Die Berufseinstiegsbegleitung

Individuelle Förderung und Begleitung im Übergangsprozess Schule - Arbeitsleben


Masterarbeit, 2011

102 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Berufseinstiegsbegleitung
2.1 Der Mentoringansatz
2.2 Die Maßnahmenkonzeption der Bundesagentur für Arbeit
2.3 Einblick in die Praxis der Berufseinstiegsbegleitung
2.2.1 Erster Zwischenbericht zur Berufseinstiegsbegleitung
2.2.2 Berufseinstiegsbegleitung an Förderschulen

3 Integrationspotenziale des deutschen Ausbildungsmarktes
3.1 Der Ausbildungsmarkt als Bezugsrahmen
3.1.1 Die Angebotsseite des Ausbildungsmarktes
3.1.2 Die Nachfrageseite des Ausbildungsmarktes
3.2 Die drei Sektoren des Berufsbildungssystems

4 Unterstützungsleistungen im beruflichen Eingliederungsprozess
4.1 Junge Menschen mit ‚schwierigen Startchancen’
4.2 Konzeptionelle Grundlagen der Benachteiligtenförderung
4.2.1 Kriterienkatalog zur Ausbildungsreife
4.2.2 Die Angebotsstruktur der BA
4.3 Übergangsverläufe in der Gesamtsicht

5 Entwicklungspotenziale im Übergangsprozess
5.1 Der ökosystemische Ansatz nach BRONFENBRENNER
5.2 Evidenzbasierte Ansatzpunkte effektiver Unterstützungsarbeit
5.2.1 Strukturen der Kooperation
5.2.2 Der sich entwickelnde junge Mensch
5.2.3 Die Familie
5.2.4 Schule und Lehrpersonen
5.2.5 Beratungs- und Interventionsangebote

6 Eine Passungsgradbestimmung
6.1 Teilziele der Berufseinstiegsbegleitung
6.2 Netzwerkarbeit der Berufseinstiegsbegleitung
6.3 Organisatorische Rahmensetzung

7 Fazit

8 Ausblick

Literaturverzeichnis

Aus Gründen der Sprachökonomie beschränke ich mich auf die Verwendung der männlichen Form, diese schließt jedoch stets die weibliche Form mit ein.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Merkmale mangelnder Ausbildungsreife

Abbildung 2: Verteilung der Neuzugänge auf die drei Sektoren des beruflichen Ausbildungssystems

Abbildung 3: Angebotsstruktur der Bundesagentur für Arbeit

Abbildung 4: Der ökosystemische Ansatz nach BRONFENBRENNER

Abbildung 5: Handlungsfelder der Unterstützungsarbeit

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Maßnahmenziele der Berufseinstiegsbegleitung

Tabelle 2: Konzeption der Berufseinstiegsbegleitung

Tabelle 3: Bewertungsmatrix zur Angebotsformulierung

Tabelle 4: Wahrgenommene Wirkung der Berufseinstiegsbegleitung

Tabelle 5: Eckwerte des Ausbildungsangebots

Tabelle 6: Zusammensetzung der gemeldeten Bewerber der BA nach Schulabschluss und zuletzt besuchter Schule

Tabelle 7: Abgeschlossene Ausbildungsverträge 2009 nach allgemein- bildendem Schulabschluss und Berufsgruppe

Tabelle 8: Gliederung des Übergangssystems

Tabelle 9: Ausprägungsformen der Lernbehinderung

Tabelle 10: Übersicht der Integrationswege

Tabelle 11: Kriterienkatalog zur Ausbildungsreife

Tabelle 12: Regelangebote der BA

Tabelle 13: Übergänge in Ausbildungsverhältnisse 2009

Tabelle 14: Strukturen der Kooperation

Tabelle 15: Der junge Mensch als sich entwickelnde Person

Tabelle 16: Die Familie

Tabelle 17: Schule und Lehrpersonen

Tabelle 18: Beratungs- und Interventionsangebote

1 Einleitung

Die Sicherstellung gesellschaftlicher Partizipation stellt das zentrale Anliegen unseres Bildungssystems dar. Der friktionsarme Übergang in eine dauerhafte Erwerbstätigkeit, strahlt hierbei auf die langfristigen Entwicklungspotenziale des Einzelnen in unserer arbeitsteiligen Gesellschaft aus.

Trotz positiver Entwicklungen am deutschen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt und vielfältiger Bemühungen der beteiligten Akteure, bleibt für einen großen Teil der Jugendlichen in Deutschland die berufliche Integration stark gefährdet. Speziell für Schulabgänger der Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen zeichnen sich mannigfaltige Problemlagen ab, die der Aufnahme stabiler Erwerbsbiogra- fien entgegenstehen.

Mit dem Gesetzesentwurf ‚zur Verbesserung der Ausbildungschancen förde- rungsbedürftiger junger Menschen’ wurde im Januar 2008 eine politische Ant- wort auf die gewachsenen Herausforderungen im Übergangsprozess Schule - Arbeitsleben formuliert und der Grundstein für die Erprobung der Berufsein- stiegsbegleitung gelegt. Nach dem Vorbild ehrenamtlicher Patenschaftsmodelle konzentriert sich das neu geschaffene Unterstützungsangebot auf die langfristi- ge und individuelle Begleitung übergangsgefährdeter Jugendlicher.

