Faust - eine literarische Figur, die im Laufe der Jahrhunderte einen Prozess zahlreicher Umdeutungen durchlaufen hat. Anders als der vorläufige Gipfelpunkt literarischer Ausdeutung durch Goethe, stellt der anonyme Verfasser der Faust-Historia von 1587 den Zauberer und Schwarzkünstler durchaus negativ und als abschreckendes Exempel dar. Die Arbeit geht von der These aus, dass sich die Anziehungskraft der Faust-Figur der Historia aus ihrem Leiden und der anschaulichen literarischen Darstellung dieses Leidensweges speist und sich die Spannung der Narration lediglich durch die Schilderung von Fausts Leidensweg konstituieren kann, da die Handlungsstruktur im Wesentlichen bereits in der Vorrede vermittelt wird. Es wird untersucht, welcher Natur dieses Leiden sei und auf welche Weise sich die narrative Inszenierung dieses Leidens vollzieht. Die Argumentation stützt sich auf den mittelalterlichen Melancholiediskurs und versucht die Leiden des Melancholikers Faust (Seelenpein im Sinne der mittelalterlichen Todsünde acedia, inneres Martyrium und Marter) zu bestimmen bzw. voneinander abzugrenzen. Abschließend blickt die Arbeit auf die narrative Struktur der Historia und verhandelt die Deutung der Narration als Legendenkontrafaktur.
Inhaltsverzeichnis
1. „Vnnd der gantzen Christenheit zur warnung“ - zur Attraktivität des Abschreckenden
2. „Faustus gieng abermals gantz Melancholisch vom Geist hinweg“ - Vom Leiden an der Melancholie
2.1. Melancholie als Temperament
2.2. Melancholie als Sünde
2.2.1. „Aber er wardt in allen seinen opinionibus vnnd Meynungen zweiffelhaftig / vngl(ubig vnd keiner Hoffnung“: Melancholie und die acedia
2.2.2. Nulla tentatio - omnis tentatio: Das Problem der Anfechtung
2.2.3. „Mein vbermFhtig Fleisch und Blut hat mich / an Leib vnd Seel / in Verdammlichkeit gebracht“ - Melancholie und die superbia
2.3. Melancholischer Zwiespalt - Poetik der Entzweiung
3. „Daß er seiner Seelen Seligkeit nicht bedencken wolte“ - Die Seelenpein des Doktor Faustusbr />
3.1. Fausts untaugliche Reue
3.2. Unheilvolle Selbstsorge
3.3. Höllenängste und die Qual des bösen Gewissens
3.4. „Denn der Teuffel hatt jn zu hart gefangen“ - Schmerzlicher Kontrollverlust
4. Faust - ein Gemarterter?
4.1. Marter als Strafe
4.2. Symbolische Marter - seelische Marter
4.3. „So l(sset doch der Teuffel nit nach / dem Menschlichen Geschlecht nachzustellen“ - Mephisto als Marterknecht
4.4. Seelisch gemartert - Faust ein Märtyrer?
5. Die Historia als Legendenkontrafaktur
6. Schlussbemerkung: Das gescheiterte Selbst
7. Literaturverzeichnis
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