Auswirkungen der Computerfachsprache auf die Alltagssprache


Hausarbeit, 2004

22 Seiten, Note: 1


Leseprobe


1 Einleitung

Diese Arbeit setzt sich zum Ziel, die Auswirkungen der Computerfachsprache auf die Alltagssprache zu untersuchen und im Zuge dessen neue sprachliche Tendenzen und Entwicklungen aufzuzeigen, die direkt durch den Einzug des Computers ins tägliche Leben entstanden sind. Darüber hinaus soll gezeigt werden, an welchen Stellen der Computer in unser tägliches Leben eingreift und welche sprachlichen Fähigkeiten diesbezüglich von den Nutzern abverlangt werden.

Wichtig für die folgenden Ausführungen ist zunächst eine präzise Definition der Begriffe Computerfachsprache und Computerwortschatz. Unter Computerwortschatz verstehe ich in diesem Zusammenhang alle Termini, die eine auf den Computer bezogene Bedeutung haben. Da der Computer heute in nahezu allen Lebensbereichen präsent ist, kann man nicht mehr von einer reinen Gruppensprache reden, vielmehr haben inzwischen fast alle Sprachteilnehmer Teile des Computerwortschatzes in die Gemeinsprache aufgenommen. Während die Computerfachsprache also ursprünglich eine rein informatikinterne Fachterminologie ist, sind Teile davon heute allgemein als Computerwortschatz nicht mehr von der Gemeinsprache zu trennen.

Wie unsere Alltagssprache nun durch den Computerwortschatz ergänzt und verändert wird, soll im Folgenden gezeigt werden.

2 Die Geschichte der Computersprachentwicklung

„Geschwindigkeit“ ist das Schlagwort, mit dem sich die Ausbreitung des Computers in unser Leben wohl am besten beschreiben lässt. Zum einen verlangt die zunehmende Geschwindigkeit unserer Zeit in Bezug auf Informationsbewältigung und -verarbeitung nach Medien, die diesem Tempo entsprechen können. Zum anderen tritt auch die Ausbreitung der Technologie selbst mit nie da gewesener Geschwindigkeit auf. So wird das Volumen des europäischen Marktes für Multimedia im Jahr 2000 auf über 37 Milliarden Dollar geschätzt, gegenüber 1,5 Milliarden Dollar im Jahr 1994[1].

Mit der Ausbreitung einer neuen Technologie erweitert sich immer auch die Sprache, um präzise über sie kommunizieren zu können. Dabei muss zwischen den verschiedenen Benutzergruppen unterschieden werden, die mit der Technologie in Berührung kommen. Je weiter sich eine Technologie verbreitet, desto mehr unterschiedliche Benutzergruppen kommen mit ihr in Berührung; angefangen von den Experten bis hin zu verschiedenen Laiengruppen, die alle ihre eigenen Varietäten entwickeln.

Allgemein für die Entwicklung von Sprache gilt:

- Die Sprachentwicklung folgt der Sachentwicklung
- Die Sprache folgt den kommunikativen Bedürfnissen innerhalb der Varietät
- Die Sprache folgt dem jeweiligen mentalen Modell, dem Technikleitbild oder der subjektiven Theorie über die Technologie[2]

Die Geschichte der Computerfachsprache ist demzufolge hauptsächlich im Zusammenhang mit der Geschichte des Computers selbst und seiner Verbreitung zu sehen. Die Ausbreitung der Computertechnologie und ihrer Sprache lässt sich in drei Phasen gliedern:

2.1 Anfangsphase:

Die so genannte Anfangsphase des Computerwortschatzes beginnt Mitte der 40er Jahre und verläuft bis Ende der 60er Jahre. Konrad Zuse baute 1938 den Z1, die erste speicherprogrammierbare Rechenmaschine und ging damit als „Vater des Computers“ in die Geschichte ein. Einen weitaus höheren Bekanntheitsgrad erreichte dann 1945 der amerikanische ENIAC, der mit seinen gigantischen Ausmaßen und der Verwendung von Elektronenröhren das Bild des Elektronengehirns prägte. Der nächste große Schritt war 1949 der EDSAC, der durch Miniaturisierung in integrierten Schaltkreisen und erstmals Transistoren unserem Bild eines modernen Computers schon vergleichsweise nahe kam.[3]