Die inhaltliche und organisatorische Rahmung der Berufseinstiegbegleitung, die in erster Linie durch die Bundesagentur für Arbeit [BA] gesetzt wurde, ist Gegen- stand der vorliegenden Arbeit. In Form eines narrativen Reviews gilt es, die Be- rufseinstiegsbegleitung als neue Unterstützungsmaßnahme im beruflichen Integ- rationsprozess darzustellen und die konzeptionelle Passung vor dem Hinter- grund des spezifischen Unterstützungsbedarfs junger Menschen mit sonderpä- dagogischem Förderbedarf im Schwerpunkt Lernen einzuschätzen.

Hierzu muss zunächst untersucht werden, welche inhaltlichen und organisatorischen Vorgaben die Arbeit der Berufseinstiegsbegleitung kennzeichnen, um in einem zweiten Schritt den Unterstützungsbedarf der Zielgruppe im beruflichen Integrationsprozess zu objektivieren. Die kritische Auseinandersetzung soll hierbei die Potenziale und Grenzen der Berufseinstiegsbegleitung beleuchten und etwaige Einflussfaktoren der Umsetzungsqualität offenlegen.

Diese Gegenüberstellung erzwingt vier aufeinander bezogene Arbeitsschritte, die in der Erläuterung der inhaltlichen und organisatorischen Ausgestaltung der Berufseinstiegsbegleitung ihren Startpunkt finden.

Neben den Geschäftsanweisungen und Vergabeunterlagen der Bundesagentur für Arbeit, erfolgt hierbei eine ergänzende Betrachtung der Umsetzungsqualität über den ersten Zwischenbericht der Maßnahmenevaluation und recherchierter Stellungnahmen praktisch tätiger Berufseinstiegsbegleiter.

In einem zweiten Schritt, steht die Klärung der gegenwärtigen Rahmenbedin- gungen des Ausbildungssystems im Zentrum des Interesses, um die Wirkungs- spielräume und Zielsetzungen der Maßnahme beurteilen zu können. Einerseits durch die Marktmechanismen von Angebot und Nachfrage beeinflusst, wirken andererseits auch strukturelle Besonderheiten des Berufsbildungssystems, spe- ziell des so genannten Übergangssystems, auf die beruflichen Integrationspro- zesse der Gruppe Jugendlicher mit Förderbedarf im Lernen ein.

An die so gewonnenen Erkenntnisse anknüpfend gilt es, das gewachsene Unter- stützungssystem in den Blick zu nehmen, da dessen Akteure und Angebote po- tenzielle Kooperationslinien zur Berufseinstiegsbegleitung bilden. Die Berücksichtigung entwicklungsförderlicher Aspekte des Übergangsprozes- ses Schule - Arbeitsleben ist Gegenstand des vierten Teilabschnitts. Über den ökosystemischen Ansatz Urie Bronfenbrenners wird die Operationalisierung sub- jekt- und umweltbezogener Einflussfaktoren angestrebt, um die potenzielle Wir- kungsweise der Maßnahmenkonzeption einschätzen zu können. Die abschließende Passungsgradbestimmung stellt den ermittelten Unterstüt- zungsbedarf, welcher sich sowohl auf behinderungs- als auch rahmenspezifi- sche Handlungsansätze bezieht, der Maßnahmenkonzeption gegenüber und ermöglicht damit eine Einschätzung der Potenziale und Grenzen der Berufsein- stiegsbegleitung.

Die Komplexität des Untersuchungsgegenstands leitet sich aus der Berücksichtigung der vielfältigen Einflussfaktoren ab. Zur Steigerung der Übersichtlichkeit, erfolgt eine detailliertere Beschreibung der recherchierten Quellen deshalb in den Teilbereichen ihrer konkreten Nutzung.

Die Motivation zur Bearbeitung dieses nur schwer überschaubaren Themen- komplexes entspringt in erster Linie dem Wissen um die individuellen und ge- sellschaftlichen Kosten einer misslingenden Eingliederung in unsere arbeitsteili- ge Gesellschaft. Darüber hinaus erscheint die Effektivität von Unterstützungs- maßnahmen vor dem Hintergrund eigener themenspezifischer Erkenntnisse, maßgeblich durch die konzeptionellen Grundlagen determiniert zu sein. Auch wenn der Kernansatz eines individuellen und langfristigen Begleitangebots mit Blick auf die überaus komplexen Eingliederungsprozesse Jugendlicher mit För- derbedarf in Bereichen des Lernens augenscheinlich als sinnvolle Ergänzung des Unterstützungssystems zu bewerten ist, leiten sich die Potenziale maßgeb- lich aus der Berücksichtigung der subjekt- und umweltbezogenen Rahmenbe- dingungen ab. Ein tieferes Verständnis über die Wirkungsweisen der Maßnahme und die spezifischen Einflussfaktoren ihrer Umsetzung liefern letztlich Implikatio- nen für die aktive Unterstützung der herausfordernden Arbeit der Berufsein- stiegsbegleiter.

Die Skizze sagt uns oft mehr als das ausgeführte Kunstwerk, weil sie uns zum Mitarbeiter macht.

Marie von Ebner-Eschenbach

2 Die Berufseinstiegsbegleitung

Mit dem Ziel, eine nachhaltige „Verbesserung der Ausbildungschancen förderungsbedürftiger junger Menschen“ (DEUTSCHER BUNDESTAG 2008, 1) zu erreichen, wurde im Januar 2008 mit der Änderung des SGB III der Grundstein für die Erprobung der Berufseinstiegsbegleitung gelegt.

Als gesetzliche Umsetzung zentraler Qualifizierungsansätze der Bundesinitiative „Jugend - Ausbildung und Arbeit“ erfolgte im September 2009 die vorüberge- hende Implementierung an 1000 ausgesuchten Schulen, um durch eine mittel- fristige Maßnahmenevaluation über die Aufnahme ins Regelangebot entscheiden zu können.

