen an, wobei der FN sich hierbei zugleich verpflichtet, die durch den FG festgelegten Richtlinien und Vorgaben einzuhalten. Dies dient u. a. auch der Herstellung und Einhaltung eines einheitlichen Gesamtsys- tems.

Spezielle Typen

Beim Master-Franchise kauft der FN die Lizenz des auslandischen FGs, der sich auf dem heimischen Markt etablieren will. Im Fall der sog. Mehrfach-Franchise werden gleich mehrere Franchisen an mehrere FN vergeben. Dies birgt allerdings die Ge- fahr, dass es regional zu Machtkonzentrationen beim FN kommt. Es ist auch moglich, ein FN in gleich mehreren F-Systemen zu sein. Bei sog. Area Developement Agreements erhalten selbstandige Unternehmer die Aufgabe, ein festgelegtes Gebiet zu bearbeiten und dort eine festgelegte Zahl eigener Betriebe eroffnen.

[...]

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Details

Titel
Franchising als Vertriebsform
Untertitel
Motive der Vertragspartner, Vertragsgestaltung, rechtliche Einzelfragen
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Note
1,3
Autoren
Jahr
2008
Seiten
71
Katalognummer
V150523
ISBN (eBook)
9783640620463
ISBN (Buch)
9783640620135
Dateigröße
1090 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Strategie, Wirtschaftsprivatrecht, Franchise, Franchisenehmer, Franchisegeber, Unternehmensgründung, Franchisevertrag, Typologie, Nachteile des Franchisings, Vorteile des Franchising, Know-How, Vertrieb, McDonald's, Burger King, Fast-Food, Marketing, Lizenzen, Wirtschaftsrecht, Vertreibskonzept, Rechtliche Apekte
Arbeit zitieren
Tim Clausen (Autor:in)Bradley R. Garcia (Autor:in), 2008, Franchising als Vertriebsform, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150523

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