Innerhalb dieser Anfangsphase ist die Technologie noch sehr jung und zu großen Teilen experimentell. Dementsprechend sind Computerwissen und Wortschatz fast nur innerhalb des Fachs Informatik bzw. den Mutterdisziplinen Physik, Mathematik und Logik vorhanden.[4] Der Wortschatz der einzelnen Teilbereiche der Informatik setzt sich zunächst größtenteils aus übernommenen Fachbegriffen der Ingenieurswissenschaften, angewandten Mathematik, Algebra, Formalsprachtheorie und Kalkültheorie zusammen.

Fachexterne Berichte kommunizieren überwiegend laienhaft über das Thema mit Begriffen wie: Maschine, Gerät, Automat, Elektronengehirn, Maschinengehirn, ENIAC (Typbezeichnung) etc.

Die Bezeichnungen sind undifferenziert, mystifizierend, ungenau und allgemein. Über das Thema Informatik sind nur sehr wage Vorstellungen verbreitet, kaum ein Laie weiß zu diesem Zeitpunkt fachliche Aspekte präzise zu beschreiben. Dementsprechend werden Begriffe aus der Computerfachsprache auch allgemein als fachsprachliche Termini begriffen, die in der Alltagskommunikation paraphrasiert werden müssen, um verständlich über die Semantik kommunizieren zu können. Eine klare Trennung zwischen Computerfachsprache und Alltagssprache ist zu diesem Zeitpunkt also noch gegeben.

2.2 Öffnungsphase:

Ende der 60er Jahre schließt sich an die Anfangsphase die Öffnungsphase an, die bis Ende der 70er Jahre andauert. Wichtige technische Meilensteine dieser Phase sind die Entwicklung des ersten Mikroprozessors i4004 von Intel (1970) sowie das Einläuten der Mikrocomputer- Ära mit dem Altair 8800 (1974). Wichtige Vorraussetzung für die Verbreitung des Altair 8800 ist auch die 1964 entwickelte Programmiersprache BASIC, die erstmals einfach erlernbar ist und die relativ simple Programmierung von Mikroprozessoren zulässt.[5] Diese erste Programmiersprache findet sich auch heute noch in diversen Scriptsprachen wieder.[6]

In der Öffnungsphase ist die Aufmerksamkeit der allgemeinen Medien relativ stark angestiegen. Der Computer ist nun kein reines Mysterium mehr, sondern wird als ein zwar noch fernes, aber dennoch reales und interessantes Thema angesehen, das nicht mehr nur in die Welt der Wissenschaft gehört. Relativ viele Bezeichnungen des Computerwortschatzes werden dementsprechend bereits verstanden. Das gemeinsprachliche Wörterbuch von Mackensen aus dem Jahre 1977 verzeichnet bereits 80 Fachausdrücke der Informatik wie: Hardware, Software oder EDV, aber auch speziellere Begriffe wie Bit, Byte, Programmmodul oder Compiler.[7] Auf die sprachliche Entwicklung bezogen ist die Öffnungsphase eine Übergangsphase, innerhalb derer eine gewisse Bandbreite computerfachsprachlicher Termini zwar noch deutlich dem fachsprachlichen Kontext der Informatik zugeordnet werden können, aber bereits allgemein verbreitet sind. Der Hauptträger dieser Phase ist der interessierte Laie, der Wissen und Begriffe in sein fachfremdes Umfeld trägt und in die Alltagssprache integriert.