Zielgruppe des komplexen und weitreichenden Unterstützungsangebots der Berufseinstiegsbegleitung [kurz BerEb] sind junge Menschen, „die voraussicht- lich Schwierigkeiten haben, den Abschluss der allgemeinbildenden Schule zu erreichen und den Übergang in eine berufliche Ausbildung zu bewältigen“ (ebd., 8). Die individuelle Begleitung der Jugendlichen fokussiert hierbei vier Handlungsfelder, die den beruflichen Integrationsprozess befördern sollen und gleichzeitig den langfristigen Charakter der Maßnahme unterstreichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Maßnahmenziele der Berufseinstiegsbegleitung (DEUTSCHER BUNDESTAG 2008, 8).

Kerngedanke der BerEb ist die langfristige und individuelle Begleitung junger Menschen im Übergangsprozess Schule - Arbeitsleben, die sich entgegen klassischer Unterstützungsmaßnahmen nicht nur über einzelne Abschnitte, sondern den gesamten Eingliederungsprozess erstreckt.

In der bis zu vier Jahre andauernden, freiwilligen Maßnahme ergeben sich in Abhängigkeit zum einzelfallbezogenen Eingliederungsprozess unterschiedliche Handlungsansätze für die Berufseinstiegsbegleiter.

Die inhaltliche Ausgestaltung des Unterstützungsangebots leitet sich dabei aus der konzeptionellen Auslegung der allgemeingefassten Gesetzesgrundlage ab. Es oblag der Bundesagentur für Arbeit „durch Anordnung das Nähere über Voraussetzungen, Art, Umfang und Verfahren der Förderung zu bestimmen“ (ebd.). Neben der Übersetzung der allgemeingefassten Zielformulierung in einen praxistauglichen Maßnahmenentwurf, galt es, die vorgabenkonforme Einführung und Betreuung der BerEb sicherzustellen.

Der Gesetzgeber sah hierbei die Berücksichtigung und Unterstützung ehrenamtlicher Ausbildungspatenschaftsprojekte vor, die auch als konzeptionelles Vorbild der BerEb dienten (DEUTSCHER BUNDESTAG 2008, 11). Das hier angesprochene ‚Mentoring’ bildet daher den Ausgangspunkt einer detaillierten Auseinandersetzung mit der Maßnahmengestaltung der BerEb.

2.1 Der Mentoringansatz

Der Ansatz individueller Begleitungs- und Beratungsleistungen in herausfordern- den Lebenssituationen kann auf eine lange Tradition zurückblicken, die ihre ers- ten Zeugnisse in der griechischen Mythologie findet. So sorgt sich Odysseus in Homers Odyssee um die Erziehung seines Sohnes und bittet den Gelehrten Mentor, diesen durch seine Erfahrungen und Kontakte zu unterstützen (EHLERS/ KRUSE 2007, 20).

Die begriffliche Eingrenzung dieses Mentoringansatzes wird durch die vielgestaltigen Schwerpunktsetzungen und variierenden Organisationsformen nachhaltig erschwert. Einen begrifflichen Eingrenzungsversuch liefert POPOFF:

Eine (berufs-)erfahrene und meist ältere Person (Mentor) bietet einer jüngeren Person (Mentee) hierarchieübergreifend Unterstützung, Beratung, Zugang zu Netzwerken und informellen Informationen und begleitet sie so für einen Zeit- raum in ihrem (beruflichen) Werdegang (Popoff 2005, 43, zit. n. EHLERS/ KRUSE 2007, 21).

In Abgrenzung zum professionellen Coaching basiert Mentoring in der Regel auf einem ehrenamtlichen Engagement und ist dabei als langfristige Unterstüt- zungsmaßnahme konzipiert. Klassischerweise in Form der one-to-one Bezie- hung umgesetzt, existieren auch Ausprägungen als Gruppen-, Peer- oder ver- netzte Mentorings. Ein wichtiges Unterscheidungskriterium stellt das Zustande- kommen der Mentoringbeziehung dar. Während informelles Mentoring meist zufällig durch übereinstimmende Interessenlagen entsteht und ohne konkrete Vereinbarung frei gewählte Ziele und Inhalte umfasst, ist formelles Mentoring in eine Programmstruktur eingebettet, die das Handlungsfeld der Akteure eingrenzt (EHLERS/ KRUSE 2007, 22). Im Rahmen des sogenannten Matching-Prozesses wird auf Grundlage der räumlichen und zeitlichen Ressourcen, der fachlichen Ausrichtung und akteursspezifischen Merkmale (Nationalität, Alter, Geschlecht) eine optimale Passung zwischen Mentor und Mentee angestrebt.

Neben dem berufsspezifischen Erfahrungsvorsprung des Mentors, liegt der Kernansatz des Unterstützungsangebots in der konstruktiven Beziehungsgestal- tung, die durch emotionale Verbundenheit und gegenseitiges Vertrauen gekenn- zeichnet ist. Der Mentor bietet „seine Begleitung mit dem Ziel an, [den Mentee] bei der Entwicklung von Kompetenzen und Persönlichkeit zu unterstützen“ (ebd., 32).

Die Effektivität des Unterstützungsangebots wird deshalb in großem Maße durch die Beziehungsqualität des ‚Tandems’ (Mentor und Mentee) beeinflusst. Ein Aspekt, der sich auch im evidenzbasierten Praxismodell des Jugend-Mentoring von Jean E. Rhodes findet:

Die Dynamik, durch welche die Mentoring-Beziehung eine positive Entwicklung fördern kann, hängt von einer andauernden interpersonellen Verbindung ab, die von Gegenseitigkeit, Vertrauen und Empathie geprägt ist (Rohdes 2002, zit. n. EHLERS/ KRUSE 2007, 98).

Die Unterstützungsleistungen begrenzen sich dabei nicht auf die konkreten Angebote, sie liegen auch in der Vermittlung emotionalen Rückhalts und der Unterstützungsbereitschaft generell. „Mentoren, die gerade in schwierigen Situationen die Ruhe bewahren und Hoffnung geben, können dazu beitragen, dass die Jugendlichen Probleme als Herausforderungen annehmen und Problemlösekompetenzen entwickeln“ (ebd., 99).

RHODES sensibilisiert in diesem Zusammenhang auch für die förderliche Wir- kung sozialen Beistands auf die Entwicklung kognitiver Fähigkeiten (ebd., 100). In Abhängigkeit zur Beziehungsqualität kann der Mentor als Rollenmodell indi- rekt auf die Persönlichkeitsentwicklung des Mentee einwirken und zur Modifizie- rung und Anpassung des Verhaltensrepertoires beitragen. In der aktiven Ausei- nandersetzung mit dem Lern- und Erfahrungsfeld ‚Arbeitsleben’ können neu gewonnene Einblicke und Erkenntnisse zur Konstruktion klarer beruflicher Inte- ressen beitragen (ebd., 102). Eine Grundvoraussetzung hierfür ist die individuelle Aushandlungsfähigkeit der Ziele und Inhalte im Mentoringprozess.

Wenn die Jugendlichen die Möglichkeit haben, die Inhalte ihrer Mentoring- Beziehung aufgrund ihrer Bedürfnisse auszuhandeln, dann nehmen sie Mento- ring in der Regel sehr positiv wahr und erkennen wichtige Unterstützungsleis- tungen, die sie von der Erfahrung gemacht haben (Colley 2002, zit. n. EHLERS/ KRUSE 2007, 113).

Die hierin liegende Forderung einer subjektbezogenen und individuellen Ausgestaltung des Mentoringprozesses führt dabei zu zahlreichen Ansatzpunkten der einzelfallbezogenen Förderung, deren Umsetzung in Abhängigkeit zum Kompetenzprofil und Engagement des ehrenamtlichen Mentors stehen. Die vertrauensvolle Beziehung zu einem ‚außenstehenden’, berufserfahrenen Erwachsenen kann nach Meinung RHODES zur Gewinnung, Strukturierung und Bewertung berufsspezifischer Informationen genutzt werden, liefert aber auch die Gelegenheit den eigenen Berufsorientierungsprozess zu reflektieren und berufliche Interessen und Wünsche zu erkunden.

Entgegen dem Vorbild ehrenamtlicher Mentoringprogramme ist die BerEb durch klare inhaltliche Zielvorgaben gekennzeichnet, die von professionellen und be- zahlten Mitarbeitern im Rahmen eines detaillierten Maßnahmenkonzepts anzuvi- sieren sind. Der nachstehende Teilabschnitt setzt sich das Ziel, diese umfassen- de Rahmenstruktur zu erfassen, um sie dem Unterstützungsbedarf junger Men- schen mit Förderbedarf in Bereichen des Lernens gegenüberstellen zu können.

Exkurs zur Literaturarbeit:

Die kurze Zeitspanne seit Einführung der Maßnahme im Jahr 2009 erklärt die übersichtliche Informationsbasis im fachwissenschaftlichen Diskurs. Die Recher- chearbeit war darüber hinaus durch die schwere Zugänglichkeit praxisrelevanter Informationen zur BerEb gekennzeichnet. Die persönliche Ansprache mehrerer Bildungsträger, die auf die Ermittlung der konzeptionellen Basis ihrer Tätigkeiten abzielte, lieferte stets die gleiche Reaktion: Zu persönlichen Gesprächen über die allgemeine Arbeit der BerEb bereit, wurde die Aushändigung detaillierter Handlungskonzepte durchgehend abgelehnt. Begründet wurde diese Verschlos- senheit überwiegend mit Verweis auf die Konkurrenzsituation der Maßnahmeträ- ger und die hiermit verbundene Sorge um Wettbewerbsnachteile. Ergänzend hierzu führte die Verpflichtung, öffentlichkeitswirksame Äußerungen zuvor von der BA genehmigen zu lassen (BA 2008, 17), zur Verunsicherung hinsichtlich der Rechtslage.

Bemühungen, über das mit der Evaluation beauftragte Forschungskonsortium an detailliertere Informationen über die Bildungsträger zu gelangen, scheiterten an der vertraglichen Nutzungsbeschränkung der gesicherten Ergebnisse. Auch die persönliche Ansprache der Berufsberater der Bundesagentur für Arbeit liefer- te lediglich den Zugang zu den öffentlichen Verdingungsunterlagen und Ge- schäftsanweisungen der BA. Zur Verbreiterung der Informationsbasis, wurde deshalb auf dokumentierte Fachtagungen und vorläufige Evaluationsergebnisse der BerEb zurückgegriffen. Das persönliche Gespräch mit Verantwortlichen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung lieferte darüber hinaus wichtige Impulse zu den Aufnahmechancen der BerEb in das Regelangebot der ‚Benach- teiligtenförderung’.