2.3 Publikumsphase:

Den endgültigen Sprung in das Bewusstsein der Allgemeinheit hat der Computer seit Ende der 70er Jahre geschafft. In der noch immer andauernden Publikumsphase hat sich sowohl die Computertechnik als auch der entsprechende Wortschatz rasant weiterentwickelt und ist Teil des täglichen Lebens geworden. Der Computer ist jetzt für jeden direkt verfügbar und hat nahezu alle geschäftlichen und privaten Bereiche des Lebens nachhaltig beeinflusst bzw. ganz erobert. Eine der wichtigsten technischen Entwicklungen dieser Phase ist sicherlich der erste Personal Computer von IBM im Jahr 1980, dessen Hardwaredesign-Merkmale bis heute in aktuellen PCs zu finden sind. Mindestens ebenso wichtig ist 1982 die Geburtsstunde des Internets, das sich aus dem ursprünglich militärisch und später universitär genutzten ARPANET entwickelte.[8] Seither sind viele wesendliche Fortschritte in Bezug auf Hard- und Software gemacht worden. Es haben sich viele spezialisierte Teilbereiche der Informatik gebildet, die unterschiedlichste Anwendungsgebiete abdecken und jeweils ihre ganz eigenen fachsprachlichen Termini definieren. Das geht soweit, dass selbst Experten in einem Bereich der Informatik die Fachtermini anderer Bereiche nicht mehr verstehen. Dementsprechend ist auch der Wortschatz heute nahezu unüberschaubar geworden. So verzeichnet das Schneider Lexikon Informatik von 1997 ca. 9000 deutsche und 3470 englische Fachbegriffe der Informatik, wobei das nur die verbreitetsten Termini erfasst und vom Anspruch der Vollständigkeit weit entfernt ist. Interessante Beispiele für Wörterbucheinträge im Verlauf der Öffnungsphase sind 1980 der Wahrig mit 146 Fachwörtern, 1986 der Duden Rechtschreibung mit bereits 169 Fachwörter und dann 1989 das Duden Universalwörterbuch mit 218 verzeichneten Fachwörtern der Informatik.[9] Heute ist der Bereich der Informatikfachtermini durch unterschiedlichste Teildisziplinen der Informatik mit je eigenem Wortschatz zusätzlich zu dem allgemeinen Informatikwortschatz unüberschaubar geworden und erweitert sich laufend.

Viele neue Begriffe werden aus dem amerikanischen Englisch übernommen. So auch der Begriff Computer selbst. Computer waren ursprünglich Angestellte, die komplexe mathematische Berechnungen ausführten. Später wurde ihre Arbeit durch elektronische Rechenmaschinen ersetzt, die daraufhin Computer genannt wurden. Daraus entwickelte sich später dann auch das gebräuchliche Initialwort PC für Personal Computer.[10]

[...]


[1] SAAKE / SATTLER 2002: Algorithmen und Datenstrukturen, S. 3

[2] WICHTER 1991: Zur Computerwortschatz- Ausbreitung in die Gemeinsprache: Elemente der vertikalen Sprachgeschichte einer Sache, S. 23

[3] YOUNG 1989: Steve Jobs -Der Henry Ford der Computerindustrie, S. 39ff

[4] BUSCH 1998: Metaphern in der Informatik, S. 29

[5] YOUNG 1989: Steve Jobs -Der Henry Ford der Computerindustrie, S. 96ff

[6] KEOGH 1996: The Webmaster's Guide to Vb Script

[7] WICHTER 1991: Zur Computerwortschatz- Ausbreitung in die Gemeinsprache, S. 40f

[8] YOUNG 1989: Steve Jobs -Der Henry Ford der Computerindustrie, S. 132ff

[9] FRANZ 1997: Der Fachwortschatz der Informatik

[10] SCHINZEL / ZIMMER 1998, Informatik – Frauen, S. 11-15

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Auswirkungen der Computerfachsprache auf die Alltagssprache
Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig  (Seminar für deutsche Sprache und Literatur)
Note
1
Autor
Jahr
2004
Seiten
22
Katalognummer
V27020
ISBN (eBook)
9783638291705
ISBN (Buch)
9783638649285
Dateigröße
573 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Auswirkungen, Computerfachsprache, Alltagssprache
Arbeit zitieren
Christian Stein (Autor:in), 2004, Auswirkungen der Computerfachsprache auf die Alltagssprache, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27020

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