2.2 Die Maßnahmenkonzeption der Bundesagentur für Arbeit

Mit der Implementierung der BerEb an 1.000 ausgewählten Schulen betraut, stand die Bundesagentur für Arbeit vor der Aufgabe, sowohl die organisatori- sche Rahmung, die Inhalte als auch die Zielgruppe der Maßnahme zu konkreti- sieren und für eine praktische Umsetzung durch Maßnahmenträger fruchtbar zu machen. In Anlehnung an die allgemeingefasste Zielgruppendefinition des Ge- setzgebers, verortet die Bundesagentur für Arbeit den Unterstützungsbedarf an den Haupt- und Förderschulen.

Zur Zielgruppe gehören leistungsschwächere Schüler/innen, die einen Hauptoder Förderschulabschluss anstreben und voraussichtlich Schwierigkeiten haben werden, diesen zu erlangen. Bei diesem Personenkreis kann davon ausgegangen werden, dass auch die Integration in Ausbildung nach Beendigung der Schule mit Schwierigkeiten verbunden sein wird (BA 2011, 6).

Die Maßnahmenkonzeption der BerEb enthält dabei keine differenzierten Unter- stützungsmaßnahmen für Haupt- und Förderschüler. Inwieweit die implizierte Homogenität der Zielgruppe auf die praktische Unterstützung Jugendlicher mit sonderpädagogischem Förderbedarf ausstrahlt, bleibt somit zunächst offen. Innerhalb der organisatorischen Rahmensetzung offenbarte sich nach kurzer Zeit ein Nachsteuerungsbedarf, um dem tatsächlichen Eingliederungsprozess Ju- gendlicher mit sonderpädagogischem Förderbedarf Rechnung tragen zu kön- nen. Da direkte Übergänge in betriebliche Ausbildungsverhältnisse für diese Teilgruppe unrealistisch erschienen, weitete die Bundesagentur für Arbeit das Begleitungsangebot nachträglich auf teilqualifizierende Bildungsgänge des Übergangssystems aus. Eine inhaltliche Konkretisierung erfolgte für dieses Handlungsfeld jedoch nicht. Die Maßnahmenkonzeption begrenzt sich somit auf die vier Handlungsfelder des Gesetzesentwurfs, die im Folgenden zu umreißen sind.

Erreichen des Abschlusses der allgemeinbildenden Schule:

Im Sinne einer bedarfsgerechten Förderung sieht die Bundesagentur für Arbeit die BerEb zunächst mit der Aufgabe betraut, eine Ursachenklärung für die schu- lischen Schwierigkeiten zu starten und mittels Kompetenzanalyse konkrete För- deransätze zu ermitteln. Aus dem so gewonnenen Bild gilt es, passende Unter- stützungsleistungen abzuleiten, selbst durchzuführen oder an geeignete Stellen

zu vermitteln. Aber auch der außerschulische Lebenskontext fällt nach Ansicht der BA ins Aufgabenspektrum der professionellen Begleiter. Neben der Elternar- beit und einer generellen Kommunikationsunterstützung der vernetzten Akteure, soll auch bei persönlichen Problemlagen Hilfestellung geleistet werden (BA 2008, 19).

Berufsorientierung und Berufswahl:

Um den einzelnen jungen Menschen zu einer ersten begründeten und realistischen Berufswahlentscheidung befähigen zu können, ist es nach Auffassung der BA von großer Bedeutung, die aktive Gestaltung und Dokumentation des Berufswahlprozesses zu unterstützen. Die ressourcenorientierte Arbeit der BerEb ist durch die Fokussierung realistischer Integrationschancen gekennzeichnet: „[Der Teilnehmer] soll befähigt werden seine persönlichen Voraussetzungen (Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit) zu den Anforderungen von Berufen und Tätigkeiten ins Verhältnis zu setzen“ (BA 2008, 19).

Ausbildungsplatzsuche:

Im trägerseitigen Anforderungsprofil der BerEb insistiert die Bundesagentur für Arbeit eine gute Einbindung und Vernetzung des Maßnahmenträgers in den re- gionalen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Nur hierüber könne eine effektive Un- terstützung des Jugendlichen bei der Ausbildungsplatzsuche sichergestellt wer- den. Neben der Nutzung dieser Ressourcen gilt es, den Eigenantrieb der Teil- nehmer zu fördern und in die richtigen ‚Bahnen’ zu lenken. Als Spezialisten in Bewerbungsfragen sollen die Berufseinstiegsbegleiter die Qualität schriftlicher und mündlicher „Selbstvermarktungs- und Bewerbungsstrategien“ (ebd., 20) verbessern. Betont werden in erster Linie technische Aspekte des Bewerbungs- verfahrens, wie die Erstellung geeigneter und anpassungsfähiger Unterlagen und die praktische Einübung von Vorstellungsgesprächen mittels Rollenspielen.

Stabilisierung des Ausbildungsverhältnisses:

Vor dem Hintergrund der hohen Zahl an Ausbildungsabbrüchen fordert die BA neben der Kompetenzförderung in berufsspezifischen und sozialen Bereichen, Inhalte, die von der Krisenintervention bis zum Verhaltenstraining reichen. Von zentraler Bedeutung ist hierbei die enge Zusammenarbeit und der Informationsaustausch mit den Ausbildungsbetrieben (BA 2008, 20).

Im günstigsten Fall zum Start der Vorabgangsklasse beginnend, steht die Arbeit der BerEb von Anfang an im Zeichen der Kooperations- und Netzwerkarbeit (BA 2011, 4). In Abhängigkeit zum jeweiligen Handlungsfeld, ergeben sich spezifi- sche Kooperationsbeziehungen, die gezielte Anpassungsleistungen des Berufs- einstiegsbegleiters erfordern. Während die Elternarbeit auf die Transparenz der individuellen Förderplanung und die aktive Einbeziehung in den Berufsorientie- rungsprozess abzielt (BA 2008, 19), gilt es, im Schulkontext bestehende Ange- bote aufzugreifen und teilweise auch zu initiieren. Auffällig ist der starke Bezug zu den Beratungsangeboten der Bundesagentur für Arbeit, der sich auch in der Aufforderung zeigt, „den Jugendlichen offensiv und zu einem frühen Zeitpunkt auf die Wahrnehmung des Beratungs- und [Vermittlungsangebotes] hinzuwei- sen“ (ebd., 5). Zentrales Ziel aller Handlungsfelder ist die Stärkung der Eigenak- tivität des Jugendlichen und der Aufbau langfristig nutzbarer Kompetenzen. Die intensive Betreuungssituation soll auch dazu genutzt werden, persönliche Prob- lemlagen des Jugendlichen aufzugreifen und innerhalb des gesponnen Netz- werks zu bearbeiten. Die Maßnahmenträger der BerEb sind angehalten, Förder- pläne zu erstellen und fortzuschreiben, die neben der ‚Standortbestimmung’ des Jugendlichen, die individuelle Zielstruktur der Maßnahme und die daran orien- tierten Aufgaben und Schritte aller Beteiligten enthalten. Durch die Fixierung klar messbarer Ziele sollen Verlaufs- und Erfolgskontrollen ermöglicht und Fortschrit- te vermittelbar gemacht werden (BA 2008, 21). Im Zuge der Qualitätssicherung sind die Maßnahmeträger angehalten, ihre Unterstützungsleistungen durch Be- fragungen der Teilnehmer, des Personals und der Schulen zu evaluieren (ebd., 22). Orientiert an den Handlungsfeldern ergibt sich die nachstehende Gesamt- sicht inhaltlicher und kooperationsspezifischer Vorgaben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Konzeption der Berufseinstiegsbegleitung (BA 2008, 19 ff., BA 2011, 4)

Bei der Auswahl der Maßnahmeträger galt es, im Rahmen des standardisierten Vergabeverfahrens der BA das günstigste ‚Preis-Leistungs-Verhältnis’ zu ermitteln und eine Planung „nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ (DEUTSCHER BUNDESTAG 2008, 8) sicherzustellen.

Auf Grundlage bundeseinheitlicher Verdingungsunterlagen, die neben produktbezogenen Vorgaben auch Qualitätsstandards für die Maßnahmendurchführung enthalten (PLICHT 2010, 11), waren potenzielle Maßnahmenträger zur detaillierten Angebotsunterbreitung aufgefordert.

Ergänzend zur Beschreibung einer anforderungsgerechten Umsetzung der be- schriebenen Inhalte, sollte dargelegt werden, welche personellen und sachlichen Ressourcen bereitgestellt, was die Unterstützungsleistungen pro Teilnehmer kosten und wie die Einhaltung des Qualitätsstandards sichergestellt würde (BA 2008, 23).

Um die Vergleichbarkeit der trägerseitigen Angebote gewährleisten zu können, wurden die Anforderungen zum Qualifikationsprofil der Berufseinstiegsbegleiter weiter eingegrenzt: „Berufseinstiegsbegleiter sind fest angestellte Arbeitnehmer, die aufgrund ihrer Berufs- und Lebenserfahrung für die Begleitung förderungs- bedürftiger Jugendlicher besonders geeignet sind“ (ebd., 15). Die BA zählt hier- zu sowohl Meister, Techniker und Fachwirte (5 Jahre Berufserfahrung) als auch Sozialpädagogen und Führungskräfte, fordert vom Maßnahmeträger allerdings eine Mischung der Professionen. Im Rahmen von 39 Wochenstunden erfolgt die Unterstützungsarbeit im Betreuungsschlüssel 1:20 (ebd., 16). Darüber hinaus war von potenziellen Maßnahmeträgern die Einbindung in die regionalen Netz- werke nachzuweisen.

Verankerung und Vernetzung bedeutet insbesondere die intensive Zusammenarbeit mit den allgemeinbildenden Schulen, örtlichen Trägern der Jugendberufshilfe, örtlichen Betrieben, örtlichen Verbänden, Berufsschulen und sonstigen für die Integration maßgeblichen Einrichtungen (ebd.).

Die Verortung im Schnittstellenbereich Schule - Arbeitsleben erfordert hierbei, nach Meinung der BA, einerseits breite Kenntnis des länderspezifischen Schul- und Bildungssystems, andererseits auch fundiertes Wissen über den regionalen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt (ebd.). Die nachstehende Bewertungsmatrix der Trägerentwürfe (siehe Tabelle 3) bietet Gelegenheit, die Schwerpunktsetzung der übergeordneten Maßnahmenkonzeption der BA zu veranschaulichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Bewertungsmatrix zur Angebotsformulierung (BA 2008, 23 ff.)

Entsprechend abgrenzbarer Wertungskriterien konnten die trägerseitigen Aus- führungen mit Punkten bewertet und über spezifische Relevanzfaktoren gewich- tet werden. Die abschließende Multiplikation mit den Relevanzfaktoren der Wer- tungsbereiche ergab einen vergleichbaren Leistungsstand der jeweiligen Kon- zepte (BA 2008, 8 f.).

Das Bewertungskonzept der Bundesagentur für Arbeit unterstreicht die Schwer- punktsetzung effizienter Netzwerkarbeit, die eine trägerseitige Berücksichtigung des bestehenden Unterstützungssystems erfordert. Darüber hinaus nahm der Wertungsbereich ‚Organisation und Durchführungsqualität’ eine Schlüsselstel- lung ein, da eine mangelhafte Bewertung in diesem Bereich zu einem sofortigen Ausschluss des Angebots führte. Im Falle gleicher Leistungspunktzahlen, erhiel- ten die Angebote den Zuschlag, die in diesem Wertungsbereich die höchste Punktzahl erzielten. Erst bei identischen Leistungspunktzahlen in diesem Ent- scheidungskriterium wurde das preisgünstigere Angebot gewählt (ebd., 9).

Trotz der klaren Bewertungskategorien und inhaltlichen Konkretisierungen der Maßnahmenkonzeption bleiben wichtige Aspekte der praktischen Unterstüt- zungsleistungen durch die BerEb unbeleuchtet. Bemühungen um detaillierte Stellungnahmen der Bundesagentur für Arbeit oder aufgenommener Bildungs- träger blieben erfolglos. Zur Kompensation dieses Informationsdefizits gilt es, im folgenden Teilabschnitt die praktische Umsetzung der Maßnahme über erste Evaluationsergebnisse und dokumentierte Fachtagungen zu beleuchten.

2.3 Einblick in die Praxis der Berufseinstiegsbegleitung

Wie beschrieben, erwies sich die Recherche zur praktischen Ausgestaltung der BerEb als überaus schwierig. Um die zielgruppenübergreifenden Informationen des ersten Evaluationsberichts für die Passungsgradbestimmung nutzbar zu machen, werden diese in einem weiteren Schritt um Praxiserfahrungen von Berufseinstiegsbegleitern an Förderschulen ergänzt.

2.2.1 Erster Zwischenbericht zur Berufseinstiegsbegleitung

Um die Wirkungsweise der BerEb nach § 421 s SGB III bestimmen und über die Aufnahme in das Regelangebot entscheiden zu können, sah der Gesetzgeber eine kontinuierliche Evaluation der Maßnahme vor. Im Auftrag des Bundesminis- teriums für Arbeit und Soziales wurde hierzu ein Forschungskonsortium, beste- hend aus dem Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung (Tübingen), dem SÖSTRA-Institut für Sozialökonomische Strukturanalysen (Berlin), dem SOKO- Institut für Sozialforschung und Kommunikation (Bielefeld) und dem Institut für Erziehungswissenschaft (Tübingen) einberufen. In der Maßnahmenevaluation des Forschungskonsortiums stehen dabei drei zentrale Wirkungsdimensionen der BerEb auf dem Prüfstand. Neben dem erfolgreichen Abschluss der allge- meinbildenden Schule und der direkten Übergänge in die berufliche Erstausbil- dung, soll die Entwicklung und Festigung konkreter beruflicher Perspektiven ermittelt werden (ebd., 2). Der erste, im November 2010 vorgelegte Zwischenbe- richt konzentriert sich zunächst auf die Implementierung und Durchführung der Maßnahme.

Auf Basis prozessbezogener Daten der BA und eigener Befragungen der Teilnehmer, Berufseinstiegsbegleiter, Schulen und Maßnahmeträger konnte ein umfassendes Bild der praktizierten BerEb gezeichnet werden, welches über qualitative Fallstudien aufschlussreiche Ergänzung erfuhr.

In Abgrenzung zur Zielsetzung des bundeseinheitlichen Vergabeverfahrens, muss vor dem Hintergrund der Evaluationsergebnisse von einer starken Variationsbreite der praktischen Umsetzungsarbeit ausgegangen werden:

Das Ergebnis der Vergabe ist eine relativ große Unterschiedlichkeit der Träger hinsichtlich ihrer lokalen Verankerung, ihrer regionalen und überregionalen Struktur, ihrer Vorgehensweise bei der Berufseinstiegsbegleitung, den Arbeits- bedingungen für die bei ihnen beschäftigten Fachkräfte einschließlich der Ent- lohnung und weiteren Merkmalen (DEUTSCHER BUNDESTAG 2010, XI).

Die Verbindlichkeit der beschriebenen Maßnahmenkonzeption ist somit tendenziell in Frage zu stellen.

Das Spektrum der umsetzungsverantwortlichen Maßnahmenträger erstreckt sich von stark vernetzten, in den Schulen langjährig aktiven Regionalanbietern, bis zu international agierenden privatwirtschaftlichen Maßnahmenträgern ohne grund- legende Erfahrungen in der Arbeit mit ‚benachteiligten’ Jugendlichen. Dies hat großen Einfluss auf die Arbeit der einzelnen Berufseinstiegsbegleiter. Neben dem noch zu thematisierenden Kooperationsaspekt, ergeben sich zum Teil große Unterschiede in der trägerseitigen Unterstützung, die zwischen umfassenden Einführungs- und Fortbildungsangeboten und der absoluten ‚Eigenverantwortlichkeit’ der BerEb liegen (DEUTSCHER BUNDESTAG 2010, 82).

Inwiefern eine interne Unterstützung des Personals erfolgt - beziehungsweise deren Notwendigkeit in den Blick genommen wird - und eine konzeptionelle Ausgestaltung der Berufseinstiegsbegleitung vorliegt beziehungsweise transportiert wird, unterscheidet sich von Träger zu Träger (ebd., 34).

Wie die Befragung der Maßnahmenträger offenlegt, führen die konzeptionellen Anforderungen des Ausschreibungsverfahrens nicht zwangsläufig zur Erarbei- tung fixierter Arbeitskonzepte. 63% der Maßnahmenträger verfügen demnach über schriftliche Konzepte (ebd., 37), ihr Stellenwert in der praktischen Arbeit der Berufseinstiegsbegleiter fällt jedoch oftmals sehr moderat aus. „Alle Berufsein- stiegsbegleiterinnen und -begleiter betonen die Freiheit in der Ausgestaltung ihrer Arbeit, ohne eben zu stark einem ausgefertigten Konzept zu unterliegen“ (ebd., 39).

Die konstruktive Nutzung der eröffneten Freiräume steht dabei jedoch oftmals in starker Abhängigkeit zur individuellen Handlungskompetenz des Berufsein- stiegsbegleiters, da nur einem Teil standardisierte und gut erprobte Instrumente zur Qualitätssteigerung und -sicherung der Arbeit geboten werden (ebd., 78). Die Unterstützungsbemühungen der neu eingeführten Maßnahme konzentrieren sich derzeitig auf das Handlungsfeld ‚Schule’. Die Befragungen der Berufsein- stiegsbegleiter zur Arbeitsweise und den Inhalten liefern in diesem Bereich große Überschneidungen mit den konzeptionellen Anforderungen des Vergabeverfah- rens. Für die BerEb an Förderschulen relativiert sich diese Einschätzung jedoch (siehe Abschnitt 2.2.2). Höchste Priorität besitzt nach einhelliger Meinung der Aufbau einer tragfähigen und vertrauensvollen Beziehung, da diese als Basis für alle nachgelagerten Unterstützungsangebote fungiert. Die Intensität der Bezie- hungsarbeit wird maßgeblich durch die Bedürfnisse der Jugendlichen beein- flusst. Befragt zur Erwartungshaltung an die BerEb, äußern die Jugendlichen in erster Linie Unterstützungsbedarfe in schulischen Belangen und bei der Prakti- kums- und Ausbildungsplatzakquise. Soziale Problemlagen innerhalb der Klas- se, dem Elternhaus oder Peerbeziehungen werden dagegen selten von ihnen im Tätigkeitsfeld der Berufseinstiegsbegleiter verortet (ebd., 68). Die ermittelte Schwerpunktsetzung der BerEb wird diesem Erwartungshorizont insoweit ge- recht, dass technische Aspekte des Bewerbungsverfahrens zunächst im Fokus stehen. Abweichend zur konzeptionellen Vorgabe, spielt die individuelle Vermitt- lung weiterer Hilfsangebote wie Schulsozialarbeit oder ehrenamtlicher Unterstüt- zungsangebote vielfach nur eine untergeordnete Rolle. „Etwa die Hälfte [...] widmet sich dieser Aufgabe nur in durchschnittlichem oder in noch geringerem Maße“ (ebd., 66).

Im Gegensatz zu problemorientierten Beratungsansätzen, liegt der individuelle Betreuungsansatz der BerEb in der lebensweltbezogenen Intensivierung des Berufsorientierungsprozesses. Durch die Präsenz an den Schulen und eine regelmäßige Alltagsbegleitung, bieten die Berufseinstiegsbegleiter einen informellen Beratungskontext, in dem offene Fragen zu Anforderungen der beruflichen Eingliederung erläutert und Reflexionsprozesse über die eigenen Interessen und Wünsche initiiert werden können (ebd., 67).

Die gängigste Form der Einzelbetreuung (durchschnittlich 4 Stunden im Monat) ist die Integration in den Schultag durch die Herausnahme aus dem Unterricht (ebd., 69). Dieses Vorgehen sichert einerseits die Erreichbarkeit der Schüler, kann andererseits durch Unterrichtsversäumnisse gerade in Halbtagsschulen zu einem Widerspruch der Förderziele führen und determiniert den regelmäßigen Schulbesuch als Teilnahmevoraussetzung. Zusätzlich zur Einzelförderung nutzt ein Großteil der Berufseinstiegsbegleiter Gruppengespräche (durchschnittlich 4 Stunden im Monat) und erreicht die Teilnehmer dabei mehrmals in der Woche. Lediglich 8% reduzieren die Kontakte auf einen Monatsturnus (ebd., 69).

Die individuelle Begleitung und Förderung der Jugendlichen setzt eine umfas- sende Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Unterstützungsbedarf des Ju- gendlichen voraus. „Insbesondere aus den qualitativen Fallstudien wird deutlich, dass besonders zu Beginn der Berufseinstiegsbegleitung großer Wert auf eine gründliche Anamnese und Diagnostik gelegt wird“ (ebd., 67). Die Berufsein- stiegsbegleiter nutzen hierzu den Austausch mit Lehrkräften, Gespräche mit den Jugendlichen und ihren Eltern, Beobachtungs- und Testverfahren und den Dia- log mit Kooperationspartnern. Fehlende Gestaltungsvorgaben und Qualitäts- standards machen diese Grundsteinlegung jedoch stark abhängig von den be- reitgestellten Ressourcen der Maßnahmenträger und dem individuellen Qualifi- kationsprofil der Berufseinstiegsbegleiter.

[...]

Ende der Leseprobe aus 102 Seiten

Details

Titel
Die Berufseinstiegsbegleitung
Untertitel
Individuelle Förderung und Begleitung im Übergangsprozess Schule - Arbeitsleben
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Autor
Jahr
2011
Seiten
102
Katalognummer
V183431
ISBN (eBook)
9783656077268
Dateigröße
1554 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Berufseinstieg, Übergang Schule Beruf, School-Work-Transition, Integration, Benachteiligung, Berufsorientierung
Arbeit zitieren
Bernd Willers (Autor:in), 2011, Die Berufseinstiegsbegleitung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/183431

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